Aktuelles Öffentlicher Dienst
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Die digitale Personalakte
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ehörden Spiegel: Welche Vorteile ergeben sich durch die digitale Personalakte?
Dr. Dress: Man wird jederzeit standortunabhängig auf Personalakten zugreifen und sie bearbeiten können. Es geht aber nicht nur darum, bestehende Papierakten zu digitalisieren. Es soll auch eine redundante Datenhaltung in Datenbanken und der digitalen Personalakte vermieden werden. Durch den gemeinsamen Zugriff auf die digitale Personalakte wird die Effizienz der Personalverwaltung und -abrechnung erhöht und die Zusammenarbeit zwischen diesen Bereichen verbessert. Standardisierte Strukturen und Dokumentenklassen gewährleisten die behördenübergreifende Nutzung der digitalen Personalakte. Schnittstellen und dokumentengestützte Workflows zu anderen Systemen sollen die medienbruchfreie Zusammenarbeit ermöglichen. Behörden Spiegel: Wer kann die digitale Personalakte nutzen? Dr. Dress: Die digitale Personalakte wird der unmittelbaren Bundesverwaltung zur Verfügung stehen. In sinnvoller Ergänzung zu einem Personalverwaltungs-
Personalverwaltungssystem genutzt werden? Dr. Dress: Ja, im Regelfall mit dem Personalverwaltungssystem PVSplus.
Dokumente jederzeit im kontrollierten Zugriff
(BS) Aktuell erarbeitet das Projekt “digitale Personalakte” unter fachlicher Leitung des Bundesverwaltungsamtes (PG Personalakte.digital) ein Fachkonzept für die unmittelbare Bundesverwaltung. Der Behörden Spiegel sprach hierüber mit dem zuständigen Abteilungsleiter im Bundes- Behörden Spiegel: Wie ist die Abgrenzung zwischen der E-Akte verwaltungsamt (BVA), Dr. Thomas Dress. system soll den Bundesbehörden eine zentrale IT-Lösung zur rechtssicheren Verwaltung von Personaldaten und -dokumenten angeboten werden. So kann vermieden werden, dass im Bund parallele Aktivitäten zur Digitalisierung der Personalakten laufen.
“Es besteht schon jetzt eine große Nachfrage für eine digitale Personalakte”
Behörden Spiegel: Wer hat an der Erstellung des Fachkonzeptes mitgewirkt? Dr. Dress: An der Erstellung des Fachkonzeptes waren die Maßnahmenverantwortung im BMI und die fachliche Leitung des Maßnahmenprojektes (BVA) mit externer Unterstützung beteiligt, außerdem das Kompetenzteam und die Experten. Behörden Spiegel: Wie wurden die Anforderungen für das Fachkonzept zur digitalen Personalakte erhoben?
sagt Dr. Thomas Dress, Leiter der Abteilung PH (Personalkosten) und Leiter der “Projektgruppe Personalakte.digital” im Bundesverwaltungsamt. Foto: BS/BVA
Dr. Dress: In Workshops mit dem Kompetenzteam aus den fachlichen Ressortvertretungen und der Generalzolldirektion. Abgestimmt wurden die Anforderungen in Interviews mit Fachexperten innerhalb der Bundesverwaltung, unter an-
Mehr Schein als Sein? Der neue Tarifvertrag für Digitalisierung (Digi TV) (BS/Jürgen Kutzki*) Wenn man überwiegend beruflich im Ausland lebt und arbeitet und man unterhält sich mit Menschen aus anderen Kulturen und offenbart sich als Deutscher – kommt, gerade in Südostasien, ein ungläubiger Blick und dann fallen häufig drei Worte: Deutsche Bahn, Verwaltung (im Sinne von Bürokratie) und Digitalisierung. Dass diese Begriffe nicht so freundlich gemeint sind, erschließt sich von selbst. Wer viel mit der Bahn fährt oder versucht, einen Pass oder gar den neuen Führerschein zu bekommen, könnte hier sicherlich problemlos die Zeilen füllen, mit unglaublichen, aber wahren Geschichten. Aber der Bund ist jetzt mutig vorangeschritten und hat einen Digitalisierungs-Tarifvertrag (DigiTV) geschlossen, mit folgender Einführung im Begleitrundschreiben vom August 2021 (D5-31000/19#7): “Da die Digitalisierung die Arbeitswelt in der Bundesverwaltung bereits verändert hat und diese Veränderungen stetig und künftig, jedoch ohne sichere Prognose der Auswirkungen auf die jeweiligen Arbeitsplätze erfolgen werden, sind die Tarifvertragsparteien mit dem Digitalisierungstarifvertrag gezielt auf Befürchtungen bzw. Bedenken der Beschäftigten eingegangen und haben insbesondere Regelungen zur Qualifizierung sowie zur Arbeitsplatz-, aber auch Entgeltsicherung getroffen. Grundlage war die gemeinsame Erwartung, dass die Digitalisierung große Chancen bietet und Arbeitsplätze zukunftssicher macht. Der Tarifvertrag enthält deshalb keine Regelungen zum Arbeitsplatzabbau, sondern Regelungen zum Umgang mit Veränderungen aufgrund von Digitalisierung. Der Tarifvertrag tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2022 in Kraft.” Beruhigend, dass der DigiTV nicht das Ziel von Arbeitsplatzabbau im Öffentlichen Dienst hat – erwartet man dies auch nicht von einem Tarifvertrag, der zwischen dem Bund und den Gewerkschaften abgeschlossen wurde? Daher bleibt die Frage: Was ist das Ziel des DigiTV? Dies lässt sich kurz und bündig wie folgt beschreiben: Kernstück der Regelungen sind die Ansprüche der Beschäftigten bei Digitalisierungsmaßnahmen. Die Tarifvertragsparteien waren dennoch vorsichtig, der TV läuft vier Jahre, beginnt am 01.01.22 und kann erstmals am 31.12.2025 gekündigt werden. Der DigiTV gilt auch nicht für die Kommunen oder die Länder, diese sind auch keine Tarifpartner in diesen Verhandlungen gewesen. Somit greift dieser
Behörden Spiegel / November 2021
TV nur für die Beschäftigten (nicht Beamt(inn)en) des Bundes, also der Bundesverwaltung. Die Frage, die daher geklärt werden muss, ist die Frage nach dem Sinn und Zweck: Wann ist der DigiTV einschlägig? Der DigiTV greift immer dann, wenn die Regelungen einer Digitalisierungsmaßnahme in einer Dienststelle zu einer wesentlichen Änderung von Arbeitsprozessen, Arbeitsplatzanforderungen oder anderen Arbeitsbedingungen (z. B. Änderung des Einsatzortes) führt.
Vier Ansprüche Zu loben ist der Versuch der TVParteien, den Begriff der Digitalisierung zu konkretisieren, diesen also griffig zu machen: “Unter Digitalisierung im Sinne dieses Tarifvertrages wird die erstmalige Einführung oder Ausweitung/Fortentwicklung digital gestützter Arbeitsprozesse verstanden (§ 1 Abs. 1 DigiTV). Damit sind sowohl die erstmalige Anwendung von digital gestützten Prozessen in Bereichen gemeint, die vormals noch analog betrieben wurden, wie auch die Fortentwicklung schon bestehender, digital gestützter Arbeitsprozesse.” Wer profitiert nun von dem DigiTV, also welche Ansprüche können die Beschäftigten aus dem TV ableiten? Dabei sind folgende vier Ansprüche verankert: 1. Arbeitsplatzsicherung: Hat die Maßahme der Rationalisierung den Wegfall des Arbeitsplatzes zur Folge, hat der Beschäftigte Anspruch auf Übertragung einer gleichwertigen Tätigkeit oder, falls dies nicht möglich ist, einer geringerwertigen Tätigkeit in derselben oder in einer anderen Behörde. 2. Entgeltsicherung: Wird der Arbeitnehmer infolge der Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeiten herabgruppiert, erhält er eine Zulage, mit der sein bisheriges Entgelt erhalten bleibt. Die Zulage wird bei künftigen Entgeltsteigerungen abgeschmolzen. 3. Qualifizierung: Besteht Qualifizierungsbedarf und ist dieser erforderlich, hat der Arbeitnehmer hierauf einen Anspruch. Die nähere Ausgestaltung hat in einer Dienstvereinbarung zu erfolgen. Dort ist dann auch
das arbeitsrechtlich schwierige Thema der “Eigenbeteiligung” zu lesen. Da muss der Personalrat klug agieren. 4. Es wird eine Einmalzahlung bei Wechsel des Beschäftigungsortes gewährt. Ändert sich der Einsatzort des Beschäftigten und ist dieser von seinem Wohnort mehr als 50 km weiter entfernt als der bisherigen Einsatzort, steht ihm eine Einmalzahlung zwischen 2.000 und 6.000 Euro zu.
Grundlage vorhanden Dieser TV hat wahrlich “Licht und Schatten”. Den Gewerkschaften ist es gelungen, quasi einen “RationalisierungsschutzTV” mit dem Bund zu schließen. Die Beschäftigten werden wirtschaftlich abgesichert, bei der Digitalisierung. Die Gerichte und Anwälte kennen das Zauberwort: elektronische Akte und Automatisierung der Bearbeitung durch die Arbeitnehmer/-innen. Für die Bearbeiter/-innen hat sich viel geändert und es wird sich noch viel ändern. Nicht gelungen ist den Gewerkschaften, Regelungen zum Gesundheitsschutz in den DigiTV aufzunehmen. Oder was ist mit der Tarifierung von neuen Berufsbildern, die sich durch die Digitalisierung ergeben? Aber wie sagt der Volksmund im Kalenderblatt so schön: “Wer nichts macht, macht auch keine Fehler” – zumindest ist ein Tarifvertrag da – vielleicht dient er ja den Kommunen und Ländern als Vorlage und kann “ausgebaut” werden! Auch für Dienstvereinbarungen ist eine Grundlage vorhanden. *Rechtsanwalt Jürgen Kutzki ist Dipl.-Verwaltungswirt und Mediator in Karlsruhe.
Mehr zum Thema Der Autor thematisiert den Digitalisierungs-Tarifvertrag in einem Webinar des Behörden Spiegel am 1. Dezember 2021. Weitere Informationen unter: www.fuehrungskraefte-forum.de, Suchwort “DigiTV”
derem aus BfDI, ITZBund, BSI, Bundesarchiv und der Dienstrechtsabteilung des BMI. Behörden Spiegel: Wie ist der aktuelle Stand? Dr. Dress: Bis März 2021 wurden die fachlichen Anforderungen erhoben, Erfahrungen ausgetauscht und ein erster Entwurf des Fachkonzeptes erstellt. Von April bis Juni 2021 wurde dieser mit dem Kompetenzteam und den Experten abgestimmt. In der zweiten Jahreshälfte 2021 finden die
Abstimmung und die Abnahme des Fachkonzepts in der Abstimminstanz ERP statt. Behörden Spiegel: Wie geht es nach der Abnahme des Fachkonzeptes durch die Ressorts weiter? Dr. Dress: An die Abnahme schließen sich gemäß dem Phasenmodell der Dienstkonsolidierung die Prüfung der Machbarkeit, die Beschaffung und Umsetzung sowie der Rollout an. Behörden Spiegel: Wann wird eine IT-Lösung für die digitale Personalakte zur Verfügung stehen? Dr. Dress: Wann der Rollout in die Behörden erfolgen wird, steht noch nicht fest. Es besteht schon jetzt eine große Nachfrage für eine digitale Personalakte. Behörden Spiegel: Wer ist für die technische Umsetzung der digitalen Personalakte zuständig? Dr. Dress: Das ITZBund. Behörden Spiegel: Soll die digitale Personalakte in einer Behörde gemeinsam mit einem
Bund und der digitalen Personalakte?
Dr. Dress: In der digitalen Personalakte sollen ausschließlich Personalakten geführt werden. Personalsachakten werden in der E-Akte Bund, beziehungsweise in den elektronischen Fachverfahren verwaltet, die für einzelne Fachaufgaben vorgesehen sind. Behörden Spiegel: Das bedeutet, dass Personalakten in der E-Akte Bund nicht geführt werden können? Dr. Dress: Genau – Personalakten dürfen in der jetzt ausgerollten EAkte Bund nicht geführt werden. Behörden Spiegel: Wie wird der Datenschutz gewährleistet? Werden die Daten in der digitalen Personalakte verschlüsselt abgelegt? Dr. Dress: Alle im Kontext der digitalen Personalakte digital verarbeiteten Daten und Dokumente sollen verschlüsselt gespeichert und übertragen werden. Das BSI und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit waren intensiv in die Erstellung des Konzepts eingebunden.
KOLUMNE
Transparenz – ganz oder gar nicht! (BS) Ist Transparenz dosierbar? In der digitalen Welt von Nullen und Einsen und übergreifenden Kollaborationsplattformen scheint es nutzloser zu sein, Dosierung überhaupt zu versuchen. Aber vielleicht ist die Frage nach einer möglichen Dosierung gar nicht die richtige. Wenn mein Chef früher aus den Führungsrunden berichtete und von Auszügen sprach, die er bewusst für uns gewählt hatte, blieb immer ein ungutes Gefühl zurück. Warum nur Auszüge? Welche Inhalte sollte ich als Mitarbeiterin nicht mitbekommen? Als ich dann selbst in Führungsverantwortung ging, war es mir wichtig, Transparenz soweit wie möglich anders auszuprägen. Beim Arbeiten auf Kollaborationsplattformen ist es ohnhin schwierig, Dinge zu verbergen. Selbst wenn man sich selbst bewusst zurückhält, ist diese
Beate van Kempen ist IT-Architektin beim LVR Infokom. Foto BS/privat
Zurückhaltung aufgrund der sichtbaren Aktivitäten anderer im Team erkennbar. Denn jede Entscheidung, welche beispielsweise online in ProtokollLösungen dokumentiert wird, sorgt für breite Sicht- und Nachvollziehbarkeit. Und regelmäßig Abteilungsthemen auf diesen Kollaborationsplattformen sichtbar zu machen, führt zu organisationsübergreifender Sichtbarkeit.
Manchmal war ich verwundert, aus welchen Bereichen unsere Blogeinträge “Likes” erhielten. Mein konkreter TransparenzAnsatz in das Führungsteam hinein war, Berichte aus der Geschäftsleitungsrunde online zu dokumentieren; so waren sie für das gesamte Team einsehbar. Doch in wie viele Abgründe und unklare, noch nicht final geklärte Themen lässt man seine Führungscrew blicken? Das ist tatsächlich ein schmaler Grad. Jedoch kann auch hier Transparenz zu mehr Verständnis für die Vielschichtigkeit und Komplexität mancher Lösungsfindung führen. Bei Mitarbeitenden ist die Transparenz-Grenze jedoch deutlich früher zu ziehen. Freie Sicht auf alle Irrungen, Wirrungen und Endlosschleifen bringen hier keinen Mehrwert. Nur dann deute ich diese Themen auch nicht an. Dann lieber “null” Info, als eine wertlose Info der Transparenz wegen.
MELDUNG
Bürgerfreundlichkeit versus Aufgabenbewältigung (BS/mj) Die Hamburger Kundenzentren – Zentren der bürgernahen Verwaltung in den Stadtbezirken – sind immer wieder Ansatzpunkt für Neustrukturierungen: Personelle Einsparungen, Ausweitung der Öffnungszeiten und digitale An-
forderungen sorgen für Kritik seitens des DBB Beamtenbund und Tarifunion Hamburg. Kritisiert wird beispielsweise die Ausweitung der Öffnungszeiten der Kundenzentren auf wöchentlich 60 Stunden sowie weitere Öffnungszeiten an Samstagen, die Einführung eines Schichtdienstes und die Konzeption einer zentral gesteuerten Organisationsstruktur,
Die Hamburger Verwaltung hat sich in den letzten Jahren an vielen Stellen reorganisiert, um bürgerfreundlicher zu werden – diesen Veränderungen stehen viele Beschäftigte eher kritisch gegenüber. Foto: BS/ Alexas_Fotos, pixabay.com
die einen stadtweiten Einsatz der Beschäftigten ermöglichen soll. Auch die Einarbeitung und Schulung von neuen Kolleginnen und Kollegen nach dem Motto “Learning by Doing” wird von Rudolf Klüver, Vorsitzender des DBB Hamburg, beanstandet. Hinzu kämen zeitaufwendige Aufgaben wie die Heranziehung Unterhaltspflichtiger im Bereich des Unterhaltsvorschusses für die bezirklichen Jugendämter. Klüver: “Einerseits soll das Online-Zugangsgesetz zügig umgesetzt werden, um viele Dienstleistungen online anbieten zu können, andererseits haben die Kundenzentren für den vermeintlichen Besucheransturm quasi rund um die Uhr geöffnet. In den Jugendämtern wird nach einigen Millionen gefahndet und wiederum andererseits verschlingen solche immer wieder aus der Taufe gehobenen Projekte mindestens so viel wie man versucht auf anderer Stelle einzusparen.”