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Ulli Karla

Eine lange Zeit. Wie viele Homberger und Hombergerinnen wohl durch ihre Hände gegangen sein mögen? Am Ende betreute Frau Karla die 'Kindeskindergeneration'.

1992, zeitgleich mit dem Kitaeintritt meine Tochter, kam auch sie. Ich erinnere mich noch genau an meine Gedanken. Freude über den Schritt ins Leben auf der einen Seite, Sorge, wie es dem Kind ergehen wird auf der anderen. Weiß ich doch, dass die Leitung einen großen Einfl uss auf eine Einrichtung hat. Bestimmt geht es heutigen Müttern beim Kitaeintritt ihrer Kinder genauso. Die Sorgen waren schon bald vergessen. Auch die Gefühle von Frau Karla waren oft zwiespältig, wie sie lachend erzählt.

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1956 in Mönchengladbach geboren wusste sie nach dem Schulabschluss zunächst nicht, was sie werden wollte. Da kam ihr der Vorschlag ihrer Mutter: "Werd doch Erzieherin, die sitzen immer schön in der Sonne", gerade recht. Ein Trugschluss wie sich bald herausstellen sollte, aber trotzdem goldrichtig. Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie in verschiedenen Kitas auch in Leitungsfunktion, bevor sie schließlich in Homberg 'sesshaft' wurde.

Damals war noch Vieles anders. Es gab Hortkinder mit denen Schulaufgaben gemacht werden musste. Die Kinder waren in feste Gruppen eingeteilt. Für Frau Karla war es die erste Stelle bei der sie von der Kinderbetreuung freigestellt war. Was sich auf der einen Seite verlockend anhörte, erwies sich auf der anderen Seite als ein Hindernis. War es doch das Zusammensein mit den Kindern das ihr wichtig war und Freude bereitete. Sie sieht sich noch heute ratlos an dem großen wackeligen Schreibtisch ihrer Vorgängerin sitzen. "Was mache ich bloß hier", fragte sie immer wieder eine ältere Mitarbeiterin. Auch wenn sie bald merkte, dass es mehr als genug Leitungsaufgaben gibt, ist sie froh, dass sie nach der Umstrukturierung 1996 wieder mit einer halben Stelle in der Kinderbetreuung beschäftigt war. Aus dem Hort wurde die OGATA an der Christian Morgenstern Schule, die Gruppen wurden aufgelöst, das off ene Konzept eingeführt. Ein Schritt, der damals umstritten war, sich aber auch als goldrichtig erwies. Die Kinder können gruppenübergreifend die verschiedenen Funktionsräume nutzen. Die Erzieherinnen haben die Möglichkeit sich individueller um die Kinder zu kümmern und Interessenschwerpunkte zu fördern. Trotzdem darf der Bildungsauftrag, der im Laufe der Jahre verstärkt gestellt wurde, nicht zu kurz kommen. Das Zusammensein mit den Kindern, das spürt man ganz deutlich, ist für Frau Karla auch nach so vielen Jahren eine Erfüllung. Jedes Kind ist ihr wichtig. Sie 'hat die Ruhe weg', ist Erzieherin mit Herz und Seele. Sie setzt Impulse, auf sie kann man sich verlassen. Das ist es, was Kinder brauchen und was das Klima in der Einrichtung prägt. Die Kinder und die Mitarbeiter sind es auch, die ihr fehlen werden, wenn sie jetzt in den wohlverdienten Ruhestand geht.

Wieder fragt sie sich: "Was mache ich bloß, wenn ich alleine in meinen vier Wänden sitze". Sie hat sich eine Liste gemacht. Mehr malen, steht darauf, vielleicht wieder einmal eine Ausstellung machen, Möbelstücke restaurieren, eine Sprache lernen, reisen….. Sicher wird sie auch diesmal einen Weg fi nden, zumal es auch Dinge gibt, die sie nicht vermissen wird. Haben doch die bürokratischen Aufgaben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Manchmal hatte ich den Eindruck, dass ich mehr Zeit brauche Bildungspläne und Bildungsdokumentationen zu schreiben als ich mit den Kindern zusammen bin", beklagt sie. Die Vorgaben in der Corona-Pandemie waren eine letzte große Herausforderung. Wieder mussten feste Gruppen eingeführt werden, das Testen nahm viel Zeit in Anspruch. Gut, dass in den letzten Monaten ihrer Dienstzeit wieder das unbeschwerte Zusammensein mit den Kindern möglich war, das ihr so wichtig ist. Petra Baierl

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