GastroJournal 01+02/2016

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Hotel Vom Verkauf von Hotel­Immobilien, von Investoren und Finanzierung

Marktgerechte Leistungen bieten

Kaufkräftige Investoren aus dem Ausland, die Schweizer Hotelbetriebe kaufen, stehen zurzeit im Fokus der medialen Öffent­ lichkeit. Einer, der hier mit­ mischt, ist Jürg Zumkehr. Christine Bachmann

GastroJournal: Inwiefern hat sich das Hotel­Immobiliengeschäft in den letzten Jahrzehnten verändert? Jürg Zumkehr: Sehr. Denn bevor es die Finanzierungsrichtlinien für Gewerbebetriebe gab, waren noch mehr Schweizer im Hotel­Immobi­ liengeschäft zu finden, und auch die Banken mischten kräftig mit. Heute haben sich sowohl die Schweizer Investoren als auch die Grossban­ ken fast gänzlich aus dem Geschäft

Von zehn verkauften Objekten geht eines an einen Schweizer

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verabschiedet. Was die Konsequenz mit sich bringt, dass wir heute aus­ ländische Investoren und Käufer brauchen. Dieses Hotel hier bei­ spielsweise habe ich 2006 verkauft (Anm. d. Red. Hotel Krebs, Interla­ ken). Ein Familienbetrieb mit Nach­ folgeproblemen, Renovationsbedarf und fehlendem Käufer. Am Ende

Ein Lieblingsrestaurant

Das Lieblingsrestaurant von Jürg Zumkehr ist das Restaurant Al­ penblick in Wilderswil von Gast­ geber und Koch Richard Stöckli: «Er ist für mich der beste Koch in der Region und zaubert saisonal abwechselnd immer etwas Feines auf den Tisch.» chb

Zukünftiges in der digitalen Welt Ob Trivago oder Kayak, Reise­Meta­ Suchmaschinen gibt es einige im Markt, nun möchte offenbar auch Online­ Portal Uber mitmischen. Kurz vor Weihnachten hat das Portal ein Patent für eine Reise­Meta­Suchmaschine beantragt, wie das Online­Branchen­ Portal «tnooz» mitteilte. Das im Patent beschriebene Uber Travel­Portal soll zudem eine Empfehlungsmaschine beinhalten, die für den Nutzer – je nach Vorlieben – geeignete Vorschläge für die Übernachtung oder auch die Reise­ planung findet. Gelistete sind dabei nicht nur Hotelzimmer, sondern auch Unterkünfte der Sharing Economy.

Fokus auf die Hotellerie

CHRISITNE BACHMANN

Jürg Zumkehr ist in einem Gas­ tronomie­Betrieb im Kandertal aufgewachsen und hat eine kauf­ männische Lehre absolviert. Er war unter anderem als Berater bei Gastroconsult tätig sowie als Chef des Beratungsdienstes bei Hotelleriesuisse, um sich im An­ schluss selbständig zu machen. Seit 30 Jahren ist Jürg Zumkehr nun im Hotel­Immobiliengeschäft tätig und spezialisiert auf deren Verkauf an interessierte Investoren.

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14. Januar 2016 | Nr. 1/2 | www.gastrojournal.ch

«Ich würde auch lieber an Schweizer verkaufen, aber es gibt keine», erklärt sich Jürg Zumkehr. habe ich es einem koreanischen Paar verkauft, und dieses hat rund 8 Millionen Franken investiert. Wer hat hier in Interlaken in den letzten Jahren so viel investiert? Ich kenne niemanden. Also sind wir doch froh, haben wir diese Leute. Dennoch: Haben Sie keine Skrupel, dass heute so viele Hotel­Betriebe an auslän­ dische Käufer gehen? «Ausverkauf der Heimat», ich weiss. Natürlich möchte ich die Hotels lie­ ber an Schweizer verkaufen, aber es gibt keine. Fakt ist: Von zehn verkauften Objekten geht eines an einen Schweizer.

Für Investoren aus dem Ausland stehen keine kurzfristigen Gewinne im Zentrum. Das heisst, dass die meisten Investoren die gekauften Betriebe zuerst einmal renovieren und beträchtliche Summen investie­ ren. Dennoch darf nicht vergessen werden: Auch ausländischen Inves­ toren liegt daran, die Betriebe nach betriebswirtschaftlichen Grundsät­ zen zu führen.

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Ausländische Investoren glauben mehr an unser Land

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Wieso ist das so? Dafür gibt es verschiedene Gründe: Zum einen fehlen vielen Schweizern die nötigen Eigenmittel, zum ande­ ren die nötige Risikobereitschaft. Hinzu kommt bei den Schweizer Hoteliers das Problem mit der Nach­ folge. Wenn bei vier Kindern eines den elterlichen Betrieb übernehmen will, dann muss es den Betrieb zum Ertragswert übernehmen können und nicht zu einem Fantasiepreis. Dafür braucht es das notwendige Eigenkapital. Welcher 30­Jährige mit einem Hotelfachschulabschluss hat das? Zudem glauben auslän­ dische Investoren im Schnitt mehr an unser Land als wir selbst. Denn für sie ist die Schweiz ein neutrales, sicheres Land mit einer stabilen Währung und Gesetzen sowie ei­ nem noch einigermassen intakten Bankgeheimnis.

Wann hat das Geschäft mit Hotel­Im­ mobilien an ausländische Investoren be­ gonnen? Wie kurz angeschnitten, als die Fi­ nanzierungsrichtlinien für Gewer­ bebetriebe änderten. Nach Basel II galt für die Finanzierung nur mehr der Ertragswert als Grundlage. Das hat dazu geführt, dass die Ban­ ken wesentlich weniger finanziert haben und die Eigentümer aufge­ fordert wurden, grosse Summen zu amortisieren. Viele konnten das nicht, also hat man verkaufen müssen. Das gab Nährboden für ausländische Investoren. Wann sind Hotels für ausländische In­ vestoren attraktiv? Wenn der Standort stimmt, die Im­ mobilie in einem passablen, aber nicht allzu guten Zustand ist und Potenzial aufweist.

Inwiefern sind Investitionen von auslän­ dischen Käufern langfristiger Natur?

Zurück zu den Schweizer Hoteliers. In­ wiefern haben diese in der Ferienhotel­

lerie heute überhaupt noch eine Exis­ tenzberechtigung? Eine Existenzberechtigung ist nach wie vor vorhanden, aber der Hoteli­ er muss sich klar fokussieren. Denn was es heute nicht mehr verträgt, ist ein Gemischtwarenladen. Heute braucht es klare Betriebskonzepte, eine schlanke Betriebsführung und ­struktur, eine solide Kostenkon­ trolle sowie das nötige Eigenkapi­ tal. Und es ist auch klar, dass die Wertschöpfung heute viel mehr im Hotelbereich als in der Restauration liegt. Haben Hotel­Restaurants in diesem Fall keine Zukunft mehr? Das kann man so generell nicht sagen. Wichtig ist einfach, dass beide Bereiche als professionelle Profitcenter geführt werden und sich nicht gegenseitig quersubventi­ onieren. Bei vielen Betrieben ist das der Fall und das ist langfristig ge­ sehen ein Problem. Denn der Markt ist gnadenlos. Wer nicht marktge­ rechte Leistungen erbringt, der hat keine Daseinsberechtigung.

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Quersubventionierung ist langfristig gesehen keine Lösung

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Welche Voraussetzungen müssen gege­ ben sein, dass man heute als Schweizer Hotelier überhaupt noch erfolgreich sein kann? Es braucht eine überdurchschnitt­ liche Leistungsbereitschaft und wie ein bekanntes Zitat sagt: «Man muss Menschen mögen.»

«4 Peaks» heisst das kürzlich bewilligte Bauprojekt der Prime Elements AG in Sedrun. Entstehen soll für rund 27 Millionen Franken ein Boutique­ Hotel mit 54 Zimmern, Restaurant und Wellness­Bereich, zehn bewirtschaftete Wohnungen sowie sieben Zweitwoh­ nungen. Der Spatenstich für das Ge­ samtprojekt erfolgt noch in diesem Frühjahr, so dass der Hotelbetrieb plan­ mässig auf die Wintersaison 2017/18 hin eröffnet werden kann. «Wir wollen, dass der neue Hotelbetrieb mit Restau­ ration zum Begegnungszentrum von Sedrun wird», teilt Marcel Thoma von der Bauherrschaft mit. Wer den Betrieb operativ führen wird, ist hingegen noch offen. «Wir haben bereits optional einen Vorvertrag mit einer internatio­ nalen Kette, können uns aber nach wie vor auch eine private Lösung vorstellen», betont Thoma.

Gegenwärtiges in der Bergwelt

Ende Dezember ist im Bündner Berg­ dorf Brigels das Pradas Resort eröffnet worden. Das neue Ferienresort bietet 16 Ferienhäuser mit 83 Wohnungen und total 434 Betten, weiter ein Hallen­ bad, eine Saunalandschaft sowie auf 150 m2 ein Kids­Club, der in Zusam­ menarbeit mit der Ravensburger Agen­ tur entstanden ist. Somit ein ziemlicher Gigant für den gut 1300 Seelen gros­ sen Ort, der bereits einiges an Hotel­ betten bietet. Dennoch wird der neue Mitbewerber vor Ort positiv wahrge­ nommen: «Letztlich profitieren wir alle direkt oder indirekt davon», teilt Gast­ geber Chris Faber vom Hotel La Val in Brigels mit. Zudem sei das Potenzial von Brigels ohnehin noch lange nicht vollständig ausgeschöpft.

Deutsches Bundeskartellamt entscheidet zu Gunsten der Hotellerie

Booking.com verliert seine Best­Preis­Klausel

Fokus auf die Ostschweiz

Kurz vor Weihnachten hat das Bun­ deskartellamt in Deutschland den Hoteliers ein besonderes Geschenk gemacht, indem es Buchungsportal Booking.com die Verwendung aller Best­Preis­Klauseln in Hotelverträ­ gen verboten hat. Konkret heisst das, dass bis 31. Januar 2016 die beanstandeten Klauseln sowohl aus den Allgemeinen Geschäftsbe­ dingungen wie auch den Preferred­

Nicht jeder kann auf mehrere Interes­ senten zurückgreifen, wenn es um die Nachfolge geht. Gastgeber Jakob Knöpfel vom Hotel­Restaurant Schloss Wartenstein Pfäfers war hier in einer glücklichen Situation. Er konnte laut Mitteilung zwischen verschiedenen In­ teressenten auswählen – den Zuschlag erhielt am Ende das Grand Resort Bad Ragaz. Über die Höhe des Kaufpreises schweigen sich die Parteien aus.

Partner­Vereinbarungen entfernt werden müssen. Der deutsche Ho­ telier ist damit aus dem Korsett von Booking.com befreit und darf den «Besten Preis» nun nicht nur auf anderen Online­Buchungsportalen anbieten, sondern auch auf der ho­ teleigenen Webseite. Sollte Booking. com den «Besten Preis» von den Hoteliers weiterhin verlangen, so drohen dem Portal hohe Geldbus­

sen. Der Hotelverband Deutschland (IHA) sowie der europäische Dach­ verband HOTREC begrüssen den Entscheid des Kartellamtes. In der Schweiz kann Booking.com

hingegen nach wie vor an der einge­ schränkten Ratenparität festhalten (siehe GJ46) solange die Schweizer Wettbewerbskommission (WEKO) nichts Gegenteiliges entscheidet.

Hier wünscht sich GastroSuisse­ Präsident Casimir Platzer von der WEKO, dass sie nun Mut zeigt und sich dem Entscheid der deut­ schen Kollegen anschliesst: «Der Entscheid der WEKO von Anfang November 2015 hat lediglich eine Lösung im Offline­Bereich gebracht. Online sind die Schweizer Hoteliers immer noch an die Preisparität ge­ bunden, was stossend ist.» chb


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