GastroJournal 19/2009

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Titel

7. Mai 2009 Nr. 19

GastroJournal im Gespräch mit Heinrich Bucher, Direktor von Proviande

LEITARTIKEL

Absolute Qualität

Hoch geschult und tief gefallen

Das Schweizer Fleisch hat nur eine Chance im internationalen Wettbewerb: die absolute Qualität. Proviande vertritt diese.

Marco Moser

Ausserhauskonsum Fleischgerichte 20

GastroJournal: Die Grillsaison hat bereits begonnen. Wie entwickelt sich denn der Fleischmarkt aktuell in der Schweiz? Heinrich Bucher: Die Entwicklung ist sehr erfreulich. Der Pro-KopfKonsum steigt und auch die in der Schweiz wohnhafte Bevölkerung. Aufgrund dieser beiden Faktoren haben wir den Fleischabsatz im letzten Jahr um 12000 Tonnen respektive 3 Prozent erhöht.

GJ: Und wie sieht die Entwicklung derzeit aus? Bucher: Gemäss Meldungen der Grossverteiler und des Schweizer Fleisch-Fachverbandes ist derzeit keine Reduktion beim Fleischabsatz festzustellen. Betreffend Auswirkungen der Schweine-Grippe ist es noch zu früh, um Aussagen machen zu können. Aber die Bezeichnung ist natürlich unglücklich. GJ: Die Schweinegrippe reiht sich nahtlos in die Reihe der Fleischskandale: Vogelgrippe, BSE etc. Bucher: Dabei handelt es sich um Krankheiten und nicht um Fleischskandale. Der steigende Fleischkon-

«Wir sind uns im Klaren, im Ausland wartet niemand auf uns» sum zeigt, dass der Konsument Vertrauen in das Fleisch hat. Dieses positive Image hat sich dank der positiven Arbeit auf allen Stufen entwickelt. BSE beispielsweise hat eine jahrelange Aufbauarbeit nach sich gezogen, diverse Massnahmen wurden ergriffen. Zudem ist das Qualitätsbewusstsein auf allen Stufen gestiegen. GJ: Ein Erfolg für die Fleischbranche, also für Proviande. Bucher: Unsere Aufgabe ist es, die Versorgung des Schweizer Marktes mit qualitativ hochstehenden Fleisch-Produkten zu gewährleisten, vorzugsweise mit Schweizer Fleisch. So ist es Teil des Leistungsauftrages vom Bund, dass Proviande angehört wird, wenn es um die Versorgung mit Importfleisch und dabei um die Festsetzung der Mengen geht. GJ: Dann könnte man überspitzt sagen: «Auftrag erfüllt!» Denn bei kei-

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2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Heinrich Bucher, Direktor von Proviande.

nem Feischerzeugnis vermag die Inlandproduktion die Schweizer Nachfrage zu decken. Alle Fleischsorten müssen zusätzlich importiert werden. Bucher: Derzeit wird der Schweizer Markt durch Zollbarrieren noch stark geschützt. Wenn die Märkte durch die laufenden Verhandlungen in der WTO und mit der Europäischen Union weiter geöffnet werden, wird dies zu verstärkten Importen führen, welche es mit mehr Exporten zu kompensieren gilt. Den Absatz von Schweizer Fleisch im Inund Ausland zu fördern, ist eine weitere Aufgabe von Proviande. GJ: Was ist denn das Verkaufsargument für Schweizer Fleisch in der EU? Bucher: Absolute Qualität. Denn wir sind uns im Klaren, im Ausland wartet niemand auf uns. Wir müssen mit einem hohen Qualitätsanspruch an das Fleisch und die verarbeiteten Produkte trumpfen. Unser Vorteil ist, dass die Schweiz als solches bereits eine Qualitätsmarke ist. GJ: Das Schweizer Fleisch im Fahrwasser der Uhren und der Schoggi? Bucher: Wir wünschen, dass der ausländische Kunde die Erfahrungen, die er in der Schweiz gemacht hat, mit seinem Stück Fleisch im Teller verlinkt. GJ: Sie sprechen bewusst ehemalige Touristen an? Bucher: Genau. Wir möchten, dass der Tourist auch bei sich zuhause ein Stück «Heile Welt» direkt auf seinem Teller geniessen kann. Wir möchten dieses Image pflegen. Extra dafür haben wir ein Logo kreiert in Form eines Fleischstücks, in welchem das Schweizer Kreuz prangt. GJ: Geht dieses Logo auf alle Verpackungen? Bucher: Unsere Mitglieder dürfen es verwenden. Dazu gehören alle Elemente der Wertschöpfungskette von Fleisch: Produzenten, Verwerter und Vermittler. GJ: Auch die Hersteller von Bündnerfeisch dürften mit diesem Logo

werben? Derzeit diskutiert der Bund, ob das Bündnerfleisch unter den jetzigen Bedingungen noch als Schweizer Produkt gilt. Bucher: Dieses Problem muss noch gelöst werden. Unsere Mitglieder sind selber verschiedener Ansicht: Während die Produzenten die 80Prozent-Hürde von Schweizer

«Es braucht nicht immer den Staat und neue Gesetze» Fleisch begrüssen, melden die Verwerter grosse Vorbehalte an, weil die Schweiz zu wenig des Rohstoffs liefern kann. Die Verwerter fürchten um ihre Umsätze. Der Bundesrat kommt mit der Swissness-Vorlage voraussichtlich in der Herbstsession ins Parlament. GJ: Die Deklarationspflichten nehmen laufend zu, dies in allen Lebensbereichen. Wie steht Proviande dazu? Bucher: Die Branche und auch ich persönlich haben ihre Vorbehalte. Am Ende kommt es soweit, dass jedes Lebensmittel einen eigenen Beipackzettel hat, wie bei den Medikamenten. GJ: Der Vorteil wäre, dass der Konsument dann genau weiss, was er hat. Bucher: Will er das? Im Endeffekt vertraut doch der Gast oder Kunde seinem Verkäufer und Produzenten. Zudem gibt es viele Labels, die auf freiwilligen Kontrollen basieren. Das zeigt, es braucht nicht immer den Staat und neue Gesetze! GJ: Sie sprechen von steigender Qualität. Trotzdem ist auffällig, dass heute das Stück Fleisch in der Pfanne stärker schrumpft als früher. Bucher: Jedes Schweizer Fleischstück ist bis zum Produzenten rückverfolgbar. Man kann sich auch beim Verkäufer nach den Produktions- und Lagerbedingungen erkundigen. Es kann sein, dass das Fleisch früher länger abgehangen wurde. Heute ist es zum Teil eine Just-in-Time-Verarbeitung und das Fleisch schwindet dann beim Käu-

fer. Im Endeffekt ist es eine Preisfrage. GJ: Kauft nun der Gastgeber teureres Fleisch, muss er das seinem Gast kommunizieren. Wie hilft Proviande den Gastgebern konkret bei der Absatzsteigerung? Bucher: Im Rahmen der MarketingKommunikation für Schweizer Fleisch haben wir eine Reihe von Massnahmen für die Gastronomie wie das Magazin «Messer & Gabel», den Wettbewerb «La Cuisine des Jeunes» und verschiedene Fachinformationen und Kochrezepte. GJ: Aber die Kochrezepte sind eher für den Hausgebrauch. Bucher: Nicht nur, auf unserer Webseite findet sich eigens eine Rubrik für die Gastronomen, da finden sich auch spezielle Gastrorezepte. Derzeit bauen wir von Proviande zusammen mit Suisse Garantie ein Gastro-Konzept auf. Zum Beispiel kann der Gastgeber das Menu mit einem Fähnchen auszeichnen oder das Logo auf die Karte nehmen. Die Kommunikation bis zur Karte und bis auf den Teller wünschen wir uns. Die einzige Forderung ist, dass das Versprechen «Schweizer Fleisch» oder Suisse Garantie auch eingehalten wird. Ansonsten setzen wir das Vertrauen des Gastes aufs Spiel. GJ: Was empfehlen Sie Gastgebern konkret, um den Verkauf zu steigern? Bucher: Wichtig ist, das Angebot zielgruppengerecht zu gestalten: Frauen essen eher Gerichte aus magerem Fleisch, traditionelle Kundschaft konsumiert eher traditionelle Gerichte. Eine Möglichkeit könnte auch sein, zu Schweizer Fleisch Schweizer Beilagen zu verwenden. Dies alles muss aber dem Gast auch kommuniziert oder speziell angeboten werden. Alles in allem steigt der Ausserhauskonsum in der Schweiz. Das ist eine Chance für die Gastronomie. Mehr Infos: www.schweizerfleisch.ch

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QUELLE: BRANCHENSPIEGEL GASTROSUISSE; GRAFIK: O.KREJCI

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GJ: Und die Preise waren ebenso erfreulich. Bucher: Die hohen Preise ergaben sich aus der letztjährigen Knappheit des Inlandangebots: Aufgrund der hohen Milchpreise haben die Bauern die Kühe so lange wie möglich gemolken und nicht zur Schlachtbank geführt. Die Schweine waren knapp, weil die Tierschutzbestimmungen verschärft wurden. Das Geflügel hat sich vom Tief nach der Vogelgrippe erholt, leider läuft der Aufbau neuer Inlandkapazitäten nicht so schnell. Einzig beim Kalbund beim Lammfleisch war der Konsum rückläufig.

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Aus dem Tages-Anzeiger: «Angehende Manager reiten das Pub der Hochschule in die Pleite.» Auf der Homepage des Pubs heisst es: «Die Break Even AG ist überschuldet und musste deshalb gemäss Art. 725 II OR die Bilanz deponieren. Sie verfügt zudem nicht mehr über genügend Liquidität, um den Betrieb weiterzuführen.» Die Hochschulen müssen näher an die Wirtschaft, hiess es. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften nahm es wörtlich. Doch wieso ausgerechnet die Gastronomie als Experimentierfeld? Weil «wer nichts wird, Wirt wird?» Wie sonst käme man auf die glorreiche Idee, im Rahmen eines schulischen Projektes ein Pub zu eröffnen? Vielleicht, weil in dieser Branche nach Auffassung der Allgemeinheit so vieles falsch gemacht wird und man für den Erfolg nur alles richtig zu machen braucht? Management und Marketing spielend erlernen? Sind es nicht genau diese Finanz- und Wirtschaftsmanager, die als Abgänger solcher Schulen das Gastgewerbe mangels Gewinnmaximierung mitleidig belächeln? «Für die Studierenden war dieses Projekt trotz des unglücklichen Resultats nicht vergeblich (…), sie mussten mit vielen unvorhergesehenen Ereignissen umgehen und konnten dadurch die Dynamik und Komplexität des Wirtschaftslebens hautnah erfahren.» Aha! Hoffen wir, dass wenigstens diese angehenden Supermanager dem Gastgewerbe den Respekt entgegenbringen, den es verdient. Romeo Brodmann BLICKPUNKTE Lebensmittelkontrollen

Schreckliche Vereinfacher Ein Grossverteiler lässt wöchentlich repräsentative Umfragen durchführen; jüngst zur Frage: «Soll die Sauberkeit von Restaurants gekennzeichnet werden?» Gut 60 Prozent sprachen sich dafür aus, «sämtliche Prüfungsresultate» offenzulegen. Was gegeben sein dürfte. Praktisch jeder Restaurateur wird gerne bereit sein, interessierten Gästen die komplexen Unterlagen der kantonalen Laboratorien zum Studium vorzulegen. Etwas anders ist eine Verkürzung und Zurschaustellung von Resultaten: Dagegen sind auch die Lebensmittelinspektoren.

Rauchverbote

An die Urnen In Baselland, Thurgau und Uri wird am 17. Mai über Rauchverbote abgestimmt. Zu hoffen ist, dass die Stammtische und Gastgewerbler den Termin wahrnehmen.


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