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Groß)Muttertag

(Groß)Muttertag

Hilfe, ich bin Großmutter geworden! Für die Eltern kam das Kind 2 Wochen zu früh, für mich 2 Jahrzehnte. Dass bloß keiner Oma zu mir sagt! Großmütter, eine besondere Spezies? Spontan fällt mir nur Rotkäppchen ein: Großmutter, was hast du für große Ohren? Meine hieß Anna, war dick und warm, hatte einen Bananenknoten und vergaß oft ihr Gebiss, wenn sie ausging. Ich habe sie so geliebt, dass ich meine Tochter nach ihr benannte.

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Und nun ich. Ich fühle mich doch noch jung, meine Zähne sind frisch jacketbekront und kernsaniert, und ein Knoten scheidet wegen meiner Ohren sowieso aus. In der Stadt schiele ich verstohlen nach allen, die Großmutter sein könnten. Und was sehe ich: Frauen, die aussehen wie eine nur unwesentlich ältere Ausgabe von Germany s Next Model, forsch und stretchjeansbehost den Kinderwagen durch die Menge jonglierend, die sicher alles über Säuglingsernährung und das umfangreiche Sortiment an biologisch abbaubaren Windelsystemen wissen und die zum Babyschwimmen gehen. Und ich? Ich kriege Panik bei der Vorstellung Kinderwagen und Linienbus, habe noch die Erinnerung an stinkende Stoff windeln und mag keine Schwimmbäder. Oh Gott, warum gibt es kein Intensivtraining mit Überlebensstrategie für Großmütter? Und dann noch dieser Name: Ramon!

Wenn man ihn laut ruft, klingt es, als hätte man eine Tür zugeknallt. Wie soll ich das alles einordnen? Was mache ich damit? Was wohl! Ich sitze da und nähe Babyjäckchen mit Matrosenkragen, schön mollig warm, weil der Kleine ja so zart ist. Den Bollerwagen werde ich vom Speicher holen. Wie gut, dass ich den durch die Jahre gerettet habe. Demnächst werde ich Kinderschippe und Sandeimer kaufen für den ersten Urlaub an der Nordsee. Die raue Seeluft tut Zwergen gut. Hätte ich mal die Schaukelhaken in der Decke gelassen. Nun müssen wir neue Löcher bohren. Es hört wohl nie auf im Leben, die Sache mit der Sorge. Jetzt ist es die um die Brut von der Brut. Ich hab' mir vorgenommen, wenn meine Familie mich total vereinnahmt, mach ich ab nach Holland in eins der Beginen-Klöster. Da haben die

© Pixabay, Aline Dassel

frommen Frauen jede für sich ein Häuschen mit einem Gärtchen davor, in dem Rittersporn und Dahlien wachsen. Und sie leben nach der Devise: ORA ET LABORA. Mit meinem ORA wären die frommen Frauen sicher nicht einverstanden und gearbeitet habe ich ohnehin mein bisheriges Leben lang. Das Häuschen und das Gärtchen habe ich schon und die Dahlien kriegen sicher auch in Holland Läuse.

Fazit: Es wird alles bleiben, wie es ist. Alle Erzengel sollen mir nur bitteschön in den nächsten Jahren beistehen!

Übrigens: dieses Gottesgeschenk, dieses kleine Bündel Mensch, diese 3.200 g Familienzuwachs in den Armen zu halten, ist das größte Glück!

Allerdings ist die Welt, in die das Kind hineinwachsen wird, eine Welt mit großen Problemen, Hunger und Elend, hoher Kindersterblichkeit und jetzt auch noch einem Krieg in Europa mit unfassbarem Leid, insbesondere für die Kinder.

Denken wir am (Groß)Muttertag auch daran!!!

Verfasser ist der Redaktion bekannt

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