Hausärzt:in 01/2024

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Österreichische Post AG, MZ16Z040661M, 32. Jahrgang, RegionalMedien Gesundheit - RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien

Praxis-Magazin für Primärversorgung mit Sonderteil Pharmazie

01/2024

AUF DAS

TRÄUMEN

NICHT VERGESSEN Schlafcoaching in der Praxis

Neu in der ICD-11

Die Prämenstruelle Dysphorische Störung benennen, validieren und therapieren

Sprechstunde Long Covid

Patient:innenfragen zu postinfektiösen Syndromen kompetent beantworten


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Hausärzt:in

Editorial Im neuen Jahr sollen wichtige Reformen im Gesundheitsbereich in Kraft treten. Für Gesundheitsminister Johannes Rauch steht dabei die Umsetzung der Gesundheitsreform im Zentrum, die kurz vor dem Jahreswechsel vom Nationalrat beschlossen wurde. Dafür nötige Gesetzesänderungen traten bereits mit 1. Jänner 2024 in Kraft. Die Sozialversicherung erhält jährlich 300 Millionen Euro zusätzlich, u. a. zur Schaffung mehrerer hundert neuer Kassenstellen. 600 Millionen pro Jahr sollen für strukturelle Reformen im Spitalsbereich zur Verfügung stehen, 60 Millionen für Gesundheitsversorgung und Vorsorge, außerdem 90 Millionen für den Ausbau von öffentlichen Impfprogrammen und 51 Millionen, um digitale Angebote wie ELGA und die Gesundheitshotline 1450 auszubauen – unter Berücksichtigung des Prinzips „digital vor ambulant vor stationär“. Weiters wurden mit 1. Jänner psychologische Krankenbehandlungen und Psychotherapie im Sozialversicherungsgesetz gleichgestellt. Dafür stellt der Bund 50 Millionen Euro für 2024 zur Verfügung. Dem diplomierten Pflegepersonal wurden mit Jahresbeginn neue Kompetenzen zugesprochen, etwa die Durchführung von Pflegeeinstufungen und Erstverschreibungen von Verbands- und Medizinprodukten. Das erfolgreiche Pilotprojekt Community Nurses in den Gemeinden soll 2024 in die Regelstrukturen überführt werden. „Jetzt geht es ans Umsetzen“, betont Gesundheitsminister Rauch in einer Aussendung. Entscheidungen über die Verwendung eines Großteils der Budgetmittel treffe die Bundeszielsteuerungskommission im ersten Halbjahr.

Ärztekammer warnt vor „Konzernisierung“ Natürlich gibt es auch Kritik an der Gesundheitsreform. Zu wenig Geld. Zu viel Geld bzw. zu wenig zielgerichtet. Keine echten Strukturreformen. Eine Ärztekammer-Entmachtung … Seitens der ärztlichen Standesvertretung gibt sich Präsident MR Dr. Johannes Steinhart erfreut, dass es 2023 mit großer Kraftanstrengung zumindest gelungen sei, „der Gesundheitsreform die größten Giftzähne zu ziehen“. Die Ärzt:innen würden als Expert:innen für die medizinische Versorgung aber grundsätzlich zu wenig gehört, übt er in seinem Blog Kritik. Darüber hinaus hat der Kammerchef nach wie vor große Bedenken, dass finanzstarke Investoren wie in Deutschland und der Schweiz bald auch

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Superwahljahr 2024, Jahr der Gesundheit

Österreich als Spielwiese für die Kommerzialisierung der Gesundheitsversorgung betrachten und somit das solidarische Gesundheitssystem gefährden könnten. Gleichzeitig ist sich Präs. Steinhart der neuen, mindestens ebenso großen Herausforderungen im Jahr 2024 bewusst. Für das Superwahljahr mit der Europawahl im Juni sowie der Nationalratswahl im Herbst habe die Ärztekammer deshalb das „Jahr der Gesundheit“ ausgerufen. „Gerade in diesen Zeiten voller entscheidender Weichenstellungen werden wir als ärztliche Standesvertretung die politisch Verantwortlichen besonders stark in die Pflicht nehmen“, erklärt er. „Schließlich sollen gerade jetzt alle Wähler:innen genau wissen, wer für welchen Weg in der Gesundheitsversorgung steht.“

Vorsätze fürs neue Jahr Auch wir Medienschaffende wollen den Politiker:innen im Wahljahr 2024 besonders genau auf die Finger schauen – das ist quasi ein wichtiger Neujahrsvorsatz: Welche Pläne verfolgen die Verantwortlichen für die Gesundheitsversorgung? Welche Richtung wird bei der Umsetzung der Gesundheitsreform eingeschlagen? … Ein ganz persönlicher Neujahrswunsch in Bezug auf Gesundheit und Lebensqualität kann darin bestehen, 2024 wieder besser zu schlafen. Nicht wenige Patient:innen wenden sich mit diesem Anliegen an ihre Hausärzt:in. In unserer aktuellen Titelgeschichte ab Seite 12 erklärt die renommierte Expertin Mag.a Dr.in Brigitte Holzinger, worauf es beim Schlafcoaching ankommt. Eine spannende Lektüre und ein erfolgreiches Jahr 2024! Ihre

Mag.a Karin Martin Redaktionsleiterin RegionalMedien Gesundheit, karin.martin@regionalmedien.at



Hausärzt:in Inhaltsverzeichnis

medizinisch

dossier

pharmazeutisch

extra

08 Schluss mit Fehlbehandlungen

SCHLAFMEDIZIN

29 Die Top-Antidepressiva

38 SPRECHStunde

12 „Wir sollten das Träumen nicht vergessen“

Marktanalyse von Mag. Stefan BaumgartnerBisschoff, Geschäftsführer von IQVIA

Neu in der ICD-11: Die Prämenstruelle Dysphorische Störung benennen, validieren und therapieren

18 „Appetitmangel aktiv begegnen“ Inappetenz und Gewichtsverlust sind ein häufiges Phänomen im Alter

20 Diagnostik von Kohlenhydratintoleranzen Empfehlungen der aktuellen europäischen Leitlinie

22 Trio infernale

Mag.a Dr.in Brigitte Holzinger, eine der führenden Expert:innen in der Behandlung von Schlafstörungen und Albträumen, im Gespräch

16 Die Behandlung von chronischer Insomnie verbessern Guideline-Update: Die kognitive Verhaltenstherapie sollte in jedem Alter angeboten werden

32 „Klimaanlage“ Nase: Überforderung durch Wetterextreme? Mit der Erderwärmung könnten Fälle von chronischer Rhinosinusitis zunehmen

36 Das Geheimnis der Hundertjährigen Eine Besonderheit im Immunsystem schützt die Zellen Hochbetagter vor einem schnellen Verfall

Typ-2-Diabetes, Herzund Niereninsuffizienz: Was die Guidelines für den frühen Schutz Betroffener empfehlen

„Besteht ein Zusammenhang mit zurückliegender SARS-CoV-2Infektion?“

40 Vielfältige Fachdisziplin Auch im Erwachsenenbereich behandelt die Logopädie eine Reihe von Störungsbildern

41 Termine Aktuelle Kongresse und mehr

41 Impressum

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26 Lipidstoffwechsel: Wissen ist Macht

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Lipoprotein(a) wird nach wie vor zu selten bestimmt, obwohl es geeignete Assays gibt

28 Gastrointestinale Tumoren: die Highlights 2023 Relevante Studien für die österreichische Praxis Über Hundertjährige: In einer Studie aus Yokohama fiel auf, dass sie eine hohe Anzahl von T-Lymphozyten hatten.

38 Intoleranz: Die individuell verträgliche Dosis finden.

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Postinfektiöse Syndrome erfordern eine genaue Differentialdiagnostik.

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Hausärzt:in medizinisch

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Schluss mit Fehlbehandlungen Neu in der ICD-11: Die Prämenstruelle Dysphorische Störung benennen, validieren und therapieren

drom“ kodiert werden, d. h., es Die Prämenstruelle Dysphoexistierten keine klaren Kriterien rische Störung (PMDS) ist gefür die Störung, was konkrete Bekennzeichnet durch gravierenhandlungsempfehlungen empde psychische Veränderungen, findlich behindert hat. Erst mit die in der zweiten Zyklushälfte der ICD-11 ist sie in Anlehnung nach dem Eisprung beginnen an das DSM-5 als eigenständi– meist in der prämenstruellen ge Störung kodierbar. Für die Woche – und nach Einsetzen der GASTAUTORIN: Diagnose nach ICD-11 (Code Menstruation innerhalb weniger Prof.in Dr.in GA34.41) müssen mindestens Tage wieder remittieren. Affek- Christine Kühner ein affektives Symptom sowie tive Kernsymptome sind starke Dipl.-Psychologin, weitere Beschwerden vorliegen, Stimmungsschwankungen, Reiz- Leiterin der AG Verlaufs- und Interdie mit starkem Leidensdruck barkeit bis hin zu aggressiven ventionsforschung oder ausgeprägten EinschränAusbrüchen, ausgeprägte Angst am Zentralinstitut für und Anspannung oder depres- Seelische Gesundheit, kungen in der Alltagsbewältigung einhergehen. Die zyklussive Niedergeschlagenheit. Mannheim gebundene Symptomatik muss Hinzu kommen Beschwerden in der Mehrzahl der letzten zwölf Menswie Energieverlust, Konzentrationsprotruationszyklen aufgetreten sein, sie sollte bleme, Appetitveränderungen (meist idealerweise anhand von SymptomtageHeißhungerattacken), subjektive Überbüchern über mindestens zwei Zyklen forderung und körperliche Symptome wie bestätigt werden. Zudem gilt es, sie von Wassereinlagerungen oder Brustspanprämenstruellen Exazerbationen anderer nung. Charakteristisch für die PMDS ist psychischer Störungen abzugrenzen. also die enge Gebundenheit der Symptomatik an den Menstruationszyklus.

Eigenständige Diagnose In der ICD-10 kann die PMDS nur unter der Kategorie „Prämenstruelles Syn-

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S PS eri YC e HE

Häufigkeit und Verlauf Ca. 70-90 % der Frauen im reproduktiven Alter nehmen körperliche oder psychische Veränderungen vor der Menstrua- >

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Hausärzt:in medizinisch tion wahr, ca. 20-40 % zeigen deutlichere Veränderungen im Sinne eines Prämenstruellen Syndroms (PMS), die jedoch meist noch keine spezifische Behandlung erfordern. Bei 2-5 % der Frauen ist jedoch insbesondere die psychische Symptomatik so ausgeprägt, dass die Diagnose PMDS zutrifft. Häufig bemerken Betroffene die Symptomatik erstmals nach Absetzen der Pille oder nach einer Entbindung, wenn sich der Hormonzyklus wieder neu einspielt. Die PMDS verläuft weitgehend chronisch oder wiederkehrend – mit einer erhöhten Suizidalität. Das Syndrom selbst stellt einen Risikofaktor für perinatale und perimenopausale Depressionen dar.

Vielschichtige Auswirkungen Betroffene Frauen berichten, dass sie sich in dieser Zyklusphase selbst als völlig anders erleben und z. B. die Reizbarkeit gegenüber der Familie und bei der Arbeit nicht unterdrückbar ist, was zu starken Scham- und Schuldgefühlen führt.Gesellschaftliche Auswirkungen umfassen u. a. Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit und die vermehrte Inanspruchnahme des Gesundheitssystems, in dem häufig Fehldiagnosen gestellt werden.

Ätiologische Faktoren Familienstudien zeigen ein erhöhtes genetisches Risiko – klare Erkenntnisse bezüglich spezifischer Gene fehlen jedoch. Der ätiologische Hauptfaktor besteht in einer erhöhten Sensibilität des ZNS gegenüber den normalen Hormonfluktuationen von Östrogen und Progesteron in der zweiten Zyklushälfte, während die Eierstockfunktion selbst nicht betroffen ist. Frauen mit PMDS weisen Besonderheiten im Serotoninstoffwechsel auf, speziell in der Lutealphase mit niedriger Östrogenkonzentration. Weiterhin wird eine paradoxe Reaktion auf den Progesteronmetaboliten Allopregnanolon (ALLO) angenommen, einen positiven Modulator der Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), der am GABA-A-Rezeptor im Gehirn ansetzt. ALLO wirkt normalerweise beruhigend und stressdämpfend, Frauen mit PMDS reagieren jedoch paradox mit der typischen prämenstruellen Symptomatik. Als Umweltrisikofaktoren gelten frühe oder andere chronische Traumati-

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sierungen. Solche schweren Stressoren schädigen wahrscheinlich längerfristig die zyklusbezogene Hormonachse sowie die biologische Stressachse und deren Zusammenspiel. Zudem erhöhen Übergewicht und Rauchen das Risiko, eine PMDS zu entwickeln. Wahrgenommener Stress verstärkt die prämenstruelle Symptomatik.

Individualisierte Behandlungsoptionen Zunächst sollte ein Symptomtagebuch über mindestens zwei bis drei Zyklen klären, ob tatsächlich ein typischer zyklusgebundener Verlauf vorliegt. Das Benennen der PMDS als eigenständige Erkrankung und die Validierung des Leidensdrucks der Patientin können bereits zu großer Entlastung führen. Zur Behandlung wird ein stufenweises Vorgehen in Abhängigkeit von der Schwere der Symptomatik und den Präferenzen der Patientin vorgeschlagen.

sprechen bzw. die Dosierung angleichen. Oder Betroffene werden von einer Psychiater:in betreut, die mit der PMDS vertraut ist. c) Besteht kein Kinderwunsch und ist eine gute Verträglichkeit gegeben, kann auch mit einem kombinierten oralen Kontrazeptivum mit möglichst kurzem hormonfreiem Intervall oder mit einem Langzeitpräparat ohne Pillenpause behandelt werden, welches die Gynäkolog:in verschreibt. Von der Einnahme zyklischer Gestagenpräparate wird abgeraten.

Stufe 3 Bei weiterer Therapieresistenz kann eine Therapie mit GnRH-Agonisten durchgeführt werden. Sie löst jedoch künstliche Wechseljahre aus und wird deshalb mit einer Hormonersatztherapie kombiniert, welche wiederum nicht alle Frauen vertragen.

Stufe 1

Stufe 4

• Lebensstilfaktoren anpassen: vollwertiges Essen und erholsamer/ausreichender Schlaf, Bewegung, Verzicht auf Alkohol und Nikotin • Phytotherapie (Mönchspfeffer) • verstärkte Calcium-, Magnesiumoder Vitamin-D-Zufuhr • psychologische Selbsthilfestrategien im Umgang mit den psychischen Beschwerden

Als Ultima Ratio können bei schwerer therapierefraktärer PMDS eine beidseitige Oophorektomie sowie eine Hysterektomie erwogen werden.

Stufe 2 a) Kognitive Verhaltenstherapie: Hier werden v. a. Strategien im Umgang mit der psychischen Kernproblematik – mit Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, interpersonellen Konflikten, Anspannung, depressiven Kognitionen etc. – erlernt und weitergehende Belastungen bearbeitet. b) Die größte Evidenz bei der pharmakologischen Behandlung besteht für selektive Serotonin-WiederaufnahmeHemmer (SSRI), entweder kontinuierlich oder nur in der zweiten Zyklushälfte eingenommen. SSRI wirken bei der PMDS bereits in geringerer Dosierung und mit kürzerer Latenzzeit als bei Depressionen. Diese kann auch eine gut informierte Hausärzt:in verschreiben und mit der Patientin den Behandlungserfolg be-

Fazit für die Praxis Die PMDS stellt eine Störung dar, die idealerweise in einem multidisziplinären Behandlungskontext betrachtet wird. Eine mangelnde Kenntnis der Erkrankung bedingt Frustration und Fehlbehandlungen. Ihre Aufnahme in die ICD-11 als eigenständige Diagnose führt hoffentlich dazu, dass die Aufklärung über dieses Krankheitsbild voranschreitet, die Forschung dazu intensiviert und durch gezielte Schulungen von Akteuren des Versorgungssystems eine bessere Identifikation und Behandlung der PMDS möglich wird. <

AKTUELLER TERMIN Prof. in Kühner lädt am 1. Februar 2024 von 13.30 bis 15 Uhr zum Sozialpsychiatrischen Kolloquium „Die Prämenstruelle Dysphorische Störung – Überblick und aktuelle Forschungsbefunde“, welches online via Webex stattfindet. Weitere Infos: meduniwien.ac.at/hp/ sozialpsychiatrie/veranstaltungen



Hausärzt:in dossier

„Wir sollten das Träumen nicht vergessen“

Mag.a Dr.in Brigitte Holzinger, eine der führenden Expert:innen in der Behandlung von Schlafstörungen und Albträumen, im Gespräch

© cochicphotography

ching nicht geschützt, deshalb bezeichnen sich manche auch ohne geeignete Fortbildung als Schlafcoach. Ein einfacher Workshop reicht jedoch nicht aus. Beim Schlafcoaching muss man wissen, welche Schlafstörungen es gibt, wie sie diagnostiziert und behandelt werden bzw. in welchen Fällen eine Überweisung erfolgen sollte.

Die Traum- und Schlafforscherin Mag.a Dr.in Brigitte Holzinger leitet den Universitätslehrgang Schlafcoaching an der MedUni Wien, welcher von Humanmediziner:innen und Psycholog:innen absolviert werden kann. In einem Gespräch mit der Hausärzt:in gibt sie Einblick in die Themen Insomnie, innere Unruhe und Schlafcoaching – auch in Zusammenhang mit der aktuellen Leitlinie*, die erst kürzlich von einer Gruppe von Schlafwissenschaftler:innen, zu der auch Dr.in Holzinger zählt, revidiert worden ist. HAUSÄRZT:IN: Sie bieten Weiterund Fortbildungen für Mediziner:innen und Betroffene zum Thema Schlafcoaching an. Mit welchem Ziel? Dr.in HOLZINGER: Das evidenzbasierte evaluierte Schlafcoaching ist ein integrativer Ansatz, bei dem einerseits die Aspekte der kognitiv-behavioralen

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Therapie der Insomnie, andererseits Entspannungstechniken und Wissen über den Schlaf sowie die sogenannte Traumarbeit vermittelt werden. Darüber hinaus bietet Schlafcoaching die Gelegenheit, sich mit einer Therapeut:in zu unterhalten und den persönlichen Hintergrund zu reflektieren. Dies entlastet bereits enorm. Auch niedergelassene Ärzt:innen haben durch eine postgraduale Weiterbildung (siehe INFO, Seite 14) die Möglichkeit, als Schlafcoach zu praktizieren. Unsere Ambitionen gelten außerdem der Vernetzung, um gemeinsam mit Hausärzt:innen, Therapeut:innen und Psychiater:innen multidisziplinär an diese Thematik herangehen zu können. Darüber hinaus gibt es an der MedUni Wien den Masterlehrgang Schlafcoaching mit weiterführendem Wissen zum Beispiel über Schlafmedizin und -forschung. Leider ist das Wort Coa-

Was ist beim Schlafcoaching unter Traumarbeit zu verstehen? Bei der Traumarbeit – die für niedergelassene Ärzt:innen vielleicht ein bisschen exotisch klingen mag – steht die Albtraumbewältigung im Vordergrund. Ein häufiges Erleben von Albträumen führt dazu, dass Schlaf vermieden wird. Auch der Stresspegel ist dadurch insgesamt erhöht, was langfristig Krankheiten fördert. Die Pandemie hat den Stress und die Albtraumhäufigkeit zusätzlich gesteigert, insbesondere bei jungen Menschen und da wiederum vermehrt bei Damen. Damit ein junger Mensch die Möglichkeit bekommt, über Albträume zu reden, oder überhaupt auf die Idee kommt, diese zu thematisieren, ist es sehr wichtig nachzufragen. Denn es gibt – noch viel deutlicher als zum Beispiel bei der Insomnie – nachweislich Zusammenhänge mit Suizidalität. Die Albtraumforschung hat erst vor rund 20 Jahren begonnen. Albträume erfordern nicht unbedingt eine langwierige oder eingehende Psychotherapie, sondern lassen sich durch relativ kurze und prägnante Interventionen mit Unterstützung einer Therapeut:in oder eines Schlafcoaches bewältigen. In einem ersten Schritt, indem die Träume aufgeschrieben werden. Worauf ist bei der ärztlichen Abklärung von Insomnie besonders zu achten? Die üblichen Schlafmittel sind nur für einen kurzfristigen Gebrauch gedacht, gemäß den neuen Guidelines für maximal vier bis sechs Wochen. Sie sollten im allerbesten Fall verschränkt mit


Hausärzt:in dossier unserem Schlafcoaching oder/und der kognitiv-behavioralen Therapie bei Insomnien gegeben werden. Die darin vermittelten Verhaltensänderungen können einen mächtigen Einfluss auf die Bewältigung von Ein- und Durchschlafstörungen haben und Betroffenen dadurch womöglich die Einnahme von Schlafmitteln sowie damit einhergehende Nebenwirkungen künftig ersparen. In Hinblick auf die vier bis sechs Wochen besteht mitunter Diskussionsbedarf. Denn wenn die Ein- und Durchschlafstörung schon sehr lange vorliegt und es sich wirklich um eine krankheitswertige Problematik handelt, dann sind die Optionen der Pharmakologie wahrscheinlich besser, als Betroffenen keine Hilfestellung mehr zu geben. Nicht jede Patient:in ist in der Lage Verhaltensänderungen durchzuführen, oder willens. In diesen Fällen muss ein Schlafmittel verschrieben werden: Schließlich gibt es heute mehr und mehr Daten, wonach eine chronische Insomnie über Jahre hinweg mit Suizidalität korreliert. Das darf nicht übersehen werden und es empfiehlt sich, eine psychotherapeutische Behandlung vorzuschlagen. Inwiefern kann innere Unruhe zu schlechtem Schlaf führen? In der Insomnieforschung sprechen die Kolleg:innen vom Hyperarousal, das meistens bei einer Ein- und Durchschlafstörung wahrgenommen wird. Es gibt die Theorie, dass Stress verhindert, die damit verbundenen hormonellen Veränderungen zu regulieren. Dies führt mit der Zeit dazu, dass das autonome Nervensystem den Parasympathikus nicht mehr so ansteuern kann wie sonst. Die innere Angespanntheit verhindert das Einschlafen – so die These. Es liegen verschiedene Studien dazu vor. Wie lautet die „Prognose“ bei schlechtem Schlaf und innerer Unruhe? Wahrscheinlich gibt es eine genetische Disposition, aber auch bei dieser kann man mit dem Schlafcoaching sehr viel bewirken – bei disziplinierten Menschen sogar recht rasch. Im Idealfall wird die innere Unruhe mit mehreren Techniken zugleich in Angriff genommen, neben Verhaltens-

änderungen zum Beispiel mit Entspannungsübungen, autogenem Training und Psychotherapie. Oft gibt es Erlebnisse im Hintergrund, die sich über den Schlaf melden und adressiert werden wollen, Stichwort Mobbing, Todesfall in der Familie oder Trauer. Im Schlafcoaching sollte die Möglichkeit geboten werden, darüber zu sprechen. Denn wir wissen, dass Gespräche in dieser Hinsicht auch heilen können. Wie schnell kann bei Schlafproblemen eine Verbesserung erzielt werden? Ein Beispiel: Ich bin auch im Gesundheitsresort Donaupark in Klosterneuburg als Schlafcoach tätig, wo viele Menschen mit Burnout in Behandlung sind. Dort hat man begonnen, den Schlaf zu priorisieren, es gibt tagsüber einen Aktivitätsplan und einen strengen Nachtplan. Um 11 Uhr ist sozusagen Zapfenstreich. In Kombination mit dem Schlafcoaching und Gaben von Schlafmitteln führt das dazu, dass die meisten Patient:innen bereits nach zwei bis vier Wochen wieder nahezu gesunden Schlaf entwickeln. Welche Rolle spielen Erkrankungen wie Demenz oder Depressionen in Zusammenhang mit schlechtem Schlaf? Chronischer Schlafmangel führt dazu, dass Abbauprodukte vor allem im Gehirn nicht ausreichend abtransportiert werden können. Die Theorie besagt: Die dadurch verbleibenden Aminosäuren fördern nach Jahren eine Demenz. Wir wissen, dass verschiedene psychische Erkrankungen wie etwa Depressionen mit Schlafmustern korrelieren. Früher hat man in der Medizin sogar angenommen, eine Schlafstörung sei mit einer Depression gleichzusetzen – das ist jedoch falsch. Nicht alle Insomnien korrelieren mit Depressionen. Es verhält sich eher so: Wenn man die Schlafstörung behandelt, behandelt man oft die Depression mit. Chronischer Schlafmangel kann die Entwicklung von Depressionen oder Ähnlichem begünstigen. Unter den Schlafmitteln sind es leider hauptsächlich die pharmakologischen Substanzen, die bei der Therapie von Depressionen Anwendung finden. Der Schlaf ist sehr komplex, deswegen steht derzeit noch die Beruhigung im Vorder-

grund. Die innere Unruhe kann nämlich ein Symptom von manchen Formen der Depression sein. Umgekehrt kann auch eine Demenz zu schlechtem Schlaf führen … Richtig. Früher haben wir angenommen, dass die senile Bettflucht schlafspezifisch sei. Heute gehen wir davon aus, dass es sich dabei vielmehr um ein Zeichen eines hirndegenerativen Prozesses – einer Demenz oder Formen einer Demenz – handelt. Auch Parkinson hat negative Auswirkungen auf den Schlaf – ebenso wie viele weitere neurologische Erkrankungen. Was gilt es bei der Anwendung von sanften oder pflanzlichen Mitteln bei Schlafstörungen zu beachten? Die kognitiv-behaviorale Therapie ist die erste Wahl zur Behandlung von Einund Durchschlafstörungen. Aus unserer Sicht spricht gegebenenfalls nichts dagegen diese je nach Beschwerde mit Nahrungsergänzungsmitteln zu unterstützen. Ein Beispiel ist das Melatonin. Dieses ist jedoch bei Jugendlichen nicht zu empfehlen, weil es eine Kaskade von hormonellen Veränderungen – auch von >

INFO Tipps für Patient:innen für den guten Schlaf � Regelmäßigkeit: Immer zur selben Zeit schlafen gehen und aufstehen. � Konditionierung: Bett ist gleich schlafen. Nicht im Bett essen, fernsehen oder ähnliches. � Ein Schlaftagebuch führen. � Der gute Schlaf beginnt am Morgen davor: Regelmäßiger Sport oder Spaziergänge an der frischen Luft, am besten regelmäßig dreimal wöchentlich für 30 Minuten. � Auf eine gesunde Ernährung achten, bereits zwei bis vier Stunden vor dem Zubettgehen sollte man zuletzt gegessen haben. � Alkohol ist Gift für den guten Schlaf. � Alles was fit und gesund hält, ist auch für den Schlaf förderlich.

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Geschlechtshormonen – bewirken kann und wir die Auswirkungen noch nicht ausreichend ermessen können. Phytotherapeutika wirken nicht bei allen gleich – ebenso wenig wie Schlafmittel. Für die praktische Ärzt:in gilt es, das passende Mittel zu eruieren – und dabei auch manchmal zu probieren: Wann ist die Passionsblume angebracht, wann der Hopfen, die Melisse oder der Baldrian? Eine Verschränkung mit unserem Schlafcoaching und eine Unterstützung mit dem kognitiv-behavioralen Aspekt sind wichtig, weil diese Mittel sehr „zart“ wirken. Die Klient:innen sollten darüber aufgeklärt werden, dass die Wirkung mitunter erst nach ein bis zwei Wochen eintritt. Und wann sollten Hausärzt:innen zu Spezialist:innen überweisen? Neben der Ein- und Durchschlafstörung gibt es auch andere Schlafstörungen, das sollte man immer am Schirm haben. Schlechter Schlaf hat zudem die Eigenheit, dass häufig Komorbiditäten auftreten. Deswegen sollte zum

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Beispiel eine atembezogene Problematik mitbedacht werden. Da etwa jede:r vierte Erwachsene von einer obstruktiven Schlafapnoe betroffen ist, sollte auch eine Überweisung zu einem Schlaflabor erwogen werden. Ein weiteres Beispiel ist das Restless-LegsSyndrom. Darüber sollte man wissen, dass es eine andere Therapie und Untersuchung bzw. einen Bluttest erfordert und im Idealfall von einer schlafmedizinisch ausgebildeten Neurolog:in behandelt wird. Ihr abschließender Appell an die behandelnden Haus- und Fachärzt:innen? Wir dürfen das Träumen nicht vergessen. Es ist wichtig, die Menschen zu motivieren, sich mit ihren Träumen zu beschäftigen, sie aufzuschreiben. Dadurch fördert man die Traumerinnerung. Ich sage immer: Wer träumt, der schläft. Zudem ist bei jungen Leuten die Albtraumhäufigkeit gestiegen, was behandelt werden kann und sollte. In diesem Sinne wäre ich sehr erfreut, wenn

sich viele für unseren Masterlehrgang Schlafcoaching an der MedUni Wien interessieren würden. Wir freuen uns über eine Teilnahme, vor allem von den praktischen Ärzt:innen. Das Gespräch führte Mag.a Ines Pamminger, BA. * Riemann D et al., The European Insomnia Guideline: An update on the diagnosis and treatment of insomnia 2023, Journal of Sleep Research, 2023, Article e14035, doi: 10.1111/jsr.14035.

Hier geht es zu den Fortbildungen: Für Mediziner:innen:

Für Betroffene: Workshops zur Albtraumbewältigung werden am von Mag.a Dr.in Brigitte Holzinger geleiteten Institut für Bewusstseins- und Traumforschung (traum.ac.at) angeboten, Grundkurse zum Thema Schlafcoaching sind unter schlafcoaching.org zu finden.


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Hausärzt:in Hausärzt:in pharmazeutisch dossier

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Die Behandlung von chronischer Insomnie verbessern Im Dezember des vergangenen Jahres veranstaltete die European Sleep Research Society (ESRS) ein Webinar unter der Leitung des Schlafexperten Prof. Dr. Dieter Riemann, Uni Freiburg, zur neuen Insomnie-Leitlinie. Die gesamte Aufzeichnung inklusive ausführlicher Fragestunde ist online abrufbar (siehe Textende). Die Guideline selbst wurde kürzlich im Journal of Sleep Research (JSR) veröffentlicht.1 Die Leitlinie hat zum Ziel, den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den letzten sechs Jahren

zusammenzufassen, um die Behandlung von chronischer Insomnie zu verbessern. Nachfolgend werden die wichtigsten Therapieempfehlungen vorgestellt. Einen ergänzenden Überblick bietet die Abbildung, welche den klinischen Algorithmus darstellt und sowohl den diagnostischen als auch den therapeutischen Verlauf zusammenfasst (siehe unten).

Therapiemöglichkeiten Gemäß der aktuellen Guideline sollte Erwachsenen jeden Alters bei Schlaf-

störungen – unabhängig von Begleiterkrankungen – eine CBT-I (kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie) als Erstlinientherapie angeboten werden (Empfehlungsgrad A). Die Durchführung ist sowohl persönlich als auch digital möglich (A). Unterstützend zur CBT-I können Lichttherapie und Bewegungsprogramme (Empfehlungsgrad B) zum Einsatz kommen. Ist die Verhaltenstherapie nicht wirksam, so kann eine pharmakologische Intervention vorgeschlagen und Benzodiazepine sowie Benzodiazepin-Rezep-

Patient:in mit Ein- und Durchschlafstörungen/frühem Erwachen am Morgen und damit verbundenen Beeinträchtigungen tagsüber

Klinisch signifikante Beeinträchtigung?

JA

Schlafmuster in Synchronisation mit dem zirkadianen Rhythmus?

JA

NEIN

NEIN

Psychoedukative Prävention

Einnahme von Substanzen, die den Schlaf beeinflussen? NEIN Begleitende Schlafstörung oder andere medizinische Störung?

Intervention der Zirkadianrhythmik

JA

• Medikamentenwechsel • Enthaltsamkeit • Entzug • CBT-I bei Abhängigkeit von Hypnotika

JA

Behandlung der Komorbidität UND Schlaflosigkeit

NEIN

Abkürzungen: CBT-I (kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie), BZD (Benzodiazepine), BZRA (Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten) * derzeit nicht in Österreich verfügbar

CBT-I (persönlich oder digital) als Erstbehandlungsoption. Wenn nicht wirksam: kurzfristige Behandlung (≤ 4 Wochen) mit BZD, BZRA, niedrigen Dosen sedierender Antidepressiva, Daridorexant*. Längerfristige Behandlung (nach individueller Prüfung zu entscheiden) mit Daridorexant* oder retardiertem Melatonin (≥ 55 Jahre).

Quelle: Riemann D et al., Journal of Sleep Research, 2023, Article e14035, doi: 10.1111/jsr.14035.

Abbildung: Klinischer Algorithmus zur Diagnose und Therapie bei Insomnie.

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Guideline-Update: Die kognitive Verhaltenstherapie sollte bei Schlafstörungen in jedem Alter angeboten werden


Hausärzt:in Hausärzt:in pharmazeutisch dossier tor-Agonisten als Kurzzeitbehandlung (≤ 4 Wochen) eingenommen werden (A). Eine längerfristige Behandlung (Off-Label-Use) mit diesen Substanzen ist nach individueller Prüfung der Vorund Nachteile möglich (B). Auch niedrige Dosen sedierender Antidepressiva können für die Kurzzeitbehandlung in Betracht gezogen werden (B). Die neuen Orexin-Rezeptor-Antagonisten sind derzeit noch nicht in Österreich verfügbar, gemäß den rezenten Leitlinien können sie zur InsomnieTherapie über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten eingesetzt werden, in einigen Fällen unter Abwägung von Vor- und Nachteilen auch länger (A). Antihistaminika, Antipsychotika und Phytotherapeutika werden nicht für die Behandlung von Schlaflosigkeit empfohlen (A).

Produkte mit dem Hormon, das den Schlaf-wach-Zyklus reguliert, sind in aller Munde. Ihr Einsatz bei Schlafstörungen wurde auch im Rahmen des Webinars diskutiert. In der Guideline ist Melatonin ein eigenes Kapitel gewidmet. Darin wird Anwender:innen geraten, dieses ausschließlich über lizenzierte Apotheken bzw. via Rezept der Ärzt:in zu beziehen, da die diversen verfügbaren Produkte am Markt hohen Qualitätsschwankungen unterliegen können. Aufgrund der derzeitigen Studienlage werden schnell freisetzendes Melatonin und Ramelteon – ein synthetischer Melatonin-Rezeptor-Agonist, der noch nicht in Europa verfügbar ist – nicht für die Behandlung von Schlaflosigkeit

empfohlen. Eine Ausnahme stellt die Beteiligung zirkadianer Faktoren dar. Der kurz- oder langfristige Einsatz von retardiertem Melatonin von bis zu drei Monaten kann bei Schlaflosigkeit (von Patient:innen ≥ 55 Jahre) in einigen Fällen wirksam sein (Empfehlungsgrad B). Mag.a Ines Pamminger, BA

Wissenschaftliches Review: Mag.a Dr.in Brigitte Holzinger, Psychotherapeutin, MedUni Wien Quelle: 1 Riemann D et al., The European Insomnia Guideline: An update on the diagnosis and treatment of insomnia 2023, Journal of Sleep Research, 2023, Article e14035, doi: 10.1111/jsr.14035.

Hier geht es zum Webinar der European Sleep Research Sociey:

Fachkurzinformation siehe Seite 42

Hier geht es zur aktuellen Leitlinie:

Was besagt die Studienlage zu Melatonin?

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Inappetenz und Gewichtsverlust sind ein häufiges Phänomen im Alter

EOÄ Dr.in Barbara Hoffmann, Zentrum für Altersmedizin, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee (KABEG), im Gespräch. HAUSÄRZT:IN: Appetitmangel ist ein sehr wichtiges Thema in der Altersmedizin und berührt viele unterschiedliche Disziplinen. Warum ist das so? OÄ HOFFMANN: Appetitmangel tritt gerade bei älteren Menschen häufig auf, wobei zu Hause lebende und sozial eingebettete Senior:innen meist noch einen guten Ernährungsstatus aufweisen. Hingegen sind pflege- und institutionsbedürftige Patient:innen – abhängig vom Krankheitsbild und von der Schwere der Erkrankung – zu einem Großteil von Appetitmangel und daraus resultierender Mangelernährung betroffen. Wegen der vielfältigen möglichen Ursachen – wie der Kau- und Schluckprobleme per se, gastrointestinaler Erkrankungen, eingeschränkter Mobilität und eines vermehrten Selbsthilfedefizits –, aber auch aus sozialen Gründen und – sehr häufig – als Folge einer Polymedikation ist Appetitmangel als ein interdisziplinärer Risikofaktor anzusehen. Stimmt es, dass das Thema oft stiefmütterlich behandelt wird? Ja, immer noch wird bedauerlicherweise davon ausgegangen, dass sich im Rahmen des natürlichen Alterungsprozesses eine zunehmend katabole Stoffwechsellage einstellt. Der verminderte Appetit wird bei Senior:innen fälschlicherweise

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als „normales“ Zustandsbild verstanden, mit dem immanenten Risiko einer manifesten Malnutrition und einhergehender mannigfaltiger Komplikationen. Letztere reichen von: Gewichtsverlust und muskulärem Abbau über allgemeine Schwäche und Leistungsabfall aufgrund der fehlenden Energieversorgung bis hin zu Immobilität und Stürzen mit induzierten osteoporosebedingten Frakturen mit schlechter Wundheilung, erhöhter Infektanfälligkeit und insgesamt vermehrten Kosten für das Gesundheitssystem. Ein ganz wesentlicher Faktor ist die reduzierte Lebensqualität der Betroffenen. Worauf ist bei der Früherkennung und Diagnose zu achten? Es gilt eine Awareness für diese häufig auftretende Symptomatik zu entwickeln. Bereits ein einfach durchzuführendes Körpergewichtmonitoring kann einen ersten Hinweis auf eine eingeschränkte Nahrungszufuhr liefern. Diagnostisch sind die Auslöser zu berücksichtigen. Eine endoskopische Abklärung sollte, z. B. bei begründetem Verdacht auf eine gastroenterologische Ursache, der Patient:in nicht vorenthalten werden. Welche Therapieoptionen gibt es? Die nichtmedikamentösen Behandlungsmöglichkeiten sind äußerst vielfältig und sollten jedenfalls Beachtung in der Betreuung von Senior:innen finden, etwa: Verbesserung der Mobilität und körperliche Aktivierung, das Einnehmen von Mahlzeiten in angenehmer Gesellschaft, ein gut sitzender Zahnersatz, das Berücksichtigen von Essgewohnheiten ohne strenge Diätvorgaben. Gerne können auch häufigere und dafür kleinere Portionen angeboten werden. Nach Ausschöpfen von konservativen Maßnahmen wie z. B. dem einfach umsetzbaren Würzen mit appetitanregenden Kräutern (Schnittlauch, Basilikum, Dill, Rosmarin, Kresse, Fenchel, Pfeffer, Chili, Curry, Zimt, Ingwer, Senf, Zwiebel, Knoblauch etc.) oder der Zubereitung von Tees aus Pfefferminze, Melisse, Salbei, Wermut, Hopfen usw. ist eine Scheu

vor einer medikamentösen Behandlung eines Appetitmangels unbegründet. Hierbei kann man sich additive Effekte von klassischer – z. B. antidepressiver oder neuroleptischer – Medikation wie Mirtazapin und Haloperidol zu Nutze machen oder einen kurzfristigen Kortisonstoß einsetzen. Als Behandelnde sollten wir diese Optionen den Betroffenen nicht vorenthalten. Welche Rolle spielt der Wirkstoff Dronabinol als eine Add-onMöglichkeit? Dronabinol (Tetrahydrocannabinol) ist bei Appetitmangel durchaus eine interessante Behandlungsoption, da es durch Ausschöpfen der Funktionen des Endocannabinoidsystems neben schmerz-, angst- und spannungslösenden Eigenschaften gerade im Alter (im Gegensatz zu CBD) zur Appetitsteigerung gezielt eingesetzt werden kann. Zusätzlich kann die antiemetische Komponente bei Patient:innen mit Übelkeit und Erbrechen genützt werden. Wie ist das Vorgehen in der Praxis? Dronabinol steht primär als ölige Lösung zur Verfügung, sodass die Dosierung in Tropfenform unkompliziert individuell zu applizieren ist. Wie häufig in der Behandlung älterer Patient:innen hat sich eine langsame Dosisfindung nach dem Motto: „Start low, go slow“ bewährt. Nach anfänglicher Verabreichung von einzelnen wenigen Tropfen kann ein Auftitrieren alle 2-3 Tage stattfinden – bis zum Erreichen des gewünschten Therapieziels. Meist ist in der Indikation Appetitsteigerung eine Dosis von 3 x 3 Tropfen (das entspricht 7,5 mg) bereits ausreichend. Rezente Studien konnten eine Effizienz der Therapie ohne nennenswerte aufgetretene < Nebenwirkungen bestätigen. Literatur: Effect of Early Nutritional Support on Frailty, Functional Outcomes, and Recovery of Malnourished Medical Inpatients – EFFORT, Jun 28, 2019. Lim SL et al., Malnutrition and its impact on cost of hospitalization, length of stay, readmission and 3-year mortality. Clin Nutr 2012; 31: 345-50.

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Diagnostik von Kohlenhydratintoleranzen

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Empfehlungen der aktuellen europäischen Leitlinie

einer KohlenhydratmalabsorpEine aktuelle europäische Leittion und -intoleranz bei Patilinie, an deren Erstellung 47 ent:innen ohne Nachweis einer Ärzt:innen aus 18 europäischen organischen Erkrankung und bei Ländern mitgewirkt haben (siehe denen aufgrund der Anamnese INFO), hat sich mit Tests zum eine Kohlenhydratintoleranz als Nachweis einer Kohlenhydratmögliche Ursache für Symptome intoleranz befasst. Darin werden in Frage kommt, sind: interdie Begriffe der Kohlenhydratmittierender Durchfall, Bauchmalabsorption und der Kohlen- GASTAUTOR: Univ.-Prof Dr. schmerzen, Blähungen, Übelhydratintoleranz am Beispiel der Heinz Hammer keit und Windabgänge (FlatuLaktosemalabsorption und Lak- Medizinische Universitätsklinik Graz, toseintoleranz präzisiert sowie Klinische Abteilung für lenz). Klinisch wichtig – vor die klinische Relevanz dieser Gastroenterologie und allem für TherapieentscheidunHepatologie gen (!) – ist die korrekte VerwenTermini klargestellt. Betont werdung der Begriffe Malabsorpden zudem die klinische Bedeution und Intoleranz. Diese werden umtung und die Aussagekraft von untergangssprachlich oft synonym gebraucht, schiedlichen Atemtests und der validierim Rahmen der europäischen Leitlinie ten Symptommessung, die via Fragebogen wurden sie präzisiert. oder Carboception App erfolgen kann.

Malabsorption versus Intoleranz Indikationen für Atemtests mit Symptombeurteilung (Kohlenhydratintoleranz-/Atemtest) zur Diagnosestellung 20

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Funktionsweise von H2-Atemtests Für den Nachweis einer Kohlenhydratmalabsorption sind H2-Atemtests

(H2AT) einfache und sichere diagnostische Hilfsmittel, welche allerdings die mehrstündige Anwesenheit der Patient:innen in der durchführenden Ambulanz erfordern. Wasserstoff (H2) entsteht im menschlichen Körper nur durch den bakteriellen Metabolismus von Kohlenhydraten im Darm, wird dort absorbiert und schließlich über die Lunge abgeatmet. Steigt die Konzentration von H2 in der exspiratorischen Atemluft nach der Kohlenhydratzufuhr im Vergleich zum (sehr niedrigen) Ausgangswert an, kann daher auf eine bakterielle Metabolisierung des Kohlenhydrates geschlossen werden. Das bedeutet im Falle des Konsums von Laktose oder Fruktose, dass dieses Kohlenhydrat nicht vollständig vom Dünndarm absorbiert wurde und mit Dickdarmbakterien in Kontakt gekommen ist. Eine Kohlenhydratmalabsorption führt häufig – aber nicht bei allen Patient:innen – zu abdominellen Symptomen,


Hausärzt:in medizinisch d. h. zur Kohlenhydratintoleranz. Die Dosisabhängigkeit bei Intoleranz ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal in Bezug auf die dosisunabhängige Allergie. Der Nachweis der Symptome, die nach der Kohlenhydrataufnahme auftreten, bildet einen unverzichtbaren Bestandteil eines Kohlenhydratbelastungstests. Ersterer ist nötig, um die Pathogenese der Symptome zu beurteilen und eine Indikation für eine Behandlung mit Diät oder Nahrungsergänzungsmitteln wie Laktase (bei Laktoseintoleranz) oder D-Xylose-Isomerase (bei Fruktoseintoleranz) zu stellen.

„Klinisch wichtig ist die korrekte Verwendung der Begriffe Malabsorption und Intoleranz.“ Validierte Symptomerhebung Die Symptommessung während des Kohlenhydratintoleranz-/Atemtests erfolgt abhängig vom Alter der Patient:in mit dem testspezifischen, validierten Fragebogen pCPQ (pädiatrischer „Carbohydrate Perception Questionnaire“) oder dem aCPQ („adult Carbohydrate Perception Questionnaire“). Diese Fragebögen wurden an den Medizinischen Universitäten Wien und Graz entwickelt und werden in der europäischen Leitlinie für die Symptommessung empfohlen. Sie sind auf Anfrage erhältlich.* Bis zur Entwicklung dieser validierten Fragebögen waren vielerorts nichtvalidierte „selbst gezimmerte“ Fragen nach Symptomen verwendet worden. Durch eine validierte Symptomerhebung können allerdings Fehlerquel-

len wie „response bias, gender bias, reporting bias“ etc. – welche das Ergebnis verfälschen würden – ausgeschlossen werden.

Auf falsche Testergebnisse achten Malabsorption kann ohne relevante Symptome (d. h. ohne Intoleranz) vorliegen, und Intoleranz kann ohne Malabsorption (d. h. ohne Erhöhung der H2-Atemkonzentration) auftreten. Das kann auf einen falsch negativen Malabsorptionstest oder andere Mechanismen zurückzuführen sein, die nicht mit der Malabsorption zusammenhängen. Zum Beispiel: eine viszerale Überempfindlichkeit bei funktioneller Dyspepsie (Reizmagen), ein Reizdarmsyndrom, ein Nozeboeffekt oder andere derzeit noch unbekannte Mechanismen. Faktoren, welche das Darmmikrobiom, die Darmmotilität und die individuelle Empfindlichkeit beeinflussen, können ebenfalls zu falsch positiven oder

Hier geht es zur aktuellen Leitlinie:

falsch negativen H2AT führen.

Ergebnissen

des

Die individuell verträgliche Dosis finden Alternativ zur Verwendung der papierbasierten Fragebögen kann bei Patient:innen, bei denen es klinisch nicht erforderlich erscheint, eine Malabsorption abzuklären, die Carboception App – die auf diesen Fragebögen basiert und als Medizinprodukt registriert ist – verwendet werden. Die App erlaubt wiederholte Messungen mit unterschiedlichen Dosen von Kohlenhydraten oder kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln, ohne dass dafür Ambulanzen aufgesucht werden müssen. Für die Intoleranz ist – im Gegensatz zur Allergie – typisch, dass die Entstehung der Symptome dosisabhängig ist und daher kleinere Mengen, zum Beispiel von Laktose als Hilfsstoff in Medikamenten, oft gut toleriert werden. Mit der App lässt sich die individuell verträgliche Dosis finden, z. B. von Laktose oder von einem Milchprodukt. Diese leitet die Benutzer:innen an, ihre Symptome vor und nach der Einnahme einer Testsubstanz oder eines Testnahrungsmittels alle 30 Minuten über einen Zeitraum von drei Stunden zu bewerten. Sofort nach Beendigung des Tests stehen Ergebnis und Empfehlungen für die Ernährung sowie für weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Für Testungen auf Laktoseintoleranz oder Fruktoseintoleranz können Laktose oder Fruktose in Apotheken oder in „Reformhäusern“, die ebenfalls häufig Milchzucker oder Fruchtzucker anbieten, bezogen werden. Die Dosierung für die Verwendung mit der Carboception App erfolgt mit Esslöffeln. < * Anfrage per E-Mail unter: heinz.hammer@medunigraz.at Quelle: Hammer HF, United European Gastroenterol J. 2022 Feb;10(1):15-40. doi: 10.1002/ueg2.12133.

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21


Hausärzt:in medizinisch

Trio infernale

Beim Kongress für Allgemeinmedizin in Graz war ein Symposium dem kardio-renal-metabolischen Syndrom gewidmet.* Dieses wurde erstmals 2014 beschrieben. Es schließt, wie der Name schon sagt, verschiedene Erkrankungen und Symptome ein: Adipositas, Insulinresistenz, Hypertonie, metabolische Dyslipidämie sowie Proteinurie und reduzierte glomeruläre Filtrationsrate. Deren gemeinsames Auftreten beeinflusst die Prognose betroffener Patient:innen negativ. Beim Kongress beleuchtete Univ.-Prof. Dr. Thomas Wascher von der 1. Medizinischen Abteilung/Diabetologie und Stoffwechselerkrankungen am HanuschKrankenhaus, Wien, die Bedeutung des Zusammenspiels des „Trio infernale“ für die Praxis vorrangig aus diabetologischer Perspektive, Prim. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka von der Internen 3 – Nephrologie am Ordensklinikum Linz Elisabethinen danach aus nephrologischer.

Aus der Sicht des Diabetologen Diabetolog:innen haben heute viele Möglichkeiten, die Entwicklung einer Komorbidität zu verhindern oder eine Remission zu erreichen. Sie sollten darum alles ausschöpfen, was therapeutisch machbar ist. Das geschehe leider noch zu selten, so Prof. Wascher in seinem Vortrag. Prädiabetes muss bekanntlich nicht zwangsläufig zu Diabetes führen, aber die Vorstufe ist bereits mit verschiedenen Komorbiditäten assoziiert. Patient:innen mit einer Vorstufe oder manifestem Diabetes können etwa eine Niereninsuffizienz, Steatose oder Herzinsuffizienz entwickeln. „Wichtig für den bestmöglichen kardio-renalmetabolischen Schutz ist daher, frühzeitig die Risikomarker zu kontrollieren“, hob der Experte hervor. Die diagnostische Trias ermögliche eine rasche Abklärung: HbA1c für den Typ-2-Diabetes

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Jänner 2024

(DM 2), NT-proBNP für die Herzinsuffizienz (HI) und eGFR/UACR für die chronische Niereninsuffizienz (CKD). Die Werte sind pathologisch, wenn Folgendes zutrifft: • HbA1c > 6,5 %, • NT-proBNP ≥ 125 pg/ml, • (BNP ≥ 35 pg/ml), • eGFR < 60 ml/min/1,73 m2, • UACR > 30 mg.

Zusammenspiel mit kardio-vaskulären Erkrankungen „Die ESC spricht eine IA-Empfehlung für Diabetes-Screening mittels Nüchternglukose und/oder HbA1c bei allen Menschen mit kardiovaskulärer Erkrankung aus“, fuhr Prof. Wascher fort. Denn HI komme bei Menschen mit Diabetes mellitus häufig vor, Untersuchungen zufolge seien etwa 28 Prozent betroffen (23 % HFpEF, 5 % HFrEF). „Es gibt fast keine Herzinsuffizienz ohne Glukosestoffwechselstörung“, so der Experte. 95 Prozent hätten eine solche: „Bei 29 % ist Diabetes vorbekannt, bei 15 % wird er neu diagnostiziert, 24 % haben eine gestörte Glukosetoleranz, bei 27 % liegt eine Insulinresistenz vor.“ Die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Patient:innen mit HI betrage ca. 50 Prozent und sei mit der von Menschen mit einigen der häufigsten Krebsarten vergleichbar. Seien die Werte bei der jährlichen NT-proBNP-Bestimmung erhöht (Cutoff 125 pg/ml) und lägen Symptome vor, laute die klinische Konsequenz nach den neuen Leitlinien: SGLT-2-Hemmer unabhängig vom HbA1c oder von der Auswurffraktion.1 Die Stellung der SGLT2-Inhibitoren im klinischen Einsatz bei Typ-2-Diabetes hat generell an Bedeutung gewonnen. Ihre Anwendung wird mittlerweile sowohl bei DM 2 und Herzinsuffizienz als auch bei CKD empfohlen. „43 Prozent aller Menschen mit Diabetes in der allgemeinmedizinischen Praxis leiden an Atherosklerose und/oder CKD und/

oder Herzinsuffizienz“, nannte Prof. Wascher weitere interessante Zahlen und Fakten. „EMPA, die kardiovaskuläre Outcome-Studie mit Patient:innen, die an Typ-2-Diabetes erkrankt sind, zeigt: Empagliflozin schützt Herz und Nieren und verlängert das Leben. Bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz verbessert sich die NYHA-Klasse. Patient:innen unter Empagliflozin hatten bereits frühzeitig im Therapieverlauf versus Placebo eine größere Wahrscheinlichkeit für eine Verbesserung der HI-Symptomatik. Das Risiko einer Verschlechterung der HI-Symptomatik gemäß NYHA-Klassifikation war bei Patient:innen unter Empagliflozin vs. Placebo geringer.“2

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Typ-2-Diabetes, Herz- und Niereninsuffizienz: Was die Guidelines für den frühen Schutz betroffener Patient:innen empfehlen

Aus der Sicht des Nephrologen Das kardio-renal-metabolische Syndrom sei auch für Nephrolog:innen ein sehr relevantes Thema, betonte Prim. Cejka in seinem Vortrag. „Ungefähr die Hälfte der Patient:innen in Österreich, die an Niereninsuffizienz leiden, haben diese aufgrund des Diabetes und/oder einer Hypertonie bzw. kardiovaskulärer Erkrankungen“, gab er zu bedenken. Vielfach werde nicht bedacht: Patient:innen mit dialysepflichtigem Nierenversagen haben eine schlechtere Prognose als z. B. Menschen mit einem Mammaoder einem Prostatakarzinom. Oberstes Ziel sei daher, Nierenversagen zu vermeiden.

Die Verbreiterung der Evidenz Die und

beiden Studien CREDENCE DAPA-CKD zeigten bereits

>



Hausärzt:in medizinisch einen nephroprotektiven Effekt von SGLT2-Inhibitoren bei chronischer Nierenerkrankung. Nun liegen zusätzlich umfangreiche Subanalysen aus dem Empagliflozin-Studienprogramm und insbesondere auch aus einer großen Niereninsuffizienz-Studie (EMPAKIDNEY) vor, die bestätigen:2 Empagliflozin verringert das Risiko eines Fortschreitens chronischer Nierenerkrankungen auch bei niedriger Albuminurie aus unterschiedlichsten Gründen (bspw. bei Glomerulonephritiden). „Brandneu ist, dass CKD somit als Indikation für SGLT2i gilt“, freute sich Prim. Cejka. „Galt früher im Zusammenhang mit jenen, dass bei einer eGFR unter 60 ml/min keine Therapie begonnen und bei einer eGFR unter 45 ml/min die Therapie abgesetzt werden sollte, so lautet jetzt die Takehome-Message: Empagliflozin ist

nephroprotektiv bei Patient:innen mit DM 2, HI und CKD.“

Können damit Dialysen verhindert werden? Die Basis der Behandlungspyramide bilden bei Patient:innen mit kardiorenal-metabolischem Syndrom laut Leitlinien weiterhin Allgemeinmaßnahmen wie Ernährung oder Sport, die in der Praxis mal besser, mal schlechter umgesetzt werden können.1 Auf Stufe 2 befinden sich, nebst anderen Medikamenten, bereits die SGLT2-Hemmer. „Bei Patient:innen mit Typ-2-Diabetes und CKD werden sie mittlerweile als Erstlinientherapie empfohlen“, so Prim. Cejka. Eine frühe Intervention sei essenziell. Denn der eGFR-Verlust könne zwar gebremst, aber nicht gestoppt werden. Daher sei es für das Leben betroffe-

Mag.a Karin Martin Literatur: 1 Clodi M et al., Antihyperglykämische Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 (Update 2023), Wien Klein Wochenschr. 2023; 135(Suppl 1): 32–44. 2 The EMPA-KIDNEY Collaborative Group. Empagliflozin in Patients with Chronic Kidney Disease, N Engl J Med 2023; 388:117-127, DOI: 10.1056/NEJMoa2204233. Weitere Literatur bei den Experten.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

INFO: CKD-Risikokategorien In puncto Früherkennung spielen Hausärzt:innen eine wichtige Rolle. Um das individuelle Risiko einer Nierenerkrankung einzuschätzen, ist die sogenannte KDIGO Heatmap ein hilfreiches Tool. Sie bietet eine gute Orientierung, wann Patient:innen Spezialist:innen der Nephrologie zugewiesen werden sollten. Herangezogen werden die im Rahmen eines Screenings erhobenen Werte bezüglich der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) und der Albuminurie (gemessen anhand des Albumin-KreatinQuotienten ACR).

GFR- und Albuminuriekategorien bei CKD und deren Assoziation mit der Prognose (KDIGO 2012) Grün: falls keine anderen Marker einer Nierenerkrankung vorliegen, besteht keine CKD; Gelb: CKD mit mäßigem Risiko; Orange: CKD mit hohem Risiko; Rot: CKD mit sehr hohem Risiko.

GFR-Kategorien (ml/min/1,73 m2)

ner Patient:innen von großer Relevanz, wann mit der Therapie begonnen werde (siehe INFO). „Bei einer eGFR knapp unter 20 ml/min könnte man das terminale Nierenversagen, vielleicht den Dialysebeginn, vermutlich etwas hinauszögern“, resümierte der Experte. „Bei einer eGFR knapp unter 60 ml/min hingegen lässt sich das Auftreten einer terminalen Nierenerkrankung oft für Jahrzehnte hintanhalten. Die Patient:in stirbt vielleicht an etwas anderem und muss nicht zur Dialyse. Das wäre unser Wunsch!“

G1

Normal oder erhöht

≥ 90

G2

Leicht vermindert

60-89

G3a

Leicht bis mäßig vermindert

45-59

G3b

Mäßig bis stark vermindert

30-44

G4

Stark vermindert

15-29

G5

Nierenversagen

< 15

Persistente Albuminurie-Kategorien Beschreibung und Referenzbereiche A1

A2

A3

Normal bis leicht erhöht

Mäßig erhöht

Stark erhöht

< 30 mg/g < 3 mg/mmol

30-300 mg/g 3-30 mg/mmol

> 300 mg/g > 30 mg/mmol

Quelle (adaptiert nach): KDIGO 2022 Clinical Practice Guideline for Diabetes Management in Chronic Kidney Disease. Kidney International (2022) 102 (Suppl 5S), S1–S127.

Typ-2-Diabetes, Herz- und Niereninsuffizienz: Zwei von sechs Patient:innen mit Herzinsuffizienz haben zusätzlich Typ-2-Diabetes und/oder drei von sechs zusätzlich eine Nierenschwäche. Eine von sechs Patient:innen mit Nierenschwäche ist zusätzlich von einer Herzschwäche betroffen und/oder ein bis zwei von sechs haben die Nierenschwäche aufgrund von Typ-2-Diabetes und … … zwei von sechs Menschen mit Typ-2Diabetes haben zusätzlich kardiovaskuläre Erkrankungen und/oder drei von sechs zusätzlich eine Nierenschwäche. SGLT2i bei Typ-2-Diabetes: DM 2 mit manifester Atherosklerose • indiziert, in den Leitlinien abgebildet DM 2 mit hohem Atheroskleroserisiko • empfohlen, in den Leitlinien abgebildet DM 2 mit CKD • primäre Indikation, in den Leitlinien abgebildet DM 2 mit Herzinsuffizienz unabhängig von der EF • primäre Indikation, in den Leitlinien abgebildet (HFrEF) DM 2 „ohne alles“ • sowohl in Kombination mit Metformin als auch als Monotherapie in den Leitlinien abgebildet

NACHBERICHT * Die Experten waren Vortragende zum Thema beim Kongress für Allgemeinmedizin der STAFAM, 23.-25.11.2023, Stadthalle Graz (unterstützt von Boehringer Ingelheim).

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Hausärzt:in informativ

Erfolgreiche Blutzuckerselbstmessung Moderne Messsysteme generieren trotz potenzieller Interferenzen verlässliche Werte

Vorteile aktueller Geräte Die neuen Systeme sind heute meist sogenannte Glucosedehydrogenase(GHD) basierte Systeme. Gegenüber den Glukoseoxidase (GO)-basierten haben sie z. B. den Vorteil, dass ein hoher oder niedriger Sauerstoffpartialdruck, etwa bei COPD-Patient:innen,

das Messergebnis nicht beeinflusst. „Bei den modernen Geräten sind viele Faktoren, die Probleme verursachen könnten, sozusagen ausgeschaltet“, schildert der Experte. Auch bei aktuellen SMBG-Systemen gibt es Unterschiede in Bezug auf die verschiedenen Merkmale. So bieten zum Beispiel manche Systeme einen weiten Hämatokritbereich von 10 bis 65 %. Ebenso der Messbereich unterscheidet sich je nach System. Dieser kann z. B. 10 bis 600 mg/dl betragen. Selbes gilt für die zulässige Betriebstemperatur, die je nach System variieren kann. Die Verständlichkeit eines Systems wird getestet, indem Proband:innen lediglich nach dem Lesen der Produktinformation die Blutzuckermessung mit Kapillarblut durchführen. In der Folge wird überprüft, ob die Werte im zulässigen Streubereich liegen. Ein Ergebnis von 99 % ist als gut anzusehen und erfüllt die Akzeptanzkriterien eindeutig.

EXPERTE: Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi Abteilung für Innere Medizin, Konventhospital Barmherzige Brüder Linz, Pastpräsident der ÖDG

Mögliche Störsubstanzen Um eine hohe Messgenauigkeit zu gewährleisten, gilt es nicht zuletzt, potenzielle Störsubstanzen auf ihren Einfluss zu prüfen. „Die Interferenztestung ist klar reguliert. Etwa die Internationale Organisation für Normung (ISO) beschreibt mit der ISO 15197:2013.15 die spezifischen Anforderungen und Testbedingungen für Blutzuckermessgeräte. Das Clinical

and Laboratory Standards Institute (CLSI) gibt ebenfalls Empfehlungen“, erklärt Prim. Clodi. Nach der ISO müssen die Auswirkungen von 24, nach der CLSI von ca. 90 verschiedenen potenziell störenden Substanzen getestet werden. Die Interferenztestungen der Hersteller von SMBG-Systemen unterscheiden sich. Es gibt Hersteller, die gehen über die Mindestanforderungen deutlich hinaus und testen ihre Systeme auf über 200 Substanzen. Darunter sind viele Medikamente, die relevant für Menschen mit Diabetes sind, wie Antihypertensiva, jene für andere kardiovaskuläre Indikationen oder orale Antidiabetika – einschließlich der Natrium-Glukose-Transportprotein-2 (SGLT2)-Inhibitoren. „In einer rezenten Studie3 erfüllten mehr als 20 % von den 18 getesteten SMBGSystemen der aktuellen Generation nicht die ISO-Genauigkeitskriterien. Der klinische Wert von Blutzuckermesssystemen hängt maßgeblich mit der Messgenauigkeit zusammen. Daher ist es notwendig, verfügbare Systeme nach Markteinführung regelmäßig zu überwachen“, resümiert Prim. Clodi. Literatur: 1 Klonoff DC et al., J Diabetes Sci Technol. 2011;5: 1529-1548. 2 Tonyushkina K, Nichols JH, J Diabetes Sci Technol. 2009;3:971-980. 3 Pleus S et al., BMJ Open Diabetes Res Care. 2020 Jan;8(1):e001067. Weitere Literatur beim Experten. ACCU-CHEK ist eine Marke von Roche. Alle anderen Produktnamen und Marken sind Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber. © 2024 Roche Diabetes Care accu-chek.at | Roche Diabetes Care Austria GmbH | Engelhorngasse 3 | 1210 Wien

TERMIN Der Online-Vortrag von Prim. Clodi findet am Dienstag, 20. Februar 2024, von 18:00 bis 19:00 Uhr ein weiteres Mal statt. Melden Sie sich zum kostenlosen Webinar an: accu-chek.at/webinarinterferenzen

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Der Faktor Mensch Die störenden Einflüsse lassen sich prinzipiell in zwei Gruppen einteilen: Die erste umfasst endogene Faktoren, also verschiedene physiologische Eigenschaften wie Hämatokrit, Triglyceride, Bilirubin oder O2-Spannung. Die zweite Gruppe bilden exogene Faktoren, z. B. Temperaturen außerhalb des verifizierten Bereichs und Medikamente wie Vitamin C oder Paracetamol. „Man sollte auch bedenken, dass die unsachgemäße Handhabung der SMBG den häufigsten Grund für falsche Ergebnisse darstellt1,2“, erläutert Prim. Clodi. Daher sei die Schulung der Patient:innen wesentlich – etwa in puncto Verwendung und Lagerung der Teststreifen. Außerdem müsse klargestellt werden, dass man sich die Hände waschen muss, bevor gemessen wird. „Früher war die Messung komplizierter als heute, beispielsweise kodieren die Patient:innen bei modernen SMBG-Systemen nicht mehr selbst“, teilt Prim. Clodi mit. „Die Fehlerquote ist mittlerweile deutlich geringer als vor zehn, 20 Jahren.“

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Im Allgemeinen können sich Patient:innen mit Diabetes, die eine Blutzuckerselbstmessung (SMBG) durchführen, auf die Genauigkeit der Messergebnisse verlassen. Allerdings können verschiedene Faktoren wie Anwendungsfehler oder störende Substanzen die Messwerte verfälschen. „Falsche Werte führen mitunter zu Behandlungsfehlern, etwa zu einer falschen Insulindosierung“, macht Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, Pastpräsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft, aufmerksam.*

NACHBERICHT * Live-Webinar: „Interferenzen bei der Blutzuckerselbstmessung“, 12. Dezember 2023.

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Hausärzt:in medizinisch

Lipoprotein(a) wird nach wie vor zu selten bestimmt, obwohl es geeignete Assays gibt Ein Standardlipidprofil gibt in der Regel Auskunft über Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin (HDL-C), Triglyzeride und LDL-Cholesterin (LDL-C). Manche Labors geben zusätzlich noch die Rechenparameter Remnant-C und NonHDL-C aus (siehe Tabelle).1 Jedoch fehlt bei diesen Bestimmungen ein wichtiger Parameter, der aufgrund seiner Stabilität nur einmal im Leben angefordert werden muss: Lipoprotein(a) (Lp(a)). Eine aktuelle Publikation zeigt, dass der Parameter – obwohl die Anzahl der Bestimmungen zwischen 2011 und 2022 kontinuierlich zugenommen hat – nur bei 0,5 % der Patient:innen mit atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ASCVD) erhoben wurde.2 Eine größere Studie mit über 5,5 Mio. Patient:innen fand Lp(a)-Testungen bei 0,3 % der Erwachsenen, bei 3 % derjenigen, die kardiovaskuläre Erkrankungen in der Familiengeschichte aufwiesen, und bei weniger als 4 % derjenigen, die selbst von solchen betroffen sind.3 Warum die Bestimmung von Lp(a) so wichtig ist und was bei der Beurteilung des Lipidstoffwechsels sonst noch beachtet werden muss, erklärte Labormediziner Priv.-Doz. Dr. Benjamin Dieplinger im Rahmen einer Veranstaltung der Österreichischen Medizinischen Gesellschaft für Real World Evidence.*

lischen Leitlinien wird empfohlen, Lp(a) zumindest einmal im Leben einer erwachsenen Patient:in zu messen“, betont der Labormediziner. So weist die angesprochene Leitlinie der EAS (European Atherosclerosis Society) darauf hin, dass sehr hohe Lp(a)-Spiegel von > 180 mg/dl bzw. > 430 nmol/l äquivalent zu jenem ASCVD-Erkrankungsrisiko seien, welches Personen mit einer heterozygoten familiären Hypercholesterinämie hätten.4 „Mit diesem Parameter kann man sehr gut ein zusätzliches kardiovaskuläres Risiko erheben und man braucht ihn auch, um Dyslipidämien zu klassifizieren“, so Doz. Dieplinger. Für die Beeinflussung von Therapiewahl und -ziel sei Lp(a) allerdings „noch nicht“ geeignet (siehe Tabelle).1 „Ob sich das klinische Outcome durch eine Senkung deutlich verbessern lässt, kann man derzeit noch nicht sagen. Aber man sollte Lp(a) trotzdem jetzt schon

Kardiovaskuläre Risikoeinschätzung

Hinweise zur Lp(a)-Messung Warum so viele Ärzt:innen auf die Messung von Lp(a) verzichten, könnte laut Doz. Dieplinger daran liegen, dass es für längere Zeit Unsicherheiten betreffend die Assays gab und die Ergebnisse

Charakterisierung der Dyslipidämie

Therapiewahl

Therapieziel

Optional

Optional

Optional

R R R

T R R

T T R

Standardparameter Gesamtcholesterin (TC) HDL-C Triglyzeride (TG)

„Lp(a) sollte definitiv gemessen werden, da es für die individuelle kardiovaskuläre Risikoabschätzung essenziell ist.“

mitbestimmen: Wenn es erhöht ist, zeigt es EXPERTE: ein zusätzliches kardio- Prim. Priv.-Doz. Dr. vaskuläres Risiko an Benjamin Dieplinger, MBA und man muss versu- Geschäftsführer und chen, alle anderen Ri- Ärztlicher Leiter des OKH Zentrallabors sikofaktoren frühest- in Linz möglich zu reduzieren“, unterstreicht der Experte. Gebe es eine Familienanamnese von Hypercholesterinämie, sehr hohen Lp(a)-Werten und/ oder vorzeitigen bzw. rekurrierenden ASCVD, so sollte eine Kaskadentestung innerhalb der Familie angedacht werden.5

LDL-C

R R R R

Remnant-C (= TC minus HDL-C minus LDL-C)

Optional

Optional

T

Optional

Non-HDL-C (= TC minus HDL-C)

R

T

T

R

R R

R R

T

Optional

Noch nicht

Noch nicht

Zusätzliche Parameter

Bedeutung für die Praxis „In den Guidelines der EAS, in den europäischen Labor-Guidelines, aber auch in den kanadischen und den eng-

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ApoB Lp(a)

Quelle: Adaptiert nach Langlois MR et al., Clin Chem Lab Med 2020; 58(4): 496-517.

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Lipidstoffwechsel: Wissen ist Macht


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Hausärzt:in medizinisch

nicht 1 : 1 zusammenpassten. Das liegt daran, dass bei Lp(a) ein Größenpolymorphismus aufgrund unterschiedlicher Apolipoprotein(a)-Isoformen besteht, welche von den Assays verschieden stark erfasst werden. Aber: Die derzeit in der klinischen Routine verwendeten kommerziellen Assays seien gut dazu geeignet, hohe von niedrigen Lp(a)-Werten zu unterscheiden. Die International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (IFCC) arbeite zudem daran, neue Standards zu generieren, um die Vergleichbarkeit zu verbessern. „Ganz wichtig ist – das gilt genauso für die Messung von LDL-C und die Einstellung der Patient:innen auf die Therapie –, dass man Verlaufskontrollen immer ins selbe Labor schickt, um zu vermeiden, dass unterschiedliche Assays verwendet werden, was das Therapiemonitoring erschweren

würde“, macht Doz. Dieplinger aufmerksam. Aktuelle Ringversuche bezüglich der Lp(a)-Messung wiesen darüber hinaus niedrige Variationskoeffizienten sowie eine hohe Bestehensquote auf. „Das Thema der Messunsicherheit ist also im klinischen Alltag vernachlässigbar“, hebt der Labormediziner hervor.

Apolipoprotein B Die IFCC arbeitet laut Doz. Dieplinger ebenso an einem Referenzstandard für die Messung von Apolipoprotein B (ApoB): „Aufgrund der zentralen Rolle von ApoB-haltigen Lipoproteinen in der Entwicklung und Progression von Atherosklerose wäre die direkte Messung von ApoB ein idealer Marker für die Risikoabschätzung und die Therapiekontrolle. Es gibt auch gute Assays, die gar nicht

so teuer sind – leider haben sich diese in der klinischen Praxis aber nicht durchgesetzt.“ Ab einer Größe von < 70 nm können sich Lipoproteine in der Gefäßwand ablagern – und ApoB ist Bestandteil jener Lipoproteine, die das kardiovaskuläre Risiko erhöhen, von VLDL- über IDL- und LDL-C bis hin zu Lp(a). Wie aus der Tabelle ersichtlich, kann man ApoB auch zur Risikoeinschätzung und Charakterisierung der Dyslipidämie heranziehen. Es lohnt sich also, die aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik von Dyslipidämien im Auge zu behalten. Mag.a Marie-Thérèse Weitzl, BSc, BSc Quellen: 1 Langlois MR et al., Clin Chem Lab Med 2020; 58(4): 496-517. 2 Upadhyaya B et al., J Clin Lipidol 2023; doi:10.1016/ j.jacl.2023.09.009. 3 Bhatia HS et al., J Am Heart Assoc 2023; 12: e031255. 4 Mach F et al., Eur Heart J 2020; 41(1): 111-188. 5 Ma GS et al., Curr Cardiol Rep 2023; 25: 1175-1187.

NACHBERICHT * Der Experte war Vortragender beim RWE-Online-Livestream „Lipidstoffwechsel – Essen ist fast immer gefährlich?“ am 15.11.2023.

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Hausärzt:in medizinisch

Gastrointestinale Tumoren: die Highlights 2023 Erfolgversprechende Entwicklungen bei der Therapie von Karzinomen des Magen-Darm-Trakts

Oberer Gastrointestinaltrakt Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Lukas Weiss, Onkologische Ambulanz, Ärztlicher Leiter Tumorregister, Uniklinikum Salzburg, eröffnete die Veranstaltung mit einem Überblick über die Neuigkeiten bei Tumoren im oberen Gastrointestinaltrakt. Die Entwicklungen zeigen demnach, dass in den letzten Jahren vermehrt Daten zur Immuntherapie vorliegen. Vorteile für Patient:innen gäbe es bei der Immuntherapie als alleinige Therapiemaßnahme sowie in Kombination mit Chemotherapie. Darüber hinaus bringe eine zusätzliche Immuntherapie nach Chemo-/Strahlentherapie und Operation in lokalisierter Situation signifikante Vorteile. Prof. Weiss betonte, dass eine Immuntherapie besonders in der metastasierten Situation vor allem bei Vorhandensein bestimmter Oberflächenmoleküle wie PDL-1 das Gesamtüberleben sowie das progressionsfreie Überleben verbessern könne – begleitet von einer Tendenz zur Tumorregression. Weiters gebe es Strukturen wie Claudin-18.2 (CLDN18.2) als neuen prädiktiven Biomarker oder den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 2b (FGFR2b), von dem bei 3-61 % der Karzinome des Magens und des gastroösophagealen Übergangs eine Überexpression verzeichnet werde1. Zielgerichtete Substanzen befänden sich hier derzeit weltweit in Phase-3-Studien. 2024 rückt das Medikament Zolbetuximab – einen Antikörper gegen Claudin-18.2 – in den Fokus.2 Dieser wird voraussichtlich im kommenden Jahr verfügbar sein. Außerdem werden neue Daten zu anderen Markern wie FGFR2b erwartet.

Biliäre Tumoren Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Armin Gerger, Klinische Abteilung für Onkologie, CBmed Center for Biomarker Research in Medicine, berichtete von den bedeutenden Fortschritten in der Behandlung von biliären Tumoren wie dem Pankreaskarzinom, dem hepatozellulären Karzinom und dem Cholangiokarzinom. Ein herausragendes Beispiel sei die NAPOLI-3 Studie, die beim Pankreaskarzinom eine innovative Tripletherapie als potenzielle Erstlinienoption vorgestellt habe.3 Vielversprechende Ergebnisse im Hinblick auf das Patient:innen-Outcome beim hepatozellulären Karzinom zeitige die Kombination von Immuntherapie und Angiogenese-Inhibition. Beim Cholangiokarzinom gewinne umfassendes molekulares Profiling immer mehr an Bedeutung – die Wahrscheinlichkeit, durch genaue Therapieziele einen erheblichen Benefit für Patient:innen zu erreichen, sei hoch, so der Experte. Für das Jahr 2024 wird erwartet, dass zahlreiche neue Medikamente aus klinischen Studien hervorgehen, mit Fokus auf Kombinationstherapien, Schulungen und der Identifizierung weiterer Biomarker.

Unterer Gastrointestinaltrakt Abschließend referierte Prim. Univ.Prof. Dr. Wolfgang Eisterer, Leitung Onkologisches Zentrum, Klinikum Klagenfurt, über die Fortschritte in der Behandlung des Kolorektalkarzinoms, insbesondere im Bereich des Rektumkarzinoms. Wichtig für den Therapieentscheid sei eine differenzierte Herangehensweise, basierend auf dem Stadium und der Risikoklassifizierung. Ein bedeutender Schritt sei der Verzicht auf Strahlentherapie zugunsten der alleinigen Operation, wobei das Konzept des Organerhalts immer mehr an Bedeutung gewinne.

© Medtis

Unter dem Titel „Connected in GI Cancer“ versammelte sich am 9. Jänner 2024 eine Expertenrunde, um die Studienhighlights des vergangenen Jahres zu den unterschiedlichen gastrointestinalen Krebsentitäten zu präsentieren.

Die Experten (v. li. n. re.): Prof. Prager (Vorsitz), Prof. Eisterer, Prof. Gerger, Prof. Weiss.

Für fortgeschrittene Karzinome biete die Intensivierung der Therapie verschiedene Ansätze. Erfolgversprechende Strategien seien hier die Induktionstherapie sowie die Kurzzeitstrahlentherapie, gefolgt von Chemotherapie. Ein Highlight aus österreichischer Sicht ist für den Experten die SUNLIGHT-Studie unter der Leitung von Kollege Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Gerald Prager, Klinische Abteilung für Onkologie, MedUni Wien. Hier zeigt sich laut Prof. Eisterer eine vielversprechende Option in Form der Kombination Trifluridin/Tipiracil plus Bevacizumab bei refraktären metastasierten kolorektalen Karzinomen. Dieser Ansatz weise einen deutlichen Überlebensvorteil auf und könne bei der Mehrheit der Patient:innen ohne vorherige molekulare Diagnostik angewendet werden.4 Was den Ausblick auf 2024 und 2025 betrifft, rückt die Rolle der zirkulierenden Tumor-DNA in den Fokus. Insbesondere unterstreicht der Experte ihre Bedeutung als Entscheidungshilfe in der adjuvanten Situation, vor allem in Stadium 2 der Erkrankung. Dieser prognostische Ansatz verspreche eine genauere und personalisierte Therapieplanung, um die Wirksamkeit der Behandlung weiter zu verbessern. Mag.a Ulrike Krestel Literatur: 1 Wainberg ZA et al., Journal of Clinical Oncology. 2021 January; Volume 39, Number 3_suppl. 2 Shitara K et al., Clinical Trial Lancet. 2023 May 20;401(10389):1655-1668. 3 Wainberg ZA et al., The Lancet. 2023 October:1272-1281. 4 Prager GW et al. for the SUNLIGHT Investigators. N Engl J Med. 2023;388:1657-1667.

ZUM NACHSEHEN: Videos der Veranstaltung finden Sie unter gesund.at/ mediathek

NACHBERICHT „Connected in GI Cancer – Praxisrelevante Studien für die österreichische Praxis zusammengefasst“, am 09.01.2024, Wien.

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Hausärzt:in pharmazeutisch

• Die Kategorie der Antidepressiva (ausschließlich registrierte Arzneimittel) erzielt in den öffentlichen Apotheken und Hausapotheken im MAT November 2023 mit 8,4 Mio. Packungen 57,9 Mio. Euro Umsatz FAP. • Der entsprechende Markt wächst aktuell im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 % nach Menge und um 2,2 % nach Wert. Im Jahr davor betrug das Absatzwachstum 3,3 %, während das Segment im gleichen Zeitraum aufgrund von Preissenkungen um 2,6 % nach Umsatz sank.

Handelsname

Marktanteil nach Menge (Prozent)

Marktanteil nach Wert (Prozent)

Hersteller/Vertrieb

TRITTICO CIPRALEX SERTRALIN-1 A PHARMA WELLBUTRIN XR MIRTABENE SERTRALIN GENERICON DULOXETIN GENERICON VENLAFAXIN GENERICON VENLAFAB ESCITALOPRAM +PHARMA

14,2 % 6,3 % 5,9 % 3,4 % 3,0 % 3,0 % 2,6 % 2,5 % 2,4 % 2,4 %

15,7 % 4,2 % 5,6 % 7,5 % 2,4 % 2,9 % 2,1 % 2,6 % 1,7 % 1,3 %

Angelini Pharma Lundbeck 1 A Pharma GlaxoSmithKline Ratiopharm Genericon Pharma Genericon Pharma Genericon Pharma G.L.Pharma Pluspharma

• 64,5 % aller Packungen sind Generika und Sertralin ist der am häufigsten verwendete Wirkstoff vor Escitalopram und Trazodon. • Die Top-10-Produkte nach Menge machen 45,7 % des Gesamtabsatzes aus. Trittico® (Angelini) liegt nach Einheiten an erster Stelle, gefolgt von Cipralex® (Lundbeck) und Sertralin – 1 A Pharma®. • Die Top-10-Produkte nach Wert umfassen 47,6 % des Gesamtumsatzes.

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Stand: November 2023

Marktanalyse von Mag. Stefan BaumgartnerBisschoff, Geschäftsführer von IQVIA

© privat

Die Top-Antidepressiva nach Menge und Wert

Trittico® führt vor Wellbutrin® XR (GlaxoSmithKline) und Sertralin – 1 A Pharma® auch das Umsatzranking an. <

In Kooperation mit * Quelle: IQVIATM DPMÖ sell-out Österreich, Verkäufe der öffentlichen österreichischen Apotheken sowie Großhandelslieferungen an ärztliche Hausapotheken, ATCKlassen N06A Antidepressiva + Stimmungsstabilisatoren, N06C Antidepressive Kombinationen (ausschließlich registrierte Arzneimittel aus dem Warenverzeichnis I), Absatz/Menge in Einheiten, Umsatz/Wert in Euro FAP, Wachstum vs. Vorjahr, MAT November 2023 (Dezember 2022 bis November 2023 kumuliert).

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Hausärzt:in pharmazeutisch

„Klimaanlage“ Nase: Überforderung durch Wetterextreme?

FOKUS UMWELT MEDIZIN

© Heribert Corn

Mit der Erderwärmung könnten Fälle von chronischer Rhinosinusitis zunehmen unterschiedliche Modelle Schnupfen ist wohl das Letzte, zum Einsatz. Zur Berechnung das man mit heißen Sommerdes Chancenverhältnisses tagen in Verbindung bringt. (= Odds Ratio, OR) wurde die Schon gar nicht jetzt, in der Anzahl der gemessenen CRSWinter- und damit ErkältungsFälle jener bei der minimalen zeit. Doch eine aktuelle epiMorbiditätstemperatur von demiologische Studie des In25,3 °C gegenübergestellt. ternational Forum of Allergy EXPERTE: Tatsächlich konnte eine Korand Rhinology stellt genau OA Assoc.-Prof. Priv.relation zwischen extremen diesen Zusammenhang her. Doz. Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter Temperaturen und der EntSie kommt zu dem Schluss, stv. Leiter der Abteilung wicklung von CRS festgestellt dass das Risiko, eine chronifür Umwelthygiene und Umweltmedizin, werden (OR 1,11; 95 %-KI sche Rhinosinusitis (CRS) zu MedUni Wien [Konfidenzintervall]: 1,03 bis entwickeln, durch hohe Tem1,19). Extreme Hitzetage peraturen steigt.1 Die Entzünwurden als Tage mit einer Höchsttemdungserkrankung könnte sich nun also peratur gleich oder höher als 35.0 °C in die wachsende Zahl an Beeinträchtidefiniert, was der 95. bis 100. Perzentile gungen und Krankheiten einreihen, die der maximalen Temperaturverteilung sich durch die Klimakrise verschlechentspricht. Zudem dokumentierten die tern. Wissenschafter:innen signifikante kuKorrelation zwischen extremen mulative Effekte extremer Temperaturen im 0-21 Tage Verzögerungszeitraum. Temperaturen und CRS-Fällen So stieg das Risiko einer starken Verschlechterung der Symptome nach drei Unter der Leitung von Runming Du, Tagen anhaltender Hitze – signifikant MSc wurden die Daten von 2.376 wurden die Effekte aber erst nach etwa CRS-Patient:innen der John-Hopkinszwei Wochen (OR 2,37; 95 %-KI: 1,60 Krankenhäuser in den USA in einem bis 3,50). Matched-Pair-Design mit einer ebenso großen Kontrollgruppe verglichen. Das mittlere Alter der StudienFeinstaub und vermehrtes teilnehmer:innen betrug 51,8 ± 16,8 Jahre, Erregerwachstum 56,9 % waren Frauen. Die Personen in der Kontrollgruppe stammten aus einer Was könnte nun die physiologische Patient:innengruppe, an der NasenenGrundlage eines etwaigen Zusammendoskopien sowie CT- und MRT-Scans hangs sein? Aufgrund des verzögerten durchgeführt worden waren. Personen Effekts gehen die Studienautor:innen mit erhöhtem CRS-Risiko wurden von von einer indirekten Wirkung aus. Sie der Studie ausgeschlossen. nehmen an, dass bei hohen TemperatuDie Studienautor:innen dokumentierren die Feinstaubbelastung steigt, was ten die im Zeitraum von 2013 bis 2022 sich negativ auf die CRS-Symptome aufgetretenen Symptome und erfassauswirkt. Dass Feinstaub, vor allem ten parallel dazu die durchschnittlich PM2.5 (Partikel mit einem Durchmesser gemessenen Tagestemperaturen am kleiner als 2,5 Mikrometer), das RisiWohnort der Proband:innen. Die Temko der Entwicklung einer chronischen peraturen und die tägliche relative LuftRhinosinusitis erhöht, wurde bereits in feuchtigkeit wurden über die Daten mehreren Studien nachgewiesen.3 der jeweils nächstgelegenen meteoroBei bakterieller und fungaler CRS logischen Messstation ermittelt. Für die könnte außerdem relevant sein, dass die Auswertung der Daten kamen dann Erreger bei hohen Temperaturen besser

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wachsen, bei Phänotypen, die mit anderen Atemwegserkrankungen wie Asthma assoziiert sind, könnte CRS durch die Verschlechterung dieser Krankheiten beeinflusst werden. Der Zusammenhang zwischen Lungenerkrankungen und Hitze ist gut untersucht.4 Zur Frage, ob eine chronische Rhinosinusitis durch Hitze beeinflusst wird, gab es bisher hingegen kaum Studien, die wenigen vorangegangenen stellten aber keinen signifikanten Zusammenhang fest.2 Prof. Dr. Hans-Peter Hutter, stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin der MedUni Wien, hält eine Kausalität zwischen extremen Temperaturen und der Entwicklung von CRS für plausibel. Durch das retrospektive Design sei die Aussagekraft der Studie zwar in gewissem Maße limitiert, etwa bleibe die tatsächliche Temperatur in den Wohnräumen der Proband:innen unbekannt. Das sei aber in der Regel bei allen epidemiologischen Studien zu Luftschadstoffen und Hitze der Fall.

Trockene Nasenschleimhäute als Ursache Der Schlussfolgerung der Forschenden, dass die Symptome durch erhöhte PM2.5-Konzentrationen ausgelöst würden, stimmt Prof. Hutter allerdings nicht gänzlich zu. Denn im Allgemeinen sei die Feinstaubbelastung in der kalten Jahreszeit höher als in der heißen, und das werde in Zukunft auch so bleiben. Allein die Witterungsbedingungen wie etwa die häufigen Inversionswetterlagen hätten dies zur Folge. Prof. Hutter hält deshalb eine andere Erklärung für wahrscheinlicher. „Meiner Meinung nach handelt es sich eher um Effekte im Zusammenhang mit der Funktion der Nase als ‚Klimaanlage‘. Im Sommer kühlt sie warme Luft durch das Verdunsten von Flüssigkeit ab. Wenn die Temperaturen immer mehr steigen, ist es also naheliegend, dass die Nasenschleimhäu- >



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Hausärzt:in pharmazeutisch te trockener und anfälliger werden. Das schließt natürlich nicht aus, dass auch Luftschadstoffe eine gewisse Rolle spielen können.“ Auch bei extrem niedrigen Temperaturen steigen die CRSFälle im Vergleich zur Normaltemperatur. Hier ist dieselbe Ursache naheliegend, die auch für die vermehrten Fälle von akuter Rhinosinusitis im Winter verantwortlich ist. In der kalten Jahreszeit sind die Nasenschleimhäute bekanntlich trockener, weil die Luft aufgrund ihrer niedrigen Temperatur an sich schon weniger Feuchtigkeit halten kann und dann durch die Raumheizung noch weiter austrocknet. Zusammen mit der höheren Prävalenz von Adeno- und Rhinoviren führt dies zu einem erhöhten Infektionsrisiko.

Belastung für das Gesundheitssystem Die Prävalenz der chronischen Rhinosinusitis variiert regional stark, liegt weltweit aber bei fünf bis zwölf Prozent. Bereits jetzt verursacht die Krankheit hohe Kosten für das Gesundheitssystem, denn allein die Diagnose ist von endoskopischen und radiologischen Untersuchungen abhängig.5 Eine Behandlung ist in jedem Fall notwendig, da sonst schwere Folgeerkrankungen auftreten können, mitunter müssen auch Operationen durchgeführt werden. Die Studienautor:innen selbst weisen auf die Notwendigkeit weiterer experimenteller Studien hin, um die beobachteten Effekte zu bestätigen. Sollte aber tatsächlich ein positiver Zusammenhang zwischen steigenden Temperaturen und Fällen von chronischer Rhinosinusitis bestehen – wie dieser schon für andere Krankheiten festgestellt wurde –, kann in Zukunft mit einer noch höheren Belastung des Gesundheitssystems gerechnet werden. Felicia Steininger

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Durchschnittliche, maximale Tagestemperatur

Anzahl der CRS Fälle

Literatur: 1 Du R et al., International Forum of Allergy and Rhinology. 2023; 13(10):1906-1914. 2 Wee JH et al., Rhinology. 2021; 59(5):451-459. 3 Zhang Z et al., Am J Respir Crit Care Med. 2021; 204(7):859-862. 4 Chen Y et al., Respir Res. 2022; 23(1):38. 5 Hastan D et al., Allergy. 2011; 66(9):1216-12

Abbildung: In einer aktuellen Studie wurde eine Korrelation zwischen erhöhten Temperaturen und CRS-Fällen festgestellt. Quelle (adaptiert nach): Du R, Jiao W, Ma J et al., Association between ambient temperature and chronic rhinosinusitis. Int Forum Allergy Rhinol. 2023;13:1906– 1914. doi.org/10.1002/alr.23152

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Hausärzt:in pharmazeutisch

Das Geheimnis der Hundertjährigen

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Eine Besonderheit im Immunsystem schützt die Zellen Hochbetagter vor einem schnellen Verfall, und damit vor Krankheitserregern und Krebs

Bewegung und gesunde ErZellanalysen wurden die über Hundertjährigen mit einer Konnährung spielen bekanntertrollgruppe von 50- bis 80-Jähriweise eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, ein högen verglichen. Vor allem fiel auf, dass bei den Hochbetagten heres Lebensalter zu erreieine hohe Anzahl von T-Lymchen – vor allem als gesunder, phozyten vorhanden war, also selbständiger und mobiler jenen Zellen, die sich speziell Mensch. In Japan gibt es beGASTAUTOR: gegen Krebszellen richten. Gesonders viele Hundertjährige. Prof. Dr. Peter Weiler, nauer betrachtet wurden die Die gesunde Ernährung mit MSc Stellv. Vorstand der CD8- sowie die CD4-positiven Fisch und Gemüse erklärt dieAbteilung für Innere Lymphozyten. Gerade die soses Phänomen allerdings nicht Medizin an der Landesklinik St. Veit, Lehrgenannten zytotoxischen CD4hinlänglich. Anscheinend – krankenhaus der positiven Zellen bekämpfen und dies ist zunehmend durch Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Erreger wie das Influenzavirus, Studien belegt – hat das Imwelches bekanntlich die gefährmunsystem ebenfalls eine groliche echte Grippe hervorruft. Zusätzlich ße Bedeutung. Die Alterung macht auch greifen die zytotoxischen T-Zellen Krebsvor ihm nicht halt. Wir sprechen von zellen direkt an. der Immunseneszenz. Der Körper wird Der Anteil dieser „Kampfzellen“ war bei krankheitsanfälliger, und es besteht ein den über Hundertjährigen deutlich größer, höheres Risiko, Infektionen, Autoimmuner betrug nämlich 25 % gegenüber 2 % erkrankungen und auch onkologische in der jüngeren Gruppe. Da sich bei Erkrankungen zu erleiden. der Zellteilung immer wieder Fehler einschleichen, ist es wichtig, dass die Mehr „Kampfzellen“ fehlerhaften Zellen schnell erkannt bei Hochbetagten und zerstört werden, bevor sie sich unkontrolliert vermehren, was ein tyEine Studie, die in Yokohama durchgepisches Merkmal von Krebszellen ist. führt wurde, zeigt Besonderheiten von Je höher die Anzahl der zytotoxischen Immunzellen, die bei über HundertjähT-Zellen, umso besser ist der Körrigen analysiert worden sind.1 Bei diesen

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per gegen Infekte und verschiedene onkologische Erkrankungen geschützt. Die Forschung ist auf diesem Sektor allerdings noch im Fluss. Viele Fragen sind nach wie vor offen – insbesondere die Einflüsse von Genetik und Umweltbedingungen betreffend.

Immunseneszenz spielt wichtige Rolle Die Zahl der älteren Patient:innen nimmt von Jahr zu Jahr zu, ganz besonders auch

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Immun und gesund Starke Abwehrkräfte – auch im Alter Von Peter Weiler und Wolfgang Bauer Verlagshaus der Ärzte 2023


Hausärzt:in pharmazeutisch jene der Multimorbiden, die eine höhere Anzahl von Medikamenten verordnet bekommen (Polypharmazie). Bei vielen Erkrankungen spielt die Immunseneszenz eine wichtige Rolle, vor allem bei inflammatorischen Erkrankungen, z. B. der Atherosklerose. Für das Phänomen der zunehmenden Entzündungen im Alter hat sich der Begriff Inflammaging etabliert. Aufgrund der im Alter vorliegenden Funktionseinschränkung des Immunsystems besteht eine erhöhte Empfänglichkeit für Krankheitserreger. Das Ansprechen auf Impfungen nimmt ab. Vereinfacht kann man das Immunsystem mit drei Schutzbarrieren darstellen (siehe Abbildung): • Barriere 1 umfasst die Haut, die Schleimhäute des Verdauungs- und Atemtrakts sowie des Urogenitalsystems. Die Epithelien werden zusätzlich durch Zilien, pH-Wert, Enzyme und weitere Abwehrmechanismen unterstützt. • Die zweite Barriere ist das unspezifische Immunsystem: Durch Phagozytose (Granulozyten, Makrophagen etc.) sowie durch das Komplementsystem werden Pathogene erkannt und beseitigt. • Als dritte Barriere fungiert das spezifische Immunsystem (im Wesentlichen T-Zell- und B-Zell-Aktivierung mit Antikörperbildung). Alle drei beschriebenen Bereiche unterliegen altersassoziierten Veränderungen, die für die Entwicklung der meisten degenerativen Erkrankungen eine große Relevanz haben. Chronische Entzündungen spielen etwa bei der Entwicklung bis hin zum Frailty-Syndrom eine wesentliche Rolle. Fazit für die Praxis: Das Alter ist der wichtigste Risikofaktor – das biologische lässt sich beeinflussen, das chronologische nicht. Eine Anpassung der Therapieziele an die jeweilige Altersgruppe ist notwendig – häufig auch eine < Medikamentenreduktion. Literatur: 1 Hashimoto K et al., PNAS 2019;116(48):24242-51.

Abbildung: Veränderungen des Immunsystems mit dem Alter. Abk.: NK natürliche Killerzellen; CD56DIM gering exprimiertes (DIM) „cluster of differentiation 56“; M ϕ Makrophagen; Neutrophil neutrophile Granulozyten; DC dendritische Zellen; B B-Zellen; T T-Zellen. Quelle: Großkopf A, Simm A. Alterung des Immunsystems, Z Gerontol Geriat 55, 553–557 (2022), doi.org/10.1007/s00391-022-02107-6 (adaptiert, ursprünglich erstellt mit BioRender.com).

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Patient:innen-Fragen kompetent beantworten

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SPRECH Stunde

EXPERTIN: Univ.-Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Kathryn Hoffmann, MPH Leiterin der Abt. für Primary Care Medicine an der MedUni Wien

„Besteht ein Zusammenhang mit einer zurückliegenden SARS-CoV-2-Infektion?“ Eine Patientin (37) kommt in die Ordination und möchte wissen, ob ihre starke, anhaltende Erschöpfung, ihre Konzentrationsprobleme sowie die seltsamen wiederkehrenden Schwindelund Herzklopfattacken mit einer zwei Monate zurückliegenden SARS-CoV-2Infektion in Zusammenhang stehen könnten, obwohl diese doch nur relativ leicht gewesen sei …

Prof.in HOFFMANN: Die kurze Antwort lautet ja, die lange Antwort ist natürlich etwas komplexer. Nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 kommt es bei ca. 5-10 % der Infizierten zu länger und langanhaltenden Symptomen, auch Long Covid genannt.1-4 Unter dem Begriff Long Covid sind Symptome aufgrund einer länger als vier Wochen dauernden akuten COVID19-Erkrankung oder länger dauernde Schäden infolge einer solchen zusammengefasst, außerdem Symptome durch die Verschlechterung einer bestehenden, latenten oder residualen Erkrankung oder durch das Neuauftreten einer Erkrankung. Inzwischen ist klar, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 das Risiko, etwa kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen sowie Autoimmunerkrankungen zu entwickeln, deutlich er-

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höht und diese Risikoerhöhung mit jeder erneuten Infektion kumuliert.5-7 Darüber hinaus zählen zu Long Covid Symptome durch das postakute Infektionssyndrom (PAIS) Post-Covid. Und es gibt Kombinationen von all diesen Möglichkeiten.

Herausfordernde Differentialdiagnose Das macht die Differentialdiagnostik zu einer großen Herausforderung, denn die von der Patientin beschriebenen Symptome können mit all diesen Ursachen zu tun haben oder es kann auch zufällig eine von SARS-CoV-2 unabhängige Ursache vorliegen. Hierfür sind eine genaue Anamnese und die Verwendung der richtigen diagnostischen Maßnahmen und Tests notwendig. Glücklicherweise gibt es für Österreich ein sehr hilfreiches Tool, um diese Differentialdiagnostik bestmöglich umsetzen zu können – die österreichische Leitlinie S1 für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19 mit dem dazugehörigen Webtool:8 kl.ac.at/ de/allgemeine-gesundheitsstudien/longcovid-leitlinie Um wieder auf die Symptome der Patientin zurückzukommen: Nach Ausschluss

anderer möglicher Diagnosen muss vor allem eine adäquate Diagnostik in Bezug auf das PAIS Post-Covid durchgeführt werden, denn in diesem Zusammenhang gibt es derzeit noch die meisten Fehldiagnosen. Wenn es zur Diagnostik von PAIS kommt, ist es wichtig zu wissen, dass PAIS mit den Standarduntersuchungsmethoden oft nicht gefunden werden.9 Das PAIS Posturales Tachykardiesyndrom (POTS) oder die Mastzellenüberaktivierung (MCAS) werden zum Beispiel häufig als Panikstörung fehldiagnostiziert, die postvirale Fatigue – und hier vor allem bei zusätzlichem Vorliegen von Post-Exertional Malaise (PEM) – fälschlicherweise als Depression. Die drei PAIS müssen auch bei dieser Patientin gut abgeklärt werden, denn die Kombination von Erschöpfung, Schwindel- und Konzentrationsproblemen sowie Herzklopfattacken deutet stark darauf hin. POTS muss mittels eines Schellong-Tests abgeklärt werden, die Mastzellenüberaktivierung ist im ersten Schritt hauptsächlich eine klinische Diagnose. In Bezug auf PEM sind ein gutes Wissen über dieses PAIS sowie die Verwendung des PEM-Fragebogens notwendig.10 Eine Kurzinformation zu PEM finden Sie unter folgendem Link: covid-19. infotalk.eu/20221214_long_covid_pem

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Hausärzt:in extra

Medikamentöse und nichtmedikamentöse Maßnahmen Wenn der Schellong-Test ein POTS ergibt, dann sind in der Leitlinie in einem ersten Schritt nichtmedikamentöse Maßnahmen empfohlen, bei Symptomen von MCAS der Therapieversuch mit H1- und H2-Blockern und bei PEM die Strategie Pacing. Pacing kann in etwa mit „Sich- selbstdas-richtige-Tempo-Vorgeben“ übersetzt werden. Die zentrale Botschaft des Pacings ist, auf den eigenen Körper zu hören und innerhalb der eigenen Energiegrenzen zu bleiben, um nicht in eine Symptom- oder Zustandsverschlechterung zu rutschen. Wenn Patient:innen unter PEM, kognitiven Störungen und Schmerzen leiden und diese für mehr als sechs Monate bestehen bleiben, sollte auch immer die somatische Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches FatigueSyndrom (ME/CFS) abgeklärt werden. Die Problematik ME/CFS, die in ca. 80 % postinfektiös ausgelöst wird, ist die schwerste Verlaufsform eines PAIS mit PEM. Grundsätzlich sollte die Patientin bei Therapieresistenz zu einer Spezialist:in für postakute Infektionssyndrome überwiesen werden (siehe auch Leitlinie, Kapitel 9).

Andere Erreger als mögliche Auslöser SARS-CoV-2 ist nicht der einzige Erreger, der postinfektiöse Syndrome auslösen kann. In Österreich sind dies zusätzlich EBV, Influenzaviren, VZV, Enteroviren und Cocksackie B. Aber auch Ebola, Dengue, SARS, Chikungunya, WestNil-Virus, Ross-River-Virus und einige nichtvirale Erreger sind dafür bekannt, PAIS auslösen zu können, z. B. Coxiella burnetti, Borrelia, Gardia lamblia. Inzwischen ist bei Symptomen wie jenen, die von der Patientin oben beschrieben wurden, auch ein aktives Fragen nach einer vorangegangenen Infektion notwendig, denn die Patient:innen selbst stellen oft keinen Zusammenhang mehr her, weil die diesbezügliche Health Literacy in der Bevölkerung nicht entwickelt wurde. < Literatur: 1 Altmann DM et al., The immunology of long COVID. Nature Reviews Immunology. 2023. 2 Davis HE et al., Long COVID: major findings, mechanisms and recommendations. Nature Reviews Microbiology. 2023;21(3):133-46. 3 Narayanan SA et al., A comprehensive SARS-CoV-2 and COVID-19 review, Part 2: host extracellular to systemic effects of SARS-CoV-2 infection. European Journal of Human Genetics. 2023. 4 Marra AR et al., The effectiveness of COVID-19 vaccine in the prevention of post- COVID conditions: a systematic literature review and meta-analysis of the latest research. Antimicrobial Stewardship & Healthcare Epidemiology. 2023;3(1):e168. 5 Bowe B et al., Postacute sequelae of COVID-19 at 2 years. Nature Medicine. 2023. 6 Wan EYF et al., Association of COVID-19 with short- and long-term risk of cardiovascular disease and mortality: a prospective cohort in UK Biobank. Cardiovascular Research. 2023. 7 Xie Y et al.,Long-term cardiovascular outcomes of COVID-19. Nat Med. 2022;28(3):583-90. 8 Rabady S et al., S1 guidelines for the management of postviral conditions using the example of post-COVID-19, Wien Klin Wochenschr. 2023. 9 Iwasaki A, Putrino D, Why we need a deeper understanding of the pathophysiology of long COVID. Lancet Infect Dis. 2023;23(4):393-5. 10 Cotler J et al., A brief questionnaire to assess post-exertional malaise. Diagnostics. 2018;8(3):66.

Hier geht es zur aktuellen Leitlinie:

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Hausärzt:in extra

Vielfältige Fachdisziplin Die Logopädie beschäftigt sich als anerkannte Wissenschaft mit der Diagnostik und Therapie von Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- und HörGASTAUTORIN: störungen. FälschliMarlies Jobstmann, cherweise wird diese BSc, MSc Niedergelassene Fachdisziplin oft ausLogopädin in Lieboch schließlich mit der Beund Seiersberg-Pirka, Landesvorsitzende handlung von KinSteiermark des dern mit AusspracheBerufsverbands, logopaedieaustria.at störungen in Verbindung gebracht. Die logopädische Therapie ist jedoch gerade im Erwachsenenbereich äußerst vielseitig.

Neurologisch bedingte Sprach- und Sprechstörungen Insultgeschehen oder neurodegenerative Erkrankungen wie M. Parkinson, MS, ALS, Demenz etc. zählen zu den häufigsten Zuweisungsdiagnosen in der Logopädie. Je nach Läsionsort können sich beispielsweise im Rahmen von Insulten Aphasien, Sprechapraxien, aber auch Dysarthrien zeigen. Während die Aphasie eine Störung des Sprachverständnisses, der Sprachproduktion und Schriftsprache darstellt, liegt bei der Sprechapraxie eine Störung der Sprechbewegungsplanung vor. Dysarthrien hingegen sind Sprechstörungen, die Stimme, Artikulation und Atmung betreffen. Im Rahmen demenzieller Erkrankungen spricht man von kognitiv bedingten Kommunikationsstörungen. Hochintensive logopädische Therapien sind nach aktuellen Leitlinien („Schlaganfall S3-Leitlinie“, Dt. Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, DEGAM, 2020) am effektivsten und können in freier Praxis als Intervalltherapien angeboten werden. Hier findet vier Wochen lang drei- bis fünfmal wöchentlich eine Therapie statt, außerdem häusliches Üben. Danach erfolgt eine Therapiepause.

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Dysphagien Schluckstörungen treten im Rahmen von neurologischen Erkrankungen oder aufgrund von anatomischen Veränderungen der Kopf-Hals-Strukturen (Tumoren etc.) bzw. infolge von Operationen, Bestrahlungen auf. Zudem können Dysphagien sowohl durch psychiatrische Leiden als auch altersbedingt entstehen. In jedem Fall bedarf es einer logopädischen Therapie, um nach Möglichkeit die Funktion der sicheren oralen Nahrungsaufnahme entweder wiederzuerlangen oder diese so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Auch das Trachealkanülenmanagement fällt in den Bereich der Logopädie.

Fazialisparesen Zentrale Fazialisparesen sind von peripheren Paresen – die sich zu 80 % idiopathisch, zu weiteren 20 % u. a. durch Borrelien- oder Herpes-Zoster-Infektionen entwickeln –, zu unterscheiden. Gerade bei letzteren Paresen gilt die Aufmerksamkeit nicht nur der Wiedererlangung der Gesichtssymmetrie durch gezielte Stimulations-, Widerstands- und Aktivierungstechniken, sondern auch der Funktion des Lidschlusses. Das Tragen eines Uhrglasverbands wird zudem empfohlen. Die oftmals bekannten „aktiven mimischen Übungen“ sollten ausschließlich nach ersten Ansatzfunktionen angeboten werden, da noch keine Innervation der betroffenen Gesichtshälfte besteht und dies lediglich zu verstärkter Asymmetrie führen würde.

sollte nach spätestens zwei bis drei Wochen HNO-fachärztlich, ggf. auch durch die Phoniatrie im klinischen Setting, abgeklärt werden, um nach einer klaren Diagnosestellung Therapieschritte in die Wege zu leiten – operativ und/oder kurativ mittels Logopädie.

Hörstörungen und orofaziale Dysfunktionen Weitere Einsatzgebiete der Logopädie im Erwachsenensetting stellen orofaziale Dysfunktionen und Hörstörungen dar. Bei Ersteren handelt es sich um muskuläre und sensorische Auffälligkeiten sowie eine Dysbalance im Bereich der Mund- und Gesichtsmuskulatur. Patient:innen weisen oft Zahnfehlstellungen auf und werden sowohl kieferorthopädisch als auch logopädisch betreut. Die Untersuchung der Hörfunktionen obliegt in österreichischen Krankenhäusern der Logopädie, weshalb auch im Bereich der Hörgeräteversorgung und bei implantierbaren Hörsystemen (Cochlea-Implantate, aktive Mittelohrimplantate etc.) Logopäd:innen die Ansprechpersonen sind. <

Dysphonien Stimmstörungen sind häufige Störungsbilder in der logopädischen Praxis. Während sich funktionelle Dysphonien gerne bei Sprecherberufen oder auch im höheren Alter zeigen, manifestieren sich organisch bedingte Dysphonien etwa als Recurrensparesen (nach Schilddrüsenoperationen oder viral bedingt), als Stimmlippenknötchen oder als ReinkeÖdeme. Langanhaltende Heiserkeit

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Auch im Erwachsenenbereich behandelt die Logopädie eine Reihe von Störungsbildern

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TERMINE

Aktuelle Kongresse und mehr

24.02.2024

07.-09.03.2024

13.-15.03.2024

Jahrestagung der Österr. Ges. f. Psychosomatik in der Inneren Medizin

Kardiologie Kongress Innsbruck

ÖGN´24 (Neurologie)

Ort: Schloss Wilhelminenberg

Ort: Congress Innsbruck

Ort: Wiener Hofburg

16.03.2024

20.-23.03.2024

21.-23.03.2024

Frühling der Hepatologie (ÖGGH-Symposium)

European Lung Cancer Conference 2024

Österreichischer Schilddrüsendialog 2024

Ort: MED CAMPUS Graz

Ort: Kongresszentrum Prag & Online

Ort: Gesellschaft der Ärzte in Wien – Billrothhaus

21.-22.03.2024

04.-06.04.2024

ENDO Linz 2024

Österr. Interprofessioneller Palliativkongress 2024

Weitere Infos und Veranstaltungen finden Sie in unserem Kongresskalender unter:

Ort: ENERGIE AG Linz

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In unserem Fachmagazin setzen wir auf genderneutrale Sprache. Verwendet wird der Doppelpunkt – als beste Symbiose aus Leserlichkeit und Inklusion. Zugunsten der besseren Lesbarkeit verzichten wir teilweise auf die gänzlich orthografisch/ grammatikalisch korrekte Schreibweise. Etwa geben wir bei Artikeln und Pronomen jeweils nur eine Variante an – jene, die zur längeren Variante des gegenderten Wortes gehört. Weitere Informationen siehe: meinmed.at/kommunikation/genderneutrale-sprache/2688 issuu.com/hausarzt/docs/ha_2023_12/3 (Hausärzt:in 12/23, Editorial, S. 3) Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder, sondern fallen in den Verantwortungsbereich der Autor:innen. Der Inhalt von entgeltlichen Einschaltungen und Beilagen sowie die Angaben über Dosierungen und Applikationsformen liegen außerhalb der Verantwortung der Redaktion oder des Verlages und sind von der jeweiligen Anwender:in im Einzelfall auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden. Mit „Bezahlte Anzeige“ gekennzeichnete Beiträge/Seiten sind gemäß §26 Mediengesetz bezahlte Auftragswerke. Offenlegung: gesund.at/impressum

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