GastroJournal 12/13 2021

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Zur Situation in Österreich Nachdem der Bundesrat die Gastronomie vorerst geschlossen hält, mag ein Blick ins angrenzende Vorarlberg fast paradiesisch wirken: Seit dem 15. März dürfen dort Gaststätten als Österreichs Testregion geöffnet haben. Paradiesisch ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht allerdings wenig. Aufgrund der strengen Rahmenbedingungen (Zwei-Meter-Abstand zwischen den Tischen, Personenbeschränkungen, Testpflicht und um 20 Uhr Sperrstunde) blieben Zweidrittel der Betriebe geschlossen. Unternehmenshilfen laufen zwar weiter, aber für viele zahlt es sich nicht aus, die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen. War die Öffnung bislang sinnlos? Keineswegs! Erhebungen legen nahe, dass die Coronaansteckungsgefahr in Restaurants relativ gering ist. Hält diese Einschätzung auch der empirischen Prüfung in Vorarlberg stand, könnte dies zu Öffnungen in ganz Österreich führen. Der Wiener Public-Health-Experte Hans-Peter Hutter spricht sich gar für eine Öffnung der Gastronomie trotz steigender Infektionszahlen aus: Im privaten Bereich würden die Menschen schon jetzt zusammentreffen. In der Gastronomie liesse sich zumindest ein sicherer Rahmen schaffen. Die Wiener Stadtregierung will am Plan festhalten, am 27. März zumindest die Gastgärten zu öffnen. Daniel Nutz (41) ist Chef­ redaktor bei der Fachzeit­ schrift ÖGZ in Wien

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PA N O R A M A

Pâtisserie

Mike Suppiger: Zurück in die Zukunft

lena ein ambitioniertes Projekt von Be­ ginn weg mitzuprägen, packt er diese.

Ziel: jüngster Pâtissier des Jahres Jetzt kehrt er wieder zurück an den Vier­ waldstättersee, den er vermisst hat. «Es hat unheimlich Spass gemacht, mit Do­ minik und den anderen das Magdalena aufzubauen. Wir bleiben Freunde. Aber diese Gelegenheit, in gestärkter Position Text Benny Epstein nach Vitznau zurückzukehren, möchte Der Abgang irritiert: Mike Suppiger (24) ich mir nicht entgehen lassen.» Suppi­ verlässt das Magdalena. Jenes Restau­ ger macht kein Geheimnis, was ihn an­ rant, das mit einem blutjungen Team im treibt: «Ich will Pâtissier des Jahres in vergangenen Frühjahr eröffnete und auf der Schweiz werden.» Und zwar so bald Anhieb einschlug: Von GaultMillau gab wie möglich. «Der aktuelle Titelträger, es sofort 15 Punkte und die Auszeich­ Christophe Loeffel, ist 25­jährig. Das nung zur Entdeckung des Jahres, vom Guide Michelin gleich zwei Sterne – ein Raketenstart mit Seltenheitswert. Im kleinen Rickenbach im Kanton Schwyz sorgt das Team um Küchenchef und Mitinhaber Dominik Hartmann (28) ver­ blüffend stilsicher für Furore. Grossen Anteil daran hatte Pâtissier Suppiger. Seine Dessertkreationen setzten dem Menü das Sahnehäubchen auf. Eine Va­ riation von Rohmilch, Rhabarber und Hafer, dazu ein Soufflé– nie zu süss, stets erfrischend und mit der Eigen­ ständigkeit, die sich auf diesem Niveau Nach einem Jahr verlässt Mike Suppiger das gehört. Magdalena. In Vitznau wird er Chefpâtissier Jetzt ist er weg. Suppiger verlässt das und Patrick Mahlers rechte Hand. Magdalena nach nur einem Jahr. «Back to the roots» – zurück zu den Wurzeln – spornt mich an.» Keiner hat die Aus­ schreibt er auf seinem Instagram­Profil: zeichnung je jünger gewonnen als der Suppiger heuert zum zweiten Mal im Waadtländer vom Restaurant Pont de Park Hotel Vitznau LU an. Dort über­ Brent. «Ich bin überzeugt, dass ich es nimmt er nicht nur den Job als Pâtissier schaffen kann. Bei allem Respekt: Ich von Patrick Mahlers Zweisternebetrieb muss mich vor keinem verstecken und Focus. Auch die Desserts des Einstern­ lerne ständig dazu. Dass der GaultMil­ restaurants Prisma werden künftig Sup­ lau mit Loeffel nun schon einmal einen pigers Handschrift tragen. «Ich freue jungen Berufskollegen für dessen Arbeit mich riesig auf die Herausforderung», belohnte, motiviert mich zusätzlich. Die erklärt das passionierte Küchentalent. Leistung zählt, nicht das Alter.» «Ich werde Patricks rechte Hand sein – es wird anders als bei meinem ersten Unsympathisch? Nein, ambitioniert Mal in Vitznau.» Damals, im März 2017, Ein Pâtissier, der im «Teamsport Küche» kam Suppiger als ungeschliffener Roh­ derart offen zu seinen ganz persönlichen diamant. Mahler erkannte dessen Poten­ Ambitionen steht – das kennt man in der zial und baute ihn mit harter Hand auf. Schweiz bislang noch nicht. Für die ei­ «Das war nötig, ich konnte noch nichts», nen mag dies unsympathisch klingen, doch so meint es Suppiger nicht, wie er erinnert sich Suppiger. Als die Pâtissierstelle frei wird, ab­ versichert: «Ich mag den Titel jedem solviert er Praktika bei den deutschen gönnen, da dürfte der eine oder andere Stars Christian Hümbs und Kevin Feh­ Kollege noch vor mir dran sein. Und ich ling, schaut bei Tanja Grandits’ Pâtissier weiss sehr wohl, dass der Gast nicht in Julien Duvernay rein, um sich die nöti­ erster Linie wegen dem Pâtissier ins Res­ gen Techniken anzueignen und um sich taurant kommt. Und dass sich der Erfolg in Stilrichtungen und Philosophien zu im Betrieb nur über starkes Teamwork vertiefen. Suppiger ergänzt Mahlers Kü­ einstellt. Aber ich will meinen bestmög­ che fortan brillant. Die gewünschte An­ lichen Beitrag dazu leisten.» Jetzt hofft erkennung erhält er da aber noch nicht. er, dass er in Vitznau so schnell wie mög­ Und als die Chance kommt, im Magda­ lich durchstarten kann. Nach dem Startfurioso verlässt der Dessertkünstler des Magdalena den Betrieb. Am alt-neuen Arbeitsort in Vitznau LU will er baldmöglichst Pâtissier des Jahres werden.

ZVG

★ GASTKOMMENTAR


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