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Mit dem Top Mountain Crosspint (o. li.), welches das höchstgelegene Motoradmuseum (o.re.) beheimatet, verwirklichten die Brüder Scheiber ein Mammutprojekt, das auch architektonisch eine Besonderheit darstellt. Genauso wie der auf 3.080 Metern Seehöhe gelegene Top Mountain Star (u. re.). Alban Scheiber sen. (u. li.) hinterließ seinen Söhnen mehere Unternehmen, darunter auch die Schischule. Überall packen die Scheibers selbst mit an – das hat lange Tradition in der Familie.
TOP MOUNTAIN BETRIEBS GMBH Die Anfänge der heutigen Hochgurgler Gruppe, die das TOP Hotel Hochgurgl, das Schigebiet, die Schischule, mehrere Gastronomiebetriebe, einen Sportund Modehandel und nun auch ein Motorradmuseum umfasst, liegen in den späten 1950er- Anfang 1960er-Jahren, als Angelus Scheiber mit seinem Sohn Alban Scheiber Hochgurgl erschloss. Alban und seine Frau Lotte Scheiber zogen sich in den 1990er-Jahren sukzessive zurück und übergaben die Unternehmungen an seine Söhne Alban und Attila Scheiber. Die Gruppe beschäftigt heute 200 Mitarbeiter.
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den das Familienerbe nicht antreten. Es war einfach klar – in ihrem Fall ist das Unternehmen die Familie und umgekehrt. Der Weg war vorgezeichnet. „Man hat ja auch die Tradition seiner Vorfahren weiterzuführen, das ist eine Verantwortung, die man quasi in die Wiege gelegt bekommt“, meint Alban Scheiber. DIE EIGENE WELT. Die Brüder sind hier geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen, haben den Umgang mit den Gästen von Kindesbeinen an kennengelernt. Als Kinder spülten sie Geschirr auf den Skihütten, räumten auf, halfen hier und dort. Das war völlig normal, und das bindet auch. Es folgte die Hotelfachschule, dann viel Zeit im Ausland. Mit 15 Jahren jobbten sie im „Vier Jahreszeiten“ in München, machten Praktika in Paris und Amerika. Nach ihrem Schulabschluss kamen sie im Winter nach Hause, zum Arbeiten. Im Sommer zog es sie hinaus – nach Japan, nach Australien, Spanien, in die USA – „zum Arbeiten, schon klar?“ Irgendwann machte der Vater deutlich, dass es ihm lieber wäre, seine Söhne wären zuhause, denn es gab viel zu tun: Der Top 2-Lift wurde vom Schlepplift auf eine Vierer-Sesselbahn umgebaut, ein Personalhaus und ein Hotel wurden errichtet. Also sagten die beiden mit 28 Jahren der weiten Welt Lebewohl, um ihre eigene zu gestalten. Der Vater übergab ihnen prompt den größten Teil der Betriebe. Ihm war klar, dass seine Söhne Führungskraft hatten und sie auch leben wollten. „Es war für uns nicht unwichtig, dass wir dann
auch Besitzer waren“, so Attila Scheiber. Die Jahre der Vorbereitungen, des Lernens, des Hocharbeitens und Kennenlernens aller Facetten der Betriebe waren wichtig,, „damit wir uns in unseren Unternehmen gut auskennen. Es war und ist für uns von enormer Bedeutung, niemals von jemandem abhängig zu sein.“ Deshalb haben die beiden alle Stationen durchgemacht – vom Tellerwaschen über das Sprengen von Lawinen bis hin zum Managen, in jedem Betrieb begannen sie quasi bei null. Jede der Unternehmungen hatte ihre eigenen Herausforderungen. Und mit jedem Schritt, den die junge Generation nach vorn machte, zogen sich die Eltern zurück. VERANTWORTUNG. Hochgurgl spielt heute in der Topliga der Winterdestinationen. „Dafür müssen wir uns permanent auf die Hinterbeine stellen. Doch der Lohn ist, dass wir der bestausgebuchte Wintersportort in Europa sind, mit über 130 Vollbelegungstagen, wer hat das sonst? Die Infrastruktur, unsere breiten Pisten, die Förderkapazität – wir lassen gerade ausrechnen, wie viel Hektar Piste wir pro Skifahrer haben. Ich bin mir sicher, dass wir weltweit ganz weit vorn dabei sind“, so Alban Scheiber. Platz auf der Piste geht Hand in Hand mit dem Thema Sicherheit, das zieht Gäste an – gute Gäste, die zahlungskräftig sind, „die den Preis bezahlen, die unsere Betriebe haben müssen. In den fünf Monaten, in denen wir geöffnet haben, müssen wir so wirtschaftlich arbeiten, dass wir auch wieder inves-
tieren können.“ Einfach sei das nicht, und hier stimmen die Scheibers in das Klagen der Unternehmer über enorme steuerliche Belastungen und Personalkosten mit ein. Unternehmer zu sein, sei nicht leichter geworden. „Man muss es sich wirklich gut überlegen, bevor man einen Mitarbeiter mehr beschäftigt – selbst bei unserer Größe.“ Ein „normal“ laufender Betrieb reiche nicht aus, um die Kosten zu decken, „es muss schon sehr gut laufen, von A bis Z krachen“. Und es geht dabei auch um Verantwortung. „Wir sind einer der größten Arbeitgeber im Tal, beschäftigen im Winter über hundert einheimische Mitarbeiter, deren Familien auch davon leben. Ohne die touristische Inszenierung hätten wir alle keine Chance, hier bleiben zu können.“ GLÜCK HABEN. Angesichts der enormen Herausforderungen wundern sich die Brüder nicht darüber, dass viele Betriebe im touristischen Bereich ein Nachfolgeproblem haben. „Dieser Job verlangt einem alles ab. In unserem Fall arbeiten auch unsere beiden Frauen Sabine und Jasmin voll in unseren Betrieben mit – das ist ein Glück, das wir sehr zu schätzen wissen.“ Ohne dieses Engagement der ganzen Familie wären viele Dinge nicht umsetzbar. „Wenn aber zudem die Rahmenbedingungen schwierig sind – und das sind sie –, wer macht diesen Job dann noch?“ Das Thema Nachfolge beschäftigt sie. Ihre Kinder haben den Weg der Väter bereits eingeschlagen, sie besuchen die Hotelfachschule und „zeigen im Moment auch Interesse an der Nachfolge, aber selbstverständlich ist das nicht“, lassen die Brüder eine Spur Sorge durchklingen. Sie sprechen viel mit der nächsten Generation, machen es so wie bereits ihr Vater, der ihnen das Unternehmen von klein auf nahe gebracht hat. Aber letzten Endes kann man nichts voraussetzen: „Es gibt Faktoren, wo man als Unternehmer auch einfach Glück haben muss.“ SN ❧