In professionellen Händen
DIALOG
04/2023
Signale
Dermatitis
DERMATOLOGIE
Proinflammatorische
wahrnehmen Atopische
Venöse Erkrankungen … benötigen Zuwendung Chronische Wunden … Österreichische Post AG, MZ16Z040661M, 32. Jahrgang, RegionalMedien Austria GesundheitRMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien
Dem Druck mit Nachdruck begegnen
04 Chronische Wunden benötigen Zuwendung
Vom ABC(DE) der Diagnostik und dem Ruf nach mehr Koordination in der Behandlung
Dermatologie
08 Die Basis für einen Heilungserfolg
Chronische Wunden: Reinigung und Antiseptik im Fokus
12 Dem Druck mit Nachdruck begegnen Frühe Symptome venöser Erkrankungen bergen Risiken und erfordern Aufmerksamkeit
14 Atopische Dermatitis: Alle Zeichen stehen auf Entzündung Mutationen und Zytokinmilieu als pathogenetische Einflussfaktoren
Warnsignale von Venenkrankheiten ernst nehmen.
IMPRESSUM
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Die HAUSÄRZT:IN – Praxis-Magazin für Primärversorgung –ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.
Dysfunktion der Hautbarriere bei atopischer Dermatitis mitberücksichtigen.
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Hausärzt:in Inhaltsverzeichnis
2 April 2023 12
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Chronische Wunden benötigen Zuwendung
Vom ABC(DE) der Diagnostik und dem Ruf nach mehr Koordination in der Behandlung*
Chronische Wunden werden oft unterschätzt. Dabei ist es entscheidend, rasch ihre Ursache zu finden und beides parallel zu behandeln.
4 Hausärzt:in Dermatologie April 2023
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5 Hausärzt:in Dermatologie April 2023 >
Die Ludwig Boltzmann Forschungsgruppe für Alterung und Wundheilung (LBG-SHoW) ist eine Kooperation der Ludwig Boltzmann Gesellschaft und der AUVA, unter Mitarbeit des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Wien. Wissenschaftler:innen aus verschiedenen Disziplinen arbeiten im Austausch miteinander zum Thema Wundheilung. Patient:innen mit chronischen Wunden und Menschen aus ihrem Umfeld sind an diesem Prozess aktiv beteiligt. Über mitmachen@show.lbg.ac.at können auch Sie Ihre Erfahrung teilen. Mehr unter show.lbg.ac.at
6 Hausärzt:in Dermatologie April 2023 © LBG INFO
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Haus Ärzt:in
Hausärzt:in trifft Kliniker:in
Moderne Schmerzmedizin –Möglichkeiten & Grenzen
PräsenzFortbildung
Sa., 3. Juni 2023
IN LINZ
Themen (mit Fallbeispielen aus der Allgemeinpraxis):
Chronischer Schmerz – eine Herausforderung: von der Diagnose bis zur Therapie
Klinische Pharmakologie – Medikationsmanagement & Polypharmazie
Geriatrie & Palliativmedizin – Schmerztherapie ist Teamarbeit
Pädiatrie – Kleiner Mensch, großer Schmerz
Podiumsdiskussion:
Ambulante Schmerztherapie heute – Was tun gegen Lücken in der Versorgung?
Programm und Anmeldung: meinmed.at/dialogtag-linz
6 DFP-Punkte in Planung
Teilnahmegebühr:
OBGAM-, ÖGAM-, Vinzenz-Gruppe-Mitglieder 65€, Nichtmitglieder 85€ Rückfragen an info@meinmed.at
Mit freundlicher Unterstützung von:
Veranstalter:innen:
Änderungen vorbehalten.
DIALOGTAG
Die Basis für einen Heilungserfolg
Chronische Wunden: Reinigung und Antiseptik im Fokus
Die korrekte Versorgung von chronischen Wunden ist komplex und zeitaufwändig. Im Vordergrund steht die Ursachenbehandlung, aber parallel dazu ist eine adäquate Lokaltherapie unumgänglich. Schlagwörter sind hier: Diagnostik, Wundklassifikation, Wundreinigung, Erkennen von Problemen, stadiengerechte Auswahl der Wundauflage, Kontinuität in der Versorgung, Reevaluierung der Wunde und Anpassung des Therapiekonzeptes. Begleitend zu einer kausal ansetzenden Behandlung sollte meist eine symptomatische, an den Phasen der Wundheilung orientierte Wundtherapie
durchgeführt werden. Diese kann sich am MOIST-Schema orientieren (siehe Infobox). Die Wundheilung wird durch avitales Gewebe, Fremdkörper, Beläge und Detritus behindert, weshalb eine Abtragung von avitalem Gewebe bis zu intakten anatomischen Strukturen essenziell ist (Débridement). Dieser Vorgang beinhaltet die Wundreinigung, welche die Voraussetzung für eine optimale Wundbeurteilung und die Grundlage des Heilungserfolgs darstellt. Die Sanierung oder Dekontamination der infizierten oder kritisch kolonisierten Wunde ist immer eine Bedingung für die Abheilung – dabei muss darauf geachtet werden, ob die lokale Anwendung von Wundantiseptika ausreicht oder es bereits zu einer generalisierten Streuung gekommen ist, die den Einsatz systemischer Antibiotika erfordert. Unter Dekontamination versteht man eine antiseptische Wundbehandlung in Kombination mit einer mechanischen Wundreinigung, um eine lokale Entzündung durch humanpathogene Mikroorganismen weitgehend
zu beseitigen und einer systemischen Infektion vorzubeugen. Folgender Grundsatz gilt: Ohne Wundreinigung versagt das beste Wundantiseptikum.
Unterschiedliche Methoden
Bei der Wundreinigung gibt es verschiedene Vorgehensweisen: eine chirurgische, mechanische, enzymatische, autolytische, biochirurgische und osmotische. Das chirurgische Wunddébridement ist schnell und effektiv. Die mechanische Wundreinigung durch Auswischen oder Ausspülen von Detritus stellt eine gewebeschonende Maßnahme zur Entfernung von nicht festhaftenden Zellbestandteilen und Biofilm dar. Beim enzymatischen Verfahren wird mit Hilfe von biosynthetisch hergestellten proteolytischen Enzymen avitales Gewebe abgebaut. Eine autolytische Wundreinigung läuft gewissermaßen in jeder Wunde ab. Makrophagen und proteolytische Enzyme verflüssigen nekrotisches Gewebe und lösen es vom vitalen Gewebe. Für das biochirurgische Vorgehen werden gezüchtete sterile Larven zur Entfernung von avitalem Gewebe eingesetzt. Durch die im Larvenspei-
8 Hausärzt:in Dermatologie April 2023
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GASTAUTOR: Peter Kurz, DGKP, WDM Experte für Wunddiagnostik und -management, w-p-m.at
chel enthaltenen proteolytischen Enzyme werden Nekrosen und Beläge verflüssigt. Die osmotische Wundreinigung basiert auf der Schaffung eines Konzentrationsgefälles von Molekülen in der Wunde mittels geeigneter Wundauflagen. Dadurch findet ein Konzentrationsausgleich statt, welcher mit einem vermehrten Einströmen von Wundflüssigkeit einhergeht.
Spüllösungen korrekt angewandt
Antiseptika werden als Arzneimittel oder Medizinprodukte zugelassen, wobei der Unterschied in ihrer Wirkweise liegt. Arzneimittel wirken pharmakologisch, metabolisch und/oder immunologisch – Medizinprodukte hingegen physikalisch durch Ausspülen, Aufsaugen, Feuchtigkeitsregulation oder irreversible Bindung von Mikroorganismen. Das Ausmaß der Wirkung hängt von der Einwirkzeit ab – der Zeitrahmen beträgt zwischen zwei und 20 Minuten. Man kann aber davon ausgehen, dass ein sehr belastetes Wundgebiet auch eine deutlich längere Einwirkzeit benötigt. Mehr Belastung = längere Einwirkzeit. Bei einer Infektion gelten mindestens acht Minuten als Richtwert.
Octenidin
Für akut kontaminierte traumatische Wunden einschließlich solcher, die mit MRSA kolonisiert sind, ist Octenidin
MOIST-Konzept
M – Moisture Balance (Exsudatmanagement)
Die Feuchtigkeitsbalance („moist” = feucht) ist seit mehreren Jahrzehnten der Goldstandard für die Behandlung chronischer Wunden. Hier muss darauf geachtet werden, dass Wunden weder zu feucht noch zu trocken sind.
O – Oxygen Balance (Sauerstoffbalance)
In der Pathophysiologie chronischer Wunden spielt die Hypoxie bei nahezu allen Wundarten eine entscheidende Rolle. Für die Lokaltherapie bedeutet dies: Insbesondere wenn Maßnahmen wie Revaskularisation und Kompressionstherapie keinen ausreichenden Erfolg gezeitigt haben, können Behandlungsoptionen eingesetzt werden, welche die Sauerstoffbalance wiederherstellen.
I – Infection Control (Infektionskontrolle)
Die Infektionskontrolle umfasst sämtliche antimikrobiellen Strategien. Systemische Antibiotikatherapien sind meist ausschließlich bei Infektionskrankheiten indiziert.
S – Support (Unterstützung des Heilungsprozesses)
Wenn Wunden trotz scheinbar adäquater Therapie nicht heilen, können temporär spezifische Wundtherapeutika zum Einsatz kommen, die aktiv in den gestörten Wundheilungsprozess eingreifen.
T – Tissue Management (Gewebemanagement)
Das Gewebemanagement beinhaltet alle Maßnahmen der Wundgrundkonditionierung, z. B. neutrale Wundauflagen, Biochirurgie oder physikalische Hilfsmittel wie Unterdruck, Strom, Plasma oder Ultraschall.
der Wirkstoff der Wahl. Octenidin kann für eine MRSADekontamination sowie für die Prävention von SSI („ Surgical Site Infections“) eingesetzt werden und ist remanent wirksam – die antiseptische Wirkung hält bis zu 48 Stunden an. Kontraindikationen: hyaliner Knorpel, Allergie, ZNS-Strukturen, Peritoneum, gemeinsame Anwendung mit jodhältigen Produkten. Ohne weitere klinische Evaluierung darf Octenidin nicht länger als 14 Tage appliziert werden.
Polihexanid
Der Wirkstoff fördert die Wundheilung und ist antiseptisch. Bei chronischen Wunden ist Polihexanid die erste Wahl. Es eignet sich zur Infektprävention (inklusive einer SSI) und zur Dekontamination von MRSA. Kontraindikationen: hyaliner Knorpel, Allergie.
NaOCl/HOCl
In den letzten Jahren ist es gelungen, die Kombination NaOCl/HOCl zu stabilisieren – daraus entstand eine äußerst effektive und ökologisch wertvolle Produktgruppe. Die Basis ist eine NaCl-Lösung, welche elektrochemisch behandelt wird. Es sind aber auch Produkte mit NaOCl als Monosubstanz auf dem Markt. Je ausgeglichener das Verhältnis von NaOCl zu HOCl ist, desto neutraler der pH-Wert, desto höher die Wirksamkeit und desto geringer die Zelltoxizität. Kontraindikationen sind nicht bekannt.
Iodophore
Produkte auf PVPIod-Basis gehören zu den am weitesten verbreiteten Antiseptika. Bei chronischen Wunden gilt diese Substanz aber als entbehrlich. Zwar trifft das auf die Gelform nicht in diesem Maße zu, es gibt allerdings keine Studien zur Effektivität. Große Vorteile stellen der rasche Wirkungseintritt, ein trocknender Effekt sowie eine im Vergleich zu Octenidin und Polihexanid gute Knorpelverträglichkeit dar. Kontraindikationen: gemeinsame Anwendung mit silber- und octenidinhältigen Produkten. Iodophore dürfen ohne eine weitere klinische Evaluierung nicht länger als 14 Tage eingesetzt werden.
Langzeiteinsatz
hinterfragen
Uns stehen ausgezeichnete Wundspüllösungen zur Verfügung, sie gehören lediglich korrekt angewandt. Vor allem die NaOCl/ HOCl-Gruppe hat großes Potential. Werden die Einwirkzeiten nach Herstellerangaben beachtet, dann ist eine deutliche Steigerung der Heilungsraten zu verzeichnen. Kritisch zu sehen ist die unreflektierte Handhabung von Spüllösungen als Arzneimittel über lange Zeit, trotz Abwesenheit einer lokalen Infektion.
Fazit: Chronische Wunden benötigen Zuwendung – sowohl von betreuenden Mediziner:innen als auch von der Pflege. Teamarbeit steht hier im Vordergrund!
Literatur beim Verfasser.
9 Hausärzt:in Dermatologie April 2023
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Dem Druck mit Nachdruck begegnen
Frühe Symptome venöser Erkrankungen bergen Risiken und erfordern Aufmerksamkeit
Insuffizienz diagnostiziert. Bei diesem Krankheitsbild sind die physiologischen Scherkräfte an der Venenwand reduziert. Vermehrt ausgeschüttete inflammatorische und prothrombotische Zytokine können die Bildung von Ödemen begünstigen.
Kompressionstherapie ist Goldstandard
Venenkrankheiten zählen zu den häufigsten Krankheitsbildern in der westlichen Welt. Bei neun von zehn Erwachsenen zeigen sich zumindest leichte pathologische Veränderungen am Beinvenensystem – in vielen Fällen handelt es sich dabei um Besenreiser und retikuläre Varizen.1 „ Diese sollten nicht nur aus optischen Gründen behandelt werden“, informiert Prof. Dr. Alexander Flor, Facharzt für Chirurgie. Die Behandlungsbedürftigkeit der frühen Stadien einer chronischen venösen Insuffizienz ergibt sich vor allem unter prognostischem Aspekt. Ohne Eingreifen schreitet das Leiden unbemerkt voran – Entzündungen, Thrombophlebitiden oder gar ein Ulcus cruris können die Folgen sein. Durch frühzeitige Detektion der Patientinnen und Patienten sowie deren konsequente Therapie können bestehende Beschwerden gelindert und das Komplikationsrisiko deutlich reduziert werden.
Warnsignale erst nehmen
Statistisch betrachtet ist jede vierte Person in der hausärztlichen Praxis eine
„Venenpatientin“ 2 Erste Symptome, über die Betroffene klagen, sind müde, schwere Beine, die gegen Abend in der Knöchelregion anschwellen. Beim Eindrücken bleiben kurzfristig Dellen zurück. Auch ziehende Schmerzen, Krämpfe, Juckreiz, Kribbeln und ruhelose Beine lassen auf eine gestörte Hämodynamik schließen. Entzündliche Veränderungen in den Tiefen der Venen sind anfangs nicht erkennbar –fassbare Anzeichen haben häufig eine jahrelange pathogenetische Vorgeschichte.
Im Rahmen der ersten Bonner Venenstudie wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sieben Jahre nach ihrer ersten Befragung neuerlich untersucht: Probandinnen und Probanden, die zunächst keinen pathologischen Befund hatten oder lediglich erste Anzeichen einer Venenschwäche zeigten, entwickelten innerhalb dieser Zeitspanne Varizen. Bei 20 Prozent der Personen, die zu Studienbeginn von Varikosen betroffen waren, wurde später eine venöse
„A lle Stadien der Varikose und der venösen Insuffizienz sind eine Indikation für die Kompressionstherapie“, erläutert Prof. Flor. In Kombination mit medikamentösen Maßnahmen stelle sie die Therapie der Wahl dar, ergänzt der Chirurg. Durch die Kompression können sich Blutfluss und Scherkräfte in den Venen normalisieren. Konsekutiv verringern sich auch die Ausschüttung der inflammatorischen Zytokine sowie die damit assoziierte Ödembildung. Ziel jeder Behandlung ist es, die akuten Auswirkungen wie Stauung oder Ekzeme zu beseitigen und ein Fortschreiten der Krankheit bis hin zum Ulcus zu verhindern.
Compliance verbessern, aber wie?
In der initialen Entstauungsphase können Mehrkomponentenfertigsysteme, die zum Teil über Druckindikatoren verfügen, oder adaptive Kompressionsbandagen zum Einsatz kommen. Im Vergleich zu klassischen Kurzzugbinden, die leicht verrutschen, kann damit deutlich effektiver und sicherer therapiert werden. Nach drei bis vier Wochen sind die Beine meist entstaut. Danach ist die Versorgung auf medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) umzustellen. Was die Adhärenz anbelangt, spielt der Tragekomfort eine wichtige Rolle – das bestätigt auch eine mehrstufige Bevölkerungsbefragung durch das Institut für Demoskopie Allensbach. Über 80 Prozent der Nutze-
12 Hausärzt:in Dermatologie April 2023
EXPERTE: Prof. Dr. Alexander Flor Facharzt für Chirurgie, Phlebologe in Wien
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rinnen und Nutzer war es wichtig, dass sie ihre MKS gut an- und ausziehen können bzw. dass diese beim Tragen keine Hautprobleme verursachen.3
Bei der Verordnung sollten die Patientinnen und Patienten in Hinblick auf Handhabung, empfohlene Tragedauer und -häufigkeit instruiert werden. Kompressionsstrümpfe sollten so früh wie möglich nach dem Aufstehen angezogen werden – noch bevor es zu Schwellungen kommt. Der frühe Morgen erweist sich auch als günstiger Zeitpunkt, um eine exakte Anpassung der MKS im Sanitätshaus vornehmen zu können. Um trockener, juckender Haut vorzubeugen, sollten die Beine abends vor dem Zubettgehen eingecremt werden. Hingegen dürfen unmittelbar vor dem Anziehen der Strümpfe keine Feuchtigkeitslotionen aufgetragen werden – Hautirritationen lassen sich so vermeiden. Manche empfinden es als unangenehm, im Sommer Kompressionsstrümpfe zu tragen. Um die Compliance zu erhöhen, können die Trägerinnen und Träger ermutigt werden,
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die Strümpfe mit Wasser anzufeuchten – die Verdunstungskälte sorgt für einen angenehmen Kühleffekt.
Venenwirksame Phytotherapeutika
Zur Verminderung der Ödemneigung und anderer Beschwerden können ergänzend Venenmittel eingesetzt werden. Meist handelt es sich dabei um Präparate auf pflanzlicher Basis wie Rosskastaniensamenextrakte und Auszüge aus Rotem Weinlaub. Deren Wirkstoffe greifen in die Entzündungskaskade ein und reduzieren Schwellungen. Allen voran sind Flavonoide zu nennen, die gleichermaßen dem Verlust der Endothelabdichtung und Entzündungsprozessen entgegenwirken. Aber auch synthetische Produkte wie Kalziumdobesilat stellen eine Option dar.
Drehscheibe zum Fachbereich
Entscheidend ist die Vorselektion von venenkranken Personen durch Haus-
ärztinnen bzw. Hausärzte – anfängliche Venenleiden können von diesen selbst behandelt werden. Patientinnen und Patienten in fortgeschrittenen Stadien sollten jedoch zeitnah zur spezialisierten Fachärztin/zum spezialisierten Facharzt überwiesen werden. „ Es ist immer abzuklären, ob es sich um ein Problem der tiefen Beinvenen handelt“, macht Prof. Flor aufmerksam. Eine Ultraschalluntersuchung könne Aufschluss über passende Behandlungsmöglichkeiten geben. „ Erkrankten Menschen stehen sehr schonende minimalinvasive Therapieverfahren wie die Lasertherapie, die endovenöse Radiofrequenztherapie und die Schaumsklerotherapie zur Verfügung“, merkt der Experte an. Varizen werden von innen koaguliert. Die Ultima Ratio sind operative Verfahren.
Mag.a Sylvia Neubauer
Literatur:
1 Robert Koch-Institut (Hrsg.), Venenerkrankungen der Beine. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 44, Mai 2009.
2 Rabe E et al., Phlebologie 2003;32:1–14. DOI: 10.1055/ s-0037-1617353.
3 Stücker M, Rabe E, Die Dermatologie 2022, 73, 708–717.
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Atopische Dermatitis: Alle Zeichen stehen auf Entzündung
Mutationen und Zytokinmilieu als pathogenetische Einflussfaktoren
netzten Molekülen vor Schwankungen im pH-Wert und Wasserhaushalt sowie vor Mikroorganismen schützt. Daneben spielen Lipide eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung einer funktionierenden Hautbarriere.7,8
Eine dysfunktionale Hautbarriere erleichtert Allergenen das Eindringen, begünstigt eine immunologische Dysfunktion und erhöht das Risiko des Auftretens von Ekzemen.3 Patientinnen und Patienten, bei welchen eine Mutation im Filaggringen vorliegt, haben zudem eine schlechtere Lebensqualität – und wenn sie zusätzlich an Asthma leiden, kommt es häufiger zur Hospitalisation als bei Betroffenen, die keine solche Mutation aufweisen.6
norme Levels von IL-5, -12, -18, -22, -31 und -33 charakterisiert – darüber hinaus durch erhöhte Spiegel von thymischem stromalem Lymphopoietin und Interferon-γ 2,5 Die Dysbalance zwischen pro- und antiinflammatorischen Signalen bedingt einen Teufelskreis, der durch entzündliche Reaktionen, Juckreiz, Kratzen und die daraus resultierende sekundäre Schädigung der Hautbarriere gekennzeichnet ist.5
Therapeutische Ansätze
Rund 15-20 % der Kinder und bis zu 10 % der Erwachsenen sind von atopischer Dermatitis (AD) betroffen.1 Bei etwa einem Fünftel der Personen weist die AD einen moderaten bis schweren Verlauf auf.2 Obwohl die genetischen Hintergründe der Erkrankung noch nicht vollständig geklärt sind, wird die Erblichkeit von AD als hoch erachtet.3 Da es sich um eine Krankheit mit sehr heterogenem Erscheinungsbild handelt, kann sich die Therapiewahl schwierig gestalten.4,5 Beispielhaft werden nachfolgend die Rolle von Mutationen eines für die Hautbarriere wichtigen Proteins sowie der Einfluss von Zytokinen auf die Pathogenese diskutiert.
Genetisch bedingte Störung der Hautbarriere
Loss-of-Function-Mutationen des Filaggringens gelten als bedeutendster genetischer Risikofaktor für eine AD.6 Filaggrin ist als epidermales Strukturprotein ein wichtiger Bestandteil der Hautbarriere, indem es die Haut durch Herstellung einer zusätzlichen Schicht aus ver-
Allerdings kann nur bei 10-40 % der Menschen mit AD eine Loss-of-Function-Mutation des Filaggringens identifiziert werden. Umgekehrt haben nicht alle Personen mit einer solchen Mutation eine AD. Das legt nahe, dass auch andere Faktoren zur Dysfunktion der Hautbarriere beitragen.6
Proinflammatorische Signale
Zu diesen Faktoren zählt die Herabregulation des Filaggringens und anderer Gene der epidermalen Barriere durch Zytokine. Diesbezüglich stehen vor allem die Interleukine IL-4 und -13 im Verdacht, die Hautbarriere durch die Veränderung der Genexpression von Molekülen wie Filaggrin, Loricrin und Involucrin zu vermindern. Daher stellen Forschende die Frage in den Raum, ob das Zytokinmilieu für die Pathogenese von AD sogar wichtiger sein könnte als Loss-of-Function-Mutationen des Filaggringens selbst.6,8 Des Weiteren stören IL-4 und IL-13 innerhalb des Stratum corneum die Lipidbiosynthese, vor allem in Hinblick auf die Ceramide, welche ebenfalls zur Aufrechterhaltung der Hautbarriere vonnöten sind.9
Neben IL-4 und -13 ist das Zytokinprofil von Personen mit AD durch ab-
Durch die Zytokine ergeben sich verschiedene Ansatzpunkte für die Therapie einer moderaten bis schweren AD. Die Biologika können entweder direkt bestimmte Zytokine bzw. deren Rezeptoren ansteuern oder in den JAK/STATSignalweg eingreifen, den viele der beteiligten Zytokine nutzen.2,5 So ließ sich etwa zeigen, dass die Blockade von IL-4 und -13 die gestörte Expression von Filaggrin und Loricrin in den betroffenen Hautstellen wiederherstellt, und auch die Ceramidzusammensetzung im Stratum corneum normalisierte sich dank der entsprechenden Antikörpertherapie.8,9 JAK-Inhibitoren bedingen ebenfalls Änderungen in der Genexpression, welche die lokale und systemische Zytokinausschüttung günstig beeinflussen.2 Die Herausforderung der Zukunft wird es sein, die zur Verfügung stehenden Biologika im Sinne der Präzisionsmedizin zu nutzen und entsprechend der individuellen Erscheinungsform der AD auszuwählen.1,5
Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc
Quellen:
1 Maintz L et al., J Pers Med 2022; 12(6): 893.
2 Kwatra SG et al., Clinical & Translational Immunology 2022; 11: e1390.
3 Smieszek SP et al., Sci Rep 2020; 10: 2721.
4 Pugliarello S et al., JDDG 2011; 9: 12-20.
5 Makowska K et al., Int J Mol Sci 2023; 24(1): 781.
6 Drislane C & Irvine AD, Ann Allergy Asthma Immunol 2020; 124(1): 36-43.
7 Zaniboni MC et al., An Bras Dermatol 2016; 91(4): 472-478.
8 Furue M, Int J Mol Sci 2020; 21(15): 5382.
9 Berdyshev E et al., Allergy 2022; 77: 3388-97.
14 Hausärzt:in Dermatologie April 2023
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Fachkurzinformation siehe Seite 18