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Und plötzlich war da ein Gitter

Und plötzlich war da ein Gitter

Sonntägliche Laufrunde. Den Einen piesacken die Knochen, bei dem Anderen hat sich die Familie zum Mittagessen angesagt. Also, nicht die ausgedehnte Coronarunde zwecks Stärkung des Immunsystems von der Schneppersdelle über den Breckhauser Weg und Steinkothen an der Anger entlang zum Klärwerk, sondern die Abkürzung über den steilen Weg Hohenanger.

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Doch plötzlich, an der Fußgängerbrücke über die Anger bei Haus Anger ein massives Gitter. Kein Durchkommen mehr. Was tun? Umkehren und den steilen Berg wieder erklimmen? Linksseitig an der Anger zurücklaufen? Aber eigentlich wollen wir doch zur Hofermühle. Die Absperrgitter sind stabil gebaut, wohl aus leidvoller Erfahrung. Man munkelt, dass Absperrungen in der Vergangenheit von erbosten Fußgängern entfernt worden sind.

Aber siehe da. Fußspuren hinter dem Absperrgitter, rechts und links an den Rändern der Brücke. Wir wären nicht die Ersten, die sich in Lebensgefahr begeben würden, indem sie die Absperrungen umgehen. Es ist ziemlich glitschig, aber an dem Gitter könnte man sich prima festhalten. Andere schaff en das mit einem Mountainbike auf dem Rücken. Aber Verboten ist nun mal verboten. Insbesondere ehemalige Lehrer neigen dazu sich an Regeln jeglicher Art zu halten und überhaupt, wenn uns jemand sieht, vielleicht vom Ordnungsamt. Man hört von Homberger Hundebesitzern, dass es teuer werden kann sich nicht an Vorschriften zu halten. Auf der anderen Seite leiden wir nicht schon genug unter den Coronaregeln? Jetzt werden auch noch unsere Spazierwege beschränkt. Dabei sind wir doch gar nicht als 'Spaziergänger' unterwegs, wie das im Moment in manchen Kreisen in Mode ist. So marode kann die Brücke doch eigentlich nicht sein. Ich habe zwar mein Nachweihnachtsgewicht, aber wenn wir einzeln gehen? Welchen Weg wir gewählt haben, sei nicht verraten. Vielleicht sind wir auch Feiglinge. Es bleibt die Frage: Warum die Absperrung und wie lange müssen wir mit Einschränkungen rechnen? Beim genauen Hinsehen zeigt sich: Das ist kompliziert. Auch Zuständigkeiten und Verwaltungsvorschriften können Hindernisse sein.

Der Reihe nach: Ursprünglich war die Natursteinbrücke, die 1920 gebaut worden ist, im Besitz der Deutschen Bahn, die, nachdem feststand, dass das Bauwerk einsturzgefährdet ist, schon vor eineinhalb Jahren erste Absperrgitter aufgestellt hatte. Man wollte natürlich nicht regresspfl ichtig gemacht werden, falls wirklich etwas passieren würde. Für Fußgänger fühlte man sich nicht zuständig. Eine Erneuerung der Brücke sei nicht vorgesehen, da es sich um keine 'betriebsnotwendige Anlage' handele und diese so keine bahnbetriebliche Funktion habe, erklärte die DB Netz AG. Der Fußgänger war wieder der Dumme. Das führte verständlicherweise bei vielen Wanderern zu Unmut. Dankenswerterweise beschloss der Rat der Stadt für seine Bürger und für Abhilfe zu sorgen und kaufte die Brücke im Juli 2021 mit dem Ziel sie zu sanieren. Kein einfaches Unterfangen zumal es durch das Hochwasser zu weiteren Schäden gekommen war. Große Teile der Flügelwand sind weggebrochen und das Bauwerk ist laut Gutachter akut einsturzgefährdet. Irgendwie scheinen die Gitter also doch Sinn zu machen. Um die Angelegenheit zu beschleunigen beschloss man, zunächst eine Behelfsbrücke zu bauen - sozusagen eine Brücke über der Brücke. Ein guter Plan, aber auch nicht so einfach wie es sich 'der kleine Läufer' denkt. Man benötigt ein Bodengutachten, eine Kampfmittelerkundigung, Ausschreibungen und so weiter. Diese Aufgaben hat das Tiefbauamt inzwischen bewältigt, aber ob sich auf die Ausschreibung aufgrund der Konjunkturlage auch ein Unternehmen bewirbt und wann die benötigten Materialien lieferbar sind, ist laut Aussage von Herrn Winkelmann (Tiefbauamt) noch unklar. Der Termin für die Fertigstellung der Behelfsbrücke, der in der Ratssitzung vom 17.11.2021 noch mit März/April angegeben wurde, ist inzwischen auf den Sommer verschoben.

Unsere Laufrunde und andere Homberger Wanderer, aber auch Benutzer des Wanderweges A9 oder Pilger auf dem Jakobusweg werden sich also noch lange andere Wege suchen und lange Umleitungen in Kauf nehmen müssen, wenn sie nicht zum Gesetzesbrecher werden wollen oder sich in Lebensgefahr bringen möchten.

Anzeigen Petra Baierl

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