Brixner 313 - Februar 2016

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Wo liegt die Lösung? Das Thema ist zu komplex, als dass es eine Einzellösung geben könnte. Es wird ständig behauptet, die Europäische Union würde nichts unternehmen. Wir haben aber durchaus einige Maßnahmen in den letzten Monaten setzen

In Europa gibt es eigentlich bereits ein vereinheitlichtes Asylrecht – es gibt nur eine ganze Reihe von Staaten, die dieses nicht durchoder umsetzen. Man muss stärker darauf drängen, dass Asylverfahren in allen Mitgliedsstaaten gleich umgesetzt werden und dass es keine Wanderung inner-

allem, wie wir damit umgehen. Das hat damit zu tun, dass wir in der Europäischen Union zunehmend weniger gemeinsam handeln und jeder Staat das tut, was er will. Ein anderes großes Problem ist auch der sehr schnell wachsende Nationalismus in Europa. Über lange Zeit haben wir

„Das ist eine Situation, die wir in Europa als überwunden geglaubt haben und die sich niemand von uns auch nur annähernd wieder wünschen würde“_ Herbert Dorfmann, EU-Parlamentarier können: Von 90 Prozent der Menschen, die über die türkisch-griechische Grenze kommen, werden die Fingerabdrücke abgenommen – vor einigen Monaten waren wir gerade mal bei etwa 8 Prozent. Der Flüchtlingsstrom ist auch zurückgegangen, auch deshalb, weil es stärkere Kontrollen in der Türkei gibt. Um effiziente Kon­ trollen an den Außengrenzen Europas werden wir in der Lösung des Flüchtlingsproblems nicht herumkommen. Aber auch hier hat sich einiges getan, denn die Nato ist im türkisch-griechischen Meer mit Schiffen unterwegs und beobachtet nun, was sich dort abspielt. Die Zusammenarbeit mit der Türkei, die Deutschland sehr forciert, ist auch notwendig, denn wir wissen, dass an der türkischen Küste mit Flüchtlingen überfüllte Boote einfach losgelassen werden. In der Türkei blüht der Handel mit One-wayBooten, also mit Schlauchbooten, von denen man von vornherein weiß, dass sie nur einmal den Weg übers Meer schaffen werden, wenn überhaupt. Es wird zusätzliche Maßnahmen gegen Schlepper geben müssen. Auch die Flüchtlinge müssen aufgeklärt werden, denn die Schlepper versprechen ihnen teilweise den Himmel auf Erden in Europa, der dann offensichtlich nicht eintritt – und auch nicht eintreten kann. Europa muss auch die große außenpolitische Aufgabe der Syrienkrise wahrnehmen, denn diese ist die Hauptursache für die derzeitige Situation. Wir werden alles tun müssen, um die Syrien-Friedensgespräche auf einen guten Weg zu bringen.

halb Europas auf der Suche nach jenem Staat gibt, in dem man am schnellsten und leichtesten Asyl gewährt bekommt. Die Verfahren müssen meiner Meinung nach auch beschleunigt werden: Ein Asylverfahren über eineinhalb Jahre auszudehnen ist nicht unbedingt menschenwürdig. Wenn man den Flüchtlingsstrom der letzten Jahre betrachtet, werden immerhin 70 Prozent der Flüchtlinge, das sind über 700.000 Menschen, kein Asyl bekommen.

Es müsste aber eigentlich auch darum gehen, europaweit eine Harmonisierung des Asylrechts zu erreichen.

Das wahre Problem in der Flüchtlingskrise ist zunehmend weniger die Tatsache, dass Menschen nach Europa kommen, sondern vor

geglaubt, dass die europäische Integration ein Projekt sei, das immer nach vorne geht. Derzeit betreiben jedoch viele Staaten negative Kommunikation und schimpfen auf die EU. Italien ist dafür ein typisches Beispiel: Ich denke, dass man die Probleme Italiens nicht lösen kann, indem man die Staatsverschuldung nochmal erhöht. Wenn man sich das Getöse des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi an-

hört und das, was er über die Europäische Union sagt, dann könnte man meinen, er will eigene Probleme schönreden und den Menschen klarmachen, dass ohne die Europäische Union alles besser wäre. Ganz so einfach ist es aber nicht: Die Staatsverschuldung in Italien hat dummerweise nicht die Europäische Union verursacht, sondern der italienische Staat selbst. Diese Bürde nochmals zu erhöhen und auf die nächste Generation weiterzuschieben kann politisch zwar kurzfristig vernünftig sein, langfristig ist das aber sicher nicht die beste Lösung. In der Tat haben wir in Europa einige Brandherde, die uns Sorgen bereiten und die eine Krise der Union darstellen – dazu gehört auch Großbritannien. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob man diese Krise der EU meistern und sogar gestärkt daraus hervorgehen kann, oder ob wir wieder zu einem Europa der Nationalstaaten werden. Ich denke, für uns Südtiroler kann das nicht eine erstrebenswerte Vision sein. willy.vontavon@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info

Dann gehen sie eben in einen anderen europäischen Staat und suchen dort erneut an … Das passiert, dürfte aber an und für sich nicht passieren. Im europäischen Asylrecht ist das ganz genau geregelt: Wenn ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union nach dem Verfahren den Asylantrag abgelehnt hat, kann jeder andere Staat der EU dieses Verfahren akzeptieren und braucht kein neues Verfahren eröffnen. Es wäre also vollkommen unverständlich, geradezu absurd, wenn ein Staat ein neues Verfahren für einen Migranten eröffnet, der in Österreich zum Beispiel abgelehnt wurde. Die Flüchtlingsthematik dominiert seit Monaten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Dabei werden andere Brandherde – unbewusst möglicherweise – ignoriert: Italiens Staatsverschuldung hat sämtliche Rekorde gebrochen, Griechenlands Schwierigkeiten bleiben ungelöst. Werden diese Themen derzeit in Brüssel überhaupt thematisiert?

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