GastroJournal 07/2018

Page 7

Hotel & Tourismus

7

15. Februar 2018 | Nr. 7 | www.gastrojournal.ch

Richard Kämpf über die neue Tourismusstrategie des Bundes

Herausforderungen und Chancen

Ferienverein geht an ausländischen Investor

FERIENVEREIN

PETER GRUNDER

Tourismus hat viel zu tun mit Hoffnungen. Umso wichtiger sind Sicherheiten, zum Beispiel von Seiten der Politik.

«

Die Rahmenbedingungen für den Tourismussektor verändern sich, getrieben durch die Digitalisierung, immer rascher. Mit der – vom Bundesrat im November 2017 verabschiedeten – neuen Tourismusstrategie verfügt die Tourismuspolitik des Bundes über eine zeitgemässe Grundlage, die dem raschen Wandel Rechnung trägt. Mit seiner neuen Strategie will der Bund mithelfen, die Voraussetzungen zu schaffen, damit sich der Schweizer Tourismussektor rasch und konsequent erneuert. Die neue Strategie bringt wesentli-

che Neuerungen. So zieht sich erstens die Digitalisierung als Querschnittsthema durch die gesamte Strategie hindurch. Zweitens steht das Unternehmertum konsequent im Zentrum. Der Staat kann und soll nicht selber zum Unternehmer werden. Er kann aber zu einem

«

Der Staat kann und soll nicht selber zum Unternehmer werden

»

günstigen Milieu für Unternehmertum im Tourismus beitragen. Drittens ist die Tourismusstrategie projektorientiert, das heisst, sie ist operativ ausgerichtet und enthält konkrete Umsetzungsaktivitäten.

Richard Kämpf

Richard Kämpf hat an der Universität Bern Volkswirtschaft studiert und wurde in der Tourismusbranche bekannt, als er beim BAK Basel unter anderem den Destinationsmonitor mit entwickelte, der übergeordnete touristische Leistungsfähigkeit umfassend messbar macht und breit Anwendung findet. 2008 wechselte der verheiratete Familienvater zum Bund: Als Nachfolger von Peter Keller leitet er seither die Tourismuspolitik beim Staatssekretariat für Wirtschaft SECO. www.seco.admin.ch

Viertens ist die Tourismusstrategie stark fokussiert. Dabei geht es insbesondere um Koordinationsaktivitäten und einen gezielteren Fördermitteleinsatz mit einer stärkeren Begleitung strategischer Projekte.

«

Angebotsgestaltung und Vermarktung sind Kern­ elemente des Tourismus

»

Die Tourismusstrategie strebt einen

international wettbewerbsfähigen, attraktiven und leistungsfähigen Schweizer Tourismus an. Dazu wurden vier Ziele gesteckt: Rahmenbedingungen verbessern, Unternehmertum fördern, Chancen der Digitalisierung nutzen sowie die Attraktivität des Angebots und den Marktauftritt stärken. Ähnlich wie Erde und Wasser für

Pflanzen, sind die Rahmenbedingungen für Unternehmen mitentscheidend, ob und wie sie sich entfalten können. Die Mitglieder der Begleitgruppe – welche das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO bei der Erarbeitung der Strategie unterstützte – identifizierten bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen eindeutig den grössten tourismuspolitischen Handlungsbedarf. Angesprochen wurden die Länge von Verfahren, die Komplexität von Bewilligungsverfahren sowie die steigenden administrativen Kosten. Neben den verschiedenen Staatsebenen sind für den Tourismus als Querschnittsbranche auch zahlreiche Politikbereiche relevant, was die Komplexität und die Kosten der Regulierung erhöht. Daher ist insbesondere auch eine Verstärkung der Koordination essentiell, sowohl innerhalb des Bundes, zwischen Bund und Tourismusakteuren, als auch über die verschiedenen Staatsebenen hinweg. Hierzu soll das Tourismus Forum Schweiz zu einer Dialog- und Koordinationsplattform weiterentwickelt werden. Die schwierige wirtschaftliche Lage

seit der Finanz- und Schuldenkrise, akzentuiert durch den starken Schweizer Franken, bedeutete für den Tourismusstandort Schweiz in den letzten Jahren ein hartes Fitnessprogramm. Die Produktivität

ist dadurch zwar gestiegen, das Potenzial bleibt diesbezüglich jedoch gross. Höhere Produktivität bedeutet grössere Renditen. Das steigert die Attraktivität des Tourismus für Investoren, Unternehmer und Fachkräfte. Entscheidend ist unternehmerisches Denken und Handeln. Auch Start-ups tragen zur Produktivitätssteigerung bei. Sie leisten einen wichtigen Beitrag für Innovationen und für den nötigen Strukturwandel. Mit der Umsetzung der Tourismusstrategie soll zu einem günstigen Milieu für Unternehmertum und insbesondere für Jungunternehmen beziehungsweise Start-ups im Tourismus beigetragen werden. Zudem soll die Ausund Weiterbildung im Tourismus weiter gestärkt werden. Die Digitalisierung ist eine grosse

Chance für den Schweizer Tourismus. Einerseits durch die globale Vernetzung und die damit verbundenen Vermarktungsmöglichkeiten. Andererseits ermöglicht die Digitalisierung auch, die hohen Kosten mit digitalen, automatisierten Prozessen zu senken und die teuren Fachkräfte dort einzusetzen, wo sie dem Gast einen wirklichen Mehrwert bieten können. Oder sie ermöglicht neue Arten der Kooperation und kann so die Nachteile des klein­ strukturierten Schweizer Tourismus aushebeln. Die Digitalisierung ist allerdings kein Selbstzweck. So darf nicht etwa versucht werden, sich über die Programmierung, die Technologie oder den Systemanbieter zu differenzieren. Es ist nicht entscheidend, wer die Technologie liefert, sondern welche Erlebnisse für den Gast geschaffen werden oder wie der Gast betreut wird. Die Aufgabe des Bundes liegt hier insbesondere im Bereich Wissensgenerierung und Wissenstransfer sowie in der gezielten Projektförderung.

«

Wir streben eine partnerschaftliche Umsetzung an

»

Angebotsgestaltung und Vermark-

tung sind Kernelemente des Tourismus. Sie müssen zwingend Hand in Hand erfolgen und aufeinander abgestimmt sein. Wir müssen uns

den Fragen widmen, was die Gäste in der Schweiz unternehmen, wie sie zu uns kommen und wohin sie gehen. Die Verzahnung von Angebotsentwicklung und Vermarktung erfordert auch ein Umdenken. Beispielsweise ist die Diskussion um Städte- versus alpinen Tourismus zu einem gewissen Grad obsolet geworden. Mit der Digitalisierung und den neuen Reisestrukturen vermischen sich diese Formen. Die asiatischen Gäste etwa benützen Städte als Hubs, um Ausflüge in die alpinen Regionen zu starten. Dieser Trend dürfte sich verstärken. Es gilt daher nicht mehr in örtlich getrennten Kategorien zu denken, sondern integriert in Gästesegmenten. Ein zentrales Element der Tourismus-

politik des Bundes ist das Zusammenspiel mit der Tourismuswirtschaft. Bereits in die Erarbeitung der Tourismusstrategie wurden die Tourismusakteure mittels der Begleitgruppe miteinbezogen. So konnte sichergestellt werden, dass die Tourismusstrategie auf die wichtigsten Herausforderungen des Tourismus ausgerichtet ist. Auch in der Umsetzung spielen diese Akteure eine zentrale Rolle. Die Vision eines international wettbewerbsfähigen, attraktiven und leistungsfähigen Schweizer Tourismus kann nur im Zusammenspiel aller Tourismusakteure verwirklicht werden. Bundesverwaltung, Kantone und Unternehmer sind gefordert, um die Ziele erreichen zu können, und ich erhoffe mir ein volles Engagement! haben beim Staatssekretariat für Wirtschaft SECO bereits begonnen. Der Bund hat damit den ersten Schritt getan. Es soll aber nicht einfach bei einer Strategie des Bundes bleiben. Wir streben eine partnerschaftliche Umsetzung unter Einbezug der touristischen Akteure sowie der Kantone, Regionen und Gemeinden an. Als nächster Schritt hierzu beabsichtigt das SECO, gemeinsam mit dem Schweizer-Tourismus Verband STV in den kommenden Monaten Informations- und Sensibilisierungsanlässe zur Umsetzung der neuen Tourismusstrategie des Bundes durchzuführen. Die Umsetzungsaktivitäten

En français

»

Page 13

Letzte Woche haben die Aktionäre der Poscom Ferien Holding AG, die vier Schweizer Hotels (Foto: Hotel Altein, Arosa) sowie zwei grosse Ferienanlagen an der Costa Brava und auf Sardinien betreibt, die Veräusserung des Gesamtportfolios an einer ausserordentlichen Generalversammlung mit grossem Mehr gutgeheissen. Ausschlaggebend für das Bekenntnis zum Verkauf dürfte sein, dass die Hotels weiterbetrieben ­sowie erneuert werden und die rund 500 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Zum Hintergrund: Die Poscom Ferien Holding AG befindet sich seit längerem finanziell in einer prekären Lage. Zwar schreiben alle Hotels operative Betriebsgewinne, diese reichen künftig ­jedoch nicht aus, um das Fremdkapital in der geforderten Weise zu verzinsen, zu reduzieren und gleichzeitig die dringend notwendigen Erneuerungsinvestitionen zu tätigen. Um die langfristige Existenz der Hotels sicherzustellen, hat der Ferienverein deshalb bereits im Jahr 2016 einen Prozess zur Investorensuche gestartet. Mit Sami Al Angar, einem ­Finanzinvestor aus Saudi-Arabien, ist der Ferienverein nun fündig geworden – ein weiterer ausländischer Investor, der privat Gefallen an der Schweiz gefunden hat. Der Ausverkauf der Heimat geht somit weiter.

Kurtaxe geht an Baselland Und sie bewegt sich doch, die Sharing Economy Firma Airbnb. Nach der schweizweit ersten Vereinbarung mit Zug Tourismus Mitte 2017 folgt nun der Kanton Baselland. Ab 1. April zieht Airbnb die Kurtaxe direkt von den ­Anbietern ein und leitet das Geld an ­Baselland Tourismus weiterleitet. ­Welcher Kanton als nächstes folgt, ist derzeit noch offen – denn es stehen ­etliche ­Einigungen in der Pipeline.

Jugendherbergen: Wellness geht weiter

ZVG

Der Wandel der Schweizer Jugendherbergen (SJH) geht weiter. Auf das Wellnesshostel 4000 & Aqua Allalin in SaasFee folgt nun das nächste Projekt mit dem Wellnesshostel 3000 in Laax. Konkret soll in Laax das sanierungsbedürftige Hallenbad in Kombination mit einem Wellnesshostel im Winter 2020 eröffnet werden. «Mit der Kombination können wir den Betrieb optimieren, Synergien nutzen und damit die Wirtschaftlichkeit gewährleisten», hält Franz Gschwend fest, Gemeindepräsident von Laax. Mit der Bewilligung des Planungskredites von 850 000 Franken hat die Bevölkerung der Gemeinde Laax nun vergangene Woche grünes Licht für die weitere ­Planung des Projektes gegeben, sodass der Zeitplan für das Wellnesshostel 3000 & Aua Grava mit Baubeginn im Frühjahr 2019 und Eröffnung im Winter 2020 weiterhin realistisch ist. Die Gemeinde Laax tritt im Projekt als Bauherrin auf, die SJH sowie die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus sind für den Betrieb von Wellnesshostel und Hallenbad verantwortlich.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.