

DieGletscherderDolomiten
Artikel von Prof. Alberto Carton, Geomorphologe an der UniversitätPaduaundMitglieddesNetzwerksGeologisches ErbederStiftungDolomitenUNESCO,geschriebenanlässlich deserstenWelttagesderGletscher(21.März2025).
KurzeGeschichtederVergletscherungderDolomiten
Wer die Beziehungen zwischen der Dolomitenlandschaft und den Gletschern verstehen will, muss etwa 20.000 Jahre in die Vergangenheit blicken, als die Gletscher sämtliche Alpentäler bedeckten, also auch jene derDolomiten.DamalserreichtendieEismassenoftMächtigkeitenvonüber 1500 m, in der Gegend von Bozen sogar bis zu 2000 m. Chronologisch befinden wir uns im sogenannten letzten eiszeitlichen Maximum, als die Gletscherihre größte Ausdehnunghatten. Nur die höchsten Gipfel ragten aus diesem „Eismeer“ als isolierte Spitzen (nunatak) hervor. Die Gletscher dergroßenDolomitengruppen verbanden sichzu einemweitverzweigten Netz, das sich von einem Tal zum anderen erstreckte. Einige Gletscher flossen über die heutigen Dolomitenpässe hinweg, die damals als natürliche Übergänge dienten. Die besondere Vielfalt und Verteilung der Gesteine in den Dolomiten hat esermöglicht, die Bewegungsrichtung der Gletschergenauerzubestimmen.DurchgeführtwurdenspezielleAnalysen, die nicht nur die Geländemorphologie berücksichtigen, sondern auch die Verteilung von mitgeführten Gesteinsablagerungen, sowohl innerhalb der TäleralsauchüberderenGrenzenhinweg.SokonnteneinigeTransfluenzen identifiziertwerden,etwavomEtsch-indasPiave-BeckenüberdasGrödner JochunddenSan-Pellegrino-Pass.
DiedeutlichstenSpurenderglazialenMorphogenese,diebisheutesichtbar sind,stammenvorallemausdenspäterenPhasendesGletscherrückzugs undzeitweiseauchauserneutenVorstößenderEismassen.DieseProzesse verliefen über Jahrtausende hinweg schubweise und nicht kontinuierlich während derSpäteiszeit (late glacial), die vorrund 17.000 Jahren begann. Typisch für den allmählichen Rückzug der Gletscherzungen in den Dolomiten sind Moränenwälle, Geländestufen, Trogtäler, Hängetäler, Rundhöcker,scharfkantigeFelsgrateundGletscherkessel.Letzterekommen besonders häufig in den oberen Talbereichen von acht der neun Dolomitenteilgebiete vor, die heute zum Welterbe gehören. Genau dort

haben sich die meisten der heute noch existierenden kleinen Gletscher zurückgezogen–dieletztenÜberrestejenesgewaltigen„Eismeers“,dasvor 20.000JahrendiemarkantenFormenderBleichenBergeuntersichbegrub.
Eine AusnahmebildetdaskleineTeilgebietBletterbach(Teilgebiet8),eine tief eingeschnittene Schlucht, die ins Etschtal mündet. Aufgrund seiner Entstehung und Höhenlage fehlen hier sichtbare Spuren der glazialen Morphogenese.VondenübrigenachtTeilgebietensindesvorallemPelmo – Croda da Lago (Teilgebiet 1), Marmolada (Teilgebiet 2), Pale di San Martino – San Lucano – Dolomiti Bellunesi – Vette Feltrine (Teilgebiet 3), Nördliche Dolomiten (Teilgebiet 5) und Dolomitidi Brenta (Teilgebiet 9),in denenheutenochGletscheroderGlacieretzufindensind.
Es lohnt sich, die Worte des renommierten Dolomitenforschers Bruno Castiglioni in Erinnerung zu rufen, der vor genau hundert Jahren in einer seiner bedeutendsten wissenschaftlichen Arbeiten über die Gletscher der Dolomiten schrieb (Castiglioni, 1925): „Le Dolomiti sono conosciute per le proprietàdiforma,distruttura,dicolorechepresentanoleroccecalcaree e dolomitiche, … chi cerca il fascino delle bianche distese nevose, la bellezza dei ghiacciai che danno vita all’ambiente montano, cercherà altrove, nei maggiori aggruppamenti alpini ….. Tuttavia,è ben noto, anche leDolomitisonoingemmate dicandidilembidineve;anchefradiessesi contano, in numero relativamente notevole, i ghiacciai. Questi però sono spessorifugiatineisenipiùriposti,edhannoancheperquestomotivouna limitata importanza nel paesaggio; unica eccezione la Marmolada. Essi hanno in generale anche piccole dimensioni, ma non dimeno offrono notevole interesse scientifico, com’è attestato dagli studi che su di essi vennerogiàcompiuti“ 1
DieErforschungderDolomitengletscher
Die Gletscher der Dolomiten standen lange am Rand der wissenschaftlichenForschung,dennaufgrundihrergeringenGrößeprägen siedieGebirgslandschaftnichtsostarkwieinanderenTeilenderAlpen.Ihre begrenzte Ausdehnung hängt damit zusammen, dass die durchschnittlicheHöhenlagederAlpenvon WestennachOstenabnimmt. Dadurch gibt es immer weniger Flächen, die hoch genug liegen, um die
1 DieDolomitensindbekannt fürdie markanten Formen,dieStruktur unddie FarbenspieleihrerKalk-und Dolomitfelsen,…werjedochdenReizendloserSchneelandschaftenunddiemajestätischeSchönheitgroßer Gletscher sucht, die die Bergwelt prägen, wird anderswo fündig – in den mächtigeren Gebirgszügen der Alpen. … Dennochsindauch dieDolomiten mit leuchtendweißen Schneefeldern geschmückt, undes gibt hiererstaunlichvieleGletscher.AllerdingsversteckensiesichoftinentlegenenWinkelnundtretendeshalb kauminErscheinung–miteinerAusnahme:dieMarmolada.DieGletschermögenzwarkleinsein,dochihr wissenschaftlicherWertistunbestritten,wiezahlreicheStudienbereitsbelegthaben.

EntstehungunddenErhaltvonGletschernzubegünstigen.Zudemwirktsich dasausgeprägteReliefderDolomitentrotzGipfelnüber3000mnachteilig aufdieGletscherbildungaus.DiesteilenFelswändelassennurwenigPlatz für Hangflächen in den Höhenlagen, die für die Ansammlung von Schnee und den Erhalt von Gletschern dienen könnten. Trotzdem sind die vorhandenenwissenschaftlichenArbeiten,besondersdiehistorischen,von großem Interesse. Auch wenn sie nicht lückenlos sind, ermöglichen sie einengutenEinblickindieEntwicklungderVergletscherungderDolomiten seit dem späten 19. Jahrhundert. Eine der ersten Erwähnungen der DolomitengletscherfindetsichineinerStudievon1888.Verfasstwurdesie vonRichter,einemProfessorderUniversitätGraz,derzugleichVorsitzender des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins sowie Präsident der Internationalen Gletscherkommission war. In seiner Arbeit (Richter, 1888) beschreibt er, dass bereits damals die Brenta-Gruppe (Teilgebiet 9), das amstärkstenvergletscherteGebietderDolomitenwar.Dortgabes12Ferner sowie vier Glacieret mit einer Gesamtfläche von 464 Hektar. Diese Fläche war größer als die der Gletscher in der Gruppe Pale di San Martino (Teilgebiet3),dieauf351Hektargeschätztwurde,undlagnurknappunter derjenigenderMarmolada-Gruppe(Teilgebiet2)mit526Hektar.

DieGletscherrundumdieCimaTosainderBrenta-Gruppe(Teilgebiet9),dargestelltineiner Zeichnungvon1888vonEduardRichter(vonCartonA.,MartinS.,MasèV.PatuzziL.,StucchiM., TomasoniR.,ViganòA.,VisintainerM.,ZambottoM.(2021)-DolomitesWorldHeritageGeotrailI - Giudicarie – Valle di Non (Trentino) Un trekking alla scoperta dell'arcipelago fossile del PatrimonioMondiale.144pp.

Nach der Arbeit von Richter folgten gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf Initiative italienischer Autoren eine Reihe geografisch-physikalischer Studien, die mit topografischen Vermessungen und quantitativen Informationen zu den Gletschern ergänzt wurden. Es wurden erste glaziologische Überlegungen angestellt und erste Markierungen gesetzt, um die Veränderungen der Gletscherfronten zu messen. Dank der Arbeit vonMarinelli(1910)undseinenMitarbeiternFeruglioundToniolowurdenim Zeitraumvon1894bis1910präziseBeschreibungenangefertigt,Fotografien gemacht und Fixpunkte gesetzt, die später als Ausgangs- oder Fortsetzungspunkte fürweitere glaziologische Untersuchungendienten.Es wurden 39 Gletscher sorgfältig untersucht, von denen viele zuvor unbekanntwaren.SokonnteeinersterÜberblicküberdieVergletscherung der Dolomiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewonnen werden. Diese Beobachtungen betrafen jedoch hauptsächlich den östlichen Teil der Dolomiten, während der westliche Teil noch wenig erforscht war und1925 vonBrunoCastiglionidetaillierterbehandeltwurde.
Castiglioni schloss in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre die Forschungslücke,die seit Marinellis letzter Arbeit von 1910 noch bestanden hatte. Er veröffentlichte einige Studien über den Zustand zahlreicher Gletscher der Dolomiten, sowohl der östlichen (Castiglioni 1930) als auch derwestlichen(Castiglioni1925).SpätereArbeitenkonzentriertensichmeist aufeinzelneGletscher(Nangeroni,1938;DelLongoetal.,2001;Cibienetal., 2007). Einen umfassenderen Überblick über alle Gletscher des Dolomiten UNESCO Welterbes bieten die glaziologischen Kataster: Dokumente, in denen die Gletscher eingetragen sind. Der Vergleich der Daten, die Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre gesammelt wurden (CGI-CNR, 1962), mit denen der jüngsten Bestandaufnahmen (Smiraglia et alli, 2015) ermöglicht einen Überblick über ihre Entwicklung – von Flächenrückgang und Fragmentierung bis hin zum vollständigen Verschwinden von Gletschern.
Der Überblick zu den Studien über die Dolomitengletscher ist damit noch nicht erschöpft. Zu erwähnen sind die jüngsten Arbeiten, die mit den modernstenMesstechnikendurchgeführtwurdenundpräzisequantitative Daten zu Flächen, Mächtigkeiten, Volumen und Massenverlusten liefern (Crepazetalii,2013;Santinetalii,2019;Bondesanetalii,2023;Securoetalii, 2024a; 2024b). Einige Parameter dieser kleinen Gletscher können fernvermessen und somit aus der Distanz erfasst werden. Dadurch ist es möglich, Gletscher in schwer zugänglichen Gebieten zu überwachen, sofernihreGrößenmitderräumlichenAuflösungderSatellitenkompatibel sind,unddasMonitoringhäufigerzuwiederholen.

Ebenso interessant ist es, die Entwicklung der Vergletscherung der Dolomiten mit Hilfe der Kartografie nachzuvollziehen. Im Laufe der Zeit wurdenzahlreichetopografischeKartenerstellt,diedasjeweiligeGebietmit zunehmender Präzision und Genauigkeit abbilden – abhängig von den verfügbaren Erfassungsmethoden und -instrumenten. Für die glaziologischeForschungsinddiebloßeNennungeinesGletschersoderein Symbol auf einer alten Karte nur bedingt aussagekräftig, da es oft an objektiven Bezugspunkten für spätere Vergleiche fehlt. Dennoch belegen sie die Existenz des Gletschers. Ein Beispiel hierfür ist die erste Darstellung desMarmoladagletschers(MarmolataVedretta)imAtlasTyrolensis(Anich, Hueber,1775).

Darstellung(gepunkteteZone)desMarmoladagletschers(Teilgebiet2)imAtlasTyrolensisvon 1774.DerGletscherwirdinderDarstellungalszusammenhängendmitderVedrettadelVernale gezeigt, verbunden durch eine vergletscherte Zone, die sich über den gesamten oberen Abschnitt des Val Contrin bis zum Passo Ombretta erstreckt. Aufgrund der besondere Orographie ist eine solche Verbindung jedoch äußerst unwahrscheinlich. Zudem ist in derselbenDarstellungdesSassodelleUndici,einerderbeidenmarkantenFelsrücken,dieals wichtige Referenzpunkte zur Überwachung der Gletscherfront dienen, nicht genau wiedergegeben (von Anich P., Hueber B., 1774 – Atlas Tyrolensis. Tyrolia-Verlag, Innsbruck –Wien).

FürglaziologischeZweckeweitauswertvollersindtopografischeKartenmit Höhenlinien und Höhepunkten, wie sie beispielsweise vom Istituto GeograficoMilitare(IGM-KartenimMaßstab1:25.000)erstelltwurdenoder regionale/provinziale technische Karten (CTR-CTP). Besonders hervorzuhebenistindiesemZusammenhangeineReihevonKarten,diedie zentral-östlichen Alpen betreffen und im Maßstab 1:50.000 und 1:25.000 zwischen 1898 und 1931 vom Deutschen undÖsterreichischen Alpenverein erstelltwurden.DieseKartendokumentiertendenZustandderGletschervor etwa einem Jahrhundert. Fünf dieser Karten betreffen Dolomitengruppen desWelterbesundsindauchheutenochunübertroffeneMeisterwerkeder Präzision, sowohl in der Darstellung der Höhenmeter als auch in ihrer grafischen Gestaltung und Farbgebung. Aus glaziologischer Sicht sind sie eine unschätzbare Informationsquelle, da das Gelände mit der Neugier eines Alpinisten sowie der Leidenschaft und Kompetenz eines Naturforschersgezeichnetwurde.

Ausschnitt aus der Karte im Maßstab 1:25.000, erstellt 1931 vom Deutschen und ÖsterreichischenAlpenverein,dereinigeGletscherderPalediSanMartinovorfast100Jahren zeigt. Einige Gletscher sind heute verschwunden, andere haben sich stark verkleinert. Diese Karten zeichnen sich durch ihre außerordentliche Präzision bei der Höhenangabe auf den Gletschern (blaue Höhenlinien) aus, auch wenn sie teilweise von supraglazialem Material bedecktsind(ausDeutschenundÖsterreichischenAlpenVerein,1931-KartederPalagruppe. Scala1:25.000).
Der Reiz und die Bekanntheit der Dolomiten zogen bereits Ende des 19. Jahrhunderts auch prominente und weltoffene Persönlichkeiten an. Viele

vonihnenhinterließenReiseberichte,dienichtnurpräziseBeschreibungen ihrer Erlebnisse enthielten, sondern auch durch detaillierte Darstellungen, Zeichnungen und Malereien ergänzt wurden, die häufig eindrucksvolle Darstellungen hochalpiner Landschaften zeigen. Eine umfassende Aufzählung dieser Werke würde den Rahmen sprengen, doch stellvertretendseiendieAquarelleundZeichnungenvonEdwardTheodore Comptongenannt.ComptonwareinAlpinist,MalerundKünstlerdeutscher Herkunft, der in Großbritannien geboren wurde und bekannt für seine GemäldeundDarstellungenalpinerLandschaftenist.

Die schneebedeckte Cima Tosa und der Crozzon di Brenta, damals als Castello di Brenta bezeichnet, in der Brenta-Gruppe (Teilgebiet 9), von einer Zeichnung von Edward Theodore ComptonausdemJahr1883(vonCartonA.,MartinS.,MasèV.PatuzziL.,StucchiM.,Tomasoni R., Viganò A., Visintainer M., Zambotto M. (2021) - Dolomites World Heritage Geotrail I –Giudicarie – Valle di Non (Trentino) Un trekking alla scoperta dell'arcipelago fossile del PatrimonioMondiale.144pp.
EigenschaftenderDolomitengletscher
Die Gletscher des Dolomiten UNESCO Welterbes mögen heute zwar nur nocheineäußerstbegrenzteFlächeeinnehmen,dochsiesindweiterhinein besonderes Merkmal dieser Gebirgsgruppen. Sie befinden sich in kleinen Geländenischen und scheinen sich beinahe verstecken zu wollen. Doch schonbaldwirddasWelterbenichtmehrmitihrerPräsenzprahlenkönnen.

DiesekleinenGletschersindÜberrestedesgroßenEismeeres,dasvoretwa 15.000bis20.000Jahren alleachtTeilgebietebedeckte.Nochvorwenigen Jahrzehnten waren zahlreiche Gletscher im Dolomitengebiet vorhanden (CGI-CNR,1962),dochindenletztenJahrensindsiedrastischgeschrumpft, sowohlinihrerAusdehnungalsauchinihremVolumen.Erhaltengeblieben sindnurdieGletscher,dieindenhöchstenLagenliegen,nachNordenoder Westenausgerichtetsind,vondenhöchstenGipfelgeschütztwerdenund nichtnurdurchSchneefall,sondernauchdurchLawinengespeistwerden. Diese Faktoren haben ihre Erhaltung ermöglicht, selbst wenn die entsprechenden Akkumulationsgebiete unterhalb der Schneegrenze, die normalerweisedasÜberlebeneinesGletschersbestimmt,lagenbzw.noch immer liegen. Nur die beiden größten Gletscher der Dolomiten, die MarmoladaundderFradusta-Gletscher,habenihreAkkumulationsgebiete oberhalb dieser Grenze. Da sie ausschließlich durch Schneefall und nicht durch Lawinen gespeist werden, markieren sie präzise die klimatische Schneegrenzeundnichtdieorographische.DiekleinenDolomitengletscher reagieren aufgrund ihrer Größe schnell auf Klimaveränderungen – selbst Veränderungen von kurzer Dauer spiegeln sich schnell in ihrer Form und Größe wider, auch infolge vorübergehender Umweltveränderungen wie besonders schneereichen Wintern oder sehr heißen Sommern. In den letztenJahrenisteszunehmendschwierigergeworden,ihreGrenzenoder Gletscherfronten zu bestimmen, da sie oft von reichlich Geröll verdeckt werden,derineinigenFällendenGletschersogarvollständigbedecktund ihnvoneinem„glacier“zueinem„debriscoveredglacier“verwandelt(Seppi etalii,2015).DieGeröllbedeckung,diedieEismasseverstecktunddamitein einzigartiges landschaftliches Element der Dolomiten verbirgt, schützt jedochdasEis,indemsiedasSchmelzenverlangsamt.Anderswoführtdie fortschreitende Abnahme der Mächtigkeit der inzwischen „dünnen“ Gletscher dazu, dass felsige Spitzen auftauchen. Diese geben Wärme ab, beschleunigen dadurch das Abschmelzen oder verursachen die FragmentierunginkleinereGletscher.
Zusammenfassende Studien, die alle Gletscher des Dolomiten UNESCO Welterbes berücksichtigen, fehlen bislang, da die Brenta-Gruppe in der orographischen Definition der „Dolomiten“ weder in der traditionellen EinteilungderAlpenvon1926(Bertoglioetalii,1979)alsauchinderneueren SOIUSASuddivisioneOrograficaInternazionaleUnificatadelSistemaAlpino (Marazzi, 2005) enthalten ist. Einen allgemeinen Überblick über ihre Entwicklung,wennauchnichtaufdieletztenJahreaktualisiert,erhältman durch den Vergleich der Daten aus zwei glaziologischen Katastern (CGICNR, 1962; Smiraglia et al., 2015), die einen Zeitraum von rund 50 Jahren abdecken. Ende der 1950er Jahre beherbergte das Dolomiten UNESCO Welterbe 40 Gletscher mit einer Gesamtfläche von 10,6 km²,während laut

demneuestenInventarnun71GletscherundGlacieretvorhandensind,mit einer Fläche von 5,92 km² (ein Rückgang von 56 %). Es ist überraschend, dassdieAnzahlderGletschertrotzintensivemAbschmelzenzugenommen hat. Dieser scheinbare Anstieg lässt sich jedoch auf die Fragmentierung zahlreicher Gletscher in kleinere Einheiten zurückführen. Von den 71 Gletschern gelten 23 als Gebirgsgletscher2, während die übrigen 48 als Glacieret3 eingestuft werden. 83 % davon befinden sich in den nördlichen Himmelsrichtungen(N,NO,NW).
NachdemjüngstenInventar(2009-2011)sinddieGletscherwiefolgtverteilt: Teilgebiet
3 PalediSanMartino, SanLucano,Dolomiti Bellunesi,VetteFeltrine
JüngsteStudien,dienichtalleGletscherdesDolomitenUNESCOWelterbes einbeziehen, haben die Entwicklung der Gletscher in den Dolomiten über längere Zeiträume hinweg rückverfolgt. Die Agenzia Regionale per la Protezione Ambientale del Veneto (ARPAV) hat beispielsweise die OberflächenveränderungeneinigerGletscherderDolomiten(Crepazetal., 2013)indenletzten100Jahrenanalysiert,wobeinur27derrund70Gletscher untersucht wurden. Die Wahl eines so begrenzten Probenumfangs wurde getroffen,danurfürdieseGletscherInformationenzuihrerOberflächevon 1888bis2009vorlagen.AusderStudiegehthervor,dassihreGesamtfläche von9,1km²imJahr1910auf4,7km²imJahr2009zurückgegangenist(-4,48 km²,waseinemRückgangvon49 %in 100 Jahrenentspricht).Von 1910 bis 1982gabeseinenRückgangvon2,46km²(-28,6%),währendindenletzten 30 Jahren die Fläche um 2,02 km² (-30 %) geschrumpft ist. Auch die
2 Gletscher, teils von beachtlicher Größe, die keine talwärts gerichtete Zunge ausbilden und sich an Berghängenerstrecken.IhreFormundEntwicklungwerdenvondenmorphologischenMerkmalendes umgebendenGeländesbeeinflusst(Smiragliaetal.,2015).
3 InderinternationalenLiteraturalsglacieretbezeichnet.EshandeltsichumeineEismassemitundefinierter Form und begrenzter Ausdehnung, die sich in einer bergseitigen Vertiefung, häufig in einem vorhandenen Kar, befindet und durch sehr langsamen oder fehlenden Fluss charakterisiert ist. Die EismassemussübermindestenszweiJahrehinwegbeobachtetwerden(Smiragliaetal.,2015).

Untersuchung einzelnerGletscher zeigt alarmierende Flächenverluste: Der Fradusta-GletscherimTeilgebiet3(PalediS.Martino)schrumpftevon1,07 km²imJahr1910auf0,11km²,waseinemRückgangvon89%entspricht(ca. 73%indenletztendreißigJahren).DerMarmoladagletscher(Teilgebiet2) schrumpfte von 3,35 km² auf 1,60 km² (-52 %). Der Antelao Superiore im Teilgebiet 5 (Nördliche Dolomiten) verlor 0,185 km² (-41,05 %) mit einer plötzlichen Beschleunigung in den letzten 30 Jahren. Unter den 27 untersuchtenGletschernwiesennurdreieinenVerlustvonwenigerals20% imletztenJahrhundertauf(Crepazetalii,2013).

Antelao-Superiore-Gletscher im Jahr 2007 (Courtesy of: Agency for Environmental Prevention and ProtectionoftheVenetoRegion).
Mithilfe modernster Technologien, die Fernerkundungsmessungen zur VeränderungderGletschermassenmitderMethodeStructurefrommotion (SfM) 4 kombinieren,lassensichMassenänderungenhistorischerGletscher rekonstruieren. Diese Methode wird unter anderem auf historische terrestrischeFotosundLuftaufnahmen,dieausverschiedenenBlickwinkeln aufgenommenwurden,angewendet.IneinersehraktuellenStudie(Securo et alii, 2024b) wurden mit diesen Instrumenten die
4 „Structure from motion“ bezeichnet eine Methode zur Rekonstruktion der Form von Objekten durch die automatischeKollimationvonPunktenauseinerReihevonFotos.

Oberflächenveränderungen und die Massenbilanz5 von 9 derzeit bestehenden Gletschern der Dolomiten von den 1980er Jahren bis 2023 berechnet. Dabei wurde eine quantitative Bestandsaufnahme des aktuellen Zustands der folgenden Gletscher durchgeführt: Marmolada (Teilgebiet 2), Fradusta und Travignolo (Teilgebiet 3), Popera Alto, Popera Pensile,Cristallo,SorapissOccidentaleundAntelaoSuperiore(Teilgebiet5). Die neun untersuchten Gletscher haben 56 % ihrer Fläche und 0,64 ± 0,05 mw.e. 6 proJahr-1 vonden 1980erJahren bis2023verloren.Dergesamte Volumenverlust betrug 0,105 Gt, davon 0,022 Gt in den letzten 13 Jahren, zwischen 2010 und 2023 (Securo et alii, 2024b). Aus der Studie geht auch hervor, dass die Akkumulationsgebiete dieser Gletscher heute unterhalb derSchneegrenzeliegenunddieFlächenverlustenichtbeiallenGletschern gleich sind. Wo es eine ausgedehnte Geröllbedeckung gibt, wie bei den Gletschern von Popera Alto, Travignolo und Sorapiss, sind die Flächenverluste gering, insbesondere im letzten Jahrzehnt. Im Gegensatz dazusindGletscherwieFradustaundMarmolada,dieabden1980erJahren wenig Schutz durch das Relief erfahren haben, am stärksten vom Oberflächenverlustbetroffen:-89%und-60%.Eswirdauchbestätigt,dass die scheinbare Widerstandsfähigkeit der Dolomitengletscher gegenüber dem Klimawandel auf den Schutz durch die Morphologie der Dolomiten und die Rolle von Lawinen, die die Gletscher speisen, zurückzuführen ist (Securo et alii, 2024b). Der Marmoladagletscher bleibt nach wie vor der größte Gletscher der Dolomiten und sein Rückgang trägt zu 66 % des gesamten Flächenverlustsseitden1980erJahrenbei.Derzeitmachter55 %dergesamtenGletscherflächederDolomitenaus.
5 Massenbilanz:DiejährlicheBewertungvonGewinn(Akkumulation)undVerlust(Ablation)anMasse,Eisund Schnee,die auf einem Gletscherauftreten. DieBilanz kann positiv (derGletscherwächst undbewegt sich vorwärts), negativ (der Gletscher schrumpft und zieht sich zurück) oder im Gleichgewicht (der Gletscherbleibtstabil)sein.DieBilanzwirdinWasseräquivalentangegeben,wobeidiedurchschnittliche DichtevonEismit0,91g/cm³berücksichtigtwird(Glossar–ServizioGlaciologicoLombardo).
6 W.E.=waterequivalent;eineMaßeinheit,dieverwendetwird,umdenVolumenverlusteinesGletscherszu messen. Dabei wird die Höhenänderung der Gletscheroberfläche in Wasseräquivalent umgerechnet, unterBerücksichtigungderDichtedesbetroffenenMaterials(Schnee,EisoderFirn).


DerMarmoladagletscher
Fradusta-Gletscher im Jahr 2007 (Courtesy of: Agency for Environmental PreventionandProtectionoftheVeneto Region).
Der Marmoladagletscher, heute in mehrere Teile unterteilt (Marmolada Principale,MarmoladaCentrale,PuntaPenia,MarmoladaOvest),warstets dergrößteGletscherderDolomitenundistzweifellosauchderammeisten erforschte. Das liegt nicht nur an seiner Größe, sondern auch an seiner guten Erreichbarkeit und der Möglichkeit, ihn von verschiedenen Aussichtspunkten vollständig zu betrachten. Zahlreiche Zeichnungen, Gemälde, Fotos und Vermessungen, die im Laufe der Zeit angefertigt wurden,dokumentierenden Gletscherundliefern eineVielzahlvonDaten. Diese haben es ermöglicht, die Veränderungen der Gletscherfläche seit demEndedes19.Jahrhundertsnachzuvollziehen(Carton,2017).


Eine Zeichnung der Marmolada und ihres Gletschers, derenAusmaße sich deutlich von den heutigen unterscheiden, angefertigt von Richter und veröffentlich in seinem Werk von 1888 (von Richter E. (1888) - Die Gletscher der Ostalpen, Handbücher zur Deutscher Landes und Volkskunde).
1888erstrecktesichderGletscherübereineFlächevon4,28km².Seitdem EndederKleinenEiszeit(etwa1860)verzeichnetederGletschereinenrelativ konstanten Rückgang, wobei er im letzten Jahrhundert nur in zwei kurzen Phasen zulegte (1910-1920 und 1970-1980). 2015 bedeckte der Marmoladagletscher nur noch 1,48 km² (Carton et alii, 2017), was einen Rückgang von etwa 66 % im Vergleich zu den ersten dokumentierten Beobachtungenvon1888bedeutet.DieneuestenBeobachtungenvon2021 (Bondesan et alii, 2023) zeigen einen Rückgang der eisbedeckten Fläche um72%in116JahrenundeinenVolumenverlustvon89%(von181Mm3auf 19 Mm3). Von 1971 bis 2015 sind die Gletscherfronten um mehrere hundert Meterzurückgewichen,wobeidieFrontimzentralenBereichsogarum650 m zurückging. Ab den 2000er Jahren hat sich die durchschnittliche Rückzugsratedeutlicherhöht:Siestiegvon3,94m/JahrimZeitraum18802000auf31,95m/JahrimZeitraum2001-2021(Bondesanetalii,2023).


Darstellung der Gletscherflächen in den Jahren 1888 (schwarz), 1905 (violett), 1954 (dunkelgrün),1982(hellgrün),2000(blau)und2015(rot),basierendaufeinerGIS-Auswertung historischer Kartendaten. Der Flächenverlust zwischen der Ausdehnung von 1888 und 2015 beträgt etwa 70 % (von Benetton S. – 2015-2016, il ritiro del ghiacciaio della Marmolada: l’evoluzione dellafronte dopolaPiccolaEtà Glaciale.Tesidilaureamagistrale inGeologiae GeologiaTecnica.Relatore:Prof.A.Bondesan).
Im Inventar von 1962 (CGI, 1962) waren noch acht Gletscher in der gesamtenGebirgsgruppeverzeichnet.Seitdemsindeinigeverschwunden, währendsichanderefragmentierthaben.DasjüngsteInventar(Smiraglia etalii,2015)verzeichnetenurnochsiebenGletscherundzeigteineweitere Veränderung ihrer Grenzen. Während des deutlichen Rückzugs im letzten JahrhunderthatdieGletscherfrontzudemerheblichanDickeverloren.Man musssichnurvorstellen,dassderGletscherwährenddesErstenWeltkriegs somächtigwar,dasssichunterirdischeTunnelundVerteidigungsanlagen darunterbefanden,dieindasEisgegrabenwurden.Indiesersogenannten „Eisstadt“fandenetwa300Soldatenderösterreichisch-ungarischenArmee Schutz(Bondesanetal.,2015).
Untersuchungen mit Georadar7, die 2004 am Boden und später 2015 aus demHubschrauberdurchgeführtwurden(Santinetalii,2019),ermöglichten eine Schätzung der durchschnittlichen Eismächtigkeit des Gletschers im Jahr2004von18,0m,miteinemMaximumvonetwa50m.2014hattesich die durchschnittliche Mächtigkeit auf 12,9 m verringert und die maximale Mächtigkeit lag bei etwa40 m. Der Vergleich der beiden Datensätze zeigt eine Volumenreduktion von 30 %, während die vom Gletscher bedeckte
7 Georadar, auch bekannt als GPR (ground penetrating radar), ist eine nicht-invasive Methode, die in der GeophysikzurUntersuchungderoberenSchichtenderErdkrusteeingesetztwird.SiebasiertaufderAnalyse vonReflexionenelektromagnetischerWellen,dieindenBodengesendetwerden.

Fläche um 22 % zurückging und neue eisfreie Gebiete entstanden. Die Autoren der Studie schätzen, dass der Marmoladagletscher, wenn er das gleiche Tempo der Volumenverringerung wie in den 10 Jahren zwischen 2004und2014beibehält,bis2050verschwundenseinkönnte.
Im Juli 2022 geriet der Marmoladagletscher leider in die Schlagzeilen, jedoch nicht aus wissenschaftlichen Gründen, sondern aufgrund des Abbruchs eines Gletscherteils, der eine Lawine aus Wasser, Eis und Geröll auslöste.

Marmoladagletscher. Die durch den Abbruch eines Teils der Gletscherfront entstandene BruchstellehatdieFormeinesRechtecksvonetwa65-70m(Ost-West)und85-90m(NordSüd) mit einem geschätzten Gesamtvolumen von rund 70.400 m3. Ph. Riccardo Masut | ArchivioFondazioneDolomitiUNESCO.
Der Abbruch betraf einen kleinen, isolierten Gletscher, der sich in einem flachen Kar etwa 600 m westlich des Punta Penia (3343 m) befand. Der betroffeneGletscherwarbis2006nochmitderGletscherfrontverbunden, hatte sich jedoch 2012 abgetrennt. Das Volumen des abgebrochenen Gletschers wurde auf etwa 70.400 m³ geschätzt und durch den Abbruch entstand eine bis zu 23 m hohe Eiswand. Die abgebrochene Eismasse rutschte 2,3 km den Nordhang hinunter und hinterließ eine Mischung aus Gletscherablagerungen und großen Eisblöcken, besonders in den flacheren Bereichen. Sie erreichte dann den Normalweg zum Gipfel, riss mehrere Bergsteiger mit sich und forderte elf Todesopfer und sieben Verletzte. Um eine Wiederholung des Ereignisses zu verhindern, wurde die AbbruchzonesofortmiteinemautomatisiertenSystemüberwacht,dasam Fuß des Hangs angebracht wurde. Das System verwendete ein DopplerRadar und zwei verschiedene Radar-Interferometer, um Bewegungen zu

registrieren. Während des restlichen Sommers wurden keine nennenswertenBewegungenbeobachtet(Bondesanetalii,2023).
NachdiesemUnglückwurden zahlreiche Untersuchungenvorgenommen, um den Hergang des Ereignisses zu verstehen und festzustellen, ob es mögliche Vorzeichen gegeben hatte. Die Staatsanwaltschaft Trient leitete zunächsteinVerfahrenwegenfahrlässigemUnglückgegenUnbekanntein. Im Gutachten heißt es jedoch: „sulla base delle conoscenze disponibili l'evento non era prevedibile“… und… „non è stato possibile identificare elementichepotessero, qualoraosservatineigiorniprecedenti,suggerire unaltorischiodicrolloimminente“ 8.AufgrunddesGutachtenskündigtedie StaatsanwaltschaftTrientan,dasVerfahreneinzustellen.
IndenDolomitensorgtenichtnurdieMarmoladafürBesorgnishinsichtlich derpotenziellenGefährdungdurchEis.InderRegeltrittdiesesProblembei großen Gletschern auf, wie sie in den westlichen und teilweise zentralen Alpenzufindensind(Mortaraetalii,GAPHAZ,2017).Derfastverschwundene Gletscher im Val d'Arcia (Pelmo, Teilgebiet 1), der vollständig von Geröll bedeckt war,sorgte im September 1994 für Aufsehen: Nach einem kurzen, aber intensiven Gewitter löste sich ein debris flow von einer Geröllbedeckung, die einen Teil des Gletschers von Val d'Arcia auf der Nordseite des Monte Pelmo bedeckte. Ein Volumen von etwa 200.000 m³ MaterialstürztetalwärtsundblockiertedieStradaNazionale251(DelLongo etalii,2001;Chiarleetalii,2007).
Wiemandie
Dolomitengletscher
kennenlernenkann
Eine der besten Möglichkeiten, die Dolomitengletscher kennenzulernen, ist ein Besuch vorOrt in Begleitung eines Experten.Dieser kann nicht nur ihre Geschichteerläutern,sondernauchdiecharakteristischenGeländeformen erklären,diemitihrerEntwicklungzusammenhängen.Zusätzlichwurdenfür die Dolomitengletscher, wie auch für andere Gletscher in den Alpen, sogenannte „glaziologische Routen“ eingerichtet. Diese einfach zugänglichen Wanderwege führen zu Stellen, an denen man die verschiedenen durch die Gletscher geformten Landschaftsmerkmale sehen und die Punkte, die Gletscherzungen in verschiedenen Phasen erreicht haben, betrachten kann. Diese Wanderwege sind darauf ausgelegt, Interesse zu wecken und Antworten zu liefern. Drei solcher glaziologischen Routen wurden im Dolomiten UNESCO Welterbe
8 „Aufgrund des verfügbaren Wissens war das Ereignis nicht vorhersehbar“ ... und ... „Es war nicht möglich, Elementezuidentifizieren,die, wennsiein denvorhergehendenTagenbeobachtetworden wären,auf ein hohesRisikoeinesbevorstehendenAbbruchshingewiesenhätte“

eingerichtet: auf der Marmolada, in den Pale di San Martino (FradustaGlescher)undaufdemAntelao.
Marmolada: Zwei Routen sind im Band 3 der „Itinerari glaciologici sulle montagneitaliane“beschrieben,dervomComitatoGlaciologicoItalianoin Zusammenarbeit mit der Società Geologica Italiana herausgegeben wurden (Route 19 und 19b – Comitato Glaciologico Italiano, Società Geologica Italiana, 2017). Die erste Route führt zu einem Aussichtspunkt entlangdesWegesSAT601(VieldelPan),vondemausmandengesamten Gletscherüberblickenkann.MitHilfevonKartenundBildmaterialkannman hier den markanten Rückzug des Gletschers nachvollziehen. Die zweite Route besteht aus zwei Haltepunkten: einer nahe des Capanna al Ghiacciaio und einer nahe der zentralen Gletscherfront. Vom Pian dei Fiacconi aus kann man eine Reihe von Spuren des Gletscherrands erkennen. Leider ist der Pian dei Fiacconi heute nicht mehr so leicht zugänglich wie zum Zeitpunkt der Erstellung des Führers,da im Dezember 2020 eine Lawine das gleichnamige Schutzhaus und die Bergstation des KorbliftsdesFedaiazerstörte.
Pale di San Martino: Der glaziologische Wanderweg wurde von der Commissione Glaciologica della Società Alpinisti Tridentini (SAT) in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Paneveggio-Pale di San Martino erstellt. Sein Ziel ist es, die Geschichte des Fradusta-Gletschers zu vermitteln. Der Wanderweg beginnt bei der Schutzhütte Rosetta (G. Pedrotti) und führt bis in die Nähe des nordwestlichen Gipfels der Cima Fradusta, wo noch heute der letzte obere Abschnitt des gleichnamigen Gletschers sichtbar ist. Entlang des Weges lassen sich die Spuren der Moränenerkennen,diederGletscherhinterlassenhat,sowieabgerundeten Felsen, markante Punkte und Fotostationen, die teilweise schon seit den frühen1900erJahrengenutztwerden.BesonderseindrucksvollistdieStelle, andermandieÜberresteeinesSeesbetrachtenkann,der1994eineFläche von23.500m²miteinerTiefevonetwa11Meternbedeckteundderplötzlich zwischen Ende August und Anfang September desselben Jahres verschwand.
Im oberen Val Venegia, in der Nähe der Baita Segantini, wurde ein Beobachtungspunkt mit einer Informationstafel zum Travignolo-Gletscher eingerichtet. Dieser Gletscher, der sich im Schatten des Cimon della Pala liegt, schrumpft langsamer als der Fradusta-Gletscher, da er auch von LawinengespeistwirdundteilweisevorSonneneinstrahlunggeschütztist.
Antelao: Der geologisch-naturkundliche Wanderweg (Scortegagna, 2001) untersucht aus glaziologischer Sicht vor allem die Gebiete, in denen sich früherderuntereoderwestlicheundderobereoderöstlicheGletscherdes Antelao befanden. Das dazugehörige Handbuch bietet eine umfassende

SichtaufdasAntelao-MassivmitbesonderemFokusaufdenZustandund die Entwicklung der verbliebenen Gletscher. Neben der Beschreibung des Weges und seiner naturkundlichen Besonderheiten werden auch geografische, geomorphologische, hydrographische, botanische, faunistischenundanthropologischeMerkmaleerläutert.
FüreinevisuelleZeitreisedurchdieGletscherderDolomitenempfiehltsich einBlickindieWerkevonZanon(1990),Secchieri(2004,2012),Cartonetalii (2011)undDeBattagliaetalii(2013),dieHundertevonFotografienenthalten.
DieGletscherderPalediSanMartinowurdenimBandvonBaccolo(2020) detailliert beschrieben und analysiert, indem aktuelle Aufnahmen mit ArchivbildernausderSammlungderFamilieCastiglioniverglichenwurden.
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