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Das Ziel ein reibungsloser Ablauf
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Von konservativen bis hin zu regenerativen Ansätzen in der Arthrose-Therapie
Die Entstehung von Arthrose ist ein schleichender Prozess, bei dem ein Knorpelschaden in Kombination mit Knochenveränderung/-schädigung auftritt. Bekanntlich macht die ursächliche Be- oder Überlastung der Gelenke vor allem Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu schaffen. Ebenso ist körperliche Inaktivität als Auslöser der Erkrankung zu nennen. Da der Gelenkknorpel nicht an den Blutkreislauf angebunden ist, stellt regelmäßige >

Bewegung eine Voraussetzung für dessen Nährstoffversorgung dar. Bewegungsmangel ist gemeinsam mit dem Arthrose-Risikofaktor Übergewicht in den letzten Jahren – auch durch pandemiebedingte Maßnahmen wie Lockdowns und Homeoffice – ein immer größeres Problem geworden. Weitere Ursachen der Erkrankung sind etwa eine erhöhte berufliche oder sportliche Belastung, Gelenkfehlstellungen, Meniskus- oder Bänderverletzungen sowie Knorpelschäden durch Knochenbrüche oder Gelenkentzündungen.
Außerdem gibt es angeborene Auslöser, welche ebenfalls eine entsprechende Therapie erfordern. „Für eine uneingeschränkte schmerzfreie Funktion des Gelenkes wird das Zusammenspiel von Biomechanik und Zellbiologie benötigt. Ist eine dieser beiden wesentlichen Komponenten gestört, so kann es zum vorzeitigen Auftreten einer Arthrose kommen“ , erklärt Knorpelspezialist Univ.Prof. Dr. Stefan Marlovits, MBA. Er ergänzt: „Bei den angeborenen Gelenkfehlstellungen sind jene genau zu beobachten, die zu einer veränderten Biomechanik des Gelenkes führen. So kann es beispielsweise bei starken Varus- oder Valgusfehlstellungen des Kniegelenkes erforderlich sein, frühzeitig eine operative Korrektur der Biomechanik durchzuführen.“
EXPERTE: Univ.-Prof. Dr. Stefan Marlovits, MBA
Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Knorpelzentrum Wien, marlovits.at
Erhalt der Lebensqualität
Als primäres Therapieziel gilt die Wiederherstellung der Schmerzfreiheit und der Mobilität. Ein Kernelement des Arthrose-Managements bildet die Bewegungstherapie. Eine Ausnahme stellt jedoch die aktivierte Arthrose dar, bei welcher abgeriebenes Knorpelmaterial Entzündungen mit Schwellungen und Schmerzen hervorruft – dann ist eine Ruhigstellung indiziert. Zu den allgemeinen Therapieempfehlungen gehören darüber hinaus ein gezielter Muskelaufbau, eine Gewichtsabnahme sowie dosierte Belastungs- und Entlastungsphasen. Eine medikamentöse Therapie ist lediglich als symptomatische Akuttherapie zu verstehen: Der langfristige Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wird aufgrund der Nebenwirkungen nicht empfohlen. Der Belastungsschmerz kann ein erstes Anzeichen für Gelenkverschleiß sein. Die Symptomatik tritt jedoch häufig erst mehrere Jahre nach Krankheitsbeginn auf und umfasst neben Gelenkschmerzen auch ein Steifheitsgefühl, eine eingeschränkte Beweglichkeit sowie Belastungs- und Anlaufschmerzen. Im späteren Verlauf können Schmerzen bereits bei leichten Bewegungen und im Ruhezustand vorkommen. Es werden vier Arthrose-Grade unterschieden, wobei im letzten Stadium die Knorpelschicht nahezu völlig abgebaut wird. Die frühzeitige Behandlung kleiner Knorpelschäden ist essenziell, denn sie kann die Entstehung von Arthrose oft verhindern oder zumindest verzögern. Die operative Therapie stellt dabei meist die letzte Wahl dar. Bei allen traumatischen Verletzungen des Gelenkknorpels rät Prof. Marlovits Betroffenen jedoch zu diesem operativen Eingriff: „Hier kann besonders bei Kindern und Jugendlichen meist eine vollständige Restitution hergestellt werden, da der Gelenkknorpel noch eine hohe regenerative Potenz aufweist.“
Neues aus der Knorpeltherapie
Arthrose gilt als unheilbare Krankheit, mittlerweile können Ärztinnen und Ärzte jedoch auf eine Fülle von Behandlungsmöglichkeiten zurückgreifen. Neben konservativen und operativen Maßnahmen gibt es die Verfahren der Regenerativen Medizin. Zu ihnen zählt die sogenannte Knorpelchirurgie, welche sich mit dem Erhalt von Gelenken beschäftigt. Prof. Marlovits, der auch an der Entwicklung von neuen
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biologischen Methoden auf diesem Gebiet beteiligt war, berichtet: „In den letzten Jahren wurden zahlreiche operative Techniken entwickelt, welche die Biologie des Gelenkknorpels berücksichtigen und versuchen, diesen zu regenerieren. Wichtig sind für die erfolgreiche Anwendung die genaue Analyse des betroffenen Gelenkes, die Erfassung der Wünsche und Zielvorstellungen der Patientinnen und Patienten, der perfekt durchgeführte operative Eingriff und die Sicherstellung einer umfassenden und individualisierten postoperativen Rehabilitation. Mit diesem Gesamtkonzept kann es gelingen, die Schmerzen vollständig zu beseitigen oder weitgehend zu reduzieren und den weiteren Erhalt des eigenen Gelenkes über Jahre zu sichern.“ Prof. Marlovits bietet auch Videosprechstunden und Onlinekonsultationen an – diese sind jedoch kein Ersatz für die klinische Untersuchung oder das persönliche Gespräch. Sie werden zur prinzipiellen Diskussion der Behandlungsmöglichkeiten und später vor allem auch für die postoperative Kommunikation während der Rehabilitationsphase genutzt.
KLINISCHES BILD BEI ARTHROSE
Frühe Leitsymptome
Anlaufschmerz Ermüdungsschmerz Belastungsschmerz Endphasenschmerz Schmerzausstrahlung
Späte Leitsymptome
Dauerschmerz Nachtschmerz Bewegungseinschränkung,
Instabilität des Gelenks Krepitationen Aktivierte Arthrose Entzündliche Episoden des Gelenks Kardinalzeichen der Entzündung
Schritt für Schritt zum Ziel
Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner stellen bei Gelenkbeschwerden oft die ersten Ansprechpersonen dar. „Die Therapie ist multikausal und berücksichtigt neben den rein orthopädischen Faktoren wie Fehlstellungen und Verletzungen auch Fragen des allgemeinen Lebensstils, beispielsweise zur Ernährung“ , erläutert der Knorpelspezialist. Folglich wünscht er sich in der medizinischen Versorgung eine vermehrte Integration von Hausärztinnen und Hausärzten, um in Zukunft Betroffenen ein umfassendes Arthrose-Maßnahmen- und -Behandlungspaket anbieten zu können. In dessen Rahmen könnten Hausärzte ihre Patienten bei den einzelnen Behandlungsschritten wohnortnah begleiten.