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„Ich bin dann mal fort …“
Hausarzt, Dermatologin, Gynäkologin, Orthopäde: Gleich vier meiner langjährigen Vertrauensärzt:innen sind in den vergangenen Monaten in Pension gegangen. Niemand hat eine Nachfolger:in für die Praxis (gefunden). Teilweise habe ich erst bei der Terminanfrage für die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen bemerkt, dass die Ordi nicht mehr existiert … Wie schwierig es ist, einen Ersatz für Kassenärzt:innen im halbländlichen Raum zu finden, muss ich hier nicht extra erwähnen. Von meiner ursprünglichen Dermatologin, die eine Wahlarztpraxis hatte, bin ich aufgrund der langen Wartezeiten mittlerweile zu einer privaten Hautärztin nach Wien gewechselt. Von meinem Hausarzt weiß ich, dass er ein Dreivierteljahr länger als geplant gearbeitet und große Anstrengungen unternommen hat, um eine Übergabe seiner Landarztpraxis an die nächste Generation zu ermöglichen. Er beklagte die fehlende Unterstützung der Gemeinde dabei.
Verbesserungsansätze und Versäumnisse
Fakt ist, dass es für Kassenpatient:innen sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Spitälern immer schwieriger wird, zeitnah Termine zu bekommen. Unser Redaktions- und Videoteam nahm Anfang September an einer Veranstaltung mit hochkarätigen Gästen zum Thema „G esundheit reformieren“ in Wien als Medienpartner teil. Gesundheitspolitiker:innen und Mediziner:innen diskutierten Verbesserungsansätze im Rahmen der aktuellen Gesundheitsreform und Versäumnisse. Lesen Sie einen Kurzbericht dazu auf Seite 62.
Kurz vor der Nationalratswahl war die Debatte naturgemäß sehr hitzig. Dürfen Ärzt:innen „einfach mal so fort“ sein? Selbst wenn sie keine Vertretung haben? Kann man ihnen verbieten, im öffentlichen Gesundheitssystem nur Teilzeit und daneben in einer Privatpraxis zu arbeiten? Oder müssen – anstelle von Verboten – vielmehr die Arbeitskonditionen attraktiver werden? Überdies daran angepasst, dass die Medizin zunehmend weiblich wird …

Der QR-Code am Artikelende führt Sie zu den Videos unserer Expert:inneninterviews und der Paneldebatte zum Nachsehen auf Gesund.at
Ein Pilgern von Praxis zu Praxis
Patient:innen fühlen sich oftmals im Stich gelassen, wenn die Diagnosestellung Schwierigkeiten bereitet. Unsere aktuelle Titelgeschichte zum Thema „Vektorübertragene Erkrankungen“ liefert ein gutes Beispiel dafür. In einem Fallbericht beschreibt eine Frau mittleren Alters, wie sie bis zur Diagnose „ Neuroborreliose“ von Praxis zu Praxis pilgerte. Obwohl der Verdacht von Anfang an bestand, dauerte es wegen eines zunächst negativen ersten Tests Monate bis zur endgültigen Diagnose. Zusätzlich zu den Schmerzen sah sich die Betroffene in dieser Zeit mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie sich ihre Beschwerden lediglich einbilde, dass diese psychosomatisch seien.
Vektorübertragene Erkrankungen sind weltweit am Vormarsch. Ärzt:innen sollten dementsprechend gut informiert sein oder schnell bei Spezialist:innen anfragen. Lesen Sie mehr darüber ab Seite 12!
Abschließend sei festgehalten, welch großartige Arbeit Mediziner:innen und Pflegekräfte in Zeiten mangelnder Ressourcen Tag für Tag leisten: Hut ab! Ob Urlaub, eigene Krankheit oder Pensionierung – es sollte selbstverständlich sein, dass man auch in diesen verantwortungsvollen Jobs einmal fort“ sein darf.
Schöne Herbsttage wünscht


Ihre Karin Martin
Redaktionsleiterin RegionalMedien Gesundheit, karin.martin@regionalmedien.at


medizinisch dossier
06 Ventile gegen Atemnot COPD: Minimalinvasiver Eingriff reduziert Lungenvolumen
08 Allergie im Alter
Die Zahl der Betroffenen steigt in allen Generationen
11 Verlängerte Pollensaison
Trotz Herbst kein Ende in Sicht
18 Entzündliche Prozesse Infektionen als Risikofaktoren für kardiovaskuläre Leiden
21 Prioritäten setzen Faire Zuteilung von GLP-1- und GLP-1-GIPRezeptoragonisten
23 Neues und Bewährtes Kopfschmerzen effektiv und sicher behandeln
pharmazeutisch
56 Gesund essen bei Arthrose
Was bei der degenerativen Gelenkerkrankung (nicht) auf den Teller kommen sollte
58 Die Top-Asthma/COPDProdukte nach Menge und Wert
Marktanalyse von Beatrix Linke, Country Lead IQVIA Austria
59 „Übervolle Wartezimmer“ 1. E-Kongress Winterinfektionen
28 DFP Praxiswissen: Gelenkerhaltende Hüftchirurgie
Es muss nicht immer eine Totalendoprothese sein
32 Nächtliche Qual
Das breite Spektrum schlafmedizinischer Erkrankungen
34 Eine hohe Krankheitslast
Die Gehirngesundheit zählt zu den größten präventivmedizinischen Herausforderungen
53 Behindernde Dysmenorrhoe Risikopatientinnen früh erkennen
38 „Therapie an die Pathophysiologie anpassen“
Enuresis: Eine genaue Diagnostik ist essenziell
40 Mikrokosmos Darm
Was dem guten Gedeihen von Babys und Kleinkindern förderlich ist
44 Adipositas: Prävention im Kindesalter ist das A und O Eine Projektstudie entwickelte ein wirksames Programm zur Vorbeugung
VEKTOREN ALS GEFAHR
12 Borreliose – oder etwa doch nicht? Komplizierte Diagnose erzeugt Verunsicherung unter Ärzt:innen
14 „Es ist auf keinen Fall mehr so wie früher“ Eine NeuroborreliosePatientin im Porträt
16 Zoonotische Erreger auf dem Vormarsch Schuld ist die Klimakrise – aber nicht nur
54 Funktionelle Dyspepsie – ein Update Wenn Gehirn und Darm nicht richtig miteinander kommunizieren extra

Komorbiditäten beachten.
47 Erkältungskrankheiten und ihre Begleiterscheinungen Empfehlungen für Analgesie und Antipyrese bei pädiatrischen Patient:innen
50 Unter den seltenen Krankheiten häufig Friedreich-Ataxie manifestiert sich oft in jungen Jahren
52 Negativer Einfluss ... Eliminationsdiät bei Akne?

60 „Die Behandlung wird komplexer“ Ärzt:innen Sicherheit im Management der Herzinsuffizienzpatient:innen geben
62 Brennende Kritikpunkte Wie die Gesundheitsversorgung in Österreich reformiert werden soll
64 SPRECHStunde
„Inkontinenz & Freizeitsport: Ein unterschätztes Thema?“
67 Termine Aktuelle Kongresse und mehr
58 Impressum
Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz: Praxisrelevante Fortbildungen.
BdA-KONGRESS WIEN Vorankündigung

Programm:
Ernährung & Selbstmedikation
Fabian Prinz, MSc
Ordinationsführung
Barbara Weber
Die Zukunft der Suchtbehandlung
Dr. Arkadiusz Komorowski
Telemedizin & Künstliche Intelligenz
Dr. Martin Hasenzagl
KI und Anwendungssoftware im Management von chronischen Erkrankungen
Ing. Mag.(FH) Christine Stadler-Häbich
Neuigkeiten aus dem e-card System
Frau Mag. Verena Siedl
Herr Mag. Daniel Schuchner
Ordination der Zukunft
Von der künstlichen Intelligenz in der Medizin bis zum Praxismanagement
Samstag, 12. Oktober 2024
Hotel Savoyen
Rennweg 16
Wien 1030
Kosten
Mitglieder: 75 €
Nicht-Mitglieder: 95 €
Anmeldung
arztassistenz.at/mitglieder/ fortbildungen/fortbildungskalender/bda-termine/ 10-bda-kongress-wien
6 BdA Fortbildungspunkte
10 Jahre Jubiläum












Ventile gegen Atemnot
COPD: Minimalinvasiver Eingriff reduziert Lungenvolumen


400.000 Betroffene in Österreich, 44 Millionen europaweit – und die Dunkelziffer ist deutlich höher: Die weitverbreitete chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wurde früher häufig als „männerdominiert“ bezeichnet, heute wächst der Anteil erkrankter Frauen immer mehr. Die ersten Symptome werden oft spät erkannt. Durch die chronisch obstruktive Bronchitis leiden Betroffene unter Dyspnoe und länger andauerndem produktivem Husten. Im weiteren Verlauf kann sich ein Lungenemphysem bilden. Die Atemluft wird nicht mehr ausreichend ausgeatmet und die Lufträume distal der Bronchioli
„Nicht alle Patient:innen mit einer schweren COPD eignen sich zur Lungenventiltherapie.“
terminales erweitern sich irreversibel. Die Folge: Alveolen und Bronchiolen werden zerstört, weswegen der Sauerstofftransfer in dem betroffenen Teil der Lunge versagt.
Ventile entlasten die Lunge
Das Karl Landsteiner Institut für Lungenforschung und Pneumologische Onkologie (KLI LFPO) war federführend an der Entwicklung einer Behandlungsmethode beteiligt, die das Lungenvolumen reduziert. „ Bei einem minimalinvasiven Eingriff werden kleine Einwegventile in die betroffenen Lungenareale eingesetzt. Luft kann zwar aus der Lunge entweichen, aber nicht mehr einströmen“, erklärt Studienärztin Dr.in Theresa Klemm im Interview mit der Hausärzt:in. Indiziert sei der Eingriff bei allen Patient:innen mit einer fortgeschrittenen COPD und anhaltenden Beschwerden trotz konservativer Maß-
nahmen. Zu Letzteren zählten etwa inhalative Therapien, die Anpassung der Medikamente, Rehabilitationen – idealerweise pulmologische –, regelmäßige Impfungen, z. B. gegen Influenza, regelmäßiges körperliches Training, eine Atemphysiotherapie oder eine Ernährungsberatung. Alle genannten Maßnahmen müssen laut der Expertin ausgeschöpft sein, bevor der Eingriff erwogen werden kann.
Indikationen vs. Kontraindikationen
Die Messungen der Spirometrie beispielsweise geben einen ersten Hinweis für die Entscheidung in puncto Lungenventiltherapie. Patient:innen mit einem FEV1-Wert (forciertes exspiratorisches Volumen) unter 50 % kommen für den Eingriff in Frage. Wenn in der Computertomographie oder im Thoraxröntgen Hinweise für ein Lungenemphysem
zu sehen sind, kann ebenfalls eine Behandlung mit Lungenventilen anvisiert werden. Zu den Kontraindikationen gehören eine schwere Herzinsuffizienz sowie eine schwere pulmonale arterielle Hypertonie, weswegen eine aktuelle Echokardiographie erforderlich ist. Auch Patient:innen mit aktiven Malignomerkrankungen sind nicht für die Lungenventiltherapie geeignet. „ Fälschlicherweise wird oft geglaubt, dass ausschließlich Patient:innen mit einer Langzeitsauerstofftherapie behandelt werden können“, ergänzt Dr.in Klemm. Aber ob die Patient:innen mit LTOT („long-term oxygen therapy“) versorgt würden oder nicht, sei für den Eingriff nicht relevant.
Die Studie CONVERT_II
Eine weitere Schwierigkeit: Bislang kommt ein nicht unbeträchtlicher Anteil Betroffener aufgrund undichter Stellen im Lungengewebe nicht für eine Behandlung mit Einwegventilen in Frage. Der überblähte Raum kann nicht entleert werden, da die offenen Stellen eine Kollateralventilation verursachen. „Wir haben seit drei Monaten eine internationale Studie am Karl Landsteiner Institut implementiert, die nun Methoden untersucht, um eine Ventiltherapie auch bislang ausgeschlossenen Patient:innen zu ermöglichen“, erklärt die Studienärztin im Interview. Die sogenannte CONVERT_II-Studie mit 200 Proband:innen im Alter von 45 bis 75 Jahren
läuft weltweit in 30 Zentren. In der ersten Phase werden undichte Bereiche durch eine Art Schaum verschlossen, in der zweiten die Ventile implantiert. Die Nachbeobachtungszeit erstreckt sich über zwei Jahre.
Nach dem Eingriff
„Vor allem ist eine regelmäßige Nachsorge im ambulanten Bereich wichtig, um den Behandlungserfolg letztendlich sicherstellen zu können“, betont Dr.in Klemm im Gespräch. In der Regel erfolge sie über die Lungenfachärzt:innen, aber auch Hausärzt:innen könnten das übernehmen. Die weitere Behandlung der COPD wird unabhängig von den Lungenventilen fortgesetzt. Das heißt, nach der Implantation können die Patient:innen weiterhin alle Medikamente einnehmen und Interventionen durchführen, die notwendig sind. Zu beachten gilt es allerdings: Aufgrund der Tatsache, dass die Ventile Fremdkörper darstellen, erhöht sich in den ersten Monaten nach dem Einsetzen sowohl das Infektions- als auch das Exazerbationsrisiko – die entsprechende Behandlung erfolgt nach dem üblichen Schema. Auch die Patient:innen selbst können nach dem Eingriff zum Therapieerfolg beitragen. Risikofaktoren, allen voran Rauchen, sind zu vermeiden. Aber auch Passivrauch oder Feinstaub begünstigen COPD. Außerdem verrät die Studienärztin: „Wir haben eine Art Trainingsbroschüre für Patient:innen
entwickelt, in der erläutert wird, wie man sich am besten körperlich belasten oder allein zu Hause Atemübungen machen kann “ Professionelle Schulungen besuche man idealerweise trotzdem. Vor allem körperliche Aktivität, aber auch Ernährungsberatung seien von großer Bedeutung. „Wichtig ist es, zu versuchen, die funktionelle Leistungsfähigkeit zu erhalten“, fügt die Expertin hinzu.
Mehr als die Hälfte zeigt Verbesserungen
Die Therapie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, um ein annähernd „normales“ Leben führen zu können. „Responderdaten verschiedener Studien zeigen: 60 % bis 70 % der Patient:innen bemerken einen spürbaren Rückgang der Atemnot sowie Anstieg von Lebensqualität und Leistungsfähigkeit“, macht Dr.in Klemm aufmerksam. Bei zirka einem Drittel lässt sich kein anhaltendes Ansprechen verzeichnen, weswegen sich Expert:innen des Karl Landsteiner Instituts mit neuen Alternativtherapien auseinandersetzen. Fest steht allerdings, dass sich durch die Lungenventile Parameter wie der FEV1-Wert oder das Residualvolumen verbessern können – Ersterer steigt, Letzteres sinkt. Das Ergebnis: Die Patient:innen verspüren eine signifikante Besserung ihrer Beschwerden.
Allergie im Alter
Die Zahl der Betroffenen steigt in allen Generationen
„Nach dem 50. Lebensjahr bekommt man keine Allergie mehr“, hieß es früher. Heute steht fest: Diagnosen wie „ Heuschnupfen“ häufen sich in allen Altersklassen. Die KKH Kaufmännische Krankenkasse, eine der größten deutschen Krankenkassen mit rund 1,6 Millionen Versicherten, ging der Sache auf den Grund. Insgesamt erhöhte sich deutschlandweit die Zahl der Personen mit Pollenallergie von 2011 bis 2021 um 11,5 Prozent – Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Besonders auffällig: In den letzten 10 Jahren wurden vor allem Menschen im mittleren Alter diagnostiziert. Bei den 50- bis 59-Jährigen stieg die Zahl der Betroffenen um etwa ein Drittel, in der Altersgruppe der 70- bis 74-Jährigen verdoppelte sie sich sogar nahezu.1
Gründe für den Zuwachs
Faktoren wie eine keimärmere Umgebung oder Luftverschmutzung werden für den Anstieg verantwortlich gemacht. Durch Erstere ist das Immunsystem nicht so sehr darin geübt, Pathogene zu erkennen. Deswegen wird es wahrscheinlicher, dass sich die Abwehrzellen irren – sie nehmen fälschlicherweise harmlose Pollen als Gefahr wahr und lösen eine Immunreaktion aus. Insbesondere bei älteren Menschen steigt die Wahrscheinlichkeit für diese fehlerhafte Reaktion. Luftverschmutzung hingegen hat zur Folge, dass einige Baumarten mehr und aggressivere Pollen produzieren. Hinzu kommt: Der Klimawandel führt zu ausgedehnteren Blühperioden und Betroffene leiden länger – fast ganzjährig – unter den Symptomen.²
Beschwerden minimieren
Die Behandlung der Allergie bei älteren Personen ist äußerst relevant. Oft verlassen diese aufgrund der Symptome das Haus nicht und vergessen dabei, dass sie damit ihrem allgemeinen Gesundheitszustand schaden. Heilen kann

man die allergische Rhinitis nicht, aber Betroffene sollen sich auch nicht mit den Folgen plagen. Orale Antihistaminika können ihnen das Leben erleichtern. Idealerweise therapiert man die Symptome jedoch vorerst lokal. Kortisonhaltige Nasensprays oder Augentropfen, welche unter anderem Wirkstoffe aus der Klasse der Calcineurin-Inhibitoren enthalten, haben den Vorteil, dass sie keinen systemischen Effekt ausüben. Dadurch sind Neben- und Wechselwirkungen geringer – welche es besonders bei geriatrischen Patient:innen mit Polypharmazie zu beachten gilt.²
Ursache therapieren –ohne Altersbeschränkung
Die einzige ursächliche Behandlung ist die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung), welche für eine jahrelange Unterbrechung der Beschwerden sorgen kann. Das Allergen wird den Betroffenen zugeführt, um den Körper daran zu gewöhnen. Die Dosierungen und Zeitabstände unterscheiden sich je nach Präparat und Behandlungsschema. Bei der subkutanen Variante werden wöchentlich Spritzen in steigender Dosierung verabreicht, bis die Erhaltungsdosis beim klassischen Therapieverfahren – im Gegensatz zu Kurzzeit- oder RushAufdosierungen – nach 16 Wochen erreicht und dann monatlich appliziert wird. Durchhaltevermögen ist angesagt:

Für drei Jahre wird die Therapie fortgesetzt. Wer kein Fan von Spritzen ist, kann aufatmen – die Behandlung steht auch in Form von Tropfen oder Tabletten zur Verfügung.3
Früher nahm man an, dass eine Hyposensibilisierung im Alter nicht mehr möglich sei. Heute hingegen wird eine Altersbeschränkung auf Patient:innen unter 50 Jahren nicht mehr empfohlen.3 Laut den Leitlinien4 ist die subkutane Immuntherapie bei Erwachsenen effektiv. Auch Studien5,6 belegten die Sicherheit und Wirksamkeit.
PA/MSA
Quellen:
1 kkh.de/unternehmen/kurzportraet
2 „Apotheken Umschau“ 4A/2024, Wort & Bild Verlag.
3 Der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB).
4 guidelines/061-004l_S2k_Allergen-Immuntherapiebei-IgE-vermittelten-allergischen_Erkrankungen_ 2022-10
5 Schmid JM et al., Allergy. 2021 May;76(5):1528-1538.
6 Bozek A et al., Ann Allergy Asthma Immunol. 2016 Feb;116(2):156-61.


Verlängerte Pollensaison
Trotz Herbst kein Ende in Sicht

Personen mit Allergie bleiben heuer auch nach dem Sommer nicht von Blütenstaub verschont. Die Saison beginnt immer früher und endet immer später: 2023 gab es österreichweit an 330 Tagen nachweisbaren Pollenflug. Dafür verantwortlich sind unter anderem die eingewanderte Pflanze Ragweed und bestimmte Beifußarten.
Vom Nachbarland nach Österreich
Das ursprünglich aus den USA stammende Ragweed zählt zu den Neophyten: Durch menschliche Einflussnahme hat sich die sehr anpassungsfähige und hochallergene Pflanze in Gebieten etabliert, in denen sie nicht heimisch ist, so etwa in Österreich. Auch die Nachbarländer sind stark betroffen: Durch den Wind gelangte der Blütenstaub jenes Unkrauts von Ungarn und Slowenien nach Wien, Niederösterreich, in das Burgenland, die Steiermark und in Teile Kärntens. Die Produktion der Ragweedpollen erstreckt sich hierzulande von Ende August bis maximal Mitte Oktober. Dieses Jahr erreichte eine erste Welle bereits Mitte August den Osten und Südosten Österreichs. Für heuer werden mehr als 200 Pollenkörner pro m3 Luft erwartet – schon vier bis fünf pro m3 genügen, um signifikante klinische Symptome wie juckende Augen oder chronisches Asthma auszulösen.

Höhere Spitzenwerte im Herbst
Noch häufiger ist die Allergie gegen Beifußpollen. Den größten Teil der Belastung verursacht die heimische Art, der Gewöhnliche Beifuß. Seine Blütezeit dauert meist von Juli bis September. Mag. Maximilian Bastl, PhD, vom Pollenservice Wien der MedUni Wien stellte im Herbst 2023 eine Veränderung fest: „ Plötzlich stiegen die Beifußpollenkonzentrationen im Herbst an und gipfelten in einer höheren Spitzenpollenkonzentration als im Sommer. Das gab es bisher bei uns noch nie “ Die wahrscheinliche Ursache dafür: der Kamtschatka-Beifuß und/oder der Einjährige Beifuß. Ebendiese zwei Neophyten identifizierte eine Studie1 aus Norditalien als verantwortliche Quelle des Pollenflugs im Herbst in der Region Südtirol. Eine zweite Blütezeit gibt es dort schon länger. Sofern in Österreich – wie schon 2023 –auch im Herbst ungewöhnlich hohe Temperaturen verzeichnet werden, muss man hierzulande ebenfalls mit einer zweiten Blühphase rechnen. Der ursprünglich aus Asien und den Balkanländern stammende Einjährige Beifuß sorgte bereits im Vorjahr vor allem im Donauraum für eine zweite Belastung von Ende September bis Mitte November.
Mara Sophie Anmasser
Quelle :
1 Cristofori A et al., Aerobiologia 36, 669–682 (2020).
Borreliose – oder etwa doch nicht?
Komplizierte Diagnose erzeugt Verunsicherung unter Ärzt:innen

EXPERTE:
Priv.-Doz. Dr. Mateusz Markowicz
Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie und Experte für Borreliose bei der AGES

Wer von Zecken spricht, denkt vermutlich zuerst an FSME. Viel häufiger übertragen sie allerdings Borreliose. Jedes dritte Tier trägt den Erreger in sich, schätzungsweise gibt es in Österreich jährlich 25.000 bis 70.000 Fälle.1 Die Krankheit wird meist schnell erkannt und ist einfach zu behandeln. Wenn sie übersehen wird, kann Borreliose aber schwere Folgeschäden verursachen.
Nicht immer so einfach
In etwa 80 % der Fälle bildet sich ein Erythema migrans aus, die bekannte Wanderröte, die mit freiem Auge leicht erkennbar ist. Die Diagnose erfolgt dann meist rein klinisch. Mittels Antibiotikagabe lassen sich die Borrelien innerhalb weniger Wochen in den Griff bekommen, im Normalfall heilt die Krankheit ohne bleibende Schäden aus. Aber: Manchmal entsteht keine Wanderröte oder sie hat nicht die typische Ringform. Dann gestaltet sich die Diagnose plötzlich ungleich schwieriger, weil ein direkter Erregernachweis nicht
sensitiv genug ist und es auch sonst keinen serologischen Test gibt, der eine aktive Infektion mit Sicherheit be- oder widerlegen könnte: Bei Verdacht auf Borreliose ist ein spezifischer Antikörpernachweis indiziert. Dieser kann aber falsch positiv sein – wenn die Person in der Vergangenheit bereits eine Borrelieninfektion durchgemacht hat und sich noch Antikörper im Blut befinden – oder falsch negativ, wenn die Infektion frisch ist. Der Hautausschlag manifestiert sich nämlich schon, bevor das Immunsystem auf die Infektion reagieren kann. Deshalb müssen der Krankheitsverlauf und die klinische Symptomatik immer in den Befund einbezogen werden.2
Von Panik zu unnötigem Leid
Die schwierige Diagnose und vielfältigen Krankheitsverläufe verursachen viel Unsicherheit im Umgang mit Borrelien. Online kursieren Geschichten, die Verschwörungstheorien gleichen – von einer verschwiegenen Epidemie, kor-
rupten Versicherungen und Systemversagen ist da die Rede. „ Personen, die an Beschwerden leiden, deren Ursache unbekannt ist, neigen dazu, diese irrtümlich der Borrelieninfektion zuzuschreiben“, erklärt sich Priv.-Doz. Dr. Mateusz Markowicz, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie und Experte für Borreliose bei der AGES, das Phänomen. „ Ein weiterer Punkt sind nicht wissenschaftlich validierte Testmethoden, die zur Anwendung kommen. Diese tragen nur zur Verunsicherung bei“ – beispielsweise der sogenannte LymphozytenTransformationstest, ELISPOT („ Enzyme-Linked Immunospot Assay“) und Visual-Contrast-Sensitivity-Tests sind nicht standardisiert und liefern keine zuverlässigen Ergebnisse.³
Weit verbreitet ist der Mythos von der chronischen Borreliose – im Sinne einer trotz Antibiotikatherapie persistierenden Borrelieninfektion. Viele Studien wurden bereits zu diesem Thema durchgeführt, nachgewiesen wurde die vermeintliche Krankheit nie.4 Chronische Formen der Borreliose können sich aber entwickeln,
wenn diese lange nicht behandelt wird, so etwa die Acrodermatitis chronica atrophicans und die Lyme-Arthritis. „Unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit und Leistungsabfall nach einer durchgemachten Infektion können auch vorkommen. Diese sind aber als postinfektiöse Folgen zu werten und nicht als chronische Infektion“, betont der Experte.
Langfristige Antibiotikagaben sind jedenfalls nicht sinnvoll – im Gegenteil hat eine solche Behandlung bekanntlich schwerwiegende Nebenwirkungen und kann zu gefährlichen Infektionen führen.5
Gleichzeitig sind späte Diagnosen für einen hohen Leidensdruck unter Betroffenen verantwortlich. Wird die Infektion nicht behandelt, breitet sich das Pathogen aus, je nach Stamm kann es dabei zu einer Beteiligung des zentralen Nervensystems kommen.6 Die so entstandene Neuroborreliose ist insbesondere durch eine schmerzhafte Meningoradikulitis gekennzeichnet. Gehirnnervenlähmungen treten eben-
falls häufig auf, oft führen diese beispielsweise zu Facialisparesen. Die Acrodermatitis chronica atrophicans zeigt sich zuerst in Form flächiger, lividroter, nicht scharf begrenzter Erytheme an den Extremitäten, die oft mit chronischer Veneninsuffizienz verwechselt werden. Die Erytheme weiten sich aus und können schließlich einen ganzen Körperteil umfassen. Später kommt es zu Hautatrophie und Fibrose. Bei etwa der Hälfte der Patient:innen entsteht eine läsional begrenzte Neuropathie, die mit Taubheitsgefühl oder übersteigerter Schmerzreaktion einhergehen kann.7 Spät disseminierte Formen lassen sich serologisch zuverlässig diagnostizieren (im Fall der Neuroborreliose durch eine Liquoruntersuchung). Selbst in späteren Stadien sprechen Patient:innen noch gut auf Antibiotika an, meist heilt die Krankheit folgenlos aus. Manche Personen leiden aber auch noch lange danach an postinfektiösen Beschwerden, die sie im Alltag stark einschränken. Das Risiko solcher Langzeitfolgen ist geringer, wenn die Krankheit früh erkannt wird.
Insofern ist eine sensitive Diagnose besonders wichtig.
Erstmals Borrelioseimpfstoff in Europa
Die Prävention beschränkte sich bisher auf allgemeine Vorsichtsmaßnahmen gegen Zeckenstiche. Das könnte sich nun ändern, denn eine Borrelioseimpfung steht kurz vor der Zulassung. Der einzige bisher entwickelte Impfstoff „LYMErix“, der 1998 in den USA zugelassen worden war, wurde schon wenige Jahre später wegen Sicherheitsbedenken wieder vom Markt genommen, das Projekt insgesamt auf Eis gelegt.8 Nun wagt man einen neuen Versuch. Die von Pfizer und Valneva entwickelte Impfung befindet sich gerade in der dritten Zulassungsphase, 2026 soll sie auf den Markt kommen.9 Unkonventionell ist ihr Mechanismus: „Die Impfung löst beim Menschen die Bildung von Antikörpern gegen das Oberflächenprotein OspA aus, das die Borrelien brauchen, um in der Zecke überleben zu können. Dieses

„Es ist auf keinen Fall mehr so wie früher“
Eine Neuroborreliose-Patientin im Porträt
Sehr gern und sehr viel habe sie gearbeitet, sagt Anja K., die eigentlich anders heißt. Sehr ernst habe sie ihren Beruf genommen. Doch das liegt in der Vergangenheit. Im Oktober 2022 ging sie in den Krankenstand, acht Monate später wurde sie als erwerbsunfähig eingestuft. Nicht mehr arbeiten zu können, war für die damals 57-Jährige ein Schicksalsschlag. „Der Mensch definiert sich schon bis zu einem gewissen Grad über Leistung. Zu akzeptieren, dass nicht mehr alles so geht wie früher, war sehr schwer.“
Borreliose oder „Spinnenbiss“?
Es beginnt im September 2022: mit einem Brennen an der Ferse und einem rotbläulichen, flächigen Ausschlag –ausgelöst durch einen Zeckenstich, wie sich später herausstellen sollte. Einem typischen Erythema migrans entspricht diese Läsion nicht. Anja K. vermutet trotzdem Borreliose, denn die Infektion hat sie schon zweimal durchgemacht, sie weiß, wie sie sich anfühlt.
Diesen Verdacht teilt sie ihrem Hausarzt auch mit, doch der hält aufgrund der ungewöhnlichen Manifestation einen „Spinnenbiss“ für wahrscheinlicher.
Auch der serologische Test ist negativ, damit schließt er Borreliose endgültig aus.
Die nächsten Monate werden für die Niederösterreicherin zur Tortur. In den ersten Wochen vergrößert sich die Läsion, bis sie die Wade vollständig bedeckt. Während der Ausschlag nach einiger Zeit wieder verschwindet, breiten sich neuropathische Schmerzen im ganzen Körper aus. „W ie Feuer unter der Haut “ , beschreibt Anja K. diese Beschwerden. Ununterbrochen leidet sie darunter, bald kann sie sich kaum noch bewegen. Dazu kommen Kopfschmerzen und kognitive Beeinträchtigungen, ein stark vermindertes Konzentrations- und Erinnerungsvermögen. Arbeiten kann die diplomierte Erwachsenentrainerin so nicht mehr. Ihr Chef schickt sie schließlich in den Krankenstand.
Was folgt, ist eine Ärzte-Odyssee: Allgemeinmediziner:innen, Orthopäd:in-
nen und einen Neurologen sucht Anja K. auf – Letzteren schließlich privat, denn für eine Konsultation auf Kasse hätte sie monatelang auf einen Termin warten müssen. Eine Diagnose kann indes niemand stellen. Stattdessen versucht man, die Schmerzen symptomatisch zu behandeln. Nacheinander werden ihr nichtsteroidale Antirheumatika, Opioide, Antidepressiva und schließlich Antiepileptika, die bei neuropathischen Schmerzen indiziert sind, verschrieben. Auch die bringen kaum Erleichterung, haben dafür aber starke Nebenwirkungen, die den Leidensdruck noch erhöhen. Immer wieder landet sie in dieser Zeit im Krankenhaus, wo man ebenfalls vor einem Rätsel steht. Die dortigen Ärzt:innen glauben, ihre Schmerzen seien psychosomatisch. Man hält sie für depressiv, obwohl Anja K. das stets verneint. Wirklich gehört fühlt sie sich nicht: „ Ich habe ihnen gesagt, dass ich nicht depressiv bin, dass es mir nur wegen der Schmerzen schlecht geht. Aber das haben sie mir einfach nicht geglaubt.“
Ein neues Leben

Inzwischen ist Jänner 2023. Auf ein starkes Antidepressivum reagiert Anja K. besonders schlecht, sie hat keinen Appetit mehr und kann kaum noch essen. Sechs Kilogramm nimmt sie in der Folge ab. Wieder kommt es zu einem Krankenhausaufenthalt, diesmal wird sie aber an die Neurologische Ambulanz Mödling überwiesen. Der Neurologe, der sie dort betreut, ist es, der erstmals Neuroborreliose in Betracht zieht. Eine Vermutung, die sich bewahrheiten sollte: Die Liquoruntersuchung lehnt Anja K. ab, stattdessen wird nun aber wieder ein Antikörpertest durchgeführt – diesmal ist er positiv.
Drei Wochen Antibiotikatherapie später beginnt sich ihr Zustand zu bessern. Die Schmerzen lassen nach und verschwinden schließlich ganz, und auch
die kognitiven Fähigkeiten kehren zurück. An dieser Stelle unterbricht sich Anja K. In sehr sachlichem Ton hat die heute 59-Jährige ihre Leidensgeschichte bisher wiedergegeben, aber jetzt kommen ihr die Tränen. „ Es war, als hätte ich ein neues Leben geschenkt bekommen“, umschreibt sie ihre damaligen Gefühle. Und das genießt sie. Heute übt Anja K. wieder ihre alten Hobbies aus: Bogenschießen, Tanzen, Handwerken, all das war während ihrer Krankheit nicht möglich, jetzt hat sie wieder Kraft dafür. Alles beim Alten ist damit aber nicht. Ihr Energielevel sei viel niedriger als vor der Infektion und schwanke stark, erzählt sie. An manchen Tagen gehe es ihr besser, an manchen schlechter. So viel wie früher schaffe sie aber lange nicht mehr. Von der Erwerbsunfähigkeit geht sie schließlich direkt in Pension. Einer bezahlten Arbeit ist sie seit dem Krankheitsausbruch nicht mehr nachgegangen. Was sich Anja K. von ihren Ärzt:innen in dieser Situation gewünscht hätte? „E ine bessere Aufklärung über Borreliose ist, glaube ich, eindeutig notwendig. Was aber viel wichtiger wäre, ist, dass man als Patient:in ernst genommen wird. Ich hatte selten das Gefühl, dass mir wirklich zugehört wurde.“
Felicia Steininger

Protein wird nur dann exprimiert, wenn die Borrelien in der Zecke sind, und bei einer Infektion des Menschen durch andere Oberflächenproteine ersetzt. Folglich wirkt die Impfung tatsächlich in der Zecke. Wenn sie Blut vom geimpften Menschen saugt, werden auch die Antikörper aufgenommen und machen die Borrelien in der Zecke unschädlich“, erklärt Doz. Markowicz. Auch LYMErix basierte auf OspA-Untereinheiten. Das fragliche Epitop wird in der neuen Impfung aber nicht mehr verwendet. In der Diagnostik sind indessen keine größeren Erfolge in Sicht. Wie man Fehldiagnosen dennoch verhindern kann? „Wichtig ist, die Laboruntersuchungen nur dann durchzuführen, wenn es einen klinischen Verdacht auf Infektion mit Lyme-Borreliose gibt. Bei Patient:innen, die dieses Kriterium nicht erfüllen, sind die Untersuchungen wertlos“, so Doz. Markowicz. Das Robert Koch-Institut wiederum empfiehlt, im Zweifelsfall Dermatolog:innen hinzuzuziehen, die auch untypische Erscheinungsformen der Erythema migrans als solche erkennen.10
Mag.a Corinna Smrecnik von der Patientenanwaltschaft Kärnten unterstreicht noch einen anderen Punkt: „Regelmäßige Fortbildungen und Schulungen für Ärzt:innen sowie die Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit sind wesentliche Maßnahmen. Mir als Patientenanwältin ist es außerdem wichtig, dass Ärzt:innen sensibel auf die Anliegen und Symptome ihrer Patient:innen eingehen, sie umfassend informieren und ernst nehmen.“
Felicia Steininger
Quellen:
1 ages.at/mensch/krankheit/krankheitserreger-von-a-bis-z/borrelien 2, 3 AWMF, S3-Leitlinie Neuroborreliose, Register-Nr. 030-071, 2024.
4 Baker P et al., American Journal of Medicine 2017; 130(9):1009-1010.
5 Berende A et al., N Engl J Med 2016; 374:1209-1220.
6 Ford L et al., Brain Sciences 2021; 11(6):789.
7 Gade A et al., National Library of Medicine: Acrodermatitis Chronica Atrophicans 2023.
8 Nigrovic L et al., Epidemiol Infect. 2007; 135(1): 1-8.
9 valneva.com/press-release/pfizer-and-valneva-complete-recruitment-forphase-3-valor-trial-for-lyme-disease-vaccine-candidate-vla15/?lang=de
10 RKI-Ratgeber: Lyme-Borreliose 2019.
Hier geht´s zur S3-Leitlinie
Neuroborreliose:
Zoonotische Erreger auf dem Vormarsch
Schuld ist die Klimakrise – aber nicht nur
Dass der Klimawandel und andere anthropogene Veränderungen der Umwelt ein verstärktes Auftreten zoonotischer Krankheiten verursachen, ist gut untersucht. Auch eine aktuelle österreichische Studie weist wieder darauf hin: Forscher:innen des Complexity Science Hub und der Vetmeduni Wien unter der Leitung von Ass.-Prof.in Dr.in Amélie Desvars-Larrive führten eine Literaturrecherche zu allen Zoonoseerregern in Österreich zwischen 1975 und 2022 durch und erstellten dann ein Netzwerk, das die Beziehungen zwischen Erregern, Wirten und Vektoren veranschaulicht.1 Die Daten bereitete das Team in einer öffentlich zugänglichen interaktiven Grafik auf.2 Eines der Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum traten in Österreich acht neue zoonotische Erreger auf, neben dem WestNil- und Usutu-Virus etwa auch zwei Rickettsienarten (Erreger des Zeckenfleckfiebers) und der von Waschbären übertragene Spulwurm Baylisascaris procyonis. Das ist insofern bemerkenswert, als alle acht in den letzten 20 Jahren auftauchten.
Welche Ursachen genau hinter erhöhten Prävalenzen stecken, ist aber nicht einfach festzustellen – zu prognostizieren, welche Auswirkungen menschliche Eingriffe haben könnten, noch schwieriger. Zu viele Faktoren spielen in die Ausbreitung zoonotischer Krankheiten hinein.
Komplizierte Interaktionen
Eine in Nature Reviews Microbiology erschienene Studie hatte zum Ziel, hier Klarheit zu schaffen, und kam zu teils überraschenden Ergebnissen.3 Zum Beispiel bedeutet Klimaerwärmung nicht automatisch höhere Fallzahlen. So profitieren Vektoren wie Moskitos zwar von hohen Temperaturen, anderen machen diese aber zu schaffen. Damit könnte der Klimawandel auch zum Aussterben mancher Pathogene führen. Insgesamt treiben viele menschliche Aktivitäten die Ausbreitung von Zoonosen

Das Zoonosennetzwerk 2, das Forscher:innen des Complexity Science Hub und der Vetmeduni Wien erstellten. Links unten in gelb die Zecke (Ixodes), eine der wichtigsten Vektoren in Österreich. Die Größe des Punktes gibt einen Hinweis darauf – sie zeigt die Verbreitung der Arten an.
voran. Um nur einige zu nennen: Landnutzung und Entwaldung verursachen vermehrte „ Spillovers“, also Übertragungen eines Pathogens von tierischen Wirten auf den Menschen, weil Wildtierhabitate kleiner werden und die Tiere so näher an den Menschen herankommen. Nutztiere stellen wichtige Reservoirwirte dar, von denen Erreger häufig auf den Menschen übergreifen. Städte sind als Hitzeinseln besonders attraktiv für Moskitos, zumal sie sich längst an den Menschen als Wirt angepasst haben und diesen gegenüber tierischen Wirten bevorzugen. Und die erhöhte menschliche Mobilität ist ebenso wie der globalisierte Handel verantwortlich für den starken Anstieg invasiver Arten (zwischen 1975 und 2022 wurden 48 gebietsfremde Pathogene nach Österreich eingebracht). Für manche dieser Mechanismen wurde in Einzelfällen aber eben auch der gegenteilige Effekt nachgewiesen: Bei-
spielsweise sank in Gebieten mit ausgeprägter Entwaldung die Prävalenz von Trypanosomiasis (auch bekannt als „ Schlafkrankheit“), weil dadurch der Lebensraum des Erregers, der Tsetsefliege, zerstört wurde.4
Zecken länger aktiv
Zecken sind wichtige Vektoren von Infektionskrankheiten. Sie können 16 verschiedene Erreger übertragen – mehr als jeder andere Vektor. Die bedeutendsten in unseren Breitengraden sind das FSME-Virus und verschiedene Borrelienarten, die Borreliose gilt als häufigste vektorübertragene Krankheit in Europa. Die Spinnentiere bevorzugen ein moderates Klima und konnten ihr Verbreitungsgebiet in Europa inzwischen sowohl nordwärts bis nach Skandinavien als auch in größere Höhenlagen ausweiten. Hierzulande sind sie aufgrund
der milderen Winter wesentlich länger aktiv. Die „ Z eckensaison“ dürfte bald den Großteil des Jahres einnehmen. In anderen Regionen könnte die Zeckenaktivität wegen zunehmender Hitze und Trockenheit aber auch abnehmen.5 Was das für von Zecken übertragene Krankheiten heißt? Bei FSME zeichnet sich ein eindeutiger Trend ab: Die Prävalenz in Österreich, die nach der Einführung der jährlichen Impfaktion (1981) mit zwölf Fällen im Jahr 2000 einen Tiefstand erreichte, ist seither wieder deutlich gestiegen. 2020 bildete einen Höhepunkt mit 250 Fällen. Inzwischen sind die Zahlen wieder etwas gesunken, doch insgesamt zeigt der Trend nach oben.6 Diese Entwicklung entspricht der europäischen Gesamtsituation.7 Bei Borreliose ist die Lage schwieriger einzuschätzen, denn die Krankheit wird europaweit nicht einheitlich überwacht. In vielen Ländern, darunter Österreich, ist sie nicht meldepflichtig. Die WHO beobachtete über die letzten Jahrzehnte aber einen stetigen Anstieg der gemeldeten Fälle.8
Seit einigen Jahren siedeln sich in Österreich auch Individuen der exotischen Riesenzecke Hyalomma marginatum an. Wegen der milderen Temperaturen kann die eigentlich subtropische Art hier inzwischen überwintern. Sie überträgt nicht nur den Fleckfiebererreger Rickettsia aeschlimannii, sondern gilt auch als Hauptvektor des Krim-KongoFieber-Virus. Infektionen verlaufen häufig asymptomatisch, bei einem Teil der Fälle kommt es aber zu schweren Blutungen, die auch zum Tod führen können. Das Virus wurde in Österreich bisher nicht nachgewiesen, das Risiko, von einer Riesenzecke gestochen zu werden, ist hier außerdem immer noch sehr gering.
Überwachungsprogramme
Expert:innen halten eine bessere Datenlage zu Zoonosen für entscheidend. Die Übertragungsmechanismen inklusive des Einflusses von Umweltfaktoren müssten genau untersucht werden. Dazu wollen auch die Forscher:innen aus Wien bei-
tragen: „Zu wissen, welche Akteur:innen im Zoonosennetzwerk einflussreicher sind als andere, kann in Überwachungsprogrammen für Zoonosen sehr hilfreich sein, da sie als Risikoindikatoren dienen könnten“, erklärt Prof.in Desvars-Larrive. Doch ihre Studie zeige nur die Spitze des Eisbergs. Für die effektive Kontrolle zoonotischer Krankheiten seien wesentlich mehr Daten notwendig.
Felicia Steininger
Quellen:
1 Desvars-Larrive A et al., Nature Communications 2024; 5650(15).
2 vis.csh.ac.at/zoonotic-web
3 De Souza W et al., Nature Reviews Microbiology 2024; 22:476-491.
4 Ducheyne E et al., Prev Vet Med. 2009; 91(1):11-18.
5 Gilbert L, Annual Review of Entomology 2021; 66:373-388.
6 Sozialministerium, Jahresstatistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten 1990-2023.
7 ECDC, Tick-borne Encephalitis. Annual Epidemiological Report for 2022.
8 ECDC, Fact Sheet Lyme Borreliosis in Europe.
Hier geht es zur aktuellen Zoonosekarte:
© privat
Entzündliche Prozesse
Infektionen als Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen
Als Infektion bezeichnet man bekanntlich den Eintritt von Mikroorganismen wie Viren, Pilzen oder Bakterien in einen Organismus sowie ihre Ansiedlung und Vermehrung darin. Beispiele für Infektionskrankheiten sind u. v. a. Borreliose, Coronaviruserkrankungen (SARS, MERS) und das Denguefieber.
Enterokokken und Staphylokokken z. B. zählen auch zu den Krankenhauskeimen. Besorgniserregend sind nosokomiale Infektionen, welche auf Erreger zurückgehen, die gegen mehrere Antibiotika Resistenzen entwickelt haben. Dieser Gruppe gehört der Staphylococcus aureus an. Als MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) wird ein Bakterium bezeichnet, das gegen Beta-Laktam-Antibiotika resistent ist. Eine Infektion mit dem MRSA-Bakterium kann gefährlich werden und eine Therapie deutlich erschweren, da sie sich mit herkömmlichen Antibiotika nicht erfolgreich behandeln lässt.
Bei mangelhafter Hygiene können die Erreger z. B. durch invasive Zugänge oder chronische Hautwunden in den Körper eindringen.1 Neben Ansiedlungen

GASTAUTOR:
Hans-Joachim
Graf Kinsky
Fachbuchautor in Ehrwald/Region München

auf und in verschiedenen Organen des Körpers resultieren aus diesen Infektionen auch kardiovaskuläre Erkrankungen und verschiedene Herzleiden. Dazu zählen u. a. Herzmuskelentzündungen (Myokarditiden) und Herzklappenentzündungen (Endokarditiden), zwei unabhängige Leiden. Bei einer Perikarditis handelt es sich um eine Entzündung des Herzbeutels, die häufig zusätzlich auftritt.
Myokarditis
Eine Herzmuskelentzündung wird meist durch eine Infektion mit Viren hervorgerufen. Oft ist ein vorausgegangener Infekt, eine meist nicht auskurierte Erkältung oder Grippe, der Auslöser. Symptome wie Appetitlosigkeit, Erschöpfung und Atemnot werden nicht immer einer Myokarditis zugeordnet. Die Bestimmung spezieller Blutwerte hilft dabei, einen Entzündungsherd im Körper zu diagnostizieren. Dazu werden der Leukozytenwert sowie der CRP-Wert (C-reaktives Protein) herangezogen. Hinzu kommt eine Erhöhung der Herzenzyme (z. B. des Troponins). Bei einer Herzmuskelentzündung werden entzündungshemmende Medika-
mente verabreicht. In schweren Fällen ist eine Behandlung in einer Klinik notwendig – und u. U. eine Therapie mit virushemmenden Arzneien. Während und nach einer Myokarditis sollte sich die Patient:in schonen. Sport und starke körperliche Belastungen müssen mindestens für mehrere Wochen, idealerweise für sechs Monate, vermieden werden, um gefährlichen Komplikationen bis hin zu einem plötzlichen Herztod vorzubeugen. Bei einer Herzmuskelentzündung können akute Herzrhythmusstörungen auftreten und Herzmuskelzellen geschädigt werden. Geschieht Letzteres, kann es zu einer Einschränkung der Pumpleistung des Herzens kommen, was oft zum Beginn einer Herzschwäche führt. Bleibt diese unbehandelt, kann eine chronische Herzinsuffizienz mit unheilbaren Herzveränderungen die Folge sein. Therapiert wird nicht nur die Herzschwäche, sondern gleichzeitig auch die Grunderkrankung.
Endokarditis
Erkrankungen und Funktionsstörungen der Herzklappen werden meist durch Entzündungen oder Alterungsprozesse verursacht.
Eine Herzklappenentzündung ist eine Entzündung der Herzinnenhaut, oft an den Herzklappen. Sie ist fast immer durch eine Infektion bedingt, bei der Bakterien ins Blut eingeschwemmt werden (Bakteriämie), z. B. bei zahnärztlichen Eingriffen, bei denen das Zahnfleisch verletzt wird. Bakterien im Blut sind stets krankhaft, werden meistens aber vom körpereigenen Immunsystem bekämpft. Es kann im Wiederholungsfall oder bei einer Immunschwäche zur Ansiedlung von Bakterien an erkrankten, operierten, künstlichen Herzklappen oder Bioprothesen sowie an bestimmten Strukturen im Herzen mit angeborenen Defekten kommen. Überwiegend sind die Herzklappen des linken Herzens betroffen (Aorten- und Mitralklappe).
Auch bei einer Endokarditis geht es den Erkrankten schlecht, es kommt zu Fieber, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust. Der Zustand verschlechtert sich bei akuten – oft durch Staphylokokken verursachten – Verlaufsformen recht schnell, was in einer schnellen Schädi-
gung der betroffenen Herzklappe mündet. In diesem Fall sollte unbedingt eine Antibiotikaprophylaxe durchgeführt werden. Bei der Endokarditis kommt es häufig zu Verzögerungen in der Diagnostik. Unumgänglich sind Laboruntersuchungen für einen gesicherten Nachweis. Eine hochdosierte Antibiotikatherapie wird per Infusion über mindestens sechs Wochen verabreicht und hat Nebenwirkungen. Da eine Ausheilung nicht immer gewährleistet ist, muss oft eine Herzoperation erfolgen, bei der die entzündete Herzklappe entfernt und eine neue eingesetzt wird. Nach solch einem Eingriff muss für einen gewissen Zeitraum weiter antibiotisch behandelt sowie unbedingt die Eintrittsöffnung der Bakterien gefunden und geschlossen werden.
Keime im Mundraum
Häufig wird die Eintrittsöffnung von Bakterien im Mundraum und Kiefer lokalisiert. Schon bei Zahnfleischbluten können Bakterien, die sich ständig in unserer Mundhöhle befinden, in den Blutkreislauf gelangen und ebenfalls eine Herzmuskelentzündung hervorrufen.
Auch eine Zahnfleischentzündung (subgingivale Parodontose) sollte behandelt werden, denn Gifte und Stoffwechselprodukte der Parodontitisbakterien können in den Blutkreislauf eintreten und dort eine Verklumpung von Blutplättchen bewirken, was möglicherweise einen Schlaganfall oder Herzinfarkt auslösen kann.
Streptokokken aus der Mundflora gehören zu den Hauptverursachern von Parodontitis und wurden auch schon in Herzkranzgefäßen von Infarktpatient:innen detektiert. Bei Herzpatient:innen können diese Keime auch eine Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) nach sich ziehen. Durch gründliche Pflege, gesunde Ernährung und regelmäßige professionelle Zahnreinigung bei der Zahnärzt:in lässt sich das Risiko, Karies, Parodontose und Parodontitis zu entwickeln, um ein Vielfaches reduzieren – und damit auch die Gefahr von Folgeerkrankungen. Raucher:innen haben zudem ein bis zu 15-mal höheres Risiko, an einer entzündlichen Erkrankung von Zahnfleisch, Zahnhaltefasern und Kieferknochen zu leiden. Rauchende Parodontitispatient:innen weisen tiefere Zahnfleischtaschen auf, der Kieferknochen baut sich bei ihnen rascher ab und ihre Zähne fallen häufiger aus als die von Nichtraucher:innen. Die dabei vorhandenen Bakterien gelangen in den Blutkreislauf und fördern entzündliche Prozesse in den Arterien.
Chlamydien
Bakterielle Infektionen, die durch Chlamydien ausgelöst werden, führen nach neuesten Erkenntnissen zu entzündlichen Oxidationen an den Gefäßinnenwänden, die vermehrt Blutzellen anlocken und die Bildung eines Blutgerinnsels stimulieren. Das Herzinfarktrisiko steigt um das 4,7-Fache. Durch Atherektomiegewebe konnte erstmals der Nachweis von Chlamydien als möglichen Mitverursachern der koronaren Herzkrankheit erbracht werden. Zu den Chlamydien zählen die Erreger der Papageienkrankheit und >
einer in warmen Ländern verbreiteten Augenkrankheit (Trachom) sowie der Lungenentzündung. Darüber hinaus gibt es die durch Geschlechtsverkehr übertragene Chlamydieninfektion, die mit einer Erkrankung des Lymphsystems einhergeht. Mehrmals wurden Chlamydien in den Gefäßen von Herzpatient:innen gefunden.
Helicobacter Pylori
Das Magenbakterium Helicobacter kann ebenfalls einen Infarkt begünstigen, wenn es nicht mit dem passenden Antibiotikum bekämpft wird. Den größten Erfolg in der Vorbeugung von Herzinfarkten haben die Wirkstoffgruppe der Chinolone und jene der Tetrazykline. Von einer generellen Antibiotikaeinnahme zur Vorbeugung von Entzündungen und Herzinfarkten muss strikt abgeraten werden – allein schon, um eine Entwicklung von Resistenzen zu vermeiden. Abgesehen davon sollen Antibiotika nur nach ärztlicher Verordnung eingenommen werden.
Rheuma
Chronische Entzündungen wie Rheuma können ebenfalls das Herzinfarktrisiko steigern. Der Körper bildet bei Entzündungen zur Abwehr ein sogenanntes C-reaktives Eiweißmolekül (CRP), das auf Dauer Blutgefäße schädigt. Ein CRP-Wert bis 5 mg/l Blutserum gilt als normal, Werte von 50 bis 100 mg/l und sogar darüber weisen auf akute Entzündungen im Körper hin.
Zeckenbisse
Neue Untersuchungen in Schweden haben ergeben, dass durch einen Zeckenbiss Bakterien übertragen werden können, die das Herz ebenfalls angreifen und schädigen können.
1 pflegebox.de/ratgeber/krankheiten/mrsa
X HAUSÄRZT:IN-Buchtipps
Diagnose Koronare Herzkrankheit
Von Hans-Joachim Graf Kinsky und Peter Mitznegg Hogrefe Verlag Bern 2024
Ratgeber Herz- und Gefäßkrankheiten
Von Christiane Tiefenbacher Springer Nature 2021


Prioritäten setzen
Faire Zuteilung von GLP-1- und GLP-1-GIP-Rezeptoragonisten
GASTAUTOR:INNEN-TEAM:

Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm Österreichisches Akademisches Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE)

Mag.a Karin Fallmann Österreichisches Akademisches Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE)
Der Anteil der Erwachsenen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit liegt in Amerika mittlerweile bei über 70 %, und mehr als 10 % der Erwachsenen leiden an Typ-2-Diabetes. Betroffene Personen haben ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen, Schlaganfall, Krebs und
vorzeitigen Tod. Glucagonähnliche Peptid-1(GLP-1)-Rezeptoragonisten wie Semaglutid und duale GLP-1- und glukoseabhängige insulinotrope Polypeptid (GIP)-Rezeptoragonisten wie Tirzepatid sind bei der Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes insofern nachweislich wirksam, als sie das Gewicht und damit das Risiko, kardiovaskuläre Ereignisse zu erleiden, signifikant reduzieren. Allerdings gibt es einen weltweiten Mangel an diesen Medikamenten, der die Frage aufwirft, wie die begrenzten Vorräte verteilt werden sollten.
Belgien, Großbritannien und einige andere Länder haben die Verwendung von GLP-1-Rezeptoragonisten zur Gewichtsreduktion verboten bzw. davon abgeraten, um Patient:innen mit Diabetes zu priorisieren. Kein US-Bundesstaat hat ähnliche Leitlinien veröffentlicht, obwohl einige Krankenversicherungen
den Einsatz bei Fettleibigkeit eingeschränkt haben und die medizinische Versorgung diese oder andere Medikamente zur Gewichtsreduktion nicht abdeckt. Die Zuteilung dieser Präparate erfolgt daher in den Vereinigten Staaten weitgehend nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ und hängt oft von der Zahlungsfähigkeit der Menschen ab, was zu rassistisch motivierten, ethnischen und sozioökonomischen Ungleichheiten führt.
Gefordert wird ein fairer Rahmen, der Regierungen, Fachgesellschaften und Ärzt:innen bei Zuteilungsentscheidungen leiten soll. Die gerechte Verteilung knapper medizinischer Ressourcen beruht grundsätzlich auf vier Werten: den Menschen helfen, Schäden verhindern oder verringern, benachteiligten Menschen Vorrang einräumen und einen sozialen Beitrag belohnen.
Risikobeurteilung
Der Nutzen für die Patient:innen und die Schadensbegrenzung, um Menschen möglichst lange am Leben zu halten, sind wesentliche Ziele jedes Allokationsrahmens. Um den Nutzen von knappen GLP-1- und dualen GLP-1-GIPRezeptoragonisten zu maximieren und gleichzeitig benachteiligten Menschen Vorrang einzuräumen, sollte das Hauptziel darin bestehen, potenziell durch Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes verlorene Lebensjahre (PYLL) zu reduzieren. Die „ PYLL-Metrik“ umfasst den Schweregrad der Erkrankung und das Alter einer Person. Die Minimierung von „ PYLL“ bedeutet, dass jüngere Menschen, die krank sind, in der medizinischen Versorgung priorisiert werden, da sie in der Regel noch mehr potenzielle Lebensjahre haben werden, wenn sich ihre Gesundheit verbessert. „ PYLL“ werden anhand einer bevölkerungsweiten Benchmark für die Lebenserwartung berechnet.
Der BMI liefert zusätzliche Informationen für die Einschätzung metabolischer

Folgen von Fettleibigkeit. BMI-Klassifikationen werden routinemäßig im öffentlichen Gesundheitswesen und in der klinischen Praxis verwendet und sind nach wie vor ein wichtiges Instrument für die Erstdiagnose von Fettleibigkeit und die Vorhersage anderer medizinischer Komplikationen – einschließlich eines vorzeitigen Todes. Bei der Beurteilung sollte jedoch berücksichtigt werden, dass einige Menschen aufgrund des erhöhten viszeralen Fettes ein höheres
Diabetesrisiko bei niedrigerem BMI haben als andere. In ähnlicher Weise werden glykierte Hämoglobinspiegel herangezogen, um Typ-2-Diabetes zu diagnostizieren sowie die Behandlung festzulegen und zu überwachen. Zu beachten ist: Viele Menschen brechen die Einnahme von GLP-1- oder GLP-1-GIP-Rezeptoragonisten bereits nach kurzer Zeit ab. Patient:innen, die sie länger als zwölf Monate tolerieren, sollten die Therapie fortsetzen dürfen, obwohl keine Langzeitdaten verfügbar sind. Ein klinisch signifikanter Gewichtsverlust zeigt sich im Allgemeinen erst nach zwei bis drei Monaten. Ein Absetzen dieser Medikamente könnte den Menschen schaden, weil sie dazu neigen, danach wieder zuzunehmen. Gewichtsschwankungen sind generell mit einer erhöhten kardiovaskulären und Gesamtmortalität verbunden. Folglich stützt ein Rahmen für eine faire Zuteilung während eines vorübergehenden Mangels die Einschätzung, dass die derzeitigen Nutzer:innen jene Präparate weiterhin einnehmen und bei der Zuteilung Priorität haben sollten.
Fazit
Stufe Ziel
1 Minimierung des Verlusts potenzieller Lebensjahre durch Prävention vorzeitiger Todesfälle
2 Verhinderung bevorstehender medizinischer Komplikationen, z. B. kardiovaskulärer Ereignisse
3 Verhinderung drohender medizinischer Komplikationen, z. B. kardiovaskulärer Ereignisse
4 Verbesserung der Lebensqualität und der sozialen und emotionalen Gesundheit
Verteilungskriterien
• Menschen mit Adipositas der Klasse III (BMI ≥ 40) und
• Menschen mit schwerem Typ-2-Diabetes (glykierter Hämoglobinspiegel > 8 %), bei denen keine alternative Behandlung angesprochen hat
• Phase 1: jüngere Patient:innen (< 50 Jahre)
• Phase 2: ältere Patient:innen
• Menschen mit Adipositas der Klasse II (BMI 35,0-39,9)
• gefolgt von Menschen mit schwerem Typ-2-Diabetes (glykierter Hämoglobinspiegel > 8 %)
• Phase 1: jüngere Patient:innen
• Phase 2: ältere Patient:innen
• Menschen mit Adipositas der Klasse I (BMI 30,0-34,9)
• gefolgt von Menschen mit Typ-2-Diabetes (glykierter Hämoglobinspiegel > 7 %), deren Krankheit nicht auf alternative Behandlungen angesprochen hat
• Phase 1: jüngere Patient:innen
• Phase 2: ältere Patient:innen
• Menschen mit Übergewicht (BMI 25,0-29,9) oder Typ-2-Diabetes (glykiertes Hämoglobin > 7 %), die keiner anderen Stufe zuordenbar sind
• Phase 1: jüngere Patient:innen
• Phase 2: ältere Patient:innen
Politische Entscheidungsträger in Deutschland, Australien, Kanada und anderen Ländern haben Vorschriften erwogen, um bestmöglich mit den schwindenden Vorräten an diesen Medikamenten umzugehen. Die Einführung eines fairen Allokationsrahmens könnte die Rate vorzeitiger und vermeidbarer Todesfälle senken, ein verkürztes Leben jüngerer Patient:innen verhindern und Behandlungsunterschiede verringern. In Ermangelung staatlicher oder bundesstaatlicher Zuteilungsrahmen könnten gesetzliche Maßnahmen US-Ärzt:innen bei einer fairen Zuteilung dieser Medikamente unterstützen. Solch ein Rahmen würde all jene Mediziner:innen und Fachgesellschaften – natürlich auch in Ländern wie Österreich – leiten, die eine ethische Verschreibung von GLP-1- und dualen GLP-1-GIP-Rezeptoragonisten anstreben.
Literatur: Emanuel EJ et al., Fair Allocation of GLP-1 and Dual GLP-1-GIP Receptor Agonists, New England Journal of Medicine 2024; 390(20): 1839-1842.
Neues und Bewährtes
Kopfschmerzen effektiv und sicher behandeln
Jährlich macht der Weltkopfschmerztag am 5. September auf eines der häufigsten Symptome in der hausärztlichen Praxis aufmerksam. Dr.in Sonja-Maria Tesar, Präsidentin der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft (ÖKSG) und Medizinische Direktorin am LKH Wolfsberg, unterstreicht den hohen Stellenwert einer guten Zusammenarbeit zwischen Neurologie und Allgemeinmedizin: „ Hausärzt:innen spielen eine besonders wichtige Rolle in der Versorgung unserer Kopfschmerzpatient:innen “ Allein von Migräne seien rund eine Million Österreicher:innen betroffen, und Hausärzt:innen stellen meist die erste Anlaufstelle dar.
Gefährliche Ursachen ausschließen
Rezidivierende oder starke plötzlich auftretende Kopfschmerzen sind für
viele Patient:innen mit Angst vor einer gefährlichen Erkrankung verbunden. „ Bei ca. 90 Prozent handelt es sich jedoch entweder um Migräne oder um Spannungskopfschmerzen. Diese primären Kopfschmerzen sind zwar für die Betroffenen oft sehr belastend und schränken ihre Lebensqualität ein, aber medizinisch gesehen sind sie nicht bedrohlich“, erklärt Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic, Neurologe am Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck und Präsidiumsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), in einer Aussendung. Dem Experten zufolge liegen rund acht Prozent der Cephalgien allerdings andere – potenziell ernsthafte – Erkrankungen zugrunde,



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die unbehandelt bleibende neurologische Schäden, Erblindung oder Todesfälle nach sich ziehen können. Neben Kopfverletzungen gibt es eine Reihe von Ursachen für sekundäre Kopfschmerzen, die es zu erkennen gilt – ein hilfreiches Tool sind die unter dem Akronym S.P.A.N.N. zusammengefassten Red Flags (siehe INFO 1).
Schmerzcharakter einordnen
Unter anderem kann die Schmerzqualität Hinweise für die Ursache bzw. Form des Kopfschmerzes liefern. Bei den zwei häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen gibt es nach Dr.in Tesar ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal: Anders als der Spannungskopfschmerz verstärke sich der Migräneschmerz bei körperlicher Belastung. Letzterer Schmerz sei zumeist einseitig, pochend und werde als äußerst intensiv beschrieben. Bei der Migräne müsse definitionsgemäß zudem ein Begleitsymptom vorliegen: etwa Übelkeit, Erbrechen, Licht- oder Lärmempfindlichkeit.
INFO 1
Kritische sekundäre Kopfschmerzen (er)kennen
Zu potenziell gefährlichen Ursachen von Kopfschmerzen zählen u. a.:
� Schädelhirntrauma
� Meningitis
� Subarachnoidalblutung
� reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom – ausgelöst durch Substanzen wie SSRI, Ergotamin, Cannabis, Kokain und Amphetamine oder im Rahmen der hormonellen Umstellungen im Wochenbett
� Sinusvenenthrombose
� Karotis- oder Vertebralisdissektion
� Glaukom
� Gehirntumoren oder Metastasen – immer nach Karzinomen fragen
� Veränderungen oder Schäden an der Halswirbelsäule (eher selten gefährlich)
Red Flags – S.P.A.N.N.: für „systemisch“: Liegt eine Infektion, Schwangerschaft, HIV-Erkrankung oder Tumoranamnese vor?
� für „plötzlich“: Tritt der heftige Kopfschmerz wie ein Donnerschlag aus heiterem Himmel auf? für „Auslöser“: z. B. Husten, bestimmte Körperposition, Valsalva-Manöver.
� für „neurologische Defizite“: etwa Parese, Horner-Syndrom, Meningismus.
� für „neu oder anders“: Insbesondere bei Patient:innen > 50 Jahre sind erstmalige heftige Kopfschmerzen unbedingt abzuklären.
Quelle: Österreichische Schmerzgesellschaft. >
Hausärzt:in medizinisch
„Wenn diese Kriterien in der Anamneseerhebung erfüllt sind, und sich solche Attacken wenigstens fünf Mal wiederholt haben, geht der Verdacht schon stark in Richtung Migräne“, fasst die Neurologin zusammen und ergänzt, dass es sinnvoll sei, Patient:innen mit einer Kopfschmerzerkrankung wie Migräne zumindest einmal zur Neurolog:in zu überweisen.
Fortschritte in der Migränetherapie
Dr.in Tesar erklärt auch, welche Behandlungsmöglichkeiten bei Migräne von Seiten der Allgemeinmedizin eingeleitet werden können: NSAR stellen laut aktueller Leitlinie1 die erste Wahl in der Akuttherapie dar. Bei unzureichender Wirkung kommen z. B. Triptane zum Einsatz. Die Applikationswege unterscheiden sich je nach Wirkstoff und reichen von einer oralen bis hin zur subkutanen oder nasalen Verabreichung. Die ÖKSG-Präsidentin hebt hervor: „Wir kennen und schätzen die Triptane seit 30 Jahren und – ich zitiere hier Prof. Diener aus Deutschland – sie sind eine der sichersten Substanzklassen, die wir haben. Diese zu verordnen, kann unseren Patient:innen enorm helfen “
Neuere Therapien müssen von der Neurolog:in verschrieben und chefärztlich bewilligt werden. Für die Akuttherapie der Migräne bei Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen ist Lasmiditan eine Option. Rimegepant, ein niedermolekularer CGRP(„Calcitonin Gene-Related Peptide“)-Rezeptorantagonist, erhielt als erstes Medikament sowohl für die Akuttherapie der Migräne als auch für die Prophylaxe der episodischen Migräne eine EU-Zulassung. Für letztere Indikation ist außerdem Atogepant zugelassen.
Gezielte Prophylaxe
In der Präventionstherapie hat sich in den letzten Jahren viel getan. Mittlerweile stehen vier monoklonale CGRP-Antikörper zur Verfügung: Galcanezumab, Fremanezumab, Eptinezumab und Erenumab. Die Verabreichung erfolgt monatlich subkutan oder als Infusion (Eptinezumab), für Fremanezumab gibt es außerdem eine vierteljährliche Dosierungsmöglichkeit.
„ Zusätzlich zu den Zulassungsdaten haben wir Real-World-Daten, die das
hervorragende Nutzen-Risiko-Profil von CGRP-Antikörpern bestätigen“, betont Dr.in Tesar. In puncto Verordnung sind jedoch Einschränkungen zu beachten: mindestens drei medikamentöse Vortherapien mit unzureichendem Erfolg oder Nebenwirkungen bzw. Kontraindikationen in Bezug auf andere Substanzen. An erster Stelle in der medikamentösen Migräneprophylaxe stehen internationalen Leitlinien gemäß Betablocker und Antikonvulsiva – Antidepressiva haben Evidenzlevel B. „Die Nachteile dieser Medikamente liegen jedoch darin, dass sie nicht gezielt auf den Entstehungsmechanismus von Migräne wirken und von den Patient:innen sehr schlecht angenommen werden“, gibt Dr.in Tesar zu bedenken. So zeigt eine retrospektive Studie2, die Daten von mehr als 8.000 Migränepatient:innen analysierte, dass nach sechs Monaten nur noch 25 Prozent von ihnen Medikamente der ersten Klassen einnahmen, nach zwölf Monaten 14 Prozent. Zusätzlich existieren zu Topiramt und Valproat Rote-HandBriefe, Flunarizin ist in Europa nicht mehr lieferbar.
Mehrgleisige Strategien
Wesentlich ist jedenfalls eine individualisierte Herangehensweise. Auch CGRP-Antikörper führen nicht immer zum Erfolg. Ein Substanzwechsel kann
daher mitunter sinnvoll sein. Außerdem unterscheidet sich das Schema in Bezug auf das Pausieren dieser Medikamente je nach Attackenfrequenz, wie Dr.in Tesar im Interview mit der Gesund.atRedaktion näher beschreibt (siehe INFO 2). Nicht vergessen dürfe man zudem auf weitere Säulen der Präventionstherapie wie nichtmedikamentöse Maßnahmen und die Behandlung von Komorbiditäten. „ Depressionen oder Angststörungen etwa kommen bis zu zehnmal häufiger bei Migränepatient:innen vor “ „ A ltbewährte“ Strategien für die Migräneprophylaxe stellen laut der Spezialistin Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Ausdauersport oder Entspannungstechniken dar. „ Diese sind immer noch genauso wichtig wie zum Beispiel der Kopfschmerzkalender. Es ergibt einfach einen Sinn, wenn unsere Patient:innen ihre Migräne kennen, zu Expert:innen ihrer Erkrankung werden, und wir alle drei – sprich Betroffene:r, Hausärzt:in und Neurolog:in – gemeinsam die Lebensqualität der Patient:in optimieren“, resümiert Dr.in Tesar.
Anna Schuster, BSc
Literatur:
1 Diener HC et al., Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, DGN und DMKG, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie.
2 Hepp Z et al., Cephalalgia 2017; 37(5):470-485.
Update für Allgemeinmediziner:innen: Dr.in Sonja-Maria Tesar, Präsidentin der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft, spricht im exklusiven Interview auf über Aktuelles in der Migränetherapie:
Wissen für Patient:innen: Auf MeinMed.at informiert Dr. die Kopfschmerzerkrankung Migräne –mit hilfreichen Tipps für Betroffene und Angehörige.

Praxiswissen: Gelenkerhaltende Hüftchirurgie
Es muss nicht immer eine Totalendoprothese sein


DFP-Punktesammler

GASTAUTOR:
OA Dr. Lukas Pichler
Abteilung für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Ordensklinikum Linz
Barmherzige Schwestern
Schnellzugriff zum Literaturstudium: Über diesen QR-Code gelangen Sie direkt zur Fortbildung auf Gesund.at
Der künstliche Gelenkersatz wurde in der Orthopädie zur erfolgreichsten Operation des 20. Jahrhunderts gewählt. Jedoch gibt es weiterhin zahlreiche Pathologien in der Hüfte, die mit gelenkerhaltenden Verfahren adressiert werden können. Sowohl in der großen Umstellungschirurgie bei der Dysplasie als auch bei der Gelenkspiegelung (Arthroskopie) bei Femoroazetabulärem Impingement können wir mittlerweile auf über 30 Jahre wissenschaftliche Daten und klinische Erfahrung zurückgreifen. Unspezifische Schmerzen in der Leistenregion sollten insbesondere bei jungen, sportlichen Patient:innen immer auch an die Hüfte denken lassen.
Femoroazetabuläres
Impingement (FAI)
Das FAI beschreibt ein klinisches Erscheinungsbild, bei dem es zu einer Ein-
klemmungssymptomatik zwischen dem Schenkelhals und dem Rand der Hüftpfanne (Azetabulum) kommt. Bereits 2003 wurde das FAI durch Prof. Ganz aus Bern als präarthrotische Deformation des Kopf-Schenkelhals-Übergangs beschrieben. Zwei Haupttypen des FAI werden unterschieden: Beim sogenannten CAM(Nockenwellen)-Typ besteht eine knöcherne Fehlbildung im Bereich des Oberschenkelhalses, die bei Flexion und Innenrotation des Beins zu einer Einklemmung der Gelenklippe (Labrum) und einem Anstoßen am Azetabulumrand führt. Während beim Pincer(Beißzangen)-Typ eine vermehrte knöcherne Überdachung des Hüftkopfes vorhanden ist, wodurch es bei Flexion zur Hebelwirkung auf den Hüftkopf und somit zu einer Schädigung des Knorpels gegenüber (ContreCoup-Verletzung) am unteren (mediokaudalen) Azetabulum kommt. Dieser
Knorpelschaden lässt sich anhand des Röntgens oft schlecht beurteilen. In den meisten Fällen liegt jedoch eine Kombination der beiden Typen vor. Neben den klassischen Deformitäten gibt es auch periartikuläre Sonderformen wie das subspinale und das ischiofemorale Impingement. In etwa 20-30 % der Sportler:innen lässt sich radiologisch ein FAI nachweisen. Die CAM-Deformität entsteht vermutlich durch eine Überlastung der Epiphysenfuge während der Adoleszenz. Bei Profisportler:innen in High-Impingement-Sportarten wie Tennis, Eishockey etc. tritt eine CAM-Deformität in bis zu 70 % der Fälle auf. Auch eine Epiphysenlösung am Oberschenkelkopf (Epiphysiolysis capitis femoris) kann zu einem Femoroazetabulären CAMImpingement führen. Differenzialdiagnostisch muss man bei unspezifischem Leistenschmerz auch immer an eine
Herniation bzw. an eine Wirbelsäulenproblematik denken.
Anamnese
Hüftschmerzen werden meistens in der Leiste beschrieben, können jedoch C-förmig nach dorsal im Bereich der Hüfte ausstrahlen. Bei einem jungen, hochsportlichen Mann würde man am ehesten ein Femoroazetabuläres Impingement vom CAM-Typ erwarten. Bei Frauen mittleren Alters, die Freizeitsport ausüben, würde man am ehesten an ein FAI vom Pincer-Typ denken.
Abklärung
Initial sollten eine Beckenübersichtsaufnahme im Stehen und eine Schrägaufnahme (Lauenstein-, RippsteinAufnahme oder Dunn-View) gemacht werden. Nur durch radiologische Aufnahmen in zwei Ebenen lassen sich sämtliche knöcherne Deformitäten im Bereich der Hüfte beurteilen. Weiters sollte eine MRT des Beckens mit fokussierten Aufnahmen der betroffenen Hüfte erfolgen, um etwaige Begleitpathologien wie Knorpelschäden oder z. B. seltenere Weichteilerkrankungen zu diagnostizieren.
Therapiemöglichkeiten
Das FAI ist zumeist eine Domäne der minimalinvasiven, arthroskopischen Chirurgie. Damit lassen sich Schäden am Labrum oder Knorpel sehr gut behandeln. Die wissenschaftlichen Daten nehmen für die Hüftarthroskopie in den letzten Jahren exponentiell zu. Vor allem im Bereich der Labrumchirurgie hat sich gezeigt, dass das Langzeitergebnis bei jungen Patient:innen mit einer

1: Klassische CAM-Deformität, die anterolateral gelegen ist und somit nur in einer schrägen Röntgenaufnahme, z. B. der Lauenstein-Aufnahme, sichtbar wird.
Labrumnaht tendenziell besser ist als das einer Resektion. Auch im Bereich der Knorpeltherapie wurden in den letzten Jahren verschiedene Techniken entwickelt, die sich ebenfalls arthroskopisch anwenden lassen. Knorpeldefekte können jedoch nur bei fokalen Schäden mit gutem Umgebungsknorpel therapiert werden, eine großflächige Abnutzung im Sinne einer Arthrose ist mittels Arthroskopie nicht sanierbar. Neben der Hüftarthroskopie gibt es für ausgeprägte Pathologien auch offene gelenkerhaltende chirurgische Verfahren. Diese zeigen ähnlich gute Langzeitergebnisse wie die Arthroskopie, allerdings bei höherem Komplikationsrisiko.
Dysplasie
Die Hüftdysplasie beschreibt eine angeborene fehlerhafte Anlage des Hüftgelenks mit erhöhtem Risiko einer Instabilität und der Entwicklung einer Arthrose. Die Inzidenz der Hüftdysplasie hat sich seit Einführung der Neuge-

borenen-Hüftsonographie nach Prof. Graf deutlich vermindert, jedoch ist dieses Krankheitsbild auch in Österreich weiterhin vorhanden. Meistens treten die Beschwerden erstmals im jungen Erwachsenenalter bei längeren Belastungen wie Stehen oder Gehen auf. In der Anamnese sollte eine Abspreizbehandlung der Hüfte in der Kindheit sowohl der betroffenen Person als auch ihrer engeren Familie abgefragt werden.
Klinische Untersuchung
Beim Beobachten des Gangbildes kann bereits eine Innen- oder Außenrotationsfehlstellung des Fußes auf eine begleitende Fehlbildung im Bereich des Oberschenkelknochens (Coxa anteoder retrotorta) hinweisen. Anschließend erfolgt die Untersuchung der Rotation in Rückenlage mit 90 Grad Flexion in Hüft- und Kniegelenk. Daraus sind oft schon deutlich über der Norm (S 15/0/50) liegende Winkelgrade für die Innen- und Außenrotation ersichtlich. Bei Flexion, Adduktion und Innenrotation kann es durch ein reaktiv vergrößertes Labrum zu einem vorderen Impingementzeichen, also Schmerzen in der Leiste, kommen.
Abklärung
Initial sollten eine Beckenübersichtsaufnahme im Stehen und eine Schrägaufnahme (Lauenstein-, Rippstein-Aufnahme oder Dunn-View) angefertigt werden. Nur in einer Beckenübersichtsaufnahme lässt sich ein LCE-Winkel (lateraler Center-Edge-Winkel) korrekt messen, der die knöcherne Überdachung der Hüfte beschreibt. Per definitionem sprechen wir bei 20 bis 25 Grad von einer Border-


© Mit freundlicher

Abbildung 3: Links: Verlauf der Osteotomielinien bei einer Tripleosteotomie. Rechts: Verlauf der Osteotomielinien bei Periazetabulärer Osteotomie (PAO). Im Vergleich sieht man, dass bei der PAO der dorsale Beckenpfeiler intakt bleibt.
linedysplasie und bei einer Überdachung unter 20 Grad von einer Dysplasie. Die Schrägaufnahme der Hüfte ermöglicht das Detektieren von weiteren Begleitpathologien, z. B. einer CAM-Deformität. Eine zusätzliche Untersuchung mittels MRT ist erforderlich, um einerseits eine Hüftkopfnekrose oder andere Pathologien auszuschließen und um andererseits die Knorpelsituation im Gelenk zu beurteilen. Dies wiederum dient dazu, das weitere Vorgehen der Fachärzt:in festzulegen. Dabei sollten nicht nur Detailaufnahmen der betroffenen Hüfte selbst erstellt werden, sondern es gilt auch, das gesamte Becken in zumindest einer Ebene abzubilden.
Therapiemöglichkeiten
Je nach Schweregrad der Dysplasie erfolgt die initiale Behandlung meist durch intensive Physiotherapie. Hier werden vor allem hüftzentrierende Muskelgruppen wie die Adduktoren trainiert. Auch das Sportverhalten sollte man ansprechen. Hüftentlastende Sportarten wie Radfahren und Schwimmen sind zu bevorzugen. Sollte es trotz konservativer Maßnahmen zu anhaltenden Beschwerden kommen, gibt es die Möglichkeit, chirurgisch mittels einer dreidimensionalen Reorientierung des Azetabulums eine normale Biomechanik im Hüftgelenk herzustellen. Der chirurgische Eingriff
Hausärzt:in DFP – Das Wichtigste in Kürze
Bei unspezifischen Leistenschmerzen ist eine der häufigsten Differenzialdiagnosen das Femoroazetabuläre Impingement. Bei der initialen Röntgenabklärung sollten immer eine Beckenübersicht und eine Schrägaufnahme der Hüfte erfolgen. Auch bei der MRT sollten eine Beckenaufnahme und eine fokussierte Aufnahme der Hüfte gemacht werden, um die zweite Seite und periazetabuläre Pathologien mit zu erfassen.
Bei Profis in High-Impingement-Sportarten wie Tennis, Eishockey etc. kommt es in bis zu 70 % der Fälle zu einer CAM-Deformität. Bei Schmerzfreiheit ist ein prophylaktischer Eingriff nach derzeitigem Wissensstand nicht angeraten.
wird am häufigsten mittels der Periazetabulären Osteotomie nach Prof. Ganz (Bern) oder der Tripleosteotomie nach Prof. Tönnis (Dortmund) durchgeführt. Langzeitbeobachtungen zeigen bei korrekter Indikationsstellung sehr gute Ergebnisse. Die Zeit bis zur vollen Belastbarkeit des Beins beträgt postoperativ zumeist zehn bis zwölf Wochen. Danach ist jedoch von einer normalen „ L ebenserwartung“ des Hüftgelenks auszugehen.
Bei Schmerzfreiheit ist ein prophylaktischer Eingriff nach derzeitigem Wissensstand nicht angeraten.
Literatur beim Verfasser.
DFP-Pflichtinformation
Fortbildungsanbieter: Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin Lecture Board:
Dr.in Johanna Holzhaider 2. Vizepräsidentin der OBGAM; Gruppenpraxis Sandl, Oberösterreich
Dr.in Astrid Pinsger-Plank, MSc FÄ für Orthopädie und Traumatologie, Schmerzkompetenzzentrum, Bad Vöslau/Niederösterreich
DFP-Literaturstudium HAUSÄRZT:IN
So machen Sie mit: Entsprechend den Richtlinien der ÖÄK finden Sie im Anschluss an den Fortbildungsartikel Multiple-Choice Fragen. Eine Frage gilt dann als richtig beantwortet, wenn Sie von den vorgegebenen Antworten alle richtigen angekreuzt haben. Für eine positive Bewertung ist erforderlich, dass Sie 2 der 3 Fragen richtig beantworten. In diesem Fall wird 1 DFP-Fachpunkt angerechnet.
DFP-Fragen zu
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Einsendeschluss: 31. März 2025.
Unsere aktuellen Fortbildungen finden Sie unter Gesund.at (DFP-Fortbildungen).
„Praxiswissen: Gelenkerhaltende Hüftchirurgie“
Die Anzahl der richtigen Antworten ist nach jeder Frage in Klammern angegeben.
FAI vom Pincer-Typ mit Röntgen der betroffenen Hüfte.
FAI vom CAM-Typ mit Röntgen-Beckenübersicht und Röntgenbild der betroffenen Hüfte.

Jetzt onlineTeilnahme möglich:
Ein Mann (28 Jahre) kommt erstmals mit Leistenschmerzen bei Belastung in die Ordination. An welche Art des FAI denken Sie und welche Röntgenabklärung würden Sie veranlassen? (1 richtige Antwort) Sie haben ein Fortbildungskonto?
FAI vom CAM-Typ mit MRT der betroffenen Hüfte.
FAI vom CAM-Typ mit MRT vom Becken und von der betroffenen Hüfte.
Eine 19-jährige Patient:in kommt erstmals in die Ordination und berichtet über Hüftschmerzen bei längerer Belastung. Im Säuglingsalter war eine Therapie mit Zügerln erfolgt. An welche Deformität würden Sie denken und warum ist eine Beckenübersichtsaufnahme zur Beurteilung notwendig? (1 richtige Antwort)
FAI vom Pincer-Typ. Beckenübersicht wird benötigt, um die Tiefe der Pfanne zu beurteilen.
Hüftkopfnekrose. Beckenübersicht wird benötigt, um einen Seitenvergleich zu erhalten.
Dysplasie. Beckenübersicht wird benötigt, um den LCE-Winkel zu bestimmen, der die Überdachung der Hüfte beschreibt.
FAI vom CAM-Typ. Beckenübersicht wird benötigt, um eine Deformität der zweiten Seite zu beurteilen.
Eine Frau (45 Jahre) kommt in die Ordination und klagt über Schmerzen in der Hüfte nach Belastung. An welches Krankheitsbild würden Sie denken und welcher Mechanismus führt zur Knorpelschädigung? (1 richtige Antwort)
FAI vom Pincer-Typ. Ein Hebelmechanismus führt zu einer Contre-Coup-Verletzung des Knorpels mediokaudal.
FAI vom Pincer-Typ. Das Einklemmen führt zum Knorpelschaden am ventralen Azetabulumrand. Dysplasie. Dieses Krankheitsbild verursacht keinen Knorpelschaden.
FAI vom CAM-Typ. Ein Hebelmechanismus führt zu einer Contre- Coup-Verletzung des Knorpels mediokaudal.
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Das breite Spektrum schlafmedizinischer Erkrankungen

Jede:r Zehnte leidet an chronischer Schlaflosigkeit, rund ein Drittel unter vorübergehender schlechter Nachtruhe. „ A ls Schlafmediziner:innen befassen wir uns natürlich mit weit mehr Erkrankungen als der Schlaflosigkeit“, verrät Prof.in Dr.in Birgit Högl, Professorin für Neurologie und Schlafmedizin, in ihrem Buch „ Besser schlafen“. Vom RestlessLegs-Syndrom (RLS) bis hin zur Nicht24-Stunden-Schlaf-wach-Störung: Insgesamt fasst die International Classification of Sleep Disorders (ICSD-3-R) 90 verschiedene schlafmedizinische Erkrankungen zusammen. Unterschieden werden sechs Gruppen: Insomnien, Hypersomnolenzsyndrome, zirkadiane Störungen, Parasomnien und schlafbezogene Atmungs- sowie Bewegungsstörungen.
Folgen und Gefahren
Um die sogenannte Insomnia Disorder von einer nicht pathologischen Schlaf-
losigkeit abzugrenzen, sind unter anderem folgende Merkmale ausschlaggebend: Ein- sowie Durchschlafstörungen trotz adäquater Schlafumgebung und die Beeinträchtigung dadurch tagsüber. Wichtig ist, die Ätiologie zu ergründen. Neurologische beziehungsweise psychiatrische Ursachen oder andere Krankheiten, etwa das RLS, könnten verantwortlich sein.
Schlafstörungen wie die Narkolepsie, die zu den Hypersomnolenzsyndromen zählt, oder das RLS, das den Bewegungsstörungen zugeordnet wird, können für Betroffene lästig und belastend sein. Zu einer akuten Gefahr hingegen können Parasomnien wie Schlafwandeln oder die REM-Schlaf-Verhaltensstörung werden. Letztere ist durch Episoden von Gewalttätigkeit im Schlaf gekennzeichnet, die sich oft gegen andere Personen richten. Nicht harmlos sind zudem schlafbezogene Atmungsstörungen – die bekannte obstruktive Schlafapnoe kann einen Abfall der Sauerstoffsätti-
gung im Blut, Tachy- und Bradykardie oder Herzrhythmusstörungen hervorrufen.
Innere Uhr geschädigt
Zur Belastung können auch zirkadiane Rhythmusstörungen werden. Erwähnenswert ist hier das Delayed-SleepPhase-Syndrom. Betroffene werden – im Gegensatz zum Advanced-SleepPhase-Syndrom – oft erst in den Morgenstunden müde und erwachen später. Anders ist es beim Nicht-24-StundenRhythmus. Die innere Uhr weicht von den 24 Stunden ab. Tag für Tag gehen Betroffene beispielsweise ein wenig später zu Bett und erwachen erst vormittags – die Hauptschlafphase verschiebt sich. Zu den Beeinträchtigungen der inneren Uhr zähle darüber hinaus das Schichtarbeitersyndrom, das auch Ärzt:innen betreffen könne, stellt Prof.in Högl in ihrem Buch klar. Wechselnde Schlaf- und Arbeitsrhythmen können Schlafstörungen verursachen, die bis nach der Pensionierung andauern und mit einem erhöhten Risiko kardiovaskulärer Krankheiten einhergehen.
Die beste Schlafenszeit
„Der zirkadiane Rhythmus ist zwar ein endogener Rhythmus, aber er muss von außen laufend feinjustiert werden, durch Zeitgeber wie Sonnenlicht, Tageslicht oder helles künstliches Licht“, erklärt Prof.in Högl. Wie wichtig Sonnenlicht als Zeitgeber für den Schlaf-wach-Rhythmus ist, steht außer Frage. Damit dieser funktioniert, sollte man mindestens eine Stunde im Tageslicht verbringen, was für ältere Personen oder Schichtarbeiter:innen oft nicht umsetzbar ist. Der optimale Zeitraum für den Schlaf erstreckt sich von 0 bis 6 Uhr. Der Mensch sei eine tagesaktive Spezies und die Hauptschlafenszeit liege in der Nacht, heißt es im Buch.
Verhaltenstherapie versus Medikamente
Bei der chronischen Insomnie hat die kognitive Verhaltenstherapie (CBT-I bzw. Cognitive Behavioral Therapy for
Insomnia) Vorrang. Ob eine medikamentöse Therapie etabliert werden soll, entscheidet man im Einzelfall. Barbiturate oder bromhaltige Substanzen werden aufgrund ihrer geringen therapeutischen Breite längst nicht mehr eingesetzt. Ältere Antihistaminika oder Chloralhydrat sind trotz begrenzter Wirksamkeit und ihres Nebenwirkungsprofils noch erhältlich. Bei der Gruppe der Benzodiazepine oder Z-Drugs kann das hohe Abhängigkeitspotenzial zum Problem werden. Das Absetzen derselben erfordert Ausdauer: Für jedes Jahr mit Schlafmittelabhängigkeit ist ein Monat für das Ausschleichen einzuplanen. Baldrian oder Hopfen hingegen sind besser verträglich, die Studienlage zu pflanzlichen Mitteln ist allerdings begrenzt. Ähnliches gilt für Melatoninpräparate. Sie helfen vorrangig bei der REM-Verhaltensstörung oder bei kurzzeitigen Einschlafproblemen, etwa nach einem Langstreckenflug. Einen neuen Behandlungsansatz bieten die dualen Orexin-Rezeptor-Antagonisten (DORA). Ob man Therapieerfolge durch diese
neuen Medikamentengruppe zukünftig feiern darf, wird sich zeigen – noch ist der Wirkstoff nicht weit verbreitet. Generell gilt jedoch: Arzneimittel stellen, im Gegensatz zur CBT-I, keine FirstLine-Therapie dar.
Neue Technologien – hilfreich?
Apps, die den Ruhe-Aktivitäts-Rhythmus oder die Pulsfrequenz erfassen und auf diese Weise Aussagen über die Schlaftiefe oder den Anteil des REMSchlafs treffen, wurden nicht durch den Goldstandard der Schlafdiagnostik, die Polysomnografie, getestet. Ob die Messungen der Schlaftracking-Apps stimmten, sei nicht sicher, betont Prof.in Högl. Man solle nicht auf Apps vertrauen, die behaupten würden, den bestmöglichen Zeitpunkt des Erwachens zu finden. Dadurch sind User:innen beispielsweise schon 30 Minuten früher auf den Beinen. Besser wäre es, die maximale Schlafenszeit zu nutzen, falls ohnehin schon wenig Zeit für die Nachtruhe zur Verfügung steht. Seriöse Apps hingegen, die ver-
suchen, die Inhalte einer kognitiven Verhaltenstherapie zu replizieren, könnten für Betroffene nützlich sein. Großen Erfolg erzielten außerdem Devices, die am Kopf getragen oder angeklebt werden, um den Schlaf zu messen – diesbezüglich sei die Forschung in vollem Gange, verrät Prof.in Högl.
Mara Sophie Anmasser
X HAUSÄRZT:IN-Buchtipp
Besser schlafen
Von Birgit Högl Christian Brandstätter Verlag 2023

Eine hohe Krankheitslast
Die Gehirngesundheit zählt zu den größten präventivmedizinischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

GASTAUTOR:
Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc, FEAN
Vorstand Uniklinik für Neurologie, Comprehensive Center for Clinical Neurosciences & Mental Health, MedUni Wien
Das Gehirn ist zentral für unsere physische, mentale und soziale Gesundheit. Gleichzeitig sind wir mit kontinuierlich wachsenden, enorm hohen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und psychosozialen Belastungen durch neurologische Erkrankungen konfrontiert. Um diese Belastungen aktuell und zukünftig zu reduzieren, muss neben der Diagnostik und der Therapie vor allem die Prävention neurologischer Erkrankungen deutlich intensiviert werden. Und: Gehirngesundheit ist
weit mehr als nur das Fehlen oder die Verhinderung einer neurologischen Erkrankung. Sie beeinflussende Faktoren – über unsere gesamte Lebensspanne – bedürfen breiter Aufklärung und aktiver Förderung.
Belastungen durch neurologische Erkrankungen
Wie zwei aktuelle Studien 1,2 und der Neurologie-Report 2022 3 der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie aufzeigen, sind neurologische Erkrankungen weltweit die Hauptursache für in Behinderung verbrachte Lebensjahre. Sie verursachen weltweit die höchste Zahl verlorener Lebensjahre durch krankheitsbedingte Behinderung oder vorzeitigen Tod (DALYs,



„d isability-adjusted life years“) und sind weltweit die zweithäufigste Todesursache. In Österreich wurden 2017 bei einer Bevölkerung von 8,8 Millionen Menschen 5,5 Millionen neurologische Diagnosen erfasst, das heißt, statistisch sind mehr als 60 Prozent der Bevölkerung von einem neurologischen Symptom oder Leiden betroffen (siehe Abbildung 1). Zusätzlich zur gegenwärtig ohnehin schon hohen Belastung durch neurologische Erkrankungen (Burden of Neurological Diseases) wird die Bevölkerungsentwicklung noch zu einer weiteren deutlichen Zunahme von altersassoziierten neurologischen Erkrankungen und deren Folgen führen, vor allem von Schlaganfällen, neurodegenerativen Erkrankungen (u. a. Demenzen und Morbus Parkinson) und metabolisch bedingten Leiden, bei-

Daten aus Deuschl et al2
Abbildung 1: Österreichischer Neurologie-Report 2022.
Daten: Zahlen der ÖGN; 2022; Linehan et al. Epilepsia 2021
spielsweise diabetischen Polyneuropathien. Als eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts hat die WHO daher neurologische Erkrankungen als eines der zehn Top-Gesundheitsziele priorisiert.
Identifikation individueller Risikofaktoren
Die letzten zwei Dekaden haben immense Verbesserungen in der Diagnostik und Behandlung vieler neurologisch erkrankter Menschen gebracht. Jetzt hat die Ära der zunehmenden Präzisionsneurologie mit individualisierter früher Diagnose, Prognose und Stratifizierung zu personalisierter Therapie begonnen. Das bedeutet aber auch einen Paradigmenwechsel mit Fokus auf der präklinischen Phase vieler neurologischer Erkrankungen, um durch Identifikation individueller Risikofaktoren frühzeitig Maßnahmen zur Prävention, Resilienz und gegebenenfalls auch Therapie zu setzen. Einige quantitativ bedeutsame neurologische Erkrankungen – Schlaganfall, Demenzen, Epilepsien und Neuropathien – könn(t)en prinzipiell jetzt schon durch präventive Maßnahmen weitgehend verhindert werden. Durch nachhaltige Modifikation von Risikofaktoren (u. a. arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Übergewicht, Nikotinabusus) können 40 Prozent der Demenzen und mehr als 50 Prozent der Schlaganfälle bereits jetzt potenziell vermieden werden. In Österreich leiden etwa zehn Prozent der Bevölkerung an Diabetes mellitus, 50 Prozent (somit etwa 450.000 Personen) von diesen erleiden eine diabetische Neuropathie, die durch bestmögliche Reduktion oben genannter Risikofaktoren in erheblichem Ausmaß vermeidbar wäre. 25 Prozent aller Epilepsien können durch strikte Vermeidung von Perinatalschäden sowie die Prävention von Schlaganfall und Schädelhirntrauma verhindert werden.
AKTUELL
Welt-Alzheimer-Tag
Der Welt-Alzheimertag findet auch heuer wieder am 21. September statt, die Woche der Demenz vom 16. bis 22. September 2024. Das Motto in diesem Jahr lautet „ Demenz – Gemeinsam. Mutig. Leben.“ Die Ambition: daran zu erinnern, dass den Herausforderungen rund um Demenzerkrankungen gemeinsam begegnet werden muss – gemeinsam als Familie, gemeinsam mit dem Freundeskreis, gemeinsam als Gesellschaft.
Die Österreichische Gesellschaft für Neurologie, deren PastPräsident Prof. Berger ist, hat sich, in Synergie mit internationalen Aktivitäten der World Federation of Neurology und der European Academy of Neurology, die Bewusstseinsbildung für und Förderung von Gehirngesundheit in Österreich zum Ziel gesetzt.
Weiterführende Infos & Kontakt: oegn.at
Förderung und Erhaltung von Gehirngesundheit
Unser Gehirn ist zentral für alle Aspekte unseres Lebens, für unsere physische, mentale und soziale Gesundheit und um unser Potential als Individuen und Gesellschaft zu realisieren.4 Kognitive Leistungen der Menschen sind auch zunehmend das Kapital unserer postindustrialisierten Gesellschaft – selbstredend ist daher die Förderung und Erhaltung von Gehirngesundheit auch hierfür von Bedeutung. Von der pränatalen Phase bis ins hohe Alter bestimmen und beeinflussen zahlreiche Faktoren die Gehirngesundheit
über unsere Lebensspanne (siehe Abbildung 2): u Erhaltung von Gehirngesundheit: kognitive Aktivitäten, Neugier und soziale Interaktion, gesunde Ernährung, guter Schlaf und körperliche Betätigung.
v Protektion und Prävention: Reduktion von Alkoholkonsum, Blutfettwerten, Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes mellitus, Nikotinabstinenz, Vermeidung von Schädelhirntraumata und Behandlung von Depressionen, Hör- und Sehminderungen (beispielsweise Katarakt).
w Planung: Entscheidungsträger:innen aus Wissenschaft, Politik und Gesundheitswesen determinieren Faktoren, die auf unsere Gehirn- und mentale Gesundheit wesentlichen Einfluss haben. Dazu zählen ein inklusiver und chancengleicher Zugang zu Bildung, Umweltfaktoren wie Klimawandel und Luftverschmutzung sowie sozioökonomische Bedingungen.
Erforderliche Maßnahmen
BILDUNG
UMWELT
KOPFTRAUMA VERMEIDEN
ÜBERMÄSSIGEN ALKOHOLKONSUM VERMEIDEN
DEPRESSION VERMEIDEN
ÖKONOMISCH
SOZIALE KONTAKTE
SCHÜTZEN & VORBEUGEN
KÖRPERLICHE AKTIVITÄT/BEWEGUNG
KATARAKTE BEHANDELN PLANEN
NORMALGEWICHT POLITISCH
BEWAHREN
GEHIRNGESUNDHEIT
CHOLESTERINSPIEGEL KONTROLLIEREN
SOZIALPOLITIK
NORMALER BLUTZUCKER
GUTER SCHLAF
GEISTIGE AKTIVITÄT
GESUNDE ERNÄHRUNG
BLUTHOCHDRUCK BEHANDELN
ADAPTIVE BEWÄLTIGUNG
RAUCHEN VERMEIDEN
PSYCHOLOGISCH
HÖRSCHÄDEN BEHNDELN
LUFTQUALITÄT
Die Belastung durch neurologische Erkrankungen, deren Reduktion auf multiplen Ebenen, insbesondere durch Prävention, und die über allem stehende Gehirngesundheit drängen zu Folgendem:
• „E s gibt keine Gesundheit ohne Gehirngesundheit “: Aufklärung und Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit.
• „Train your Brain“: aktive Förderung des Bewusstseins und der Selbstverantwortung für die Gehirngesundheit in der Bevölkerung.
• „G esunder Lebensstil für meine Gehirngesundheit “: Modifikation von Risikofaktoren zur Prävention neurologischer Erkrankungen und Vorsorge für die Gehirngesundheit.
<
BIOMEDIZINISCHE FORSCHUNG

Abbildung 2: Gehirngesundheit (© European Academy of Neurology, ean.org/brain-health-mission)
• Recovery Alle Anwendungsgebiete mehrfach durch Studien belegt:
Immunsystem
• Herz-Kreislauf
• antiviral
• antioxidaiv prebiotisch
• Kognition


Literatur:
1 Feigin V et al., Lancet Neurology 2019; 18:459-80.
2 Deuschl G et al., Lancet Public Health 2020; 5: e551-67.
3 Österreichische Gesellschaft für Neurologie oegn.at/neurologie-report
4 Bassetti C et al., Eur J Neurol 2022; 29:2559-66.

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Darmgesundheit im Baby- und Kleinkindalter Mikrokosmos Gesund.at
Enuresis
Die Behandlung an die Pathophysiologie anpassen


Gesund groß werden
Das A & O schon von Kindesbeinen an Adipositas-Prävention
„Behandlung an die Pathophysiologie anpassen“
Eine genaue Diagnostik ist essenziell, um die Form der Enuresis und Komorbiditäten zu erkennen
HAUSÄRZT:IN: Was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten rund um die Enuresis nocturna bei Kindern verändert?
Prof.in SCHULTZ-LAMPEL: Früher meinte man, dass die Enuresis hauptsächlich psychisch bedingt sei, hervorgerufen durch Umstände wie zum Beispiel die Geburt eines Geschwisterkindes, den Tod der Großeltern oder eine fehlerhafte Sauberkeitserziehung. Bestimmt gibt es solche Fälle. Aber in den letzten Jahren, auch im Zuge der Leitlinienarbeit, hat man erkannt, dass bei vielen Kindern somatische Ursachen für eine Enuresis vorliegen. Daher ist eine gezielte Analyse notwendig, um zwischen reiner Enuresis nocturna und Fällen mit Tagsymptomen oder anderen Problemen zu unterscheiden.
Stichwort Komorbiditäten:
Welche davon ist denn bei einer Enuresis besonders häufig?
Das ist die Obstipation. Wir, meine Oberärzt:innen und ich, fühlen uns in unserem Kontinenzzentrum manchmal wie die „Abführer:innen der Nation“. Das heißt, es gibt enorm viele Kinder mit einer chronischen Obstipation. Die Eltern fallen oft aus allen Wolken, weil sie das nie gemerkt haben. Ihre Kinder gehen zwar jeden Tag aufs WC, haben aber eine massive Obstipation mit erweiterten Darmschlingen. Manche Kinder leiden zudem an einer Stuhlinkontinenz oder einer Enkopresis. Einige Eltern spielen das herunter und sagen: „ Ja, das Kind putzt sich nicht richtig ab “ Sie wollen gar nicht wahrhaben, dass da noch eine andere Problematik dahintersteckt.
Wie haben sich denn die Zahlen hinsichtlich der Prävalenz und Inzidenz verändert?
„Verändert“ kann man insofern nicht sagen, als man da wahrscheinlich gar nicht richtig diagnostiziert hat. Man muss differenzieren, wie alt die Kinder sind: Bis zu einem Alter von fünf Jahren ist das reine nächtliche Einnässen noch physio-
logisch. Da darf man gar nicht von etwas Krankhaftem sprechen, wenn sonst am Tag keine Symptome und keine Komorbiditäten vorhanden sind. Hier gibt es unterschiedliche Zahlen: Zwischen 15 und 33 % sind mit fünf Jahren immer wieder mal nachts nass, was allerdings noch völlig normal ist. Mit jedem Jahr werden mehr Kinder trocken – das ist die spontane Remissionsrate von 15 % pro Jahr, sodass bei Beginn der Pubertät noch etwa ein bis drei Prozent der Kinder nachts einnässen.
Die Zahlen hinsichtlich der Tagsymptomatik sind noch viel schwieriger zu beurteilen, weil diesbezüglich oft gar nicht nachgefragt wird. Betrachtet man aber solche Daten, kann man wohl davon ausgehen, dass etwa 8-10 % der Siebenjährigen betroffen sind. Wenn die Kinder älter werden, reduziert sich das. Aber letztendlich lassen sich diese Zahlen schlecht validieren.
Sie haben bereits die Leitlinien erwähnt. Wie hilfreich sind sie in der ärztlichen Praxis?
Diese sind insofern hilfreich, als darin klare Definitionen angeführt und die verschiedenen Formen der Enuresis erläutert werden. Die Diagnostik wird ebenfalls detailliert beschrieben. Wenn Kinder älter als fünf Jahre sind oder wenn sie vier, fünf Jahre alt sind und noch massive Tagprobleme haben, kann man durchaus mit einer Diagnostik beginnen. Je nach Ursache wird die Therapie gewählt. Optionen reichen von der medikamentösen bis zur Urotherapie.
Welche Untersuchungen und Therapien sind sinnvoll und welche sind sogar kontraproduktiv?
Wichtig ist eine gründliche Anamnese. Ein rein bettnässendes Kind, bei dem eine monosymptomatische Enuresis nocturna vorliegt, hat keine Tagsymptome. Wenn Tagsymptome auftreten, ändert sich die Diagnose und dann muss anders behandelt werden. Diese Informationen sind entscheidend.

Prof.in Dr.in Daniela Schultz-Lampel, Fachärztin für Urologie und Spezielle Urologische Chirurgie, Direktorin Kontinenzzentrum Südwest, Schwarzwald-Baar Klinikum, im Gespräch.

Wir machen auch eine körperliche Untersuchung, bei der wir immer wieder Kinder herausfischen, die eine organische Störung haben, eine Spina bifida occulta zum Beispiel. Bei der Sonografie sehen wir uns die Blasenwanddicke an, darüber hinaus, ob Restharn vorhanden ist, die Breite des Rektums und die Nieren. Wir führen zudem eine Harnstrahlmessung durch. Mit diesen nichtinvasiven Untersuchungen ergründen wir die Ursachen, danach können wir gezielt therapieren.
Welche Rolle spielt das Geschlecht des Kindes?
Buben haben häufiger eine reine Enuresis nocturna, Mädchen weisen häufiger eine überaktive Blase oder dieses „chronische Zurückhalten“ auf. Auch Harnwegsinfekte kommen bei Mädchen wesentlich öfter vor.
Anatomisch bedingt ...
Genau, aber nicht nur. Mädchen halten Harn und Stuhl gerne mal zurück und sind häufig verstopft. Wenn man eine Behandlung einleitet, gibt es einen Leitspruch: Komorbiditäten müssen zuerst behandelt werden, dann die Tagsymptomatik und danach erst das nächtliche Einnässen. Und das geschieht leider oft nicht. Das heißt, es ist für uns essenziell,

eine an die Pathophysiologie angepasste Behandlung durchzuführen.
Wann sollte eine Überweisung an Spezialist:innen erfolgen?
Eltern sind mittlerweile gut informiert und viele wenden sich direkt, ohne eine Überweisung von der Kinderärzt:in, an die jeweiligen Zentren. Kinderärzt:innen überweisen, wenn die Kinder vier oder fünf sind und nach einiger Zeit der Beobachtung keine Besserung eingetreten ist, bzw. bei Auffälligkeiten, etwa einer Balkenblase oder einer Hydronephrose. Als Kinderurolog:innen kümmern wir uns dann um diese Fälle.
Wie üblich ist das multidisziplinäre Arbeiten in dem Bereich?
Es wäre sehr sinnvoll, insbesondere wenn Verhaltensauffälligkeiten vorhanden sind: etwa bei Kindern, die
vermeiden, auf die Toilette zu gehen, eine Toilettenphobie oder ein Toilettenverweigerungssyndrom haben, sowie bei den chronisch obstipierten. In solchen
Fällen wäre vor allem die Zusammenarbeit mit einer Kinderpsychiater:in oder einer Kinderpsycholog:in wichtig, was jedoch häufig an einem Kapazitätsproblem scheitert, da eine Kooperation aus Mangel an Kolleg:innen nicht stattfinden kann.
Bei den chronisch obstipierten Kindern braucht man manchmal eine Kindergastroenterolog:in – das kommt aber eher selten vor. Aber nicht nur die interdisziplinäre, sondern auch eine gute interprofessionelle Kooperation mit den Urotherapeut:innen und dem Pflegepersonal ist wesentlich.
Wie sollten Mediziner:innen auf Vorurteile und Falschinformationen der Eltern reagieren?
Die Eltern fokussieren sich oft und denken, das Einnässen sei das große Problem. Man muss sie diesbezüglich wirklich aufklären und ihnen sowie den Kindern die Zusammenhänge veranschaulichen, die Physiologie und die Pathophysiologie, wie die Blase funktioniert, wie Stuhlgang und Verstopfung entstehen.
Welches Fazit wollen Sie den niedergelassenen Ärzt:innen mitgeben?
Das Wichtigste ist, vollständig zu klären, welche Form der Enuresis bei einem Kind vorliegt. Das nächtliche Einnässen geht oft mit Komorbiditäten oder mit einer Tagsymptomatik einher, und wenn man das nicht erkennt, ist die Behandlung des nächtlichen Einnässens frustran. Werden zuerst die Komorbiditäten beseitigt, hört das nächtliche Einnässen oft von allein auf oder kann zum Beispiel mit Alarmsystemen behandelt werden. Das A und O sind die Trink- und Miktionsprotokolle. Durch sie erhält man schon viele notwendige Informationen über das Kind und kann dieses, in der Regel, gut therapieren.
Das Interview führte Justyna Frömel, Bakk. MA.
Mikrokosmos Darm
Was dem guten Gedeihen von Babys und Kleinkindern förderlich ist
Das Darmmikrobiom von Neugeborenen wird bereits bei der Geburt und in den ersten Lebensmonaten entscheidend geprägt. „ Die Zusammensetzung des Mikrobioms ist nach einer Vaginalentbindung wesentlich besser als nach einem Kaiserschnitt“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Bernhard Resch, Stv. Leiter der Klinischen Abteilung für Neonatologie und der Forschungseinheit für Neonatale Infektionserkrankungen und Epidemiologie der Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde an der Med Uni Graz. Weitere Faktoren wie die Geburtsumgebung (Hausgeburt, Hebammenhaus, Klinik, Sanatorium) sowie die Notwendigkeit eines längeren Aufenthalts auf einer Neugeborenenstation oder gar auf einer Intensivstation (NICU) beeinflussen laut dem Experten ebenfalls die Zusammensetzung des Darmmikrobioms, auf die sich insbesondere die Gabe von systemischen Antibiotika stark auswirkt. Auch der Zeitpunkt der Geburt sei wesentlich: „ Es spielt eine Rolle, ob das Neugeborene extrem unreif, nur wenige Wochen zu früh oder termingerecht auf die Welt gekommen ist“, erklärt Prof. Resch.
Stillen in Kombination mit Bifidobakterien
Da es einige Wochen dauert, bis sich das Darmmikrobiom zu einem reifen, vielfältigen und in der Zusammensetzung stabilen Mikrobiom entwickelt hat – nach einer Frühgeburt oder Sectio-Entbindung, wie bereits erwähnt, noch länger –, wäre es laut Prof. Resch bei Risikobabys sinnvoll, Probiotika zu verabreichen: „Vorteilhaft ist die Kombination von Stillen und der Gabe von Bifidobakterien. Denn die Muttermilch enthält die HMOs (humane Milcholigosaccharide), die von diesen Bakterien als Nahrung benötigt werden“, so der Experte. „Wenn hingegen der Säugling ausreichend trinkt und gut an Gewicht zunimmt, ändert sich durch die Art der Ernährung wenig bis nichts “
„Muttermilch enthält alles, was ein Baby von Beginn an braucht, und sie stärkt die Abwehrkräfte“, betont die Diätologin Jacqueline Haubenberger, BSc., „wobei auch industriell hergestellte Säuglingsanfangsnahrungen der Muttermilch so angepasst sind, dass die Babys alles bekommen, was ihr Körper benötigt.“ Prof. Resch bestätigt, dass Stillen die beste Option für Säuglinge sei, befindet die Formulanahrungen aber ebenfalls für eine geeignete Alternative, wobei in den ersten vier Monaten darauf zu achten sei, dass die Kinder eine Pre-Nahrung erhielten, die der Muttermilch am besten angepasst und somit perfekt auf die kindlichen Bedürfnisse abgestimmt sei.
EXPERT:INNEN-TEAM:

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Resch
1. Stv. Abteilungsleiter Klinische Abteilung für Neonatologie u. Forschungseinheit für Neonatale Infektionserkrankungen u. Epidemiologie; Klinik für Kinder- u. Jugendheilkunde; Med Uni Graz

Jacqueline Haubenberger, BSc. Diätologin Fachbereich Gesundheitsförderung, Prävention und Public Health, ÖGK
sollten nicht vor dem ersten Lebensjahr verabreicht werden.“
Der Mediziner kritisiert allerdings die Herstellerangaben auf den Muttermilchersatzprodukten: „L eider steht auf den Verpackungen von Milchnahrungen der Stufe I, dass diese schon von Anfang an geeignet seien, obwohl das frühestens mit der Beikosteinführung der Fall wäre, und Stufe-II-Nahrungen
Je nachdem, ob ein Säugling gestillt werde oder nicht, unterscheide sich die Zusammensetzung des Darmmikrobioms. Ohne zusätzliche Faktoren wie Infektionen, andere Erkrankungen oder zwischenzeitliche Spitalsaufenthalte entstehen laut Prof. Resch jedoch keine gesundheitlichen Folgen. „ Persönlich sehe ich kaum Indikationen für die zahlreichen Probiotikagaben an junge Säuglinge – oft wird eine Stärkung des Immunsystems oder gutes Gedeihen etc. ohne jegliche Evidenz behauptet “ Der Experte unterstreicht, dass die meisten Probiotika lediglich Nahrungsergänzungsmittel darstellten und daher nicht in Studien, wie es sonst bei Medikamenten erforderlich sei, an gesunden sowie kranken Proband:innen getestet worden seien. „ Ein bei Risikoneugeborenen auf unserer NICU eingesetztes Probiotikum ist Lactobacillus casei rhamnosus, das exakt die angegebene Wirkstoffmenge enthält. Daher verwenden wir es erfolgreich zur
„Vorteilhaft ist die
Kombination von Stillen und der Gabe von Bifidobakterien. Denn die Muttermilch enthält die
HMOs, die von diesen Bakterien als Nahrung benötigt werden.“
Univ.-Prof. Dr. Bernhard Resch
Verhinderung der lebensbedrohlichen nekrotisierenden Enterokolitis (NEC). Auch während und nach einer antibiotischen Therapie geben wir den Neugeborenen bzw. jungen Säuglingen das Probiotikum in einer Dosierung von 2 x 0,5 Beutel täglich .“

Verdauen will gelernt sein
Säuglinge, die beim Trinken viel Luft schluckten, würden häufig unter Blähungen und diffusen Bauchschmerzen leiden, die den Eltern Sorgen und schlaflose Nächte bereiten könnten, weiß Prof. Resch zu berichten: „ Die soge-
nannten Bauchkoliken werden immer mehr oder weniger bestehen, da sich das Gewicht des jungen Säuglings in den ersten drei bis sechs Monaten verdoppelt und bis zum ersten Geburtstag verdreifacht “ In diesen Fällen empfiehlt er z. B. Simethicon, das Bifidobacterium bzw. Lactobacillus reuteri .
Auch Diätologin Haubenberger kennt aus ihrer Praxiserfahrung (siehe INFO) die Bedenken vieler Eltern, wenn es um die Verdauung ihrer Babys sowie um die richtige Ernährung geht: „ Das Verdauungssystem eines Neugeborenen ist noch nicht ausgereift. Erst nach und nach gewöhnt sich der Säugling an die neuen Verdauungsprozesse.“ Werde ein Baby voll gestillt bzw. bekomme es Flaschennahrung, sei die Stuhlkonsistenz und -frequenz sehr variabel. Durchfall und Verstopfung würden dabei meist infolge von Infektionen vorkommen. Mit der Einführung der Beikost, in der Regel um den sechsten Lebensmonat, verändere sich das Stuhlverhalten und Eltern sollten auf eine vielfältige und ausgewogene Ernährung achten, um die Darmgesundheit zu fördern. „Gesäuerte Milchprodukte wie Joghurt oder Buttermilch, aber auch Vollkornprodukte wie fein vermahlenes Vollkornbrot, Vollkornnudeln oder Vollkorngetreide leisten ab dem Kleinkindalter einen wichtigen Beitrag für die Darmgesundheit “ , hebt die Expertin hervor. Wenn das Kind zu Obstipation neigt, empfiehlt die Diätologin, stopfende Lebensmittel wie Bananen oder geriebene Äpfel zu vermeiden und sie beispielsweise durch Birnen oder Zwetschken zu ersetzen. Außerdem sollte das Kind ausreichend trinken, am besten Wasser. Alternativ könne man die Mahlzeit, etwa einen Brei, etwas flüssiger zubereiten, wobei nicht auf die Zugabe von Öl vergessen werden sollte – ratsam seien 1-2 TL Öl (z. B. Bio-Rapsöl) pro 100 g Brei. Oft verbessere sich das Stuhlverhalten bereits durch diese Maßnahmen.
Geduld und Abwechslung
Kinder, die scheinbar wählerisch beim Essen sind, können Eltern schon einmal vor Herausforderungen stellen. Die Diätologin rät hier zu Geduld, denn es könne mehrere Versuche brauchen, bis ein Kind ein neues Lebensmittel akzeptiere. Eine entspannte Atmosphäre beim Essen ohne Ablenkung und Druck sei wichtig. Dabei sollten Eltern das Essverhalten ihres Kindes nicht kommentieren (z. B. „ Das ist gesund“ oder „ Süßigkeiten sind schlecht für die Zähne“) und immer wieder verschiedene Lebensmittel in unterschiedlicher Form anbieten. „Viele Lieblingsspeisen schmecken auch in abgewandelter Form, etwa selbst gemachte Vollkornpizza, Faschierte Laibchen mit hohem Gemüseanteil (z. B. Karotten oder Zucchini) oder Palatschinken mit Gemüsefüllung“, so die Diätologin. All das könne dazu beitragen, die Akzeptanz neuer Speisen zu erhöhen. Auch das Einbeziehen der Kinder in das Einkaufen und Kochen
könne ihr Interesse an neuen Nahrungsmitteln und am Essen generell steigern. Die Vorbildrolle der Angehörigen sei diesbezüglich nicht zu vernachlässigen. Süßes dürfe ebenfalls Teil einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung sein. Es sollten keine Verbote ausgesprochen werden. „Idealerweise bietet man Süßes in Form von Selbstgemachtem an, etwa Fruchtjoghurt, Kuchen oder mit Schokolade überzogene Obstspieße, da man so noch den positiven Nebeneffekt erzielt, dass man wichtige Nährstoffe mit abdeckt. Als Belohnung eignet sich Süßes aber nicht“, gibt die Diätologin zu bedenken.
Fazit
Durch eine bewusste Gestaltung der Ernährung können Eltern entscheidend zur Darmgesundheit ihrer Kinder beitragen. Das gilt es ihnen zu vermitteln. Ob durch Stillen, die Auswahl einer geeigneten Formulanahrung oder die Einführung einer ausgewogenen
Beikost – jede Entwicklungsphase des Kindes bietet die Möglichkeit, das Mikrobiom positiv zu beeinflussen und so die Grundlage für ein gesundes Leben zu legen.
INFO
Richtig essen von Anfang an!
Ein Gemeinschaftsprogramm der AGES, des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und des Dachverbands der Sozialversicherungsträger mit wissenschaftsbasierten und kostenlosen Informationen zur Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie zur Ernährung im Kindesalter von 0 bis 10 Jahren. Weitere Infos unter richtigessenvonanfangan.at/de
Kostenlose Ernährungsworkshops der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) –Termine und Anmeldung: gesundheitskasse.at/revan


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Adipositas: Prävention im Kindesalter ist das A und O
Eine Projektstudie entwickelte ein wirksames
Programm zur Vorbeugung
Längst handelt es sich um eine Gesundheitskrise: Die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas steigt seit Jahren rasant, bei Kindern und Jugendlichen noch deutlicher als bei Erwachsenen.
Laut dem WHO-Bericht von 2022 sind europaweit 27 % der 5- bis 19-jährigen Mädchen und 29 % der gleichaltrigen Buben übergewichtig oder adipös.1 Österreich liegt hier mit 21-29 % (große regionale Unterschiede) und 31-32 % über dem europäischen Durchschnitt.2 Adipös waren in Europa 2020 laut World Obesity Atlas 8 % der Mädchen und 13 % der Buben im selben Alter. Es wird geschätzt, dass sich diese Anteile bis 2035 auf 14 % bzw. 21 % erhöhen werden.3
Expert:innen verfolgen die Entwicklung mit Sorge. Denn wer als Kind übergewichtig ist, bleibt das meist auch als Erwachsener. Und (krankhaftes) Übergewicht erhöht bekanntlich das Risiko vieler Leiden, insbesondere kardiovaskulärer Erkrankungen und eines Diabetes mellitus, und ist mit einer deutlichen Übersterblichkeit assoziiert. Damit belasten hohe Präva-
lenzen nicht nur das Gesundheitssystem: Menschen mit hohem Body-Mass-Index (BMI) sind durchschnittlich auch am Arbeitsmarkt weniger lang verfügbar und senken damit die gesamtwirtschaftliche Produktivität. Die Adipositastherapie lässt in Österreich aber noch zu wünschen übrig. Erst Anfang des Jahres zeigte eine Studie auf, dass nur wenige Institute mit wissenschaftlich fundierten Methoden arbeiten4 – zu Präventionsmaßnahmen soll es bisher überhaupt keine Studien gegeben haben.
Erste Studie über Prävention
Vor diesem Hintergrund initiierte das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) ein Projekt mit dem sperrigen Titel „ Effects of sports and diet training to prevent obesity and secondary diseases and to influence young children‘s lifestyle“5 – einprägsamer ist das Akronym „EDDY“ Damit sollten Methoden zur Prävention von Übergewicht bei Kindern und Ju-
gendlichen entwickelt werden. Hier sehen die Forscher:innen nämlich den besten Ansatzpunkt, um gegenzusteuern.
Das Projekt brachte in den vergangenen Jahren bereits mehrere Publikationen zum Thema hervor. Die jüngste Studie setzte sich zum Ziel, die Wirksamkeit des so entstandenen „ EDDY“-Programms zu evaluieren. Über zwei Jahre führten die Forscher:innen an einer Wiener Volksschule eine kombinierte Intervention, bestehend aus Ernährungs- und Sportschulungen, durch. Die teilnehmenden Kinder wurden mit jenen an zwei Kontrollschulen verglichen: Dort fand keine Intervention statt, das Bewegungsprogramm orientierte sich in einem Fall am Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, im anderen an der Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur (ASKÖ). Die Ernährungsintervention an der „EDDYSchule“ bestand aus Schulungen zu gesundem Essen, Lebensmittelgruppen und Lebensmittelproduktion. Als Basis hierfür diente der von der ÖAIE zu-
sammengestellte „Gesunde Teller“ Auch der Unterschied zwischen natürlichen und verarbeiteten Nahrungsmitteln wurde den Schüler:innen vermittelt. Die Sportintervention erfolgte im Zuge des Turnunterrichts. Dabei setzten die Wissenschafter:innen unterschiedliche Trainingsarten ein und analysierten auch die Bedürfnisse der Kinder, um ihre Motivation gezielt zu fördern. „ Das Ziel war, die Kinder während der Sportstunde so viel wie möglich in Bewegung zu bringen. Normalerweise spielen sie nur Völkerball. Die Nettobewegungszeit eines durchschnittlichen Volksschulkindes beträgt sieben Minuten pro Turnstunde“, erläutert Ass.-Prof.in Dr.in Rhoia Clara Neidenbach vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Wien, welche die Sportkomponente des Projekts leitete, bei einem Pressegespräch*.
Deutliche Verbesserungen
Die Effekte des EDDY-Programms wurden regelmäßig anhand mehrerer Parameter überprüft. Dazu zählten Körpergewicht und -größe sowie der daraus resultierende BMI, Taillen- und Bauchumfang, der Motoriktest DMT 6-18, außerdem qualitative und quantitative Fragebögen. Das Ergebnis: Die Interventionsschule schnitt in fast allen Bereichen besser ab als die Kontrollgruppe. Der BMI nahm bei den Buben signifikant ab, bei den Mädchen zeigte der Trend ebenfalls nach unten. Die sportmotorischen Fähigkeiten verbesserten sich und die Kinder waren signifikant häufiger auch außerschulisch sportlich aktiv als die Kontrollgruppe. Langzeitdaten fehlen zwar noch, letzterer Punkt könnte aber darauf hinweisen, dass das Programm zu einem nachhaltig aktiveren Lebensstil beiträgt. Auch die Lebensqualität der Kinder wurde untersucht. Das körperliche Wohlbefinden verbesserte sich nur in der Interventionsschule, das psychische in den beiden Schulen mit erhöhter sportlicher Aktivität. Die Lebensqualität im schulischen Kontext blieb in der Interventionsschule unverändert, während sie in den beiden anderen Schulen abnahm. Und die Gesamtlebensqualität, die im Laufe der Volksschulzeit generell immer weiter sinkt, stieg in beiden Schulen mit vermehrtem Sportunterricht.
Der Projektleiter und Präsident der ÖAIE, Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, ist überzeugt: „ Das EDDY-Projekt zeigt als einzige wissenschaftlich fundierte Maßnahme, dass die Einbremsung der Adipositaspandemie möglich ist “ Prof.in Neidenbach stimmt ihm zu: „ A ngesichts der alarmierenden Übergewichtsrate und Bewegungsarmut in Österreich ist es wichtig, diesen präventiven Ansatz allen Kindern zugänglich zu machen.“
Felicia Steininger
* Pressegespräch des ÖAIE: „Prävention wirkt! Ergebnisse zur Einbremsung der Adipositas-Epidemie bei Kindern“, 20.08.2024.
Quellen:
1 WHO Regional Obesity Report 2022.
2 Childhood Obesity Surveillance Initiative (COSI), Bericht Österreich 2020.
3 World Obesity Atlas 2023.
4 Bhardwaj J et al., Wiener Klinische Wochenschrift 2024, 136 (Suppl 6): 125–317.
5 oeaie.org/projekte/laufende-projekte/projektstudie-eddy
Gesund aufwachsen mit der ÖGK
Leichter leben Kids & Teens
Genießen, entdecken, unbekümmert sein – gerade kleinen Patientinnen und Patienten wünschen wir die Zuckerseiten des Lebens. Sie dürfen Dinge ausprobieren, ihre Persönlichkeit entwickeln und die Grundsteine für ihr späteres Leben legen. Um dieses gesund zu gestalten, braucht es Verständnis dafür, was einem selbst guttut – und wann es zu viel des Guten ist.
Denn Übergewicht bzw. Adipositas stellt bereits im Kindes- und Jugendalter ein zunehmendes Problem dar. Mit speziellen Bewegungs- und Ernährungsprogrammen für Kinder und Jugendliche setzt die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) daher schon in jungen Jahren an, um einen gesunden Lebensstil zu stärken und späteren Erkrankungen vorzubeugen.
gesundes Ernährungsverhalten, entdecken neue Freude an der Bewegung und werden achtsamer im Umgang mit den Bedürfnissen des eigenen Körpers. Denn das richtige Rezept zum Abnehmen hat nicht nur mit dem Essen zu tun, sondern auch mit Körper und Geist.
Gesundes Gewicht ist Familiensache Ein zentraler Erfolgsfaktor bei allen Programmen: Die ganze Familie wird einbezogen. Ob Eltern, Großeltern, Geschwister oder darüber hinaus –geht es um die Gesundheit der Kinder, wird das Ziel zur Familiensache. Die Expertinnen und Experten arbeiten daher nicht nur mit den Kleinsten, sondern geben auch dem direkten Umfeld wertvolle Tipps mit, wie der Alltag in kleinen Schritten gesünder gestaltet werden kann.

Gut versorgt direkt vor Ort
Mit regionalen Kooperationspartnern direkt vor Ort hat die ÖGK in den letzten Jahren ihr Angebot deutlich ausgeweitet. Unter dem Schlagwort „Leichter leben Kids & Teens“ bietet sie nun von der Bundeshauptstadt bis zum Bodensee vielfältige und kindergerechte Programme, die zu einem gesunden Lebensstil motivieren.
In Gruppenkursen mit Gleichaltrigen werden die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei unterstützt, ihre Routinen positiv zu verändern. Im Fokus stehen Ernährung, Bewegung und die Psyche. Die Kinder und Jugendlichen erlernen ein
Details und Anmeldeinformationen Sie sind Ärztin bzw. Arzt für Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendheilkunde? Machen Sie Familien gerne auf das kostenlose Angebot „Leichter leben Kids & Teens“ aufmerksam. Die Programme werden derzeit unter folgenden Namen regional umgesetzt:
Wien: Enorm in Form (für 6- bis 14-Jährige)
Kärnten: Down & Up (für 8- bis 17-Jährige) Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Oberösterreich: easykids – gesund aufwachsen (für 6- bis 14-Jährige) – für diese Programme ist eine ärztliche Anamnese und Zuweisung erforderlich In Burgenland, Niederösterreich und in der Steiermark sind die Programme derzeit in Planung.
Zielgruppe sind Familien mit übergewichtigen bzw. adipösen Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 14 Jahren bzw. 8 bis 17 Jahren und einer BMI-Perzentile von > 90 bis 99,5.
Alle Informationen finden Sie und interessierte Familien unter www.gesundheitskasse.at/leichterlebenkids.
Erkältungskrankheiten und ihre Begleiterscheinungen
Empfehlungen für Analgesie und Antipyrese bei pädiatrischen Patient:innen
Atemwegsinfektionen gehören bei Kindern zu den häufigsten Gründen für einen Besuch bei Fachärzt:innen für Pädiatrie sowie bei Allgemeinmediziner:innen. Der Großteil jener Erkrankungen wird durch virale Erreger hervorgerufen.1 Bakterielle Infektionen können sich aber ebenfalls im Rahmen von Erkältungskrankheiten einstellen. Sie treten z. B. sekundär auf und verursachen Krankheitsbilder wie Otitis media oder eitrige Sinusitis. 2 Grippale Infekte im Kindesalter wecken in Eltern oft den Wunsch, mehr als nur eine symptomatische Therapie einzuleiten. Hier können im Beratungsgespräch auch Missverständnisse in Bezug auf die systemische Antibiotikatherapie aufgeklärt werden, denn häufig liegt in der Bevölkerung die
Annahme vor, dass diese auch antipyretisch wirksam sei. 3
Einschätzung und Therapie von kindlichem Schmerz
Grippale Infekte sowie Erkrankungen des oberen und unteren Respirationstrakts können mit verschiedenen Schmerzzuständen einhergehen. Eine Befragung von knapp 8.000 Eltern darüber, welche Schmerzarten sie bei ihren Kindern unter 18 Jahren am häufigsten wahrnehmen (und selbst behandeln), identifizierte u. a. folgende Spitzenreiter:
• Halsschmerzen: 72 %,
• Schmerzen bei Atemwegserkrankungen: 71 %,
• Kopfschmerzen: 54 %,
• Ohrenschmerzen: 54 %.4

Das Erheben der Schmerzintensität und -lokalisation stellt gerade bei den Kleinsten eine Herausforderung dar, allerdings gibt es auch hier erprobte Instrumente für die Anamnese. Für die Neonatalperiode (siehe Tab. 1) und das Kleinkindalter (siehe Tab. 2) sind Fremdbeurteilungsskalen zur Einschätzung der Schmerzen geeignet. Tab. 2 kann ebenso bei älteren Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, wenn die kommunikativen Kompetenzen eingeschränkt sind. Ab dem Vorschul- bzw. Schulalter können Kinder die Intensität ihrer Schmerzen in der Regel bereits selbst gut anhand von Skalen einordnen, z. B. anhand der revidierten Gesichterskala nach Bieri. Wird eine Skala von 0 (= kein Schmerz) bis 10 (= sehr
…und TSCHAU MIT AU!

Gegen Schmerzen und Fieber



starker Schmerz) verwendet, sollten Ärzt:innen ab einem Schmerzstärkegrad von 4 Maßnahmen zur Analgesie setzen. 5
Als Mittel der Wahl für die Analgesie gelten bei Kindern die Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen. Paracetamol darf ab der Geburt eingesetzt werden, ab drei Monaten ist auch eine Behandlung mit Ibuprofen möglich. Für Paracetamol gelten bei Kindern über zwei Monate mit leichter Schmerzsymptomatik 10-15 mg/kg als optimale Dosis, die tägliche Maximaldosis beträgt 60 mg/kg. Für Kinder bis 35 kg mit leichten Schmerzen werden 5-10 mg/kg Ibuprofen empfohlen und eine Tageshöchstdosis von 30 mg/kg. Kindern über 40 kg Körpergewicht können alle sechs Stunden 400 mg Ibuprofen verabreicht werden. 4

TABELLE 1: NEONATAL INFANT PAIN SCALE (NIPS)5
0 1 2
Gesichtsausdruck Entspannt Grimassieren, angespannt
Weinen/Schreien Ruhig Wimmern, eises Stöhnen Energisches Schreien
Atemmuster Entspannt Tachypnoe, Dyspnoe, Apnoen
Arme Ruhig, entspannt Gebeugt oder gestreckt, angespannt
Beine Ruhig, entspannt Gebeugt oder gestreckt, angespannt
Wachheit Ruhig schlafend oder wach und aufmerksam Unruhig, irritiert
TABELLE 2: KINDLICHE UNBEHAGENS- UND SCHMERZSKALA NACH BÜTTNER (KUSS)5
0 1 2
Weinen Gar nicht Stöhnen, Jammern, Wimmern Schreien
Gesichtsausdruck Entspannt, Lächeln Mund verzerrt Mund und Augen grimassieren
Rumpfhaltung Neutral Unstet Aufbäumen, Krümmen
Beinhaltung Neutral Strampelnd, tretend Beine an den Körper gezogen
Motorische Unruhe Nicht vorhanden Mäßig Ruhelos
Wie viele Infekte sind bei Kindern normal?
Akute Atemwegsinfekte häufen sich vor allem im Vorschulalter: Bis zu acht Erkrankungen jährlich gelten als normal, im Lauf des Lebens werden sie zunehmend seltener. So reduziert sich die Anzahl jener Infektionen im Erwachsenenalter auf durchschnittlich zwei bis drei pro Jahr. 3 Werden noch andere Infektionen mit leichtem Verlauf, etwa Otitis media, Tonsillitis und gastrointestinale Infektionen, hinzugerechnet, so sind bis zum Schuleintritt bis zu zwölf Krankheitsfälle pro Jahr physiologisch.6
In bestimmten Fällen sollten die behandelnden Ärzt:innen allerdings auch an das Vorliegen eines primären Immundefekts denken. In Bezug auf Erkältungskrankheiten und Atemwegsinfektionen sind bei Kindern folgende Warnzeichen relevant:
• acht oder mehr eitrige Otitiden pro Jahr bzw. komplizierte Verläufe im Sinne einer Mastoiditis,
• zwei oder mehr Sinusitiden pro Jahr,
• zwei oder mehr Pneumonien innerhalb eines Jahres.7
Antipyretische Maßnahmen und gefährliche Verläufe
Fieberhafte Infekte treten im Kindesalter ebenfalls häufig auf, meist sind sie mit Allgemeinsymptomen wie Gliederschmerzen oder Abgeschlagenheit vergesellschaftet. Viele Eltern haben Angst davor, dass Fieber ihrem Kind schaden könnte. 3 Es gibt zwar keine absolute Grenze, aber in der Regel sollte Fieber ab 40 Grad Celsius gesenkt werden. 8 Wenn Eltern bzw. andere Betreuungspersonen bereits bei leichtem Fieber antipyretische Maßnahmen fordern, sollten die behandelnden Ärzt:innen im Hinterkopf behalten, dass fiebersenkende Maßnahmen den Krankheitsverlauf gegenüber Placebo oftmals nicht signifikant beeinflussen. Darum sollten bei der Entscheidung für oder gegen eine Antipyrese auch andere Faktoren berücksichtigt werden, etwa die Frage, ob gleichzeitig Kopf- oder Gliederschmerzen bestehen, welche durch die Wirkstoffe Ibuprofen und Paracetamol ebenfalls gelindert werden können. 3
Von einer Antipyrese bzw. Analgesie mit Acetylsalicylsäure (ASS) sollte bei Kindern und Jugendlichen abgesehen werden, da sie das Reye-Syndrom auslösen kann, welches sich fast nur bei unter 18-Jährigen manifestiert. Das Risiko eines Auftretens jener akuten Enzephalopathie kann bei Influenza A, Influenza B oder Varizellen, die mit ASS behandelt werden, sogar um das bis zu 20Fache ansteigen.9
Genauso sind bei Auftreten von Fieber und/oder Schmerzen gefährliche Krankheitsverläufe im Blick zu behalten: Neben Exsikkose müssen daher auch Anzeichen einer Meningitis erkannt werden. Verfügt ein Kind über eine gute Spontanmotorik, ist jene Erkrankung unwahrscheinlich. Ein Verdacht auf eine meningeale Reizung besteht allerdings, wenn ein Kind steif und immobil ist, ins Behandlungszimmer getragen werden muss und Kopfbewegungen weder aktiv noch passiv möglich sind. 3
Mag.a Marie-Thérèse Weitzl, BSc, BSc
Quellen:
1 Simon A et al., Dtsch Arztebl 2016; 113(21): [14].
2 Tesini BL, MSD Manual 2022; Grippaler Infekt.
3 Jobst D et al., Kapitel 10: Atemwegsinfekte. In: Jobst D (Hrsg.), Elsevier 2020, München; Facharztprüfung Allgemeinmedizin in Fällen, Fragen und Antworten.
6. Auflage, 197-218.
4 Zempsky W et al., Pediatric Drugs 2023; 25: 321-341.
5 Ebinger F, Springer Medizin 2019; Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen.
6 Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V., DGKJ-Elterninformation 2024; Mein Kind hat ständig Infekte …
7 Wahn V, Arztinformationen zu primären Immundefekten (PID) und unserem Immunsystem 2022; Primäre Immundefekte.
8 Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V., DGKJ-Elterninformation 2024; Mein Kind hat Fieber.
9 Raab CP, MSD Manual 2023; Reye-Syndrom.
Unter den seltenen Krankheiten häufig
Friedreich-Ataxie manifestiert sich oft in jungen Jahren
Mit einer Inzidenz von 1 : 50.000 stellt sie die häufigste erblich bedingte Störung der Bewegungskoordination dar: die Friedreich-Ataxie (FA). Menschen mit dieser autosomalen rezessiven Krankheit fallen etwa durch Gang- und Koordinationsstörungen auf – der Verlauf ist durch stetige Progredienz gekennzeichnet. Die klinische Symptomatik ist Ausdruck einer Kleinhirnatrophie sowie einer Degeneration der Hinterstränge. Jene Erkrankung kann die Lebensqualität massiv beeinträchtigen und bis hin zu einem Pflegebedarf führen. Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig: Patient:innen können schneller an spezialisierte Zentren überwiesen werden und geeignete Behandlungen erhalten.
Erste Anzeichen
Meist zeigen sich erste Symptome zwischen dem 8. und dem 15. Lebensjahr. Die Krankheit kann sich aber auch schon früher in der Kindheit oder erst im jungen Erwachsenenalter manifestieren. Bei den Jüngeren ist tendenziell eine schwerere Krankheitsprogression zu verzeichnen. Initial besteht eine ataktische Gangstörung – im pädiatrischen Setting bemerken meist die Eltern diesbezüglich eine Veränderung. Betroffene Kinder erscheinen zunehmend ungeschickter, im Sportunterricht fallen sie durch Gleichgewichtsstörungen oder schlechtere Leistungen, etwa beim Fußballspielen, auf. Auch ein verändertes Schriftbild kann sich zeigen. Außerdem finden sich abgeschwächte oder fehlende Muskeleigenreflexe der unteren Extremität und ein positives Babinski-Zeichen. Allmählich können weitere Symptome wie Dysarthrie oder Dysphagie hinzukommen. Auch orthopädische Probleme wie Hohl- und Spitzfußbildung oder internistische Begleitsymptome – beispielsweise hypertrophe Kardiomyopathien, im Verlauf dann meist selbstlimitierende Arrhythmien –zählen zum klinischen Bild. Gehäuft beobachtet wird auch ein Diabetes mellitus. In der Regel führt die Friedreich-Ataxie

zu Immobilität – die Lebenserwartung liegt bei etwa 40 Jahren.1 Die Krankheit entsteht durch eine GAA-Repeat-Expansion im FrataxinGen (FXN) auf beiden Allelen. FXN hat eine Schlüsselrolle in der Eisenhomöostase – ein Frataxin-Mangel beeinträchtigt die mitochondriale Funktion, die Stabilität des zellulären Eisens und die Abwehrmechanismen gegen oxidativen Stress.2 Um die Erkrankung zu bestätigen, benötigt man eine genetische Untersuchung: Für einen zuverlässigen Nachweis der GAA-Repeat-Expansion sollte man einen spezifischen FXNGentest mit Sequenzanalyse anfordern.
Neues Medikament
Bis vor Kurzem gab es keine ursächliche Therapie. Seit Februar 2024 ist ein Medikament für Personen ab 16 Jahren zugelassen, welches das Fortschreiten der FA verlangsamen kann: Omaveloxolon –ein Nrf2(„nuclear factor erythroid-derived 2-related factor 2“)-Aktivator. Nrf2 spielt eine zentrale Rolle beim Schutz vor oxidativem Stress. Wie Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie
MOXIe zeigen, verbesserten sich die neurologischen Funktionen der Patient:innen unter Omaveloxolon signifikant.3 Für die unter 16-Jährigen gibt es noch keine Daten, weshalb der Wirkstoff für diese junge Gruppe nicht empfohlen werden kann. Der Fokus liegt daher bei ihnen auf einer neurorehabilitativen Therapie. Das heißt: Mehrmals pro Woche sollten Physio-, Ergo- und logopädische Therapien erfolgen. Ziel ist es, die Funktionalität des Bewegungs-, Sprech- und Schluckapparats so gut wie möglich zu erhalten und Begleiterscheinungen, etwa Skoliose, zu verhindern. Komorbiditäten wie eine Herzbeteiligung sollten gemäß den allgemeingültigen Guidelines behandelt werden. Unerlässlich dabei sind regelmäßige Kontrollen in Form eines jährlichen EKGs und Echokardiogramms. Um Diabetes mellitus früh feststellen zu können, sollte mindestens einmal jährlich der HbA1c-Wert bestimmt werden.
Mag.a Sylvia Neubauer, Mara Anmasser
Literatur:
1 Parkinson MH et al., J Neurochem. 2013; 126; Suppl 1:103-117.
2 Barcia G et al., Eur J Med Genet. 2018; 61(8):455-458.
3 Lynch DR et al., Ann Neurol. 2021; 89(2):212-25.
Negativer Einfluss …
Eliminationsdiät bei Akne?
Die chronisch inflammatorische Hauterkrankung Akne vulgaris betrifft 80-100 % der Menschen im Alter zwischen elf und 30 Jahren. Sie gilt damit als häufigste Dermatose im Jugend- und frühen Erwachsenenalter. Etwa 85 % der Betroffenen haben einen milden Verlauf, während etwa 15 % eine schwere Akne entwickeln. Die Hauterkrankung mindert mehrheitlich die Lebensqualität, die Zufriedenheit mit dem Aussehen und die Selbstsicherheit der jungen Menschen.
Die Ätiologie der Akne vulgaris ist komplex. Eine Rolle spielen etwa die genetische Veranlagung, die Hormone, das Haut- und Darmmikrobiom, psychischer Stress, Luftschadstoffe, aggressive Gesichtspflegeprodukte und bestimmte Medikamente.
Schädigende Wirkung
Auch das Thema Ernährung und Akne wird seit vielen Jahren intensiv diskutiert. Bisher hat das Essverhalten aber nicht als Ursache der Hauterkrankung Eingang in die medizinische Literatur gefunden. Die Autor:innen einer Übersichtsarbeit1 kamen nun zu dem Schluss, dass es immer mehr wissenschaftliche Belege für die schädigende Wirkung bestimmter Nahrungsbestandteile bei der Entstehung von Akneläsionen gibt. Und dass im Gegenzug die Meidung dieser Nahrungsmittel Teil einer multimodalen Aknetherapie werden könnte.
Einen negativen Einfluss haben der Übersichtsarbeit zufolge vor allem Milchprodukte, Schokolade und gesättigte Fette. Alkohol, gesalzene Produkte, Gluten, Eier, Kekse, Mais, Obst, Süßigkeiten, Cola oder Softdrinks könnten ebenfalls an der Entstehung bzw. Progression der Akne vulgaris beteiligt sein. Doch hierzu sei weitere Forschung notwendig, so das Fazit.
Geeignete Anleitung
Genaues Wissen darüber, welche Nahrungsmittel die Dermatose fördern, könnte es den Ärzt:innen künftig ermöglichen, ihren Patient:innen fundierte Empfehlungen für die Durchführung einer Eliminationsdiät zu geben. Therapieziele wären weniger Akneläsionen und eine verbesserte Lebensqualität der jungen Menschen.
KaM
Literatur:
1 Ryguła I, Pikiewicz W, Kaminiów K (2024), Impact of Diet and Nutrition in Patients with Acne Vulgaris. Nutrients 2024, Vol 16, Page 1476, doi.org/10.3390/nu16101476

Behindernde Dysmenorrhoe
Risikopatientinnen früh erkennen

Viele junge Frauen leiden allmonatlich unter Menstruationsbeschwerden. Die Schmerzintensität einer Dysmenorrhoe kann derart steigen, dass sie als Behinderung eingestuft wird. Ein Forscher:innenteam aus Frankreich wollte nun wissen: Wie oft kommt es bei jungen Frauen mit Dysmenorrhoe tatsächlich zu Aktivitätseinschränkungen? Und welche Warnzeichen gibt es?
Für ihre Studie1 filterten die Wissenschafter:innen eine Querschnittskohorte von 6.377 jungen Frauen aus der landesweiten CONSTANCES-Kohorte mit 104.302 Teilnehmerinnen (18-25 Jahre) heraus. Diese füllten Fragebögen zum allgemeinen Behinderungsgrad („Global Activity Limitation“- Skala), zur Schmerzintensität während der Menstruation (visuelle Analogskala von 0 bis 10), zur Dyspareunie und zu anderen Warnzeichen in den vergangenen sechs Monaten aus. Anhand der Ergebnisse konnte ein individueller Behinderungsgrad ermittelt werden. Im weiteren Verlauf wurden die Frauen mit einer – „gewissen“ bis „ starken“–Aktivitätseinschränkung durch Dysmenorrhoe mit jenen ohne eine solche verglichen.
Vorhersagewahrscheinlichkeit
Die Studie ergab, dass etwa 7,5 % der Kohorte eine behindernde Dysmenorrhoe aufwiesen. Bei den Betroffenen
wurde – anders als bei den Frauen ohne Einschränkungen – während der letzten sechs Monate eine Zunahme der Beschwerden festgestellt, was laut den Expert:innen als Risikofaktor gewertet werden kann. Signifikant mit einer Behinderung verbunden waren im Detail:
• eine Zunahme der Intensität der Dysmenorrhoe um 8 %,
• eine Zunahme der Häufigkeit der Dyspareunie um 69-341 % (von „manchmal“ bis „i mmer“),
• eine Zunahme der nichtmenstruellen chronischen Unterleibsschmerzen um 75 %,
• ein Anstieg des Body-Mass-Index über 25 kg/m2 um 45 % und
• die Nichtverwendung hormoneller Verhütungsmittel.
Die Wissenschafter:innen hoffen, dass mit dem Risikoscreening diejenigen jungen Frauen identifiziert werden können, denen eine stark einschränkende Dysmenorrhoe droht. Sie könnten in der Folge eine spezifische Beratung und Therapie erhalten.
KaM
Literatur:
1 Margueritte F et al. (2024), Screening women in young adulthood for disabling dysmenorrhea: a nationwide cross-sectional study from the CONSTANCES cohort. Reproductive Biomedicine Online, Volume 49, Issue 1, 10386.
Funktionelle Dyspepsie – ein Update
Wenn Gehirn und Darm nicht richtig miteinander kommunizieren
Die funktionelle Dyspepsie (FD) zählt zu den häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen. Rund 20 Prozent der Bevölkerung berichten über chronische Oberbauchbeschwerden, die mehrmals pro Woche auftreten. Den meisten davon liegt keine organische Ursache zugrunde. Vielmehr werden sie auf Störungen der gastro-duodenalen Motilität und Funktion zurückgeführt.1 Der Symptomkomplex umfasst epigastrische Schmerzen, ein postprandiales Völlegefühl und vorzeitiges Sättigungsgefühl. Weitere mögliche Beschwerden sind Blähgefühl im Oberbauch sowie Nausea und Vomitus.2 In den Rom-IVKriterien sind die Faktoren für die Diagnose FD genau definiert (siehe INFO).

EXPERTIN:
Dr.in Karoline
Horvatits
Internistin mit Schwerpunkt
Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährungsmedizin, Zentrum für Leber-, Magen- und Darmgesundheit
GASTROMEDICS in Eisenstadt
Grundsätzlich wird der „Reizmagen“ in zwei Subtypen unterteilt. Beim „postprandial distress syndrome“ (PDS) dominieren ein postprandiales Völlegefühl und frühes Sättigungsgefühl. Der subjektive Leidensdruck ist so hoch, dass die Lebensqualität eingeschränkt ist – respektive Mahlzeiten nicht aufgegessen werden können. Beim „epigastric pain syndrome“ (EPS) stehen Schmerzen und/oder Brennen im Bereich des Epigastriums im Vordergrund, wobei kein klarer Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme nachweisbar ist. Möglich sind auch Überschneidungen der Entitäten, man spricht dann vom „overlap syndrome“ (OS).
Die Ursachen der FD sind heterogen, multifaktoriell und bislang nicht vollständig geklärt, jedoch scheint eine Störung der „brain-gut-axis“ vorzuliegen. Bei Reizmagenpatient:innen lässt sich eine veränderte Mikrobiota des Duodenums und somit eine veränderte Signalweiterleitung und -verarbeitung im zentralen Nervenzentrum (ZNS) feststellen. Signale aus dem Magen-Darm-Trakt an das ZNS werden dort pathologisch verarbeitet, umgekehrt werden efferente Signale an den Gastrointestinaltrakt gesendet. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass auch das Duodenum eine wichtige Rolle spielt. Demnach kommt es durch verschiedene Faktoren wie etwa Magen- und Gallensäure, Nahrungsmittelbestandteile oder Allergene zu einer erhöhten Permeabilität der Mukosa des Zwölffingerdarms. Dies führt zu einer geringgradigen Entzündung und in der

Folge zu einer lokalen Stimulation des Immunsystems sowie einer vermehrten Stimulation der Nervenendigungen.3,4
Reizmagen vs. Reizdarm
Die Diagnose der FD ist so wie bei dem Reizdarmsyndrom (RDS) durch Ausschluss organischer Ursachen, gemäß der ROM-IV-Kriterien zu stellen. Die FD hat im Gegenteil zum RDS den Beschwerdefokus im oberen Gastrointestinaltrakt. „ H äufig zeigt sich eine Überlappung verschiedener funktioneller Krankheitsbilder. So überschneidet sich die FD mit dem RDS in über 30 Prozent der Fälle“, so Dr.in Karoline Horvatits, Gastroenterologin in Eisenstadt. Beide Erkrankungen sind per se ungefährlich, führen aber zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. Anders als beim RDS gibt es derzeit keine spezifische Leitlinie zur Abklärung der Beschwerden bei FD. Bevor jedoch die Diagnose einer FD gestellt werden kann, müssen wichtige organische Ursachen ausgeschlossen werden.
„ A larmzeichen, die weiterer Abklärung bedürfen, sind Fieber, das Vorliegen einer Anämie, ungewollter Gewichtsverlust, Dysphagie, Odynophagie sowie rezidivierendes Erbrechen oder klinische Zeichen einer gastrointestinalen Blutung“, erläutert die Medizinerin. Schlussendlich benötigt es aber zum sicheren Ausschluss etwaiger Pathologien von Speiseröhre, Magen und Duodenum eine endoskopische Untersuchung. Auch kann eine durchgeführte Gastroskopie zum Ausschluss einer Helicobacter pyloriInfektion sowie zur Beruhigung der Patient:in beitragen, was sich in Studien günstig auf den weiteren Verlauf auswirkte.5
Die FD ist eine eigenständige und etablierte Krankheitsentität, und kein „eingebildetes“ Krankheitsbild. „ E s ist daher von besonderer Bedeutung, durch ausführliche Beratung auf mögliche
Ursachen, wie eine gestörte MagenDarm-Hirn-Achse, hinzuweisen. Mögliche Ursachen, wie beispielsweise die viszerale Hypersensibilität oder eine verzögerte Magenentleerung, können in der klinischen Routine häufig nicht ausreichend adressiert werden“, erklärt Dr.in Horvatits.
Die Rolle der Psyche
Psychosoziale Stressfaktoren spielen eine gewisse Rolle hinsichtlich Ätiologie und Verlauf der FD, sind jedoch nicht zwingend mit den Beschwerden der Patient:in assoziiert. So können Patient:innen auch unabhängig von externen Stressfaktoren unter klinischen Beschwerden im Rahmen einer funktionellen Erkrankung leiden. Patient:innen mit FD haben jedoch insgesamt ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen und umgekehrt.6
Der Stellenwert von psychischem Stress und der Wechselbeziehung in Hinblick auf funktionelle Erkrankungen ist Gegenstand aktueller wissenschaftlicher Fragestellungen und muss noch weiter erforscht werden.
INFO
Rom-IV-Kriterien
Anhand der Rom-IV-Kriterien kann ein Reizdarmsyndrom diagnostiziert werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
� Symptombeginn mindestens 6 Monate vor Diagnosestellung
� Beschwerden durchschnittlich an mindestens einem Tag pro Woche in den letzten 3 Monaten
� wiederkehrende Bauchschmerzen assoziiert mit mindestens zwei der folgenden Kriterien:
• Zusammenhang mit der Stuhlentleerung
• Änderung der Stuhlfrequenz
• Änderung der Stuhlkonsistenz
Therapeutische Optionen
Für die FD sind derzeit keine etablierten kausalen Therapiekonzepte verfügbar. Im Zentrum steht die symptomatische Therapie sowie das individuelle ärztliche Gespräch. „ H insichtlich der pharmazeutischen Therapiemöglichkeiten können Prokinetika, Protonenpumpenhemmer, gegebenenfalls neuromodulatorische Substanzen, sowie letztlich auch die Helicobacter pyloriEradikationstherapie versucht werden“, erläutert die Internistin.Die Behandlung beinhaltet eine Kombination verschiedener Ansätze inklusive Anpassung der Ernährung, medikamentöse und pflanzliche Therapien sowie Strategien zur Stressbewältigung.
Margit Koudelka
Gesund essen bei Arthrose
Was bei der degenerativen Gelenkerkrankung (nicht) auf den Teller kommen sollte

GASTAUTORIN:
Dr.in Astrid
Laimighofer
Ernährungswissenschafterin, Systemische (Ess-)Beraterin und Ernährungsjournalistin mit Praxis in Perchtoldsdorf bei Wien
Geht es um Osteoarthritis als häufigste Form der degenerativen Gelenkerkrankung, wird auf Medikamente, operative Eingriffe und Bewegung gesetzt. Eine optimierte Ernährung steht weniger im Fokus, obwohl sie gerade in der Prävention nicht zu unterschätzen ist und auch im Krankheitsverlauf unterstützend wirken kann.
Einig ist man sich, dass zu viel Gewicht die Gelenke übermäßig belastet. Bereits beim Gehen lastet das 3,5-Fache des Körpergewichts auf dem Knie des gerade auftretenden Beins. Beim Stolpern ist es das Achtfache. Jedes Kilogramm weniger, das die Gelenke stemmen müssen, stellt daher eine enorme Erleichterung dar. Von einer Körpergewichtsreduktion profitieren beispielsweise auch Handund Fingergelenke, obwohl sie kein Körpergewicht tragen müssen.
Insbesondere viszerales Fettgewebe produziert entzündungsfördernde Zytokine und Adipokine, die Entzündungsherde noch weiter anheizen und den Knorpelabbauprozess beschleunigen.
Die mediterrane Diät mit viel Obst und Gemüse, Getreideprodukten, wenig Fleisch, dafür mehr Fisch und hochwertigen Omega-3-fettsäurereichen Ölen soll hier hervorgehoben werden.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 kam zu dem Ergebnis, dass eine mediterrane Ernährungsweise das Risiko, an einer Kniearthrose zu erkranken, um 30 % senken kann. Ebenso schlussfolgerte ein aktuelles Review, dass insbesondere das Metabolische Syndrom gemeinsam mit Osteoarthritis (OA) zur Komplexität der Krankheit beiträgt. So fördern Adipokine, die vor allem durch zu viel viszerales Fett ausgeschüttet werden, signifikant Entzündungen, Gewebeabbau und OA-Pathogenese.
Gamechanger Entzündungshemmer
Um jene Entzündungen einzuschränken, die mit fortschreitender Erkrankung häufiger vorkommen, können zahlreiche Nahrungsmittel empfohlen werden, die eine nachweislich antiinflammatorische Wirkung aufweisen.
Omega-3-Fettsäuren
Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind durch Doppelbindungen am dritten C-Atom gekennzeichnet. Dafür unbedingt notwendig und Ausgangssubstanz für alle ungesättigten Fettsäuren der Omega-3-Linie ist die Alpha-Linolensäure (ALA), aus der in geringen Mengen die besonders aktiven Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) gebildet werden können. Da die Umsatzrate aber sehr gering ist, sollten diese beiden Fettsäuren über Lebensmittel wie Hering, Lachs oder Makrele in den Speiseplan integriert werden.
Die wichtigste Funktion von EPA und DHA ist die Bildung von Eicosanoiden, die als lokale Mediatoren wirken und antiinflammatorische Vorgänge fördern. Die Omega-6-Fettsäuren aus Distel-, Maiskeim- oder Sonnenblumenöl bilden über die Arachidonsäure hingegen Eicosanoide, die entzündungsfördernd, gefäßverengend und proaggregatorisch wirken. In diesem Zusammenhang ist auch das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren zu beachten. Dieses sollte 5 : 1 sein, in der Realität liegt es eher bei 15 : 1.
Der Tagesbedarf an ALA beträgt etwa 0,5 % der Gesamtenergie. ALA ist in einigen pflanzlichen Ölen, allen voran im Leinöl, aber auch im Raps- oder im Walnussöl zu finden. Auch Leinsamen sind eine gute ALA-Quelle. Die erforderliche Menge lässt sich über 1 EL Rapsöl oder 1-2 TL Leinöl gut abdecken. Der geschätzte Bedarf an EPA und DHA liegt bei 250-300 mg pro Tag.

Dieser lässt sich im Allgemeinen durch 1-2 Portionen Fisch wie Lachs oder Makrele pro Woche gut erreichen. Für Vegetarier und Veganer sind Algen oder Algenöle als Alternativen geeignet.
Antioxidantien gegen den oxidativen Stress
Stress, Medikamente, Umweltschadstoffe, bestehende Entzündungen im Körper oder zu viel Zucker führen zu einer vermehrten Bildung von Radikalen im Körper. Diese können durch die ausreichende Versorgung mit Antioxidantien unschädlich gemacht werden. Als wichtigste Antioxidantien sind hier Zink, Selen, Vitamin C, Vitamin E, ß-Carotin und antioxidative Pflanzenstoffe wie Carotinoide, Flavonoide, Sulfide, Glucosinolate oder Proteaseinhibitoren zu nennen. Empfehlenswert ist es daher, zu jeder Mahlzeit buntes Obst und Gemüse in ausreichender Menge (etwa die Hälfte der Mahlzeit) zu sich zu nehmen. Dadurch wird eine ausreichende Zufuhr von Antioxidantien gesichert. Eine permanente Hyperglykämie regt Entzündungsprozesse im Körper weiter an. Daher ist es ratsam, den Konsum von Mono- und Disacchariden zu minimieren, andererseits langkettige Kohlenhydrate vermehrt in den Speiseplan einzubauen. Zusätzlich ist ein vielfältiges Mikrobiom für eine gut funktionierende Darmbarriere entscheidend. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Darmflora ebenfalls die Gelenke beeinflusst, indem sie Entzündungen reguliert.
Nahrung für den Knorpel?
Chondroitin, einen Bestandteil der Knorpelmatrix, und Glucosamin, einen Bestandteil der Hyaluronsäure, gibt es in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Deren Effekt ist jedoch fraglich, da diese bereits im Magen-Darm-Trakt verstoffwechselt werden. Einige Studien
deuten darauf hin, dass durch die Zufuhr von Chondroitin Schmerzen und Beweglichkeit wahrscheinlich nicht reduziert bzw. verbessert werden. Hyaluronsäure befindet sich in der Gelenkflüssigkeit und soll deshalb – als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich –die Beschwerden bei einer Kniearthrose lindern können. Dieser Effekt wurde in drei sehr kleinen Studien untersucht, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Somit fehlen konkrete wissenschaftliche Belege zur Wirksamkeit von Hyaluronsäure. Zusätzlich ist die Wechselwirkung mit Medikamenten zu beachten.
Wirkung von Gewürzen
Kurkuma, Kreuzkümmel oder Ingwer werden bei Arthrose sehr gerne aufgrund ihrer möglichen entzündungshemmenden Wirkung empfohlen. Laut WHO können täglich bis zu 3 g Kurkumapulver ohne Bedenken aufgenommen werden. Hinsichtlich der Wirkung des Ingwers wird eine Hemmung der Prostaglandin- und Leukotrien-Biosynthese
vermutet, wodurch die Bildung von entzündungsfördernden Eicosanoiden unterdrückt wird. In Bezug auf Avocadound Sojaöl sowie auf Weihrauchextrakt stimmen Ergebnisse vorsichtig optimistisch: Jene könnten Schmerzen bei Arthrose lindern bzw. den Abbau des Knorpels hemmen.
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Köstlich essen
Arthrose
Von Astrid Laimighofer
Trias Verlag 2023

INFO
Der Speiseplan gegen Entzündungen:
� Fünfmal täglich Obst und Gemüse möglichst bunt: Dadurch werden nicht nur viele Antioxidantien aufgenommen, sondern es wird auch einer latenten Übersäuerung entgegengesteuert.
� Vermehrt zu Vollkornprodukten greifen: Sie enthalten zahlreiche Ballaststoffe, die für ein vielfältiges Mikrobiom von entscheidender Bedeutung sind.
� Komplexe Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen.
� So wenig Süßes wie möglich konsumieren – dadurch können Entzündungen abklingen.
� Tierische Fette aus Fleisch und Milchprodukten reduzieren, die darin enthaltene Arachidonsäure befeuert Entzündungen.
� Verstärkt Omega-3-Fette einbauen.
� 1-2 Mal pro Woche fettreichen Fisch verzehren. Für Vegetarier und Veganer sind Algen oder Algenöle eine gute Alternative.
Die Top-Asthma/COPD-Produkte
nach Menge und Wert
Marktanalyse von Beatrix
Linke, Country Lead IQVIA

• Die Kategorie der Asthma- und COPD-Produkte erzielt in den öffentlichen Apotheken und Hausapotheken im MAT Juli 2024 mit 5,1 Mio. Packungen 181 Mio. Euro Umsatz FAP.
• Der entsprechende Markt sinkt aktuell im Vergleich zum Vorjahr um
© Heuschneider-Platzer
-2,5 % nach Menge und steigt um 6,1 % nach Wert.
• 96,3 % aller Packungen sind in der grünen Box, und Fenoterol/Ipratropium Bromide ist der am häufigsten verwendete Wirkstoff vor Salbutamol und Beclometasone/Formoterol.
• Die Top-10-Produkte nach Menge machen 71,4 % des Gesamtabsatzes aus. Berodual® (Boehringer Ingelheim) liegt nach Einheiten an erster Stelle, gefolgt von Sultanol® (Glaxosmithkline) und Foster ® (Chiesi Pharma).
• Die Top-10-Produkte nach Wert umfassen 70,3 % des Gesamtumsatzes.
Nach Umsatz führt Xolair ® (Novartis Pharma) vor Nucala® (Glaxosmithkline) und Foster ® .

* Quelle: IQVIATM DPMÖ sell-out Österreich, Verkäufe der öffentlichen österreichischen Apotheken sowie Großhandelslieferungen an ärztliche Hausapotheken, ATCKlasse R03 A.ASTHM+PR.CHR.OBST.LUNG, ausschließlich registrierte Arzneimittel aus dem Warenverzeichnis I, Absatz/Menge in Einheiten, Umsatz/Werte in Euro, bewertet zum Fabrikabgabepreis (FAP), Wachstum vs. Vorjahr, MAT Juli 2024 (August 2023 bis Juli 2024 kumuliert). Handelsname
Boehringer Ingelheim
(3) Chiesi Pharma
(6) Boehringer Ingelheim
(7) Astra Zeneca
Wichtig
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Die HAUSÄRZT:IN – Praxis-Magazin für Primärversorgung –ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.
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(15) Glaxosmithkline Pharma
(20) Glaxosmithkline Pharma
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Artikelnummer 456
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„Übervolle Wartezimmer“
1. E-Kongress Winterinfektionen

Univ.-Prof. Dr. Stefan Winkler,
Stv. Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, AKH Wien, im WORDRAPInterview.

Dr. WINKLER: Winterinfektionen, etwa mit Influenzaviren, dem RSV, dem SARS-CoV-2-Virus und anderen respiratorischen Viren, sowie mit bakteriellen Erregern, u. a. Pneumokokken, dominieren in puncto Infektionen das Krankheitsgeschehen ab dem Spätherbst und haben somit eine enorme Bedeutung für die Gesellschaft.
Bedeutung des Themas für niedergelassene Ärzt:innen
Winterinfektionen bedeuten übervolle Wartezimmer, den vollen beruflichen Einsatz, ein Jonglieren mit symptomatischer Therapie und Antibiotika-/Virustatikagaben – aber auch die große Chance, präventiv tätig zu sein (z. B. mit Impfungen), um die einem anvertrauten Patient:innen möglichst gesund durch den Winter zu bringen.
Bedeutung des Themas für Pharmazeut:innen
Winterinfektionen bedeuten übervolle Apotheken, den vollen beruflichen Einsatz (analog zu jenem der Ärzt:innen) – aber auch viele Möglichkeiten, den Patient:innen beratend zur Seite zu stehen, damit sie gut durch die „virenreiche“ Zeit kommen.
Die wichtigsten Tipps für die die Patient:innen
Impfen entsprechend den Empfehlungen – Impfquoten drastisch erhöhen! Händehygiene wird wieder modern. Durchaus gelegentlich an das Masketragen erinnern. Virusinfekte nicht auf die leichte Schulter nehmen –mittlerweile nichtmehr nur an Influenzaviren, sondern auch an SARS-CoV-2, RSV, das Metapneumovirus etc. denken! Das Immunsystem, soweit möglich, stärken.
Bedeutung von Winterinfektionen für eigenen Kongress <
TERMIN
1. Österreichischer E-Kongress „Winterinfektionen“
Samstag, 9.11.2024, von 8.20 bis ca. 16.50 h (Live-Übertragung).
Wissenschaftliche Leitung: Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch, Univ.-Prof. Dr. Stefan Winkler.
Weitere Infos: medconnect.at


Priv.-Doz. OA Dr. Deddo Mörtl, FESC, FHFA, 3. Medizinische Abteilung, Universitätsklinikum St. Pölten, im Gespräch.

„Die Behandlung wird komplexer“ Ärzt:innen Sicherheit im Management der Herzinsuffizienzpatient:innen geben
Hier geht’s zum Experteninterview in voller Länge auf Gesund.at

HAUSÄRZT:IN: Welche Bedeutung kommt der Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG) und dem jährlichen Workshop zu?
WORKSHOP
FÜRALLEÄRZTEAUS PRAXISUNDKLINIK! DER AG HERZINSUFFIZIENZ
DER ÖSTERREICHISCHEN KARDIOLOGISCHEN GESELLSCHAFT
Diagnostik in der Herzinsuffizienz
Prim. Priv.-Doz. Dr. Hannes Alber (Klagenfurt) und OA Dr. Martin Untermoser, MSc (Villach)
Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz
Priv.-Doz. Dr. Deddo Mörtl (St. Pölten) und Prim. Univ.-Prof. Dr. Sabine Horn (Villach) Devices in der Herzinsuffizienz
Univ.-Prof. Dr. Marianne Gwechenberger (Wien) und OA Dr. Markus Salbrechter (Klagenfurt)
Besonderheiten beim multimorbiden Patienten
OA Priv.-Doz. DDr. Martin Grübler (Wr. Neustadt) und Univ.-Doz. Dr. Martin Hülsmann (Wien) anhand aktueller Fallbeispiele
9.00 –13.00 Uhr Sa 19. Oktober 2024 Klagenfurt – Lakeside Spitz
Doz. MÖRTL: Die AG Herzinsuffizienz ist eine der aktivsten Arbeitsgruppen der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft. Ihre Aktivitäten erstrecken sich von Herzinsuffizienz-Awareness-Kampagnen über Positionspapiere bis hin zur Ausbildung von Herzinsuffizienzspezialist:innen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Fortbildungsveranstaltungen – eine davon ist der jährlich durchgeführte Workshop.
Inwiefern sind Sie selbst involviert?
Und wer ist vorrangig die Zielgruppe?
Dieser Workshop findet seit 2010 statt und wird seit mehreren Jahren von Univ.-Doz. Dr. Martin Hülsmann gemeinsam mit Univ.-Prof.in Dr.in Marianne Gwechenberger (beide AKH Wien) und mir geleitet. Zur Zielgruppe gehören vor allem Allgemeinmediziner:innen und Internist:innen aus dem niedergelassenen Bereich – aber auch Kolleg:innen aus den Spitälern und aus anderen Fachrichtungen sind herzlich willkommen.
Was gibt es Neues in puncto Diagnostik der Herzinsuffizienz?






Diese Veranstaltung entspricht 5 DFP-Punkten der Österreichischen Ärztekammer.

ANMELDUNG: per E-Mail an fortbildung
Zurzeit ist vor allem die Umsetzung der Guidelines vorrangig, da Herzinsuffizienzpatient:innen immer noch sehr spät diagnostiziert werden. Hierbei sollte die Bestimmung des NT-proBNP großzügiger und flächendeckend erfolgen. Die Dunkelziffer ist besonders bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz und erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) sehr hoch – obwohl in den meisten Fällen die HFpEF bereits

mit hoher Wahrscheinlichkeit mittels Blickdiagnose anhand von typischen Kriterien (höheres Alter, weibliches Geschlecht, Übergewicht, Vorhofflimmern, Hypertonie) erkannt werden könnte.
Was gibt es Neues in puncto medikamentöser Therapien? Bezüglich medikamentöser Therapien gibt es Neuigkeiten vor allem die HFpEF betreffend. Zu den etablierten SGLT-2-Inhibitoren wird sich demnächst aufgrund der positiven FINE-ARTS-Studie das bereits in der Indikation diabetische Nierenerkrankung verfügbare Finerenon gesellen. Das medikamentöse Portfolio für die Behandlung von spezifischen Kardiomyopathien wie der kardialen Amyloidose und der hypertrophen Kardiomyopathie wird ebenfalls immer größer.
Warum braucht es eine entsprechende DFP-Fortbildung für niedergelassene Ärzt:innen – Stichworte Praxisrelevanz bzw. ständige Weiterentwicklungen im Fach? Die Herzinsuffizienztherapie wird zunehmend komplexer, insbesondere in grenzwertigen Situationen wie Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie und Hypotonie. Während bei Studienpräsentationen die Erfolge der einzelnen Therapien hervorgehoben werden, müssen wir bei derartigen Workshops über die Patient:innen reden, die von den niedergelassenen Kolleg:innen tatsächlich in ihren Ordinationen betreut werden. Dies ist eine gute Möglichkeit, den Kolleg:innen Sicherheit im Management der Herzinsuffizienzpatient:innen zu geben und so die Qualität der Versorgung zu sichern und die Umsetzung neuer, wirksamer Therapien zu erleichtern.
Das Interview führte Mag.a Karin Martin.

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Brennende Kritikpunkte
Wie
die Gesundheitsversorgung in Österreich reformiert werden
soll

(v. li. n. re.): Gesundheitsstadtrat Hacker, NR-Abg. Prof.in Bogner-Strauß und ÄK-Präsident OMR Steinhart standen den Veranstalter:innen Prof. Widhalm und Mag.a Zillner Rede und Antwort.
INFO
Das Nebenbeschäftigungsverbot ist ein künstlich hochgespieltes Thema: Wenn Mediziner:innen Vollzeit im öffentlichen System arbeiten, dann gerne zusätzlich auch als Wahlärzt:innen.
Aber nicht Teilzeit da und Teilzeit dort.
Peter Hacker, Gesundheitsstadtrat, SPÖ
Anstatt auf Verbote zu setzen, sollte man die Arbeitskonditionen in den Spitälern und Kassenpraxen verbessern. Die Medizin wird zunehmend weiblich. Das ist mit zu berücksichtigen. Wir treten für den Ausbau der Prävention ein, um langfristig Kosten zu senken, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern und unser solidarisches Gesundheitssystem zu erhalten.
OMR Dr. Johannes Steinhart, Präsident der ÖÄK
Ich ordne unser Gesundheitssystem unter die Top drei weltweit ein. Aber, und dieser Vergleich begleitet mich schon sehr lange, die Österreicher:innen wollen einen Rolls Royce in der Versorgung, sie wollen aber nur die Kosten eines VW dafür ausgeben.
Das funktioniert so nicht.
Dr. Erwin Rasinger, ehem. Gesundheitssprecher der ÖVP
Die zusätzlichen Ausgaben von zwei Milliarden in der Gesundheitsreform 2024 sind in Relation zu den Gesamtausgaben von 52 Milliarden eher ein Tropfen auf den heißen Stein, auch wenn uns das als Meilenstein verkauft wurde.
Prof. Dr. Thomas Szekeres, ehem. Präsident und Ehrenpräsident der ÖÄK
Obwohl wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben, sagen viele, dass sie nicht zufrieden sind. Mehr Geld ändert daran nicht unbedingt etwas. Wir müssen das System reformieren.
Wichtig ist z. B. die richtige Versorgung am richtigen Ort. Die Digitalisierung kann bei der Lenkung der Patient:innenströme helfen.
Prof.in Dr.in Juliane Bogner-Strauß, ehem. BMin für Frauen, Familien und Jugend
Hier geht’s zu den Videos unserer Expert:inneninterviews und der Paneldiskussion auf Gesund.at
Im Vorfeld der Nationalratswahl fand Anfang September das Meeting „ H EALTH ECONOMICS – Gesundheit reformieren“ statt, organisiert von der Ärztekammer Wien, unter der Federführung von Prof. Dr. Harald K. Widhalm, Referent für Gesundheitsökonomie, in Kooperation mit der HEARTS-Kongress-Initiatorin Mag.a Liliane Zillner.*
Das Fass wird immer voller …
Die Reformen zur Gesundheit der Zukunft standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Jedoch wurden auch notwendige Maßnahmen aufgezeigt, deren Umsetzung noch aussteht. Bereits vor einigen Jahren hat Prof. Widhalm mit seiner Aussage „ Das Wasser steht uns bis zum Hals“ auf die prekäre Lage der bestehenden Spitalslandschaft aufmerksam gemacht. Vier Jahre später gilt diese Äußerung ihm zufolge nach wie vor: „ Das Fass wird immer voller
und voller, und man weiß heute nicht mehr, wie die Patient:innen der Zukunft korrekt und zeitnah behandelt werden sollen. Die Ärzt:innen in Spitälern und niedergelassenen Praxen sind mit enormen Belastungen konfrontiert – eine hohe Anzahl von Patient:innen muss in kürzester Zeit begutachtet werden. Das führt unweigerlich zu einem erheblichen Qualitätsverlust der medizinischen Behandlungen.“
Brennende Kritikpunkte umfassen etwa die fehlenden präventiven Maßnahmen im Gesundheitssystem sowie Reformen, um Frauen endlich die gleichen Chancen einzuräumen wie Männern. Auch die Problematik der Zweiklassenmedizin muss laut den Expert:innen dringend angegangen werden.
Geistreiche Aussichten
„Das Kernthema der Veranstaltung ist nicht zuletzt die im Titel gewählte Aufforderung ,Gesundheit reformieren!‘“,
NACHBERICHT
betonte Mag.a Zillner. „Die Möglichkeiten sind immer größer als die leichter abzuurteilenden Versäumnisse. Uns ging es darum, guten Mutes Vergangenes zu analysieren und starke Ideen sowie geistreiche Aussichten auf die Zukunft zu fördern.“ Besondere Anliegen sind ihr persönlich dabei eine gute Gesundheitskommunikation und die Vorsorge.
PA/KaM
AKTUELL
HEARTS expandiert
Der HEARTS Kongress wurde 2022 von Mag.a Liliane Zillner in Kooperation mit der MedUni Wien (Uniklinik für Herzchirurgie) ins Leben gerufen, um auf die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen aufmerksam zu machen. 2024 startet der HEARTS Kongress am 29. November in Wien –mit sechs wissenschaftlichen Partnern und Veranstaltungen über das ganze Jahr verteilt. Weitere Infos: heartport.org
* Meeting „HEALTH ECONOMICS – Gesundheit reformieren“, 5. 9. 2024, Palais Wertheim, Wien, Infos: heartport.org
EXPERTINNEN:
Stunde
Patient:innen-Fragen kompetent beantworten
„Inkontinenz & Freizeitsport: Ein unterschätztes Thema?“
Maria K., eine 42-jährige Lehrerin und Mutter zweier Töchter von acht und zehn Jahren, nimmt regelmäßig an Yogaund Aerobic-Kursen teil und geht an Wochenenden gerne joggen. Vor einigen Monaten bemerkte sie, dass sie während intensiver Übungen wie Springen oder Joggen unkontrolliert Harn verliert. Diese Situation ist ihr unangenehm. Maria K. versteht nicht, was die Ursache für die veränderte Harnkontrolle ist, und hat Angst, nicht ernst genommen zu werden. Welche Erklärungen kann man ihr geben und was ihr raten?
GÖDL-PURRER und MELLER: Inkontinenz ist ein weit verbreitetes Problem, das auch und besonders in bestimmten Sportarten auftreten kann.1-7 Grundsätzlich unterscheidet man zwei Hauptformen: Bei der Belastungsinkontinenz wird infolge abrupter oder länger anhaltender Druckerhöhungen im Bauchraum unkontrolliert Harn verloren. Springen, Niesen, Lachen oder Gewichtheben sind beispielsweise auslösende Belastungen. Bei der Dranginkontinenz reagieren Blase und Darm auf die Füllungszustände mit frühen sowie sehr

Barbara Gödl-Purrer, MSc
Freiberufliche Physiotherapeutin mit Spezialisierung in Urologie, Gynäkologie, Proktologie in Graz, Präsidiumsmitglied von Physio Austria

Katharina Meller
Lektorin an der FH Campus Wien, Koordinatorin des fachlichen Netzwerks Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie von Physio Austria

zwingenden Drangmeldungen. Das führt dazu, dass bei Harn- oder Stuhldrang unmittelbar die Toilette aufgesucht werden muss oder bereits vor Erreichen der Toilette Harn, Winde oder Stuhl abgehen. Bei Maria K. scheint eine beginnende Belastungsinkontinenz aufgetreten zu sein. Die Ursachen dieser Kontinenzproblematik sind vielfältig. Einen wichtigen Einflussfaktor für die Kontinenzleistung stellt die Funktion des Beckenbodens dar.
Beckenorgane und Beckenboden
Bei sportlichen Aktivitäten kommt es häufig zu plötzlichen Druckbelastungen, etwa beim Springen oder schnellen Abbremsen von Bewegungen. Aus Berechnungen geht hervor, dass dabei Bodenreaktionskräfte zwischen dem Zwei- und dem Neunfachen des eigenen Körpergewichts entstehen.3,8,9 Diese müssen von den Beckenbodenstrukturen schnell und ausdauernd abgefedert werden, um ein Nach-unten-Drücken der Beckenorgane zu verhindern. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Schließmuskeln von Harnröhre und After rechtzeitig reagieren, um diese Ausgänge gut verschlossen zu halten. Das bedeutet: Der Beckenboden braucht Kraft, Ausdauer, Rückfeder- und Schnellkraft, um bei sportlichen Aktivitäten die Kontinenz zu sichern bzw. zu unterstützen. In manchen Sportarten (beispielsweise Gymnastik, Bodenturnen, Hürdenlaufen) sind mit diesen „I mpact-Belastungen“ im Beckenraum auch Dehnungsbe-
lastungen für die Hüft- und Rumpfmuskulatur verknüpft. Solche Dehnungen übertragen sich überdies als „ Zug“ auf die Beckenbodenstrukturen. Bei jenen Kombinationen ist der Beckenboden einer Belastung ausgesetzt, die ihn noch mehr herausfordert.
Das Thema Sport und Kontinenz hat im letzten Jahrzehnt zunehmend wissenschaftliches Interesse geweckt. Bewegungsmangel, Übergewicht, Becken-, Rückenschmerzen, Schwangerschaft und Geburten sind Risikofaktoren für alle Formen von Inkontinenz. Frauen, die sich regelmäßig bewegen, zeigen einen höheren Grad von Kontinenz. Das Erleben von Inkontinenz im Sport ist jedoch ein Grund dafür, dass Frauen körperliche Bewegung meiden.
Aus Untersuchungen geht hervor, dass im Leistungssport die Inzidenz von Inkontinenz steigt.9 Hier sind es vor allem Athletinnen in den Disziplinen Laufsport, Trampolinspringen, Gymnastik und Gewichtheben, bei denen auch in jungen Jahren Inkontinenz in höherem Maße auftritt als bei einer vergleichbaren Altersgruppe, die diese Sportarten nicht betreibt.
Bislang ungeklärt ist die Frage, warum die Beckenbodenfunktion nicht während der Sportausübung automatisch mittrainiert wird.3 So weisen Leistungssportlerinnen keine höheren Kraftwerte auf als Normalsportlerinnen oder gesunde erwachsene Frauen ohne Kontinenzproblematik. Sportlerinnen absolvieren ein spezifisches Muskeltraining für die jeweils von ihnen betriebene Sportart. Wie es scheint, sollte der Beckenboden hier ebenfalls gezielt und angepasst an die sportspezifischen Anforderungen trainiert werden. Erste Studien belegten, dass sich die Kontinenz bei beginnend inkontinenten Sportlerinnen durch ein einfaches Beckenbodenkrafttraining verbesserte.3 Es wurde noch nicht untersucht, ob ein spezifisches Training, das alle Muskelleistungsfaktoren wie Kraft, Reaktivität, Schnellkraft, Dehnfähigkeit, außerdem koordinative Fähigkeiten im Sprung, im Heben und in der Atmung sportartspezifisch umfasst, einen erweiterten Effekt auf die Kontinenz im Sport hat. In der Wissenschaft besteht jedenfalls zunehmend Konsens, dass die Funktion des Beckenbodens bei Freizeit- und Leistungssportlerinnen gezielt trainiert werden sollte, um diesen für die besonderen Herausforderungen bei den körperlichen Belastungen „ f it“ zu machen. Das gilt vor allem für Frauen nach Schwangerschaften und Geburten.
Behandlungsansätze
Was kann Maria K. nun tun, um weiterhin unbeschwert ihre Sportarten auszuüben?
X Eine ärztliche Untersuchung wird klären, ob medizinische Faktoren vorliegen, die die Kontinenz beeinflussen (beispielsweise eine Senkung der Beckenorgane, hormonbedingte Veränderungen des Bindegewebes, häufige Blasenentzündungen, Instabilitäten in der Wirbelsäule etc.)
X Spezialisierte Physiotherapeut:innen werden …
• … die Kraft- und Stabilitätsfunktion des Beckenbodens erheben und darauf aufbauend ein spezifisches Übungsprogramm erstellen. Dieses wird individuell umgesetzt, sodass die Beckenbodenübungen sicher richtig ausgeführt werden können.
• … eine Sporttechnikanalyse und Anpassungen vornehmen, die einen ökonomischen Umgang mit den Impact-Belastungen gewährleisten.
• … das allgemeine und spezifische Trinkund Toilettenverhalten im Rahmen der Sportausübung besprechen und anpassen.
So kann die Betroffene durch die individualisierte Untersuchung und das spezielle Übungsprogramm die sportspezifische Blasenund Beckenkontrolle aufbauen, um sicher und freudvoll ihren sportlichen Aktivitäten nachgehen und einer Zukunft mit verlässlicher Kontinenz entgegenblicken zu können.

Literatur:
1 Milsom I, Gyhagen M, Climacteric. 2019 Jun;22(3):217-222.
2 Carlson K et al., 2024. Can Urol Assoc J. 2024 Apr;18(4):83-102.
3 Bø K, Nygaard IE, Is Physical Activity Good or Bad for the Female Pelvic Floor? A Narrative Review. Sports Med. 2020 Mar;50(3):471-484.
4 Dakic JG et al., Pelvic Floor Symptoms Are an Overlooked Barrier to Exercise Participation: A Cross-Sectional Online Survey of 4556 Women Who Are Symptomatic. Phys Ther. 2022 Mar 1;102(3):pzab284.
5 Leitner M et al., Neurourol Urodyn. 2017 Aug;36(6):1570-1576.
6 Sade S et al., Arch Gynecol Obstet. 2024 May;309(5):2223-2228.
7 Peinado-Molina RA, Martínez-Vázquez S, Hernández-Martínez A, Martínez-Galiano JM, Impact and Influence of Urinary In continence on Physical Activity Levels. Eur Urol Open Sci. 2023 Aug 25;55:50-58.
8 Hay JG, J Biomech. 1993;26(Suppl 1):7–21.
9 Seegmiller JG, McCaw ST, J Athl Train. 2003;38(4):311–4.
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