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Gelungener Einstieg in die Cannabisbranche

Dinge, die man wissen sollte

Die Cannabisbranche: jung und glühend heiß. Mit der weltweiten Öffnung und der voranschreitenden Legalisierung strömen Unternehmer aus allen Gesellschaftsschichten in die Branche. Vor nicht allzu langer Zeit war ich einer von ihnen. Seitdem habe ich gelernt, wie man Hindernisse umgeht und Lösungen in einer unberechenbaren Branche findet. Dabei habe ich einige „wichtige Dinge“ gelernt, die ich gerne gewusst hätte, bevor ich in die Cannabisbranche eingestiegen bin. Von Falk Altenhöfer

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Im Jahr 2018 bin ich nach Israel zur CannaTech-Konferenz gefahren. Mit dabei: mein Businessplan und der Traum, eine Technologieplattform der nächsten Generation aufzubauen, die es Cannabisunternehmen ermöglicht sich miteinander zu vernetzen und potenzielle gemeinsame Kunden aufzuzeigen – automatisiert und digital! Meine Idee entwickelte sich mit den Jahren weiter und es entstand daraus eine Plattform, über die sich Cannabis-Gründer und Investoren verbinden. Start-ups in der Cannabisbranche verhalten sich nicht anders, als junge Unternehmen anderer Branchen und so heißt das Motto „Go with the flow“. Dazu gehört auch die Einsicht, dass Cannabisunternehmen eine Ausstiegsstrategie brauchen, noch bevor sie auf den Markt kommen, denn die Hindernisse sind zahlreich und die Exitmöglichkeiten im Hinblick auf die Legalisierung ziemlich genau definiert.

Die Branche ist weniger fortschrittlich als man denkt

Während sich die Cannabisbranche mit halsbrecherischer Geschwindigkeit entwickelt, sieht es hinter den Kulissen leider ganz anders aus. Denn viele Aspekte der Branche hinken der Zeit bedauerlicherweise hinterher. Traditionelle Institutionen wie das Bankwesen, die Medizin, das Bildungswesen, aber auch moderne Werbeplattformen aus Silicon Valley wehren sich gegen die Zusammenarbeit mit Cannabisunternehmen. Der daraus resultierende, fehlende Zugang selbst zu den grundlegendsten Dienstleistungen schafft frustrierende Hürden, mit denen Unternehmer in anderen Kategorien nicht konfrontiert sind. Und die gute Nachricht? Diese Lücken sind letztlich auch Chancen, denn sie fördern Innovationen. Cannabis ist eine Branche mit viel weißem Raum: Probleme, die es zu lösen gilt, und Marktbedürfnisse, die nur darauf warten, erfüllt zu werden – ein Traum für jeden Unternehmer!

Der Widerstand kommt von überraschenden Seiten

Wenn man erzählt, dass man Cannabis-Unternehmer ist, muss man mit sehr gemischten Reaktionen rechnen. Als ich meinen Freunden und meiner Familie zum ersten Mal von meiner Idee des Cannabis-Start-ups erzählte, waren sie nicht gerade begeistert. Während sie von ganzem Herzen an mein Konzept und meine Fähigkeit zum Erfolg

glaubten, äußerten viele die Sorge, dass ich ins Visier der Polizei geraten oder sogar ins Gefängnis kommen könnte, nur weil ich in dieser Branche arbeite. Zwar ist es aktuell leider immer noch so, dass Cannabis in Deutschland illegal ist, dennoch kann auch dieser Boden für junge Start-ups nahrhaft sein. So erwachsen Chancen um die Illegalität herum, mit Hanf (dem Stoff der Zukunft), CBD, im medizinischen Bereich, in der Beratung oder so wie bei mir von der technologischen Seite. Das Wichtige dabei ist zu erkennen, welche Probleme existieren und daraus passende Unternehmensideen abzuleiten. Betrachtet man zum Beispiel den pharmazeutischen Bereich, wird schnell klar, dass Ärzte und Apotheker mit bürokratischen Hürden zu kämpfen haben, hinzu kommt die mangelhafte Behandlung des Themas im Studium. Daraus resultierend tun sie sich schwer damit, über Cannabis zu beraten und es an Patienten zu verschreiben. Diese Vorsicht sowie die Stigmatisierung sind das Erbe des gescheiterten Krieges gegen Cannabis. Daher ist es auch von grundlegender Bedeutung, die vielen Beispiele von erfolgreichen Behandlungen mit Cannabis im Medizinischen- sowie Freizeitgebrauch öffentlich, aber vor allem auch bei Ärzten und Apothekern zu beleuchten.

Soziale Gerechtigkeit ist nicht garantiert

Soziale Gerechtigkeit ist nicht garantiert, nur weil es sich um einen entstehenden hippen Markt handelt. Es wäre auch zu schön, wenn eine neue Industrie entsteht und direkt vieles davon umsetzt, was wir in unserer Gesellschaft aus unseren Fehlern gelernt haben. Zu denken, bei Cannabis wäre alles im grünen Bereich, ist leider ein Trugschluss. Frauen sind in diesem Geschäft nach wie vor weltweit unterrepräsentiert. Nicht nur an Gründerinnen fehlt es, sondern auch an Frauen in der Belegschaft und in Führungspositionen. Nach Lisa Haag, Gründerin des CannaFem-Netzwerkes in Deutschland bestätigt sich das traurige Bild auch hierzulande, „Der weibliche Anteil in der deutschen Cannabisbranche beträgt nur knapp 10 %!“ Man sollte sich von dieser Zahl jedoch nicht entmutigen lassen. Cannabis ist ein sehr junger Wirtschaftszweig, der für diejenigen, die das Talent und den Eifer haben, durchzuhalten, eine Fülle von Möglichkeiten bietet. Mit der Zeit wird die Legalisierung auf Bundesebene differenzierte Gleichstellungsprogramme und sozial gerechte Regulierungsbehörden mit sich bringen. Bis dahin müssen wir als Gemeinschaft selbst dafür sorgen, dass Unternehmer, die einer Minderheit angehören, die Ausbildung, die Finanzierung, die Betreuung und die Möglichkeiten erhalten, die ihnen helfen, gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen.

Beharrlichkeit zahlt sich aus

Alle angehenden Unternehmer, die sich unter einer Karriere in der Cannabisbranche nur das Herumwerfen von Geld auf wilden Partys vorstellen, sollten ihren Traum vielleicht noch einmal überdenken. Die Arbeit in dieser Branche erfordert Leidenschaft, Hingabe und eine dicke Haut. Für mich ist die Arbeit in der Cannabisbranche die beste Entscheidung, die ich je hätte treffen können, weil ich jeden Tag aufwache mit dem Gedanken, anderen helfen zu können. Ich denke, dass die erfolgreichsten Cannabisunternehmer von einem größeren Ziel angetrieben werden – wie dem Eintreten für Cannabisrechte, der Aufklärung oder auch einer Reform der Strafjustiz. Ja, es gibt immer noch viele Hürden, mit denen wir Cannabisunternehmer konfrontiert sind: Diskriminierung, ausgrenzende Banken, uneinheitliche Gesetzgebung oder einfach die schiere Sättigung des Marktes mit konkurrierenden (Whitelabel-) Marken und Unternehmen. Trotz alledem ist die Arbeit im Cannabisbereich die persönlich, beruflich und finanziell lohnendste Erfahrung meines Lebens. Solange man die Hindernisse überwindet, sich einen eigenen lösungsorientierten Weg bahnt und die Menschen, denen man dient, als oberste Priorität betrachtet, wird man mit einer einnehmenden und profitablen Karriere belohnt, die in Zweck und Leidenschaft wurzelt. In den letzten Jahren habe ich viele junge Unternehmen kennengelernt und ihnen in die Branche verholfen. Die daraus gewonnen Erkenntnisse möchte ich als Rat jedem angehenden Cannabisunternehmer mitgeben, der hofft, ein erfolgreiches Cannabisgeschäft aufzubauen. Sie lassen sich in fünf Hauptpunkte unterteilen: der Zweck des Unternehmens, die Markenpersönlichkeit, die Bedeutung von Netzwerken, die Risikobereitschaft und das Handeln aus Überzeugung.

Während sich die Cannabisbranche mit halsbrecherischer Geschwindigkeit entwickelt, sieht es hinter den Kulissen leider ganz anders aus. Denn viele Aspekte der Branche hinken der Zeit bedauerlicherweise hinterher.

In der Cannabisbranche gibt es viel Potenzial für Misserfolge, aber auch für Erfolg. Man muss jedoch bereit sein, Risiken einzugehen und zu scheitern.

Der Kern: das Warum

„Was möchte ich bewirken, welchen Zweck und Sinn bietet mein Unternehmen?“. Die Beantwortung dieser Fragen ist einer der wichtigsten Schritte, die eine Führungskraft in der Cannabisbranche unternehmen sollte. Unternehmer müssen eine Leidenschaft für das haben, was sie tun, eine klare Vision für das, was sie schaffen wollen, und den Wunsch, es auch in den harten Zeiten zu verfolgen. Eine Vision kann auf vielen Wegen entstehen, einer davon ist die genaue Marktanalyse. Im Mittelpunkt stehen dabei die verschiedenen Probleme in der Branche oder auch in der Zielgruppe. Der Markt ist groß und so ist für jeden eine Nische zu finden, die Begeisterung weckt. Innovationen entstehen aus Problemen und Passion. Denn wenn alle nur das machen würden, was schon gemacht wurde, wie würden wir uns dann weiterentwickeln und voneinander abheben? Daniel Schmid, Geschäftsführer von Whiterock, baut das erste klimanegative Modulhaus. Er will damit zu einer nachhaltigeren Welt beitragen und sagt: „Mein warum? Nicht einfach zusehen, sondern aktiv werden! Wir werden immer mehr Menschen auf dieser Welt, die wohnen müssen und wir wollen, dass das CO²-negativ ist, sodass wir alle in einer schönen und sauberen Welt leben dürfen!“

Die Markenpersönlichkeit

Beim Aufbau einer Marke geht es zum einen natürlich um das Produkt, aber auch um die Geschichte dahinter. „Die Geschichte, die magische Komponente“, welche den Kunden ermöglicht, eine persönliche Beziehung zur Marke aufzubauen. Die Persönlichkeit, Überzeugungen, Leidenschaften und Werte der Unternehmer sind der Kern der persönlichen Marke, die treibende Kraft hinter

ihrem Unternehmen. Daraus wächst die Markenidentität, welche ausschlaggebend für alle erfolgreichen Cannabisunternehmen ist. Nicht ohne Grund verfügen große Unternehmen über Abteilungen, die nur auf die Markt- und Wettbewerbsanalyse fokussiert sind. Denn Kunden kaufen nicht nur ein Produkt oder eine Dienstleistung, sie investieren in die Person, die sie sein möchten. Im Mittelpunkt steht daher für Markenspezialisten die Zielgruppe. Die Wettbewerbsanalyse hilft auch dabei, das Zielpublikum besser zu verstehen. Im besten Fall stimmen die Interessen des Unternehmens und der Zielgruppe überein, so wie bei Vincent Sparn, der seine Leidenschaft für Gesundheit und Wellness mit seinen Kunden teilt. „Ich bin seit über 20 Jahren in der Fitnessbranche und habe zuletzt eine Fitnesskette geleitet und liebe es über den Körper das beste Gleichgewicht zwischen Körper und Geist herzustellen. Hanfproteine bieten mir genau das. Ich möchte noch mehr Menschen erreichen und über Aminosäuren in Hanf aufklären. Ich liebe es!“

Das Netzwerk ist von grundlegender Bedeutung

Networking ist in jeder Branche von unDaniel Schmid, Geschäftsführer Whiterock schätzbarem Wert, aber ganz besonders in der Cannabiskultur, wo die Gemeinschaft geprägt ist von leidenschaftlichen Menschen. Die Cannabisszene wächst jeden Tag und je mehr Verbindungen und Beziehungen die Unternehmer aufbauen, desto mehr Potenzial entsteht, um als Unternehmer und Unternehmen zu wachsen. In fast jedem Staat, in dem Cannabis für den Freizeitgebrauch legal ist, gibt es Veranstaltungen, Konferenzen und Treffen, es lohnt sich sehr diese zu besuchen. Aber auch digital lässt sich ein starkes Netzwerk aufVincent Sparn ist Sportler und arbeitet an einem Pulver aus Hanfsamen für den Fitbauen. Soziale Medien wie nessbereich. LinkedIn oder Instagram

können dabei helfen, Kontakte zu finden und zu gewinnen. Mutig sein und seine Visionen teilen lohnt sich – man weiß nie, welche Möglichkeiten sich aus einer FolgeE-Mail oder einer einfachen Kontaktaufnahme auf LinkedIn ergeben können. Jasmina Bergen will beispielsweise auf dem Netzwerkgedanken ihr Geschäftsmodell aufbauen und plant einen Business Club für die Cannabisbranche. „Einen B2B-Club bauen, sodass jeder endlich seine Produkte verkaufen kann – die Vision war groß, kürzlich waren wir auf der MaryJane und haben uns mit jedem vernetzt. Ich liebe es, mich mit Leuten über ihre Bedürfnisse auszutauschen – nun wird ein Produkt auf die Beine gestellt und wir fangen in einer Nische an!“

Gewinnen oder lernen

In der Cannabis-Branche gibt es viel Potenzial für Misserfolge, aber auch für Erfolg. Man muss jedoch bereit sein, Risiken einzugehen und zu scheitern. Denn Scheitern kann der beste Lehrmeister sein. Die Mentalität „Gewinnen oder Lernen“ hilft, aus Fehlern zu lernen, anstatt sie als Misserfolge zu betrachten. So wie die Branche als Ganzes wächst und mit neuen Herausforderungen konfrontiert wird, muss auch das Unternehmen lernen, sich anzupassen. Carlo Tenoort hatte anfangs Probleme, Investoren für sein Produkt zu finden – Cannabiszäpfchen auf Basis von CBD,

Jasmina Bergen, Mitbegründerin DiGiGrowers GmbH. Nyke Perényi, Gründerin & Geschäftsführerin vyd. Carlo Tenoort, Erfinder von Cannabiszäpfchen auf Basis von CBD.

aber er gab nicht auf. „Menschen mit einer Kur aus CBD für den After zu helfen, trifft gleich auf zwei Tabuthemen. Aber sobald man mit einem Behandlungskonzept überzeugt und die richtigen Partner gefunden hat, bauen sie auf dich. Das braucht immer Zeit – so wie alles, was gut für einen ist.“

Entscheidungen mit Überzeugung treffen

Führungskräfte in der Cannabisbranche müssen Entscheidungen treffen, um neue Chancen zu nutzen und das Unternehmen voranzubringen. Zögern, Zweifeln und Engstirnigkeit schaden nur dem Fortschritt als Unternehmer. Nicht jede Entscheidung wird die richtige sein, auch nicht mit guter Recherche und der Abwägung mehrerer Optionen. Aber das muss sie auch nicht. Laut Harvard Business Review ist es für entschlossene Führungskräfte zwölf Mal wahrscheinlicher, dass sie leistungsstarke CEOs werden. Das wichtigste ist also entschlossenes Handeln aus Überzeugung. Nyke Perényi, Gründerin und Geschäftsführerin des Start-ups vyd fasst ihre Sicht so zusammen: „Cannabis bietet unglaublich viele Potenziale, um Mensch und Umwelt zu helfen. Will ich ein Bauchladen werden oder mich spezialisieren? Ein Schritt nach dem Anderen, eine gute Vorbereitung, Leidenschaft und Mut gehören beim Gründen unbedingt dazu.“

Der Einstieg in die Cannabisbranche ist aufregend und kann lohnenswert sein, aber das bedeutet nicht, dass es keine einzigartigen Herausforderungen gibt. (Angehende) Cannabisunternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, was sie bewegen möchten, worauf sie sich einlassen und womit sie es zu tun haben werden. ↙

Frauen sind in diesem Geschäft nach wie vor weltweit unterrepräsentiert. Nicht nur an Gründerinnen fehlt es, sondern auch an Frauen in der Belegschaft und in Führungspositionen.

Falk Altenhöfer

ist seit über zehn Jahren erfolgreicher Unternehmer für digitale Geschäftsmodelle. In den letzten fünf Jahren hat er vor allem Investoren und Unternehmer unterstützt, Teams datenbasiert nach der Strategie auszurichten. Vor knapp zwei Jahren gründete er das Cannabis-Start-up STUDIO. Dies hilft Gründern dabei ihre Produktidee oder Dienstleistung schnell und effizient am Markt zu testen, die passende Zielgruppe zu finden und von Beginn an mit den richtigen Partnern zusammenzuarbeiten. Altenhöfer unterstützt auch Gründer kostenlos bei den ersten Schritten. www.cannabis-startups.com

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