eco.nova Juni 2018

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„DAS ZUSAMMENSPIEL AUS AUSSENBLICK UND INNENSICHT, AUS REGIONALER KOMPETENZ UND INTERNATIONALER PERSPEKTIVE FINDE ICH SEHR REIZVOLL.“ Hans-Joachim Gögl

werden für jeden Abend Auftragsarbeiten an

und internationaler Perspektive finde ich

bin ich da. Deshalb bin ich auch oft in Inns-

Komponisten zeitgenössischer Musik verge-

irrsinnig reizvoll. Gerade für eine Stadt wie

bruck, fast jede Woche. Da ich aber zwei Kin-

ben, die in einer eigenen CD-Reihe publiziert

Innsbruck, die immer ein Ort war, an dem

der und Familie habe, wird mein Zentrum

sind. „INN SITU“ ist also die konsequent-lo-

verschiedene Kulturen zusammentreffen –

und Lebensmittelpunkt vorerst Bregenz

gische Weiterführung seines Weges.

quasi ein Tor, ein Dreh- und Angelpunkt zwi-

bleiben.

schen Nord und Süd, Ost und West.

ECO.NOVA: Mit 1. Juli werden Sie offiziell

Was verbinden Sie persönlich mit dem The-

das Amt als künstlerischer Leiter des BTV

Für Ihre erste Ausstellung arbeiten Sie mit

ma Fotografie? Was macht für Sie ein „gu-

Stadtforums antreten. Was hat Sie an der

der Hochschule für Grafik und Buchkunst,

tes“ Foto aus?

Aufgabe gereizt?

HGB Leipzig zusammen. Für 2019 sind be-

Ich glaube, es geht uns wohl allen so: Wir

HANS-JOACHIM GÖGL: Das Stadtfo-

reits zwei Einzelausstellungen mit Künst-

verbinden Fotografien mit bestimmten Er-

rum stellt außergewöhnliche Räume zur

lerinnen aus Israel und London geplant. In

innerungen. Fotografie hat für mich einen

Verfügung, die man in ein wunderbares Zu-

welche Richtung soll es künftig gehen?

starken emotionalen Gehalt, wenn sie mir

sammenspiel bringen kann – nämlich eine

Was wir suchen, sind Künstler, die mit dem

zu einer Erinnerung verhilft oder in mir ein

Fotogalerie mit einem toll aufgebauten Ruf

Raum, der Region, einer Landschaft oder mit

Gefühl auslöst. Eine Fotografie ist das Tor

durch meine Vorgängerin, einen Konzertsaal

Menschen in Kontakt kommen, die nicht nur

zu einem inneren Bild. Bei der kommenden

sowie das Foyer als eine Art Forumssituati-

außen vor bleiben und beobachten, sondern

Ausstellung verhilft mir die Fotografie, eine

on, wo Dialog, Kontakt, Begegnung und Aus-

ihre Arbeit wirklich vor Ort entwickeln. Das

andere Perspektive einzunehmen. Ich blicke

tausch stattfinden können. Ich wollte mich

ist unser Suchbegriff. Wenn es eine Gruppe

mit den Augen eines anderen auf etwas, das

nicht auf eines davon spezialisieren, sondern

an Künstlern ist, ist das wunderbar. Wenn

ich kenne. Deshalb wird die Ausstellung auch

ein Programm entwickeln, in dem die unter-

es ein Einzelkünstler ist, ist es ebenso wun-

für Innsbrucker selbst so spannend: Wie se-

schiedlichen Disziplinen und Kompetenzen

derbar. Es geht nicht um einer oder mehrere,

hen diese sieben Studierenden aus Leipzig

in Kooperation kommen. Das war für mich

sondern darum, welcher Fotokünstler sich

die Stadt, was fällt ihnen auf, was interessiert

das Spannende.

direkt auf eine Region einlässt. Das inter-

sie? Für das zweite Projekt im April 2019 stellt

essiert mich. Wir laden auch keine Künst-

Orly Zailer alte Familienfotos von Vorarlber-

War dieses Zusammenspiel aus Fotografie,

ler mit bereits fertigen Werken ein. Es geht

gern und Tirolern mit den heutigen Nach-

Musik und Dialog seitens des Stadtforums

wirklich um exklusiv entwickelte Ausstellun-

kommen nach. Wenn es also ein Foto Ihrer

bewusst so gewollt, um sich breiter aufzu-

gen und neu geschaffene Konzertereignis-

Großmutter gibt, fotografiert Sie das Foto mit

stellen und auch die Tonhalle vermehrt mit

se. Das ist vor allem deshalb spannend, weil

Ihnen nach. Das Durchblättern von Fami-

einzubeziehen, oder haben Sie das Konzept

man vorher nie genau weiß, wie es schluss-

lienalben ist immer ein Ereignis, denn man

mitgebracht?

endlich werden wird.

Tatsächlich kennt die BTV-Leitung meine

kommt mit seiner eigenen Geschichte in Verbindung, deshalb freu ich mich sehr darauf.

Arbeit für die „Montaforter Zwischentöne“,

Sie haben für 2019 mit der israelischen

Das sind die zwei Aspekte, die ich wunder-

wo es darum geht, möglichst viele Diszipli-

Künstlerin Orly Zailer und der in London

voll finde an der Fotografie: Die Erinnerung

nen miteinander in Resonanz zu bringen.

lebenden Fotografin Melanie Manchot

und der fremde Blick auf das Eigene, etwas

Der grundsätzliche Gedanke war also sicher

schon zwei Fixpunkte. Wie viel Vorlaufzeit

neu zu entdecken, das man vielleicht überse-

vorhanden. Ich habe das Konzept schließlich

braucht Ihre Art des Ausstellens?

hen oder auch noch gar nie gesehen hat.

vorgeschlagen und es hat überzeugt.

Ungefähr eineinhalb bis zwei Jahre, würde

Wo gibt es schon eine solche Kombinati-

ich sagen. In unserem Fall geht es darum,

on aus Fotogalerie und Konzertsaal? Das ist

im Vorhinein ein Konzept zu entwickeln, die

etwas ganz Besonderes und auch wenn es

Künstler müssen wissen, in welche Richtung

nicht unbedingt naheliegend ist, beides zu-

sie gehen möchten. Rund zwei Jahre vorher

sammenzubringen, so bietet es sich doch an.

gibt es eine erste Einladung, die Künstler

Ich glaube, wir haben ein Konzept gefunden,

schauen sich die Galerie an, die regionalen

das gut funktionieren kann. Was mich beson-

Gegebenheiten und überlegen sich daraus

ders freut, ist, dass wir auch die Region auf

ihr Projekt. Diese Art der Dramaturgie und

eine spezielle Art und Weise mit einbinden.

Konzeption braucht Vorlaufzeit.

Wie laden ganz dezidiert heimische Musikschaffende ein, um sie mit international tä-

Sie leben selbst in Bregenz. Wie oft sind Sie

tigen Fotografen in einen Austausch zu brin-

in Innsbruck?

gen. Dieses Zusammenspiel aus Außenblick

Die Zugverbindung zwischen den beiden

und Innensicht, aus regionaler Kompetenz

Städten ist super, in zweieinhalb Stunden

HANS-JOACHIM GÖGL

Geboren 1968 am österreichischen Ufer des Bodensees. Nach einer Buchhändlerlehre war er Mitarbeiter in der Münchner Galerie Gunzenhauser/ Maximilianstraße, Kulturjournalist im ORF Landesstudio Vorarlberg sowie für das bundesweite Rundfunkprogramm Ö1. Seit 1993 ist er selbstständiger Berater für Kommunikationsstrategie in Bregenz, mit 1. Juli verantwortet er als künstlerischer Leiter das Kunstund Kulturprogramm der BTV. HansJoachim Gögl ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Bregenz.

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