Dezember 2019 | Nr. 3
INTERNATIONAL
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Austria ist überall des internationalen Dachverbandes IUCAB besuchte Mag. Christian Rebernig das AußenwirtschaftsCenter Budapest der Wirtschaftskammer Österreich. In diesem Gespräch wurden Chancen und Herausforderungen des bilateralen Handels zwischen den traditionell eng verbundenen Nachbarländern beleuchtet. Einen großen Unterschied stellt etwa das ungarische System der Handelsagenten dar. IM VORFELD DES VORSTANDSTREFFENS
U
ngarn pflegt nicht nur aufgrund der gemeinsamen Historie, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen eine besondere Beziehung zum westlichen Nachbarland. Zum ersten Mal ist Ungarn heuer für Österreich der sechstwichtigste Exportpartner weltweit, der viertwichtigste in der EU und der wichtigste in der Region Mittel-Osteuropa. Bisher lag Tschechien noch vor Ungarn. Reger Austausch Laut den vorläufigen Zahlen für den Zeitraum Jänner–August 2019 konnten die Exporte Österreichs nach Ungarn im Vergleich zum selben Zeitraum in 2018 um satte zwölf Prozent auf ein Volumen von 3,77 Milliarden Euro gesteigert werden, während die Importe um 5,6 Prozent auf 2,97 Milliarden Euro wuchsen. Enge Verflechtungen Die Handelsbeziehungen bekamen mit dem Systemwechsel 1989 großen Aufschwung. Österreich war damals unter den ersten ausländischen Partnern der ehemals sozialistischen Republik und ist heute nach Deutschland Ungarns wichtigster Handelspartner. Unternehmen mit österreichischem Hintergrund beschäftigen rund 60.000 Mitarbeiter in Ungarn. Es gibt laut dem AußenwirtschaftsCenter Budapest rund 1.200 rot-weiß-rote Unternehmen hierzulande, die vor allem in der Zuckerherstellung (Agrana), im Autohandel (Porsche Hungária), in der Papierindustrie (Prinzhorn-Gruppe), Finanz- und Versicherungswesen (Erste Bank, Raiffeisenbank oder UNIQA), aber auch im Baugewerbe (Strabag, Swietelsky oder Leier) bedeutende Markakteure sind. Ungarn auf Überholspur Ungarns Wirtschaft wächst seit mehreren Jahren in Folge deutlich stärker als der EUDurchschnitt: 2017 etwa nahm das BIP um 4,4 Prozent zu (EU: 2,4 Prozent), 2018 um 5,0 Prozent (EU: 2,0 Prozent), für 2019 werden 4,1
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Prozent prognostiziert (EU: 1,4 Prozent). Die Arbeitslosenquote liegt mit aktuell 3,5 Prozent sehr niedrig, wobei gleichzeitig wie in der gesamten Region ein großer Fachkräftemangel herrscht, der eine noch positivere Entwicklung verhindert. Firmen aus Ungarn auf Expansionskurs Die ungarische Wirtschaft ist ebenso wie die österreichische stark exportorientiert, wobei vor allem die Unternehmen in der Industrie und im verarbeitenden Gewerbe eine große Rolle spielen. Ministerpräsident Viktor Orbán setzt gezielt auf die Industrialisierung Ungarns, zugleich sollen aber auch Tätigkeiten für Forschung und Entwicklung verstärkt werden. Bestes Beispiel hierfür ist die Automobilindustrie. Übrigens war eines der ersten sich dort niederlassenden Unternehmen die ungarische Tochter des österreichischen Prüfunternehmens AVL. Ungarn kann für österreichische Unternehmen auch als Hub Richtung Balkan dienen; so setzt sich die ungarische Regierung vermehrt für eine stärkere Integration vor allem der Länder des Westbalkans in den EU-Wirtschaftsraum ein. Handelsagenten gefragt Geschäftschancen für Handelsagenten aus Österreich herrschen in zweierlei Hinsicht: Einerseits bei der Platzierung von ungarischen Produkten in Österreich sowie in umliegenden Märkten, anderseits bei der Unterstützung von österreichischen Exporteuren, die den ungarischen Markt erschließen wollen.
Christian Rebernig führte mit dem Wirtschaftsdelegierten Jürgen Schreder vertiefende Gespräche über die Wirtschaftsbeziehungen und die Potenziale für Handelsagenten aus Österreich mit ungarischen Firmen.
Folgende Sektoren eignen sich als vielversprechend: • Bau- und Infrastruktur: dort besonders bei den kleineren Dienstleistern. • Maschinen- und Anlagenbau: Ungarn importiert viele Maschinen und Komponenten aus Österreich, der Markt hat viele Akteure. • Metalle und Metallverarbeitung: Ungarn wird mit seinen niedrigen Lohnkosten gerne als Produktions- und Montagestandort von ausländischen Unternehmen genutzt, es gibt aber auch viele daran anschließende Tätigkeiten. • Nahrungsmittel: Aufgrund der geografischen Nähe herrscht reger Warenaustausch mit Österreich. Zugleich gilt es zu bedenken, dass das System der Handelsagenten in Ungarn noch in den Kinderschuhen steckt, es gibt etwa keinen Verband oder sonstige Dachorganisation. Ferner gibt es einen anderen Aufbau der Tätigkeit: Ungarische Vertreter präferieren eine fixe Anstellung mit Gehalt statt Provisionen.
MAG. JÜRGEN SCHREDER Wirtschaftsdelegierter in Budapest budapest@wko.at www.wko.at/aussenwirtschaft/hu
handelsagenten.at