eco.nova Juni 2022

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NEUES VOM EU-GREEN-DEAL Von der lichten Ankündigung des Green Deal für Europa bis in die komplexen Ebenen der alltagsrelevanten Regelungen mag es mitunter ein beschwerlicher Weg sein. Diesen verfolgt die Europäische Kommission aber mit Nachdruck und setzt dabei unter anderem auf Information der Verbraucher. T E X T : I V O R U N G G , B I N D E R G R Ö S S W A N G R E C H T S A N W Ä LT E , I N N S B R U C K

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eben der geplanten Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte sollen im Zuge des Green Deals umfangreiche Informationsanforderungen in einer Änderung der Verbraucherrechterichtlinie festgeschrieben werden. Daneben rücken auch die ökologischen Werbebotschaften stärker in den Fokus. Konkret hat die Kommission neue Gesetzesentwürfe vorgestellt, welche verpflichtende Verbraucherinformationen unter anderem zur Langlebigkeit sowie der Möglichkeit von Reparaturen und Recycling von Waren einführt und die Vorschriften im Lauterkeitsrecht zum Schutz der Verbraucher vor unglaubwürdigen oder falschen Umweltaussagen (sogenanntes „Greenwashing“) stärken und präzisieren. Die neuen Informationsanforderungen verpflichten Händler, Verbrauchern Informationen zu Haltbarkeitsgarantien, Software-Aktualisierungen und Reparierbarkeit zur Verfügung zu stellen. Wenn der Hersteller eines Verbrauchsgutes eine Garantie zur Lebensdauer (Haltbarkeit) über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren anbietet, ist diese Information ebenfalls verpflichtend anzugeben. Bei energiebetriebenen Waren ist darüber zu informieren, dass solche Angaben nicht bereitgestellt werden. Darüber hinaus müssen Verkäufer regelmäßig auf der Grundlage von Kennzahlen dazu Angaben machen, ob das Produkt repariert werden kann, etwa zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder von Reparaturanleitungen. Bei intelligenten Geräten und digitalen Inhalten und Diensten muss der Verbraucher auch über vom Hersteller bereitgestellte Software-Updates informiert werden. Der Vorschlag der Kommission lässt den Herstellern und Verkäufern die Möglichkeit, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, auf welche Weise Verbraucher diese Informationen erhalten.

Dr. Ivo Rungg

In jedem Fall müssen diese Informationen den Verbrauchern vor dem Kauf in klarer und verständlicher Form vorliegen. Und haben Sie schon einen neuen, „klimaneutralen“ Pullover gekauft? Was bedeutet „klimaneutral“ eigentlich? Die Kommission schlägt in diesem Zusammenhang mehrere Änderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) vor. Zunächst wird die Liste der Produkteigenschaften, über die ein Händler die Verbraucher nicht täuschen darf, erweitert. Dies betrifft etwa „ökologische oder soziale Folgen“ sowie die „Haltbarkeit“ und „Reparierbarkeit“ der betreffenden Produkte. Darüber hinaus werden neue Geschäftspraktiken hinzugefügt, die nach einer Einzelfallprüfung als irreführend gelten sollen, wie allgemeine Umweltaussagen in Bezug auf die künftige Umweltleistung, ohne jedoch klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen und Ziele anzugeben und ohne ein unabhängiges Überwachungssystem, ob die Aussagen tatsächlich zutreffen. Schließlich werden wei-

tere Tatbestände in die bestehende Liste der verbotenen unlauteren Geschäftspraktiken, die so genannte „schwarze Liste“, aufgenommen. Zu diesen neuen unlauteren Geschäftspraktiken gehören etwa: • Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels, das nicht auf einem Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurde; • allgemeine, vage Aussagen über die Umwelteigenschaften, wobei die hervorragende Umweltleistung des Produkts oder des Händlers nicht nachweisbar ist. Beispiele dafür sind allgemeine umweltbezogene Aussagen wie „umweltfreundlich“, „öko“ oder „grün“, die fälschlicherweise den Eindruck einer ausgezeichneten Umweltleistung erwecken; • Treffen einer Umweltaussage zum gesamten Produkt, wenn sie sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts bezieht. Diese Gesetzesinitiativen zielen darauf ab, Verbrauchern vor dem Kauf eines Produkts auch Informationen zu dessen ökologisch relevanten Umständen zur Verfügung zu stellen und die Bewerbung mit umweltbezogenen Begriffen oder Eigenschaften einem sehr hohen Schutzstandard zu unterwerfen. Noch ist auf europäischer Ebene nichts endgültig beschlossen. Die Vorschläge müssen erst angenommen und hinsichtlich der Richtlinien ins nationale Recht der Mitgliedstaaten übernommen werden. Zutreffende umweltbezogene Informationen versetzen Verbraucher jedoch in die Lage, sich für Produkte zu entscheiden, die tatsächlich besser für die Umwelt sind als Konkurrenzprodukte. Die Kommission erhofft sich davon, dass damit der Wettbewerb hin zu ökologisch nachhaltigeren Produkten gefördert wird. Ein weiterer juristischer Schritt, den Begriff „Green Deal“ mit Inhalt zu füllen.


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