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Geschmackvolle Konsequenzen Mit Doris Daum-Hörtnagl, Hans Plattner und Friedrich Auer ist ein spannendes Familien-Trio damit beschäftigt, die Geschichte des Andrä Hörtnagl fortzusetzen. Mutige Schritte waren notwendig, um mit regionaler Qualität der Marke treu zu bleiben.
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Sein Antlitz ist richtig imposant und knapp 150 Jahre später wohl wegen der eigentümlichen Mode der weit entfernten Kaiserzeit auch furcht- oder besser ehrfurchteinflößend. Buschige Augenbrauen, ausschweifender Backenbart, Augen, die den Betrachter wohlwollend fixieren, aber auch klarmachen, dass gewisse Dinge gar nicht erst in Frage gestellt werden sollten. Das Porträt des Andrä Hörtnagl hängt in der Unternehmenszentrale in Hall und scheint die Mitarbeiter täglich zu ermahnen – zu Qualität und noch mehr Qualität. Schließlich hat er dem führenden Tiroler Wurst- und Fleischproduzenten seinen Namen gegeben. „Ich weiß nicht viel über ihn, außer, dass auch er sehr sozial war. So wie mein Großvater“, lenkt Doris Daum-Hörtnagl, Hauptgesellschafterin der Andrä Hörtnagl Produktion- und Handel GmbH, den historischen Blick erst einmal nicht auf die Wurst, sondern das soziale Engagement ihres Großvaters: „Er hat viele humanitäre Aufgaben übernommen. Nach dem großen Brand in Aldrans hat er ein Zelt aufgestellt, die Menschen versorgt und beim Wiederaufbau geholfen. Ehrenbürger der Stadt Innsbruck wurde er, weil er der Stadt Gründe gegeben hat, um dort Sozialwohnungen zu errichten.“ Die Bezeichnung Hörtnaglsiedlung erinnert daran. Hans Hörtnagl, der Sohn des Andrä, muss ein mit Energie gesegneter Typ gewesen sein. Einer
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mit enormem Weitblick. Er war es, der den Standort Burggraben erwarb und rasch – etwa mit der ersten Kühlvitrine – etablierte. „In den 1930er-Jahren hat er den Hallerauhof erworben und der Firma Hörtnagl geschenkt“, weiß Doris Daum-Hörtnagl, die von ihren Mitarbeitern gerne und respektvoll „Frau Doris“ genannt wird. Der Kauf des großen Bauernhofes in Hall wurde für einen Meilenstein ihrer Zeit entscheidend. „So hatten wir hier in Hall die Gründe, um unsere neue Zentrale zu errichten“, sagt sie. 1996 war das. Und damit begann eine neue Ära. Wieder eine. QUALITÄT ALS KITT. Jede Generation im Haus Hörtnagl setzte Schritte, mit denen die Basis des Unternehmens erweitert und gefestigt wurde. Der Kitt, der die Bausteine zusammenhält, war mit der Qualität der Waren immer derselbe. Die Umstände aber – die Rahmenbedingungen und „der Markt“ – veränderten sich teils grundlegend. „Uns war klar, dass man sich mit dem EU-Beitritt diesem Regelwerk unterwerfen muss. Das waren für uns keine kleinen Schritte, sondern große Sprünge“,
„Das waren für uns keine kleinen Schritte, sondern große Sprünge.“ Hans Plattner
ANDRÄ HÖRTNAGL Metzgermeister Andrä Hörtnagl eröffnete 1863 in Innsbruck ein „kleines Ladele“. Sohn Hans Hörtnagl folgte ihm 1892 und erwarb 1894 den Standort am Burggraben. 1899 heiratete er Anna Plattner. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Ernst Hörtnagl die Führung, 1966 trat sein Sohn Hans gemeinsam mit Hans Plattner die Nachfolge an. 1976 kam Hans Hörtnagl bei einem Flugzeugabsturz ums Leben und seine Schwester Doris Daum-Hörtnagl rückte nach. Gemeinsam mit Hans Plattner (Martin Plattners Enkel) und Schwiegersohn Friedrich Auer führte „Frau Doris“ das Unternehmen in die nächste Ära.
erklärt Hans Plattner, geschäftsführender Gesellschafter der Hörntagl GmbH, einen Hintergrund für den Neubau in Hall. Die Familie Plattner ist gleichsam der zweite Zweig, dessen Wurzeln in Hans Hörtnagls Zeiten zurückreichen. 1899 hatte er Anna Plattner geheiratet, eine Metzgerstochter aus Fulpmes, deren Geschwister in Folge allesamt nach Innsbruck kamen, um bei Hans Hörtnagl zu arbeiten und dabei mitzuhelfen, den Betrieb weiter aus- und aufzubauen. Allen voran Max und Martin Plattner. Letzterer war der Großvater des Geschäftsführers. „Den Onkel Martin habe ich noch gekannt. Er ist wie mein Vater, Ernst Hörtnagl, im Jahr 1966 gestorben“, sagt Doris Daum-Hörtnagl. Auch Ernst Hörtnagl war so ein findiger Unternehmer gewesen. Wurst allein war längst nicht mehr genug. Gerne erinnert sich „Frau Doris“ daran, wie er 1947 mit einer klapprigen Propellermaschine nach Amsterdam geflogen war, um Pilzkulturen für die erste Joghurtproduktion zu besorgen. „Wir Kinder haben den Joghurt dann gerührt. Da waren wir die Ersten“, erinnert sie sich. Schon 1964 im Alter von 21 Jahren hat sie begonnen, im Unternehmen mitzuarbeiten – anfangs als Angestellte, dann als Leiterin verschiedener Filialen. Sämtliche Entwicklungen der Firma hat sie mitgemacht, die Branche nicht nur vor Ort, sondern auch durch Praktika im Ausland kennen gelernt. Die tragischen