DBU Bauband 4: Wohnquartier in Holz

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Wohnquartier in Holz

Deutsche Bundesstiftung Umwelt Bauband 4

Mustersiedlung in MĂźnchen


Sabine Djahanschah, Deutsche Bundesstiftung Umwelt Ulrike Klar, Wolf Opitsch, LHM

Annette Hafner, Ruhr-Universität Bochum, Zeno Dietrich

Wolfgang Huß, Hochschule Augsburg

Annette Hafner, Michael Storck, Ruhr-Universität Bochum

Arnim Seidel, Fachagentur Holz


DBU Bauband 4

Wohnquartier in Holz Mustersiedlung in München Herausgegeben von Sabine Djahanschah, Deutsche Bundesstiftung Umwelt Annette Hafner, Lehrstuhl Ressourceneffizientes Bauen, Ruhr-Universität Bochum Arnim Seidel, Fachagentur Holz

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Zukunftsfähiger Wohnungsbau im Nachhaltigkeitskontext Überblick Fassaden Die Entwicklung des Prinz-Eugen-Parks Überblick Außenaufnahmen Überblick Kleine Gebäude Varianten im mehrgeschossigen Holzbau Überblick Plandetails Überblick Montage Der Bauprozess Überblick Balkone Überblick Fenster Ökologische Betrachtung der Gebäude Überblick Klimaschutz Überblick Ressourcenschonung

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Die Mustersiedlung im Detail – acht Dokumentationen WA 11 Ost WA 13 WA 14 West WA 14 Ost WA 15 West WA 15 Ost WA 16 West WA 16 Ost

Nachgang 117 Autorinnen und Autoren 1 18 Impressum


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Zukunftsfähiger Wohnungsbau im Nachhaltigkeitskontext Die Urbanisierung schreitet weltweit voran. In Ballungsräumen sind gute verdichtete Quartiere gefragt, die lebenswerten und bezahlbaren Wohnraum bieten. Die Stadt München hat im Prinz-Eugen-Park die Chance ergriffen, über die Vergabe der Grundstücke ökologische wie auch soziale Ziele sicherzustellen. Hierbei erweist sich der Holzbau als prädestiniert für materialeffiziente Bauweisen. Sabine Djahanschah

Globale Entwicklung Lebensstile gleichen sich an und die Urbanisierung wird global, zusätzlich angetrieben durch das prognostizierte Bevölkerungswachstum, das einen enormen Bedarf an Gebäuden und zugehöriger Infrastruktur nach sich zieht. Der Bericht des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) „Der Umzug der Menschheit – Die transformative Kraft der Städte“aus dem Jahr 2016 geht bis Mitte des Jahrhunderts von einem Zuwachs von etwa 2,5 Mrd. Stadtbewohnern aus. Dann wäre die urbane Bevölkerung 2050 größer als die gesamte heutige Weltbevölkerung. Das würde bedeuten, dass in den nächsten 30 Jahren etwa genauso viele Infrastrukturen geschaffen werden müssten, wie seit den Anfängen der Industrialisierung entstanden sind. Zusätzlich müsste zur gleichen Zeit der überwiegende Teil der Infrastrukturen erneuert werden. Etwa 85 % des neuen Wohnbedarfs werden auf Schwellenländer, davon 50 % auf China, entfallen. 1 Wohnungsbau – Die Situation in Deutschland Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Daher ist bezahlbarer Wohnraum ein wichtiges Element des sozialen Zusammenhalts. Doch gerade in Ballungsräumen herrscht diesbezüglich Mangel. Hier lebt in knapp 50 % aller Haushalte nur eine Person. Den 6,7 Mio. Einzelhaushalten stehen jedoch nur 2,5 Mio. Kleinstwohnungen gegenüber. Vor allem diese kleinen Haushalte sind auf günstige Mietpreise angewiesen. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2018 liegt in vielen Haushalten die Mietbelastung bereits über einem Anteil von 30 % des Haushaltsnettoeinkommens.2 Bundesweit fehlen in den 77 Großstädten rund 1,9 Mio. Wohnungen. Gleichzeitig haben ballungsferne Gebiete nach wie vor mit sinkenden Bevölkerungszahlen und Leerstand zu kämpfen. Martin zur Nedden legt in einer 2020 veröffentlichten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung dar, wie politische Weichenstellungen und die Deregulierung des Wohnungsmarktes die heutige Situation befördert haben. 3

Doch dies sind nicht die einzigen Faktoren. Laut dem Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos erhöhten sich die Preise für baureifes Land von 2011 bis 2017 bundesweit um 36 %. 4 An B-Standorten wie Freiburg und Potsdam war im Durchschnitt ein Plus von 105 % zu verzeichnen, in den sieben größten Städten ein Plus von 88 %, und in München und Berlin haben sich die Preise in diesem Zeitraum fast verdreifacht. Zusätzlich führen der anhaltende Baumboom sowie ein gleichzeitiger Fachkräftemangel zu steigenden Preisen auf der Angebotsseite. Auch haben Bauämter über lange Zeit Personal abgebaut und sind jetzt gefordert, einen Überhang an Genehmigungsverfahren zu bewältigen. Dabei hat sich die Wohnfläche pro Kopf in den vergangenen 40 Jahren mehr als verdoppelt. 1965 standen pro Person laut Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) 22 m2 Wohnfläche zur Verfügung, derzeit sind es fast 46 m2 . 5 Der kontinuierliche Anstieg erfolgte trotz eingerechneter Wohnflächen von Zuwanderern. Im Mittel teilten sich 2018 nur noch zwei Menschen eine Wohnung, der Anteil der Einpersonenhaushalte lag bei 40,4 %. 6 Flächeninanspruchnahme Nicht verwunderlich ist daher, dass sich der Flächenverbrauch laut Destatis 2017 überproportional im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen entwickelt hat – von 40.305 km2 Siedlungs- und Verkehrsfläche im Jahr 1992 bei 81 Mio. Einwohnern zu 50.799 km2 im Jahr 2016 bei 82,5 Mio. Einwohnern. Die Flächeninanspruchnahme erfolgt laut einer Studie der Bundesstiftung Baukultur aus dem Jahr 2019 erstaunlicherweise nicht vorrangig in den stark nachgefragten Stadträumen, sondern bis zu 80 % jenseits der Metropolregionen. 7 Grund sind die erhofften Einkommensteuereinnahmen durch Zuzug von jungen Familien. Laut einer 2019 veröffentlichten Erhebung des Statistischen Bundesamts waren von 250.100 fertiggestellten Neubauwohnungen trotz der steigenden Zahl von Mehrfamilienhäusern 103.010 Wohngebäude mit ein bis zwei Wohnungen.8 Leider sind die Vorbilder flächenschonenden


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Wohnens bei Politik, Investoren und Bevölkerung gerade in kleineren Kommunen weitgehend unbekannt. Daher sind gute Beispiele und verdichtete Quartiere gefragt, die jungen Familien lebenswerte und bezahlbare Alternativen zum Einfamilienhaus anbieten. Die Novelle des 2017 in Kraft getretenen Bauplanungsrechts greift die Themen Innenentwicklung, Flächenverbrauch, Nutzungsmischung und Stadt der kurzen Wege auf. Das neu geschaffene „urbane Gebiet“ erlaubt höhere Dichten und Nutzungsmischung. Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung verfolgt das Ziel, den Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland auf unter 30 ha im Jahr 2030 zu reduzieren und bis 2050 einen Netto-Null-Flächenverbrauch zu erreichen. Doch steigende Grundstücks-, Bau- und Immobilienpreise führen weiterhin zu kaum wünschenswerten Prozessen der Verdrängung ins Umland. Verantwortung der Kommunen Eine Form, dieser Entwicklung zu begegnen, sind Konzeptvergaben der Kommunen. Die Vergabe von Grundstücken sollte an ökologische und soziale Kriterien geknüpft werden. Viel zu oft lassen die Städte Gestaltungschancen ungenutzt, dabei wären die Bedingungen der Vergabe gerade bei der derzeitigen Nachfrage gut zu verhandeln und diese damit zu steuern. Die Stadt München hat mit dem Prinz-Eugen-Park als ökologische Mustersiedlung die Chance ergriffen, über die Vergabe der Grundstücke die im Vorfeld entwickelten ökologischen und sozialen Ziele sicherzustellen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden beispielhafte Methoden entwickelt, wie die Grundstücksvergabe an Zielwerte des Primärenergieaufwandes und des CO2-Äquivalents von Baukonstruktionen geknüpft werden kann. Ergebnis der Konzeptvergabe war, dass nahezu vollumfänglich die anspruchsvollste von drei möglichen Stufen als reiner Holzbau realisiert wurde. Als energetischer Mindeststandard wurde fast ausschließlich KfW 55 umgesetzt. So entstanden mehr als 550 Wohnungen in ökologischer Bauweise mit Gemeinschaftseinrichtungen und Mobilitätskonzept. Zwei Grundstücke wurden an städtische Wohnungsgesellschaften, vier an Baugruppen und zwei an Baugenossenschaften vergeben. Eine Unterstützung durch das Ratgebergremium der Stadt München bei der Umsetzung der Holzkonstruktionen sicherte die Qualität. Interessant ist die Ausdifferenzierung verschiedener Gebäudetypologien und -konstruktionen. Daher sollte ein weiteres Forschungsprojekt diese Vielfalt hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen mittels Ökobilanzen vergleichend aufarbeiten und dokumentieren. Die verschiedenen konstruktiven Leitdetails sollten Dritten zur Anregung und Nachahmung zur Verfügung gestellt werden. Das über die Grundstücksgrenzen hinausreichende Freiraumkonzept wurde gemeinsam mit den Bauherrn optimiert und

umgesetzt. Gemeinschaftsflächen wie ein Café, eine Markt­ halle, Gemeinschaftskellerräume und ein Info-Pavillon können einen eigenständigen Quartiercharakter fördern. Effizienz Effizienz zielt auf die angemessene Klimatisierung von Gebäuden und Quartieren mit minimiertem Energieverbrauch und möglichst begrenztem Einsatz stofflicher Ressourcen. Aufgrund seines geringen Gewichtes bei guten Trageigenschaften ist der Holzbau prädestiniert für materialeffiziente Bauweisen. So impliziert die Forderung eines umfassenden Holzeinsatzes im Prinz-EugenPark in München die Substitution von Baustoffen in der Primärkonstruktion, die einen größeren ökologischen Rucksack aufweisen. Dabei entwickelte man ganz unterschiedliche Lösungen. Bei den Außenwänden wurde der Holzrahmenbau genutzt, um mit wenig Holzeinsatz und geringen Wandstärken hochwärmegedämmte Fassaden zu realisieren. Die vermehrte Nutzung von Brettsperrholzwänden im Innenbereich gewährleistet einen effizienten Lastabtrag. Ein hoher Vorfertigungsgrad bei entsprechender Qualitätskontrolle und schnelle Bauprozesse machen den Holzbau auch mit Blick auf Wohnquartiere konkurrenzfähig. Trotz des im Holz gebundenen Koh­ lenstoffs geht es nach Effizienzgesichtspunkten nicht darum, möglichst viel Holz zu verbauen, sondern darum, mit dem zur Verfügung stehenden Baustoff Holz mög­ lichst viele Gebäude zu errichten. Konsistenz Die Strategie der Konsistenz beruht auf der Nutzung von Stoffen und Leistungen aus Ökosystemen, ohne dass diese zerstört werden. Die Natur wird als Vorbild genommen, um ohne Energieverlust sinnvolle Kreisläufe in naturverträglichen Stoffströmen zu organisieren. Die Leitidee der abfallfreien Kreislaufführung schließt die sinnvolle Weiternutzung der Baustoffe am Ende der Nutzungsphase eines Gebäudes ein. Die schichtweise Fügung des Baustoffs Holz erlaubt es, den Rückbau so mitzudenken, dass Bauteile und -stoffe in hochwertige Kreisläufe geführt werden. Nachwachsende Rohstoffe haben dabei den Vorteil, bereits in der Nachwuchsphase Umweltleistungen zu erbringen und nach mehreren Nutzungszyklen für eine thermische Verwertung zur Verfügung zu stehen. Suffizienz Doch Effizienzsteigerung und der vermehrte Einsatz von nachwachsenden Ressourcen werden ihre umweltentlastende Wirkung verfehlen, wenn die beanspruchte Wohn- und Infrastrukturfläche pro Kopf immer weiter steigt. Hier sind Suffizienzstrategien ein zentraler Baustein, den Ressourcenverbrauch durch eine reduzierte Nachfrage zu senken. Sie adressieren dabei die Frage der Lebensstile und hinterfragen das rechte Maß. Wie viel


1 WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2016): Der Umzug der Menschheit : Die transformative Kraft der Städte. Berlin: WBGU, S. 6 und S. 13. 2 Andrej Holm, Henrik Lebuhn, Stephan Junker, Kevin Neitzel, (3.2018) Wie viele und welche Wohnungen fehlen in deutschen Großstädten?, Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, Nr. 063, S. 10. 3 Martin zur Nedden (2020), Was uns zusammenhält. Wie erreichen wir mehr Teilhabechancen auf dem Wohnungsmarkt?, Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 5 – 8. 4 Tobias Koch, Marion Neumann, Prognos AG, Berlin, (2019), Wer baut in Deutschland? Inventur zum Bauen und Wohnen 2019, S. 17 – 19. 5 www.spiegel.de/spiegel/print/d-144989304.html, 26.05.2016, Wohnfläche, Früher war alles schlechter, guido.mingels 6 www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/wohnen/wohnflaeche#wohnflache pro-kopf-gestiegen 7 Bundesstiftung Baukultur (5.2019), Reduzierung des Flächenverbrauchs durch Innenentwicklung und nachhaltige Infrastruktur – auf dem Weg zum 30-Hektar-Ziel, Potsdam, S. 5 und S. 11. 8 www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/05/PD19_201_31121.html 9 Oona Horx-Strathern, (2019), Future Living, DBZ 01/2019 S. 4 – 6.

umbauter Raum wird für eine Nutzung wirklich benötigt? Dabei ist bekannt, dass sowohl der Erschließungsaufwand als auch die Infrastrukturleistungen im Geschosswohnungsbau deutlich geringer ausfallen als bei Einfamilienhäusern. Leitbilder eines zukunftsfähigen Wohnbaus Zukunftsfähige Lösungen sollten daher mit neuen, attraktiven Leitbildern des verdichteten Wohnens in möglichst nutzungsgemischten und lebenswerten Quartieren einhergehen. Hierzu braucht es mutige Querdenker, die neue Gebäude- und Quartierstypologien entwerfen und umsetzen. Die lebendige Stadt erfordert die Durchmischung von Funktionen, sozialen Schichten sowie Lebensstilen. Gemeinschaftlich genutzte Flächen im Clusterwohnen und neue Dienstleistungsformen können dabei der Vereinsamung entgegensteuern und einen Mehrwert für alle Altersstufen bewirken. Der Prinz-Eugen-Park kann beispielhaft eine qualitätvolle innerstädtische Dichte vorweisen. Ökologisch optimierte Freiflächen erbringen Biodiversitätsdienstleistungen. Ergänzende Gemeinschaftsflächen fördern den sozialen Zusammenhalt und eine eigene Quartiersidentität. Ausblick Laut Zukunftsinstitut weisen die Megatrends verschiedene Alternativen neuer Lebensstile auf. 9 Eine älter werdende Gesellschaft, die sogenannte Silver Society mit derzeit weltweit 900 Mio. über 60-Jährigen, wird 2050 zwei Mrd. ausmachen. Dabei wird jedoch das gefühlte Alter immer jünger, und neue, gemeinschaftsorientierte Lebensformen werden im Alter zunehmend gefragt sein. Die Gegen­ bewegung zur Individualisierung und damit teils verbundenen Vereinsamung äußert sich in dem Trend „Shared metres statt squared metres“. Co-Working- und Gardening-Spaces, gemeinsame Fitness-, Freizeit- und Kochaktivitäten tragen dem Wunsch nach Kontakt Rechnung. Dabei unterstützt der dritte Trend „Affordable ­L iving“, also die Nachfrage nach bezahlbarem Wohn-

raum, neue Wohn- und Lebensformen, die Flächen über Gemeinschaftsnutzungen einsparen. Das Londoner Hoch­ haus­projekt The Collective stellt „Twodios“ für bis zu 550 Menschen ab 10 m2 zur Verfügung. Ergänzt wird diese reduzierte Wohnfläche durch 1.100 m2 Gemeinschaftsflächen aus Co-Working-Spaces, Wellnessbereich, Wäscherei, Küchen, Fitnessbereich, Terrasse, Bibliothek und Spielezimmer. Auch das Architekturbüro BIG aus Dänemark macht mit neuen urbanen Gebäudetypologien von sich reden, in denen die Qualitäten eines Einfamilienhauses im Geschoss gestapelt werden. Die Erschließung der Flächenpotenziale ungenutzter Obergeschosse könnte in Zukunft mithelfen, angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten. Daher sieht die Deutsche Bundesstiftung Umwelt einen großen Hebel zur Umweltentlastung in der qualitätvollen Entwicklung verdichteter Quartiere. Hierdurch können sowohl Ressourcen für Infrastruktur und Gebäude eingespart als auch neue Leitbilder zukunftsfähiger Wohn­ formen entwickelt werden. Diese Quartiere können nicht nur den Flächenverbrauch, sondern gleichzeitig das Verkehrsaufkommen reduzieren. Nicht zuletzt werden ­lebenswerte und vitale Identifikationsorte geschaffen, die Gemeinschaftssinn und verantwortliche Lebensformen unterstützen.


Varianten im mehrgeschossigen Holzbau Das Förderprogramm schrieb eine Mindestmenge an nachwachsenden Rohstoffen vor. Eigens für das Projekt wurden brandschutztechnische Grundlagen zur Vorabstimmung im mehrgeschossigen Holzbau häufig anzutreffender bauordnungsrechtlicher Abweichungen erarbeitet. Je nach Grundrisskonzeption, Brandschutzkonzept und Tragwerk entstanden verschiedene Konstruktionen oder auch Schichtaufbauten der Wände. Annette Hafner, Zeno Dietrich

WA 11 Ost

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Um neue Maßstäbe im Klimaschutz und in der nachhaltigen Stadtentwicklung zu setzen, möchte die Landeshauptstadt München den modernen Holzbau etablieren. Dafür wurde im südlichen Bereich des Prinz-Eugen-Parks eine ökologische Mustersiedlung in Holzbauweise errich­ tet, die derzeit mit 566 Wohnungen die größte zu­sam­ menhängende Holzbausiedlung Deutschlands bildet. Um den Bau einer solchen Mustersiedlung anzustoßen, beschloss der Münchner Stadtrat eine Konzept­ aus­ schreibung mit Vorgaben, auch zur Konstruktion, sowie ein spezielles Förderprogramm. In allen acht Baufeldern der Mustersiedlung (WA 11 Ost bis WA 16 Ost) mussten entsprechende Vorgaben umgesetzt und eine Mindestmenge an nachwachsenden Rohstoffen pro Wohnfläche verbaut werden. Interessanterweise resultierten daraus ganz unterschiedliche Entwürfe. Je nach Grundrisskonzeption, Brandschutzkonzept und Tragwerk entstanden verschiedene Konstruktionen oder auch Schichtaufbauten der Wände. Diese werden auf den Folge­ seiten dargestellt. Die oben gezeigten Systemschnitte durch die mehrgeschossigen Holzbauten dienen der zu­ sätzlichen Veranschaulichung typischer Schichtaufbauten für Decke, Außenwand und Dach. Vorgaben für die Planung Bei der Ausschreibung und Vergabe der Grundstücke wurden die Gebäude in die beiden Kategorien kleine und große Wohngebäude eingeteilt. 1 Diese Unterscheidung hatte deutlichen Einfluss auf die Förderung. Für die „kleinen Wohngebäude“, also bis Gebäudeklasse 3, ist der Holzbau in Bezug auf die Baubestimmungen unproblematisch. Die Brandschutzanforderungen ließen sich ohne Schwierigkeiten einhalten, weshalb auch die Förderung niedriger ausfiel. In der Kategorie „große Wohngebäude“ wurden Geschosswohnungsbauten der Gebäudeklassen 4 und 5 zusammengefasst. Hier ist die Gesetzeslage für den Holzbau derzeit noch vergleichsweise unvorteilhaft. Insbesondere die Anforderungen an den Brandschutz sind traditionell nicht auf den Holzbau ausgelegt, so dass

WA 13

dieser bei der Planung einen spürbar größeren Aufwand verursacht als entsprechende mineralische Gebäude. Vorteile hat der Holzbau hingegen beim hohen Vorfertigungsgrad und der daraus resultierenden kurzen Bauzeit. Um sicherzustellen, dass diese Aspekte positiv zur Geltung kommen, wurde von Anfang an eine integrale Planung gefordert. So wurden der Brandschutz, das Tragwerk und der Schallschutz entsprechend frühzeitig in den Entwurfsprozess eingebunden. Die Planungsteams waren verpflichtet, ihre Genehmigungsplanung vor der Einreichung einem fachkundigen, von der Stadt München einberufenen Ratgebergremium vorzustellen. Als Bauweisen standen prinzipiell der Holzrahmenbau, der Holzmassivbau sowie der Hybridbau zur Wahl. Die Entscheidung für die Holzbauweise hing stark von dem vor Grundstückskauf für das Gebäude zugesagten Anteil an nachwachsenden Rohstoffen ab. Die Mehrzahl der Projekte bewältigte das höchste Anforderungsniveau der Ausschreibung – eine Holzbauweise mit einem hohen Anteil an Massivholz und unterschiedlichen Anteilen an Holzrahmenbau. Das mit Abstand größte Projekt (WA 13) setzte auf einen Hybridbau. Die Abbildung oben zeigt je Baufeld einen schematischen Schnitt durch ein mehrgeschossiges Gebäude und stellt dabei farblich die unterschiedlichen Konstruktionsarten Holzrahmenbau (hellblau), Massivholz (dunkelblau) und Stahlbetonbauweise (schwarz) dar. Holzanteil, Förderung und Bauweise Die beiden städtischen Wohnbaugesellschaften erhielten die Auflage, mindestens ein Gebäude in Hybridbauweise zu erstellen. Die Hybridbauweise verbindet Holzbau­ elemente mit der gewohnten mineralischen Bauweise, so dass der Holzanteil und somit die Förderung entsprechend geringer ausfiel. Diese Vorgabe wurde in WA 13, dem größten aller Gebäude der Mustersiedlung, sehr direkt umgesetzt. Die Außenwand entstand in Holzrahmenbauweise mit hohem Vorfertigungsgrad und der Innenbereich mit einem Tragskelett aus Stahlbeton und Trockenbauwänden.


Systemschnitte durch die mehrgeschossigen Holzbauten Stahlbeton

WA 14 West

WA 14 Ost

WA 15 West

Das zweite Gebäude einer Wohnungsbaugesellschaft, WA 14 West, ist in der Planung unkonventioneller. Das Erdgeschoss beherbergt eine Kindertagesstätte und ist in Stahlbeton gebaut. In den Obergeschossen kommen zu den Außenwänden in Holzrahmenbauweise eine Tragstruktur aus Holzstützen sowie Holz-Beton-Verbund­ decken hinzu. Die Montage der oberen Geschosse war konzeptrelevant und wurde tagesgenau geplant. Die übrigen sechs Gebäude mussten einen wesentlich höheren Holzanteil aufweisen, um beim Grundstückswettbewerb bestehen zu können. Gerade bei den Zeilenbauten mit einem bis zu siebengeschossigen Kopfbau (WA 14 West, WA 15 West und WA 16 West) war dies eine Herausforderung für Tragwerk und Brandschutz. Deshalb kommt in den Siebengeschossern Brettsperrholz auch als tragende Außenwand mit Brandschutzverkleidung zum Einsatz. In den Gebäuden der Baugenossenschaften (WA 11 Ost und WA 16 West) hingegen spielte die Grundriss­ flexibilität eine größere Rolle, sie verlangt ein Tragwerk mit möglichst wenigen tragenden Innenwänden. Aber auch die viergeschossigen Stadthäuser (WA 14 Ost, WA 15 Ost und WA 16 Ost) sind in Gebäudeklasse 4 eingeordnet und aufgrund ihres Holzanteils relativ anspruchsvoll. Besonders hervorzuheben ist bei den Stadthäusern von WA 14 Ost ein Treppenhauskern aus Brettsperrholz, der den höchsten Holzanteil in der Konstruktion erbringt. Die Kleinhaustypologien der Baufelder WA 14 bis WA 16 sind bis Gebäudeklasse 3 eingestuft. Hier weisen die Gebäude einen hohen Holzanteil auf. Aufgrund der Größe der Anlagen wurden in Absprache mit der Feuerwehr Brand­ abschnitte definiert und entsprechend baulich umgesetzt. Die Gebäude Brandschutz Im Rahmen eines vorausgegangenen Forschungsprojektes erarbeitete die TU München speziell für den Prinz-EugenPark brandschutztechnische Grundlagen zur Vorabstimmung im mehrgeschossigen Holzbau häufig anzutreffender bauordnungsrechtlicher Abweichungen.1 Sie beziehen

WA 15 Ost

Massivholz

WA 16 West

sich auf die Gebäudeklassen 4 und 5, für die verbindliche Kompensationsmaßnahmen festgelegt wurden. Für die im Vorfeld bekannten Schwierigkeiten wurden Abweichungen von der aktuellen Bauordnung vorformuliert und mit der Behörde abgestimmt. So ließen sich sichtbare hölzerne Deckenuntersichten, lineare Holzbauteile (Stützen und Unterzüge) und in Holz konstruierte Fassaden realisieren. Zusätzlich konnten die Planer auf einen Detail- und Konstruktionskatalog für Gebäudeklasse 4 in Holzbauweise zurückgreifen. 2 Die Abweichungen fanden bei allen Projekten im Rahmen des Brandschutznachweises Berücksichtigung. Generell werden der erste Rettungsweg über das notwendige Treppenhaus und der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr sichergestellt. Die Ausführung tragender und raumabschließender Wände und Decken in Holz erfolgt mit einer mineralischen Bekleidung (Gipskarton-/Gipsfaserplatten). Fassaden und ihre Unterkonstruktionen ließen sich auch in Gebäudeklasse 4 und 5 aus Holz herstellen. Als Kompensation wurde jedoch immer die konstruktive Schutzmaßnahme geschossweise angeordneter Brandbarrieren verlangt. Diese zeigt sich im Fassadenbild der Gebäude durch ausreichend vorstehende horizontale und, wo notwendig, auch vertikale Stahlbleche, die an der tragenden Wand befestigt sind. Tragwerk Bei den Siebengeschossern werden generell zur vertikalen Lastabtragung auch die Außenwände herangezogen. In WA 16 West erfolgt die Lastabtragung mithilfe einer schachbrettartigen Struktur, und in WA 15 West tragen Außenwände aus Brettsperrholz sowie die Treppenhauskerne. Die fünfgeschossigen Zeilenbauten haben meist ein Tragwerk aus Schotten mit einer Deckenstruktur als Durchlaufsystem. Die Gebäude der städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind als Skelettbauten mit aussteifenden Treppenhauskernen konzipiert, um die gewünschte Flexibilität in der Grundrissplanung zu ermöglichen.

Holzrahmenbau

WA 16 Ost


WA 13

WA 14 West

WA 14 Ost

Dachbegrünung extensiv 100 mm Trennlage/ Schutz- u. Drainagebahn 5 mm Dachabdichtung zweilagig Dämmung im Mittel 340 mm Splittschüttung 60 mm Dampfsperre/Abdichtung OSB-Platte 15 mm Brettsperrholz 235 mm

Dachbegrünung extensiv 100 mm Trennlage/ Schutz- u. Drainagebahn 5 mm Dachabdichtung zweilagig bituminös 10 mm Dämmung im Mittel 320 mm Dampfsperre 5 mm Stahlbeton 200 mm

Dachbegrünung extensiv 120 mm Dachabdichtung zweilagig Dämmung im Mittel 440 mm Dampfsperre Aufbeton 140 mm Brettsperrholz 160 mm

Dachbegrünung extensiv 80 mm Drainmatte 20 mm Dachabdichtung Dämmung im Mittel 400 mm Dampfsperre/Dachabdichtung Brettsperrholz 160 mm

Gesamtstärke 64 cm U-Wert 0,14 W/m²K

Gesamtstärke 85 cm U-Wert 0,14 W/m²K

Gesamtstärke 67 cm U-Wert 0,055/0,059 W/m²K

Schalung, horizontal 19 mm Unterkonstruktion Fassade 32,5 mm Fassadenbahn Gipsfaserplatte 12,5 mm Holzständer/Holzfaser 200 mm Dampfbremse OSB-Platte 22 mm Hohlraum 110 mm Installationsebene Mineralwolle 40 mm Gipskarton 25 mm

Brettschuppenschalung, stehend 24 mm Unterkonstruktion Fassade 30 mm Fassadenbahn Gipsfaserplatte 12,5 mm Holzständer/Mineralwolle 200 mm Brettschichtholz 120 mm Gipsfaserplatte, Dampfsperre 12,5 mm Gipskarton 12,5 mm Installationsebene 40 mm Gipskarton 25 mm

Holzschalung 24 mm Lattung 24 mm Hinterlüftung 40 mm Fassadenbahn Gipsfaserplatten 36 mm Holzständer/Mineralwolle 240 mm Gipsfaserplatten 36 mm Installationsebene Mineralwolle 60 mm Gipskarton 15 mm

Gesamtstärke 46 cm U-Wert 0,17 W/m²K

Gesamtstärke 36 cm U-Wert 0,17 W/m²K

Sichtestrich/Heizestrich 65 mm Trennlage Trittschalldämmung 40 mm Splittschüttung latexgebunden 100 mm OSB-Platte 15 mm Brettsperrholz 200 mm

Bodenbelag 15 mm Estrich 55 mm Trennlage Trittschalldämmung 30 mm Trittschalldämmung 40 mm Stahlbetondecke 200 mm

Gesamtstärke 42 cm

Gesamtstärke 34 cm

Bodenbelag 5 mm Heizestrich 70 mm Trennlage Trittschalldämmung 30 mm Trittschalldämmung 45 mm Aufbeton 140 mm Brettsperrholz 160 mm

Bodenbelag 15 mm Heizestrich 65 mm Trennlage Trittschalldämmung 30 mm Splittschüttung 90 mm Dampfbremse Brettsperrholz 220 mm

Gesamtstärke 45 cm

Gesamtstärke 42 cm

Dach

WA 11 Ost

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Außenwand

Gesamtstärke 77 cm U-Wert 0,116 W/m²K

Nut-Federschalung, vertikal 23 mm Lattung, Konterlattung 60 mm Fassadenbahn Gipsfaserplatte 18 mm Holzständer/Mineralwolle 236 mm Dampfbremse Gipsfaserplatte 12,5 mm Installationsebene Holzfaser 50 mm Gipskarton 12,5 mm

Gesamtstärke 48 cm U-Wert 0,14 W/m²K

Decke

Gesamtstärke 41 cm U-Wert 0,165 W/m²K


WA 15 Ost

WA 16 West

WA 16 Ost

Dachbegrünung intensiv 300 mm Filtervlies Drainmatte 15 mm Bautenschutzmatte 8 mm Dachabdichtung 2-lagig 8 mm Dämmung EPS im Mittel 300 mm Dampfsperre 5 mm Brettsperrholz 220 mm abgehängte Decke 40 mm

Dachbegrünung extensiv 100 mm Drainmatte 30 mm Dachabdichtung Dämmung PUR im Mittel 180 mm Dampfsperre/Notdach Brettsperrholz 280 mm

Dachbegrünung intensiv 400 mm Filtervlies, Drainmatte 60 mm Bautenschutzmatte 5 mm Dachabdichtung zweilagig bituminös Dämmung EPS im Mittel 500 mm Dampfsperre/Dachabdichtung Brettsperrholz 200 mm

Dachbegrünung extensiv 100 mm Filtervlies, Drainmatte 30 mm Bautenschutzmatte 5 mm Dachdichtung zweilagig bituminös 10 mm Dämmung EPS im Mittel 350 mm Dampfsperre bituminös 4 mm Brettsperrholz 240 mm

Gesamtstärke 118 cm U-Wert 0,06 W/m²K

Gesamtstärke 74 cm U-Wert 0,11 W/m²K

Leichtputz 10 mm Mineralwolle 180 mm Gipsfaserplatte 18 mm Brettsperrholz 160 mm Gipsfaserplatten 36 mm

Fassadenbekleidung 22 mm Lattung, Konterlattung 56 mm Fassadenbahn Gipsfaserplatte 18 mm Holzständer/Mineralwolle 200 mm Dampfbremse Gipsfaserplatten 30 mm Installationsebene 50 mm Gipskarton 25 mm

Dach

WA 15 West

Gesamtstärke 60 cm U-Wert 0,11 W/m²K

Außenwand

Gesamtstärke 91 cm U-Wert 0,10 W/m²K

Holzlattung, Faserzementplatte 20 mm Luftschicht 40 mm Fassadenbahn Mineralwolle 160 mm Gipsfaserplatte 18 mm Brettsperrholz 140 mm Gipskarton Feuerschutzplatte 36 mm Gesamtstärke 41 cm U-Wert 0,16 W/m²K

Holzschalung 65/25 mm Lattung, Konterlattung 60 mm Fassadenbahn diffusionsoffen Holzfaser 35 mm Gipsfaserplatte 10 mm Holzständer/Mineralwolle 200 mm OSB-Platte 15 mm Gipsfaserplatte 12,5 mm Installationsebene Holzfaser 50 mm Gipsfaserplatte 15 mm

Gesamtstärke 40 cm U-Wert 0,15 W/m²K

Gesamtstärke 40 cm U-Wert 0,16 W/m²K

Decke

Gesamtstärke 46 cm U-Wert 0,16 W/m²K

Bodenbelag 20 mm Heizestrich 70 mm Trennlage Trittschalldämmung 30 mm Splittschüttung latexgebunden 100 mm Trennlage Brettsperrholz 200 mm abgehängte Decke 40 mm Gesamtstärke 46 cm

Bodenbelag 15 mm Heizestrich 70 mm Trennlage Trittschalldämmung 30 mm Trennlage Splittschüttung gebunden 100 mm Brettsperrholz 200 mm

Bodenbelag 20 mm Heizestrich 60 mm Trennlage Trittschalldämmung 40 mm Splittschüttung gebunden 90 mm Trennlage Brettsperrholz 220 mm

Bodenbelag 20 mm Heizestrich 70 mm Trennlage Trittschalldämmung 40 mm Splittschüttung gebunden 100 mm Trennlage Brettsperrholz 200 mm

Gesamtstärke 41 cm

Gesamtstärke 43 cm

Gesamtstärke 43 cm



WA 16 Ost Diese Wohnanlage nutzt ebenfalls die Elemente zweier straßenseitiger Kopfbauten und im hinteren Bereich einer individuell angepassten Teppichbebauung aus Atriumhäusern. Beide Bautypen wurden oberhalb der Kellerdecke mit tragenden Außenwänden in Holzrahmenbauweise und mit Massivholzdecken aus Brettsperrholz errichtet. Arnim Seidel

Städtebau Eine überwiegend aus Familien bestehende private Baugemeinschaft realisierte auf dem Baufeld neben Gemeinschaftsräumen und einer Tiefgarage 39 Wohneinheiten in zwei unterschiedlichen Haustypen: einer Clusterbebauung mit 2 4 zwei- und dreigeschossigen Atriumhäusern (3- bis 5-Zimmer-Wohnungen von 104 bis 120 m2) sowie zwei viergeschossigen Punkthäusern, die zusammen 15 Geschosswohnungen (2- bis 5-Zimmer-Wohnungen von 52 bis 12 4 m2) aufnehmen. Die städtebauliche Anordnung wurde aus dem Bebauungsplan übernommen.

Bauherr Baugemeinschaft Der kleine Prinz GbR, München Bauherrenvertretung buergerbau AG, Freiburg Architektur dressler mayerhofer rössler, architekten und stadtplaner gmbh, München Tragwerksplanung lieb obermüller + partner, Beratende Ingenieure mbB, München Bauphysik, Schallschutz Ingenieure Süd GmbH, München Brandschutz FIRE & TIMBER .ING GmbH, München Landschaftsplanung liebald + aufermann landschaftsarchitekten PartG mbB, München BGF oberirdisch 5.662 m² Anzahl der Wohneinheiten 39 Gemeinschaftseinrichtungen Gemeinschaftsraum, Gästeapartment, Dachterrassen, Eiscafé, Musikprobenraum, Fahrradwerkstatt EnEV Kf W 55


Klimaschutz

GWP über den Lebenszyklus in t CO2 Äquivalent (äq)

Ressourcenschonung

12.000

10.000

Verbaute Masse im Gebäude

Primärenergieverbrauch über den Lebenszyklus von 50 Jahren

8.000 30.000 6.000 25.000 4.000 20.000 2.000

159.633.792 MJ 15.000

0

t CO2 äq 10.000

Im Material gespeicherte Primärenergie

Lebenszyklusphasen

Gesamt

108

Herstellung

109

CO2-Verbrauch Heizung/ Warmwasser CO2-Verbrauch Materialeinsatz

Entsorgung

nicht erneuerbar nachwachsend

- 2.000

Entsorgung

5.000

Herstellung Instandsetzung

0

Tonnen

20.256.490 MJ

Betrieb

Instandsetzung über 50 Jahre

Kohlenstoffspeicher

Gebäudekonzept Die Punkthäuser verfügen über wirtschaftliche 4-ZimmerWohnungen von ca. 93 m2 Größe als Standardgrundriss. Die Atriumhäuser hingegen sind individuell geplant mit sowohl offenen Wohnformen (Wohnen, Küche, Essbereich zusammenhängend) wie auch Wohnformen mit getrennten Zimmern. Zwei unterschiedliche Hausbreiten sowie sechs zusätzliche Dachaufbauten im 2. Obergeschoss bilden dazu das Grundgerüst. Die Flexibilität der Einzelhäuser bei gleichzeitiger maximaler Vereinheitlichung von Bauteilen wurde eine zen­ trale Aufgabenstellung des Projektes. Neben den Wohnbereichen entstanden zusätzlich Gemeinschaftsflächen in den Punkthäusern. Jedes Atriumhaus hat einen kleinen Privatgarten. Holzbau, Brandschutz Auf den Untergeschossen und der Tiefgarage aus Stahlbeton wurden beide Baukörpertypen oberhalb der Kellerdecke mit tragenden Außenwänden in Holzrahmenbauweise und Massivholzdecken aus Brettsperrholz errichtet. Die Atriumhäuser sind der Gebäudeklasse 2 zugeordnet und ließen sich ohne Abweichung vom Bauordnungsrecht in feuerhemmender Holzbauweise realisieren. Wegen ­ihrer großen Gebäudefläche wurde mittig ein baulich ausgebildeter Brandabschnitt eingefügt. Die beiden Punkthäuser verfügen über einen aussteifenden Stahlbetonkern für Treppenhaus, Aufzug und angrenzende Räume, an den beidseitig der Holzbau mit tragen-

den und nichttragenden Holzrahmenbaufassaden sowie Geschossdecken aus Brettsperrholz anschließt. Für diese Häuser der Gebäudeklasse 4 ließen sich über Abweichungsanträge Reduzierungen der brandschutztechnisch wirksamen Bauteilbekleidungen an den Geschossdecken und tragenden Außenwänden erreichen. So wurden die Massivholzdecken unterseitig unbekleidet und die Holztafelbau-Außenwände mit geringeren Bekleidungsdicken ausgeführt. Über konstruktive Zusatzmaßnahmen (geschossweise Brandsperren) wurde die Genehmigung der Holzfassade ermöglicht. Die Gebäude erfüllen die Anforderungen an ein KfW-Effizienzhaus 55. Besonderheiten Bei den Punkthäusern entstanden im Erdgeschoss zwei Gästeapartments, ein Eiscafé und eine Fahrradwerkstatt sowie auf dem Dach zwei Terrassen mit Pflanzbecken. Zusammen mit dem westlichen Nachbarn der WA 16 West ließen sich weitere Gemeinschaftsbereiche wie ein Veranstaltungsraum und Gästeapartments realisieren. Sinnvoll ist auch die Erschließung der gesamten Wohnanlage über eine gemeinsame Tiefgaragenzufahrt. Bis kurz vor Baubeginn erbrachten die Bauherrenwünsche einen hohen Individualisierungsaufwand. Um Termine und Kosten nicht zu gefährden, mussten im Vorfeld spezielle Gebäudevariablen entwickelt werden, die individuelle Änderungen zulassen. Daneben lief die Werkund Detailplanung eines Holzbauprojektes ab, für das in der Vorentwurfsphase die Zusammenarbeit mit einem


großen Holzbauunternehmen gesucht wurde, um hohe Sicherheit für Ausführung, Kosten und Termine herzustellen. Durch einen permanenten Soll-Ist-Abgleich ließ sich in den Leistungsphasen 2, 3 und 5 die Realisierbarkeit dieser komplexen Planungsaufgabe überprüfen und in die Ausschreibung bzw. Ausführung überführen. Die gewerkeweise Ausschreibung mit anschließender Einzelvergabe führte zu einem Holzbaubetrieb aus der Schweiz. Dieser wurde unverzüglich in die Werk- und Detailplanung eingebunden, so dass weitere Optimierungsvorschläge erarbeitet werden konnten.

Fassadenschnitt M 1:50


Autorinnen und Autoren

Zeno Dietrich Studium der Architektur an der TU München und ETSAB Barcelona. Seit 1998 als Architekt tätig bei Adjaye & Russell Architects in L­ondon sowie bei Peter Haimerl, Wollmann und Mang Architekten, alle München, des Weiteren Umsetzung eigener Projekte. Zurzeit wissenschaft­licher Mitarbeiter an der Professur für Entwerfen und Holzbau Prof. Hermann Kaufmann der TU München. Sabine Djahanschah Leitung des Referats Architektur und Bauwesen der ­Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Architekturstudium an der RWTH Aachen, 1993 – 1995 Mitarbeit bei gmp Architekten, 1996 staatliche Anerkennung als Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz. Seit 1996 Initiierung und Begleitung von Förderprojekten, Vortrags-, Jury- und Beiratstätigkeit. Seit 2003 Mitglied der Jury Deutscher Holzbaupreis, seit 2010 des International Advisory Board TU Stuttgart, seit 2012 der Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz des BMUB sowie des Stiftungsrats Bundesstiftung Baukultur und seit 2014 des Kuratoriums Fraunhofer IBP. Annette Hafner Seit 2014 Leitung des Lehrstuhls Ressourceneffizientes Bauen an der Ruhr-Universität Bochum. Arbeitsschwerpunkt ist die Umsetzung von ressourcenschonenden Baukonstruktionen, Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen und nachhaltiges Bauen. Sie ist Architektin, Nachhaltigkeitsauditorin und seit Jahren an Projekten des Holzbaus, der Lebenszyklusbetrachtung und der Nachhaltigkeitsbewertung beteiligt. Intensive Beschäftigung mit der Ökobilanzierung von Gebäuden und dem energieeffizienten und ressourcenschonenden Bauen sowie Beteiligung an verschiedenen Forschungsprojekten zu diesen Themen. 2004 – 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Holzbau und Baukonstruktion, TU München, wo sie auch promovierte. Mitglied im wissenschaftlichen Beirat für Waldpolitik beim BMEL, in der Steuerungsgruppe Charta für Holz 2.0, am Runden Tisch Nachhaltiges Bauen sowie der Arbeitsgruppe Ressourceneffizienz des BBSR. Wolfgang Huß Seit 2016 Professor für Industrialisiertes Bauen und Fertigungs­ technik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg. Arbeits­schwerpunkte sind die Wechselwirkung zwischen Entwerfen und mate­rial­ gerechtem Konstruieren, die Architektur, Konstruktion und Vorfertigung von mehrgeschossigen Holzbauten, vorgefertigtes Bauen mit Holz im Bestand, Raummodulbauweise. Leitung des berufsbegleitenden Zertifikatsstudiums „Fachingenieur Holzbau – Integrale Planung und Konstruktion“. Er ist Architekt und seit 2013 Partner im Büro HKS Architekten Huß Kühfuss Schühle PartG mbB. 2007 – 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Entwerfen und Holzbau Prof. Hermann Kaufmann der TU München. Ulrike Klar Seit 2017 Stadtdirektorin bei der Landeshauptstadt München für Wohnungsbau und Stadtsanierung. Berufliche Erfahrung sammelte sie als Architektin zunächst in der freien Wirtschaft und seit 1989 in verschiedenen Bereichen des Referats für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit bei der Lokalbau­ kommission München beschäftigte sie sich intensiv mit Baurechtsfragen. Heute sind der bezahlbare Wohnungsbau und der soziale Frieden in München ihr zentrales Thema.

Wolf Opitsch Zimmererausbildung, Studium der Architektur an der TU Wien und TU München, zweites Staatsexamen, Regierungsbaumeister. Bis 2018 Sachgebietsleiter für Wohnungsbau und Wohnungsbauförderung im Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München. Dort unter anderem Entwicklung innovativer Konzepte für zukunftsfähiges und nachhaltiges Wohnen wie beispielsweise für die ökologische Mustersiedlung in Holzbauweise im Prinz-Eugen-Park. Baudirektor im Bayerischen Staats­ ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr „Referat Technische Ange­legen­ heiten des Wohnungsbaus, Experimenteller Wohnungsbau“ und mit den Herausforderungen des Klimawandels für den Wohnungsbau befasst. Arnim Seidel Studium der Architektur an der Bergischen Universität Wuppertal. Bis 2002 Leitung der Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitsgemeinschaft Holz, seit 2003 Inhaber der Fachagentur Holz – Kommunikation für das Bauen mit Holz, seit 2009 Geschäftsführer des Informationsvereins Holz, Düsseldorf, dem Inhaber der Marke INFORMATIONSDIENST HOLZ. ­Konzeption von Fachtagungen, Ausstellungen, Messen, Wettbewerben (unter anderem Deutscher Holzbaupreis). Vortragstätigkeit, Preisrichter, zahlreiche Publikationen, unter anderem Herausgeber mit Peter Cheret und Kurt S­ chwaner von „Urbaner Holzbau – Chancen und Potenziale für die Stadt“ (DOM publishers, 2013). Michael Storck Studium des Bauingenieurwesens. Seit 2017 tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum am Lehrstuhl für Ressourceneffizientes Bauen bei Prof. Annette Hafner. Mitarbeit in unterschiedlichen Forschungsprojekten zur innerstädtischen Nachverdichtung sowie Betreuung der Lehre. Lehrstuhl Ressourceneffizientes Bauen Der Lehrstuhl Ressourceneffizientes Bauen an der Ruhr-Universität Bochum wird seit seiner Gründung 2014 von Frau Prof. Dr.-Ing. Annette Hafner geleitet. Am Lehrstuhl arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Bau- und Umweltingenieuren sowie Architekten. Arbeitsschwerpunkte sind ressourceneffizientes Bauen für Gebäude und Infrastrukturen, Stoffstrommanagement und Ökobilanzierung für den Baubereich, Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen sowie nachhaltiges Bauen. Besondere Bedeutung kommt aktuell dem Schwerpunkt ressourcenschonendes Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen zu. Hierbei steht die Quantifizierung der Klimaschutzleistung im Vordergrund. Dem Lehr­ stuhl ist das Zentrum Umweltressourcenmanagement (ZUM) angegliedert, das sich zusätzlich mit Umweltplanung und Geoinformationssystemen beschäftigt. Damit gelingt es, die gesamte Planung auf unterschiedlichen Maßstabsebenen abzudecken, immer mit dem Fokus auf Klima- und Ressourcenschutz. Die in den letzten Jahren abgeschlossenen und die noch laufenden Forschungsprojekte umfassen Forschungsaufträge von Bundesministerien und Stiftungen, sowie Kooperationen mit Praxispartnern.


Impressum

Die langfristig angelegte Buchreihe „Bauband“ gibt die Deutsche Bundes­stiftung Umwelt (DBU) heraus in Zusammenarbeit mit universitären Lehr­stühlen, wissenschaftlichen Forschungsstellen und verschiedenen Autoren von Texten über zukunftsfähiges Bauen und DBU-geförderte Modellprojekte. DBU Bauband 4 Wohnquartier in Holz – Mustersiedlung in München Sabine Djahanschah, Deutschen Bundesstiftung Umwelt Annette Hafner, Lehrstuhl Ressourceneffizientes Bauen, Fakultät Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, Ruhr-Universität Bochum Arnim Seidel, Fachagentur Holz

118 119

Herausgeberin: Sabine Djahanschah Autoren: Annette Hafner, Arnim Seidel Mitautorinnen und -autoren: Zeno Dietrich, Wolfgang Huß, Ulrike Klar, Wolf Opitsch, Michael Storck Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl Ressourceneffizientes Bauen: Karina Krause, Simon Slabik, Michael Storck, Caya Zernicke Redaktion: Annette Hafner, Arnim Seidel Gestaltung: Atelier Andrea Gassner, Feldkirch Andrea Gassner, Reinhard Gassner, Marcel Bachmann Planerstellung und Überarbeitung: die jeweiligen Architekten, Zeno Dietrich Bilder: The Pk. Odessa Co.: Markus Lanz, Sebastian Schels; Peter Villain S. 1, 15; Landeshauptstadt München S. 12, 13; müllerblaustein S. 29 o.; Huber & Sohn GmbH & Co. KG S. 29 mi.; Eckhart Matthäus Fotografie und Gumpp & Maier GmbH S. 29 u. li.; proHolz Austria und Atelier Andrea Gassner S. 37 Lithografie, Druck: Eberl Print, Immenstadt Bindung: Josef Spinner Großbuchbinderei Koordination im Verlag: Steffi Lenzen Lektorat: Eva Westhoff Das Copyright für die Texte liegt bei den Autoren. Das Copyright für die Abbildungen liegt bei den Fotografen bzw. Inhabern der Bildrechte. © 2020, erste Auflage DETAIL Business Information GmbH, München detail.de ISBN 978-3-95553-527-8 (Print) ISBN 978-3-95553-528-5 (E-Book) Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:  ⁄⁄dnb.d-nb.de abrufbar. Fachlich und finanziell gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

Autoren und Verlag danken für die Unterstützung:



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