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Lipidsenkung nach indi viduellen Risiko-Scores

Lipidsenkung nach individuellen Risiko-Scores

Allgemeinmediziner:innen haben eine wichtige Rolle beim Cholesterinmanagement

Atherogene Lipoproteine wie das LDL-C sind kausal mit der Entstehung und Progression der Atherosklerose verknüpft. In der Primärprophylaxe liegen die lipidsenkende Therapie sowie das Monitoring in der Hand von Hausärztinnen und -ärzten. Bei der Sekundärprophylaxe spielt die Allgemeinmedizin in der Langzeitbegleitung eine ebenso wesentliche Rolle. „The lower, the better“ , so lautet die prinzipielle Empfehlung der gemeinsamen Leitlinien zum „Management der Dyslipidämien: Lipidmodifikation zur Senkung des kardiovaskulären Risikos“ der Europäischen Gesellschaften für Kardiologie (ESC) und Atherosklerose (EAS) aus dem Jahr 2019. Aufgrund der Datenlage wurden die LDL-C-Zielwerte weiter gesenkt. „Ich behandle aber nie einen einzelnen Laborwert, sondern immer den Menschen mit seinem persönlichen Risikoprofil samt Familienanamnese. Meine Therapieempfehlung basiert immer auf der Risikostratifizierung nach allen Scores, die mir zur Verfügung stehen“ , sagt Dr.in Stephanie Poggenburg, Fachärztin für Allgemeinmedizin aus Hart bei Graz. Das Mitglied des Vorstands der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin sowie des Präsidiums der ÖGAM betont die Rolle der Hausärztinnen und -ärzte beim Cholesterinmanagement: „Sie kennen ihre Patienten meist jahrelang, wissen um die Vorerkrankungen, den Lebensstil und das familiäre Risiko. Die Patienten vertrauen ihnen. Das ist für die Motivation zur Lebensstilmodifikation sowie für die Therapietreue in der Langzeitmedikation bei Hypercholesterinämie ganz wichtig. Die Partizipation der Patientinnen und Patienten ist für den Erfolg der Therapie wesentlich. “

Bei niedrigem Risiko den Lebensstil anpassen

Bei einem kalkulierten Risiko-Score von bis zu 5 % des Zehnjahresrisikos eines tödlichen kardiovaskulären Ereignisses kann die LDL-C-Senkung mit Lebensstilmaßnahmen wie Rauchstopp, mediterraner Kost und regelmäßiger Bewegung angestrebt werden. Neu in den ESC-Leitlinien ist, dass die LDL-Zielwerte für ein sehr hohes und hohes Risiko um die Vorgabe einer mindestens 50%igen Senkung des Ausgangswerts ergänzt wurden. „Wir müssen immer im Auge behalten, ob der Patient mit dem Therapieregime gut zurechtkommt. Statine sind das Mittel erster Wahl. Die individuelle Dosisanpassung muss achtsam erfolgen und kann dauern. In Kombination mit Ezetimib kann man einen großen Teil der Patientinnen und Patienten – auch solche mit hohem Risiko – versorgen “ , sagt Dr.in Poggenburg, die auf eine besonders vulnerable Patientengruppe hinweist: „Was die lipidsenkende Therapie in höherem Lebensalter betrifft, sind sich Forschende nicht ganz einig. Für neue Evidenz sorgt eine Metaanalyse, die den Nutzen bei Senioren über 75 Jahre eindeutig belegt. Bei multimorbiden und gebrechlichen Patienten muss das Nutzen-Risiko-Profil aber besonders genau betrachtet werden“ , so Dr.in Poggenburg.

Hoher Stellenwert der Beratung in der Apotheke

Den Apothekerinnen und Apothekern kommt in der Gesundheitsberatung rund um das Thema Cholesterin und der ärztlich verordneten Therapie ein hoher Stellenwert zu. „Neben der Information zu den jeweiligen ärztlich verordneten Arzneien beraten wir individuell hinsichtlich geeigneter Maßnahmen in der Vorsorge. Auch die Prävention durch niederschwellige Screeningmaßnahmen in der Apotheke spielt eine wesentliche Rolle“ , erklärt Mag. Thomas Veitschegger, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes und Präsident der Apothekerkammer in Oberösterreich. Der Pharmazeut nennt zuletzt zugelassene Wirkstoffe, die das Therapiespektrum erweitern: „Seit November 2020 ist Bempedoinsäure als Option bei Dyslipidämie zugelassen, entweder in Kombination mit Statinen oder bei Unverträglichkeit als Monotherapie oder als Fixkombination mit Ezetimib. Bei Statin-Intoleranz sind die Lipidsenker Alirocumab und Evolocumab zugelassen, deren Wirkung auf der Hemmung den Enzyms PCSK9 beruht. Seit 2021 ist Inclisiran für Erwachsene mit primärer heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie verfügbar. Es wird mit einem Statin oder einem anderen Wirkstoff kombiniert.“ Lipidsenkend können zum Beispiel auch Nahrungsergänzungsmittel mit Rotem Reismehl wirken. Sie enthalten die Substanz Monacolin K, ein pflanzliches Statin (Lovastatin). Abhängig vom Produkt kann die Lovastatinkonzentration aber stark schwanken und man muss auch mit Nebenwirkungen rechnen. „Viele der zahlreichen Nahrungsergänzungsmittel sind umstritten, da die Datenlage oft widersprüchlich ist. Bei Patienten mit Statin-Intoleranz können solche Produkte als Ergänzung zur lipidsenkenden Pharmakotherapie dennoch nützlich sein“ , sagt Mag. Veitschegger.

Mag.a Christine Radmayr

WEITERFÜHRENDE LINKS

„ Europäische Leitlinie zur Lipidsenkung: escardio.org/Guidelines/Clinical-Practice-

Guidelines/Dyslipidaemias-Management-of „ Arriba Score, Tool zur Berechnung des kardiovaskulären Risikos: arriba-hausarzt.de „ Konsensuspapier (2018) zu unterschied-

lichen NEMS und deren Einsatz bei Statin-

unverträglichkeit: jacc.org/doi/10.1016/ j.jacc.2018.04.040?download=true „ Metaanalyse zur Lipidsenkung in der

Geriatrie: 1. Gencer B et al., Lancet 2020; 396: 1637–1643; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32332-1;

Quelle: Diabetes Update 2021.

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