MUZZERONE. Kurze und lange Routen an der steilen Küste zwischen Porto Venere und Cinque Terre

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DAVIDE BATTISTELLA

MUZZERONE kurze und lange Routen an der steilen Küste zwischen Portovenere und Cinque Terre

EDIZIONI VERSANTE SUD | COLLANA LUOGHI VERTICALI | CLIMBING


Zweite Ausgabe. Februar 2017 ISBN 978-88-98609-96-3 Copyright © 2017 VERSANTE SUD S.r.l. Milano via Longhi, 10, tel. 027490163 www.versantesud.it Ale Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, der elektronischen Speicherung, der Vervielfältigung und der teilweisen öder gänzlichen Bearbeitung.

Umschlagfoto

Marcello Bruccini, No siesta 8b (© Davide Battistella)

Texte Davide Battistella muzzerone@versantesud.it Davide Battistella und viele Andere, die wertvolle Bilder lieferten

Foto

Übersetzung ins Deutsche Gerd Zimmermann Zeichnungen/Topos

Chiara Benedetto

Symbole

Tommaso Bacciocchi

Layout

Chiara Benedetto

Druck

Tipolitografia PAGANI (BS)

Null Km

Von lokalen Autoren, die das Klettern in diesem Gebiet vorantreiben

Ein “hausgemachter” Kletterführer!

Von lokalen Autoren, die das Klettern in diesem Gebiet vorantreiben. Was heißt das? Gesünder und mehr Inhalt, weil gemacht von lokalen Kletterern. Genauso wie die Bio–Tomaten vom Bauern nebenan? Richtig! Unverfälscht und hausgemacht. Lokale Autoren können nur von Vorteil sein für jeden Kletterer: - Sie haben die neusten Informationen. - Sie konzentrieren sich nicht nur auf die bekanntesten Spots. - Sie investieren den Erlös in neue Klettergärten. für das Gebiet: - Sie veröffentlichen nur das, was auch veröffentlicht werden darf. - Sie unterstützen die einzelnen Ortschaften. - Sie stehen in enger Verbindung mit der lokalen Realität.

Danksagungen Ein liebevolles Dankeschön geht an meine Frau Martina, die mir bei dieser Arbeit zur Hand ging und die vielen Stunden am Computer mit mir teilte. Danken möchte ich auch meinem Freund Massimo Ginesi für seinen wichtigen fotografischen Beitrag sowie Roberto Vigiani, Nunzio Formisano, Luca Angelotti, Paola Amprimo, Raffaele Giannetti und Emanuele Gelfi. Nicht vergessen will ich meine drei fantastischen Töchter Alice, Viola und Elena, die mich beim Klettern in den verschiedenen Gebieten begleiteten und mir insofern auch bei diesem Kletterführer zur Seite standen. hinweis Klettern ist ein potenziell gefährlicher Sport und geschieht immer auf eigene Gefahr. Alle Hinweise in diesem Führer beruhen auf Informationen, die zum Zeitpunkt der Drucklegung aktuell waren. Es wird empfohlen, sich vor der Begehung einer Route über den aktuellen Stand zu informieren.


In Erinnerung an die Freunde Mauro und Fabrizio, Antonella Gallo und Antonella Guerini, Gefährten und Gefährtinnen bei vielen Abenteuern und in den Bergen zu Hause. Ihr werdet immer bei uns sein und Teil dieser magischen Orte bleiben.

Null Km

Von lokalen Autoren, die das Klettern in diesem Gebiet vorantreiben

Cascata della Bonne Annèe Aostatal 16. Februar 2017

Davide Battistella

MUZZERONE Kurze und lange Routen an der steilen Küste zwischen Porto Venere und Cinque Terre

EDIZIONI VERSANTE SUD


Vorwort Es ist nun bald dreißig Jahre her, dass der allererste Kletterführer über Muzzerone herausgegeben wurde; acht Jahre nach dem Erscheinen der letzten Ausgabe war es jetzt an der Zeit, ein Update für dieses wunderschöne Gebiet an der ligurischen Küste zu verfassen. Viele Kletterinnen und Kletterer unterschiedlichsten Niveaus besuchen nach wie vor die schönen Felswände und Klippen an diesem Küstenabschnitt und verbreiten den guten Ruf dieses Gebiets in der weiten Welt. Dieser Ruf gründet auf der wirklich guten Felsqualität und der tollen, oft unberührten landschaftlichen Umgebung in dieser (fast könnte man meinen) zwischen Meer und Himmel gelegenen Region. Die Klettergärten bieten eine Vielzahl von Routen in allen Graden und Stilen, in Platten, Überhängen oder senkrechten Wänden; gut abgesicherte kurze Routen finden sich ebenso wie lange und alpin angehauchte Wege. Obwohl seit der letzten Ausgabe nicht viele neue Routen erschlossen wurden, war eine Aktualisierung des Führers dringend notwendig, nicht zuletzt, um ihm auch ein aktuelles Erscheinungsbild zu geben. Mit vielen Fotos (und dazugehörigen Videos, die man sich im Netz anschauen kann)

lassen sich die örtlichen Gegebenheiten sehr gut darstellen und damit auch schon vorab genießen. Mit neuen Technologien gelingt es uns, euch an einem erstaunlichen und tollen Ambiente teilhaben zu lassen: Die Luftaufnahmen mittels einer Drohne präsentieren diese faszinierende Landschaft in einmaliger Weise und lassen euch die örtlichen Gegebenheiten (Lage der Felswände, Zustiege) viel besser erkennen und nachvollziehen. In den letzten Jahren führte die Erkundung des Gebiets zur Erschließung einiger neuer Mehrseillängenrouten, die direkt am Meer starten. Hier bietet sich auch in Zukunft noch Einiges an Potenzial... Wer hierher zum Klettern kommt, sollte nicht nur den sportlichen Aspekt betrachten, sondern dies auch als Möglichkeit sehen, in eine unberührte Landschaft einzutauchen, wo sich der Duft der Tymiansträucher mit dem des Meeres verbindet und damit eine Mischung aus unterschiedlichsten Empfindungen schafft. Diese Erfahrungen und die vielen verschiedenartigen, wunderschönen Felsformationen machen aus dem Gebiet einen der schönsten Orte der Welt! Davide Battistella

Davide Battistella, No Siesta 8b, Specchio di Atlantide (© Martina Martera)

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Verzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10 Alpinistische Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Geographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Klima, Wetter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Stützpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Klettershop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Bergrettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Anfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Fels- und Klettercharakteristik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Absicherung und Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Schwierigkeitsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Weitere Klettergebiete in der Nähe . . . . . . . . . . . . . 32 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Rotpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Hinweise zum Führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

muzzerone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Riviera di Levante . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

01. Garimpo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 02. Specchio di Atlantide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 03. Pilastro dell’Infinito . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 04. Atlantide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 05. Solarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 06. Pilastro di Mezzo, Tibet und Pilastro dei Neri . . 60 07. Thunderdome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 08. Parete Centrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 09. Cava degli Anelli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 10. Parete delle Meraviglie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 11. Poveriera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 12. Polveriera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 13. Parete dimenticata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 14. Pilastro del Forte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 15. Pilone di Cajenna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 16. Cajenna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 17. Pilastro del Bunker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 18. Parete Striata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 19. Pilastro della Discordia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 20. Mandrachia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

21. Rocchetta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 22. Monte Marcello . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 23. Punta Bianca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 24. Castellana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 25. Sant’Anna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 26. Punta Manara . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 27. Moneglia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 28. Deiva Marina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Rapallo Sestri Levante 25 26 GENOVA

LA SPEZIA 21 Deiva marina 23 28 22 24 27 1-20

Michele Moretti, Cuor di Leone 8a, Specchio di Atlantide (© Davide Battistella)

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Garimpo

Solarium

Pilastro dell’Infinito

Atlantide Specchio di Atlantide

Pilastro dei Neri

Parete Centrale Pilastro di Mezzo

Tibet Thunderdome Cava degli Anelli

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Pilastro della Parete delle Polveriera Pilastro Parete Striata Discordia Mandrachia Meraviglie Poveriera Bianco Pilastro Pilastro del Forte Oratorio del Bunker Pilone di Cajenna Cajenna

Pilastro Selvaggio

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Einleitung Alpinistische Geschichte Der Beginn der Klettergeschichte in Muzzerone lässt sich auf die frühen 1970er Jahre zurückführen, als die Felsen erstmals von Einheiten einer Militärbasis in der Bucht von Varignano für Ausbildungszwecke benutzt wurden. Zwei der Ausbilder (G. Verbi u. M. Marchisio), die 1973 auch an einer Everest-Expedition teilnahmen, erschlossen damals an der Parete Centrale die ersten Routen mit Normalhaken (Barabino und Corrado Penna). Es ist ihr Verdienst, dass diese Wände nicht allein dem Militär vorbehalten blieben, sondern auch anderen Kletterern offen standen. Gegen Ende der 70er Jahre begannen ortsansässige Kletterer mit der Erschließung weiterer Routen in den vielen Kalkwänden. Dies führte bald dazu, dass das Gebiet einen sehr guten Ruf als Wintertrainingsmöglichkeit für die klassischen, alpinen Sommerziele genoss. In jenen Jahren wurde aber auch der sportliche Aspekt des Kletterns immer bedeutender. Eine neue Kletterethik erreichte aus den USA kommend Europa und führte in Verbindung mit neuen Technologien und Materialien zu einem komplett neuen Kletterstil. Mehr und mehr verbreitete sich jetzt auch bei uns die Ansicht, dass bei der Fortbewegung auf technische Hilfsmittel komplett verzichtet werden sollte. In der Folge wurden talnahe oder am Meer gelegene Felswände nicht mehr nur als Trainingsgebiete, sondern als eigenständige und lohnende Ziele betrachtet. Und damit erfolgte der Wandel vom klassischen, meist alpinen Klettern zu einer neuen, eigenständigen Sportart, die mit eigenen Regeln, Techniken und Grundwerten aufwartete. Es blies also sozusagen ein frischer Wind, der aus dem Westen kam und über die Verdonschlucht, das Valle dell’Orco und Val di Mello schließlich auch die ligurische Küste erreichte. Anfang der 1980er Jahre tauchten in Muzzerone die ersten Anhänger dieser Bewegung auf (D. Battistella, R. Vigiani, M. Di Bono und M. Ginesi). Neue Linien wurden ab jetzt mit

gebohrten Haken erschlossen und viele der alten Wege frei geklettert. Diese neue Mentalität, gepaart mit intensivem Training und einer besseren (und näheren) Absicherung führte auch in Muzzerone dazu, dass die Schwierigkeit der Routen in bis dahin ungeahnte Höhen stieg. Auch hier wurden deshalb neue Sektoren erschlossen, die diesen hohen Ansprüchen Genüge tun sollten (vor allem der unermüdliche Bruno Manicardi und die oben namentlich erwähnten jungen Kletterer taten sich dabei hervor). Davide Battistella erschloss und befreite an der Parete Centrale sehr harte Plattenrouten, die bis zum heutigen Tag nur wenige Wiederholungen aufweisen (wie z.B. Mamy on sight (7b), Delirium post mortem (7c), Banzai (7c+), Morte subito (7b+). Phnom Phen (7c+). Gleichzeitig begann man, das gesamte Gebiet systematisch nach neuen Felswänden zu durchsuchen. Dabei entdeckte Vigiani den Sektor Polveriera, eine rötliche und überhängende Wand, wo er viele Routen bis 7c erschloss und erstbeging (u.a. No smoking und Brain power, harte maximalkräftige Linien). Battistella und Vigiani sanierten im Sektor Parete delle Meraviglie die klassischen Wege Excalibur und Lo spigolo delle meraviglie und richteten dort weitere Linien ein, die sich vor allem in den mittleren Schwierigkeitsgraden bewegen. Als Roberto Vigiani und Tino Amore im Jahr 1983 in einer breiten Rinne in Richtung Meer abstiegen, entdeckten sie die guten Klettermöglichkeiten in einer beeindruckenden, knapp 200 m hohen Felsstruktur. Sie nannten diesen Sektor “Pilastro del Bunker” und richteten von unten die Route Chi vuol esser lieto... lieto sia ein. Mittlerweile ist die Linie ein echter Klassiker, der in grandiosem Ambiente durch die ganze Wand führt und tolle Kletterei im 5. Grad bietet. Daraufhin folgten weitere Erschließungen in Richtung des Ortes Portovenere, es entstanden z.B. die Linien Supernova (7 Seillängen in bestem Fels und

Sandro Trentarossi 1987, Spigolo delle Meraviglie 6b+ (© Arch. Trentarossi); Davide Battistella 1986, Morte Subito 7b+ (© D.Santini) Roberto Vigiani 1986, Gonna Fly now 7a Parete Centrale (© D. Battistella); Mattia Di Bono 1987, Futura 7a+ Parete Centrale (© D.Santini) Giacomo Bertoncini, Shake 7b Specchio di Atlantide (© Davide Battistella)

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Schwierigkeiten bis 6b+, Di Bono u. Manicardi) oder die schwierige Tempi duri (die erste 7a in Muzzerone, die von unten eingerichtet wurde, Vigiani u. Battistella). Sandro Trentarossi und Carlo Pecini entdeckten den wunderschönen Pilastro della Discordia und richteten an diesem Pfeiler Sogno Infranto ein, eine tolle Mehrseillängenroute, die senkrecht über dem Meer verläuft. Am gleichen Pfeiler entstand auch ll Ventennale, eine bis zum heutigen Tag kaum begangene Linie. Die Erschließungen fanden aber noch kein Ende. In den darauffolgenden Jahren wurden die Sektoren Parete Dimenticata, Cayenna, Mandrachia alta und bassa, Pilone di Cayenna sowie Poveriera entdeckt und erschlossen. Der letztgenannte Sektor entwickelte sich schon bald wegen der guten Felsqualität und Schönheit der mittelschweren Routen zu einem vielbesuchten Gebiet. In den 90er Jahren entstanden die beiden vielleicht schönsten Sektoren von Muzzerone: Specchio di Atlantide, mit einem Ambiente, das fast der Verdonschlucht ähnelt (hier richtete Vigiani die beiden schwierigen Linien No Siesta 8b und Rosa Shocking 8b ein und punktete sie auch), sowie Atlantide, eine traumhafte Wand mit vielen Platten und Überhängen und direkt über dem Meer gelegen. Garimpo nennt sich der bislang zuletzt erschlossene Sektor, er liegt ebenfalls in einer sehr schönen Umgebung und bietet Routen bis zum Grad 8b. An dieser Stelle sei ein kleiner Einschub erlaubt, um ein paar Worte über einen italienischen Kletterer zu verlieren, der 1989 die Schwierigkeitsgrade in Muzzerone richtig in die Höhe trieb.

Marcello Bruccini punktete damals im Alter von erst 14 Jahren schon nach wenigen Versuchen die Route Delirium post Mortem (7c) an der Parete Centrale und im Jahr darauf Gilgamesch (8a) am Specchio di Atlantide. Weitere schwierigste Linien, allesamt im Sektor Specchio, folgten: Cuor di Leone sowie No Siesta und Rosa Shocking, die letzteren mit 8b bewertet und von Vigiani eingerichtet. Bruccinis Taten markierten einen Höhepunkt in der Klettergeschichte in Muzzerone, auch wenn in jüngerer Zeit der erst 18-Jährige Giacomo Bertoncini, ein Kletterer aus der Toskana, fast alle schwierigen Linien in Muzzerone punkten konnte (u.a. den Klassiker No Siesta). Höchste Schwierigkeitsgrade werden mittlerweile schon im Kindesalter bewältigt, es kann also wenig verwundern, wenn solche Leistungen und Taten auch bei den schwierigsten Routen in Muzzerone mehr oder weniger an der Tagesordnung sind. Bis zum heutigen Tag sind die Locals immer auf der Suche nach neuen Wegen und kümmern sich gleichzeitig um die Sanierung der alten Routen. Davon zeugen beispielsweise Linien wie Trident (5 SL, Einstieg direkt am Meer, erschlossen von Vigiani), Coup de foudre (3 SL bis 7b am Pilastro dell’Infinito, mit einem atemberaubenden Panorama, erschlossen von Battistella), Poseidon (Einstieg direkt am Meer, erschlossen von Vigiani) sowie weitere Routen in der Gegend von Porto Venere. Mittlerweile sind die meisten Sektoren, zumindest was kurze Linien betrifft, komplett erschlossen, aber es bleibt definitiv noch Potenzial für weitere lange Routen mit Einstiegen direkt am Meer. Lassen wir uns überraschen!

Marcello Bruccini, Colpo di Bianco 7c Atlantide (© Davide Battistella)

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GEOGRAPHIE Der Monte Muzzerone bildet den Schlusspunkt einer langen Bergkette, die beim Monte Zappa vom Ligurischen Apennin abzweigt und gleichzeitig die Wasserscheide zwischen Vara und Riviera bildet. Das Gebiet wird im Nordwesten vom Nationalpark der Cinque Terre und im Südosten von den Orten Porto Venere bzw. den Inseln Palmaria, Tino und Tinetto begrenzt.

An der Westseite des Muzzerone fallen steile, beeindruckende Felswände teils bis auf Meereshöhe ab, an der Ostseite dagegen neigt sich das Gelände ganz allmählich bis auf Meeresniveau bei den Orten Le Grazie und Porto Venere. In einem relativ kleinen Radius trifft man hier auf eine ursprüngliche, ja wilde Landschaft und gleichzeitig auf ganzjähriges, geschäftiges, touristisches Treiben rund

Die Klettergärten in Muzzerone und die Inseln Palmaria und Tino (© Davide Battistella)

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um den sogenannten Golfo dei Poeti. Innerhalb des im Jahr 2001 eingerichteten Regionalparks Porto Venere ist der Monte Muzzerone Teil eines geschützten Gebiets, in dem die die landschaftlichen, historischen und kulturellen Gegebenheiten bewahrt und gleichzeitig die touristische Erschließung gefördert werden sollen, ohne dabei den Schutz der Umwelt aus den Augen zu verlieren.

Flora Ein mediterranes Klima (heiße Sommer mit wenigen Niederschlägen, regnerische und milde Winter) bestimmt die Entwicklung und Anpassung der Vegetation um die Felswände in Muzzerone. Es finden sich vor allem hartblättrige und immergrüne Gewächse (Bäume, Sträucher und Gräser), was zum einen auf die im Sommer gerin-

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ge Verfügbarkeit von (Grund-)Wasser bzw. wenige Niederschläge zurückzuführen ist als auch auf die Notwendigkeit, die Verdunstung zu verringern und sich vor der Sonnenhitze zu schützen. Im Winter bietet sich Pflanzen mit solchen Eigenschaften eine Möglichkeit, auch während der kältesten Monate auf interne Wasservorräte zurückzugreifen (die Umgebungstemperatur sinkt praktisch kaum unter den Gefrierpunkt und das Wasser in den Pflanzen gefriert deshalb nicht). Die Vegetation in Muzzerone ist eine Welt der sogenannten „Macchia“, die sich hier in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstufen darstellt. In einer felsigen Strauchheide entwickeln sich anfangs meist Aromapflanzen wie z.B. Italienische bzw. Mittelmeer-Strohblume (Helicrysum italicum bzw. Helicrysum stocheas, Thymian (Thymus vulgaris), Rosmarin (Rosmarinus officinalis) und Gefranste Raute (Ruta chalepensis). Diese letztgenannte Pflanze sieht aus wie ein kleiner Strauß und blüht zwischen April und Juli, ihre Blüten weisen grün-gelbe und gefranste Blätter auf und haben einen ausgeprägten Duft. In geringen Mengen werden sie zum Aromatisieren alkoholischer Getränke verwendet. Die gefranste Raute ist fototoxisch, d.h. sie hat

eine Reizwirkung auf Haut- und Schleimhäute, was auf die in ihr enthaltenen Furochinoline und Furanocumarine zurückzuführen ist. Vor allem unvorsichtige Kletterer erleiden immer wieder leichte Verletzungen, weil sie in Unkenntnis dieser Tatsache ungeschützt mit Händen oder Beinen die Pflanzen berühren und dann Rötungen oder Schwellungen auftreten. In manchen Jahren trifft man schon im Dezember, meist aber eher im Frühjahr auf eine Unzahl von Strauch-Narzissen, die vor allem in der der Nähe der sonnenbeschienenen Felsen wachsen. Häufig zu sehen sind auch diverse Zistrosenarten (Cistus creticus, C. monspeliensis, C. salvifolius) mit schönen rosa- bis weißfarbigen Blüten, der vorherrschende mediterrane Macchiabewuchs zeigt sich mit diversen Arten wie Mastixstrauch (Pistacia lentiscus), Erdbeerbaum (Arbutus unedo), Ginster (Spartium junceum), Lorbeerschneeball (Viburnum tinus), auch Steineichen (Quercus ilex) und Aleppo-Kiefern (Pinus halepensis) sind hier zu finden, aber immer nur vereinzelt und nicht in Form von richtigen Wäldern. Aus unterschiedlichen Gründen verdienen die beiden folgenden Pflanzen eine genauere Betrachtung: die Flockenblume von Porto Venere

Michele Moretti, Non voglio mica la luna 7b, Monte Marcello (© Davide Battistella) Mittelmeermöwe (© Massimo Ginesi)

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BergfĂźhrer Ufficio Guide

ProRockOutdoor

Via Battisti, 25 Camaiore (Lu) Tel. +39 05841942307 mob. +39 3451168661 www.prorockoutdoor.it prorock@toscoclimb.it

Roberto Vigiani

Klettern, Bergsteigen, Skitouren, Canyoning, Trekking, MTB, Klettersteig

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(Centaurea veneris), eine endemische Art, die nur im Vorgebirge von Porto Venere und auf den Inseln vorkommt, sowie der Baum-Wolfsmilch (Euphorbia dendroides), ein Relikt aus dem Tertiär, das sich zum Sommer hin rötlich verfärbt und seine Blätter verliert. Letzterer ist wie die Raute mit Vorsicht zu „behandeln“. Die Pflanze enthält einen Milchsaft, der (ähnlich wie bei der o.a. Gefransten Raute) auf der Haut in Verbindung mit Sonne starke Rötungen bis hin zu Verbrennungen hervorrufen kann. Fauna Beim Klettern oder Wandern im Gebiet des Naturparks trifft man auf eine große Vielfalt von Tieren, die sich geschickt an die besondere Umgebung angepasst haben. Der unter Artenschutz stehende Wanderfalke (Falco peregrinus) nistet in den steilen Meeresklippen, die Steppenmöwe (Laurus cachinnans) sieht (und hört) man natürlich deutlich häufiger! Die Krähenscharbe (Phalacrocorax aristotelis desmarestii) ist eine

nahe Art des Kormorans und steht ebenfalls unter Schutz, eine Besonderheit sind auch die Fahlsegler (eine Art der bekannteren Mauersegler). Sehr präsent sind die Kolkraben, die in immer größerer Zahl an der Küste und auf den Inseln anzutreffen sind. Immer wieder wird man Zeuge spektakulärer Luftkämpfe, die sie sich mit den Wanderfalken liefern. Sehr hoch ist auch die Zahl der Kleintiere: Mauergeckos (Tarentola mauritanica) sind ebenso anzutreffen wie Blattfingergeckos, die kleinste der vier „italienischen“ Arten. Sie kommen in Ligurien nur auf den Inseln Tino und Tinetto und an wenigen Orten bei Genua vor und stehe auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion. Am Monte Muzzerone gibt es auch Bestände von anderen Kleinlebewesen, wie beispielsweise Bergmolche (Triturus alpestris), Erdkröten (Bufo bufo), ungiftige Zorn- und Äskulapnattern (Hierophis viridiflavus bzw. Zamenis longissimus) und natürlich trifft man hier auf unzählige Mauereidechsen (Podarcis muralis).

Viola Battistella, Niente per caso 7a+, Parete Centrale (© Davide Battistella) Osterglocken (© Davide Battistella)

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Wanderfalke (© Massimo Ginesi)


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KLIMA UND WETTER Im Allgemeinen herrscht im Gebiet von Muzzerone ein mildes, typisch mediterranes Klima vor. Im Winter ist es nie sehr kalt; die Felswände sind meistens nach Westen ausgerichtet und damit bestens vor dem kaltem Tramontana-Wind, der an wenigen Tagen aus dem Osten bläst, geschützt.

Das bedeutet aber auch, dass die allermeisten Wände den westlichen bis südlichen Winden vom Meer her komplett ausgeliefert sind, was in der Tat sehr unangenehm sein kann. Die beste Kletterzeit ist Herbst bis Frühjahr; im Sommer sollte man besser schon am frühen Morgen oder späten Nachmittag, wenn eventuell ein frisches Lüftchen weht, unterwegs sein.


Der Sektor Polveriera ist der einzige, in dem auch bei (leichtem!) Regen geklettert werden kann.

Webseiten: www.ilmeteo.it www.meteospezia.it www.meteoliguria.it

Die Klettergärten in Muzzerone und die Inseln Palmaria und Tino (Š Luca Angelotti)

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Stützpunkte Als Übernachtungsmöglichkeit bieten sich an: - Rifugio Muzzerone 10 Betten Tel. 340 8098720 (Ettore) Die Schutzhütte liegt am Sentiero Nr. 1, etwa 10 Min. zu Fuß vom Monte Muzzerone und 25 Min. von Porto Venere entfernt. Ihre Lage ist für Kletterer und Wanderer perfekt, zudem dient sie als Operationsbasis für die Bergrettung La Spezia. - CEA Porto Venere Via del Comune, 1 Porto Venere Tel. 0187 792606 info@ostelloportovenere.it -Ostello Tramonti Via Filzi, 110 Biassa (La Spezia) Tel. 0187 758507 www.ostellotramonti.it

- B&B La Batteria via Garibaldi, 12 Porto Venere Tel. 3317901745 www.labatteriaportovenere.com - Hostel Cinque Terre Manarola (Gemeinde Riomaggiore) Tel. 0187 920215 www.hostel5terre.com - Weitere Hotels in Le Grazie und Porto Venere Campingplätze in Lerici (30 km), Levanto (50 km), Bocca di Magra (40 km). Freies Campen ist verboten. Nach dem Klettern empfehlen wir: - Bar Luigi Via Gallotti, 90 Fezzano (Porto Venere) Tel. 347 2772123 - Pizza e Farinata Santoni Viale Italia, 38 La Spezia Tel. 347 4920857

Die Kirche San Pietro di Porto Venere, im Hintergrund die Felsen von Muzzerone (© Andrea Costaguta)

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(© Luca Angelotti)


rifugio muzzerone trek climb & sea

Wo man sich wohl fühlt - inmitten der Natur, nahe bei Klettergärten und Meer Wunderschöne Panoramalage. Küche mit regionalen Spezialitäten, 14 Betten. Ganzjährig geöffnet. Ausflüge und Kletterkurse unter Leitung von Bergführern.

www.rifugiomuzzerone.it rifugiomuzzerone@libero.it Tel. 340 8098720 Meldestelle Bergrettung

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BERGRETTUNG Bei Unfällen mit der Notrufnummer 118 die Bergrettung La Spezia alarmieren. Bei der Meldung: - den Zustand des/der Verletzten präzisieren (bei Bewusstsein, Atmung...) - die Zahl der Verletzten angeben - den genauen Ort durchgeben (Sektor, Route, welche Seillänge) - auf die Rettungsmannschaft warten

HINWEISE und EMPFEHLUNGEN Die Klettergärten von Muzzerone sind Bestandteil das Naturparks Porto Venere und deshalb für den Naturschutz von großer Bedeutung. Es ist das ganze Jahr über strengstens verboten, Feuer zu machen oder Pflanzen, Blüten, Felsen, Mineralien oder Fossilien zu entfernen bzw. mitzunehmen. Staatsförster, Polizisten und Carabinieri wachen aus diesem Grund aufmerksam und mit konstanter Anwesenheit über die ganze Region. Das ganze Gebiet ist unter Naturschutzaspekten überaus fragil, es sollte deshalb für Jede/n selbstverständlich sein, das kleine und große „Geschäft“ weitab der Felswände zu verrichten und am besten zu vergraben. Nach langen Regenfällen ist bei den Mehrseillängenrouten besonders große Vorsicht geboten. Wegen Steinschlag nimmt man sich dann besser erst Mal gar nichts vor und wenn doch, dann klettert man keinesfalls ohne Helm!

Elisa Spigai, O sole Mio 6a, La Caienna (© Davide Battistella)

Edicola Le Grazie Via Libertà, 267 Le Grazie Tel. 348 8838122

colazioni cucina aperitivi take away

Bar RICCI Via Liberta‘, 255 Le Grazie Tel. 0187 777706

Bar Ricci - Le Grazie

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KLETTERSHOP ALP STATION Variante Aurelia, 7 Sarzana (SP) Tel. 0187 624389


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ANFAHRT/ZUSTIEG Mit dem Auto Die Autobahn A15 mündet in La Spezia in die Via Cadrucci, an deren Ende man auf eine weitere breite Straße trifft (Viale Italia), der man nach links Richtung Porto Venere folgt. Am Hafenbecken entlang dann weiter, rechts in die Viale Amendola und nach ca. 850 m an der Ampel links in die Via Fieschi. Die Straße führt über Orte Marola, Cadimare und Fizzano weiter nach Le Grazie. Kurz vor diesem Ort trifft man rechts auf eine Abzweigung, an der das Schild „Palestra di Roccia“ auf Zufahrt zu den Klettergärten hinweist (gegenüber vom Parkplatz einer Öffentlichen Fürsorgeeinrichtung). Hier also rechts abzweigen und weiter bergauf fahren. Nach 4 km zweigt man an einer Kreuzung links ab, fährt bergab und ist nach einigen Kehren im Klettergebiet Muzzerone angelangt. Die Anfahrt zu den Parkplätzen der jeweiligen Sektoren ist in den betreffenden Kapiteln beschrieben.

Zu Fuß Von Porto Venere sind die Klettergärten auch zu Fuß erreichbar: direkt hinter dem Schloss beginnt der Wanderweg Nr. 1, der steil, aber gut markiert nach 30 Min. Aufstieg zum einem der Zustiegswege der jeweiligen Sektoren führt. Mit dem Boot/Schiff Von der Molo Italia in La Spezia aus führen ca. stündlich Schiffsverbindungen nach Porto Venere bzw. Le Grazie (ca. 30 Min. Dauer, Infos unter (www. navigazionegolfodeipoeti.it; Tel. 0187 732987). Boot: Kontaktiert Diego „Palmaria Noleggio“ in Porto Venere, Tel. 3388548957. Mit der Bahn Alle Verbindungen zwischen Genua und Livorno bieten einen Halt im Bahnhof La Spezia; ab dort fährt man mit der Buslinie 11/P weiter nach Porto Venere (Infos unter www.atcservizio.it; Tel. 0187 522511) Mit dem Flugzeug Internationaler Flughafen Cristoforo Colombo bei Genua, ca. 100 km entfernt. Internationaler Flughafen Galileo Galilei bei Genua, ca. 90 km entfernt. Porto Venere (© Davide Battistella)

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www.bluverticale.it

Jenny Lavarda, Trident (Ph Massimo Ginesi)


Einleitung

Fels- und Klettercharakteristik Die Felswände in Muzzerone wie auch die der benachbarten Inseln Palmaria und Tino bestehen aus bestem Kalk und weisen vielen Leisten und Tropflöcher auf. Dies führt zu einem technisch anspruchsvollen und eleganten Kletterstil, bei der Fingerkraft und gute Fußtechnik unabdingbar sind. In den allermeisten Klettergärten trifft man auf strukturierte Platten, aber auch einige Überhänge fehlen nicht. Wer Ausdauerkletterei an Sintern sucht, ist im Sektor Polveriera gut aufgehoben; im Sektor Specchio dí Atlantide sollte man/frau ein gehöriges Maß an Fingerkraft und ebenso viel Mut bzw. eine gute Psyche mitbringen, da die Ausblicke in den Routen jenen in der Verdonschlucht in nichts nachstehen. In der Region Muzzerone gab es einstmals viele Steinbrüche, von denen aber nur noch einer in Betrieb ist. Dort wird ein besonderer, mikrokristalliner, schwarzer Marmor abgebaut, der sehr wertvoll ist und in die ganze Welt exportiert wird. Absicherung und Material Fast alle Routen sind gut mit geklebten Ring- oder Bohrhaken aus rostfreiem Stahl abgesichert, nur in wenigen Linien trifft man noch auf alte Haken. Eine Gruppe von Locals kümmert sich im Augenblick um die Sanierung aller Sektoren. Wegen der Nähe des Meeres ist die Lebensdauer bzw. Abnutzung des Materials von besonderer Bedeutung. Deshalb sollte man viel Vorsicht walten lassen und, falls man bei Zustiegen auf Fixseile trifft, diese sowie deren Verankerungen auf alle Fälle erst kontrollieren. Ein Helm ist für die Mehrseillängenwege unbedingt empfehlenswert, vor allem in den Sektoren Parete Striata und Atlantide bassa ist nach langen Regenfällen Steinschlag ein ziemlich großes Problem. Ein 60-Meter-Seil reicht aus, Klemmkeile und Friends sind immer wieder nützlich, vor allem in den langen Routen, wo auch ein paar Bandschlingen für die Standplätze hilfreich sind. Schwierigkeitsbewertung Eine exakte Schwierigkeitsbewertung von Kletterrouten ist, wie immer, problematisch - natürlich habe ich versucht, so objektiv wie möglich zu sein und habe auch die Meinung vieler anderer Kletterer zu den Routen eingeholt. Bei den Mehrseillängenwegen wurde, abgesehen von der allgemein üblichen Anwendung der fran-

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zösischen Skala, die in allen Kletterführern von Versante Sud angewandte „erweiterte Bewertung“ berücksichtigt. Danach sind drei diverse Parameter in Betracht zu ziehen: die technische Schwierigkeit, die Absicherung und der generelle Anspruch. Um eine genaue Vorstellung von einer Route zu bekommen, ist es also notwendig, immer alle drei Parameter zu betrachten, weil keiner für sich allein die notwenigen Informationen für eine Wiederholung liefern kann. DIE KLETTERTechnische Schwierigkeit Für alle Routen – egal, ob klassischen Charakters, ob mit Bohrhaken oder nicht abgesichert – gilt die französische Bewertungsskala. In jedem einzelnen Fall wird der maximale wie der obligatorische Grad angeführt. Vereinzelt wird auf die Anzahl jener Passagen verwiesen, die mittels technischer Kletterei bewältigt werden müssen (oder können). DIE BEWERTUNG DER Absicherung In der verwendeten Skala werden ausschließlich die Hakenabstände sowie die Vertrauenswürdigkeit der Absicherungen berücksichtigt: „S“ gilt dabei für eingebohrte Routen und „R“ für jene, die nicht oder mithilfe von Normalhaken abgesichert sind. Im Falle gemischter Touren stößt man auf „RS“. Die besagte Skala weist 6 Stufen auf, wobei sich das Niveau R6 auf eine beinahe oder zur Gänze nicht abzusichernde Seillänge bezieht – ein Sturz kann mitunter tödlich enden. Es handelt sich hierbei um eine offene Skala. DER GENERELLE ANSPRUCH Bei der Bewertung des generellen Anspruchs, der Umgebung, der Schwierigkeiten eines Rückzugs und der Entfernung vom Tal einer Route wurde die klassische französische Skala durch das amerikanische Bigwall-Bewertungssystem ersetzt, das mit römischen Ziffern von I bis VII (nach oben offen) ausgedrückt wird und das sich u.a. auch an der technischen Schwierigkeit orientiert. Weitere Klettergebiete in der nähe Valle di Vinca 40 km. Toskana Camaiorese 60 km. Toskana Vecchiano 74 km. Toskana Pietra di Bismantova 100 km. Emilia Romagna Finale Ligure 170 km. Ligurien


DIE BEWERTUNG DER ABSICHERUNG S1

Absicherung mit Bohrhaken wie im Klettergarten. Der Hakenabstand ist nie größer als 3-4 Meter. Potenzielle Sturzlänge beträgt höchstens ein paar Meter, und ein Sturz ist ohne Folgen.

S2

Größerer Hakenabstand mit zwingenden Kletterpassagen. Potenzielle Sturzlänge beträgt höchstens 10 Meter, und ein Sturz hat keine Verletzungen zur Folge.

S3

Weiter Hakenabstand mit meist zwingenden Kletterpassagen. Der Abstand kann auch größer als 5 Meter sein, weite Stürze bleiben aber ohne schwere Folgen.

S4

Sehr weiter Hakenabstand über 7 Meter mit zwingenden Kletterpassagen. Sturz kann Verletzungen zur Folge haben.

S5

Sehr weiter Hakenabstand über 10 Meter mit zwingenden Kletterpassagen. Sturz auf Terrassen, Bändern oder Boden hat sicherlich Verletzungen zur Folge.

S6

Nur teilweise mit Bohrhaken abgesichert, Sicherungspunkte weit von den Schlüsselstellen entfernt, Abstände bis zu 20 Meter. Ein Sturz kann tödlich sein.

R1

Leicht abzusichern, mit guten und zahlreichen Zwischensicherungen. Sehr wenige zwingende Kletterpassagen. Potenzielle Sturzlänge beträgt wenige Meter, und ein Sturz ist ohne Folgen.

R2

Mittelmäßig abzusichern, mit guten, aber weniger Zwischensicherungen. Zwingende Kletterpassagen zwischen den Sicherungspunkten. Potenzielle Sturzlänge beträgt höchstens ein paar Meter, ein Sturz ist ohne Folgen.

R3

Schwer abzusichern, mit nicht immer guten und weit entfernten Zwischensicherungen. Lange zwingende Kletterpassagen. Potenzielle Sturzlänge beträgt maximal 7-8 Meter, ein Sturz kann Verletzungen zur Folge haben.

R4 Schwer abzusichern, mit schlechten oder unzuverlässigen und weit entfernten Zwischensicherungen, die nur einen kurzen Sturz halten würden. Lange zwingende Kletterpassagen. Potenzielle Sturzlänge beträgt bis zu 15 Meter mit der Möglichkeit, dass Zwischensicherungen ausbrechen, ein Sturz hat wahrscheinlich Verletzungen zur Folge.

R5

Schwer abzusichern, mit schlechten und unzuverlässigen und weit entfernten Zwischensicherungen, die nur einen kurzen Sturz halten würden. Lange zwingende Kletterpassagen. Lange Stürze sowie das Ausbrechen von Zwischensicherungen sind wahrscheinlich. Sturz hat sicher Verletzungen zur Folge.

R6

Abgesehen von kurzen Stellen unmöglich abzusichern, Sicherungspunkte weit von den Schlüsselstellen entfernt. Ein Sturz kann tödlich sein.

DIE ALLGEMEINEN ANFORDERUNGEN I

Kurze Route in Nähe der Straße mit bequemen Zustieg. Sonnige Lage, kurze Kletterzeit und einfacher Rückzug möglich.

II

Mehrseillängenroute an einer über 200 m hohen Wand. Leichter, eventuell aber langer Zustieg. Einfacher Rückzug möglich.

III

Mehrseillängenroute an einer über 300 m hohen Wand in alpinem Gelände. Lange Kletterei mit anstrengendem Zustieg und kompliziertem Rückzug.

IV

Sehr lange Route an einer über 500 m hohen Wand in schwierigem alpinem Gelände. Kletterzeit beträgt einen ganzen Tag, komplizierter Rückzug, nicht immer entlang der Aufstiegsroute.

V

Sehr lange Route im „Big Wall“-Stil, die normalerweise ein Biwak in der Wand erfordert. Der Rückzug in alpinem Gelände kann äußerst schwierig sein.

VI

Eine „Big Wall“-Route, die einige Tage in der Wand erfordert, in hochalpinem Gelände; der Rückzug ist äußerst schwierig.

VII Route kann mit einer „Big Wall“ aus dem Himalaja verglichen werden; große alpinistische Schwierigkeiten werden mit Hilfe einer Expedition bewältigt.

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Einleitung

BIBLIOGRAFIE Le guide di Alp, Luoghi della libera 1, Vivalda Editore, 1987 D. Battistella, R. Vigiani, Muzzerone. Guida alle arrampicate, CAI La Spezia, 1988 A. Churcher, Italian Rock selected climbs in northern Italy, Cicerone Press, 1988 D. Battistella, Muzzerone. Guida alle arrampicate, CAI La Spezia, 1994 F. Pierpaoli, Il sale sulle mani, Publipres Editrice, 1999 F. Pierpaoli, Di sasso di sale di sole, Microart’s Edizioni, 2005 C. Roccati, L’altimetro segna zero, Le Mani, 2007 D. Battistella, Muzzerone e Levante Ligure, Edizioni Versante Sud, 2008 C. Roccati, Onde di pietra, Idee Verticali, 2012 E. Alamichel, Faces à la mer, Editions Gap, 2014 ROTPUNKTBEGEHUNGEN No siesta, 8b Specchio di Atlantide Rosa shocking, 8b Specchio di Atlantide Fuga da boux, 8a+ Specchio di Atlantide Violante, 8a+ Mandrachia alta Gilgamesch, 8a Specchio di Atlantide Signor Dobberman, 8a Garimpo Variante, 8a Atlantide bassa

Roberto Vigiani Roberto Vigiani Roberto Vigiani Davide Battistella Roberto Vigiani Marcello Bruccini Marcello Bruccini

Elisa Mazzoni , Ovomaltina 7a, Specchio di Atlantide (© Davide Battistella)

piatti tipici liguri del forno e della cucina

menu Portovenere ~ due piatti tipici,dolce, bevande incluse € 25,00 Consigliata la prenotazione tel. 3472601008 via Olivo, 29 Portovenere


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Hinweise zum Führer Schönheit

ÙÙÙÙ

Wunderschön

ÙÙÙ

Schön

ÙÙ

Ganz gut

Ù

Mittelmäßig

ÙÙÙÙ

Ausgezeichnet

ÙÙÙ

Gut

Ù

ÙÙ

ÙÙ

Mittel Stark

Ù

Sehr schlecht

Parkplätze

ÙÙÙÙ

Sehr stark

QR-Code Wandfuß

Ù

Nicht ausreichend

ÙÙ

Mittelmäßig

Genügend

ÙÙÙ

ÙÙÙ

Bequem

Ù

Schwach

ÙÙÙ

ÙÙ

Vorsicht

Bequemlichkeit

Unbequem

Besucherandrang

Absicherung

QR-Code Videoclips

Viele

ÙÙÙÙ

Sehr viele

ANMERKUNG: Die angeführten GPS-Koordinaten für den jeweiligen Wandfuß sind nur als Hinweis auf die Lokalisierung der Kletterwände zu verstehen. Weil mit diesen Daten keine Wegbeschreibung verbunden und das Gelände sehr steil ist, dürfen die Daten keinesfalls allein für den Zustieg benutzt werden. Viele der Fotos in diesem Führer und alle Videoclips, die mittels des QR-Codes heruntergeladen und angeschaut werden können, wurden von Luca Angelotti mit Hilfe einer Drohne gemacht. Eine QR-Codelese-Software kann kostenlos bei Google Play oder App Store heruntergeladen und auf dem Smartphone installiert werden. Mit eine solchen App kann man auch auf weitere Informationen in anderen Führern von VersanteSud zugreifen (beispielweise die GPS-Koordinaten der Parkplätze oder komplette Zustiegstracks). Und natürlich verpasst man nicht die besonders in diesem Führer sehr spektakulären Videoclips!

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Dani Fuertes, Rodellar, Spain camera Javi Pec

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01

Muzzerone

GARIMPO WEST

Ein großartiger Blick über das gesamte Gebiet von Muzzerone bietet sich in diesem kleinen, etwas abseits und hoch über dem Meer gelegenen Sektor. Der Zustieg dauert etwas länger und die Routen liegen meist im oberen Schwierigkeitsbereich: Es verwundert also kaum, dass dieser Sektor nicht gerade stark frequentiert wird. Alle Linien sind überhängend, gleichzeitig sehr technisch und fordern eine gute Portion Fingerkraft. Der Wandfuß ist ziemlich abschüssig, weshalb etwas Vorsicht angebracht ist. Die Absicherung der Routen mit Bohr- und Klebehaken ist gut und wer Sonne sucht, findet sie hier am Morgen.

Wandausrichtung

ÙÙÙ Schönheit

ÙÙ

Absicherung

Ù

Besucherandrang

ZUGANG Kommt man von Le Grazie, trifft man gleich nach dem Sattel namens “Derby” (noch vor dem Steinbruch, von dem aus ein Weg zum Sektor Parete Centrale führt) auf eine markante Kehre Richtung Meer. Gleich danach parkt man auf einem kleinen Platz. Von hier führt ein Pfad bergab in Richtung Meer bzw. eines markanten Pfeilergipfels. Diesen erreicht man aber nicht ganz, sondern geht vorher rechts bergab bis zu einem Felsaufschwung, der mit einem Seil gesichert ist, und dann weiter zum Wandfuß. Gehzeit insgesamt ca. 10 Min. Den zweiten Bereich des Sektors erreicht man auf einem nicht ungefährlichen Weg (Fixseil), der um kleine Felswand herum und zu den Einstiegen der Routen 9–12 führt. Wegen des gefährlichen Zustiegs und der alten Absicherungen raten wir aber von einem Besuch dieses Bereichs ab.

ÙÙ

Bequemlichkeit

ÙÙÙÙ Parkplätze

10 Minuten Zustieg

Ja - Nein Anfänger

Ja - Nein Regensicher

Ja - Nein

Familienfreundlich

Ja - Nein

Mehrseillängenrouten

1 1 1 1

2 2 2

1

1

<5a 5a 5b 5c 6a 6b 6c 7a 7b 7c 8a 8b 8c 9a ?

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Mattia Parsi, Spettacolo 7c (© Luca Polucci)


Festung Steinbruch

LE GRAZIE SELLA DI DERBY

Atlantide

Wanderweg 1

GARIMPO

Fixseil

Fixseil

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01 Muzzerone Garimpo

1. KEROSENE 2. GARIMPEROS 3. SPETTACOLO 4. MASTROTABELLA 5. MARMOREA 6. SIGNOR DOBBERMAN 7. COMPAGNO CERECOF 8. PASTA E BASTA 9. SENZA NOME 10. SENZA NOME 11. SENZA NOME 12. SENZA NOME

6c 7a 7c 7b+ 7c+ 8a 7b 7a 5c NL 6a 6b

15m 15m 15m 20m 20m 20m 20m 20m 15m 20m 15m 15m

Kurze technische Platte Explosiver Einzelzug Ausdauer an kleinen Griffen Schöne Platte, viel Intuition Fingerkraft und Bewegungsgefühl Ausdauer an kleinen Griffen Technische, überhängende Platte Schöne Einzelstelle in kleinen Überhang Technische Platte Reibungskletterei, Bewegungsgefühl Fußtechnik ist ausschlaggebend

GARIMPO

7c+ 7b+

6c 7a

?

8a

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Viola Battistella, Kerosene 6c (© Davide Battistella)

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www.montura.it

ALPSTATION SARZANA Via Variante Aurelia, 7 19038 Sarzana (SP) Tel. +39 0187 624389 sarzana@alpstation.it


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