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COVID-19: Riechstörungen mit langfristigen Folgen
Urologie Gynäkologie/ DIALOG


einst und heute Allergologie
und Immunologie
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COVID-19: Riechstörungen mit langfristigen Folgen
Urologie Gynäkologie/ DIALOG


einst und heute Allergologie
und Immunologie
ÖVIH-Pressekonferenz: Neuerungen im Impfprogramm 2025/26
Nachdem in der Saison 2024/25 die Influenza-Impfung erstmals österreichweit kostenlos angeboten wurde, konnte aufgrund der steigenden Nachfrage das Impfprogramm dieses Jahr auf ca. 1,4 Millionen Impfdosen ausgeweitet werden. Ein wichtiger Schritt – Schätzungen zufolge waren im Vorjahr etwa 3.570 Todesfälle mit Influenza assoziiert. Formuliert sind heuer alle InfluenzaImpfstoffe mit je einem Vertreter der Influenza-A-Subtypen A(H1N1)pdm09 und A(H3N2) sowie einem Vertreter der B/Victoria-Linie. Die Komponente
B/Yamagata wurde aufgrund fehlender Detektion gestrichen, weshalb nur noch ein Dreifach-Impfstoff verfügbar ist.
Logistisch wurde ein neuer Vertragspartner, Herba Chemosan, für 48 Monate gefunden. Die Bestellung der Impfstoffe erfolgt zentral über die BBG (Bundesbeschaffung GmbH), genau wie bei den COVID-19-Impfstoffen. Dabei können mehrere Bestellungen aufgegeben und auch Zubehör mitbestellt werden, mit der Möglichkeit, einen Wunschliefertag auszuwählen
Vertex Presseeinladung: EU-Zulassung für Deutivacaftor/Tezacaftor/Vanzacaftor © unsplash
Seit Juli 2025 ist Deutivacaftor/Tezacaftor/ Vanzacaftor in der EU zugelassen – eine neue Therapieoption von Vertex zur Behandlung von Patient:innen mit zystischer Fibrose (CF, Mukoviszidose) ab sechs Jahren, die mindestens eine NichtKlasse-I-Mutation im CFTR-Gen aufweisen. CF ist bekanntlich eine seltene, genetisch bedingte Krankheit, die mehr als 109.000 Menschen betrifft. Ursache ist ein defektes oder fehlendes CFTRProtein als Folge bestimmter Mutationen im CFTR-Gen. Die gestörte Funktion
oder das Fehlen des CFTR-Proteins führt zu einem unzureichenden Fluss von Salz und Wasser in und aus den Zellen in verschiedenen Organen. Dadurch kommt es zu einer Ansammlung von dickflüssigem, zähem Schleim. Deutivacaftor/Tezacaftor/ Vanzacaftor vereint die Korrektoren Vanzacaftor und Tezacaftor, welche die Menge der CFTR-Proteine an der Zelloberfläche erhöhen sollen mit dem Potentiator Deutivacaftor, der die Kanalöffnungswahrscheinlichkeit der an der Zelloberfläche vorhandenen CFTR-Proteine erhöhen

– vorbehaltlich logistischer Kapazitäten. Außerdem bekommt man künftig nur eine Lieferung, selbst wenn mehrere unterschiedliche Impfstoffe bestellt wurden und auch kleinere Bestellmengen von insgesamt 18 Dosen sind nun möglich, wobei die Mindestbestellanzahl aus verschiedenen Impfstoffen bestehen darf.
Mehr zu den aktuellen Neuerungen finden Sie auf Gesund.at

soll, um den Fluss von Salz und Wasser durch die Zellmembran zu verbessern. In klinischen Vergleichsstudien war die neue Dreifachkombination hinsichtlich der Lungenfunktion nicht unterlegen und demonstrierte eine überlegene Senkung des Schweißchlorids. Darüber hinaus muss Deutivacaftor/Tezacaftor/Vanzacaftor nur einmal täglich eingenommen werden. Lesen Sie mehr über das Presseevent in Amsterdam auf Gesund.at
Biolife-Plasmazentrum stärkt Versorgung, Forschung und Vorsorge
Das Salzburger Biolife-Plasmazentrum sammelt seit 1975 lebenswichtiges Blutplasma, das für über 60 Therapien – etwa bei Immundefekten oder Hämophilie – unverzichtbar ist. Um die Versorgung langfristig zu sichern, wird das Zentrum bis 2026 modernisiert. Zentrumsleiterin Elisabeth Maier betont die Bedeutung von Spendenbereitschaft, Qualität und Aufklärung. Gesundheitslandesrätin Daniela Gutschi sieht die Plasmaspende als Grundpfeiler der Gesundheitsversorgung und fordert mehr
Öffentlichkeitsarbeit. Das 50-jährige Jubiläum ist zugleich Auftrag, Bewusstsein für diesen lebensrettenden Beitrag zu schaffen. Eine neue EU-Verordnung zu Substanzen menschlichen Ursprungs (SoHO) stellt das nationale System vor Herausforderungen – Expert:innen wie Dr. Josef Smolle warnen vor einer Gefährdung bewährter Standards. Auch wirtschaftlich ist die Plasmaspende bedeutend: Über 10.000 Arbeitsplätze hängen an der Wertschöpfungskette. BioLife-Europachef Christian Scherr

fordert stabile gesetzliche Rahmenbedingungen. Die Plasmaspende selbst ist sicher, gut verträglich und bietet neben einer Aufwandsentschädigung auch regelmäßige Gesundheitschecks. Damit verbindet sie medizinischen Nutzen, Vorsorge und wirtschaftliche Stabilität – ein Modell mit Zukunft.
Den ganzen Nachbericht zur Pressekonferenz finden Sie auf Gesund.at


Zu wissen, welche Erreger gerade virulent sind, ist außerdem wichtig, um etwaige Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Infektion einer Patient:in und möglichen Komplikationen und/oder Langzeitfolgen im Krankheitsverlauf genauer einschätzen und diese entsprechend behandeln zu können. Deshalb sind – Expert:innen zufolge – auch mehr Testungen in den Ordinationen sinnvoll.
Der Herbst ist da – und er bringt, abgesehen von bunten Blättern und Maroni, wieder jede Menge Atemwegsinfekte und damit überfüllte Ordinationen mit sich. Auch von einer Coronawelle ist Österreich gerade wieder erfasst worden.
Um saisonale Atemwegserkrankungen wie Influenza, RSVInfektionen und COVID-19 besser überwachen zu können, hat Anfang Oktober ein neues, vom Gesundheitsministerium beauftragtes „Referenzzentrum für respiratorische Viren“ an der MedUni Wien offiziell seinen Betrieb aufgenommen. Kernaufgabe der Einrichtung ist die Durchführung von Sentinel-Erhebungen: Wöchentlich werden Stichproben von Patient:innen mit akuten Atemwegssymptomen aus dem niedergelassenen Bereich gesammelt und virologisch analysiert. Wird ein respiratorischer Erreger nachgewiesen, erfolgt eine detaillierte Typisierung – auch hinsichtlich neuartiger Virusvarianten. Das soll eine präzise Einschätzung von Verbreitung, Erregertypen und Krankheitslast ermöglichen. In der zweiten Oktoberwoche etwa waren Infektionen mit dem Rhinovirus und mit SARS-CoV-2 am häufigsten. Eine weitere Aufgabe des Referenzzentrums besteht darin, die Wirksamkeit bzw. Schutzwirkung von Impfungen und Therapeutika laufend zu bewerten. Man will damit einerseits eine verlässliche Datenbasis schaffen und das Gesundheitssystem frühzeitig auf saisonale Belastungsspitzen vorbereiten. Andererseits geht es um eine langfristige Pandemieprävention, etwa durch die gezielte Früherkennung von neuen respiratorischen Viren, veränderten Krankheitsverläufen oder veränderten Krankheitsmustern.
Eine von vielen möglichen Langzeitfolgen respiratorischer Infekte, die oft unterschätzt wird, sind sensorische Defizite. Ihnen haben wir die Titelgeschichte in unserer aktuellen Ausgabe der Hausärzt:in gewidmet. Prof. Dr. Christian A. Müller, Leiter der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen der MedUni Wien, geht in seinem Gastartikel ab Seite 12 auf aktuelle Forschungsergebnisse zu COVID-19 und Riechstörungen mit langfristigen Folgen ein, weiters auf die Notwendigkeit der Differenzialdiagnose sowie auf Behandlungsoptionen bis hin zum Training des Geruchssinns.
Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen auch unser Jubiläumsinterview „ Es ist erstaunlich, was man schon alles weiß … “ mit Prof. Dr. Wilfried Ellmeier, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie, ab Seite 6. Im Gespräch mit meiner Kollegin Jasmin Sucher, MA, zeigt er eindrucksvoll auf, wie sich sein Fach in den vergangenen 35 Jahren und darüber hinaus entwickelt hat.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.
Und bleiben Sie gesund!

Ihre
Mag.a Karin Martin
Redaktionsleiterin RegionalMedien Gesundheit, karin.martin@regionalmedien.at

27.-29. November 2025, Stadthalle Graz

medizinisch
02 Was gibt es Neues?
Nachberichte von aktuellen Hintergrundgesprächen
06 „Es ist erstaunlich, was man schon alles weiß…”
Jubiläumsserie, Teil 8: Die Immunologie und Allergologie
10 Ragweed und Beifuß verlängern die Allergiesaison Komponentenbasierte Diagnostik im Fokus
THEMA DES MONATS
12 Mehr als ein sensorisches Defizit COVID-19: Riechstörungen mit langfristigen Folgen
15 Neue Empfehlungen im Impfplan 2025/26 Kostenloses Angebot für Erwachsene wird ausgeweitet
16 Bakterien und Blutzucker
Die Rolle des intestinalen Mikrobioms bei Typ-2-Diabetes
20 Kardiale ATTRAmyloidose früh nachweisen
Herausforderung rund um die Diagnostik
22 Wenn der Krebs den Halt nimmt
Interdisziplinäres Management bei Knochenmetastasen
24 Umweltfaktoren und kardiovaskuläres Risiko
Hypertonie als bedeutendster Risikofaktor
40 Unter dem Radar: Osteoporose Knochenschwund bleibt oft lange unerkannt
42 Schilddrüsenunterfunktion und psychische Erkrankungen Risiken, Symptome und Behandlungsoptionen

44 Archaeen –Ureinwohner mit unerkanntem Potenzial Methanogene für Gesundheit des Darms zentral
46 „Interdisziplinäres Setting sorgt für bestes Ergebnis“ Neurologische Reha: Zurück ins Leben nach einem Schlaganfall
47 Von Symptomen zur Linderung Therapiemöglichkeiten bei primärer Hyperhidrose
Gynäkologie/Urologie
27 Vitamin D in Schwangerschaft und Menopause
Vorteile von Vitamin DSupplementierung
28 Ein globales PublicHealth-Problem
HPV und die Elimination des Zervixkarzinoms

30 Atemluft mit Nebenwirkungen
Feinstaub – die Wirkung auf Plazenta und Fötus
32 Leitliniengerechte Behandlung … … einer unkomplizierten, bakteriellen Zystitis
33 Phytotherapeutika für die Blase
Möglichkeiten und Grenzen
34 SPRECHStunde Rezidivierender Harnwegsinfekt
37 Vaginales Mikrobiom im Ungleichgewicht Bakterielle Vaginose: Ursachen und neue Therapieansätze
38 Im Bett tote Hose … Erektile Dysfunktion: Update zu Diagnostik und Therapie
48 Physikalische Therapie bei psychischer Erkrankung?
Hoffnungsvolle
Ansätze mit antidepressiver Wirkung
51 Von Abszessen und Furunkeln Differenzierung und Management
52 Die Top-AkneProdukte
pharmazeutisch extra
Marktanalyse von Maria Koeppner-Bures, IQVIA Austria
53 Termine Aktuelle Kongresse und mehr
54 Essstörungen bei jungen Menschen Was Prävention jetzt leisten muss
57 ORDI-GEFLÜSTER
Was für Mitarbeiter:innen wirklich zählt
52 Impressum

„Es ist erstaunlich, was man schon alles weiß …
… aber ebenso erstaunlich, was man noch nicht weiß.“
Unsere Jubiläumsserie, Teil 8: Die Entwicklung der Immunologie und Allergologie

HAUSÄRZT:IN: Welche Rolle spielte die Allergologie und Immunologie in den 1990ern in Medizin und Wissenschaft?
Prof. ELLMEIER: Grundsätzlich hängt jeder wissenschaftliche Fortschritt immer sehr stark damit zusammen, wie sich Methoden und Techniken entwickeln und welche neuen experimentellen Möglichkeiten es gibt. In den 1980erJahren war das molekulare Klonen von Genen ein entscheidender Schritt für Wissenschaft und Medizin. Man konnte Gene isolieren, klonieren und beschreiben. Auch im Bereich der Allergologie war das ein riesiger Meilenstein, weil es erstmals möglich war, einzelne Allergene molekular zu charakterisieren und zu
zeigen, ob Patient:innen tatsächlich Antikörper dagegen haben. Wien war hier zum Teil auch federführend. So hat sich ein ganzer Wissenschaftszweig dramatisch und substanziell weiterentwickeln können. Die Möglichkeit, Antigene und Allergene molekular zu beschreiben, war ein riesengroßer Fortschritt – für das Verständnis der Prozesse, aber auch bezüglich diagnostischer Methoden und natürlich ebenso für die Herstellung von Therapeutika und Impfstoffen. Ein weiterer wichtiger Durchbruch, der viel dazu beigetragen hat, ein Grundverständnis davon zu schaffen, wie das Immunsystem funktioniert, war die Entwicklung der sogenannten Knockout-Mäuse. Gene aus dem Mausge-


Univ.-Prof. Mag. Dr. Wilfried Ellmeier, Leiter des Instituts für Immunologie, Präsident (2025-26) der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie, im Interview.


nom konnten gezielt entfernt werden, wodurch man wiederum untersuchen konnte, welche Rolle diese Gene im Immunsystem spielen. Man kann auch die Dosis von manchen Genen erhöhen. Durch diese Methoden konnte beispielsweise studiert werden, wie sich Immunzellen verhalten, wenn ein bestimmtes Gen nicht mehr oder übermäßig vorhanden ist. Es gibt immunologische Erkrankungen, die auf einzelne Mutationen in bestimmten Genen zurückzuführen sind. Mit den Knockout-Mäusen konnten Tiermodelle für diese Erkrankungen erstellt werden. Gerade in den 1990er- und 2000er-Jahren waren solche Modelle für mechanistische Studien die einzigen experimentell wirklich zugänglichen und somit unverzichtbar – und sie sind das eigentlich bis heute – vor allem, wenn man sie mit neuen methodischen Ansätzen kombiniert.
In den letzten zehn bis 15 Jahren erlebten wir wieder eine Art Revolution …
Welche Art von Revolution erlebte das Fach von den 2010ern bis heute?
Durch die Genschere – CRISPR-Cas9 –ergaben sich völlig neue Möglichkeiten: Gene können leicht inaktiviert werden, auch in humanen Immunzellen, was vorher nicht möglich war. Dadurch kann man beispielsweise Genfunktionen in humanen Blutzellen in der Gewebekultur untersuchen. Auch Knockout-Mäuse herzustellen ist mit dieser Methode viel einfacher geworden. Neue Methoden wie Einzelzellanalysen, kombiniert
„Es ist nach wie vor wichtig, Grundlagenforschung zu betreiben und zu fördern. Denn die Grundlagenforschung von heute sind die Medikamente von morgen.“
mit Hochdurchsatz-Sequenzierung von RNA und DNA, ermöglichen es, wirklich im Detail zu verstehen, welche Gene wann und wo in einzelnen Zellen aktiv sind. Das hat völlig neue Einblicke gegeben – ob bezüglich des Immunsystems, in der Krebsforschung oder bei Autoimmunerkrankungen, um nur ein paar Wissenschaftsfelder zu nennen. Mithilfe der Spatial Transcriptomics kann man mittlerweile auch die Genaktivität von und Interaktionen zwischen Zellen räumlich in Geweben untersuchen. Dadurch gewinnen wir gänzlich neue Einblicke und einen weiteren Wissens- und Innovationsschub. So gesehen ist es erstaunlich, was man schon alles weiß und welche Fragestellungen man untersuchen kann, aber ebenso erstaunlich, was man leider immer noch nicht weiß.
„Forschung und Wissenschaft im Elfenbeinturm, isoliert von anderen –das gehört längst der Vergangenheit an.“
Brauchen wir überhaupt noch Grundlagenforschung oder sollten wir uns vor allem auf Weiterentwicklung fokussieren?
Neue Medikamente wie Biologika, die heute in der Klinik verwendet werden, sind auf Grundlagenforschung vor 20 bis 30 Jahren zurückzuführen. Beispielsweise basieren Checkpoint-Inhibitoren wie Anti-PD-1, die heutzutage in der Krebstherapie eingesetzt werden, auf Grundlagenforschung aus den frühen 1990ern, als man versucht hat, zu verstehen, wie T-Zellen aktiviert und reguliert werden. Ähnlich verhält es sich mit den CAR-T-Zellen. Auch diese Therapie geht auf die Grundlagenforschung der 1990er-Jahre zurück, als man den T-Zell-Rezeptor und assoziierte Signalmoleküle identifiziert hat. Daraus entstand die Idee, T-Zellen so zu verändern, dass sie Krebszellen erkennen und eliminieren können. Mittlerweile werden CAR-T-Zellen auch bei Autoimmunerkrankungen getestet, um pathogene B-Zellen, die Autoantikörper produzieren, zu entfernen – und die ersten publizierten Ergebnisse sind spektakulär.
Ich glaube, dass sich vor allem für die Präzisionsmedizin in Zukunft enorme Chancen durch diese neuen Technologien ergeben werden. Es geht ja um die Frage: Wieso sprechen manche Patient:innen gut auf ein Medikament oder eine Therapie an, andere aber nicht? Man wird das sehr viel besser untersuchen können. Vielleicht wird man immunologische Muster definieren können, die einen Hinweis auf die passende Behandlungsmethode geben. Dadurch werden wir Behandlungen viel individueller gestalten können. Und ich hoffe sehr, dass sich das in einigen Jahren auch tatsächlich in der Klinik widerspiegelt – in Form neuer Medika-
mente, diagnostischer und therapeutischer Ansätze. Daher ist es so wichtig, Grundlagenforschung zu betreiben und zu fördern – nach wie vor. Denn die Grundlagenforschung von heute sind die Medikamente von morgen – beziehungsweise von übermorgen.
Gerade in der Immunologie und Allergologie ist die Zusammenarbeit zwischen Klinik und Forschung ja essenziell – wie hat sich diese in den letzten Jahren entwickelt?
Wenn ich die letzten Jahre vergleiche, dann hat sich schon viel geändert. Früher haben Arbeitsgruppen oft eher in Silos und für sich gearbeitet. Aber in den letzten zehn bis 15 Jahren ist die Erkenntnis gereift, dass man nur gemeinsam wirklich weiterkommt und es wichtig ist, Expertise zu kombinieren. Bei uns an der MedUni Wien wurden Strukturen geschaffen, damit Forscher:innen und Kliniker:innen enger zusammenarbeiten, regelmäßig im Austausch stehen und gemeinsame Projekte entwickeln können, denn: Allein geht es nicht.
Auch die Art und Weise, wie man Forschung durchführt, hat sich geändert. Es gibt mittlerweile so viele Technologien – man kann als einzelne Forschungsgruppe gar nicht mehr alles allein bewältigen: Einzelzellanalysen, kombiniert mit Hochdurchsatz-Sequenzierung, Massenspektrometrie, Bioinformatik, spektrale Durchflusszytometrie und viele mehr. Durch die neuen Möglichkeiten entstehen teilweise sehr große und komplexe Datensätze, die es zu analysieren und interpretieren gilt. Auch das Skill-Set und die Anforderungen an PhD-Student:innen und zukünftige Wissenschafter:innen haben sich komplett geändert. Es ist heutzutage fast unumgänglich, zumindest Grundkenntnisse in Bioinformatik zu haben. Dementsprechend wird viel mit Bioinformatiker:innen zusammengearbeitet. All das spiegelt sich auch in den Publikationen wider: Früher gab es eine Erstautor:in und eine Letztautor:in, heute ist es schon Usus, sich die Erstautor:innenschaft und auch oft die Letztautor:innenschaft zu teilen. Generell sind Publikationen mittlerweile vielmehr als Teamleistungen zu sehen.
Möchte man technologisch am Puls der Zeit und an führender Stelle arbeiten, geht das nur kollaborativ und interdisziplinär. Forschung und Wissenschaft im Elfenbeinturm, isoliert von anderen –das gehört längst der Vergangenheit an.
Gibt es Entwicklungen, die Sie mit Skepsis beobachten?
Ich sehe die zunehmende Wissenschaftsskepsis und -feindlichkeit als Problem. Wissenschaftliche Fakten werden geleugnet oder als Meinung abgetan, irgendeine schlecht gemachte publizierte Studie hat plötzlich in der Öffentlichkeit genauso viel Gewicht wie eine ausführliche und gut durchgeführte Studie, die in einem renommierten Journal publiziert worden ist. Errungenschaften, die wir in einer aufgeklärten Gesellschaft eigentlich als selbstverständlich erachtet haben, stehen plötzlich wieder in Frage. Ich denke, wir als wissenschaftliche Community sollten versuchen, vor allem mit positiven Beispielen zu kommunizieren. Unser Gesundheitssystem, moderne Medikamente, die Möglichkeit, Krankheiten überhaupt zu behandeln – all das existiert nur dank der Wissenschaft und wissenschaftlicher Forschung. Wie wäre es ohne all das? Und ja, wissenschaftliches Wissen ist einem Wandel unterworfen, es entwickelt sich weiter, weil wir Dinge mit neuen Methoden einfach genauer untersuchen können. Evidenzbasiertes Wissen ist und bleibt die beste Grundlage, die wir als Gesellschaft haben, um Entscheidungen in wichtigen Bereichen rational zu treffen.
Welche Entwicklungen sehen Sie als wegweisend für die Zukunft der Allergologie und Immunologie? Künstliche Intelligenz ist ja schon sehr präsent. In der Klinik wird sie zum Teil bereits in Bildgebung und Diagnostik eingesetzt. Auch in der Wissenschaft bietet KI enorme Chancen, ist aber auch fehleranfällig. Deshalb ist es umso wichtiger, Ergebnisse auf ihre Plausibilität hin zu prüfen. Die Verwendung von KI für das automatische Erstellen von Texten sehe ich kritisch. Aber KI wird immer mehr zum Einsatz kommen, gerade um Texte zu verbessern oder sprachlich anzupassen. Ich bin
sicher, KI ist „here to stay“ Sie wird uns in gewissen Dingen das Leben erleichtern – in der Wissenschaft kann sie in vielen Bereichen unterstützend verwendet werden, etwa bei der Analyse und Integration großer Datensätze. Am Schluss wird es wichtig sein, KI smart und ergänzend einzusetzen. Hypothesen und Ergebnisse müssen weiterhin verifiziert und validiert werden.
Was wünschen Sie sich von der Allergologie und Immunologie der Zukunft – medizinisch, strukturell, gesellschaftlich?
Das sind große Fragen. Als Naturwissenschafter interessiert mich vor allem, wie biologische Systeme funktionieren und warum sie manchmal fehlreguliert werden. Dementsprechend ist für mich eine der größten Fragestellungen in meinem Bereich immer noch diese: Warum entwickeln manche Menschen Immunerkrankungen, andere nicht?
Warum entstehen Komorbiditäten? Im Endeffekt lautet die große Frage: Was genau ist eigentlich gesund, was schon eine Erkrankung? Wo zieht man die Grenze beziehungsweise wo ist der Übergang? Gerade die Coronapandemie hat eines deutlich gezeigt: Menschen reagieren extrem unterschiedlich auf Infektionen. Manche entwickeln starke Symptome nach einer Infektion und erkranken schwer, andere haben fast keine Beschwerden. Die einen bilden hohe Antikörperspiegel nach einer Impfung, die anderen nur niedrige. All das wirft die grundlegende Frage auf: Warum ist das eigentlich so? Es gibt verschiedene Ursachen, sicher zum Teil genetisch bedingt, und auch das Mikrobiom spielt eine große Rolle. Wahrscheinlich hat die Infektionshistorie ebenfalls einen Einfluss darauf, wie man auf einen neuen Erreger reagiert, und es gibt sicher auch noch andere Faktoren. All das sind komplexe Zusammenhänge, die wir noch nicht wirklich verstehen – beziehungsweise erst in Ansätzen. Hier erhoffe ich mir von zukünftigen Forschungsarbeiten mit dem modernsten State of the Art und neuen Technologien, ein tiefgreifendes Verständnis entwickeln zu können. Vielleicht sogar vorhersagen zu können, wie Menschen auf Infektionen oder Thera-
pien reagieren werden. So könnte man in Zukunft gezielter eingreifen, noch bevor man wirklich krank wird – Stichwort Präzisions- und Präventionsmedizin.
Gibt es insbesondere für Hausärzt:innen noch etwas Relevantes, das Sie hinzufügen möchten?
Ich finde, dass die Hausärzt:in eine wichtige Wissenschaftskommunikationsplattform sein kann. Oft sind die praktischen Ärzt:innen die primären Ansprechpersonen für Patient:innen – ihnen wird viel Vertrauen entgegengebracht. Doch sie können auch ein Kommunikationskanal zwischen Forschung und Gesellschaft sein, um Ängste zu nehmen, Informationen verständlich zu erklären und die Bedeutung von Forschung per se hervorzuheben. Es geht darum, zu erklären, dass viele medizinische Errungenschaften wie Medikamente oder Impfungen auf umfangreicher Forschung und evidenzbasierten Studien beruhen. Mir ist klar, dass es strukturelle Herausforderungen gibt und es leider im jetzigen System nicht immer möglich ist, mit jeder Patient:in längere Gespräche zu führen. Aber gerade die Multiplikator:innenrolle von Hausärzt:innen ist entscheidend, um der breiten Bevölkerung wissenschaftliche Erkenntnisse und die Bedeutung von Wissenschaft näherzubringen und in diesem Sinne auch aufzuklären.
Das Interview führte Jasmin Sucher, MA.

Die Österreichische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI), ist die nationale Fachgesellschaft aller Wissenschafter:innen und Ärzt:innen, die sich mit dem Immunsystem und seinen Erkrankungen, z. B. mit Allergien oder Autoimmunerkrankungen, befassen. Die ÖGAI fördert und unterstützt die allergologischen und immunologischen Forschungen sowie die klinisch und praktisch ausgeübte Allergologie und Immunologie. Sie verbindet Wissenschaft mit Medizin, fördert die Ausbildung und bietet eine Bühne für die „Next Generation Immunologists“. Weitere Infos: oegai.org


Komponentenbasierte Diagnostik und Allergen-Immuntherapie im Fokus
Früher konnten die Herbstmonate Menschen mit Allergien einen Erholungszeitraum bieten, jedoch ist dies immer seltener der Fall. Ragweed (Ambrosia) und Beifuß (Artemisia) verteilen mittlerweile bis in den Oktober hinein ihre Pollen.
In Österreich ist ungefähr jede:r Sechste gegen Artemisia- Pollen sensibilisiert. Es handelt sich um die dritthäufigste Pollenallergie in Ostösterreich, hinter der Gras- und der Birkenpollenallergie.
Derzeit durchläuft der Beifuß jedoch einen Wandel. Im Herbst 2023 wurde in Wien erstmals ein zweiter Peak der Konzentration von Artemisia-Pollen aufgezeichnet, welcher sogar den Höchstwert in den Sommermonaten überstieg. 2012 beobachtete man dasselbe Phänomen in
Norditalien. Der Herbstpeak ist mittlerweile ein fester Bestandteil der norditalienischen Pollensaison. Diese Veränderung hängt vor allem mit den höheren Temperaturen zusammen und wird oft mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Beifuß wird somit in Zukunft höchstwahrscheinlich noch an klinischer Bedeutung gewinnen.1 Verlängert hat sich durch steigende Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit im Sommer auch die Blühperiode der Ambrosia. Das sogenannte Ragweed ist eine invasive Pflanzenart, die sich immer mehr in Österreich und den Nachbarländern ausbreitet und Menschen mit Allergien auch bis in den Herbst hinein noch stark zu schaffen macht.2 Darüber hinaus beobachtete man sowohl unter
experimentellen Bedingungen als auch in natürlichen Settings – in städtischen und ländlichen Gebieten – einen Anstieg der Pollenproduktion von Ambrosia infolge höherer CO2-Konzentrationen. Beispielsweise wiesen Ragweed-Pollen, die entlang stark befahrener Straßen gesammelt worden waren, aufgrund verkehrsbedingter Luftverschmutzung eine erhöhte Konzentration allergener Stoffe auf.3
Eine gute Gelegenheit, mit einer Immuntherapie zu beginnen ist jetzt im Spätherbst – also außerhalb der Allergiesaison. Dadurch lassen sich zusätzliche Belastungen vermeiden. Die AllergenImmuntherapie ist bei Pollenallergien
bekanntlich die einzige Behandlungsmethode, welche nicht nur Symptome lindert, sondern auch die Ursache direkt bekämpft. Dies geschieht durch die wiederholte Gabe des Allergens in steigenden Dosen, entweder via Spritze (subkutane Immuntherapie, SCIT) oder oral mittels Tabletten bzw. Tropfen (sublinguale Immuntherapie, SLIT). Ziel ist die Toleranzentwicklung, die durch die Modulation der allergenspezifischen Immunantwort erreicht wird. Es kommt zur Induktion von regulatorischen T-Zellen, welche entzündliche Th2-Immunreaktionen auf das Fremdprotein (Allergen) eindämmen sowie die Produktion von lgE-Antikörpern drosseln. Die allergenspezifische Immuntherapie zeigt im Falle einer Ragweedpollenallergie bei Erwachsenen mit Rhinokonjunktivitis eine gute Wirksamkeit für SCIT, während die Evidenz bei Asthma schwächer ist. Für Kinder liegen keine SCIT-Daten vor. Hingegen ist der Therapieerfolg von SLIT sehr gut belegt: sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern, die an Rhinokonjunktivitis mit oder ohne
Asthma bronchiale leiden. Jene Art der Behandlung wird deshalb in dieser Indikation meist präferiert.4
Molekulare Präzision zählt
Die „L eitlinie zur Allergen-Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen 2022“ empfiehlt außerdem eine spezifische Komponentendiagnostik in Bezug auf Ragweed und Beifuß anhand der Leitallergenkomponenten Amb a 1 (Ambrosia) bzw. Art v 1 (Artemisia) anstatt eines üblichen Hautpricktests, denn: Beide Kräuter haben ähnliche, aber nur partiell kreuzreaktive Allergenquellen und die meisten Menschen mit Artemisiapollenallergie würden nicht von einer Allergen-Immuntherapie mit Ambrosia-Extrakten profitieren. In Deutschland wird beispielsweise – anhand einer herkömmlichen extraktbasierten Diagnostik –deutlich häufiger eine Sensibilisierung gegen Ragweed festgestellt, aber bei der exakten Betrachtung von Allergenkomponenten zur Detektion des
primären Allergens dominiert klar die Beifuß-Sensibilisierung mit 13 % Art v 1 gegenüber der Ragweed-Sensibilisierung mit nur 2 % positiver Seren auf Amb a 1.4 Patient:innen mit einer Ambrosiapollenallergie weisen komplexe IgEReaktivitätsprofile auf. Eine Studie identifizierte bei Betroffenen insgesamt 19 verschiedene IgE-Reaktivitätsmuster, was darauf hindeutet, dass außer Amba-1-Isoformen auch andere Allergene in Ragweed klinisch relevant sein können. Eine detaillierte Analyse der IgE-Reaktivität auf einer molekularen Ebene könnte somit zukünftig in der Diagnostik immer relevanter werden, um die Patient:innen-Charakterisierung zu verbessern.5
Laura Elisabeth Schnetzer, BA
Literatur:
1 Bastl K et al., Aerobiologia 41, 115–125 (2025). doi.org/10.1007/s10453-024-09836-8
2 Š č evková J et al., Environ Sci Pollut Res 31, 43238–43248 (2024). doi.org/10.1007/s11356-024-34027-w
3 Choi YJ et al., Immunol Allergy Clin North Am, 41(1):97-109. (2021). doi.org/10.1016/j.iac.2020.09.004
4 Pfaar O et al., Allergol Select, 6: 167-232. (2022). doi.org/10.5414/ALX02331E
5 Buzan M et al., Clin Transl Allergy. e12179. (2022). doi.org/10.1002/clt2.12179
Hausärzt:in

COVID-19: Riechstörungen mit langfristigen Folgen
Seit dem Beginn der Pandemie ist die Riechstörung als Symptom von COVID-19 verstärkt ins öffentliche und medizinische Bewusstsein gerückt. Dabei wurde deutlich, wie weitreichend die Folgen eines beeinträchtigten Geruchssinns sein können – nicht nur in puncto Lebensqualität, sondern auch in Bezug auf die psychische Gesundheit, die Ernährung und das Sozialleben der Betroffenen. Schlafstörungen, depressive Symptome und kognitive Einschränkungen sind infolge einer Riechstörung gut dokumentiert. Der menschliche Geruchssinn ist komplex aufgebaut: Rund 400 verschiedene Rezeptortypen sind für die Geruchswahrnehmung verantwortlich, was bedeutet, dass etwa ein Prozent unseres Genoms dieser Funktion gewidmet ist. Vor allem beim Essen und Trinken trägt der Geruchssinn entscheidend zur Feingeschmackswahrnehmung bei. Jedoch sollte beachtet werden, dass alle fünf Sinne ihren Beitrag dafür leisten, weil wir auch mit den Augen essen und die Kaugeräusche eine Rolle spielen (siehe Abbildung Seite 14).
„Therapeutisch stehen ursachenspezifische Maßnahmen im Vordergrund, etwa die Behandlung einer chronischen Sinusitis.“

GASTAUTOR:
Assoc.-Prof. Dr. Christian A. Müller
Medizinische Universität Wien, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
Im Falle einer SARSCoV-2-Infektion ist der Geruchssinn besonders häufig betroffen. Die Mehrzahl der Erkrankten bemerkt während der akuten Phase der Infektion einen teilweisen oder vollständigen Geruchsverlust. Ursache ist nach aktuellem Stand nicht eine direkte Infektion der Riechnervenzellen, sondern vielmehr die der Stützzellen im Riechepithel, die das Virus über ACE2-Rezeptoren aufnehmen. In der Folge kommt es zu einer sekundären Funktionsbeeinträchtigung oder sogar zum temporären Ausfall der Riechnervenzellen. Das Riechepithel besteht aus Basalzellen, die eine Art Stammzellfunktion erfüllen, weiters aus den bereits erwähnten Stützzellen sowie aus den primären
olfaktorischen Rezeptorneuronen, die selbst keine ACE2-Rezeptoren tragen. Zusätzlich werden in der Literatur andere mögliche Mechanismen beschrieben, etwa Veränderungen des Riechschleims, strukturelle Schäden an den Zilien der Riechnervenzellen oder die entzündungsbedingte Zerstörung des Epithels. Ebenfalls denkbar sind zentrale Ursachen entlang der gesamten Riechbahn – vom Bulbus olfactorius bis hin zur Großhirnrinde.
Die Dauer der Riechstörung ist individuell sehr unterschiedlich. Während sich bei rund 70 Prozent der Betroffenen innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten eine Besserung einstellt, leidet ein signifikanter Anteil – etwa zehn bis 20 Prozent – auch nach einem Jahr noch unter einer persistierenden Störung. Langzeituntersuchungen zeigen, dass diese Riechstörungen nicht immer vollständig reversibel sind. Eine persistierende Entzündungsreaktion in der
Riechspalte scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen. In Abstrichen konnten bei solchen Patient:innen vermehrt Zytokine und andere Entzündungsmediatoren nachgewiesen werden. Auch eine Invasion von Immunzellen mit nachfolgender Destruktion des Riechepithels ist belegt.
Langzeitbeobachtungen an unserer Klinik zeigen ein typisches Verlaufsmuster: Rund 200 Tage nach dem Beginn der Riechstörung lagen bei etwa 70 Prozent der Patient:innen objektiv messbare Einschränkungen im Sinne einer Hyposmie vor. Nur ein geringer Anteil von etwa fünf Prozent war weiterhin vollständig anosmisch, während etwa ein Viertel wieder eine normale Riechfunktion erreichte. In einer späteren Erhebung nach durchschnittlich etwa 500 Tagen konnten wir feststellen, dass Frauen häufiger betroffen waren als Männer und dass die subjektive Einschätzung des Riechvermögens nur bedingt mit den objektiven Messwerten übereinstimmte. Ein höheres Alter war mit einer schlechteren Prognose

Corona ignorieren ist auch keine Lösung.
Suchen Sie bei Symptomen sofort ärztlichen Rat!
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• Erkennen: Wenn Sie über 60 Jahre sind, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder chronischen Lungenerkrankungen, Immunschwäche oder Diabetes leiden, rauchen oder Übergewicht (Body-Mass-Index BMI >30) haben, sollten Sie keine Zeit verlieren.
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assoziiert, außerdem mit dem Auftreten einer Parosmie, also eines Fehlriechens. Besonders auffällig war, dass sich die Riechschwelle meist früher verbesserte als die Fähigkeit zur Diskrimination oder Identifikation von Gerüchen. Das Testergebnis lag im Durchschnitt knapp unterhalb der Normosmie-Grenze, was unterstreicht, dass es sich bei diesen Störungen häufig um langfristige, teils chronische Verläufe handelt.
Auch aktuelle Untersuchungen belegen die besagte Einschätzung. So zeigt eine Studie mit Beschäftigten im Gesundheitswesen mehr als ein Jahr nach durchgemachter COVID-19-Erkrankung bei 37 Prozent der Teilnehmer:innen pathologische Riechergebnisse, während das nur bei 20 Prozent der gesunden Kontrollgruppe der Fall war. Eine Parosmie wurde sogar bei über der Hälfte der ehemals Erkrankten festgestellt, hingegen bei nur fünf Prozent in der Kontrollgruppe.
Differentialdiagnostik ist essenziell
Ein weiterer interessanter Aspekt betrifft den Einfluss der Virusvarianten. Während bei der ursprünglichen Wuhan-Variante bis zu 80 Prozent der Infizierten von Riechstörungen berichteten, nahm dieser Anteil mit Alpha, Delta und schließlich Omikron stetig
Abbildung:
Alle fünf Sinne spielen eine Rolle bei der Feingeschmackswahrnehmung.

ab. Bei Omikron liegt die Rate subjektiv berichteter Riechverluste nur noch bei etwa 15 Prozent. Das könnte unter anderem an einer veränderten Oberflächenstruktur des Spike-Proteins liegen, welches hydrophober erscheint und damit die Penetration des Virus in das Riechepithel erschwert.
Bei jeder Riechstörung – auch bei PostCOVID – muss allerdings die Differentialdiagnose sorgfältig geprüft werden. Zu den häufigsten Ursachen gehören chronisch entzündliche Erkrankungen der Nase und Nasennebenhöhlen, allergische Rhinitis, postinfektiöse Zustände nach anderen viralen Infekten, SchädelHirn-Traumata sowie neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer. Medikamentöse und toxische Einflüsse, internistische Erkrankungen und postoperative Veränderungen können ebenfalls eine Rolle spielen. Ein nicht zu unterschätzender Anteil der Fälle bleibt idiopathisch. Vereinzelt sind angeborene Anosmien zu beobachten.
Die Diagnostik sollte möglichst strukturiert erfolgen. Die gezielte Anamnese, eine HNO-ärztliche Untersuchung mit Endoskopie der Nase und der Einsatz validierter Riechtests bilden die Grundlage. Gerade weil die Selbsteinschätzung der Riechleistung häufig fehlerhaft ist, sind validierte klinische Testverfahren essenziell, um eine Aussage über das Ausmaß und den Verlauf der Riechstörung zu erhalten. In unklaren Fällen ist eine ergänzende Bildgebung angezeigt, etwa eine Schädel-MRT bei Verdacht auf zentrale Ursachen oder eine CT-Untersuchung der Nasennebenhöhlen bei geplanter chirurgischer Intervention.
Therapeutisch stehen bei Riechstörungen ursachenspezifische Maßnahmen im Vordergrund, etwa die Behandlung einer chronischen Sinusitis. Bei der COVID-bedingten Riechstörung sind bislang nur wenige spezifische Optionen verfügbar.
Als wirkungsvoll und gut etabliert gilt das Riechtraining. Es sollte über mindestens zwölf Monate durchgeführt werden und umfasst das zweimal tägliche bewusste Riechen an vier verschiedenen Duftstoffen (idealerweise Aromaölen) für jeweils etwa zwei Minuten. Dabei ist auf Konzentration und bewusstes Wahrnehmen zu achten, weil nicht nur periphere, sondern auch zentrale Mechanismen der Neuroplastizität aktiviert werden. Alle drei Monate sollten die Duftstoffe gewechselt werden. Studien belegen eine signifikante Verbesserung der Riechleistung bei konsequenter Durchführung.
Riechstörungen nach COVID-19 sind somit nicht nur ein vorübergehendes Phänomen und erfordern auch differentialdiagnostische Überlegungen, um andere Ursachen nicht zu übersehen.
Literatur beim Verfasser.
Zurück zum richtigen Riecher Selbsthilfe bei Riech- und Schmeckstörungen

Riech- und Schmeckstörungen richtig behandeln

Von Christian A. Müller und Bertold Renner facultas verlag
NACHBERICHT
HNO-Update-Refresher, 26. – 27. Juni 2025, Aula der Wissenschaften Wien.
kostenlose
Am 1. Oktober stellte das Bundesministerium für Gesundheit den Impfplan für die kommende Saison vor. Die größte Neuerung: Das „Öffentliche Impfprogramm“ für Erwachsene wird ausgeweitet – neben der Influenza- und COVID-19-Impfung ist nun auch die Immunisierung gegen Herpes Zoster und Pneumokokken ab dem 60. Lebensjahr darin enthalten. Die kostenfreie Impfaktion gegen das Humane Papillomavirus für Menschen bis zum 30. Lebensjahr läuft hingegen aus. Die erste Dosis bleibt für diese Personengruppe noch bis Jahresende gratis, die zweite bis Juni 2026. Bis zum 21. Lebensjahr bleibt die Impfung kostenfrei. Unabhängig davon wird sie weiterhin für alle unter 30 empfohlen.
Impflücken schließen
Für COVID-19 gilt nach wie vor die Empfehlung für die saisonale Impfung mit dem aktuellen Variantenimpfstoff.
Und das grundsätzlich für alle Personen, neuerdings aber nicht mehr explizit für Kinder unter zwölf Jahren. Diese Änderung wird einerseits mit der schlechten Datenlage für diese Altersgruppe begründet, andererseits damit, dass die Erkrankung bei Kindern aktuell meist nicht schwerwiegend verläuft. Menschen ab 60 Jahren wird hingegen eine höhere Priorität zugewiesen, sie gelten jetzt als genauso gefährdet wie Menschen mit speziellen Indikationen. Die Impfung bleibt für alle Altersgruppen kostenfrei. Angesichts der steigenden Masernfallzahlen in den vergangenen Jahren wird erneut auf die Notwendigkeit hingewiesen, bestehende Impflücken zu schließen. Es wird dringlichst empfohlen, Kinder vor dem Eintritt in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten und Schule zu immunisieren. Gegen das Respiratorische Synzytialvirus liegt für Kinder weiterhin kein Impf-
stoff vor, allerdings gibt es die Möglichkeit der passiven Immunisierung durch Antikörper. Diese wird für Säuglinge und Kleinkinder vor und während ihrer ersten RSV-Saison empfohlen, für gewisse Risikogruppen auch bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr. Der neue Wirkstoff Beyfortus ist Teil des kostenfreien Impfprogramms und löst Synagis ab, der bisher bei Kindern mit spezieller Indikation eingesetzt wurde. Letzterer wird nun nicht mehr empfohlen. Eine andere Option ist die aktive Immunisierung der werdenden Mutter während der Schwangerschaft. Die maternalen Antikörper werden dann auf das Kind übertragen.
Felicia
Steininger
Hier geht es zum Impfplan Österreich 2025/26:

Ungefähr 100 Billionen Mikroorganismen, die über 1.200 verschiedenen Spezies angehören, sind im menschlichen Darm angesiedelt. Das ist das Zehnfache der dortigen menschlichen Zellen. Der Darm mit seinem Mikrobiom hat bekanntlich einen großen Einfluss auf die Gesundheit und Erkrankungen des Menschen.1,2
Das Darmmikrobiom spielt eine entscheidende Rolle bei der Verdauung und dem Abbau von Nährstoffen, der Synthese von Vitaminen, der Absorption von Nährstoffen aus dem Darm, der Entwicklung des Immunsystems, dem Auslösen und Verhindern von Entzündungsprozessen und der Aufrechterhaltung der Darmbarriere und -gesundheit. Wesentliche Faktoren, welche die Zusammensetzung des Darmmikrobioms bestimmen, sind Alter, Geschlecht, geografische Lokalisation und Ernährung. Ein Ungleichgewicht im Darmmikrobiom des Menschen ließ sich bereits mit Colitis ulcerosa, Adipositas, kardiovaskulären Erkrankungen, dem Metabolischen Syndrom, nichtalkoholischen Fettlebererkrankungen, neurologischen Erkrankungen wie Autismus, Parkinson und Alzheimer und auch Diabetes in Verbindung bringen.
Umgekehrt wurde eine hohe Diversität des Mikrobioms eindeutig mit Wohlbefinden und Gesundheit assoziiert. Bei vielen Krankheiten nimmt diese Diversität der Zusammensetzung ab.1,3
537 Millionen Menschen sind weltweit von Typ-2-Diabetes betroffen. Er ist eine der global am schnellsten zunehmenden Erkrankungen. Während der letzten zehn Jahre haben diverse Forschungsarbeiten belegt, dass unter anderem Veränderungen des Darmmikrobioms mit der Entwicklung von Typ2-Diabetes in Zusammenhang stehen. Eine aktuelle Studie wies im Darmmikrobiom von Diabetespatient:innen beispielsweise eine höhere Prävalenz eines bestimmten Stammes von Prevotella copri nach – eines häufig im Darm vorkommenden Mikroorganismus, der große Mengen verzweigtkettiger Aminosäuren (BCAAs) produziert. Dies stützt ältere Studienergebnisse, denen zufolge Menschen mit chronisch erhöhten BCAA-Blutwerten ein höheres Risiko haben, Typ-2-Diabetes zu entwickeln. 3,4 Eine 2025 als systematische Auswertung durchgeführte Studie er-
gab, dass sich die Betadiversität von Diabetespatient:innen und gesunden Personen unterscheidet. Lactobacillus, Escherichia-Shigella, Enterokokken, Subdoligranulum und Fusobacterium sind jene Bakteriengattungen, die positiv mit Typ-2-Diabetes assoziiert werden konnten, kamen also bei Betroffenen häufiger vor. Akkermansia, Bifidobakterien, Bacteroides, Roseburia, Faecalibakterien und Prevotella hingegen negativ, waren also seltener bei Diabetespatient:innen vorhanden als bei Gesunden. Prinzipiell konnte diese Studie abermals den Zusammenhang zwischen einer Dysbiose des Darmmikrobioms und der Entstehung von Typ-2-Diabetes belegen. Vor allem konnte die Existenz von EscherichiaShigella durchwegs mit Typ-2-Diabetes assoziiert werden. Dagegen scheint Faecalibacterium prausnitzii sogar einen positiven Effekt auf Typ-2-Diabetes zu haben. 3
Die „i nflammation theor y“ liefert eine mögliche Erklärung dafür, auf welche Weise das Darmmikrobiom Typ-2-Diabetes begünstigen könnte. Eine Dysbi-






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ose der mikrobiellen Zusammensetzung des Darms führt zu einer systemischen Entzündung und einem ungünstigen Stoffwechsel. Gründe dafür sind die vermehrte Produktion proinflammatorischer Zytokine, die verringerte Bildung nützlicher Darmmetaboliten und eine erhöhte Darmpermeabilität, die das Eindringen bakterieller Endotoxine in den Blutkreislauf ermöglicht. Die nachfolgende Endotoxinämie basiert beispielsweise auf einer Translokation des bakteriellen Lipopolysaccharides (LPS), das an den Toll-like-Rezeptor 4 (TLR4) bindet und dadurch das Immunsystem aktiviert. Die daraus resultierende subklinische chronische Entzündung beeinträchtigt langfristig die Insulinsensitivität und fördert damit die Entwicklung von Typ-2-Diabetes. Daher ist es wichtig, Bakterien zu identifizieren, die zur Entstehung und Verschlechterung von Typ-2-Diabetes beitragen, sowie jene, die eine schützende Rolle bei der Prävention spielen.1,3
Mikrobiombasierte Therapien
Prinzipiell hat die Ernährung einen großen Einfluss auf die Bakterienbesiedelung des Darms. So haben Säuglinge, die ausschließlich mit Muttermilch ernährt wurden, Vorteile bei der Aufnahme verschiedener wichtiger Nährstoffe wie Proteine, Fette und Oligosaccharide. Bekanntermaßen unterstützen diese Nährstoffe das Wachstum von Bifidobakterien und verbessern die intestinale Barrierefunktion. Eine hohe Anzahl von Bacteroidetes wird zum Beispiel mit einer Ernährung assoziiert, die reich an tierischem Fett und Eiweiß ist. Eine Ernährung, die vor allem Gemüse, Obst und Ballaststoffe beinhaltet und weniger Fleisch- und Milchprodukte, bewirkt eine höhere Prävalenz an Prevotella . Da bei Typ-2-Diabetes ein starker Bezug zur Ernährung besteht und diese einen großen Einfluss auf das Darmmikrobiom hat, dürften mikrobiombasierte Therapien bei der Behandlung von Typ2-Diabetes besonders sinnvoll sein.1
Jasmin Sucher, MA
Quellen:
1 Henneke L et al., Rolle des Mikrobioms bei der Entwicklung des Diabetes, Diabetologe 16, 751–758 (2020).
2 Henneke L et al., Mikrobiom – Bedeutung für die Manifestation des Diabetes. Diabetologe 17, 376–381 (2021).
3 Chong S et al., A systematic review on gut microbiota in type 2 diabetes mellitus, Front. Endocrinol., 2025.
4 broadinstitute.org/news/gut-microbiome-changes-fuel-increased-risk-type2-diabetes?utm_source=chatgpt.com , zuletzt besucht am 08.10.2025.

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Fallberichte zeigen die Herausforderungen rund um die Diagnostik auf
Nach wie vor stellt die Diagnostik früher Stadien der kardialen Amyloidose Mediziner:innen vor Herausforderungen. Wie aus Patient:innenfällen eines Forschungsteams1 rund um Dr.in Lara Schlender vom Universitätsklinikum Frankfurt, Med. Klinik III – Kardiologie, Angiologie in Frankfurt am Main, ersichtlich wurde, sind eine erhöhte klinische Aufmerksamkeit, das stringente Verfolgen der Verdachtsdiagnose und Einbeziehen verschiedener diagnostischer Modalitäten erforderlich. Die Arbeit wurde bei der 91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. vorgestellt:2
Diagnosesicherung
einer ATTR-Amyloidose
Ein 85-jähriger Patient hatte sich bei beidseitigem Karpaltunnelsyndrom extern einer Karpaltunnelspaltung unterzogen. Dabei waren im Biopsat des Tenosynoviums mittels Kongorot-Färbung
Amyloid-Ablagerungen nachgewiesen worden. Bei Vorstellung im Amyloidose-Zentrum präsentierte sich der Patient asymptomatisch (NYHA I), ohne Hypervolämie und mit normwertigem NTproBNP. Im EKG zeigte sich ein Sinusrhythmus ohne Niedervoltage, Reizleitungs- oder Erregungsrückbildungsstörungen. Echokardiographisch wurden eine LV-Funktion von 60 %, eine IVS von 10 mm und eine diastolische Dysfunktion dokumentiert. Eine AL-Amyloidose ließ sich laborchemisch ausschließen. Der Befund der DPDSzintigraphie mit SPECT des Herzens war mit einer kardialen Amyloidose bei Perugini Grad I vereinbar. Bei fehlenden klinischen Zeichen einer kardialen Beteiligung bei asymptomatischem Patienten und normwertigem NTproBNP, wurde eine Myokardbiopsie zur Diagnosesicherung einer ATTR-Amyloidose durchgeführt. Die histologischen Befun-

de bestätigten ein diffuses ATTR-Amyloidmuster, wobei das Amyloid nur 1 % der Gesamtfläche einnahm. Die betreuenden Ärzt:innen initiierten eine Therapie mit dem Transthyretin-Stabilisator Tafamidis.2
Ein 72-jähriger Patient stellte sich kardial dekompensiert im Stadium NYHA III mit Zeichen einer peripheren Polyneuropathie in der HerzinsuffizienzKlinik vor. Laboranalytisch zeigte sich ein erhöhtes NTproBNP (1794 pg/ml) bei normwertiger GFR und normwertigem Troponin. Das EKG ergab einen Sinusrhythmus mit Niedervoltage und AV-Block I. Echokardiographisch imponierten eine LVEF von 50 %, eine IVS von 14 mm und eine diastolische Dysfunktion. In der Herz-MRT wurde ein diskretes subendokardiales „late gadolinum enhancement“, jedoch mit nicht typischem Amyloidmuster, erkennbar. Koronarangiographisch konnte eine stenosierende koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden. Bei klinischem Verdacht auf eine Amyloidose wurde
NACHBERICHT
eine Skelettszintigraphie vorgenommen, in welcher sich keine kardiale TracerAnreicherung (Perugini 0) nachweisen ließ. Die Labordiagnostik ergab eine atypische Plasmazellexpansion, erhöhte freie Leichtketten vom Typ Lambda und einen erniedrigten freien LeichtkettenQuotienten (0,19 mg/ml). Somit erfolgte eine umgehende Myokardbiopsie, deren histologischer Befund die Diagnose einer kardialen AL-Lambda-Amyloidose sicherte und zu einer sofortigen Therapieeinleitung führte.2
Die beiden Fallberichte zeigen gemäß den Expert:innen, dass eine kardiale ATTR-Amyloidose bereits in sehr frühen Stadien mittels Skelettszintigraphie nachgewiesen werden kann. Wann eine Therapie-Initiierung bei asymptomatischer ATTR-Amyloidose mit sehr geringgradiger Amyloid-Infiltration erfolgen sollte, sei bislang unklar – betonen sie –, da in Studien zu Transthyretin-Stabilisatoren eine kardiale Beteiligung mittels echokardiographischer, klinischer und laborchemischer Parameter bestätigt werden musste. Eine kardiale MRT könne frühe Stadien einer kardialen AL-Amyloidose möglicherweise nicht erfassen.
Das Fazit der Expert:innen: Die Sensitivität der kardialen MRT bleibe für die Erfassung früher Krankheitsstadien unklar, während die Szintigraphie eine geringgradige Amyloid-Infiltration bei subklinischer Amyloidose detektieren konnte.2
Red
Quellen:
1 Schlender L1, von Metzler I², Hildner M², Mehling I³, Leistner D¹, Papathanasiou M¹. ¹Universitätsklinikum Frankfurt, Med. Klinik III –Kardiologie, Angiologie Frankfurt am Main; ²Universitätsklinikum Frankfurt am Main; ³St. VinzenzKrankenhaus Hanau.
2 91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (German Cardiac Society). Clin Res Cardiol 114, 521 (2025). doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4
91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V., 23.-26. April 2025, Mannheim.
Bizepssehnenruptur?1

Vorhofflimmern im EKG1
Kurzatmigkeit und Atemnot1
Spinalkanalstenose?1
Früheres beidseitiges Karpaltunnelsyndrom1
Wenn die Symptome einfach nicht zusammenpassen …
Scheinbar eindeutige Symptome, doch der Zustand der Patientin oder des Patienten verschlechtert sich trotz Therapie?2
Die ATTR-CM ist mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden. 3
Eine kardiologische Abklärung wird dringend empfohlen.
Interdisziplinäres Management bei Knochenmetastasen

Primäre Knochentumoren treten vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf, sind jedoch insgesamt selten. Im Gegensatz dazu kommen sekundäre Knochentumoren – insbesondere Metastasen von Karzinomen der Brust, Lunge, Prostata, Niere und Schilddrüse – häufig vor. Aufgrund ihrer hohen Prävalenz sind Karzinome der Brust, Bronchien und Prostata wahrscheinlich für mehr als 80 Prozent der Fälle von Knochenmetastasen verantwortlich. Überwiegend ist das axiale Skelett betroffen, das appendikuläre seltener.1 Obwohl Knochenmetastasen mit einer erhöhten Symptomlast einhergehen, lässt sich das Gesamtüberleben der Patient:innen weitgehend mit dem von Betroffenen ohne Metastasierung vergleichen. Es treten vor allem Schmerzen auf, auch ein Funktionsverlust von Extremitäten bei pathologischen Frakturen der Röhrenknochen ist möglich. Bei Kompressionsfrakturen von Wirbelkörpern können sich des Weiteren neurologische Komplikationen wie Myelonkompression, Radikulopathie oder spinale Instabilität manifestieren. Systemisch kann in einigen Fällen eine Hyperkalzämie oder sogar eine hyperkalzämische Krise beobachtet werden. Diese metastasenbedingten Beschwerden und Komplikationen schränken die Patient:innen häufig in ihrer Lebens-
qualität und Selbstständigkeit im Alltag ein. Viele sind außerdem auf eine opiatbasierte Schmerztherapie angewiesen. Fortschritte in der onkologischen Therapie und der molekularen Diagnostik haben das Gesamtüberleben zahlreicher Krebspatient:innen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Infolgedessen zielt die Behandlung von Knochenmetastasen heute nicht mehr ausschließlich auf eine kurzfristige Symptomkontrolle ab, sondern strebt zunehmend auch einen langfristigen Therapieerfolg an. Hierbei ist ein interdisziplinärer Ansatz entscheidend: Therapeutische Möglichkeiten von Chirurgie, interventioneller Radiologie, Nuklearmedizin sowie Maßnahmen der onkologischen Systemtherapie und Strahlenbehandlung sollten berücksichtigt werden.1,2
Zu den Behandlungsmöglichkeiten bei Knochenmetastasen gehören die konservative Therapie, systemische Therapien (Hormon- und Chemotherapie) oder die Strahlentherapie, aber auch die Knochenschutztherapie. Die osteoprotektive Therapie zielt darauf ab, skelettale Komplikationen zu verhindern und die Lebensqualität der Patient:innen zu erhalten. Hierbei gilt es, pathologische Frakturen und hyperkalzämische Episoden zu reduzieren, den Bedarf an operativen und strahlentherapeutischen Interventionen zu verringern und Knochenschmerzen zu lindern. Sowohl Bisphosphonate als auch Denosumab können hierfür eingesetzt werden und tragen wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität sowie zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Patient:innen bei. Bisphosphonate induzieren apoptotische Effekte bei Osteoklasten, Denosumab führt durch die Hemmung des RANK-Liganden zu einer verringerten Zahl und Aktivität dieser Zellen. Studien zeigen eine Überlegenheit von Denosumab gegenüber dem Bisphosphonat Zoledronsäure in puncto Reduktion beziehungsweise Verzögerung skelettaler Ereignisse.3,4
Bisphosphonate sind Analoga von Pyrophosphat, die sich im Knochen an Hydroxylapatit binden. Aktive Osteoklasten nehmen sie auf, wodurch es zu deren Apoptose und damit zu einer Reduktion des Knochenabbaus kommt. Es gibt zwei Klassen von Bisphosphonaten: einerseits die nichtstickstoffhaltigen, zu denen beispielsweise Etidronat, Clodronat und Tiludronat gehören, andererseits die stickstoffhaltigen wie Pamidronat, Alendronat, Ibandronat, Risedronat und Zoledronat. 3 Denosumab ist ein humaner, monoklonaler, synthetischer Antikörper. Er bindet mit hoher Affinität an RANKL und verhindert dadurch dessen Wechselwirkung mit RANK. Dadurch wird die Knochenresorption unterdrückt und die Knochenzerstörung bei ossären Metastasen gebremst. Die Verabreichung des Antikörpers erfolgt subkutan alle vier Wochen in einer Dosis von 120 mg. Liegt eine verminderte Nierenfunktion vor, kann man auf eine Dosisanpassung verzichten, da Denosumab nicht über die Niere abgebaut wird. Von den Bisphosphonaten unterscheidet sich Denosumab vor allem durch einen schnelleren Wirkungseintritt und eine rasche Reversibilität des Effekts.1,3
Für ein optimales Management von Knochenmetastasen ist ein interdisziplinäres Team erforderlich, das aus Onkolog:innen und Strahlentherapeut:innen, Orthopäd:innen, Radiolog:innen und Nuklearmediziner:innen, Spezialist:innen für Palliativmedizin, sowie Expert:innen für unterstützende Therapien mit Kenntnissen in Bezug auf Knochenkomplikationen bei Neoplasien besteht. 3
Jasmin Sucher, MA
1 Coleman RE et al., 56 - Bone Metastases, Abeloff's Clinical Oncology (Sixth Edition), Elsevier, 2020, Pages 809-830.e3.
2 Guckenberger M et al., Aktuelle interdisziplinäre Behandlung von Knochenmetastasen, Onkologie 2023, 29:222–229.
3 aerzteblatt.de/archiv/titel/supplement/2020/ onkologie-1-2020/knochenmetastasen-aktuelletherapieoptionen-90a2b22d-6fa9-43a1-a86b26c5f5f52c88 , zuletzt abgerufen am 06.10.2025.
4 Kempe S, Die Osteoprotektion ist ein integraler Bestandteil der Tumortherapie, Fokus Onkol 27, 51–52 (2024).
XGEVA© (DENOSUMAB) HILFT KNOCHENKOMPLIKATIONEN VORZUBEUGEN. AB DER ERSTEN KNOCHENMETASTASE ÜBER DEN GESAMTEN KRANKHEITSVERLAUF.2

Konsequente Langzeittherapie: alle 4 Wochen + täglich 500 mg Kalzium + 400 IE Vitamin D2
Bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen und Knochenbefall2,*
Kombinierbar mit allen Tumortherapien2
Verzögerte Schmerzprogression, verringerter Analgetika-Bedarf1,3
Einfache subkutane Verabreichung, einmal alle 4 Wochen2
Unabhängig von Nierenfunktion2

Auch für ältere Patient:innen2
* Mammakarzinom, Prostatakarzinom, Multiples Myelom, NSCLC, Nierenzellkarzinom, kolorektales Karzinom, kleinzelliges Bronchialkarzinom, Blasenkarzinom, Kopf-Hals-Tumore, GI/Urogenitalkarzinom.
Referenzen: 1. Moos R et al. Support Care Cancer. 2013;21:3497-507. 2 XGEVA®, veröffentlichte Fachinformation. 3. Henry D, et al. Support Care Cancer. 2014;22:679-87.
Fachkurzinformation: XGEVA® 120 mg Injektionslösung Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält 120 mg Denosumab in 1,7 ml Lösung (70 mg/ml). Denosumab ist ein humaner monoklonaler IgG2-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Säugetierzelllinie (Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters) hergestellt wird. Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jeweils 1,7 ml der Lösung enthalten 78 mg Sorbitol (E 420). Liste der sonstigen Bestandteile: Essigsäure 99 %*, Natriumhydroxid (zur pH-Wert-Einstellung)*, Sorbitol (E 420), Polysorbat 20, Wasser für Injektionszwecke. *Der Acetatpuffer wird durch Mischen von Essigsäure mit Natriumhydroxid gebildet. Anwendungsgebiete: Prävention skelettbezogener Komplikationen (pathologische Fraktur, Bestrahlung des Knochens, Rückenmarkkompression oder operative Eingriffe am Knochen) bei Erwachsenen mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen und Knochenbefall. Behandlung von Erwachsenen und skelettal ausgereiften Jugendlichen mit Riesenzelltumoren des Knochens, die nicht resezierbar sind oder bei denen eine operative Resektion wahrscheinlich zu einer schweren Morbidität führt. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Schwere, unbehandelte Hypokalzämie. Nicht verheilte Läsionen aus Zahnoperationen oder Operationen im Mundbereich. Pharmakotherapeutische Gruppe: Mittel zur Behandlung von Knochenerkrankungen, andere Mittel mit Einfluss auf die Knochenstruktur und die Mineralisation, ATC-Code: M05BX04. Inhaber der Zulassung: Amgen Europe B.V., 4817 ZK Breda, NL, Vertreter in Österreich: Amgen GmbH, Wien. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Stand der Information: Dezember 2024. Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit sowie zu Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste umweltbedingte Todesursache, Hypertonie der bedeutendste Risikofaktor


GASTAUTOR: Priv.-Doz. DDr. Gernot Pichler, MSc FA für Innere Medizin und Kardiologie, OA an der Abteilung für Kardiologie, Klinik Floridsdorf, Wahlarzt in Wien Oberlaa kardiologe-pichler.at
Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen weltweit die führende Todesursache dar, wobei Bluthochdruck (Hypertonie) einer der bedeutendsten Risikofaktoren ist. Neben genetischen und verhaltensbedingten Faktoren spielen Umweltfaktoren eine zunehmend anerkannte Rolle in der Pathogenese von Hypertonie und anderen kardiovaskulären Risikofaktoren wie auch von manifesten HerzKreislauf-Erkrankungen, etwa Myokardinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz oder Atherosklerose. Zu den wichtigsten pathogenen Umweltfaktoren zählen Luftverschmutzung, Lärm sowie chemische Verunreinigungen von Böden und Gewässern. Der Einfluss solcher Faktoren auf den Blutdruck und kardiovaskuläre Erkrankungen sowie aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Thema werden im Folgenden diskutiert.

Luftverschmutzung wird allgemein definiert als Freisetzung umwelt- und gesundheitsschädlicher Stoffe in die Luft. Diese werden als Feinstaub bzw. „particulate matter“ (PM) bezeichnet. Feinstaub ist ein komplexes Gemisch aus festen Partikeln unterschiedlicher Größe (PM2.5: Größe bis 2,5 Mikrometer; PM10: Größe bis 10 Mikrometer) und Tröpfchen. Die Partikel können gasförmige Schadstoffe wie Ozon, Stickoxid, Kohlenmonoxid und Schwefeldioxid enthalten, flüchtige organische Verbindungen wie Benzol, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Akrole sowie andere potenziell toxische Substanzen, darunter Schwermetalle. Die Exposition gegenüber Luftverschmutzung in der Umgebung verringert die weltweite durchschnittliche Lebenserwartung um 2,9 Jahre, wobei mehr als 50 % der übermäßigen Todesfälle auf Bluthochdruck und HerzKreislauf-Erkrankungen zurückzuführen sind.1 In einer rezenten Metaanalyse,
bei der knapp 900.000 Proband:innen über einen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren untersucht wurden, konnte ein klarer Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Blutdruck gezeigt werden: Je höher die Feinstaubbelastung, desto höher das Risiko, an Hypertonie zu erkranken.2 Verschiedene pathophysiologische Prozesse tragen zu diesem Phänomen bei, u. a. oxidativer Stress, systemische Entzündungsprozesse und endotheliale Dysfunktion.3
Lärmbelastung ist ein weiterer bedeutender Umweltfaktor, der das kardiovaskuläre Risiko beeinflusst. Chronische Lärmbelastung – insbesondere in städtischen Gebieten und in der Nähe von Flughäfen sowie stark befahrenen Straßen – wird mit erhöhtem Blutdruck, Herzrhythmusstörungen und einem höheren Herzinfarktrisiko in Verbindung gebracht. Aktuellen Schätzungen zufolge verursacht chronische Lärmexposition im europäischen Raum jähr-

lich 900.000 neue Fälle von Hypertonie und 48.000 neue Fälle von ischämischer Herzerkrankung.4 Dabei sind gesundheitsgefährdende Auswirkungen bereits ab einem relativ niedrigen Lärmniveau von 55 Dezibel dokumentiert, vor allem bei Lärmexposition während der Nachtstunden. Der Hauptmechanismus der gesundheitsschädlichen Effekte ist eine Stressreaktion, getriggert durch eine Sympathikus-Aktivierung sowie die Freisetzung von Cortisol und Adrenalin, wodurch es zu einer systemischen Vasokonstriktion kommt.
Schwermetalle wie Arsen, Cadmium, Blei und Uran haben im menschlichen Organismus keine essenzielle biologische Funktion. Durch einen breiten Einsatz in Industrie, Konsumgütern (Tabak) und Landwirtschaft (Pestizide) lassen sich diese Stoffe in Wasser, Erde und Luft nahezu ubiquitär nachweisen. Während die Toxizität der Substanzen in hohen Dosen wohl bekannt ist und

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sie bereits vor Jahrhunderten als Gift missbraucht wurden, hat sich in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass eine chronische Exposition gegenüber geringen Dosen dieser Metalle gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit hat.5 Blei, Cadmium und Arsen stehen in Zusammenhang mit subklinischer Atherosklerose, Koronararterienstenose sowie einem erhöhten Risiko ischämischer Herzerkrankungen bzw. einem gesteigerten Schlaganfallrisiko. Zudem sind sie mit linksventrikulärer Hypertrophie, Herzinsuffizienz und peripherer arterieller Verschlusserkrankung assoziiert.6 Einen zentralen Mechanismus der Metalltoxizität stellt die Beeinträchtigung der Endothelfunktion dar, wodurch die vaskuläre Homöostase gestört und die Entwicklung von Bluthochdruck begünstigt wird. Zudem können epigenetische Fehlregulationen die Expression kardiovaskulär relevanter Gene langfristig verändern.7 Weitere pathophysiologische Folgen bei chronischer Exposition umfassen Dyslipidämie sowie Störungen in der Erregungsleitung und Kontraktilität des Myokards, die die Herzfunktion beeinträchtigen können.
Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), auch als „ Forever Chemicals“ bekannt, sind eine umfangreiche Gruppe synthetischer Chemikalien, die wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in zahlreichen industriellen Prozessen und Konsumgütern eingesetzt werden. Aufgrund ihrer hohen Persistenz in der Umwelt mit Halbwertszeiten von bis zu 1.000 Jahren sowie im menschlichen Organismus ist eine lebenslange Exposition nahezu unvermeidlich.8
Epidemiologische Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen PFASExposition und verschiedenen kardiovaskulären Risikofaktoren hin. Dazu gehören Bluthochdruck, Dyslipidämie, Adipositas sowie Störungen des Glukosestoffwechsels. Solche pathophysiologischen Veränderungen können bereits durch eine frühzeitige Exposition auftreten und langfristig das Risiko erhöhen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln.9
Umwelteinflüsse
Luftverschmutzung
Lärmbelastung
Klimawandel
Chemische Verschmutzung
Schwermetalle polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS))
Zentrale biochemische Mechanismen
• Oxidativer Stress
• Mikrogefäß-Dysfunktion
• Aktivierung von Immunzellen und Entzündungen
• Stressreaktionen
• Störungen des zirkadianen Rhythmus
• Variabilität der Herzfrequenz
• Erhöhte
Blutgerinnungsneigung
Erhöhtes Risiko für HerzKreislauf-Erkrankungen
Schlaganfall
Ischämie, vaskuläre Demenz
Gefäßerkrankungen
Bluthochdruck, Karotis-Atherosklerose, Mikrogefäß-Dysfunktion
Herzerkrankungen
Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz
Stoffwechselstörungen
Erhöhte Cholesterinwerte, erhöhter Blutzucker, Übergewicht

Umwelteinflüsse auf die kardiovaskuläre Gesundheit
Die Evidenzlage zur Assoziation von PFAS mit subklinischen und klinischen kardiovaskulären Erkrankungen ist aktuell uneinheitlich. Während Querschnittsstudien häufig positive Korrelationen zeigen, liefern prospektive Studien bislang gemischte Ergebnisse. Mögliche zugrunde liegende pathophysiologische Mechanismen umfassen PFAS-induzierte Entzündungsprozesse, oxidativen Stress sowie eine endotheliale Dysfunktion, die die vaskuläre Homöostase beeinträchtigen und die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen begünstigen können.10
Umweltfaktoren beeinflussen die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität durch eine direkte und eine indirekte Wirkung. Luftverschmutzung, Lärm und chemische Verunreinigung von Gewässern und Böden sind mit erhöhtem Blutdruck sowie manifesten HerzKreislauf-Erkrankungen assoziiert. Der synergistische Effekt aller Faktoren ist noch unklar und wird durch den Klimawandel im Sinne einer Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur verstärkt. Besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen sind Schwangere, Kinder sowie Personen mit bereits bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, da
sie aufgrund physiologischer oder immunologischer Faktoren empfindlicher auf die toxischen Auswirkungen reagieren können.
Für die Reduktion der durch Umweltfaktoren bedingten Krankheitslast sind neben verstärkten präventiven Maßnahmen zusätzliche Strategien erforderlich. Dazu zählen die Entwicklung empfindlicherer und selektiverer Messmethoden zur Erfassung der individuellen toxischen Belastung, eine systematische klinische Evaluierung betroffener Individuen, die Integration von genetischen, klinischen und Umweltdaten in zukünftige Studien (Exposom-Forschung) sowie die Entwicklung von Therapien zur gezielten Elimination toxischer Elemente.
Literatur:
1 Lelieveld J et al., Cardiovasc Res. 1. September 2020;116(11):1910–7.
2 Ma Y et al., Ecotoxicol Environ Saf. 15. Januar 2021;208:111492.
3 Basith S et al., Nanomaterials. Januar 2022;12(15):2656.
4 European Environment Agency (zitiert am 31.1.2025]. Noise. Verfügbar unter: eea.europa.eu/publications/ beating-cardiovascular-disease/noise
5 Pichler G, et al., Circ Cardiovasc Imaging. Mai 2019;12(5):e009018.
6 Lieberman-Cribbin W et al., J Am Heart Assoc. 16. Januar 2024;13(2):e031256.
7 Grau-Perez M et al., Environ Int. September 2017;106:27–36.
8 Bil W et al., Int J Hyg Environ Health. Januar 2023;247:114071.
9 Dunder L et al., Environ Int. 1. November 2023;181:108250.
10 Pichler G et al., Wien Klin Wochenschr. 2025; Under review.
Der Vitamin-D-Mangel ist ein globales Public-Health-Problem. Laut Schätzungen leidet bis zu der Hälfte der Weltbevölkerung an einer Insuffizienz. Dies ist bedenklich, denn in Studien wurde festgestellt, dass ein Vitamin-D-Defizit die Pathogenese vieler Krankheiten beeinflusst. Teils uneinig ist man sich jedoch im wissenschaftlichen Diskurs, wann Vitamin D als Arzneimittel eingesetzt werden sollte.
Supplementierung bei werdenden Müttern
Während der Schwangerschaft wird jedenfalls beim Großteil der Frauen eine Unterversorgung mit Vitamin D festgestellt. Der Fötus ist auf die Vitamin-DVersorgung der Mutter angewiesen, was zu einem größeren Bedarf führt. Ein umfassender Review bestätigt, dass hier
eine Supplementierung Vorteile mit sich bringen kann. Das Risiko eines Gestationsdiabetes kann damit beispielsweise reduziert werden. Ebenfalls waren die mütterliche 25(OH)D-Konzentration und die 25(OH)D-Konzentration in der Nabelschnur kurz vor oder bei der Geburt höher. Außerdem erhöhte die VitaminD-Supplementierung das durchschnittliche Geburtsgewicht um 53,14 Gramm.¹
In der Perimenopause, Menopause und Postmenopause ist der Östrogenspiegel niedriger, was die Fähigkeit des Körpers, Vitamin D zu produzieren bzw. aufzunehmen, beeinträchtigen kann. Gleichzeitig steigt das Osteoporoserisiko bei Frauen, da der Knochenabbau im Alter schneller stattfindet als der Knochenaufbau. Vitamin D wiederum fördert
die Kalziumaufnahme im Darm und reguliert die Serumkalzium- sowie die Phosphatkonzentration, um eine normale Knochenmineralisierung zu ermöglichen. Darauf basierend, wird eine antiresorptive Wirkung von Vitamin D vermutet, von der Betroffene profitieren könnten. Untersuchungen untermauern diese Überlegungen. Postmenopausale Frauen, die Vitamin D gegen Osteoporose erhielten, hatten weniger gastrointestinale Adverse Events und eine niedrigere Mortalität im Vergleich zur Kontrollgruppe.2
LaS
Literatur: 1 Yang WC et al., Nutrition Reviews 83(3), (2025) doi: 10.1093/nutrit/ nuae065.
2 Migliorini F et al., European Journal of Medical Research 30, 170 (2025). doi:10.1186/s40001-025-02412-x.
Humane Papillomaviren (HPV) sind weit verbreitet. Der Großteil aller Frauen und Männer infiziert sich im Laufe des Lebens. Anste ckungen mit HochrisikoHPV-Typen sind für über 70 % der Fälle von Ge bärmutterhalskrebs verantwortlich. Zu nächst verlaufen In fektionen mit diesen Typen symptomfrei und in den meis ten Fällen heilen sie innerhalb von ein bis zwei Jahren spontan ab. Länger bestehende Infekti onen können jedoch zu Krebs führen. In Österreich allein werden jährlich ca. 400 neue Fälle von Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert sowie 130 bis 180 Todesfälle verzeichnet.

Weltweit stirbt alle zwei Minuten eine Frau an Gebärmutterhalskrebs und das, obwohl es sich um eine vermeidbare Krankheit handelt. Basierend darauf, konzipierte die WHO die „Globale Strategie zur Elimination des Zervixkarzinoms als Public-Health-Problem“. Ein zentraler Teil dieser Strategie ist eine weltweite HPV-Durchimpfungsrate von 70 bis 90 % der Mädchen bis 15 Jahre. Die Impfung ist die wirksamste Langzeitmaßnahme zur Senkung des Gebärmutterhalskrebsrisikos. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass eine hohe HPV-Impfrate durch Herdenimmunität auch den Schutz ungeimpfter Personen bewirken kann. Die aktuelle Leitlinie der WHO empfiehlt, Kindern zwischen neun und 14 Jahren zwei Impfdosen zu verabreichen, damit sie vollständig geschützt sind. Die Immunisierung ist am wirksamsten, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem
noch kein Kontakt mit HPV stattgefunden hat – somit idealerweise vor den ersten sexuellen Handlungen. Zudem haben Untersuchungen ergeben, dass die Impfantwort in der genannten Altersgruppe am besten ausfällt. 2 Trotzdem ist die Immunisierung auch für ältere Altersgruppen sinnvoll. Beispielsweise kann die HPV-Impfung sogar bei Frauen, die bereits an Gebärmutterhalskrebs erkrankt sind, positive Effekte erzielen. Ein aktueller Review stellte Folgendes fest: Werden Frauen kurz vor, während oder kurz nach einer Konisation gegen HPV geimpft, senkt das möglicherweise ihr Risiko, ein zweites Mal Krebsvorstufen der Stufe CIN2+ zu entwickeln. Unklar bleibt, wann der beste Zeitpunkt für eine Impfung ist – kurz vor der Konisation, praktisch zeitgleich oder kurz danach. Weitere Forschungserkenntnisse werden benötigt. 3
In Österreich können Personen zwischen 21 und 30 Jahren noch bis Mitte 2026 eine kostenlose HPV-Impfung nach dem Zwei-Dosen-Schema in Anspruch nehmen. Jedoch muss die Erstimpfung aktuell bis zum 30.12.2025 und die Zweitimpfung vor dem 1.7.2026 erfolgen. Ab 30 müssen die Kosten selbst getragen werden. Empfohlen werden in dieser Kohorte außerdem drei ImpMehrere Studien weisen aber darauf hin, dass schon eine einzelne Dosis positive Effekte erzielen kann. In einem aktuellen Review ermittelten mehr als die Hälfte von insgesamt 23 Studien eine ähnliche Wirksamkeit der einmaligen Impfung im Vergleich zum Zwei- oder Drei-Dosen-Schema – und zwar über acht Jahre hinweg. Interessanterweise trifft das jedoch nicht auf die Verhinderung von allen HPV-Infektionen zu. Mehrere Studien zeigen, dass die Einzeldosis im Gegensatz zu den mehrfachen Dosen keinen ausreichenden Kreuzschutz gegen bestimmte HPVTypen (HPV 31, HPV 33, HPV 45) bietet. Die Wirksamkeit einer Einzeldosis-Impfung sollte somit noch durch Langzeitstudien und klinische Bewertungen weiter abgesichert werden.4
Investition zahlt sich aus
Die Investition in öffentliche HPVImpfprogramme zeigt laut einer aktuellen Studie auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Beispielsweise führte das staatliche Impfprogramm in Großbritannien mit einer Investition von ca. 115 Millionen Euro zu einer gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung von ca. 205 Millionen Euro. Dieser Be-
trag umfasst nicht nur unmittelbare Effekte im Gesundheitswesen, etwa durch reduzierte Behandlungskosten bei HPV-assoziierten Erkrankungen, sondern auch indirekte wirtschaftliche Impulse wie die Wertschöpfung in zuliefernden Branchen oder die erhöhte Berufstätigkeit, resultierend aus dem Impfprogramm. 5
Ebenfalls ein zentraler Teil der WHO-Strategie ist die sekundäre Prävention von Gebärmutterhalskrebs. Angestrebt werden etwa Vorsorge-Screenings im Alter von 35 Jahren und 45 Jahren mit einer Abdeckung von mindestens 70 % der Frauen weltweit. Das Ziel ist, durch frühe Erkennung und Behandlung von präkanzerösen Läsionen die Inzidenz und Sterblichkeit zu senken. Die primäre Screening-Methode sollte laut WHO die HPV-Testung sein. 2 Kommerzielle HPV-Tests sind derzeit jedoch oft teuer, zeitaufwändig und erfordern komplexe Geräte, was eine breite Anwendung verhindert. Zur Überwindung dieser Hürden werden neuartige Technologien entwickelt, darunter isotherme Amplifikation, Lateral-Flow-Tests, CRISPR-Cas-basierte Systeme sowie Lab-on-a-ChipGeräte, die sich besonders zum Einsatz in dezentralen Testumgebungen und in der patient:innennahen Sofortdiagnostik eignen.6 Selbstabstrichverfahren gibt es ebenfalls, wobei eine kurze Einschulung notwendig ist, um Anwender:innenkompetenz und korrekte Testergebnisse sicherzustellen.7
Präkanzeröse Läsionen des Gebärmutterhalses sind ein erhebliches Gesundheitsproblem, jedoch kann durch eine frühzeitige Diagnose und erfolgreiche Behandlung die Entwicklung zu Krebs verhindert werden. Behandlungsansätze umfassen Methoden wie Ablation oder Konisation durch LEEP („loop electrosurgical excision procedure“) sowie die aktive Überwachung bei Patientinnen unterhalb der Behandlungsschwelle. Etwa 54 % der HPV-Infektionen gehen innerhalb eines Jahres spontan zurück, wobei das vaginale Mikrobiom und der pH-Wert die Immunantwort maßgeblich beeinflussen. Unterstützend wird der Einsatz eines vaginalen Gels empfohlen, das Inhaltsstoffe mit antioxidativen Eigenschaften enthält und somit die virale Last reduziert wie auch die Immunabwehr stärkt, was die Krankheitsprogression eventuell verlangsamen kann. 8
Laura Elisabeth Schnetzer, BA


Prophylaxe und Behandlung von HPV bedingten Läsionen des Gebärmutterhalses.
SYNERGISTISCHE WIRKUNG DER INHALTSSTOFFE
→ C arboxymethyl Betaglucan und Polycarbophil
NACHGEWIESENE WIRKSAMKEIT
→4 Studien* mit > 2.000 Patientinnen
ERGONOMISCHER SPRÜHAPPLIKATOR
→Zielgenaue Applikation
GEL MIT THIXOTROPEN EIGENSCHAFTEN
→Haftet gut, läuft nicht aus
Colpofix® 20 ml 10 Applikatoren
Colpofix® 40 ml 20 Applikatoren
Literatur:
1 sozialministerium.gv.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/ Infektionskrankheiten-A-Z/Humane-Papillomaviren-(HPV)
2 WHO, Global strategy to accelerate the elimination of cervical cancer as a public health problem. 2020.
3 Setiawan D et al., PLoS One. 2024 Jan;19(1):e0290808.
4 Kapp P et al., Cochrane Database Syst Rev. 2025 Sep;9(9):CD016121.
5 Atun R et al., EClinicalMedicine. 2025 Apr 8;82:103180.
6 Bartosik M et al., J Med Virol. 2024 Feb;96(2).
7 Vega-Crespo B et al., International Journal of Women’s Health. 2024; 16, 47–960.
8 Ozmen F et al., J Clin Med. 2025 Jul 8;14(14):4826.

Eine proaktive Alternative zur Strategie des kontrollierten „WAIT and SEE“
* Scardamaglia 2010, Laccetta 2015, Stentella 2017, Lavitola 2020

Die Exposition gegenüber urbaner Luftverschmutzung – insbesondere Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser von ≤ 2,5 µm (PM 2,5) – steht klar in Zusammenhang mit schwerwiegenden Gesundheitsauswirkungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, dass die Exposition gegenüber Luftverschmutzung pro Jahr schätzungsweise Millionen Todesfälle durch assoziierte Erkrankungen verursacht.1 Die Auswirkungen sind bereits ganz am Anfang des Lebens spürbar, denn Feinstaub steht epidemiologisch in Verbindung mit einer erhöhten Rate an Gesundheitsrisiken während der Schwangerschaft. Der Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Gestationskomplikationen könnte darauf beruhen, dass Luftschadstoffe oxidativen Stress und Entzündungen während der Schwangerschaft auslösen oder verstärken. 2
Die Plazenta versorgt das ungeborene Kind mit Nährstoffen und Sauerstoff, reguliert den Stoffwechsel zwischen Schwangeren und Fötus und sorgt durch spezialisierte Immunzellen für ein entzündungsfreies, schützendes Milieu im Mutterleib – eine sehr wichtige Aufgabe, die durch die Exposition gegenüber Luftschadstoffen beeinträchtigt werden kann. Sobald Feinstaubpartikel in die Zelle eindringen, beeinträchtigen sie Organellen und führen zu Funktionsstörungen sowie Verän-
derungen im intrazellulären Proteintransport. Solche gestörten biologische Prozesse in der Plazenta begünstigen möglicherweise Komplikationen wie Präeklampsie und intrauterine Wachstumsrestriktion. 2 Eine Exposition in der Frühschwangerschaft führt beispielsweise zu einer Hypomethylierung spezifischer Gene in der Plazenta, die mit der Entwicklung und dem Wachstum des Trophoblasten in Verbindung stehen, was zu einer verlangsamten Reifung der Plazenta beiträgt. Besonders bedenklich ist dies im ersten Trimester, in dem die Organentwicklung des Fötus passiert. 3
Eine internationale Forschungskooperation zwischen der Universität Lund in Schweden und der Medizinischen Universität Graz hat nun gezeigt, dass Feinstaubpartikel aus dem städtischen Verkehr die Struktur der Plazenta verändern können und sogar deren Immunzellen in ihrer Funktion beeinflussen. Bereits ein kurzer Kontakt mit PM 2,5 -Partikeln führte im Experiment zu messbaren Veränderungen im Plazentagewebe. Um besser zu verstehen, wie Luftschadstoffe die Funktionen der Plazenta beeinträchtigen könnten, nutzte das Forschungsteam ein hochspezialisiertes experimentelles Modell – die sogenannte ex vivo duale Plazentaperfusion, bei der Plazentagewebe unmittelbar nach der Geburt unter kontrollierten Bedingungen untersucht werden kann.4
Die Analyse der Proben mittels Transmissionselektronenmikroskopie zeigte, dass bereits ein kurzer Kontakt mit PM 2,5 -Partikeln zu deutlichen Schäden im Plazentagewebe führt. Betroffen waren unter anderem Kollagenfasern, die dem Gewebe Stabilität verleihen, sowie Mitochondrien, die für die Energieversorgung der Zellen entscheidend sind.4 „ Besonders auffällig war die Reaktion der Immunzellen in der Plazenta: Sie wechselten von einem normalerweise entzündungshemmenden in einen entzündungsfördernden Zustand – ein Muster, das auch bei Präeklampsie beobachtet wird, einer ernsten Schwangerschaftserkrankung mit möglichen Risiken für Mutter und Kind“, beschreibt Molekularbiologin Birgit Hirschmugl, PhD, von der Med Uni Graz.
Laut den Grazer Wissenschafter:innen unterstreichen die neuen Erkenntnisse die Dringlichkeit politischer und gesellschaftlicher Maßnahmen zur Reduktion von Luftverschmutzung – insbesondere in städtischen Ballungsräumen. Gleichzeitig betonten sie die Wichtigkeit einer weiteren intensiven Erforschung der Plazenta als zentrales Organ der Schwangerschaft.
Laura Elisabeth Schnetzer/PA Literatur:
1 WHO global air quality guidelines. Executive summary. Geneva: World Health Organization; 2021.
2 Nääv Å et al., Front Endocrinol (Lausanne). 2020;11:75.
3 Engström K et al., Toxics. 2021; 6;9(12):338.
4 Erlandsson L et al., Journal of Environmental Sciences, 2026; 160:124–34.
… einer umkomplizierten, bakteriellen Zystitis
Wer noch vor wenigen Jahren mit einer Harnwegsinfektion zur Ärzt:in ging, kam stets mit einem Rezept für ein Antibiotikum wieder aus der Praxis heraus – ob kompliziert oder unkompliziert, das machte keinen Unterschied. Folglich gehören Entzündungen des Urogenitaltrakts zu den häufigsten Gründen für die Einnahme antimikrobieller Medikamente. Angesichts der steigenden Resistenzraten versucht man heute, Antibiotika sparsamer einzusetzen. Unkomplizierte Harnwegsinfekte sind oft selbstlimitierend, die Spontanheilungsrate liegt nach einer Woche zwischen 30 und 50 %. In erster Linie sollen Therapien also die Heilung beschleunigen. Studien belegen inzwischen, dass dafür eine ein bis drei Tage dauernde Kurzzeittherapie mit Antibiotika ausreicht und diese der konventionellen Therapie über sieben bis zehn Tage deshalb vorzuziehen ist. In der aktuellen S3-Leitlinie wird auch ein Fokus auf die alleinige nichtantibiotische Therapie gerichtet. Sie solle bei einer akuten unkomplizierten Zystitis erwogen werden, die Patient:innen sollten an der Entscheidung teilhaben können.
Behandlungserfolg beobachten
Hierbei gibt es aber einige Einschränkungen: Für geriatrische Patient:innen wird eine antibiotikafreie Therapie nicht empfohlen, entsprechende Substanzen sollten nur als Begleitmedikation einer Antibiotikaeinnahme eingesetzt werden, um Symptome zu lindern. Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass eine Zystitis in manchen Fällen der klinische Vorläufer einer Pyelonephritis ist, die zu Nierenschäden führen kann. Bleibt der Behandlungserfolg bei einer rein nichtantibiotischen Therapie also aus bzw. zeigen sich erste Symptome einer Nierenbeckenentzündung, sollte alsbald auf eine wirksame Antibiotikatherapie umgestellt werden.
Laut der S3-Leitlinie eignen sich einige Antibiotika aufgrund der aktuellen Resistenzlage nicht mehr zur Therapie: Die Resistenzrate von Escherichia coli beträgt bei Trimethoprim-Sulfamethoxazol bereits 27 %, bei Amoxicillin sogar 43,3 %. Sobald die Erregerempfindlichkeit gegenüber einem Wirkstoff auf unter 80 % sinkt, wird dieser nicht mehr empfohlen. Bei anderen Antibiotika wie Nitrofurantoin, Mecillinam und Fosfomycin sind die Resistenzraten hingegen noch vergleichsweise niedrig (zwischen 1,1 und 7,4 %). Eine Therapie mit diesen Substanzen gilt daher als erfolgsversprechend.
Felicia Steininger
Quelle:
S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen (HWI). Register-Nr. 043-044. Aktualisierung: 2024.
Möglichkeiten und Grenzen der Selbstmedikation
Pflanzliche Zubereitungen gegen Blasenentzündungen weisen in der Regel eine oder mehrere der folgenden Wirkqualitäten auf: antibakteriell, spasmolytisch, aquaretisch, analgetisch, antiphlogistisch. Sie sollten nur bei Harnwegsinfekten ohne Risikokonstellationen als alleinige Selbstmedikation gegeben werden (also nicht für Männer, Kinder unter 12 Jahren, Diabetiker:innen, Schwangere, Immunsupprimierte, nicht bei Blut im Urin, hohem Fieber und nicht länger als fünf Tage). Bei den angeführten Risikokonstellationen sollte unbedingt zuvor eine ärztliche Konsultation erfolgen. In der Regel können Phytotherapeutika auch zu einer notwendigen Antibiotikatherapie gegeben werden, von einer Verdünnung des Antibiotikums mit nachfolgender Wirkungsabschwächung wird nicht ausgegangen.
Bewährte Heilpflanzen (Beispiele)
• Bärentraube (Uva ursi)
• Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea)
• Liebstöckel (Levisticum officinale)
• Rosmarin (Salvia rosmarinus)
• Amerikanische Preiselbeere (Vaccinium macrocarpon)
• Goldrute (Solidago virgaurea/gigantea)
• Birke (Betula pendula)
• Katzenbart (Orthosiphon)
• Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus)
• Krenwurzel (Armoracia rusticana)
• Hauhechel (Ononis spinosa) Brennnesselwurzel (Urticae radix)

TEE-EMPFEHLUNG BEI BLASENENTZÜNDUNG (für 100 g):
Zutaten: Birkenblätter 20 g, Queckenwurzelstock 20 g, Goldrutenkraut 20 g, Hauhechelwurzel 20 g, Süßholzwurzel 20 g. Zubereitung: Mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergießen, bedeckt 15 Minuten ziehen lassen, durch Teesieb geben. Dosierungsempfehlung: 2-3 TL pro Tasse, 3-4mal tgl. 1 Tasse frisch zubereiteten Tee zwischen den Mahlzeiten trinken.
X HAUSÄRZT:IN-Buchtipp
Komplementärmedizin
Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation
Deutscher Apotheker Verlag 2024

EXPERTE: Dr. Erik Randall Huber FEBU, FECSM
Facharzt für Urologie und Andrologie, Urologenzentrum Wien

„Was tun, wenn Antibiotika vermieden werden sollen?“
Eine 28-jährige Patientin stellt sich in der hausärztlichen Praxis vor. Sie berichtet über wiederkehrende Harnwegsinfekte seit dem vergangenen Winter. Zweimal wurde bereits mit Antibiotika behandelt. Nun möchte sie auf weitere Antibiotikatherapien möglichst verzichten. Sie beschreibt ein Brennen beim Wasserlassen, häufigen Harndrang sowie eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. Besonders empfindlich reagiert sie auf Kälte – barfuß laufen z. B. führt oftmals zu Beschwerden. Die Patientin wirkt besorgt.
Zuhören, einordnen, strukturieren Zunächst ist ein ausführliches Gespräch von zentraler Bedeutung, um Häufigkeit, Schwere und Begleitumstände der Infekte genau zu erfassen. Wichtig ist die Differenzierung zwischen echten rezidivierenden Harnwegsinfekten und anderen Ursachen für dysurische Beschwerden – etwa Reizblase, vulvovaginalen Beschwerden, sexueller Aktivität oder funktionellen Schmerzsyndromen. Um einen „rezidivierenden Harnwegsinfekt“ handelt es sich definitionsgemäß bei ≥ 2 Infekten innerhalb von sechs Monaten oder ≥ 3 pro Jahr – mit jeweils mikrobiologisch nachgewiesenem Erreger im Mittelstrahlharn.
Red Flags ausschließen
Warnzeichen, etwa Fieber, Flankenschmerzen, Hämaturie und vaginaler Ausfluss, oder systemische Symptome gehören aktiv erfragt. Bei positiver Familienanamnese oder auffälliger Vorgeschichte kann auch eine bildgebende Abklärung (z. B. Sonographie, ggf. Urologie) sinnvoll sein, um strukturelle oder funktionelle Ursachen auszuschließen.
Wenn aktuell Beschwerden bestehen, empfiehlt sich eine Harnstreifentestung, ggf. auch eine Mittelstrahlharnkultur. Bei asymptomatischen Patientinnen ist eine Bakteriurie oder Leukozyturie nicht behandlungsbedürftig.
Evidenzbasierte nichtantibiotische Maßnahmen
Die Patientin möchte weitere Antibiotikagaben möglichst vermeiden – das ist medizinisch durchaus sinnvoll. Wiederholte antibiotische Therapien fördern nicht nur Resistenzen, sondern führen auch zu einer Dysbiose des urogenitalen Mikrobioms. Deshalb steht die rezidivprophylaktische Beratung im Vordergrund:
• Verhaltensempfehlungen: moderate Flüssigkeitszufuhr (Trinken bei Durstgefühl), Blasenentleerung nach dem Geschlechtsverkehr, keine übertriebene Intimhygiene, Warmhalten des unteren Rückens und Vermeidung von Auskühlung.
• Canephron (Phytotherapeutikum mit Rosmarin, Liebstöckel und Tausendgüldenkraut) z. B. ist in den aktuellen Leitlinien als nichtantibiotische Option mit entzündungshemmender und spasmolytischer Wirkung genannt.
• D-Mannose kann in der Prophylaxe bei geeigneten Patient:innen eingesetzt werden, Hinweise auf ihre Effektivität stammen aus kleineren Studien.
• Postmenopausal sollte die Möglichkeit einer lokalen vaginalen Östrogentherapie geprüft werden, da die atrophische Vaginalschleimhaut einen Risikofaktor für rezidivierende Infekte darstellt.
• Bei typischer Symptomatik nach dem Geschlechtsverkehr kann eine gezielte postkoitale Prophylaxe erwogen wer-
den (ggf. auch antibiotisch, wenn andere Maßnahmen nicht greifen).
Mögliche funktionelle Ursachen Gerade bei jungen Frauen mit immer wieder auftretenden Beschwerden ist es wichtig, an funktionelle Störungen wie eine Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination oder ein dysfunctional voiding zu denken. Hier können gezielte urodynamische Abklärungen oder eine physiotherapeutische Mitbetreuung (Beckenbodentraining, Biofeedback) hilfreich sein. Eine zusätzliche Option ist die intravesikale Therapie mit Glykosaminoglykan-haltigen Substanzen (z. B. Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat). Ziel ist es, die geschädigte GAG-Schicht der Blasenschleimhaut zu regenerieren und so die natürliche Barrierefunktion gegenüber Bakterien wiederherzustellen.
Wann an die Urologie überweisen?
Eine urologische Abklärung ist insbesondere dann angezeigt, wenn:
• fieberhafte Infekte rezidivieren,
• es Hinweise auf Restharnbildung gibt,
• die Anamnese auf eine funktionelle oder anatomische Besonderheit hindeutet,
• sämtliche konservative Maßnahmen keine Linderung bringen.
Fazit
Wiederkehrende Harnwegsinfekte sind nicht nur medizinisch, sondern auch psychosozial belastend. Ein strukturierter, differenzierter und evidenzbasierter Zugang ermöglicht es, unnötige Antibiotikagaben zu vermeiden und gleichzeitig die Lebensqualität der Patientin wiederherzustellen – idealerweise in enger interdisziplinärer Abstimmung. <
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Bakterielle Vaginose: Ursachen und neue Therapieansätze
Die bakterielle Vaginose (BV) ist eine der häufigsten Scheideninfektionen und steht in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für sexuell übertragbare Infektionen und Frühgeburten. Obwohl die genaue Ursache für das mikrobielle Ungleichgewicht nicht bekannt ist, wird in der Regel Gardnerella vaginalis als Leitkeim benannt. Typisch ist die Bildung eines Gardnerella -Biofilms auf der Vaginalepitheloberfläche, der die BV-Bakterien von antimikrobiellen Substanzen schützt und durch Enzyme dem Glykokalix schadet. Dies macht die Schleimhaut anfälliger für die Besiedlung anderer Erreger. Vaginale Mikrobiome, die hingegen von Lactobacillus crispatus dominiert werden, weisen das geringste Risiko für Infektionen auf. Grund dafür ist ihre Produktion von Milchsäure und antimikrobiellen Substanzen.1
Übergewicht und Ernährungsfaktoren, unter anderem ein Mangel an Folsäure oder Vitamin D, korrelieren mit einer höheren BV-Prävalenz. Das Gleiche gilt für Rauchen und mangelnde Mundhygiene – toxische Substanzen aus Tabak wurden bereits in vaginalen Sekreten gefunden. Hormonelle Kontrazeptiva hingegen scheinen das vaginale Mikrobiom stabiler zu machen. Mechanische Verhütungsmittel wie Kupferspiralen oder Spermizide sind mit einem erhöhten Risiko verbunden.1
Die Behandlung von BV mit Antibiotika ist meist erfolgreich, aber mit hohen Rückfallraten verbunden – möglicherweise aufgrund einer Resistenzbildung. In den letzten Jahren gewinnen deshalb Probiotika zunehmend an Bedeutung. Klinische Studien zeigen, dass die lokale Anwendung von L. crispatus nach Antibiotikatherapie die Rückfallrate signifikant senkt. Die spezies- und sogar stammspezifischen Eigenschaften sind dabei entscheidend. Oft wird auf Lactobacillus -Arten aus dem Darm zurückgegriffen, obwohl sich ihr funktionelles Repertoire und ihre idealen Wachstumsbedingungen deutlich von vaginalem L. crispatus unterscheiden. 2
Laura
Elisabeth Schnetzer, BA
Literatur:
1 Gilbert NM et al., J Clin Invest. 2025;135(11):e184322.
2 Wu S et al., NPJ Biofilms Microbiomes. 2022;8(1):34.






Die erektile Dysfunktion (ED) ist ein häufiges und belastendes Problem von Männern, dessen Prävalenz mit dem Alter steigt. In der „Kölner Studie“ mit Männern im Alter von 30 bis 80 Jahren lag die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei 19,2 %, mit einem steilen altersbedingten Anstieg von 2,3 % auf 53,4 %. Allerdings schwanken die Zahlen in den diversen Untersuchungen stark aufgrund von Unterschieden bezüglich der Methodik, des Alters und des sozioökonomischen sowie kulturellen Status der Teilnehmenden. Dass das Thema durchaus auch Jüngere betrifft, belegt u. a. eine Real-Life-Studie mit Männern, die erstmals wegen neu aufgetretener ED ärztliche Hilfe suchten. Einer von vier Patienten war jünger als 40 Jahre, wobei fast 50 % der jungen Männer über eine schwere ED klagten. Niedergelassene Ärzt:innen spielen eine zentrale Rolle bei der frühzeitigen Wahrnehmung, Diagnostik und Therapie. Zudem ist ED häufig ein Frühwarnzeichen für kardiovaskuläre Erkrankun-
gen. Daher hat ein regelmäßiges Update zu diagnostischen Methoden und Therapieoptionen hohe Relevanz.
ED ist definiert als anhaltende Unfähigkeit, eine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion zu erzielen oder aufrechtzuerhalten. Die Ursachen sind unterschiedlich und lassen sich in psychogene, organische und gemischte Faktoren unterteilen. Während in jüngeren Jahren vor allem psychische Faktoren wie Stress für eine schlechte oder fehlende Erektion verantwortlich sind, hängt diese später hauptsächlich mit der Alterung des Gefäßsystems zusammen. Atherosklerose führt zu Durchblutungsstörungen des Penis. Risikofaktoren sind Erkrankungen wie Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus oder Multiple Sklerose, hormonelle Störungen (z. B. Hypogonadismus, erhöhter Prolaktinspiegel), Operationen (z. B. an der Prostata), Veränderun-
gen am Penis (z. B. Induratio penis plastica, Penisbrüche, Fibrosen) und ein ungesunder Lebensstil (Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen etc.).
Psychische Faktoren wie Stress, Depressionen, Angststörungen und Beziehungsprobleme können eine ED sowohl verstärken als auch verursachen.
Die detaillierte Anamnese bleibt der wichtigste Schritt: Art und Dauer der Symptome, Begleiterkrankungen, Medikamenteneinnahme, psychosoziale Faktoren und Sexualanamnese sind zu erfassen. Ergänzend können standardisierte Fragebögen wie der IIEF (International Index of Erectile Function) verwendet werden.
Zusätzlich zur allgemeinen Untersuchung ist der Genitalstatus zu überprüfen sowie auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und neurologische Auffälligkeiten zu achten.
Die Labordiagnostik umfasst vor allem die Bestimmung von Hormonstatus (Testosteron, LH, FSH, Prolaktin), Blutzucker, Lipidprofil sowie Nieren- und Leberwerten zur Erkennung möglicher organischer Ursachen.
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
� ED ist häufig, oft multifaktoriell und kann auf systemische Erkrankungen hinweisen.
- Eine sorgfältige Anamnese und Basisdiagnostik ist essenziell.
- Lebensstiländerungen bilden die Grundlage jeder Therapie.
- PDE5-Inhibitoren stellen das Mittel der ersten Wahl dar, bei Therapieversagen stehen weitere Behandlungsoptionen zur Verfügung.
- Niedergelassene Ärzt:innen sollten ED aktiv ansprechen, um Patienten eine optimale Versorgung zu ermöglichen.
- ED sollte als möglicher Marker für systemische Gefäßerkrankungen verstanden werden. Eine kardiologische Abklärung wird empfohlen.
- Auch die Zusammenarbeit von Allgemeinmediziner:innen mit Urolog:innen, Endokrinolog:innen und Psychotherapeut:innen kann notwendig sein.
Bei unklarer Diagnose oder Therapieversagen kann eine weiterführende Diagnostik notwendig werden, etwa ein Penistumeszenztest, eine penile Dopplersonographie, psychologische oder neurologische Tests. Die Abklärung erfolgt idealerweise interdisziplinär. Ziel ist es, die jeweilige Ursache zu identifizieren, um eine gezielte Therapie einzuleiten.
Die Behandlung richtet sich nach Ursache, Schweregrad und den Wünschen des Patienten. Wichtig ist eine offene Kommunikation über Erwartungen und Nebenwirkungen. Wichtige Säulen der Behandlung sind:
u Lifestyle-Interventionen
Dazu zählen vorrangig:
• Raucherentwöhnung,
• Gewichtsreduktion,
• Behandlung von Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, hormonellen Störungen,
• regelmäßige körperliche Aktivität. Diese Maßnahmen mildern nicht nur die erektile Dysfunktion, sondern senken auch das allgemeine kardiovaskuläre Risiko.
v Pharmakotherapie
Die Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE5i) Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil und Avanafil sind die Wirkstoffe der ersten Wahl. Sie verstärken die Wirkung von Stickstoffmonoxid im Schwellkör-
pergewebe, fördern die Durchblutung des Penis und ermöglichen so eine Erektion bei sexueller Stimulation. Kontraindikationen sind zu beachten. Alle PDE5i dürfen etwa nicht gleichzeitig mit Nitraten (z. B. bei koronarer Herzkrankheit) eingenommen werden, da es zu gefährlichen Blutdruckabfällen kommen kann. Grundsätzlich sind sie aber sehr gut wirksam, verträglich und anwenderfreundlich. Daher kommen fast ausschließlich PDE5i zum Einsatz.
Für Betroffene, die aufgrund von diversen Erkrankungen keine PDE5i einnehmen dürfen oder bei welchen diese nicht wirken, bieten sich Alternativen wie Alprostadil oder ein relativ neues Kombinationspräparat (Wirkstoff Aviptadil mit Phentoaminmesilat/SKAT-Therapie) an, die direkt in den Schwellkörper des Penis injiziert werden.
Eine nichtsystemische Alternative kann ein ebenfalls relativ neues Medizinprodukt in Gelform sein, das auf den Penis aufgetragen wird und über eine sensorische Stimulation die Durchblutung fördert, wodurch eine Erektion schneller einsetzen kann.
Darüber hinaus werden die vorhandenen PDE5i stetig weiterentwickelt, sie sind mittlerweile auch als Schmelzfilme und Sprays erhältlich.
Bei psychogenen Ursachen oder psychischen Komorbiditäten ist eine psychotherapeutische Begleitung sinnvoll.
x Mechanische und invasive Verfahren: Folgendes kommt vorrangig in Frage:
• Vakuumpumpen (Penispumpen) als nichtinvasive Option,
• extrakorporale Stoßwellen-Therapie (ESTW), um die Neubildung von Blutgefäßen zu stimulieren und damit den Blutfluss zu erhöhen,
• penile Implantate bei therapierefraktärer ED.
Durch die bessere Diagnostik kann die Behandlung der ED heute gezielter an Ursache und Patient angepasst werden. Digitale Tools und Apps unterstützen zunehmend die Anamnese und die Therapieadhärenz. Auch einfachere Anwendungsmöglichkeiten brachten Erleichterungen für die Patienten. Red
Medizinisches Review: Dr. Franklin E Kuehhas FECSM, FA für Urologie und Andrologie in Wien, dr-kuehhas.at
Literatur:
European Association of Urology. EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress, Paris 2024. ISBN 978-94-92671-23-3.
Braun M et al., Epidemiology of erectile dysfunction: results of the Cologne Male Survey. Int J Impot Res, 2000. 12: 305.
Hallanzy J et al., Erectile Dysfunction in 45-Year-Old Heterosexual German Men and Associated Lifestyle Risk Factors and Comorbidities: Results from the German Male Sex Study, 2019. In: Sex Med 7, 26-34.
Hier geht es zur EAU-Guideline:
Knochenschwund bleibt oft lange unerkannt
In Österreich sind zwischen 450.000 und 700.000 Menschen von Osteoporose betroffen. Aufgrund des natürlichen Verlusts an Knochenmasse nimmt das Risiko mit dem Alter stark zu, weshalb durch die steigende Lebenserwartung auch mit einer weiteren Erhöhung der Fallzahl gerechnet wird.1 Frauen nach der Menopause sind besonders gefährdet, sie machen 80 % aller Fälle aus. Fast 20 % der Frauen ab 50 Jahren leiden an Osteoporose.2 Dennoch wird die Krankheit oft vernachlässigt. Sie wird häufig erst erkannt, wenn die Gewebedegeneration so weit fortgeschritten ist, dass es zu einer Fraktur kommt. Dabei gibt es effektive Methoden – für die Früherkennung, die Prophylaxe wie auch für die Behandlung.
Am 21. Oktober findet im Wiener Rathaus unter dem Motto „K nochengesund – ein Leben lang“ der diesjährige Osteoporosetag statt. „ Der Osteoporosetag dient als Informationsveranstaltung für Patient:innen und für interessierte Menschen“, erklärt die wissenschaftliche Leiterin OÄ Dr.in Judith Haschka, „ Z iel ist es, die brennenden Fragen rund um das Thema Osteoporose zu adressieren, beispielsweise zu Risikofaktoren, Behandlungsoptionen und ihren potenziellen Risiken sowie zur Beurteilung möglicher Nebenwirkungen für Patient:innen “ Auch die Prophylaxe sei ein wichtiges Thema: „Wir werden außerdem Anleitungen für eine wirksame Prävention durch Anpassung des Lebensstils, etwa der Ernährung und der Bewegung, liefern.“
Konventionelle medikamentöse Therapien greifen in die Aktivität der Osteoklasten ein, die bekanntlich für die Degeneration von Knochenmasse verantwortlich sind. Standardmäßig werden dafür seit Jahrzehnten Bisphosphonate verwendet, die die Apoptose der Osteoklasten bewirken und damit den Abbau der Knochensubstanz hemmen. Auch selektive Östrogenrezeptormodulatoren und monoklonale Antikörper sind in Verwendung. „ 2 024 wurde die Leitlinie der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel für Osteoporose erneuert,* hier ist für Hochrisikopatient:innen die Option hinzugekommen, primär anabol behandelt zu werden“, fügt OÄ Haschka hinzu. Osteoanabole Wirkstoffe fördern die Proliferation und Aktivität von Osteoblasten und können so nicht nur die Degradierung der Knochensubstanz hemmen, sondern diese auch wieder aufbauen.
Die anabolen Wirkstoffe können bei Patient:innen mit schwerer Osteoporose, fehlender Verträglichkeit oder mangelndem Ansprechen auf antiresorptive Therapien eingesetzt werden. Nach einer anabolen Therapie ist eine anschließende antiresorptive Behandlung notwendig, um die aufgebauten Knochen zu erhalten.
Eine aktuelle Studie identifizierte nun einen potenziellen neuen Wirkstoff: Der Rezeptor GPR133, der sich in der Membran von Osteozyten befindet, wird normalerweise aktiviert, wenn es

* Hier geht es zur aktuellen Leitlinie:
im Umfeld zu einer mechanischen Belastung kommt. Er aktiviert Osteoblasten und hemmt gleichzeitig Osteoklasten. Das Molekül AP503 ahmt diesen Mechanismus nach und aktiviert den Rezeptor auch ohne Belastung. Die Studienautor:innen versprechen sich davon eine neue Therapie mit weniger Nebenwirkungen.³
Wenn es in der Wirbelsäule bereits zu einer Fraktur gekommen ist, kann diese durch eine Vertebroplastie oder Kyphoplastie wieder stabilisiert werden. Bei beiden wird Methylmetacrylat in den betroffenen Wirbelkörper injiziert, um weitere Brüche zu verhindern bzw. deren Folgen zu minimieren. Die Methode ist aber umstritten, denn ihre Wirksamkeit ist bisher nicht erwiesen, außerdem geht das Verfahren mit schwerwiegenden Risiken einher: Zum Beispiel erhöht es das Frakturrisiko bei benachbarten Wirbelkörpern, zu möglichen Nebenwirkungen zählen außerdem Rippenbrüche, Lungenembolien und Myokardinfarkte.
Diagnostik und Behandlung ausbaufähig
Die Diagnose erfolgt standardmäßig durch eine Knochendichtemessung. Eine verringerte Knochendichte ist auch in einer gewöhnlichen Röntgenaufnahme erkennbar, für die Diagnose muss aber ein DXA-Scan (Dual-Energy-X-RayAbsorptiometrie) durchgeführt werden. Die Kosten übernimmt die Krankenversicherung zur Vorsorge bei Frauen ab dem 65. und bei Männern ab dem 70. Lebensjahr. Dennoch ist Österreich von einer flächendeckenden Behandlung weit entfernt: „ Eine der größten Herausforderungen in diesem Feld ist die weiterhin unzureichende Diagnostik und Behandlung der Osteoporose“, so OÄ Haschka. Screenings für die Früherkennung sind selten, diagnostiziert wird die Krankheit meist erst nach einem Knochenbruch. Und auch mit vorliegender Diagnose bekommen viele Betroffene keine adäquate Behandlung. „Ü ber 80 % der Patient:innen mit Hüftfraktur erhalten keine Osteoporosetherapie und haben damit eine erhöhte Morbidität und Mortalität.“
Bedeutung der Vorsorge
Umso wichtiger ist es, Osteoporose frühzeitig vorzubeugen. Bereits in der Jugend sollte auf eine ausreichende Vitamin-D- und Kalziumaufnahme geachtet werden, damit genug Knochenmasse aufgebaut wird. Ein sogenanntes „ I mpact Training“, eine Kombination von gewichtsbelastendem Sport und Krafttraining, fördert die Knochendichte bekanntlich ebenfalls. Bei postmenopausalen Frauen kann über eine Hormonersatztherapie nachgedacht werden, um den Verlust des schützenden Östrogens auszugleichen.
Felicia
Steininger

Quellen:
1 oegkm.at/knochen/osteoporose/
2 Bolster M, MSD Manual „Osteoporose“, geändert 2025.
3 Lehmann J et al., Signal Transduction and Targeted Therapy, Juni 2025; 10: 199. doi.org/10.1038/s41392-025-02291-y

Schilddrüsenhormone regulieren über verschiedene Mechanismen den zellulären Energiestoffwechsel vieler Organe. Im Gehirn kommt es zudem zu Interaktionen mit anderen Neurotransmitter-Systemen (z. B. dem Serotonin-System). Auch das im Hypothalamus gebildete und für die Schilddrüsenregulation wichtige Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) moduliert in verschiedenen Hirnregionen die neuronale Aktivität. Eine Hypothyreose bewirkt eine Verlangsamung bzw. Drosselung diverser Hirnfunktionen. Besonders fatale Folgen hat eine Unterfunktion der Schilddrüse für die embryonale und frühkindliche Hirnreifung, sodass es zu schwerwiegenden und irreversiblen Schäden kommen kann (z. B. Kretinismus). Beim adulten Gehirn kann eine Hypothyreose zu verschiedenen psychischen und kognitiven Symptomen unterschiedlicher Ausprägung führen.
Psychisch und kognitiv beeinträchtigt

GASTAUTOR:
Prof. Dr. Hans Udo Zieren
Chefarzt in der Spezialklinik für Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie im SanaKrankenhaus in Köln-Hürth, Gründer des Deutschen Schilddrüsenzentrums
die Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten und Demenz sind allesamt Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion. Bei etwa 50–90 % der Patient:innen können kognitive Funktionseinschränkungen wie Aufmerksamkeits-, Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen, verlangsamte Gedankengänge, Initiativlosigkeit, Stumpfheit oder Lethargie festgestellt werden. Darüber hinaus liegen bei ca. 40–50 % der Betroffenen depressive Zustände unterschiedlicher Ausprägung vor. Die ätiologische Abgrenzung zu primär psychiatrisch-neurologischen Krankheitsbildern gestaltet sich mitunter schwierig, Komorbiditäten kommen vor. Bislang ist allerdings nicht abschließend geklärt, ob eine Hypothyreose tatsächlich einen Risikofaktor für das Auftreten bestimmter psychiatrischer Erkrankungen darstellt. Verschiedene Studien gelangten hier zu teilweise unterschiedlichen Ergebnissen.
Müdigkeit, ein gesteigertes Schlafbedürfnis, Abgeschlagenheit, Antriebsminderung, eine depressive Stimmung,
Als Therapie der Wahl fungiert ein medikamentöser Hormonersatz mit Levo-
thyroxin. Während die Indikation zur Thyroxintherapie bei der manifesten Hypothyreose in der Regel gegeben ist, wird die Indikation bei der latenten Hypothyreose mitunter kontrovers diskutiert. Zeigen Patient:innen allerdings mögliche psychische Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion, so spricht vieles für einen Therapieversuch. Denn es gibt eine Reihe von Berichten, wonach eine additive Thyroxingabe bereits bei einer latenten Hypothyreose die psychischen Symptome von Personen mit Depressionen sowie bipolaren oder manisch-depressiven Störungen bessern kann.
Literatur:
Hsu A, Tso YA, Wang TC et al., Hypothyroidism and related comorbidities on the risks of developing tinnitus. Scientific Reports 2022, 12:3401.
Wieland DR et al., Thyroid Disorders and Dementia Risk: A Nationwide Population-Based Case-Control Study. Neurology Jul 2022, 10.1212/WNL.
Das Deutsche Schilddrüsenzentrum ist eine Plattform von Ärzt:innen unterschiedlicher Fachrichtungen, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln in besonderem Maße mit der Schilddrüse beschäftigen.
Mehr Informationen unter: deutsches-schilddruesenzentrum.de

Wer es nicht besser weiß, könnte meinen: Archaeen und Bakterien, das ist fast das Gleiche. Schließlich sind beide uralte Einzeller, die sich unter dem Mikroskop zum Verwechseln ähnlich sehen. Doch der Schein trügt: Genetisch sind Archaeen den Eukaryoten nämlich näher als den Bakterien.
Bei Ersteren hielt sich das Interesse der Wissenschaft bisher in Grenzen, was eine Forschungsgruppe an der Med Uni Graz unter der Leitung von Univ.-Prof.in Dr.in Christine Moissl-Eichinger ändern will. Im Zuge des Projekts „ A RCHMETH“ wird dort seit Jahren an den extremophilen Mikroben geforscht, insbesondere an Angehörigen der methanbildenden Gattung Methanobrevibacter, die im Darm von Wirbeltieren leben.1 Für ihre Arbeit erhielt die Mikrobiologin kürzlich den ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats.2
Die Erforschung der Archaeen steht erst am Anfang, denn sie sind noch nicht lange als eigene Domäne be-
kannt: Bakterien wurden erstmals im 17. Jahrhundert beschrieben und Archaeen bis ins späte 20. Jahrhundert zu diesen gezählt (damals noch unter dem heute veralteten Namen Archaebacteria). Erst Ende der 1970er-Jahre beschrieben die Mikrobiologen Carl Woese und George Fox die deutlichen Unterschiede in Zellstruktur, Genetik und Stoffwechselwegen, was schließlich zu einer grundlegenden Überarbeitung der Taxonomie führte.3 1990 schlug Carl Woese dann erstmals das heute etablierte Drei-Domänen-System vor, in dem die Archaeen neben Eukaryoten und Bakterien eine eigenständige Gruppe bilden.4
Die evolutionär besonders alten Mikroben werden außerdem mit ihrer Vorliebe für extreme Lebensbedingungen assoziiert – weshalb Wissenschafter:innen sie lange vor allem in außergewöhnlichen Habitaten wie vulkanischen Thermalquellen oder Salzlaken verorteten und ihnen keine große ökologische Bedeutung beimaßen. Ein Fehler, wie Prof.in Moissl-Eichinger erklärt: „ A rchaeen wurden lange übersehen. Dabei könn-
ten sie eine entscheidende Rolle für die Darmfunktion, den mikrobiellen Gashaushalt und möglicherweise sogar bei der Entstehung oder dem Verlauf bestimmter Erkrankungen spielen.“
Heute geht man davon aus, dass die kleinen Überlebenskünstler in einer ähnlichen Vielfalt vorliegen, wie Bakterien und allgegenwärtig sind. Insbesondere methanogene Arten sind weit verbreitet und besiedeln bekanntlich auch den menschlichen Verdauungstrakt, wo sie 10 % aller anaeroben Mikroorganismen ausmachen. Sie leben in Symbiose mit Bakterien und nutzen deren Stoffwechselendprodukte Wasserstoff und Formiat für die Methanherstellung. Durch die ständige Entfernung der Verbindungen aus dem Reaktionsgleichgewicht machen sie das Wachstum der syntrophen Bakterien erst möglich und stellen deshalb einen essenziellen Bestandteil des Darmmikrobioms dar.5
Für die medizinische Forschung wären sie also eigentlich von großem Interesse. Doch hier steht man vor einem weiteren Hindernis: Methanbildner sind obligat anaerob und können deshalb nur unter
Sauerstoffausschluss wachsen, außerdem sind viele Methanogene auf molekularen Wasserstoff angewiesen – beides macht die Kultivierung der Einzeller vergleichsweise kompliziert.
An der Med Uni Graz hat man im Umgang mit diesen Problemen schon einige Erfahrung. Dort hat sich das Team um die Mikrobiologin Prof.in Moissl-Eichinger auf die Untersuchung des menschlichen Archaeoms spezialisiert. Kürzlich nahm die Forschungsgruppe extrazelluläre Vesikel unter die Lupe, über welche die Mikroorganismen mit ihrer Umgebung kommunizieren, die Ergebnisse wurden im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.6 Bekanntlich nutzen viele Lebensformen diese Membranbläschen für den Informationsaustausch, doch bei Archaeen weiß man über den Mechanismus noch nicht viel. „Wir konnten zeigen, dass auch Darm-Archaeen aktiv
Freunde des Menschen?
Methanbildner stellen wichtige Symbionten des Menschen dar, die für einen gesunden Darm essenziell sind. Lange Zeit galten Archaeen außerdem als inhärent „unpathogen“ – man ging also davon aus, dass sie gar nicht in der Lage seien, Pathogenitätsfaktoren zu entwickeln. Tatsächlich wurde noch keine einzige Archaeenart beschrieben, die für eine Krankheit beim Menschen direkt verantwortlich ist. Dazu passt, dass das Immunsystem nach heutigem Wissensstand nur äußerst schwach ausgeprägte Verteidigungsmechanismen gegen sie besitzt. In der Membran der Archaeen finden sich kaum immunogene Komponenten, wie das etwa bei Bakterien mit Lipopolysacchariden, Peptidoglykan und Lipoproteinen der Fall ist. Erstere bleiben vom Immunsystem also häufig unerkannt und lösen damit auch keine Entzündungsreaktionen aus. Inzwischen wird einzelnen Arten aber sehr wohl eine Rolle in der Pathologie bestimmter gastrointestinaler Erkrankungen zugeschrieben: beispielsweise beim Reizdarmsyndrom, schweren systemischen Infektionen und Darmkrebs. Die Archaeen dürften dabei einen indirekten Einfluss auf die Krankheiten haben, indem sie z. B. das Wachstum pathogener Bakterien unterstützen.8
extrazelluläre Vesikel bilden, mit denen sie ihre Umgebung beeinflussen“, erklärt Erstautorin Viktoria Weinberger, MSc. „ Diese Pakete enthalten Proteine, Nukleinsäuren, Stoffwechselprodukte und Lipide – und sind somit ein vielseitiges Werkzeug zur Kommunikation mit anderen Mikroorganismen oder dem menschlichen Immunsystem.“ Tatsächlich lösen die Vesikel je nach Konzentration und Archaeenspezies bzw. -stamm eine Zytokinausschüttung in Epithelund Immunzellen aus. Zudem enthalten sie unter anderem die als Neurotransmitter bekannten Aminosäuren Glutamat und Aspartat. „ Es könnte durchaus sein, dass diese Archaeen uns aktiv Signale senden – etwa über abrupte Veränderungen im Darmmilieu“, fügt Prof.in Moissl-Eichinger hinzu. „ Besonders spannend ist nun die Frage, wie jene Vesikel mit dem Immunsystem interagieren und ob sie sich therapeutisch nutzen lassen, etwa als Trägersystem für Impfstoffe oder Medikamente.“
Schon im Mai hat die Forschungsgruppe zwei neue Arten der Archaeengat-
tung Methano-brevibacter entdeckt: das große Mengen an Succinat produzierende M. intestini und die neue Variante GRAZ-2 der bereits bekannten Art M. smithii, die Formiat bildet. Erstautorin war ebenfalls Weinberger.7
Auch in Zukunft wird man mit neuen Erkenntnissen aus Graz rechnen dürfen – denn Prof.in Moissl-Eichinger erhielt für das Projekt den ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats. Über die kommenden fünf Jahre wird ihre Arbeit mit 2,5 Mio. € gefördert.
Felicia Steininger
Quellen:
1 medunigraz.at/team-christine-moissl-eichinger
2 ERC Advanced Grants 2024. List of Principal Investigators Selected for Funding.
3 Woese CR et al., J Mol Evol 1978; 11: 245-252.
4 Woese CR et al., Proc Natl Acad Sci USA 1990; 87(12): 4576-4579.
5 Mohammadzadeh R et al., Current Opinion in Microbiology 2022; 67: 102146.
6 Weinberger V et al., Nature Communications 2025; 16: 5094.
7 Weinberger V et al., Int J Syst Evol Microbiol 2025; 75(4): 006751.
8 Hoegenauer C et al., Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2022; 19: 805-813.

• kühlend und juckreizlindernd
• pflegt die empfindliche Haut

„Ein interdisziplinäres
sorgt für das beste
Neurologische Reha:
Zurück ins Leben nach einem Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist nichts mehr, wie es vorher war. Doch es gibt Hoffnung: Durch Neurologische Rehabilitation können Betroffene verlorene Fähigkeiten zurückgewinnen und wieder selbstständiger leben. Wichtig ist: Je früher, desto besser. Aber auch Monate und Jahre nach dem Ereignis sind noch Verbesserungen möglich.
Prim. Dr. Robert Hatschenberger ist Ärztlicher Leiter im Klinikum Bad Hall und Bad Schallerbach. Er ist Experte für neurologische Erkrankungen und weiß, welche Fragen Haus- und Fachärzt:innen rund ums Thema Schlaganfall besonders beschäftigen.
HAUSÄRZT:IN: Wann ist der optimale Reha-Beginn für Schlaganfall-Patient:innen und warum?
Prim. HATSCHENBERGER: Die Reha sollte so früh wie möglich nach dem Schlaganfall beginnen, idealerweise bereits im Krankenhaus auf einer spezialisierten Schlaganfall-Station, der so genannten Stroke Unit. Der sehr früher Reha-Start ermöglicht bessere Ergebnisse für die Genesung – das zeigen Studien ganz deutlich.
Aber auch Hausärzt:innen können und sollten die Überweisung in die Wege leiten, wenn Patient:innen nach der Entlassung noch keine anschließende Reha beantragt haben.
Was ist bei einer Reha wichtig?
Ein interdisziplinäres Setting sorgt für das beste Ergebnis bei den Patient:innen. Interdisziplinär bedeutet, dass ein Team nicht nur aus Ärzt:innen besteht, sondern auch aus Therapeut:innen und Psycholog:innen, welche eng mit den Patient:innen zusammenarbeiten, um sie umfassend zu unterstützen.
Rund ein Drittel der SchlaganfallPatient:innen entwickeln eine Depression, weswegen eine psychische Betreuung besonders wichtig ist. In unserem Klinikum gibt es sowohl Einzelgesprä-
che mit Psycholog:innen als auch gruppentherapeutische Sitzungen und Entspannungsübungen.
Welche Therapien helfen
den Patient:innen noch?
Die Physiotherapie ist ein Grundpfeiler der Reha, um körperliche Funktionen wieder zu erlernen. Gezielte Übungen fördern Kraft, Balance und Beweglichkeit. Wichtig ist häufiges Wiederholen, damit sich das Gehirn anpasst und Bewegungen zunehmend gelingen.
Ergotherapeut:innen trainieren Alltagsfähigkeiten wie Anziehen oder Essen und fördern bei Bedarf auch geistige Funktionen. Das Ziel ist, möglichst viel wieder allein zu bewältigen.
Nach einem Schlaganfall sind Sprachund Schluckstörungen häufig. Von den Patient:innen wird das oft als besonders belastend empfunden. Hier unterstützt die Logopädie, Sprache und Schluckreflex zu verbessern. Es sind Geduld und viel Übung gefragt.
Wie klappt der Weg zurück in den Alltag?
Das ist individuell und sehr unterschiedlich. In unserem Klinikum kümmert sich die Überleitungspflege darum, die Rückkehr ins gewohnte Leben möglichst sanft zu gestalten. Gespräche mit den Angehörigen und den Arbeitgeber:innen können den Patient:innen helfen, Ängste abzubauen und einen realistischen Plan zu entwickeln.


Prim. Dr. Robert Hatschenberger, Facharzt für Neurologie und Ärztlicher Leiter am Klinikum Bad Hall und Bad Schallerbach, Experte für neurologische Erkrankungen, im Interview.

3 Schritte zur Reha bei Schlaganfall
• Frühzeitig planen: Sprechen Sie bereits im Krankenhaus die Ärzt:innen auf Reha-Maßnahmen an.
• Reha-Antrag stellen: Stellen Sie den Antrag gemeinsam mit den behandelnden Ärzt:innen oder ihren Hausärzt:innen so schnell wie möglich, damit keine wertvolle Zeit verloren geht. Geben Sie Ihre Wunsch-Klinik im Antrag an.
• Nahtloser Übergang: Optimal ist es, wenn die Reha spätestens 14 Tage nach der Krankenhaus-Entlassung beginnen kann. So wird die Behandlung ohne lange Unterbrechung fortgesetzt.

Nach wie vor ist übermäßiges Schwitzen und somit auch die primäre Hyperhidrose stigmatisiert und beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen massiv.1 Oft ist die Erkrankung auf die Pubertät und das frühe Erwachsenenalter beschränkt, weshalb der Einsatz von invasiven Verfahren in dieser Altersgruppe nur zurückhaltend erfolgen sollte. Prinzipiell empfiehlt sich ein Vorgehen in Eskalationsstufen, auch die Kombination verschiedener Verfahren ist sinnvoll. Der Therapieplan muss individuell auf die Patient:in abgestimmt werden. Hierbei werden Aspekte wie der Subtyp, der Schweregrad, Patient:innenpräferenzen und das Alter berücksichtigt. Sowohl auf neuronaler als auch auf dermaler Ebene existieren verschiedene Angriffspunkte für die Hyperhidrose-Behandlung. Nach Möglichkeit sollte mit topischen Therapien begonnen werden.2,3
Durch die Anwendung von Antiperspirantien kann die abgesonderte Schweißmenge verringert werden. Zum Einsatz kommt unter anderem Aluminiumchloridhexahydrat, ein Aluminiumsalz mit schweißreduzierender Wirkung. Infolge der Komplexbildung von Aluminiumsalz mit Mukopolysacchariden verschließen sich die Ausführungsgänge der ekkrinen Schweißdrüsen. Kommerzielle Produkte haben eine Konzentration von ein bis zwei Prozent, bei medizinischen Produkten liegt diese zwischen zehn und 30 Prozent. Der Behandlungserfolg stellt sich verzögert ein –daher sollte ein Therapieversuch mehrere Wochen andauern. Ratsam ist die Anwendung abends vor dem Schlafengehen, da bei Hyperhidrose kein Nachtschweiß auftritt und das Präparat optimal wirken kann.1,2,3
Anticholinergika wie Glycopyrroniumsalze können topisch oder systemisch eingesetzt werden – Glycopyrroniumbromid ist seit 2022 zur lokalen Behandlung der schweren primären axillären Hyperhidrose bei Erwachsenen zugelassen. Durch die topische Anwendung lassen sich systemische Arzneimittelnebenwirkungen reduzieren.1,2,3 Studien zeigen, dass die topische Therapie der primären axillären Hyperhidrose mit 1%iger Glycopyrroniumbromid-Creme (1 % in Öl-in-Wasser Emulsion) zu einer signifikanten Verminderung der Schweißproduktion und einer klinisch relevanten Verbesserung der Lebensqualität führt. Glycopyrrolat passiert die Blut-Hirn-Schranke nur in sehr geringem Maß, sodass systemische Nebenwirkungen weitgehend vermieden werden können. Glycopyrroniumbromid zeigt ein gutes Sicherheitsprofil und ist eine effektive und langfristig gut verträgliche Therapieoption für Patient:innen mit schwerer primärer Hyperhidrose.4,5,6

© stock.adobe.com/elenavolf
Die Leitungswasseriontophorese beinhaltet Stromwasserbäder zur Behandlung von palmarer und plantarer Hyperhidrose. Versagen die topischen Maßnahmen, wird die Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A in Betracht gezogen. Sie ist eine der effektivsten und am besten untersuchten Behandlungsmöglichkeiten bei Hyperhidrose – als solche jedoch lediglich in der Indikation starke axilläre Hyperhidrose zugelassen. Interventionen mit Radiofrequenz, Mikrowellen oder fokussiertem Ultraschall können zur Therapie der axillären Hyperhidrose eingesetzt werden. Sie wirken durch thermische Schädigung der Schweißdrüsen. Wegen der fehlenden Selektivität der Methode kann es dabei auch zur Schädigung von anderen Strukturen der Haut kommen. Systemische Therapien können das Schwitzen für mehrere Stunden reduzieren, was sich vor allem für spezielle Situationen anbietet. Eine Dauertherapie wird aber nur selten empfohlen. Zu chirurgischen Interventionen wird meist erst dann geraten, wenn alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und keine Wirkung erzielt haben.2,3,7
Sucher, MA
Quellen:
1 Wohlrab J, Kreft B, Hautarzt 2018; 69:857-869.
2 Sandow P, Hartmann R, CMEVerlag 2024.
3 Bachmann F, ästhetische dermatologie & kosmetologie, 03/2023.
4 Abels C et al., Br J Dermatol. 2021 Aug;185(2):315-322.
5 Szeimies RM et al., J Eur Acad Dermatol Venereol. 2023 Apr;37(4):823-830.
6 Chabicovsky M et al., Toxicol Appl Pharmacol. 2019 May 1;370:154-169.
7 Rzany B et al., S1-Leitlinie Definition und Therapie der primären Hyperhidrose, 2023.

© Immanuel Krankenhaus

GASTAUTOR:
Dr. Rainer Stange
Nach ruhmlosen Anfängen, mit physikalischen Effekten auf psychische Erkrankungen wie Angst oder Depression günstig einzuwirken, zeichnen sich in jüngerer Vergangenheit hoffnungsvolle Ansätze mit Weißlichttherapie, Ganzkörperhyperthermie sowie Ganzkörperkältetherapie ab.
Das Sonnenlicht als Quelle der Lebenskraft ist in Mitteleuropa spätestens durch das Werk des Schweizer Laiennaturheilkundlers und Lebensreformers Arnold Rikli fest verankert. Schon die Literatur der Klassik kennt zahlreiche Hinweise auf antidepressive, im weitesten Sinne biopositive Wirkungen des Sonnenlichtes, à la „Wenn die Sonne scheint, alle Sorge vergeht!“ von Johann Wolfgang
von Goethe. Die Geschichte der wissenschaftlichen Weißlichttherapie ist dagegen kurz, aber nach EBM-Kriterien erfolgreich:
• 1980: Entdeckung der lichtgesteuerten Zirkadianrhythmik des Melatonins für den Schlaf-wach-Rhythmus.
• 1982: erste Kasuistik einer erfolgreichen Weißlichtbehandlung bei einer therapierefraktären saisonalen bipolaren Depression.
• 1984: erste randomisierte Studie bei saisonaler Depression (SAD).
• ab etwa 2000: breite Verfügbarkeit von preisgünstigen 10.000-Lux-Lampen zur individuellen Nutzung.
• ab 1998: Übersichtsarbeiten zu SAD (derzeit Überlegenheit gegenüber Sham-Kontrollen in Metaanalyse aus 19 RCT) bzw. zu aktiven Kontrollen aus 16 RCT.1
• 2020: positive Metaanalyse aus 23 RCT bei bipolarer Depression.2
• 2025: positive Metaanalyse aus 11 RCT bei nichtsaisonaler Depression mit einer Ausnahme: kein Zusatznutzen als Add-on bei einer längeren vollstationären, multimodalen Therapie bei Kindern und Jugendlichen.3
• deutsche S3-Versorgungsleitlinie Depression (Ausgabe 09-2022): SollEmpfehlung bei SAD (Evidenzgrad I), Kann-Empfehlung bei nichtsaisonaler Depression (Evidenzgrad III-IV).4
Die Rahmenbedingungen der Lichttherapie lassen sich folgendermaßen skizzieren: tägliche Sitzungen so früh wie möglich mit 10.000 Lux in der Frontalebene, Beginn einer Wirkung nach etwa einer Woche, volle Wirkung nach mindestens vier Wochen. Dementsprechende leicht zu bedie-

nende wie platzsparende Geräte sind heute für ca. 100 € erhältlich.
Eine vierarmige Studie befasste sich mit der Frage nach einer möglichen Interferenz oder Additivität in Hinblick auf konventionelle antidepressive Therapien.5 Patient:innen mit nichtsaisonaler majorer Depression nach DSM-IV-TR erhielten randomisiert Weißlicht bzw. ein Sham-Weißlicht und zusätzlich 20 mg Fluoxetin bzw. ein Placebo. Über acht Wochen konnte ein additiver Effekt demonstriert werden, an dem Weißlicht und Fluoxetin etwa den gleichen Anteil hatten. Proband:innen mit Verum für beide Modalitäten verbesserten sich im Mittel auf der „ Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale“ (MADRS) um 8,8 bzw. 16,9 Einheiten, 76 % galten als Responder, 59 % erreichten eine Komplettremission. Bei der Kontrollgruppe reduzierte sich MADRS nur um 9,6 Einheiten mit 33 % Responderund 30 % Remissionsanteilen.
Offen bleibt die Frage nach der Langzeitempfehlung. Grundsätzlich bestehen keine Bedenken gegen eine unlimitierte Fortsetzung bei ausreichendem Initialerfolg, es ist jedoch mit Compliance-Verlust sowie Refraktärität zu >
rechnen. Beides wurde bislang leider nicht untersucht. Die oft befürchtete Begünstigung der Phototoxizität für ein gleichzeitig eingenommenes Medikament muss vor einer Langzeittherapie thematisiert werden. Viele Stoffe weisen diese sehr heterogene Reaktionsform grundsätzlich als unerwünschte Wirkung auf, z. B. Thiazid-Diuretika, zahlreiche Antibiotika und Johanniskraut. Bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeiten, der Abhängigkeit von genetischen Faktoren sowie der minimalen Dosierung für dieses Medikament liegen leider wenig gesicherte Aussagen vor. Grundsätzlich lässt sich ein phototoxischer Effekt im Einzelfall nicht vorhersehen, kommt bei allen Substanzen relativ selten vor und ist meist rasch und vollständig reversibel. Ist sie einmal aufgetreten, sollten Betroffene die inkriminierte Substanz möglichst lebenslang meiden.
Milde bis moderate Ganzkörpertherapie mit dem Ziel der Erhöhung der Körperkerntemperatur auf maximal 39,0 °C wird seit etwa 30 Jahren zunehmend bei muskuloskelettalen Erkrankungen eingesetzt und beforscht. Stimmungsaufhellende Wirkungen wurden beim Fibromyalgie-Syndrom wie auch bei onkologischen Patient:innen beobachtet, die solche Behandlungen mit dem Ziel der Schmerzreduktion oder Immunorestauration erhielten.
Diese Form der Hyperthermie mit wassergefiltertem Infrarot A ist gut verträglich und wird mit zwei verbreiteten Gerätetypen seit vielen Jahren in Kliniken und Praxen angewandt. Als absolute Kontraindikationen nennt eine deutsche Leitlinie eine schwere zerebrale Mangeldurchblutung, akute schwere Entzündungen, z. B. von Lunge, Leber, Nieren, und eine manifeste Insuffizienz innerer Organe.6
Eine schweizerisch-deutsch-US-amerikanische Forschungsgruppe veröffentlichte 2016 die erste, sehr kleine kontrollierte Studie über Hyperthermie – mit nichtmedizierten depressiven Personen, deren Erstdiagnose innerhalb der letzten sechs Monate gestellt worden war.7
Über sechs Wochen konnte eine Reduktion der „ Hamilton Rating Depression
Scale“ von initial 20,7 auf 12,4 nach nur einer Therapie registriert werden, um deutlich mehr als im Kontrollarm mit einer Sham-Therapie (von 22,8 auf 17,2).
Die Anwendung von Kälte hatte bereits eine lange Tradition, insbesondere in der mitteleuropäischen Medizin, bevor sich etwa Mitte des 19. Jahrhunderts ein Begriff wie „ Naturheilkunde“ etablierte. Wasserheilanstalten, die nicht nur, aber sehr viel mit kaltem Wasser arbeiteten, erlebten ab dem späten 17. Jahrhundert ihre Blütezeit. Berühmte „Wasserärzte“ waren etwa Sir John Floyer oder Johann Siegmund Hahn. Bedeutende Laienpersönlichkeiten machten entsprechende Maßnahmen in großen Anstalten populär, insbesondere Sebastian Kneipp oder Vinzenz Prießnitz. Aus heutiger Sicht gehören psychosomatische bzw. psychiatrische Störungen seit jeher zum Indikationsspektrum.
Heute wird die Ganzkörperkryotherapie mit Erfolg und bei guter Verträglichkeit praktiziert. Die ärztliche Aufforderung, einen Therapieraum mit bis zu minus 170 °C spärlich bekleidet zu betreten, kann zunächst provokant wirken. Dem selbstverständlichen Umgang hiermit in einer vertrauenswürdigen Klinik, kann jedoch Patient:innen zu einer Probetherapie mit verkürzter Aufenthaltsdauer animieren. Danach ist in der Regel die Schwellenangst bei dieser Maßnahme überwunden. Wenn möglich, besucht man die Kammer regelmäßig: zweimal täglich an sechs Wochentagen. Wesentlich für Therapieerfolg und auch Compliance ist ein Aufenthalt in einer abgeschlossenen Kammer mit der Möglichkeit zur Bewegung bei idealerweise konstanter Temperatur und minimaler Luftfeuchtigkeit sowie Sicht- und Sprechkontakt zum Fachpersonal. Die Therapie erfolgt in kurzen definierten Zeiten von maximal drei Minuten. Erfolge sind nur von einer seriellen Anwendung zu erwarten. Die Kombination mit anderen Modalitäten aus Physiotherapie, Psychotherapie und Pharmakotherapie ist derzeit ohne Beschränkung möglich und erwünscht.
In der sehr jungen Forschung zu Depressionen ließen sich bislang deutliche
Effekte nachweisen. Insbesondere eine polnische Arbeitsgruppe hat mehrere randomisierte klinische Studien zur Ganzkörperkryotherapie (WBC) bei Depressionen publiziert. Der antidepressive Effekt lässt sich mit gängigen Messinstrumenten wie der HRDS gut abbilden. In einer Studie erfolgte die Verumbehandlung bei minus 110 °C bis minus 135 °C, die Kontrollbehandlung in derselben Kammer bei minus 50 °C.8 Dies sicherte eine gute Verblindung, schloss aber eine schwache Wirksamkeit im Sham-Arm nicht aus. Der Gruppenunterschied zwischen den gänzlich medizierten Patient:innen nach zehn Therapien à zwei Minuten war jedoch beträchtlich: auf der zu 17 Items verkürzten Hamilton-Skala HAMD-17 von initial 17,4 auf 5,4 für Verum und nur von 18,4 auf 10,6 für Kontrolle. Sämtliche Studien beschreiben derzeit Immediateffekte. Ein möglicher Beitrag der WBC zur Langzeitbehandlung von depressiven Personen steht noch aus. Als Wirkmechanismus wird vor allem ein Beitrag für die Entzündungskontrolle diskutiert, die zumindest bei einer Untergruppe der Depressiven eine Rolle zu spielen scheint.9
Literatur:
1 Pjrek E, Psychother Psychosom. 2020; 89 (1).
2 Hirakawa H, Brain Behav. 2020; 10(12).
3 Menegaz de Almeida A, JAMA Psychiatry. 2025; 82(1).
4 BÄK, KBV, AWMF, Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression – Langfassung, Version 3.2. 2022.
5 Lam RW, JAMA Psychiatry. 2016; 73(1).
6 DGHT. Leitlinie zur Ganzkörperhyperthermie –Version 1.0. 2018.
7 Janssen CW, JAMA Psychiatry. 2016;73(8).
8 Rymaszewska J, Front Psychiatry. 2020.
9 Janssen EPCJ, Brain Behav Immun. 2021; 97:61-67.
Teil 1 des Beitrags von Prof. Dr. Rainer Stange zum Thema Angststörungen in der Naturheilkunde kann auf Gesund.at nachgelesen werden. Der Fokus liegt einerseits auf der Mind-Body-Medizin; und andererseits auf der Phytotherapie, vorrangig dem Echten Lavendel).

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Differenzierung, Management und Notwendigkeit der Zusammenarbeit
Furunkel und Abszesse zählen zu den häufigen Haut- und Weichteilinfektionen in der allgemeinmedizinischen Versorgung. Während Furunkel lokal begrenzte, meist durch Staphylococcus aureus verursachte Entzündungen eines Haarfollikels darstellen, handelt es sich bei Abszessen um tiefere, oft fluktuierende Eiteransammlungen im Gewebe, die spontan oder sekundär entstehen können. Beide Entitäten erfordern eine rasche Einschätzung und ein adäquates Management, da sie potenziell zu systemischen Infektionen führen können.
Hausärzt:innen sehen Furunkel und Abszesse häufig bei Patient:innen mit Diabetes mellitus, Adipositas, Immunsuppression oder auch mangelhafter Hygiene. Die Abgrenzung von anderen Läsionen wie Atheromen, Karbunkeln
oder Phlegmonen ist essenziell. Bei einer wiederkehrenden Furunkulose etwa sollte an eine chronische Kolonisation mit S. aureus – z. B. in der Nase – oder an ein Immundefizit gedacht werden. Alarmzeichen wie eine rasche Größenzunahme der Blessur, eine ausgedehnte Rötung, Fieber, eine Lymphangitis oder aber Symptome einer Sepsis erfordern eine sofortige Intervention und ggf. eine stationäre Aufnahme. Bei Lokalisationen im Gesicht, insbesondere im nasolabialen Dreieck, kann es zu zerebralen Komplikationen kommen – daher sollte Betroffenen eine frühzeitige fachärztliche Abklärung nahegelegt werden.
Kleinere Furunkel und Abszesse heilen oft spontan ab, während größere Läsionen eine chirurgische Spaltung und gegebe-
nenfalls eine systemische Antibiotikatherapie erfordern können. Zugsalben können dazu beitragen, die Bakterien und die Entzündung wirksam zu bekämpfen. Der Eiter kann leichter abfließen und das umliegende Gewebe abheilen.
Eine mikrobiologische Abklärung erfolgt in der Regel nur, wenn Komplikationen auftreten. Die Zusammenarbeit mit Dermatolog:innen empfiehlt sich u. a. bei atypischem Verlauf, multiplen oder therapieresistenten Läsionen sowie für die Abklärung zugrunde liegender Erkrankungen.
Tipps zur Vorbeugung für Patient:innen
� Milde, pH-neutrale Waschlotionen verwenden.
� Lockere und luftige Kleidung bevorzugen.
� Möglichst auf synthetische Stoffe verzichten.
Marktanalyse von Mag.a pharm. Maria KoeppnerBures, IQVIA Austria

• Die Kategorie der Mittel gegen Akne erzielt in den öffentlichen Apotheken und Hausapotheken im MAT August 2025 mit ~528 tsd. Packungen ~5,4 Mio. Euro Umsatz FAP.
• Der entsprechende Markt wächst aktuell im Vergleich zum Vorjahr um +1 % nach Menge und um +4,3 % nach Wert.
• 96,7 % der abgegebenen Packungen sind rezeptpflichtig.
• 51 % der veräußerten Mengen sind topische Darreichungsformen, 49 % sind oral einzunehmen.
• 68 % der verkauften Packungen sind Generika.
• Die Top-10-Produkte nach Menge machen 93,4 % des Gesamtabsatzes aus. Ciscutan® (Pelpharma) liegt nach Einheiten an erster Stelle, gefolgt von Skinoren® (Leo Pharmaceuticals) und Benzaknen® (Galderma).
© Koeppner-Bures
Handelsname Marktanteil nach Menge (Prozent) Marktanteil nach Wert (Prozent) Hersteller/Vertrieb
CISCUTAN 33,33 % (1) 55,87 % (1) Pelpharma
SKINOREN 10,56 % (2) 6,45 % (2) Leo Pharmaceuticals
BENZAKNEN 10,18 % (3) 2,60 % (9) Galderma
DIFFERIN 9,79 % (4) 5,98 % (3) Galderma
MINOSTAD 7,27 % (5) 4,00 % (7) Stada Arzneimittel
ZINDACLIN 6,56 % (6) 4,82 % (5) Pelpharma
CLIENZO 4,74 % (7) 4,82 % (4) Infectopharm
DALACIN 4,03 % (8) 1,64 % (11) Pfizer
MIDANE 3,67 % (9) 4,39 % (6) Pelpharma
AKNICHTHOL 3,26 % (10) 1,59 % (12) Sanova Pharma
• Die Top-10-Produkte nach Wert umfassen 95,2 % des Gesamtumsatzes. Nach Umsatz führt Ciscutan® vor Skinoren® und Differin® (Galderma).
Wichtig
Stand: August 2025
In Kooperation mit

* Quelle: IQVIATM DPMÖ sell-out Österreich, Verkäufe der öffentlichen österreichischen Apotheken sowie Großhandelslieferungen an ärztliche Hausapotheken, ATC-Klasse: D10 AKNEMITTEL (exkl. Doxycicline, Ivermectin, Metronidazole), ausschließlich registrierte Arzneimittel aus dem Warenverzeichnis I, Absatz/Menge in Einheiten, Umsatz/Werte in Euro, bewertet zum Fabrikabgabepreis (FAP), Wachstum vs. Vorjahr, MAT August 2025 (September 2024 bis August 2025 kumuliert).
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Die HAUSÄRZT:IN – Praxis-Magazin für Primärversorgung –ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.
Selbstverständlich erarbeiten wir alle Inhalte unserer Ratgeber sorgfältig. Dennoch können wir nicht garantieren, dass alles vollständig und aktuell ist bzw. sich seit dem Druck keine Gesetzesänderung ergeben hat.
Unsere Ratgeber dienen Ihnen als Erstinformation. Sie enthalten die häufigsten Fragen, viele anschauliche Beispiele, Hinweise auf Stolpersteine und einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen. Bei individuellen Fragen steht Ihnen unsere Hotline zur Verfügung: (01) 501 65 0
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In unserem Fachmagazin setzen wir auf genderneutrale Sprache. Verwendet wird der Doppelpunkt – als beste Symbiose aus Leserlichkeit und Inklusion. Zugunsten der besseren Lesbarkeit verzichten wir teilweise auf die gänzlich orthografisch/ grammatikalisch korrekte Schreibweise. Etwa geben wir bei Artikeln und Pronomen jeweils nur eine Variante an – jene, die zur längeren Variante des gegenderten Wortes gehört. Weitere Informationen siehe: meinmed.at/kommunikation/genderneutrale-sprache/2688 issuu.com/hausarzt/docs/ha_2023_12/3 (Hausärzt:in 12/23, Editorial, S. 3)
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Artikelnummer 456
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04.11.2025
Landsteiner Tagung: Klinische Immunologie
Ort: Billrothhaus, Gesellschaft der Ärzte in Wien
12.11-14.11.2025
ESMO AI & Digital Oncology Congress
Ort: Messe Berlin, Deutschland
20.11. – 22.11.2025
53. Jahrestagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft
Ort: Salzburg Congress
06.11-07.11.2025
27. Jahrestagung der ÖGPB (Neuropharmakologie und Biologische Psychiatrie)
Ort: Großer Festsaal der Universität Wien
12.11.2025
18. Rare Diseases Dialog
Ort: Dachsaal Urania Wien
27.11-29.11.2025
55. Kongress für Allgemeinmedizin
Ort: Stadthalle Graz, Steiermark
07.11-09.11.2025
19. Weinviertler Sportärztetage
Ort:Althof Retz, Niederösterreich
14.11. – 15.11.2025
Update GastroenterologieStoffwechsel
Ort: Congress Innsbruck, Tirol
Weitere Infos und Veranstaltungen finden Sie in unserem Kongresskalender unter:
gesund.at/ kongresskalender


DFP-PRAXISWISSEN Gesunde Ernährung und Wundheilung


DFP-PRAXISWISSEN Die 2024-ESCGuidelines für Vorhofflimmern


DFP-PRAXISWISSEN Ernährungsmedizin
Hausärzt:in extra
Pandemie, Social Media und Schönheitsdruck als Auslöser –was Prävention jetzt leisten muss

Essstörungen gehören zu den folgenschwersten psychischen Erkrankungen im Jugendalter. Sie stehen für den massiven Einfluss gesellschaftlicher, medialer und familiärer Faktoren, die das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen prägen. Erkrankungen wie Magersucht (Anorexia nervosa), Bulimie (Bulimia nervosa) oder Binge Eating (Essanfälle) sind längst kein Randphänomen mehr und betreffen viele Familien, Bildungseinrichtungen und das Gesundheitssystem.
Eine auffällige Veränderung in den letzten Jahren ist das sinkende Erkrankungsalter bei Essstörungen – besonders bei Magersucht. Während frü-
her der Manifestationsgipfel im Alter zwischen 14 und 18 Jahren lag, treten erste Symptome heute häufig bereits zwischen dem elften und vierzehnten Lebensjahr auf. Hinter dieser Entwicklung stehen mehrere Ursachen. Die Kindheit selbst ist heute oft verkürzt, da Kinder früh durch digitale Medien mit Themen, Vorbildern und Anforderungen der Erwachsenenwelt konfrontiert werden. Die Grenzen verschwimmen, traditionelle Schutzräume schwinden und Kinder werden mit gesellschaftlichen Idealen, Leistungsdruck und Körpernormen konfrontiert, bevor sie auf diese Eindrücke vorbereit sind.

GASTAUTOR: Mag. Johann Hattinger Klinischer und Gesundheitspsychologe am Klinikum WelsGrieskirchen GmbH
Die Corona-Pandemie wirkte hier noch verstärkend. Lockdowns, Homeschooling und das Wegfallen vertrauter Strukturen beschleunigten und intensivierten problematische Entwicklungen. Alltagsstrukturen, regelmäßige Familienmahlzeiten und soziale Interaktionen wurden unterbrochen. Viele Jugendliche verbrachten einen Großteil der Zeit allein vor digitalen Endgeräten. Essenszeiten liefen individuell und isoliert ab, Kontrollmechanismen durch das soziale Umfeld – Familie, Freundeskreis, Schule – fielen weg. Veränderungen beim Gewicht oder auffälliges Essverhalten blieben oft lange unentdeckt.
Sportliche Betätigung wurde während der Pandemie ins Digitale verlegt. Statt gemeinsamem Unterricht in der Turnhalle gab es digitale Workouts, oft orientiert an Social-Media-Vorbildern. Der Zugang zu Fitness-Challenges und Influencer:innen brachte einerseits Impulse für Bewegung, intensivierte jedoch zugleich das Streben nach – und den Druck durch – perfektionierte und bearbeitete Körperbilder. Jugendliche mit einer ohnehin vorhandenen Tendenz zu Perfektionismus, Selbstoptimierung und einer hohen Anpassungsbereitschaft griffen zu immer strengeren Ernährungs- und Sportregimen, die sich auf gefährliche Weise verselbstständigen konnten. Nach außen hin erscheint dieses Verhalten als Disziplin –tatsächlich kann so aber der Einstieg in eine Essstörung erfolgen.
Zwischen Diätwahn und Essanfällen
Auch auf übergewichtige Jugendliche hatte die Pandemie weitreichende Auswirkungen. Wer ohnehin ein schwieriges Verhältnis zum eigenen Körper hatte, fand in der veränderten Lebenssituation oft Trost im Essen. Der leichtere Zugang zu energiereichen Snacks, weniger Bewegung und die fehlende Kontrolle oder Unterstützung durch die Umgebung begünstigten eine Gewichtszunahme. Besonders Jugendliche im oberen Normalgewichts- oder Übergewichtsbereich geraten häufig in einen diffizilen Kreislauf: Der Unmut über das eigene Äußere führt sie zu strengen Diäten, die nur selten durchgehalten werden. Das Scheitern an diesen Vorgaben mündet häufig in Essanfällen, worauf Schuldgefühle und Scham folgen. Zur Kompensation werden die Diäten noch extremer, was den Teufelskreis aus Essverzicht, Heißhunger und Kontrollverlust weiter befeuert. Aus diesem Kreislauf können sich Störungen wie Bulimie, Binge Eating oder bei fortschreitender Gewichtszunahme auch Adipositas entwickeln. Der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder und Jugendlicher ist deutlich gestiegen: In Österreich gilt rund ein Viertel der Heranwachsenden als übergewichtig, 6 bis 8 Prozent gar als adipös.
Die Pandemie hat diesen Trend weiter befeuert, da Bewegungsmangel, soziale Isolation und gestörte Essmuster gemeinsam auftraten.
Neben den gesellschaftlich verbreiteten Schönheits- und Schlankheitsidealen haben in den letzten Jahren neue Strömungen mediale Präsenz erlangt: Bodypositivity und Bodydiversity sind als Bewegungen für die Akzeptanz körperlicher Vielfalt bekannt geworden. Sie fordern eine Abkehr vom universalen Ideal des schlanken, durchtrainierten Körpers und wollen für mehr Selbstannahme und gesellschaftliche Inklusion sorgen. Doch bisher ist die Wirkung dieser Konzepte auf Heranwachsende und ihren Alltag begrenzt. In der Phase der Adoleszenz stehen das Streben nach sozialer Zugehörigkeit, Status und Autonomie im Vordergrund. Ein einziger, schlanker Idealkörper bleibt in der sozialen Realität weiterhin maßgebend, was Jugendliche je nach Eigenwahrnehmung und Persönlichkeit zu unterschiedlichen Reaktionen veranlasst. Scham wird dabei zu einer zentralen, aber oft belastenden Triebkraft, indem jede Abweichung vom Ideal als Makel empfunden wird. So versuchen viele Jugendliche, die gefühlte Unsicherheit und den Kontrollverlust der aktuellen Zeit durch rigide Ess- und Bewegungspläne zu kompensieren. Kontrolle über den eigenen Körper erscheint als letzte verbliebene Möglichkeit, Orientierung im eigenen Alltag zu schaffen. Doch was als selbstbestimmt erscheint, entwickelt rasch eine pathologische Eigendynamik, aus der Betroffene nur schwer wieder herausfinden.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen kommt dem sozialen Umfeld eine bedeutende Rolle zu. Die vermittelten Werte in Familien und im unmittelbaren Lebensumfeld wirken prägend. Nicht moralische Mahnungen oder Medienverbote, sondern ein authentisches, vorbildhaftes Verhalten und eine wertschätzende Kommunika-
tion bilden die Grundlage für Prävention. Gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie bieten dabei eine entscheidende Schutzfunktion: Hier wird Wertschätzung erfahren, ohne Bewertung des Essverhaltens oder des äußeren Erscheinungsbilds. Im Zentrum steht der Genuss und das Miteinander, nicht Kontrolle oder Kalorienzählen.
Eltern und Bezugspersonen sollten darauf achten, die Aufmerksamkeit ihrer Kinder und Jugendlichen nicht auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auf Fähigkeiten und persönliche Entwicklung zu lenken. Lob sollte sich auf konkrete Leistungen, Interessen oder den Umgang mit Herausforderungen beziehen, nicht auf Figur oder Gewicht. Figurbezogene Aussagen, auch scheinbar beiläufige Kommentare über Dritte, verstärken heimlich Normen und können schädlich wirken.
Ein bewusster Umgang mit digitalen Medien ist ebenfalls erlernbar: Jugendliche können unterstützt werden, problematische Vorbilder und Influencer:innen zu meiden und den Algorithmus aktiv mit positiven, realistischen Inhalten zu „f üttern“ Medienkompetenz ist dabei ein wichtiger Schutzfaktor, der gemeinsam mit Erwachsenen entwickelt werden sollte.
Im Alltag kann gemeinsames, kreatives Kochen helfen, eine gesunde Beziehung zu Lebensmitteln zu fördern. Das Ausprobieren von Gerichten aus frischen Zutaten schafft Abwechslung, Spaß und eine neue Wahrnehmung für Essen, fernab von Diätzwang und Schuldgefühlen. Alltagsprägende Routinen, die ohne Leistungs- und Schönheitsdruck auskommen, stärken letztlich Körperwahrnehmung und Selbstwert. Essstörungen sind komplex und entwickeln sich im Zusammenspiel vielfacher Umwelteinflüsse. Je früher Risiken erkannt und Veränderungen liebevoll, aber konsequent begleitet werden, desto besser sind die Chancen auf einen gesunden Weg durch die Herausforderungen der Jugend. Ein Umfeld, das Selbstwert, Vielfalt und persönliche Entwicklung fördert und weniger auf Äußerlichkeiten achtet, unterstützt Kinder und Jugendliche darin, auch stürmische Lebensphasen gesund und gestärkt zu überstehen. <

Was für Mitarbeiter:innen wirklich zählt
Was hält Ordinationsassistent:innen wirklich im Team? Meist nicht die nächsten 100 Euro – sondern die Art, wie sie jeden Tag behandelt werden. Gehalt und Wertschätzung sind kein Entweder-oder. Sie wirken zusammen wie Fundament und Dach: Ohne ein solides Fundament stürzt das Haus ein, ohne ein schützendes Dach will niemand darin wohnen.
Fair bezahlen ist die Grundvoraussetzung. Wer unter Tarif entlohnt, Gehaltsanpassungen verschleppt oder die Erledigung von Zusatzaufgaben „eh nebenbei“ erwartet, verliert Vertrauen – und rasch auch gute Leute. Transparente Gehaltsbänder, Gespräche über Entwicklung sowie klare Regeln für Prämien (z. B. fürs Einspringen) signalisieren Respekt. Geld verhindert Unzufriedenheit, schafft allein jedoch
Die eigentliche Magie entfaltet sich in der Wertschätzung. Sie zeigt sich im Alltag: verlässliche Dienstpläne, Rückhalt bei fordernden Patient:innen, höfliche, klare Kommunikation, ein ehrliches „ Danke“ nach stressigen Ordinationstagen. Wichtig ist: zuhören, einbeziehen, Talente sehen. Wer Verantwortung übertragen bekommt, wächst – und bindet sich an die Praxis. Was funktioniert konkret? Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Mitarbeiter:innengespräche – ideal sind quartalsweise 30 bis 45 Minuten mit kurzer VorabAgenda. Das signalisiert: „ Du bist wichtig.“ Ergänzend können kleinere Touchpoints im Alltag nach Bedarf angeboten werden. Klare Zuständigkeiten und Vertretungsregeln und ausreichend Personal sichern Qualität ohne Dauerfeuer. Dazu kommen Weiterbildung mit
EXPERTIN: Kathrin Zhuber, MBA Gründerin von DOC-N-ROLL Healthcare Management (spezialisiertes Dienstleistungsservice für niedergelassene Ärzt:innen bzw. Therapeut:innen), doc-n-roll.at

nefits (Fortbildungsbudget, Öffi-Ticket etc.) und eine gute Fehlerkultur statt einer Schuldkultur – wer lernen darf, bleibt.
Fazit: Gehalt ist die Eintrittskarte, Wertschätzung der Grund zu bleiben. Wer beides klug kombiniert, reduziert die Fluktuation, spart Rekrutierungskosten und hat ein Team, das Patient:innen vermittelt: Hier arbeiten Menschen gern. Starten Sie diese Woche mit einer Frage an jede Mitarbeiter:in: „Was würde dir

Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) sprach sich erneut für ein Lungen-Gesundheits-VorsorgeProgramm (LGVP) aus. Denn in Österreich werden zurzeit nur etwa 20 % der Lungenkarzinome in einem gut behandelbaren Stadium diagnostiziert. Hier setzt das LGVP-Konzept an: Personen mit klar definierten Risikofaktoren wie langjährige Raucher:innen zwischen 50 und 75 Jahren sowie Personen mit beruflicher Exposition gegenüber Stäuben, Gasen oder Dämpfen, sollen routinemäßig mittels Low-Dose-CT

im Sinne der Früherkennung untersucht werden. Studien wie NLST1 und NELSON2 haben klar gezeigt, dass die Sterblichkeit bei Risikogruppen dadurch signifikant gesenkt werden kann. Zudem kann mittels CT-Untersuchung nicht nur Lungenkrebs, sondern auch andere Erkrankungen wie die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung oder eine Lungenfibrose früher festgestellt werden.
Die Umsetzung eines LGVP erfordert die Zusammenarbeit vieler Fachrichtungen. Die ÖGP3 arbeitet deshalb eng mit
der Österreichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie und der Österreichischen Röntgengesellschaft zusammen. Ziel ist ein gemeinsames Positionspapier, das sowohl die Politik als auch die Gesundheitsverwaltung über Nutzen, Strukturen und Umsetzungsbedingungen informiert.
Literatur:
1 Aberle DR et al., N Engl J Med. 2011 Aug;365(5):395-409.
2 de Koning HJ et al., N Engl J Med. 2020 Feb;382(6):503-513.
3 ogp.at/blog/alarmsignal-atemnot-sofort-behandeln-2
Ihr Arbeitsalltag ist stressig genug –verlieren Sie nicht auch noch Zeit mit der Suche nach medizinischen Informationen oder Terminen. Mit Gesund.at haben wir ein Portal geschaffen, das Ihnen diese Arbeit abnimmt. Selbstverständlich haben wir auch an Weiterbildung gedacht, so können Sie ab sofort DFP-Punkte auch unterwegs sammeln! Klingt gut, oder?



