GastroJournal 1/2/3 2021

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Aufgegossen, nicht gebeutelt In der Schweiz gedeihen vielerlei Kräuter. Betriebe nützen diesen Wettbewerbsvorteil und stellen daraus erstklassige Kräutertees her – auch für die Gastronomie.

TEXT FABRICE MÜLLER — FOTOS NAPF KRÄUTER, FAMILIE THEILER

«Wir sind beide passionierte Teetrinker», betont Claudia Züllig, die das Hotel Schweizerhof in Lenzerheide GR zusammen mit ihrem Mann Andreas, Präsident von HotellerieSuisse, führt. Deshalb legt das Viersternehotel besonderen Wert auf ein breites, qualitativ hochstehendes Teeangebot. Neben den 18 verschiedenen Tees, die zur Auswahl stehen und von Länggass-Tee in Bern stammen, gibt es auch Kräutertees aus der Schweiz, genauer gesagt von «Al Canton» in Le Prese GR. Aus 24 verschiedenen von Hand gepflückten und verpackten Teekräutern können die Gäste am Frühstücksbüffet auswählen. Ausserdem dürfen sich die Kunden in ihren Zimmern aus der TeeBox mit sechs verschiedenen Schweizer Kräutertees bedienen. Gäste legen Wert auf Kräutertee «Die Kräutertees sind nicht nur optisch schön anzusehen, sie überzeugen auch durch ihre Qualität und werden von den Gästen sehr geschätzt», sagt Claudia Züllig. Manche Gäste kommen derart auf den Geschmack, dass sie die Kräutertees

gleich noch vor Ort - auch als Geschenke - und später von zuhause aus im OnlineShop des Hotels oder direkt bei Al Canton regelmässig nachbestellen. Bevor die Teekräuter von Al Canton im Schweizerhof oder in einem anderen Hotel der Schweiz mit heissem Wasser übergossen und gezogen werden, gedeihen sie auf den Feldern in der fruchtbaren Ebene im Tal und auf den sonnigen Terrassen an den Hängen des Puschlavs. Seit 20 Jahren pflegen dort auf dem elterlichen Hof die promovierte Juristin Claudia Lazzarini und der ETH-Agronom Elmo Zanetti einen landwirtschaftlichen Nischenzweig. Nach biologischen und ressourcenschonenden Grundsätzen kultivieren sie zusammen mit sechs Mitarbeitenden auf dreieinhalb Hektaren über dreissig Kräutersorten und verarbeiten sie zu exquisiten Tees. Neben traditionellen Kräutern wie Minzensorten und Melisse, Thymian, Frauenmantel oder Salbei werden auch Raritäten wie Mexikanische Duftnesseln, Shiso sowie Blütenpflanzen angepflanzt. Nach der Ernte werden die Pflanzen fortlaufend

Die Nachfrage nach den Kräutertees aus dem Napfgebiet steigt seit mehreren Monaten stark an.

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entblättert, gemischt und verpackt. «Wir verwenden nur die Blätter, keine Stiele, und stellen alle Mischungen von Hand zusammen», erklärt Claudia Lazzarini. Eine japanische Teepackmaschine füllt die Kräuter in transparente Pyramidenbeutel ab. Auf diese Weise bleibt die ganze Wertschöpfung im Tal. Gastronomie als wichtiger Abnehmer Pro Jahr gelangen rund 1400 Kilogramm Teekräuter von Al Canton in den Verkauf. 95 Prozent davon wird in der Schweiz abgesetzt, etwa ein Drittel in der Gastronomie – Tendenz steigend – , der Rest im Detailhandel oder an Endkunden. «Die Gastronomie ist für uns ein wichtiger Abnehmer, unter anderem dank der hohen Konstanz und weil die Restaurants und Hotels für uns gute Werbeträger sind», erklärt Claudia Lazzarini. Neben der hohen Qualität sollen sich ihre Kräutertees auch durch eine ansprechende Verpackung auszeichnen. Deshalb habe man das Design grafisch überarbeitet. Zudem wird auf der Verpackung vermerkt, dass die Teekräuter aus der Schweiz stammen. «Der Schweiz-Bezug ist ein wichtiger Punkt, aber die Qualität muss ebenso stimmen», betont die Kräutertee-Unternehmerin. Kräuterpionier im Waadtland Zu den Pionieren im Kräuteranbau gehören Erwin Grünenfelder und seine Tochter Jasmin Reymond-Grünenfelder. Der Familienbetrieb baut seit 1982 Kräuter nach den Richtlinien der biologischen Landwirtschaft an. Der Kräuterhof Le Plâne der Familie Grünenfelder befindet sich im Waadtländer Jura auf einer Höhe von 1130 Metern über Meer. Auf einer Fläche von zweieinhalb Hektaren werden über 100 verschiedene Kräuter an-


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