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WIRTSCHAFTSLAGE AKTUELL: 2023 ETWAS BESSERUNG IN SICHT?

Die toxische Gemengelage aus enorm gestiegenen Energiekosten, Inflation, Sanktionen gegen Russland und Belarus sowie die anhaltenden Pandemieeffekte haben die deutsche und europäische Wirtschaft weiter fest im Griff. Niedrige Geschäftserwartungen und ein zum dritten Mal in Folge sinkendes Geschäftsklima im Mittelstand trüben die Konjunkturaussichten deutlich ein. So seien im Winterhalbjahr negative Wachstumsraten zu erwarten. Zwar stieg das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr um 1,4 Prozent an, 2023 soll es jedoch um 0,3 Prozent sinken. Mit einem Abflachen der Inflationsrate auf fünf Prozent wird im Laufe des nächsten Jahres gerechnet.

Gesamtwirtschaftliche Herausforderungen halten an Die wohl brisantesten Entwicklungen spielen sich derzeit am Energiemarkt ab. Die explodierten Preise für Gas schmälern sowohl die Kaufkraft der Verbraucher als auch die Liquidität im Mittelstand. Mehr noch: Nicht nur die Energiekosten insgesamt sind enorm, der Wegfall russischer Gaslieferungen könnte kommenden Winter eine Versorgungslücke hinterlassen. Im Juni wurde die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die Gasspeicher waren Anfang Oktober gut gefüllt, die Versorgung ist laut Bundesnetzagentur stabil, trotzdem drosselten viele Unternehmen bereits die Produktion oder stellen, wenn möglich, auf Alternativen wie Öl zur Energiegewinnung um. Allerdings benötigen derartige Anträge für einen Energieträgerwechsel Vorlaufzeit – eine kurzfristige Umsetzung ist nicht für alle realisierbar. Chemie-Unternehmen etwa stehen derzeit besonders unter Druck, da für ihre Produktion zum einen Gas als Rohstoff oftmals nicht ersetzbar und sie zum anderen energieintensiv ist.

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Die Kosten für Energie haben den von der Pandemie ausgelösten Preisauftrieb weiter verstärkt. Auch die bestehenden Lieferketten-Disruptionen treiben die Preise für Rohstoffe und Materialien weiter in die Höhe. Die strikte Null-Covid-Strategie der chinesischen Regierung schränkt wirtschaftliche Aktivitäten massiv ein; europäische TechnologieUnternehmen in den Sektoren Solartechnik und Lithium-Ionen-Batterien stehen in der Rohstoffbeschaffung aufgrund dessen vor immensen Herausforderungen.

Lieferengpässe, Material- und Fachkräftemangel: Angespannte Situation

Über 74 Prozent der Unternehmen hierzulande leiden unter der geringen Verfügbarkeit vieler Vorprodukte und Rohstoffe; eine Besserung der Situation wird erst im Frühjahr 2023 erwartet. Besonders betroffen hiervon sind viele Schlüsselbranchen wie die Elektroindustrie, der Maschinenbau oder die Automobilbranche. In diesen Sektoren bekommen

#:~:text=Die%20Gesch%C3%A4ftslageurteile%20br%C3%B6ckeln%20weiter%20ab,%2C4%20%25%20in%20diesem%20Jahr 2 https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/KfW-Research/KfW-Konjunkturkompass.html 3 https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/aktuelle_gasversorgung/_downloads/ 10_Oktober/221006_gaslage.pdf;jsessionid=97334FD7EF4F40A040F6A20BBE0869A6?__blob=publicationFile&v=3 4 https://www.ifo.de/fakten/2022-09-29/gemeinschaftsdiagnose-herbst-2022-energiekrise-inflation-rezession 5 https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Wirtschaftslage-Deutschland/ #:~:text=Die%20Gesch%C3%A4ftslageurteile%20br%C3%B6ckeln%20weiter%20ab,%2C4%20%25%20in%20diesem%20Jahr etwa 90 Prozent der Betriebe den Materialmangel zu spüren. Wie zu erwarten, nimmt der Fachkräftemangel weiter zu und erreichte im Juli dieses Jahres ein Allzeithoch. Knapp die Hälfte aller deutschen Unternehmen sieht sich in ihren Geschäftsaktivitäten durch fehlendes Fachpersonal eingeschränkt. Der Trend wird sich auf mittel- und langfristige Sicht weiter fortsetzen; das Anwerben von ausländischen Fachkräften scheint nur bedingt eine Lösung zu sein. Hinzu kommt, dass sich auch die Personalkosten insgesamt erhöht haben. Laut dem Statistischen Bundesamt stieg der durchschnittliche Bruttoverdienst im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahresquartal kalenderbereinigt um über vier Prozent an, die Lohnnebenkosten sogar um mehr als fünf Prozent.

Transformation: Mehr Investitionen nötig Für mehr und mehr Unternehmen gewinnt Nachhaltigkeit an Bedeutung; auch in Kreditverhandlungen kommt die Thematik öfter zur Sprache. Auf dem Weg zu einem nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaften werden Investitionen in entsprechende Transformationsprozesse daher immer wichtiger. Oft mangelt es dem Mittelstand allerdings an finanziellen und personellen Kapazitäten, um die gewünschten Anforderungen umzusetzen. Zusätzlich erfolgte durch die Europäische Zentralbank nun zum dritten Mal in diesem Jahr eine Erhöhung des Leitzinses um 0,75

Prozentpunkte; er liegt aktuell insgesamt bei zwei Prozent. Finanzierungsmöglichkeiten werden somit in diesem Zusammenhang verstärkt gesucht. Auch die Bundesregierung spricht sich in ihrem Jahreswirtschaftsbericht 2022 dafür aus, ökonomische Umwelt- und Klimaauswirkungen künftig mehr zu fokussieren. Ein systematischer Ansatz zur Integration des erwartbaren Treibhausgasausstoßes in die Konjunkturprognose kann diesbezüglich einen besseren Überblick verschaffen. Dieses und nächstes Jahr sinkt der Ausstoß zwar höchstwahrscheinlich, allerdings nicht im angestrebten Maße.

Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen wird zudem zu einer verstärkten Nachfrage von Massenmetallen wie etwa Kupfer und Spezialmaterialien wie Lithium oder Kobalt führen. Momentan werden die Stoffe überwiegend nach Europa importiert; ein Fördern des europäischen Rohstoffabbaus sowie eine Diversifikation der Bezugsquellen würden mehr Unabhängigkeit verschaffen.

Unterstützung durch die Bundesregierung Kleine Lichtblicke für mittelständische Unternehmen bietet die Bundesregierung in Form von Hilfsprogrammen. In mittlerweile drei Entlastungspaketen kommen unter anderem Maßnahmen wie eine verschobene Anhebung des CO2-Preises und ein verlängerter Spitzenausgleich für energieintensive Unternehmen zum Tragen. Zusätzlich soll ein wirtschaftlicher Abwehrschirm, etwa durch eine Strom- und Gaspreisbremse sowie eine Reaktivierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds und Steuerentlastungen, die Folgen der Krise abmildern. Die gesamtwirtschaftlichen Turbulenzen werden sich vermutlich Mitte nächsten Jahres etwas legen; ein Nachlassen des Preisanstieges wird im Laufe des kommenden Jahres erwartet. Mit ausreichenden Gasvorräten werde ebenfalls für den Winter 2023/2024 kalkuliert.

Quellen:

6 https://www.ifo.de/pressemitteilung/2022-06-29/unternehmen-erwarten-materialknappheit-bis-2023

7 https://www.ifo.de/pressemitteilung/2022-08-02/fachkraeftemangel-steigt-auf-allzeithoch

8 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/06/PD22_236_624.html;jsessionid=B931D36527C8901BD3B3D1264CCE17ED.live721

9 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/ezb-leitzins-143.html

10 https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Wirtschaftslage-Deutschland/#:~:text=Die%20Gesch%C3%A4ftslageurteile%20br%C3%B6ckeln%20weiter%20ab,%2C4%20%25%20in%20diesem%20Jahr 11 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Entlastungen/schnelle-spuerbare-entlastungen.html 12 https://www.ifo.de/fakten/2022-09-12/ifo-konjunkturprognose-herbst-2022-inflation-wuergt-privaten-konsum-ab-deutsche#:~:text=Alles%20in%20allem%20wird%20das,auf%209%2C3%20Prozent%20steigen

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