Hausarzt 10/2021

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Hausarzt medizinisch

Die Psyche ins rechte Lot bringen Neue Ansätze für Therapie- und Nebenwirkungsmanagement

Foto: © shutterstock.com/ Jolygon

ner Metaanalyse zufolge etwa doppelt so oft aufzutreten wie die syndromale GAD. Die Lebenszeitprävalenz beträgt rund 12 %.1 Wenn man die Kriterien für die subsyndromale GAD weiter fasste, wie eine aktuelle Publikation2 unter Mitarbeit von Prof. Kasper vorschlägt (siehe Infobox), stiege die Lebenszeitprävalenz auf 13,7 %. „Insgesamt ist die subsyndromale GAD sehr häufig, führt aber selten zu einer Behandlung, da die Patientinnen und Patienten sich oft mit ihren Symptomen abfinden und sie als schicksalhaft betrachten“, hebt Prof. Kasper hervor.

Adäquater Umgang mit Nebenwirkungen

Sowohl Ängste als auch Depressionen können ein breites Spektrum von Ausprägungen umfassen – mit der Behandlung vieler Manifestationen hat sich Prof. Dr. Siegfried Kasper, emeritierter Vorstand der Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, MedUni Wien, in seiner Karriere auseinandergesetzt. „Angst und Depression können fast als Geißel der Menschheit bezeichnet werden – zumindest was die Psyche betrifft. Beide psychischen Störungen kommen extrem häufig vor und müssen rasch behandelt werden, weil ansonsten eine Chronifizierung eintritt“, unterstreicht der Experte.

Subsyndromale Angst ist weit verbreitet Bis zu einem gewissen Grad haben Ängste ihre Berechtigung. „Angst ist ein uns innewohnendes physiologisches System, das wir alle haben und brau-

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chen. Entwicklungsgeschichtlich formuliert: Von den Urahnen, die keine Angst hatten, stammen wir nicht ab, da die Angst überlebensnotwendig ist“, illus­ triert Prof. Kasper den Stellenwert jenes Gefühls, das für viele Patienten im Lauf ihres Lebens zur Last wird. Allerdings erfüllen nicht alle von ihnen die diagnostischen Kriterien einer Angststörung – eine rasche Behandlung hat trotzdem eine große Bedeutung, weil sich ansonsten eine generalisierte Angststörung (GAD) oder eine andere psychische Störung daraus entwickeln kann. Die subsyndromale GAD scheint ei-

Experte zum Thema: Prof. Dr. Siegfried Kasper Em. Vorstand der Univ.Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, MedUni Wien

Besonnener Einsatz von Benzo­ diazepinen Handelt es sich bereits um eine syndromale GAD, ist zu beachten, dass klassische Antidepressiva wie SSRI zu Beginn

„Wenn Depression und Angst gemischt auftreten, ist das insgesamt eine bedrohliche Situation, weil jene Kombi­nation häufig auch Suizidalität hervorrufen kann.“

> Foto: © Siegfried Kasper, privat

+++ Subsyndromale generalisierte Angststörung rund doppelt so häufig wie syndromale +++ Angstpatienten reagieren besonders empfindlich auf Nebenwirkungen +++ Lavendelölextrakt und Tianeptin als nebenwirkungsarme Alternativen +++ Esketamin stellt neue Therapieoption bei therapieresistenter Depression dar +++

„Prinzipiell zeigen Patienten mit Angsterkrankungen eine erhöhte Empfindlichkeit in Bezug auf Nebenwirkungen“, so der Psychiater und Psychotherapeut. Diese äußern sich sowohl auf psychischer als auch auf körperlicher Ebene, etwa durch ein inneres Unwohlsein und Angespanntheit. „Bei einer subsyndromalen GAD haben sich pflanzliche Präparate sehr gut bewährt. Das einzige davon, das unter Einhaltung internationaler Standards untersucht wurde – nämlich referenz- und placebokontrolliert –, ist das Lavendelölextrakt Silexan“, fügt Prof. Kasper an. Eine Metaanalyse mit fast 700 Teilnehmern demonstriert die Effektivität des Phytopharmakons in der Indikation subsyndromale GAD.3


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