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Sortenvielfalt aus Solingen

LIO Pharmaceuticals und die Bank of Cannabis

Die Nachfrage nach medizinischem Cannabis wird auf absehbare Zeit steigen und die LIO Pharmaceuticals GmbH hat sich zur Aufgabe gemacht, diese zu bedienen. Das 2018 gegründete Unternehmen hat sich auf den weltweiten Handel mit medizinischem Cannabis sowie seine Verarbeitung spezialisiert. LIOs Firmenmotto lautet „Erfahrung trifft auf Innovation“, denn das Unternehmen ist zwar jung, doch die Gründer und ihre Mitarbeiter bringen gemeinsam etliche Jahrzehnte Erfahrung aus der Pharmaindustrie ins Spiel. Von Rebekka Nurkanovic

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Der Sitz von LIO Pharma liegt im nordrhein-westfälischen Solingen mit guter Anbindung an die nahegelegenen Großstädte Köln und Düsseldorf und das umfangreiche Autobahnnetz der Region. Bis vor einigen Jahren beherbergte das Firmengebäude eine Sparkasse, momentan wird es für die vorschriftsmäßige Handhabung von Cannabis umgebaut. Auch bei einem ehemaligen Geldhaus sind zusätzliche Anstrengungen erforderlich, damit es den behördlichen Anforderungen an die sichere Lagerung und Verarbeitung von Cannabisprodukten gerecht wird. Die Firmengründer Leena Meertens, Simon Theres, Maurice Thomé, Ibrahim Baldé und Alain Menghé à Menghé haben ihre Niederlassung passenderweise „The Bank of Cannabis“ getauft und werden von dort aus ab diesem Herbst mit ambitionierten Zielen den Handel mit medizinischen Cannabisblüten und -extrakten betreiben. „Egal welche Blütensorte man in Deutschland benötigt, man wird sie in der Bank of Cannabis finden“, sagt Menghé.

Reise mit Umwegen

Die Vorgeschichte von LIO Pharma beginnt mit einer gescheiterten Bewerbung für die Ausschreibung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, 2017. Theres, Thomé und Baldé hatten seinerzeit beschlossen, sich um die raren Lizenzen für die ersten Produzenten, die legal in Deutschland medizinisches Cannabis anbauen dürfen, zu bemühen. Bei den Vorbereitungen auf die Bewerbung zogen sie Menghé aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Market Access Manager in „Big Pharma“ als Berater hinzu. Die Geschäftspartner und Freunde hatten zwar letztlich keinen Erfolg bei den BfArMAusschreibungen, doch die Zusammenarbeit stellte sich als Beginn einer gemeinsamen Reise heraus, die schließlich zur Gründung der LIO Pharmaceuticals GmbH führte. Thomé und Baldé sind auf visuelle Kommunikation spezialisiert und blicken auf ein Jahrzehnt Erfahrung im Bereich Gründung und Start-up-Kommunikation zurück. Für Gründungsprofi Baldé bestand schon früh kein Zweifel am Potential des medizinischen Cannabismarktes. „In meinem Berufsleben halte ich stets die Augen insbesondere nach neuen Geschäftsmöglichkeiten, Konzepten, Ideen und Verbindungen auf. So auch in diesem Fall! Als Anfangs die Idee in Austausch mit meinen langjährigen Freunden und Co-Gründern entstand, in den medizinischen Cannabismarkt einzusteigen, brauchte es nur eine Handvoll an Zeitungsartikeln, Interviews und Berichten sowie das eine oder andere Expertengespräch, um das Potential des Marktes zu identifizieren und die Vision mit aller Deutlichkeit zu sehen. Es handelte sich schlicht um eine Revolution! Alles nahm unverzüglich Fahrt auf und der Rest ist Geschichte … unsere Geschichte“, resümiert Baldé die Entstehungsgeschichte von LIO Pharma.

Auch für Leena Meertens, eine erfolgreiche „selfmade“ Unternehmerin aus den Niederlanden mit über 20 Jahren Erfahrung im internationalen Gesundheitswesen, war die Entscheidung das Abenteuer Neugründung zu wagen leicht. „Über meinen Einstieg in LIO Pharmaceuticals brauchte ich damals nicht lange nachdenken. Ein Unternehmen zu gründen und zusammen mit einem kreativen und erfahrenen Team zu arbeiten, das sich in dem spannenden heranwachsenden Markt des medizinischen Cannabis bewegt, war für mich eine Herausforderung, der nicht zu widerstehen war.“ Menghé hingegen kostete es einige Überlegung, bevor er sich entschloss, seine Anstellung in verantwortlicher Position in „Big Pharma“ aufzugeben. Er verfügt über fast 20 Jahre Erfahrung in der internationalen Pharmaindustrie in Marketing, Vertrieb und Management und fühlte sich wohl in seiner Stellung. Ausschlaggebend für den Schritt war auch die Überzeugung, dass er durch seine Kenntnis der Komplexität des Pharmamarktes dazu beitragen konnte, dass die ersten Schritte des jungen Cannabismarktes professionell gestaltet werden: „Als ich eingestiegen bin, war für mich das Ziel, diese Substanz, die so viel Potenzial hat, zu jenen Menschen zu bringen, für die ein medizinischer Mehrwert zu erwarten ist .“

Die Schiebetüren aus Metall im Lager für nicht-BTM-Produkte verfügt über einen raffinierten Mechanismus, der es erlaubt sie mühelos mit nur einem Finger zu bewegen.

Schiebetüren aus Metall im Lager für nicht-BTM-Produkte verfügt über einen raffinierten Mechanismus, der es erlaubt sie mühelos mit nur einem Finger zu bewegen.

Von Löwen inspiriert

Als Kenner der Pharmabranche haben die Firmengründer einen gesunden Respekt vor den großen Pharmaunternehmen, mit denen sie theoretisch in Konkurrenz treten. Umso mehr freut es Meertens, Theres, Thomé, Baldé und Menghé, dass Joachim Koops, ehemaliger Geschäftsführer der Ipsen Pharma mit über 40 Jahren Managementerfahrung in der Pharmabranche dem Gründerteam beigetreten ist. „Herr Koops und ich haben unser Berufsleben in Big Pharma verbracht und wissen, wie potent die sind. Tatsächlich war Herr Koops mein direkter Vorgesetzter und Geschäftsführer bei Ipsen Pharma. Wir mussten ein bisschen über uns selbst lachen, dass wir quasi aus dem Nichts ein Pharmaunternehmen gründen wollten, denn es war uns klar, dass wir uns hier auf einem Feld von Elefanten bewegen“, erzählt Menghé vergnügt und erklärt, dass das Unternehmen diesem Umstand auch den Namen LIO zu verdanken hat. „Der Löwe ist weder der Größte, noch der Stärkste im Tierreich – trotzdem ist er der König und wird von allen respektiert.“ Im Pharmageschäft, so die Überlegung des Gründerteams, muss man auch nicht riesengroß sein, sondern vielmehr eine bestimmte Geisteshaltung, Kraft und Flexibilität mitbringen, um sich zu behaupten. Die Symbolik des „Königs der Tiere“ soll versinnbildlichen, welche Eigenschaften die Gründer im Unternehmen kultivieren möchten: Kraft, Autorität, Souveränität, Führungsstärke. Denn sie haben nichts Geringeres vor, als im pharmazeutischen Cannabismarkt eine Führungsrolle zu übernehmen und zu helfen, diesen neuen Markt aufzubauen.

LIO Pharmaceuticals und „The Bank of Cannabis“

Die Vision für LIO Pharma liegt im Bereich des medizinischen Cannabis und ruht auf den zwei Hauptsäulen Blüten/Extrakte und cannabisbasierte Arzneimittel. Aufgrund seiner Recherchen ist das Unternehmen überzeugt, dass vermehrt cannabinoidhaltige Arzneimittel entwickelt werden und verfolgt das Ziel, eine eigene Marke aufzubauen. „Wir haben bereits in Big Pharma die

Ibrahim Baldé, CCO & Mitgründer. Foto: Jannik Hemmerich

Ibrahim Baldé, CCO & Mitgründer. Foto: Jannik Hemmerich

Markteinführung von zahlreichen neuen Arzneimitteln begleiten können. Insbesondere mit dem AMNOG-Verfahren, das in Deutschland die Grundlage für die Nutzenbewertung und Preisfestsetzung innovativer Arzneimitteln bietet, haben wir äußerst wertvolle Erfahrung sammeln können“, erklärt Menghé. Fokus und Ziel aller Prozesse soll immer das Patientenwohl sein. Aus diesem Grund bietet LIO Pharma auch Informationen und Fortbildungen für Ärzte und Apotheker sowie das CAARE-Tool, eine Online-Plattform die unter anderem Hilfestellung für die Abrechnung von Cannabisrezepten mit den gesetzlichen Krankenkassen leistet. Pläne für eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung hat LIO Pharma jedoch nicht, sagt der Geschäftsführer: „Wir fokussieren uns auf unsere Stärken, die Distributionsstruktur, den Brückenschlag zwischen Arzneimittelentwicklung und Markt.“

Alain Menghé à Menghé, CEO & Gründer

„The Bank of Cannabis“ ist die Basis für das Geschäftsfeld Distribution. Im Kern geht es darum, eine vertikal integrierte Distributionsstruktur aufzubauen, die alle Aspekte von Lagerung, Logistik, Kommissionierung und, zumindest zum Teil, die Herstellung von Cannabis umfasst. In den vergangenen Jahren ist das Gründerteam rund um die Welt gereist, mit dem Ziel ein starkes Netzwerk an zuverlässigen Partnern aufzubauen, mit denen sie ihr umfangreiches Produktportfolio abdecken können. Für die Auswahl des Produktangebotes werden kontinuierlich der Bedarf im Markt analysiert und verfügbare Produkte hinsichtlich ihrer Relevanz geprüft. Dabei unterscheidet sich LIO Pharmas Auffassung manchmal von dem, was Patienten sich wünschen. „Der Cannabismarkt ist aus meiner Sicht ein Hybrid zwischen Arzneimittel- und Konsumentenmarkt. Anders als bei klassischen Arzneimitteln sind Patienten meist erfahrener mit der Substanz als die verschreibenden Ärzte und fordern bestimmte Produkte in der Verschreibung. Wenn wir von Produktrelevanz sprechen, ist es aber wichtig, dass wir uns zumindest bemühen den rationalen, ausgewiesenen und gerne indikationsspezifischen medizinischen Nutzen darzulegen“, sagt Menghé. LIO Pharma arbeitet u. a. deshalb nur mit ausgewählten Produzenten zusammen, die diese Auffassung teilen und Sorten anbauen, deren Relevanz belegbar ist.

Als pharmazeutischer Cannabislieferant bedient LIO Pharma ausschließlich Großhändler und Apotheker. Über die Kooperation mit einem Online-Apotheker wird das Unternehmen seine Aktivitäten in den B2C-Bereich erweitern, indem es die Online-Logistik für ihn betreut. Demnächst ist auch die Installation eines kleinen Labors vorgesehen, damit Produkte vor Ort analysiert werden können. “Dadurch können wir uns weiter spezialisieren. Da unser Partner-Apotheker sehr analyse-affin ist, wird er der Hauptträger für diese Säule des Geschäfts sein“, sagt Menghé. Als Spezialist für Market Access hat Menghé die Belange aller Stakeholder im Blick und betont die Rolle von qualifizierter Kommunikation, um die verschiedenen Interessen verständlich zu machen und zu adressieren. Im Fall von medizinischem Cannabis sind das unter anderem die teils sehr unterschiedlichen Interessen von Produzenten, Ärzten, Apothekern, Krankenkassen, Patienten und Behörden vor dem Hintergrund eines etablierten und stark regulierten pharmazeutischen Marktes. All diese Stakeholder will LIO Pharma verstehen und in den Aufbauprozess des Marktes einbezogen sehen. Sowohl beim Aufbau des Unternehmens als auch bei seiner Rolle als Marktgestalter, ist LIO Pharma eine pragmatische Herangehensweise wichtig. Jeder einzelne Schritt wird geplant, geprüft und gegebenenfalls an veränderte Rahmenbedingungen angepasst. Den Geschäftsführern ist es auch wichtig, während aller Phasen des Geschäftsaufbaus in engem Austausch mit den Behörden zu sein und mit diesen gemeinsam zu wachsen. Die Zusammenarbeit mit den Behörden schildern sie als sehr konstruktiv. „Die Behörden sind sehr offen. Wenn sie merken, dass man ein gewisses Maß an Sachverstand mitbringt und die Spielregeln nicht nur akzeptiert, sondern auch versteht, sind sie gewillt partnerschaftlich zusammenzuarbeiten und sich auf Diskussionen einzulassen“, berichtet Menghé. „Wichtig war, dass wir Vorarbeit geleistet haben und ein fertiges Konzept präsentieren konnten, als wir mit ihnen Kontakt aufgenommen haben. Das macht es für alle einfacher, die Behörden können konkrete Änderungswünsche formulieren und wir können darauf eingehen.“

Meilensteine

Nach der Gründung im Juni 2018 wurden im folgenden November die Geschäftsaktivitäten aufgenommen. In den ersten zwei Jahren bereisten die Gründer alle Kontinente, analysierten den Markt und bauten das Geschäftsmodell auf. Dann kam die Coronapandemie und wie viele Firmen bekam auch LIO Pharma die Folgen der Maßnahmen zu spüren. Menghé erinnert sich, dass die Bezirksregierung wenige Wochen vor einer Inspektion den Termin bis auf weiteres absagte. Es dauerte ungefähr ein Jahr, bis sie einen neuen Termin anberaumte und so konnten die Vertriebsaktivitäten erst im vierten Quartal 2021 aufgenommen werden. Die folgenden Monate nutzte LIO Pharma, um zu prüfen, ob das Firmenkonzept weitere Feinjustierung brauchte – die Vertriebskette, die Logistikkette und Verträge wurden unter die Lupe genommen und bei Bedarf angepasst, so dass 2022 alles für die Erweiterung des Produktportfolios bereit war.

Nach der Finalisierung des Setups im Herbst 2022 steht Mitte kommenden Jahres die Herstellungserlaubnis für Blüten auf dem Programm. Da alles seine Zeit braucht und Investitionen so getaktet werden sollen, dass keine Komponente brach liegt, soll erst im nächsten Schritt, spätestens Ende 2023, auch der Reinraum für die Verarbeitung von Extrakten fertiggestellt werden. Zu dem Zeitpunkt soll auch das vollständige Portfolio in großer Menge verfügbar sein und Erfahrungen mit den Materialien und Prozessen im hauseigenen Labor vorliegen, damit der Vertrieb für die Online-Apotheke aufgenommen werden kann.

Sicherheit muss sein

Bis alle Geschäftsfelder in den Vollbetrieb gehen können, muss der Firmensitz in Solingen in „The Bank of Cannabis“ verwandelt werden. Der Entscheidung für das ehemalige Sparkassengebäude ging eine bundesweite Suche voraus. Letztlich waren mehrere Aspekte ausschlaggebend: das Gebäude mit der gekachelten Fassade bietet einen repräsentativen Ort mit ausreichenden Lagerkapazitäten und der Möglichkeiten zu expandieren, denn sowohl der Innenbereich als auch der Außenbereich sind mit je etwa 1000 m2 großzügig bemessen. Noch kann man in den Räumen im Erdgeschoss ihren ursprünglichen Zweck erahnen, die Wandverkleidung aus Holz hat das typische Flair einer Sparkasse der 1990er Jahre. Bald jedoch wird der ehemalige Publikumsbereich kaum noch zu erkennen sein. Dank der hohen Decken kann LIO Pharma dort zwei vollständige Reinräume installieren lassen, in denen Cannabisblüten und Extrakte vorschriftsgemäß abgefüllt und verpackt werden können. Der größte Teil des Untergeschosses ist, von Sicherheitstüren geschützt, für die Lagerung von medizinischen Cannabisprodukten und Zubehör vorgesehen. Auch ein Sperr- und Quarantänelager findet dort Platz. Die Raumflucht zwischen zwei Sicherheitstüren verfügt über eine festungsähnliche Sicherheitsausstattung, dabei ist der Bereich für medizinische

Leena Meertens, RH & Mitgründerin. Foto: JePP

Cannabisblüten und Extrakte am stärksten gesichert und wird von der Belegschaft daher gerne Bunker genannt. Dort befinden sich die Tresore der ehemaligen Sparkasse, die für die betäubungsmittel-gerechte Lagerung zurzeit noch zusätzlich mit Sicherheitsvorkehrungen versehen werden. Während die massiven Stahltüren der Tresorräume auch dem Laien deutlich signalisieren, dass er einen Hochsicherheitsbereich betritt, sind die restlichen Maßnahmen ebenso unauffällig wie wirkungsvoll: zahlreiche Erschütterungs- oder Bewegungsmelder an Boden, Wänden und Decke leiten Informationen an eine zentrale Schalteinheit weiter, welche Warnsignale unmittelbar an die Kriminalpolizei überträgt. Im Falle des Falles ist so gewährleistet, dass nur wenige Minuten vergehen, bis Einsatzkräfte vor Ort sind und der Ursache des Signals auf den Grund gehen. Bevor die Schalteinheit ihre Arbeit aufnehmen kann, müssen jedoch noch einige Meter Kabel verlegt werden. Danach werden sich die am Sicherheitskonzept beteiligten Akteure – neben LIO Pharma sind das die verbauende Sicherheitsfirma, der Elektronikhersteller, der Netzbetreiber, die Feuerwehr, das Bauamt und die Kripo – zum Ortstermin treffen und die Schaltzentrale in Betrieb nehmen. LIO Pharma ist stolz auf das ausgeklügelte Sicherheitskonzept und das BfArM zeigte sich von dem Setup so angetan, dass es dieses bereits vor Abschluss der Arbeiten abgenommen hat.

Der größte Raum des „Bunkers“ ist für Blüten reserviert und bietet genug Platz auch für große Gebinde. Direkt dahinter, genauso sicher, aber kleiner, ist der Raum für Extrakte gelegen. Am anderen Ende des Flurs befindet sich ein großer Raum, der genug Kapazität bietet, um Tonnen an Produkten zu lagern, die nicht als Betäubungsmittel einzustufen sind. LIO Pharma denkt dabei z. B. an Zubehör wie Inhalatoren, aber auch an CBD-Produkte. Auch wenn dieser Bereich nicht mehr zum „Bunker“ zählt, ist die Sicherheitsstufe immer noch hoch, denn wie Menghé betont, hat „das Thema Sicherheit oberste Priorität“. Das Erdgeschoss ist für die Warenannahme und -verarbeitung vorgesehen. Für den Transport der Ware verlässt LIO Pharma sich auf ein Logistikunternehmen, mit dem Menghé bereits seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeitet. Um zu vermeiden, dass Externe das Gebäude betreten, soll gelieferte Ware am Hintereingang in einer Schleuse zwischen zwei Glastüren übergeben werden. Direkt neben dem Wareneingang wird der Logistikverantwortliche seinen Arbeitsplatz haben. Dort soll die Ware fertiggestellt und unverzüglich in den Sicherheitsbereich verbracht werden. „Bei der Handhabung von Cannabis wird immer nach dem 4-Augen-Prinzip gearbeitet, jeder Schritt unterliegt strengen Kontrollen“, erklärt Menghé. Drei Kontrollpunkte sind vorgesehen: bei der Abnahme, bei der Übergabe in den Sicherheitsbereich und erneut bei der Ankunft im Lager. Der Transport dorthin wird über einen eigens dafür vorgesehenen Aufzug erfolgen.

Für die Verarbeitung der Ware werden in Kürze in den ehemaligen Publikumshallen Reinräume installiert. Einer der Reinräume ist für die Verarbeitung und Verpackung der Blüten, einer speziell für Extrakte vorgesehen. Dort werden die drei letzten Stufen der Herstellung gemäß Arzneimittelgesetz stattfinden: die Extrakte werden abgefüllt, etikettiert und freigegeben.

Diversifikation im Team

Um die ambitionierten Firmenziele zu erreichen, hat das Startup bereits ein Team aus zehn Mitarbeitern aufgebaut, mit dem es alle Bereiche von Design, IT und Marketing über Produktdesign und Produktentwicklung bis hin zum Vertrieb intern abdecken kann. „Niemand kann vorhersagen, wie sich der Markt in den nächsten zwei Jahren verändert, daher ist es für mich als Geschäftsführer sehr schön zu wissen, dass ich im Team so vielfältige Fähigkeiten habe“, sagt Menghé zufrieden. „Mit so einem Team ist es kein Problem den Markt zu bedienen, aber natürlich gilt es wachsam, flexibel und kreativ zu bleiben.“ Um auf alle Marktentwicklungen vorbereitet zu sein, liegen bereits Pläne und Konzepte für mehrere Eventualitäten bereit. Das Firmenmotto „Erfahrung trifft Startup“ bzw. „Erfahrung trifft Innovation“ spiegelt sich in der Zusammensetzung der Belegschaft wieder. Für LIO Pharma ist Diversifikation im Team wichtig, weil die Regularien im Arzneimittelmarkt sehr viel spezialisierte Erfahrung erfordern, die jedoch wenig auf die Herausforderungen eines Start-up in einem neuen Markt vorbereiten. „Wir arbeiten bewusst daran, unser Team zu diversifizieren, weil wir festgestellt haben, dass bei einem Start up-Aufbau ein gewaltiger akademischer Hintergrund gut ist, aber nicht reicht“ führt Menghé aus. Das Team besteht einerseits aus sehr erfahrenen Profis mit teils über 30 Jahren Erfahrung in ihrem Metier, wie z. B. im Fall der Verantwortlichen für den Bereich Customer Service und Logistik oder der Qualitätssicherung. Auch der Partner-Apotheker von LIO Pharma ist ein gestandener Geschäftsmann mit drei Apotheken im Münsterland. Andere Mitarbeiter haben hingegen kürzlich erst die Universität verlassen und stehen für die innovative Komponente im Team. Diversifikation im Team ist sehr fruchtbar, bringt aber auch Herausforderungen mit sich, weil die Arbeitsweise manchmal sehr unterschiedlich ist und LIO Pharma arbeitet intensiv an der Teambildung, damit das Potential sich entfalten kann, ohne dass es wegen der verschiedenen Herangehensweisen zu Problemen kommt. Auf der positiven Seite der Diversifikation stehen neuen Ideen, die sich entwickeln, wenn man Kreativitätsdrang mit nüchterner Pharmaexpertise paart. Nicht jede davon kann allerdings sofort umgesetzt werden, sei es weil die Zeit noch nicht reif oder die Finanzierung noch nicht möglich ist. Menghé bedauert das, aber strategisches Vorgehen erfordere nun mal, schwierige Entscheidungen zu treffen.

Auf Erfolgskurs

Bisher hat sich das Firmenmotto bewährt und die junge Firma befindet sich auf Kurs. Es werde jedoch weitere Finanzierung benötigt, um die Ziele von LIO Pharma zu verwirklichen. „Die Pharmabranche hat enormes Potenzial, fordert allerdings auch ihren finanziellen Tribut“, sagt Menghé. Die Gründer von LIO Pharma sind zufrieden damit, wie sie alle bisherigen Hürden genommen haben und überzeugt, dass sie mit ihrem Team und einer gehörigen Portion Realitätssinn und Pragmatismus ihr ehrgeiziges Ziel erreichen werden, auf dem pharmazeutischen Cannabismarkt eine Führungsrolle einzunehmen. ↙

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