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Auf kurze Sicht

Eine progrediente Myopie kann irreversible Sehbehinderungen zur Folge haben

Weltweit wird eine Zunahme der Kurzsichtigkeit beobachtet, was zum Großteil auf Änderungen der Sehgewohnheiten und der Lichtexposition zurückzuführen ist. Die Prävalenz der Myopie liegt bei 30–40 % in Europa, Australien sowie Nordamerika und zwischen 50 und 97 % in Asien. Schätzungen zufolge soll es bis 2050 fünf Milliarden (50 % der Weltbevölkerung) Kurzsichtige und eine Milliarde (10 %) hochgradig myope Menschen geben.1 Da der digitale Erstkontakt immer früher stattfindet, leiden vermehrt auch Kinder unter dieser Form der Fehlsichtigkeit. Myopie beginnt meist im Grundschulalter und zeigt während der Pubertät eine Progression, die bis ins junge Erwachsenenalter andauern kann. Kurzsichtigkeit geht mit einem erhöhten Risiko einher, degenerative Augenerkrankungen zu entwickeln. Es sind daher Maßnahmen gefragt, die das Fortschreiten in Richtung einer hohen Myopie drosseln.

Pathophysiologie und Risikofaktoren

Kurzsichtigkeit führt zu unscharfem Sehen in der Ferne. Aufgrund eines Missverhältnisses von Brechkraft und Achslänge des Auges liegt der Fernbrennpunkt nicht auf, sondern vor der Netzhaut im Glaskörper. Das Wahrscheinlichkeitsverhältnis für das Auftreten einer Myopie ist bei geringer Tageslichtexposition um den Faktor 5 erhöht und steigt durch ein hohes Maß an Naharbeit bis auf das 16-Fache an.2 Eine Lichtexposition im Freien kann demzufolge als protektiv angesehen werden, wohingegen Tätigkeiten im Haus wie Fernsehen, Computernutzung und Lesen als potenzielle Risikofaktoren zu betrachten sind.

Netzhautkomplikation bei hoher Myopie

Die hohe Myopie stellt neben dem Faktor Lebensalter das Hauptrisiko einer Vielzahl von degenerativen Augenerkrankungen wie Katarakt, Glaukom, Netzhautablösung und myope Makuladegeneration dar. Patientinnen und Patienten mit einer Myopie zwischen −6 dpt und −10 dpt weisen ein 3-fach erhöhtes Risiko auf, eine Sehbehinderung zu erleiden. Personen mit einer Myopie von mehr als −10 dpt haben sogar ein um den Faktor 22 erhöhtes Risiko, degenerative Augenerkrankungen zu entwickeln.3 Ursache dafür ist die mit der Kurzsichtigkeit einhergehende Gewebedehnung – insbesondere im hinteren Augenabschnitt. „Das vermehrte Längenwachstum des Augapfels wirkt sich negativ auf die Architektur der Netzhaut aus“ , sagt Dr. Andreas Scholler, Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie. Durch die Zunahme der axialen Augenbaulänge komme es zu einer Dehnung und Verdünnung der Netzhaut sowie konsekutiv zu einer erhöhten Anfälligkeit für Augenschäden. „Die Progressionsminderung im frühen Lebensalter stellt daher ein wichtiges therapeutisches Ziel dar“ , so Dr. Scholler.

EXPERTE: Dr. Andreas Scholler

Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie

Pharmakologische Maßnahmen und optische Korrektionen

Auf pharmakologischer Ebene steht Atropin in Konzentrationen zwischen 0,01 % und 0,05 % für die Off-LabelAnwendung zur Verfügung. „Einmal täglich abends appliziert, können die Augentropfen nachweislich weiteres Längenwachstum bremsen“ , weiß der Facharzt eines Augenzentrums mit Myopieschwerpunkt. Die Therapie sollte als Langzeitbehandlung konzipiert sein. Empfohlen werden halbjährliche Kontrollintervalle mit jeweiliger Bestimmung der Refraktion in Zykloplegie und Messung der Achslänge. In der Praxis wird die Behandlung mit Atropin häufig in einer Dosierung von 0,01 % begonnen und nach Bedarf gesteigert. „Nebenwirkungen wie Mydriasis oder eine reduzierte Nahsehschärfe durch eine leicht verringerte Akkommodationsamplitude sind in diesen geringen Konzentrationen kaum zu erwarten“ , so der Experte. Die 0,05 %igen Atropin-Augentropfen verlangsamen das Fortschreiten der Myopie am deutlichsten – verglichen mit 0,01 % und 0,025 %.4 Des Weiteren lässt sich die Progression durch eine optische Korrektion mit einer zweiten Bildebene vor der Netzhaut verringern – etwa durch multifokale Kontaktlinsen. Durch die Addition der Kontaktlinsen wird ein peripherer myopischer Defokus hervorgerufen, der das Fortschreiten der Myopie hemmt. Ob Kinder im Grundschulalter diese bereits akzeptieren, muss immer im Einzelfall ermittelt werden. Vergleichbare progressionsmindernde Effekte erzielen Orthokeratologie-Linsen, die über Nacht getragen werden. Ihre Wirkung

beruht auf einer zentralen Abflachung und einer peripheren Aufsteilung des Hornhautepithels. „Derzeitige Studien untersuchen Kombinationstherapien“ , so Dr. Scholler über die Möglichkeit, Tagesaustauschkontaktlinsen einzusetzen, welche die Aminosäure Tyrosin an das Auge abgeben. „Ziel ist es, direkten Einfluss auf den Dopaminspiegel des Auges auszuüben, der eine Rolle beim Längenwachstum spielt“ , erläutert der Facharzt. Dieser in Erprobung befindliche therapeutische Ansatz könnte in der klinischen Praxis künftig eine große Bedeutung haben.

DIMS-Technologie – effiziente Eindämmung der Kurzsichtigkeit

Neuartige Brillengläser mit peripher defokussierender Funktion, der sogenannten „Defocus Incorporated Multiple Segments (DIMS)“ -Technologie, sind seit April 2021 auch in Österreich verfügbar. Dabei handelt es sich um spezielle Einstärkengläser, in deren Vorderfläche 396 kleine Pluslinsen eingearbeitet sind. „Diese bewirken in der Peripherie des Gesichtsfeldes einen zusätzlichen myopen Defokus“ , erklärt Dr. Scholler: „Dadurch wird in der Netzhaut ein Steuerungssignal zur Reduzierung des übermäßigen axialen Längenwachstums erzeugt.“ Im Rahmen einer sechsjährigen klinischen Follow-up-Studie wurde das Fortschreiten der Myopie bei Kindern untersucht, die MiYOSMART-Brillengläser mit der DIMS-Technologie trugen. Sie verbesserte den Outcome einer früheren dreijährigen Nachfolgestudie:5 Diese Fortsetzung einer zweijährigen randomisierten Kontrollstudie6 wurde im British Journal of Ophthalmology veröffentlicht und belegte die Wirksamkeit der Gläser bei Kindern im Alter von acht bis 13 Jahren. Es zeigte sich: Die speziellen Gläser verringern deutlich die Myopieprogression in Dioptrien sowie das axiale Längenwachstum im Vergleich zu herkömmlichen Einstärkengläsern. Die sechsjährige klinische Nachfolgestudie bestätigt nun, dass die Auswirkungen dieser Brillengläser auf die Myopiekontrolle über einen längeren Zeitraum anhalten. Darüber hinaus beweist die Follow-up-Studie, dass es nach Absetzen zu keinem Rebound-Effekt kommt.7,8,9

Mag.a Sylvia Neubauer

Quellen: 1 Holden BA, Fricke TR, Wilson DA et al. Global Prevalence of Myopia and High Myopia and Temporal Trends from 2000 through 2050. Ophthalmology 2016. 2 Lagrèze WA, Schaeffel F, Preventing myopia. Dtsch Arztebl

Int 2017; 114: 575–80. doi: 10.3238/arztebl.2017.0575. 3 Verhoeven V et al., Visual consequences of refractive errors in the general population. Ophthalmology 2015; 122: 101–9. 4 Jonas JB et al., IMI prevention of myopia and its progression. Invest Ophthalmol Vis Sci. 2021;62(5):6. 5 Lam CS et al., Myopia control effect of defocus incorporated multiple segments (DIMS) spectacle lens in Chinese children: results of a 3-year follow-up study. British Journal of Ophthalmology. 2022 Aug;106(8):1110-1114. doi: 10.1136/ bjophthalmol-2020-317664. 6 Lam CSY et al., Defocus Incorporated Multiple Segments (D.I.M.S.) spectacle lenses slow myopia progression: a 2-year randomized clinical trial. British Journal of

Ophthalmology. 2020 Mar;104(3):363-368. doi: 10.1136/ bjophthalmol-2018-313739. 7 Lam CSY et al., Myopia control in children wearing DIMS spectacle lens: 6 years results. The Association for

Research in Vision and Ophthalmology (ARVO) 2022 Annual

Meeting, May 1-4, Denver, US. 8 Wong HB et al., Ocular component growth curves among

Singaporean children with different refractive error status.

Invest Ophthalmol Vis Sci. 2010 Mar;51(3):1341-7. doi: 10.1167/iovs.09-3431. 9 Chamberlain P et al., Axial length targets for myopia control.

Ophthalmic Physiol Opt. 2021; 41: 523– 531. doi.org/10.1111/ opo.12812.

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