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Verwundbare Lunge
Impfungen gelten als wichtiges Instrument für die Prävention in der Pneumologie
Die 46. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) stand unter dem Motto „Prävention in der Pneumologie“ .* In diesem Kontext spielt gerade auch das Thema Impfungen eine wesentliche Rolle. Denn die Lunge ist als „Umweltorgan“ in ständigem Austausch mit dem Außen – und dadurch schädigenden Umweltfaktoren wie Krankheitskeimen besonders stark ausgesetzt. Ist sie erkrankt, kann dies für jedes Organsystem gravierende Folgen haben – eine gesunde Lunge gilt somit als wichtiger Faktor für Gesamtkonstitution und Lebenserwartung. Welche Vakzine gerade jetzt im Herbst für wen zu empfehlen sind, wurde am Kongress im „Update Impfungen“ thematisiert. „Die Geschichte der Impfungen ist durch viele kleine und große Erfolge gekennzeichnet“ , hielt OA Dr. Michael Meilinger vom ÖGP-Arbeitskreis „Infektiologie und Tuberkulose“ einleitend fest. „Denken wir nur an die Ausrottung der Pocken oder der Kinderlähmung in Österreich durch entsprechende Impfungen. Auch die Zahl der HepatitisB-Erkrankungen nahm durch weit verbreitete Immunisierungen deutlich ab. Und man muss gar nicht so weit zurückblicken, um noch mehr Erfolgsgeschichten zu finden: Denken wir nur an die bereits rückläufigen Zahlen von Gebärmutterhalskrebs durch die Vakzine gegen HPV oder die seit zwei Jahren sehr emotional diskutierte Impfung gegen SARS-CoV-2.“
Influenzaimpfung – gerade heuer wichtig
Die COVID-Impfung – nächste Runde
Die Impfung gegen SARS-CoV-2 zeige eine exzellente Wirksamkeit, was den Schutz vor schwer verlaufenden Infektionen betreffe, fuhr OA Meilinger fort. Erst vor wenigen Wochen hat ja das nationale Impfgremium alle Personen ab dem zwölften Lebensjahr zum vierten Stich aufgerufen. So werden nun die ersten drei Impfungen gegen SARS-CoV-2 als Grundimmunisierung verstanden – und die vierte als erste Auffrischung. Außerdem halten derzeit variantenangepasste Impfstoffe Einzug in das Corona-Impfportfolio. Prof. Meilinger: „Nun bzw. demnächst sind auch solche verfügbar, die einen besseren Schutz gegen die OmikronVarianten BA.1 bzw. BA.4 und BA.5 bieten. Vor schweren Verläufen schützt aber auch eine Auffrischung mit den bisher verwendeten Coronavakzinen.“ Die Auffrischung hat aus Sicht des nationalen Impfgremiums also obersten Stellenwert, unabhängig davon, ob mit den schon länger verfügbaren Impfstoffen oder den erwähnten omikronangepassten geimpft wird. Menschen, die bereits grundimmunisiert seien und zusätzlich in den letzten Monaten eine Coronainfektion durchgemacht hätten, könnten mit
der Auffrischungsimpfung aber noch zuwarten, so der Experte, da vermutlich erst sechs Monate nach durchgemachter Infektion eine Boosterwirkung durch die neuerliche Immunisierung zu erwarten sei. Neben einer Komplettierung bzw. Auffrischung der Coronaimpfung ist auch heuer wieder die saisonale Vakzination gegen Influenza empfohlen. Prof. Meilinger: „Da die Influenza in den letzten beiden Jahren vor allem aufgrund des Tragens von Masken und verminderter sozialer Kontakte deutlich weniger in der Bevölkerung zirkulierte als in den Jahren vor der Coronapandemie, ist von einer mittlerweile nachlassenden natürlichen Immunität in der Bevölkerung auszugehen, wodurch die Impfung einen umso höheren Stellenwert hat.“ Seit wenigen Jahren sind in EXPERTE: OA Dr. Österreich stärker wirksame Vakzine gegen Influenza verMichael Meilinger fügbar, welche entsprechend Abteilung für Innere Medizin und Pneumo- dem österreichischen Impflogie, KH Nord – Klinik plan vor allem älteren MenFloridsdorf, Wien schen, Immungeschwächten und chronisch Kranken empfohlen werden. Aber auch auf die Kinder dürfe nicht vergessen werden, so der Experte: „Die Impfung gegen Influenza ist im kostenfreien Kinderimpfprogramm enthalten. Und dies kommt nicht nur den Kindern zugute, deren Risiko, zu erkranken bzw. einen schweren Verlauf zu entwickeln, reduziert wird. Kinder sind oft Treiber des Influenzainfektgeschehens und hauptverantwortlich für die Infektverbreitung. Ältere, vulnerable Personen, welche für schwere Influenzaverläufe noch deutlich anfälliger sind, stecken sich oft bei ihnen an. So können durch hohe Durchimpfungsraten bei Kindern auch ältere und stärker gefährdete Personen besser geschützt werden.“
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Keuchhusten – Impfstatus checken
Weiters ist es sinnvoll, den Beginn der Grippesaison zum Anlass zu nehmen, den individuellen Impfstatus hinsichtlich weiterer respiratorisch übertragbarer Infektionen, welche das ganze Jahr über auftreten können, zu prüfen. So fielen vor der Coronapandemie und der damit einhergehenden Kontaktreduktion über Jahre weltweit steigende Fallzahlen von Pertussis auf, welche u. a. auf fehlende Auffrischungen bei Erwachsenen zurückzuführen sind. Eigentlich sollten diese nach der Grundimmunisierung im Kindesalter alle zehn Jahre erfolgen. Da es ab dem 60. Lebensjahr im Rahmen der sogenannten Immunseneszenz zu einer nachlassenden Immunantwort auf Vakzine kommt, sind Auffrischungen ab diesem Alter im Fünf-Jahres-Intervall empfohlen. Prof. Meilinger: „Bei der Pertussis gilt es aber vor allem auch, die ganz Kleinen zu schützen, da Säuglinge immer wieder schwere Verläufe erleiden können. So sollten insbesondere Personen im Umfeld von Neugeborenen und Säuglingen bzw. Kleinkindern auf einen aufrechten Impfschutz achten. “ Außerdem wird Frauen im letzten Drittel der Schwangerschaft eine Immunisierung gegen Pertussis angeraten, da schützende Antikörper über die Plazenta an den Fötus weitergegeben werden.
Pneumokokken – Pneumonien vorbeugen
Nicht nur die Pertussiszahlen sind vor Beginn der Coronapandemie gestiegen. Auch die Rate der Pneumokokkeninfektionen ging in Österreich bis 2020 deutlich in die Höhe. Pneumokokken seien die häufigsten bakteriellen Erreger einer Pneumonie, so Prof Meilinger, könnten aber auch Infekte der oberen Atemwege, eine Otitis media, eine Meningitis oder eine lebensbedrohliche Sepsis verursachen. Diesbezüglich sind vor allem Menschen ab dem 60. Lebensjahr stärker gefährdet, außerdem jene mit chronischen Herz- oder Lungenerkrankungen, aber beispielsweise auch Patienten mit Diabetes oder eingeschränkter Immunabwehr. Bei den Pneumokokken hat sich in den letzten Jahren ebenfalls viel in puncto Impfstoffentwicklung getan. So sind in Österreich heuer erstmalig breiter wirksame Konjugatvakzine verfügbar, welche sich nicht wie bisher gegen 13 unterschiedliche Serotypen von Pneumokokken richten, sondern gegen 15 bzw. 20. Somit ist man durch solche höhervalenten Vakzine noch besser vor einer Pneumokokkeninfektion geschützt. Prof. Meilinger führt abschließend aus: „Auch wenn es gerade in letzter Zeit oftmals emotionale Impfdebatten gibt, sollte man bedenken, dass Impfungen erwiesenermaßen zu den wichtigsten Vorsorgemaßnahmen zählen und geimpfte Personen seit Jahrzehnten dazu beitragen, unzählige Erkrankungen und Todesfälle zu verhindern.“
PA/KaM
* Die 46. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) fand von 29. September bis 1. Oktober 2022 unter dem Motto „Prävention in der
Pneumologie“ in Salzburg statt.