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Unité d’Habitation

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Camelot

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Der Schweizer Architekt Le Corbusier fühlte sich ganz der Funktion verpflichtet. So war sein Credo: »Das Haus ist eine Maschine zum Wohnen; ein Sessel ist eine Maschine zum Sitzen.«33

Er entwarf 1945 den Wohnbau »Unité d’Habitation«. Le Corbusier löste mit seinem Bau das Problem der hohen Wohndichte und der hohen Bodenpreise in Frankreichs Städten. Mit einer Gesamtfläche von 15.000 Quadratmetern schuf er Wohnraum für 1600 Bewohner. Die »Wohnmaschine« wurde in die Höhe gebaut und umfasste 334 Einheiten auf 18 Geschossen. Die Einheiten waren in 23 unterschiedlichen Wohnungstypen gebaut (1 bis 6 Zimmer auf 1,5 Etagen). Im Haus befanden sich 5 große Aufzüge und 3 Treppen, Waschküchen, Kindergärten, Clublokale, Läden des täglichen Bedarfs, Hotelzimmer und ein Restaurant. Auf der Dachterrasse war ein Spielplatz, diverse Erholungsmöglichkeiten für Erwachsene, Gymnastiksäle mit Duschen und ein Schwimmbad.

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Komplexer Anhaltspunkt für die Wohnqualität waren für den Architekten gemeinschaftliche Einrichtungen in nächster Nähe für Familien außerhalb der eigenen »Vier Wände«. Diese gemeinschaftlichen Orte bildeten eine Erweiterung ihres Wohnraums.34 So vereinigte Le Corbusier in der »Unité d’Habitation« das Wohnen und das Leben in einer »vertikalen Stadt«. Die Flure und Wege, die zu den öffentlichen Einrichtungen führen – von Le Corbusier als »prolongements de l’habitation«35 bezeichnet – werden Straßen benannt.

Laut seiner Vorstellung funktioniert die »habitation collective«36 nur dann, wenn der Bau mit all seinen Einrichtungen vollständig abgeschlossen ist. Das Gebäude besitzt weder Kellerräume noch ein Erdgeschoss und steht auf einer doppelten Säulenreihe. Dadurch wirkt nach Le Corbusier das Gebäude leichter. Fußgänger und der Verkehr können unter dem Komplex hindurch.

Le Corbusier (* 6. Oktober 1887 in La Chaux-deFonds; † 27. August 1965 in Roquebrune-Cap-Martin; eigentlich Charles-Édouard Jeanneret-Gris) war Architekturtheoretiker, Stadtplaner, Maler, Zeichner, Bildhauer und Möbeldesigner. Er war einer der einflussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts.

Realisiert wurde die erste Wohnmaschine in Marseille am Boulevard Michelet ab 1947. Am 14. Oktober 1952 wurde der Bau feierlich von dem damaligen Minister für Wiederaufbau Claudius Petit eröffnet.

Seit 1953 wird die »Unité d’Habitation« bewohnt. Zum damaligen Zeitpunkt fehlten zwar noch die gemeinschaftlichen Flächen, aber das Dachgeschoss, das zu diversen sportlichen und erholsamen Aktivitäten nutzbar sein sollte, war bereits fertiggestellt. Man betrat die Wohnungen im Untergeschoss. Dort befand sich die Küche und der offene, 1.5 Etagen umfassende Wohnraum, ausgestattet mit großem Fenster und einer Loggia.

Auf der oberen Etage, die man über eine Verbindungstreppe erreichte, waren die Schlafräume. Das Elternschlafzimmer hatte einen separaten Ankleidebereich, und über den Flur gelangte man am Bad vorbei zu den Kinderzimmern. Dahinter befand sich ein Spielzimmer und eine weitere Loggia.

Die kollektiven Einrichtungen im Dachgeschoss wurden von den Bewohnern gut angenommen. Die damaligen Bewohner gründeten eine Gruppe, in der sie gemeinschaftliche Aktivitäten planten und organisierten. Die Wohnung bot den modernsten Komfort trotz geringerer Miete mit vergleichbaren Mietobjekten in der Umgebung.

Le Corbusier realisierte fünf Unités d’Habitation:

1947 – 1952

Cité Radieuse in Marseille

1950 – 1955

Cité Radieuse de Rezé bei Nantes

1956 – 1958

Corbusierhaus in Berlin

1959 – 1961

Unité d’habitation de Briey in Briey

1965 – 1967

Unité d’habitation de Firminy-Vert in Firminy

Die Unité d’habitation de Briey sollte als ein Relikt der gescheiterten Zukunftsperspektive in den 80er Jahren abgerissen werden. Dieser Bau war als Herberge für Gastarbeiter der umliegenden Minen gebaut worden. »Diesen Bewohnern war die Unité ein Greuel.«37 Da der Abriss des Gebäudes zu kostspielig war, wurde es von einem benachbarten Krankenhaus aufgekauft und zum Teil zu einer Schwesternschule umgerüstet.

Auch die Wohnmaschinen in Marseille oder Berlin sind Kritiken ausgesetzt. Zum einen bemängelte man, dass Küche, Esszimmer, Bad und die Schlafzimmer keinen direkten Lichteinfall haben und nur künstlich belüftet werden können, und zum anderen empfindet man die 100 bis 130m langen und dunklen Straßen mit den niedrigen Decken im Komplex als unfreundlich.

In der Berliner Wohnmaschine, die seit 1996 unter Denkmalschutz steht, sind alle Geschäfte und Arztpraxen geschlossen. Was übrig geblieben ist, sind lediglich ein Kiosk in der Eingangshalle und eine Brötchenklappe, die zur Küche der Wohneinheit führt, aber schon lange nicht mehr bedient wird.38

In der Altsteinzeit waren die Menschen Nomaden. Sie betrieben noch keine Landwirtschaft, waren nicht sesshaft, sondern gingen auf die Jagd oder sammelten Früchte und Beeren. Die ständige Bewegung sicherte dem Menschen das Überleben.

Während es nur noch wenige ursprüngliche Wandervölker auf der Welt gibt, liegen mobile Formen des Wohnens heute wieder im Trend.

Nomaden: Aus dem altgrieschischen νομάς nomás »weidend«, »herumschweifend«.

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