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Branchentreff in Berlin – ICBC 2022

Branchentreff in Berlin

ICBC 2022

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Am 19. und 20. Juli 2022 fand im Berliner Hotel Estrel die International Cannabis Business Conference ICBC statt. Die ICBC Berlin ist ein regelmäßiger Treffpunkt für die Cannabisindustrie in Deutschland und nach Angaben der Organisatoren das größte B2B-Cannabis-Event in Europa sowie die am längsten stattfindende B2B-Cannabiskonferenz auf dem Kontinent. In diesem Jahr fiel sie in eine besonders spannende Zeit für die Branche, denn die Legalisierung des Freizeitgebrauchs für Erwachsene scheint in greifbare Nähe zu rücken. Von Daniel Groß

Die Bedeutung eines solchen Schrittes wird von ICBC-Gründer Alex Rogers als wegweisend gesehen. „Wenn Deutschland den Cannabiskonsum für Erwachsene legalisiert, insbesondere die Verkaufskomponente, wird die internationale Cannabisindustrie aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Stellung Deutschlands innerhalb der internationalen Gemeinschaft auf Hochtouren laufen“, lautete die Einschätzung von Rogers in einem Interview mit CannaVision im Vorfeld der ICBC 2022.

Einblick in den Legalisierungsprozess

Entsprechend groß war das Interesse der Konferenzbesucher an dem Vortrag des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung Burkhard Blienert zum Auftakt der Konferenz. Nach einem zufriedenen Rückblick auf die Legalisierung von medizinischem Cannabis im Jahr 2017, ging er auf die Komplexität des Vorhabens der Ampelkoalition ein, Cannabis auch für den Freizeitgebrauch zu legalisieren. Dabei würde die Politik einem strukturierten Prozess und einem festgelegten Zeitplan folgen. Nach intensiven Konsultationen mit Interessenvertretern zu Themen wie Jugendschutz, Prävention, Lieferketten u. v. m. stünde nun die Aufgabe im Vordergrund, Eckpunkte zu formulieren, die alle wichtigen Aspekte aufgreifen, welche schließlich in einen belastbaren Gesetzesentwurf einfließen sollen. Dafür müssten zahlreiche Fragen betrachtet werden, unter anderem zu Bedarfen, Preisgestaltung, Besteuerung, Gesundheitsschutz, notwendigen Vorlaufzeiten oder ökologischen Belangen. Wichtig für ein Gelingen sei die Zusammenarbeit aller Beteiligten und Bereitschaft zu Kompromissen. Nachdem er die Komplexität des Vorgangs dargelegt hatte, betonte Blienert den Willen der Politik, die Legalisierung zu Genusszwecken im geplanten Zeitrahmen umzusetzen, denn der jetzige Zustand sei als gescheitert zu betrachten und ein Paradigmenwechsel erforderlich. Im Anschluss an seine Rede konnte Blienert begeisterten Applaus von den gut gefüllten Rängen des Auditoriums entgegennehmen.

Meilensteine und Hindernisse

Peter Homberg, Partner im Berliner Büro von Dentons und Leiter der europäischen Cannabis-Gruppe, folgte mit einem Vortrag zur Evaluierung der derzeitigen Lage der deutschen Cannabispolitik und Industrie. Zunächst gab er einen Überblick über bisherige Meilensteine des Legalisierungsprozesses für medizinisches Cannabis sowie über Hindernisse, denen sich der Markt in der Praxis weiterhin ausgesetzt sieht. Zu letzteren gehört beispielweise die Notwendigkeit, zeitaufwändig mehrere Genehmigungen für den Import und Handel einzuholen und Beschränkungen bei der Werbung. Hinsichtlich der

ICBC-Gründer Alex Rogers

ICBC-Gründer Alex Rogers v.l.n.r. Karl Bär (Bündnis 90/Die Grünen), Carlos Kasper (SPD), Kristine Lütke (FDP) und Jürgen Neumeyer (Geschäftsführer BvCW) Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung

v.l.n.r. Karl Bär (Bündnis 90/Die Grünen), Carlos Kasper (SPD), Kristine Lütke (FDP) und Jürgen Neumeyer (Geschäftsführer BvCW)

Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung

angestrebten Legalisierung zum Freizeitgebrauch in Deutschland wies Homberg darauf hin, dass Deutschland in verschiedene internationale Abkommen eingebunden ist, die den Anbau und Handel mit Substanzen wie Cannabis zu anderen als medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken untersagen. Dazu gehören UN- und EU-Abkommen und es müsse überlegt werden, wie im Fall einer Legalisierung zu Genusszwecken, die Nachfrage bedient werden könne, ohne gegen Abkommen zu verstoßen. Bezüglich CBD wurde die Bekanntmachung der European Food Safety Authority EFSA vom 07. Juni 2022 erwähnt, nach der die Bewertung von CBD als neuartiges Lebensmittel nach der Novel Food Regulation ausgesetzt wird, bis weitere Daten vorliegen. Das sei ein bedeutsamer Rückschritt für den CBD-Markt, denn Antragsteller für eine Novel-Food-Zulassung wären nun gezwungen, weitere Sicherheitsdaten zu erbringen, die nur unter erheblichem Aufwand erhoben werden können.

Harmonisches Polit-Panel

Wie im Vorjahr moderierte Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Cannabiswirtschaft e. V. (BvCW), eine Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten verschiedener Parteien. Karl Bär (Bündnis 90/Die Grünen), Kristine Lütke (FDP) und Carlos Kasper (SPD) äußerten sich zum Reformbedarf in der Cannabispolitik in Deutschland. Zwischen den Vertretern der Ampelkoalitionsparteien traten erwartungsgemäß keine großen Kontroversen zu Tage. Einigkeit herrschte beispielsweise bei der Überzeugung, dass Cannabis als Medizin verfügbar bleiben und weiter erforscht werden sollte, dafür sei auch eine bessere Datenlage bei der Begleiterhebung notwendig. Keinesfalls dürfe die medizinische Versorgung unter der Legalisierung für den Freizeitgebrauch leiden, wurde betont. Auf die Publikumsfrage, ob auch ausländische Firmen die Möglichkeit erhalten sollen, Cannabis für den deutschen Markt zu erzeugen, zeigten die Politiker sich aufgeschlossen. Lütke sagte, es spreche aus ihrer Sicht nichts dagegen, wenn die Lizenzbedingungen erfüllt werden, auch wenn sie ein Interesse daran habe, die deutsche Wirtschaft zu fördern. Carlos Kasper betonte, dass ihm in jedem Fall eine lückenlose Nachverfolgung der Waren vom Anbau bis ins Regal wichtig sei, egal wo produziert werde. Ebenfalls einig waren sich die Politiker bei dem Punkt, dass es wünschenswert sei, Hanf aus der „Schmuddelecke“ zu holen und vom Stigma zu befreien, damit das große Potential der Nutzpflanze Hanf ausgeschöpft werden könne. Ob neue Nutzhanf- und CBDRegelungen im Rahmen der Legalisierung in die Gesetzentwürfe einfließen werden, blieb offen, sie würden aber in den Beratungen thematisiert und der Wille sei vorhanden.

Marktfragen im Blick

Weitere Gesprächsrunden des ersten Konferenztages widmeten sich z. B. der Vorbereitung auf den neu entstehenden Markt in Deutschland aus unternehmerischer Sicht, dem Streben nach einem einheitlichen globalen regulatorischen Rahmen für Cannabis oder der Frage, welche aufstrebenden internationalen Märkte Unternehmer und Investoren im Auge behalten sollten. Auch am zweiten Konferenztag fanden zahlreiche Gesprächsrunden zu einem breiten Themenspektrum statt. So wurden beispielsweise die Herangehensweisen verschiedener europäischer Länder an die Cannabislegalisierung besprochen und ein Panel beschäftigte sich mit Nachhaltigkeit und Sicherheit in der Cannabis- und Hanfindustrie.

Ausstellung und Global Investment Forum

Zusätzlich zum dicht gefüllten Vortragsprogramm konnten Besucher die Expo besuchen, die mehr als 100 internationale Aussteller präsentierte. Unter ihnen waren Produzenten ebenso zu finden wie internationale Handelsorganisationen, pharmazeutische Unternehmen, Maschinenhersteller, Importeure- und Exporteure, Interessenvertreter und mehr. Ergänzend zur B2B-Veranstaltung richtete die ICBC am Vortag der Konferenz auch ein eintägiges Global Investment Forum (GIF) in Berlin aus. Dort konnten Cannabisunternehmen an einer PitchSession vor Investoren auf der ICBC-Hauptbühne teilnehmen. Die nächste ICBC Berlin ist für den 29. – 30. Juni 2023 geplant. ↙

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