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Gute Aussichten
Gute Aussichten auf personalisierte Therapien
Update COPD: Neue Erkenntnisse über den Krankheitsmechanismus sollen Betroffenen eine maßgeschneiderte Behandlung ermöglichen
Bei einer Pressekonferenz anlässlich der 46. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP)* berichtete ÖGPVizepräsident Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin am Kepler Universitätsklinikum Linz, über die Fortschritte in der Behandlung von COPD.
Unbekannt und unerkannt
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) belegt nach Herzinfarkt und Schlaganfall Platz drei in der Liste der häufigsten Todesursachen – in der EU wie auch weltweit. Somit zählt sie zu den bedeutendsten und zudem stetig wachsenden Volkskrankheiten. Schätzungen zufolge sind allein in Österreich 400.000 Menschen von COPD betroffen, aber bei nur 20 Prozent ist die Erkrankung auch diagnostiziert. Vielen Menschen „nur“ als Raucherlunge geläufig, ist COPD durch eine überschießende Entzündungsreaktion
in der Lunge gekennzeichnet, die wiederum zu einer irreversiblen Schädigung der Lungenstruktur und in weiterer Folge zur Zerstörung des Lungengewebes führt. Dabei gibt es zwei Ausprägungsformen, die auch geEXPERTE: meinsam auftreten können: Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht eine Obstruktion der AtemVizepräsident der Öster- wege und/oder das Lungenreichischen Gesellschaft für Pneumologie, Vor- emphysem. Beide rufen die stand der Uniklinik für gleichen COPD-typischen Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumolo- („AHA“ -)Symptome hervor: gie, Kepler Universitäts- Auswurf, Husten, Atemnot. klinikum, Linz Rauchen (auch passiv) ist zwar der Hauptrisikofaktor für eine COPD, nichtsdestotrotz gibt es noch weitere Risikofaktoren wie • eine genetische Prädisposition, • eine gestörte Entwicklung der Lunge im Mutterleib, etwa durch Frühgeburt, • durchgemachte Infektionen (häufige Atemwegsinfektionen, Asthma und Tuberkulose), • Umweltfaktoren (Einatmen von Umweltgiften, z. B. Feinstaub). Kommen mehrere dieser Faktoren zusammen, potenziert sich das Erkrankungsrisiko.
Maßgeschneiderte Therapien
„Mittlerweile kann man die komplexen Zusammenhänge dieser Erkrankung immer besser verstehen“ , zeigte sich Prof. Lamprecht erfreut. „Man ist zu einer genaueren Kenntnis der verschiedenen Ausprägungsformen gelangt. “ Das ermögliche wiederum, individuell auf die jeweilige Ausprägungsform der Betroffenen einzugehen und eine maßgeschneiderte Therapie zusammenzustellen. Beispielsweise kann man unterscheiden, wer am besten von einer Tripletherapie profitiert und bei wem wiederum eine duale Bronchodilatation zu bevorzugen ist. Als Hilfswerkzeug für den Therapieentscheid fungieren Biomarker, etwa die Eosinophilen. Sind diese beispielsweise über die Norm erhöht, so ist eine Tripletherapie, bestehend aus zwei Bronchodilatatoren und einem inhalativen Kortikosteroid, indiziert. Patienten mit niedriger EosinophilenZahl hingegen würden nicht von einer zusätzlichen Kortisongabe profitieren. „Diese Patienten erhalten eine duale Bronchodilatation, bestehend aus zwei bronchienerweiternden Medikamenten, ohne zusätzliches Kortison“ , erläuterte der Experte.
Dauerbrenner inhalative Therapien
Die inhalative Therapie stellt seit jeher eine wichtige Säule der COPD-Therapie dar, aber nur, wenn der Patient die Inhalation auch richtig durchführt. Maßgeschneiderte Therapien spielen auch hierbei eine Rolle. Je nach inspiratorischem Fluss und koordinativen Fähigkeiten wird der für den Patienten am besten geeignete Inhalator ausgesucht.
Biologika im Vormarsch
Längst schon bei Asthma etabliert, gewinnt die Therapie mit Biologika nun auch bei COPD nach und nach an Bedeu-
tung. So spielen die Zytokine IL-5 und IL-33 nicht nur bei Asthma, sondern auch bei COPD eine wichtige Rolle. Die Blockade der beiden Zytokine, so Prof. Lamprecht, zeige in Studien signifikante Effekte auf die Exazerbationsfrequenz.
Interventionelle Therapien - vielversprechende Ansätze
Immer exakter wird zudem das Wissen über den Einsatz einer interventionellen Behandlung bei COPD-Patienten, die im Zuge ihrer Erkrankung an einem Lungenemphysem leiden. Prof. Lamprecht: „Eine besonders vielversprechende neue interventionelle Behandlungsmethode ist die sogenannte bronchiale Rheoplastie. “ Hierbei werden im Rahmen einer Bronchoskopie bestimmte schleimproduzierende Zellen mittels elektrischer Energie abgetragen. Es kommt zu einer Reduktion der Schleimproduktion in der Bronchialschleimhaut und damit auch zu weniger häufigen moderaten bis schweren Exazerbationen. Erste Erfolge seien, laut dem Lungenexperten, sehr vielversprechend, weitere klinische Studien im Laufen.
Frühe Diagnose begünstig Verlauf
Trotz immer fortschrittlicherer Therapiemöglichkeiten spielt eine frühe Diagnose der Erkrankung nach wie vor eine wesentliche Rolle für die Prognose. Denn: „Je früher die COPD behandelt wird, desto besser sind heute die Möglichkeiten, den weiteren Lungenfunktionsverlauf günstig zu beeinflussen“ , so Prof. Lamprecht. Dies sei von zentraler Bedeutung, „denn COPD ist nicht heilbar und führt unbehandelt zu starken Einbußen von Lebensqualität und vorzeitigem Tod.“ Die Alarmglocken sollten jedenfalls bei Auftreten der AHA-Symptome läuten. Bei Auswurf, Husten und Atemnot sollte der Patient dringend bei einem Lungenfacharzt vorstellig werden. Weiters brauche es in der Diagnostik sensitivere Lungenfunktionstests. State of the Art sei seit Jahrzehnten die Spirometrie. Das Problem bestehe jedoch darin, „dass dieser Lungenfunktionstest frühe COPD-Stadien nicht zuverlässig erkennen lässt, sondern nur fortgeschrittene und damit irreversible“ , erklärte der Experte.
Fazit
Die Kombination von sensitiveren Lungenfunktionstests und der Berücksichtigung individueller Risikofaktoren in der Anamnese sowie unterstützende bildgebende Verfahren in der Diagnostik würden in Zukunft eine frühzeitigere Diagnose und damit auch eine maßgeschneiderte Therapie ermöglichen.
Mag.a Ulrike Krestel
* Die 46. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) fand von 29. September bis 1. Oktober unter dem Motto „Prävention in der Pneumologie“ in Salzburg statt.