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Ein häufiges Phänomen (nicht nur) im Alter
Was Schnarchen lästig und Atemaussetzer lebensgefährlich macht
Schnarchen ist ein Geräusch, das beim Schlafen durch Vibration des Weichgaumens und des Zungengrundes entsteht. Normalerweise geht die Luft beim Einatmen durch die Nase, vorbei an Gaumensegel, Zäpfchen und Zunge. Der Luftweg bleibt offen. Schnarchen weist auf einen erhöhten Atemwiderstand hin, stört den Schlaf des Betroffenen und den des Bettpartners noch mehr. Das Phänomen ist häufig und nimmt im Alter zu. So schnarchen etwa 15 % der Kinder, 10 % der jungen Frauen, 30 % der jungen Männer, 40 % der älteren Frauen und 60 % der älteren Männer. Die Ursachen sind vielfältig. Bei Kindern spielen vor allem vergrößerte Rachendachmandeln (im Volksmund „Polypen“ genannt) und Gaumenmandeln eine Rolle, bei Erwachsenen Übergewicht, erschlaffendes Gewebe im Alter, große Mandeln oder ungünstig vernarbte Mandeloperationen, ein verdickter Zungengrund und eine große Zunge. Weiters ein „fliehendes“ Kinn, eine behinderte Nasenatmung durch eine schiefe Nasenscheidewand, eine Allergie oder Nasenpolypen; außerdem Alkohol, beruhigende Medikamente und eine „erzwungene“ Rückenlage (z. B. aufgrund von Schulter- oder Hüftschmerzen).
Verkürzte Lebenserwartung
Unter einer Schlafapnoe versteht man Atempausen von mehr als zehn Sekunden Dauer, die mindestens zehnmal pro Stunde auftreten. Sie sind von sogenannten Aufweckreaktionen begleitet. Der Apnoiker fühlt sich morgens wie gerädert und ist auch untertags müde. Bei der obstruktiven Schlafapnoe kommt es aufgrund eines Kollapses der Atemwege zu Atemaussetzern, bei der zentralen Schlafapnoe liegt der Grund dafür im Atemkontrollzentrum des Gehirns. Im Gegensatz zum Symptom Schnarchen, das zwar lästig, aber nicht unbedingt gesundheitsschädlich ist, handelt es sich bei der Schlafapnoe um eine Krankheit, die zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Beziehungsprobleme, chronische Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tagesmüdigkeit mit Konzentrationsschwäche und eine größere Unfallhäufigkeit, Depressionen, Bluthochdruck, Herzrasen, Schlaganfall und Herzinfarkt sowie insgesamt eine deutlich verkürzte Lebenserwartung sind Folgen einer unbehandelten schweren Schlafapnoe.
GASTAUTOR: OA Dr. Klemens Dejakum
HNO-Abteilung, BKH Kufstein
Von Anamnese bis Schlaflabor
Die Abklärung einer schlafbezogenen Atemstörung beginnt mit einer ausführlichen Schlafanamnese, idealerweise gemeinsam mit dem Bettpartner des Patienten, gefolgt von einer gründlichen HNO-ärztlichen Untersuchung mit Berücksichtigung aller möglichen anatomischen und funktionellen Engstellen. Dann wird eine sogenannte respiratorische Polygraphie („kleines“ Schlaflabor) vereinbart. Dazu schläft der Schnarcher eine Nacht mit einem Diagnosegerät, das folgende Parameter misst: den Luftfluss durch die Nase, die Sauerstoffsättigung im Blut, den Puls, die Brust- und Bauchbewegungen, die Körperlage, die Lautstärke der Schnarchgeräusche und die Lichtstärke im Raum. Im Anschluss werden die Befunde besprochen, es wird erörtert, ob ein Behandlungsbedarf besteht und welche Therapiemöglichkeiten in Frage kommen. Bei häufigen Atemaussetzern muss auch noch eine große Schlaflaboruntersuchung (Polysomnographie) vereinbart werden. Schließlich wird in Absprache mit dem Patienten ein Therapieplan erstellt.
Viele Angebote, kaum Evidenz
Es gibt eine Vielzahl von nicht evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten, die vornehmlich über das Internet oder verordnungsfrei in Apotheken angeboten werden. Dazu zählen unter anderem Antischnarchsprays, Nasenspangen und -pflaster, Kinnriemen, Homöopathika, Gaumenspangen, Antischnarchrucksäcke, Antischnarchringe, Akupressur und Hypnosetherapie. Solche Maßnahmen mögen durchaus im Einzelfall hilfreich sein, es liegen jedoch derzeit meines Wissens keine belastbaren Studien vor, welche die Effektivität belegen würden.
Eine Behandlung des Schnarchens ist grundsätzlich nicht immer erforderlich. Wenn keine Schlafapnoe vorliegt, der Schnarcher allein schläft oder der Bettpartner nicht wesentlich gestört ist, muss man nichts machen. Auch die Empfehlung von getrennten Schlafzimmern ist durchaus eine Option.
Von CPAP-Maske bis Zahnschienen
Lifestyle-Modifikationen wären sehr oft sinnvoll, führen aber leider nur selten zu einem dauerhaften Therapieerfolg. Dazu gehören: Gewichtsverlust, mehr Sport, Verzicht auf Alkohol, schweres Abendessen und müde machende Medikamente. Der limitierende Faktor ist die mangelnde Disziplin und Ausdauer der Menschen. So wie man andere Muskelgruppen trainieren kann, kann man auch die
Gaumenöffnermuskulatur trainieren
und dadurch eine Besserung des Schnarchens erreichen. Am besten studiert ist diesbezüglich das regelmäßige Spielen des Didgeridoos, eines traditionellen Instruments der Aborigines. Ein Schlafpositionstrainer ist ein häufig verordnetes Gerät, das sich bequem tragen lässt und dauerhaft dabei hilft, die Rückenlage während der Nacht zu verhindern, und bei vielen Schnarchern und Apnoikern als alleinige Therapiemaßnahme ausreicht. Zahnärztlich angepasste Zahnschienen für die Nacht, die den Unterkiefer etwas nach vorne verlagern, schaffen mehr Platz hinter der Zunge und helfen auch vielen Schnarchern. Die Therapie der Wahl für schwere Apnoiker, insbesondere für stark übergewichtige und alte Menschen, ist jedoch nach wie vor die Anpassung einer sogenannten CPAP-Maske („continuous positive airway pressure“), bei welcher der Patient zur Nacht wie ein Luftballon aufgeblasen wird, wodurch seine Atemwege pneumatisch geschient werden und so nicht mehr kollabieren können. Diese Geräte sind inzwischen klein, leise und bei regelmäßiger Anwendung zu 100 % effektiv. Anders als die zuvor aufgezählten Therapiemaßnahmen wird ein CPAP-Gerät von den Krankenkassen bezahlt.
Operative Optionen
Schließlich gibt es noch eine Reihe von Operationen, die bei sorgfältig gewählter Indikationsstellung dem Problem des Schnarchens und der nächtlichen Atemaussetzer dauerhaft ein Ende bereiten können: Dazu gehören die Begradigung der Nasenscheidewand, die Verkleinerung von Nasenmuscheln, die Entfernung vergrößerter Gaumenmandeln und Rachendachmandeln, das Straffen des Gaumensegels und eine teilweise Umverlagerung der Gaumenmuskulatur, selten auch eine Verkleinerung des Zungengrundes, die Implantation eines Zungenschrittmachers und die operative Vorverlagerung des Kiefers. Vor einer Schnarchoperation sollte zudem leitlinienkonform eine DISE („drug induced sleep endoskopy“) erfolgen, eine endoskopische Untersuchung der Atemwege in oberflächlich gehaltener Narkose. <