DIE PFORTE Nr. 61/2008

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Nachruf für Rudolf Konetzny

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Es ist mir eine Ehre und ein Bedürfnis, auch wenn es mich schmerzt, heute die Vita von Rudolf Konetzny zu verlesen. Er war nicht nur mein Geschichtslehrer und eine Art Mentor für mich, ich verdanke ihm meine Liebe zu Pforte und der Bibliothek und damit einen wichtigen Teil meines Lebensinhaltes. Rudolf Konetzny wurde am 21. Februar 1923 in Gleiwitz als Sohn eines Arbeiters geboren. Als er vier Jahre alt war, siedelte die Familie aus wirtschaftlichen Gründen nach Naumburg über. Er besuchte hier die katholische Schule, da er von Haus aus katholisch war. Als aufgeweckter Junge interessierte er sich für alles, jedoch gestatteten die Verhältnisse nur eine Handelslehre. Mit 18 Jahren musste er in den Krieg, den er als Kind seiner Zeit als große Herausforderung an seine Person sah und trotz aller furchtbaren Ereignisse und eigener Verwundungen nicht als Trauma erlebte. 1945 versuchte er, sich in Naumburg ein neues Leben aufzubauen. Anfangs bei der Polizei, wechselte er kurze Zeit später wieder in seinen Beruf als Kaufmann und übernahm einen Kiosk in Weimar. Dank überdurchschnittlicher Leistungen wurde ihm bald die Leitung einer Handelsschule übertragen. Diese Tätigkeit stachelte jedoch seinen Wissensdurst so an, dass er unbedingt selbst studieren wollte. Da er keine höhere Schulausbildung hatte, unterzog er sich nach intensivem Selbststudium einer dem Abitur entsprechenden Prüfung, die er glänzend bestand, genauso wie sein nun folgendes Studium der Geschichte und Pädagogik in Jena. Sofort nach dem Studium wurde Rudolf Konetzny in Schulpforte, das für die nächsten 45 Jahre seine Wirkungsstätte werden sollte, als Lehrer für Geschichte eingesetzt. Obgleich er als junger Lehrer 1957 in den Schuldienst kam, war er doch eher ein Lehrertyp der »alten Schule«. Fundiertes Wissen, Ordnung und Disziplin waren ihm wichtig. Es freute ihn der Ruf, der bestgekleidete Lehrer in Pforte zu sein. Sein Stil wurde auch von dem bekannten Schauspieler Rolf Hoppe kopiert, als dieser bei den Dreharbeiten zu dem Film »Die besten Jahre« in Pforte einen konservativen Lehrer spielte. Mit seiner unverwechselbaren Art prägte er nicht nur im Unterricht, sondern auch in Arbeitsgemeinschaften und beim Theaterspiel seine Schüler. Bei ihnen hieß er über die Jahrzehnte hinweg mit Spitznamen nur der »Ko«. Die große Leidenschaft von Rudolf Konetzny aber wurde die historische Schulbibliothek, die er bald nach seinem Eintritt in die Schule unter seine Fittiche nahm. Die Zeit reicht nicht, seine Verdienste um die Bibliothek, die er ja zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Lehrer betreute, aufzuzählen, doch ohne ihn hätte die Landesschule heute ihren Bücherschatz und damit auch ihre Geschichte nicht mehr. Auch die kostbaren Kunstgegenstände aus der Klosterzeit würden hier nicht mehr existieren ohne sein Engagement. Als die Wende kam, war er zwar schon seit 1988 offiziell im

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