Metzgerei Schlösser

Frühjahr 2015 | EUR 4,50

Das Beste aus der schönsten Stadt am Rhein

Lust auf Land Alles Bio auf dem Lammertzhof Metzgerei Schlösser Die Nummer eins in Düsseldorf

Museumshotel De Medici Residieren statt übernachten

Reportage: Großmarkt – Der Bauch der Stadt  Stadtgeschichte: Dreischeibenhaus  Gourmet-Event: Street Food Festival  Restaurants: Brasserie Stadthaus, Marco, noha  Reportage: Nahaufnahme Feuerwehr Kitamangel: Mehr Raum für kleine Bürger  Mamma Mia!: Düsseldorferin begeistert in der Hauptrolle

HANDWERK Metzgerei Schlรถsser

Senior Helmut Schlรถsser mit Sohn Jรถrg-Anton (47)

62

„Es kann immer vorkommen, dass irgend jemand billiger ist, aber es darf niemals vorkommen, dass jemand etwas Besseres macht.“

Foto: Hojabr Riahi

Beste Tradition in vierter Generation

63

Wurst mit Goldstatus Es bedarf nur eines Blickes in die Liste der Besten, um zu wissen, dass Schlössers Wurst etwas Besonderes sein muss! Der Stern der Traditionsmetzgerei an der Oststraße strahlt so hell, dass rundum das meiste sehr schattig wirkt. Wir haben die Metzgerei besucht, um herauszufinden, warum das so ist.

Der Landwirtschaftsminister Nordrhein-Westfalens mochte da auch nicht abseitsstehen und bedenkt Schlösser seit 2009 mit dem Landesehrenpreis. Das höchste Lob kommt von den Kollegen: Der Deutsche Fleischerverband überschüttet den Düsseldorfer Wurstexperten Jahr für Jahr mit Medaillen – im Schnitt sind es rund 50. In dem

Jörg-Anton Schlösser füttert den Kutter für die nächste Wurstproduktion

Feinschmecker, das Magazin für Besseresser, listet Schlösser seit Einführung der Bewertungen in den Achtziger Jahren unter den besten Metzgern Deutschlands. Düsseldorfs „älteste und zugleich beste Metzgerei“ punkte mit „hoher handwerklicher Qualität, einem äußerst vielseitigen Angebot aus eigener Herstellung und zeitgemäßen Wurstideen“.

64

Ruhm sonnen sich Blut- und Jagdwurst, Streichmett- und Schinkenwurst, Schwartenmagen und Leberwurst, um nur einige zu nennen. Auch der hauseigene Knochenschinken ist prämiert. Dem lassen die Schlössers auch viel Aufmerksamkeit zuteilwerden: Gewürze und Salz werden per Hand einmassiert, dann darf der Schinken am Knochen wochenlang reifen, bevor er für 14 Tage in

Immer gut gelaunt und stolz auf die Produkte des Hauses: Thomas Weber 65

Hausphilosophie: bestes Fleisch und traditionelle Gewßrmischungen – Vladimir Pfeiffer an der Wurstmaschine 66

67

den hauseigenen, über 100 Jahre alten Kaltrauch der Fußboden, sogar die Decke ist mit Reinigungsgehängt wird. schaum bedeckt. „Das wirkt ein und wird dann abgespült“, erläutert Düsseldorfs Meistermetzger.

Von all seinen Würsten mag Jörg-Anton Schlösser (47) am liebsten die Leberwurst, „die cremi- Die Wurstküche, das Allerheiligste. „Wurstmage“, und die Schinkenwurst, auch „Kinderwurst“ chen, das ist eine Sache, dafür brauchst du deine genannt. Bestseller an der Theke ist dagegen die Sinne – Riechen, Schmecken, Fühlen.“ klassische Flönz, die Blutwurst, die sich auch in den Düsseldorfer Hausbrauereien und etwa im Eine hoch diffizile Geschichte sei etwa die ProBreidenbacher Hof oder im Restaurant von Heinz- duktion der Wiener Würstchen: „Die Luftfeuchtig-

Der hundert Jahre alte Rauch der Schlössers: hier kriegt die Wurst die Würze

Richard Heinemann großer Beliebtheit erfreut. An keit in der Küche, die Temperatur, die Festigkeit, zweiter Stelle allerdings rangiert gleich die Le- damit der Biss knackig ist, da braucht man einen berwurst, gefolgt vom Kochschinken. erfahrenen Metzger.“ Sein Vater Helmut vergleicht das Wurstmachen mit dem Kuchenbacken: „Alle Schlösser führt uns in die Wurstküche und die haben die gleichen Materialien, aber es kommt angrenzenden Kühlräume. Wir reinigen unsere bei allen was anderes raus. Man kann mit den Schuhsohlen an einer Waschanlage und ziehen gleichen Produkten, Maschinen und GegebenheiÜberzieher an. Es ist Nachmittag und ein Mitar- ten zum Beispiel völlig unterschiedliche Leberbeiter putzt gerade die Wurstküche. Blitzsauber wurst machen.“ 68

69

Schlösser beschäftigt 45 Mitarbeiter, darunter fünf Metzgermeister: Paul Gebhardt (links) und Herbert Hansen bei der Fleischbearbeitung 70

71

Vater Helmut, selbst noch sehr häufig im Geschäft, ist immer noch fasziniert von der Schlösser-Philosophie, wie sie ihm sein Vater vermittelt hat und er seinem Sohn. „Wenn bei uns die Blutwurst, die Leberwurst, der Schwartenmagen gemacht werden, das ist Anspannung pur, da geht es um die Minute, um die richtige Temperatur, da muss alles in einem Fluss sein.“ Gute Wurst braucht gute Fachkräfte. Schlösser hat davon gleich eine ganze Reihe, beschäftigt fünf Meister und insgesamt 45 Mitarbeiter in Festanstellung. Jörg-Anton Schlösser: „Wir fangen im Verkauf um sechs Uhr an, das bedingt schon mal

vielfalt. „Das Rezept für die Fenchelbratwurst hat ein italienischer Mitarbeiter vom Urlaub in Sizilien mitgebracht“, erinnert sich Jörg-Anton Schlösser.

Die Grätsche zwischen Traditionspflege und Innovation beherrscht man an der Oststraße. Einerseits Vertrauen auf Rezepturen des Urgroßvaters, andererseits trendige Neukreationen. „Also, das geht so“, erläutert Schlösser, „wir produzieren eine Wurst und die nimmt dann eine ganze Reihe von Mitarbeitern, auch aus dem Verkauf, mit nach Hause. Da wird in Ruhe probiert und dann entscheiden wir, ob wir sie ins Sortiment aufnehmen oder nicht.“

Jörg-Anton Schlösser (Mitte) mit seinem Verkaufsteam, das in zwei Schichten arbeitet

einen Zweischichtbetrieb – und in der Wurstküche Doch Senior Helmut Schlösser ist gleichwohl sisind auch immer ein Dutzend Mitarbeiter.“ cher: „Wenn mein Großvater heute ins Geschäft käme, er würde seine Wurst sofort wiedererkenBei der Vielzahl der Wurstsorten braucht es viele nen. Auch wenn mein Sohn Neuerungen eingewissende Hände. Allein die Bratwürste! In der bracht hat, wir sind immer eine Spur gefahren und Grillsaison gehen bei gutem Wetter täglich haben an unseren alten Werten festgehalten.“ locker 350 kg Bratwurst über die Theke. Doch Bratwurst ist nicht gleich Bratwurst, Schlösser Rechts neben dem Kutter, in dem Fleisch mit produziert rund 25 verschiedene Sorten. Spitzen- Gewürzen zu Wurst verarbeitet wird, steht das reiter sind die „Schweizer Bratwurst“ und Kalbs- große Gewürzregal. Man stelle sich das vor: bratwurst, doch auch eine Altbierbratwurst, eine Viele Dutzend verschiedene Wurstsorten, wie thailändische, mit viel Koriander gewürzt, und viele Gewürzmischungen müssen dafür zusameine Fenchelbratwurst gehören zur Geschmacks- mengestellt werden?! Komplexe Sache.

72

„Leidenschaft, Hingabe und dieses Verständnis für Produkte – das haben wir von Generation zu Generation vererbt“, sagt der erfahrene Metzgermeister. „Es fängt mit dem Fleisch an“, ergänzt Jörg-Anton Schlösser. „Wir verarbeiten ausschließlich Fleisch aus qualifizierten Lieferbetrieben.“ Die Schweine stammen aus Strohhaltung oder sie hatten sogar Auslauf. Stolz ist die Familie Schlösser auch auf ihr Gourmetfleisch – auf würziges Salzwiesenlamm, auf Dry Aged Steaks, perfekt gereift, auf das feine Ochsenfleisch und auf die Pute aus Freilandhaltung.

dass irgendjemand billiger ist, aber es darf niemals vorkommen, dass jemand etwas Besseres macht.“ Anton Schlösser, der die Metzgerdynastie in der Oststraße begründete, annoncierte zur Eröffnung am 2. Februar 1902: „Es wird mein stetiges Bestreben sein, den Wünschen meiner hochverehrten Kundschaft nach Preis und Qualität gerecht zu werden.“ Seit 1902 läuft das so bei Schlössers.

Jörg-Anton Schlösser fasst die handwerkliche Erfolgsgeschichte so zusammen: „Viel Arbeit, Hingabe und Liebe, das merkt man unserer Wurst an und die kann niemand nachmachen, das ist

Auch bei regem Andrang kein Gedränge auf dem Carlsplatz: man zieht eine Marke wie beim Straßenverkehrsamt

In einem Hightechgerät blubbert es auf einmal, es wird automatisch hochgefahren, elektronisch gesteuert. „Hier entsteht unser Bratenfond, den wir im Geschäft verkaufen. Fleisch, Knochen, Gemüse, das simmert stundenlang vor sich hin und wird immer wieder reduziert. So etwas bekommt man zu Hause gar nicht hin, das wäre viel zu viel Aufwand.“ Jörg-Anton Schlösser führt den Betrieb in vierter Generation. Sein Urgroßvater hat das Credo begründet, es hängt an seiner Bürowand und es gilt noch immer: „Es kann immer vorkommen,

sicher. Außerdem haben wir Glück, dass wir so gute Leute haben, und das macht auch unseren Erfolg aus. Mitarbeiter und Arbeitgeber, das muss wie eine Waage sein, die müssen sich immer in die Augen gucken können und beide Spaß haben, sonst funktioniert es nicht.“  Wolfgang Osinski

Metzgerei Schlösser Oststraße 154 40210 Düsseldorf Telefon: 02131 - 36.27.87

73