Steigende Temperaturen, weniger Niederschlag, anhaltende Dürreperioden: Der Klimawandel stellt allen voran auch die öffentliche Verwaltung vor neue Herausforderungen. Ob im Bereich Bauen, Infrastruktur, Waldbrandprävention oder Katastrophenschutz – zahlreiche Prozesse innerhalb der Behörden müssen an die sich verändernden Umstände angepasst werden. Dabei sind alle föderalen Ebenen gefordert, vom Bund bis zu den Kommunen. Doch wie gut funktioniert die Adaption und an welchen Stellschrauben muss besonders dringend gedreht werden?
Beamten-Rente stößt auf Kritik
Debatte
um Vorschlag von Arbeitsministerin Bas
(BS/Anne Mareile Moschinski) Eine Reform des Rentensystems ist überfällig. Nun sorgt die SPD mit einem bekannten Vorschlag erneut für Schlagzeilen: Beamte sollen in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Dagegen gibt es Widerstand an breiter Front.
Der Vorschlag der neuen Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) schlägt hohe Wellen: Sie will künftig auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung überführen und Beiträge in das staatliche Umlagensystem einzahlen lassen. „Wir müssen mehr Leute an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligen“, sagte die SPD-Politikerin. Die Einnahmen müssten verbessert werden. Nicht finanzierbar, juristisch fragwürdig, die Strukturprobleme in der gesetzlichen Rentenkasse würden auch weiterhin bestehen bleiben –
an dem Vorschlag der Arbeitsministerin entzündet sich in vielen Punkten Kritik. Auch der Koalitionspartner CDU/CSU lehnt die Idee ab, die nicht neu ist, sondern bereits in der Vergangenheit in die Debatte um eine Rentenreform eingebracht wurde: Mit der Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in die Rente würden weder die Probleme in der Rentenversicherung gelöst noch sei der Vorschlag vom Koalitionsvertrag gedeckt, heißt es von dort. „Frau Bas sollte nicht versuchen, der Renten-Kommission alte SPD-Ideen als zukünftiges Ergebnis vorzuschreiben“, monierte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann
Systemumstellung mit enormen Kosten
Kritik kommt auch vom Deutschen Beamtenbund (DBB): Die Vorschläge seien unausgegoren und würden das eigenständige System der Besoldung und Versorgung von Beamten zerstören. „Einer Zwangs-Einheitsversicherung erteilen wir eine klare Absage“, sagte der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Eine Einbeziehung der Beam-
tinnen und Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung hätte zur Folge, dass die Dienstherren den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung zusätzlich übernehmen und zugleich die Bruttobezüge der Beamtinnen und Beamten im Hinblick auf eine Beitragspflicht angehoben werden müssten. Eine Systemumstellung wäre daher mit enormen Kosten verbunden. Der stellvertretende DBB-Bundesvorsitzende Volker Geyer wies darauf hin: „Wer einzahlt, hat auch Anspruch auf Leistungen. Einem kurzfristigen Gewinn heute stünden also höhere Kosten in Zukunft gegenüber. Das Ergebnis wäre bestenfalls ein Strohfeuer, weder nachhaltig noch generationengerecht.“ Ähnlich argumentiert die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG).
Ihr Bundesvorsitzender Florian Köbler erklärte: „Die geplante RentenRevolution ist eine Mogelpackung. Sie ignoriert die besondere Logik der Beamtenversorgung und stellt einen klaren Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützten Grundpfeiler des Öffentlichen Dienstes dar.“ Der Vorschlag sei nicht nur ein Angriff auf das Berufsbeamtentum, sondern auch ein haushaltspolitisches Risiko. So müsste der Staat jahrzehntelang sowohl bestehende Pensionsansprüche bedienen als auch Arbeitgeberbeiträge in die Rentenversicherung leisten. Diese Doppelbelastung könne zu einer
„finanziellen und fiskalischen Katastrophe“ werden. Das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn seien verfassungsrechtlich geschützte Grundpfeiler des Berufsbeamtentums.
Zustimmung bei Wirtschaftsweisen Auf Zustimmung trifft der Vorschlag bei der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer. Sie hält die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem für sinnvoll. Zwar werde damit nicht das grundlegende Problem gelöst, dass künftige Renten und Pensionen von künftigen Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssten. Daher werde auch kein Weg daran vorbeiführen, die Renten- und Pensionsansprüche zu begrenzen und das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Trotzdem sei eine Reform des Beamten-Pensionssystems vernünftig. So hatten sich die Wirtschaftsweisen schon im Jahresgutachten 2023/2024 mit Reformvorschlägen für die gesetzliche Rente befasst. Darin kommen sie zu dem Schluss, dass die Einbeziehung von Beamten in die Rentenkasse das System kurzfristig zwar entlaste, langfristig jedoch zu einer stärkeren Belastung führe. Das Rentenniveau würde zunächst langsamer sinken, in den 2070-er Jahren könnten die Beiträge dann allerdings höher ausfallen als aktuell prognostiziert, schreiben sie.
Lose gegen Steuerbetrug Was in Italien, Portugal und Kroatien funktioniert, will die Steuergewerkschaft hierzulande etablieren: die Einführung von Kassenbonlotterien. Seite 7
Städte gestalten Zukunft Der Tag der Städtebauförderung zeigt, wie durch Beteiligung und Förderung lebenswerte Quartiere entstehen. Seite 15
Cyber Gangsta’s Paradise Ein Professor für IT-Security aus Augsburg bewirbt das Thema CyberAwareness auf ungewöhnliche Weise. Seite 30
Adressfeld
Nr. VI / 41. Jg / 23. Woche
Schwerpunktthema der Ausgabe
Am Siedepunkt
Völlig losgelöst ...
Mission Klimaneutralität
Mannheims Plan für eine nachhaltige Zukunft S 12
Der Wald braucht mehr Holz für sich
Die Klimakrise und ihre Implikationen für die Forstverwaltung S 14
Grün durch IT
Verwaltungsdigitalisierung als Hebel zur ökologischen Nachhaltigkeit S 26
Früher extrem, heute normal Klimawandel trifft Krankenhäuser mehrfach S 37
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Leiterin der Berliner Redaktion Anne Mareile Moschinski
Leiter der Bonner Redaktion Bennet Biskup-Klawon
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Kommentare
Ein Hoch auf die Bürokratie
(BS) Eigentlich sollten wir alle froh sein, in einem bürokratischen Staat zu leben. Bürokratie macht Entscheidungen nachvollziehbarer, transparenter und gerechter. Eigentlich. Denn eine Voraussetzung dafür ist, dass die bürokratischen Abläufe gut gemacht sind. In einem demokratischen Rechtsstaat sollten behördliche Entscheidungen auf Daten beruhen. Auf Fakten, Gesetzen und Verordnungen. Dafür müssen Prozesse – egal ob sie digital oder auf Papier stattfinden – laufend angepasst werden. Hier eine Lücke schließen, da einen Absatz präzisieren, hier eine Grundlage aktualisieren. Problematisch wird es, wenn all das über immer neue Ergänzungen geregelt wird und mittlerweile überflüssig gewordene Altlasten nie aus dem Prozess entfernt worden sind. Wenn man es als Merksatz formulieren wollte, müsste er lauten: Gute Bürokratie ist nicht organisch. Denn sonst wachsen vor allem der
Frust und das Unverständnis aufseiten der Bürgerinnen und Bürger und die Arbeitslast aufseiten der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter. „Passierschien A38“ aus Asterix erobert Rom ist zu Recht ein gern genutztes Beispiel für den Worst Case.
Aber wenn neue Regelungen so gestaltet sind, dass sie alte ersetzen und verbessern, dann bilden bürokratische Vorgänge die Grundlage für eine realistische und gleichberechtigte Verwaltung. Wo es klare Regeln gibt, gibt es weniger Raum für die Willkür eines Einzelnen. Wo es definierte Prozesse gibt, können Fehler leichter identifiziert oder ganz vermieden werden. Und wo Bürokratie genau so komplex ist, wie sie es sein muss und so weit vereinfacht ist, wie sie es sein kann, ist sie ein echter Gewinn für eine demokratische Gesellschaft.
Zeichen der Zeit (nicht) erkannt
(BS) Mit einer gewissen Routine nimmt die interessierte Beobachterin bzw. der interessierte Beobachter die immer wiederkehrenden Schreckensmeldungen zur Kenntnis: Das Vertrauen in die Institutionen sinkt; der Mitgliederschwund geht rasant weiter; ein neuer Skandal erschüttert die Gesellschaft. Der Text könnte entweder mit der katholischen Kirche oder mit der Bundespolitik fortgesetzt werden. Aufgrund der fast zeitgleichen Wahlen des Bundeskanzlers und des neuen Pontifex drängt sich hier ein Vergleich nahezu auf. Es gibt mehr Parallelen zwischen den beiden Einrichtungen als gedacht. Jährlich treten hunderttausende Menschen aus der Kirche aus – von den „Volksparteien“ SPD und CDU spricht man kaum noch. Das Vertrauen in Kirche und Politik, dass diese adäquate Antworten auf aktuelle Probleme finden, befindet sich auf einem Tiefstand. Kommentatorinnen und Kommentatoren sowie selbst beteiligte Akteure sprachen im Vorfeld davon, dass diese Wahl des Pontifex spiegelbildlich zu der des Bundeskanzlers eine der letzten Chancen gewesen sei, das Ruder in die richtige Richtung zu drehen.
Nur bei der eigentlichen Wahl hören erstaunlicherweise die Parallelen auf. Während Bundeskanzler Friedrich Merz zwei Anläufe gebraucht hat, hat Papst Leo XIV. vier oder fünf Wahlgänge benötigt (so kann man das nicht sagen, da
die Papstwahl eine Blackbox ist). Nach zwei Tagen war das Konklave schon wieder vorbei (die Regeln des Konklaves erlauben bis zu 34 Wahlgänge, bevor es in die Stichwahl der aussichtsreichsten Kandidaten geht), aber bereits nach dem ersten Wahlgang stand Merz mit heruntergelassenen Hosen da. Während also die Kardinäle anscheinend verstanden haben, dass sie möglichst schnell einen Kompromisskandidaten brauchten, um Geschlossenheit und Willen zur Gestaltung zu zeigen, ging es bei der Bundeskanzlerwahl ganz anders zu. Eigentlich eine Formsache: Merz fiel bei der ersten Wahl durch. Ratlosigkeit im Reichstagsgebäude. Wer aus den Koalitionsparteien ihn nicht gewählt hat, ist nicht klar. Waren es Sozialdemokraten, die mit dem Führungsstil von Merz nicht zufrieden sind, oder war es seine eigene Fraktion, die ihm immer noch die Kompromisse der Verhandlungen nicht verziehen hat? Es ist unklar. Vor allem: Welches sogenannte Signal wollte man damit mitgeben? Geheime Wahlen haben nun mal die Angewohnheit, geheim zu sein. Da bringt ein bockiger Protest nicht viel, wenn man dann nicht öffentlich erklärt, was man eigentlich will. Eine zerstrittene Koalition hatten wir erst. Die Abgeordneten, die gegen Merz gestimmt haben, haben anscheinend noch nicht ganz verstanden, was die Gesellschaft braucht: ein konstruktives Miteinander und einen funktionierenden Staat. Vielleicht ist es wirklich die letzte Chance, das Ruder herumzureißen. von Bennet Biskup-Klawon
von Tanja Klement
Mitglieder von Personalräten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet – eine verantwortungsvolle Aufgabe, die im Einzelfall folgenschwere Konsequenzen haben kann: Bei Missachtung dieses Gebots droht nicht nur der Ausschluss aus dem Personalrat, sondern unter Umständen auch ein Strafverfolgungsverfahren. Auf dem 15. Forum zum Personalvertretungsrecht des Deutschen Beamtenbundes (DBB) informierte der Jurist und Bundesbeamte Stefan Kascherus über die detaillierten, mit dem Posten der Personalvertretung verbundenen juristischen Fallstricke und gab den Anwesenden Handlungsleitfäden mit auf den Weg. Arbeitsrechtliche Konsequenzen und Strafverfahren
So erklärte er zunächst: Grundsätzlich seien Personalräte ihrem Dienstherrn zur Loyalität verpflichtet. Das Bundespersonalvertretungsgesetz schreibe diesbezüglich vor: Dienststelle und Personalvertretung hätten unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Dabei könne die laut Gesetz bestehende Schweigepflicht mitunter zu erheblichen Interessenskonflikten führen.
So müssen beispielsweise Dienstverstöße von Kolleginnen und Kollegen der Dienststelle grundsätzlich angezeigt werden. Nach der geltenden Rechtsprechung wiege die Schweigepflicht jedoch höher
Spannungsfeld Personalvertretung
Verschwiegenheit und Offenbarungspflicht
(BS/Anne Mareile Moschinski) Im aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD findet das Personalvertretungsrecht keine Erwähnung – umso mehr betont der Deutsche Beamtenbund die Bedeutung der Mitbestimmung und weist auf die Rechte und Pflichten von Personalvertretungen hin.
Zwischen den Stühlen: Personalvertretungen unterliegen der Schweigepflicht, doch auch diese hat Grenzen. Foto: BS/sunnychicka, stock.adobe.com
als die Pflicht zur Anzeige. Auch könne ein Bruch der Verschwiegenheitsklausel arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu Strafverfahren
Aktuelles aus dem Arbeitsrecht
nach sich ziehen. An dieser Stelle konkretisierte der Jurist: „Es können Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren verhängt werden.“
Gesichert rechtsextremistisch ...
Eine Kolumne von Ralph Heiermann ... das ist die Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die AfD, die im Mai bekanntgegeben wurde und für ein großes Medienecho sorgte.
Nach Einreichung eines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die AfD beim Verwaltungsgericht Köln hat sich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bereit erklärt, für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens die AfD nicht als gesichert rechtsextremistische Bestrebung zu behandeln und zu bezeichnen. Wie das Verwaltungsgericht im Eilverfahren am Ende entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Prozessrechtlich ist in derartigen Eilverfahren eine derartige Stillhalteerklärung der Verwaltung nicht unüblich. Sie ist vielmehr sogar die Regel, wie insbesondere im Öffentlichen Dienst aus Konkurrentenverfahren bekannt. Auch dort wird regelmäßig nach einem Eilantrag durch die Verwaltung erklärt, bis zum Abschluss des Eilverfahrens die ausgewählte Person nicht zu befördern oder mit ihr einen Anstellungsvertrag zu schließen.
Zunächst wird die AfD deswegen, wie bisher, als Verdachtsfall durch das BfV behandelt werden. Eine endgültige Klärung der Berechtigung der Einschätzung der Partei als gesichert rechtsextremistisch wird dem Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht vorbehalten bleiben. Das kann Jahre dauern.
Können sich jetzt Bedienstete im Öffentlichen Dienst mit AfD-Par-
teibuch entspannt zurücklehnen?
Müssen sie nicht (mehr) befürchten, dienstrechtliche oder arbeitsrechtliche Schwierigkeiten wegen ihrer Parteizugehörigkeit zu bekommen?
Da hört die Treue auf Beamtinnen und Beamte leisten einen Eid auf unser Grundgesetz. Gesetzliche Voraussetzung für ein Beamtenverhältnis ist unter anderem die politische Treuepflicht. D. h., dass jederzeit die Gewähr dafür geboten wird, für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne unseres Grundgesetzes einzutreten. Diese Grundordnung beinhaltet die Strukturprinzipien des Grundgesetzes, zu denen u. a. die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten gehört. Es liegt auf der Hand, dass damit kein Weltbild in Übereinstimmung zu bringen ist, das ganze Bevölkerungsgruppen abwertet und ein auf Abstammung beruhendes Volksverständnis vertritt, wie es sich aus dem bekannt gewordenen Gutachten des BfV ergibt. Das widerspricht dem Grundgesetz.
Konsequenzen für den Status
Die jederzeitige Gewähr, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten, soll durch die einfache Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei nach
Dr. Ralph Heiermann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht und besitzt eine Kanzlei in Hannover. Er berichtet an dieser Stelle regelmäßig über arbeitsrechtliche Entwicklungen in der Verwaltung und die aktuelle Rechtsprechung.
Foto: BS/privat
der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht zwingend ausgeschlossen sein. Sie stellt jedoch einen wesentlichen Bestandteil dar, der mit weiteren Umständen zu berücksichtigen ist. Sollte also das BfV nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts die AfD weiterhin als gesichert rechtsextremistische Bestrebung bezeichnen und behandeln dürfen, könnte bereits eine Funktionärstätigkeit in der Partei oder etwa das Liken von verfassungsfeindlichen Aussagen in den Sozialen Medien oder Ähnliches zu dienstrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Parteimitgliedern könnte in diesem Fall der Zugang zu einem Beamtenverhältnis verwehrt bleiben, Beamte auf Widerruf oder Probe müssten mit einer Entlassung rechnen und Lebenszeitbeamte mit Disziplinarverfahren, die auf die Entfernung aus dem Dienst gerichtet sein können.
Zwei Seiten der Pflichtverletzung
Das alles bedeutet aktuell oder im Fall eines Klageerfolgs der AfD nicht, dass die Mitglieder der Partei sicher sein können, nicht mit solchen Auswirkungen auf ihr Dienstverhältnis rechnen zu müssen. Denn so wenig allein die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Partei die politische Treupflicht ohne weitere Umstände verletzt, ist es für die Verletzung dieser Pflicht notwendig, zusätzlich zu eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten auch Mitglied in einer extremistischen Gruppierung zu sein. Das wird durch gerichtliche Entscheidungen in Disziplinarverfahren und Entlassungsverfahren immer wieder bestätigt.
Gesetz einzuhalten, gebe es trotzdem – zum Beispiel: Offenkundige Informationen dürften dem Dienstherrn mitgeteilt werden, ohne dass damit gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen werde. Auch wenn schwerwiegende Auswirkungen auf die Dienstelle zu erwarten seien, gelte die rechtliche Offenbarungspflicht mehr als das Verschwiegenheitsgebot.
„Ein Bruch der Verschwiegenheitsklausel kann arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu Strafverfahren nach sich ziehen.“
Auch durch Reue oder Entschuldigungen ließe sich der Tatbestand nicht bereinigen, so Kascherus weiter.
Zwischen Loyalität und Verschwiegenheit
Möglichkeiten, das Wächteramt der Personalvertretung auszuüben und gleichzeitig Recht und
Erhalte die Personalvertretung beispielsweise Kenntnis von der Alkoholerkrankung eines Kollegen, der für den Fahrdienst zuständig ist, sei die Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber gegen die Verschwiegenheitspflicht abzuwägen. Auch bei geplanten Straftaten gelte die Pflicht zur Anzeige, so Kascherus „Die Verschwiegenheitspflicht ist nicht absolut“, erklärte er. Grundsätzlich gebe es immer folgende Möglichkeit: Konfliktsituationen als erstes im Personalvertretungsgremium zu erörtern und sich erst im Anschluss an die übergeordnete Dienststelle zu wenden.
Digitale Verwaltung: endlich da!
– Tägliche News rund um den Public Sector – Vernetzen Sie sich zu aktuellen Themen und erstellen Sie Ihren individuellen Newsfeed – Direkter Zugriff auf Veranstaltungen, Newsletter, Podcasts und vieles mehr
Neue und alte Gesichter
(BS/sr) Nach langen Verhandlungen und einigem hin und her steht eine neue Regierung nun in den Startlöchern, um sich zu beweisen. Einige Gesichter sind altbekannt, andere sind gänzlich neu. Aber nicht nur die Minister haben sich verändert, auch bei der Zuständigkeit gibt es Veränderungen: So sind Digitales und Verkehr getrennt und Digitalisierung und Staatsmodernisierung werden nun in einem Haus vereint. Heimat ist nicht mehr mit dem Innern verbunden und Klima ist kein Teilbereich des Wirtschaftsministeriums mehr. Die Wirtschaft selbst ist mit der neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche und Digitalisierungsminister Dr. Karsten Wildberger nun auch direkt an der Regierung beteiligt.
Bundeskanzleramt
Auswärtiges Amt
Thorsten Frei
Bundeskanzler Friedrich Merz CDU 69 Jahre
Bundesminister für besondere Aufgaben/ Chef des Bundeskanzleramts
Michael Meister
Staatsminister für
Zusammenarbeit
Christiane Schnederlein
Staatsministerin für Sport und Ehrenamt
Wolfram Weimer
Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
Bundesministerium für Verkehr (BMV)
Christian Hirte
Bundesminister Patrick Schnieder CDU 57 Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär CDU 49 Jahre
Ulrich Lange
Parlamentarischer Staatssekretär CSU 55 Jahre
Stefan Schnorr
Staatssekretär 62 Jahre
Dr. Claudia Elif Stutz
Staatssekretärin 48 Jahre
Bundesministerium des Innern (BMI)
Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Daniela Ludwig
Bundesminister Alexander Dobrindt CSU 54 Jahre
Parlamentarische Staatssekretärin CSU 49 Jahre
Christoph de Vries
Parlamentarischer Staatssekretär CDU 50 Jahre
Hans Georg Engelke
Staatssekretär 61 Jahre
Bernd Krösser Staatssekretär 61 Jahre
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE)
Gitta Connemann
Bundesministerin Katherina Reiche CDU 51 Jahre
Parlamentarische Staatssekretärin, gleichzeitig Mittelstandbeauftragte CDU 61 Jahre
Stefan Rouenhoff
Parlamentarischer Staatssekretär CDU 46 Jahre
Frank Günter Wetzel
Staatssekretär 60 Jahre
Bernhard Kluttig
Staatssekretär 50 Jahre
Dr. Georg Kippels
Tino Sorge
Bundesministerin Nina Warken CDU 46 Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär CDU 65 Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär CDU 50 Jahre
Dr. Thomas Steffen Staatssekretär 63 Jahre
Dr. Antje Draheim Staatssekretärin 54 Jahre
Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS)
Bundesminister Dr. Karsten Wildberger CDU 56 Jahre
Philipp Amthor Parlamentarischer Staatssekretär CDU 32 Jahre
Thomas Jarzombek
Parlamentarischer Staatssekretär CDU 52 Jahre
Dr. Markus Richter Staatssekretär 48 Jahre
Prof. Dr. Luise Hölscher Staatssekretärin 53 Jahre
Bundesministerium für Landwirtschaft Ernährung und Heimat (BMLEH)
Martina Englhardt-Kopf
Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ)
Jüngstes Mitglied
Durchschnittsalter in Jahren Ältestes Mitglied
Friedrich Merz Philipp Amthor
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
Vizekanzler und Bundesminister Lars Klingbeil SPD 47 Jahre
Elisabeth Kaiser
Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland SPD 38 Jahre
Dennis Rohde
Parlamentarischer Staatssekretär SPD 38 Jahre
Michael Schrodi
Parlamentarischer Staatssekretär SPD 47 Jahre
Björn Böhning
Staatssekretär 46 Jahre
Rolf Bösinger
Staatssekretär 59 Jahre
Steffen Meyer
Staatssekretär 56 Jahre
Jeanette Schwamberger Staatssekretärin 52 Jahre
Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)
Bundesministerium für Umwelt, Klima, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUV)
Sören Bartol
Bundesministerin Verena Hubertz SPD 37 Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär SPD 50 Jahre
Sabine Poschmann
Parlamentarische Staatssekretärin SPD 56 Jahre
Dr. Olaf Joachim Staatssekretär 60 Jahre
Carsten Träger
Bundesminister Carsten Schneider SPD 49 Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär SPD 51 Jahre
Rita Schwarzelühr-Sutter
Parlamentarische Staatssekretärin SPD 62 Jahre
Jochen Flasbarth Staatssekretär 63 Jahre
Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)
Sebastian Hartmann
Dr. Nils Schmid
Bundesminister Boris Pistorius SPD 65 Jahre
Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV)
Bundesministerin
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Parlamentarischer Staatssekretär SPD 47 Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär
Benedikt Zimmer
Nils Hilmer Staatssekretär
Jahre
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
Katja Mast
Bundesministerin
Parlamentarische
Kerstin Griese
Parlamentarische Staatssekretärin
Leonie Gebers Staatssekretärin
54 Jahre
Lilian Tschan
58 Jahre
Behörden Spiegel: Wie wollen Sie die BImA weiterentwickeln?
Professor Dr. Alexander von Erdély: Ich finde es gut, dass Sie von Weiterentwicklung sprechen und nicht von Veränderung. Jedes Unternehmen muss sich kontinuierlich weiterentwickeln – allein schon deshalb, weil sich die Anforderungen ständig verändern. Insofern ist es wichtig, flexibel zu bleiben. Ich denke, wir sind hier grundsätzlich auf einem sehr guten Weg. Es geht weniger um grundsätzliche Kursänderungen, sondern eher darum, bestimmte Schwerpunkte der aktuellen Lage entsprechend anzupassen. Ein Beispiel dafür ist die stärkere Verzahnung der unterschiedlichen Fachbereiche und Perspektiven innerhalb unseres Unternehmens. Immobilienfragen lassen sich am besten beantworten, wenn man verschiedene Disziplinen zusammenbringt. Nehmen wir etwa den Standort Bonn, wo wir zahlreiche Gebäude im Portfolio haben: Manche gehören uns, andere sind angemietet. Einige sind sanierungsbedürftig, andere neuwertig. Die Nutzung variiert stark – einige Gebäude sind voll ausgelastet, andere werden kaum noch genutzt. Hinzu kommen Ressortzuschnitte, die ebenfalls Veränderungen mit sich bringen.
Behörden Spiegel: Können Sie ein Beispiel geben?
von Erdély: Wenn man diese Situation rein aus baulicher Sicht betrachtet, schaut man sich jedes Gebäude einzeln an und entscheidet: Was muss saniert werden? Wie viel muss investiert werden? Aus Portfoliosicht aber spielen auch andere Fragen eine Rolle: Wie gut wird ein Objekt genutzt? Wie stehen Mietobjekte im Vergleich zu Eigentum da, vor allem unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Kosten? Welche Lösung trägt uns am besten durch die nächsten zehn, 15 oder 30 Jahre? Dazu kommen weitere Aspekte wie die energetische Sanierung – Stichwort CO2-Reduktion. Auch das ist ein eigenes Themenfeld. All diese
Moderne Prozesse, modulares Bauen
Die Aufgabenweiterentwicklung bei der BImA
(BS) Warum es wichtig ist, standardisierte Bauformen zu haben und warum individuelle Genehmigungsverfahren hinderlich sind, erklärt Prof. Dr. Alexander von Erdély, Sprecher des Vorstands der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), im Intervie mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellten Dr. Eva-Charlotte Proll und Bennet Biskup-Klawon.
Prof. Dr. Alexander von Erdély ist seit Oktober 2024 Sprecher des Vorstands der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Zuvor war er in der Privatwirtschaft tätig. Foto: BS/Biskup-Klawon
llPerspektiven müssen wir stärker als früher an einem Tisch zusammenbringen, um gemeinsam tragfähige und zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Das habe ich in meinem früheren Unternehmen sehr stark vorangetrieben – mit dem Ergebnis, dass wir in Deutschland vom fünften auf den ersten Platz aufgestiegen sind, weil wir Lösungen anbieten konnten, die unsere Mitbewerber so nicht hatten. Darum geht es auch hier: Am Ende müssen wir unseren Nutzerinnen und Nutzern die bestmögliche Lösung mit möglichst geringem Ressourceneinsatz bieten. Dafür ist eine enge Verzahnung aller internen Fachrichtungen unabdingbar. Ein weiterer Punkt ist die konsequente Weiterverfolgung der CO2Reduktion. Das ist zwar keine neue Entwicklung – wir arbeiten schon daran –, aber wir müssen dieses Thema mit Nachdruck weiter voran-
treiben. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Wohnen, insbesondere im Hinblick auf serielles und modulares Bauen. Auch da sehe ich eine wichtige Weiterentwicklung: Wie gehen wir mit diesem Ansatz in Zukunft um? Wie binden wir die Genehmigungsbehörden stärker ein? Idealerweise sollten wir irgendwann standardisierte Bauformen haben – etwa eine Mustertypengenehmigung – mit der man bestimmte Gebäudetypen bundesweit bauen kann, ohne jedes Mal ein individuelles Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen.
Derzeit wäre das so, als müsste man für jedes neue Auto eine Sonderzulassung beim TÜV beantragen, obwohl es sich um ein erprobtes Modell handelt. Solange wir bei Immobilien noch in Individualbauten denken, mag das nachvollziehbar sein. Aber wenn wir seriell und modular bauen wollen – und
„Ein weiterer Aspekt ist das Rollenverständnis der BImA. Wir arbeiten bislang in einem klassischen Vermieter-MieterModell, aber wir sollten uns stärker als Partnerin auf Augenhöhe mit unseren Nutzerinnen und Nutzern verstehen.“
das tun wir bereits und wollen es weiter ausbauen –, dann brauchen wir auch passende, moderne Genehmigungsprozesse.
Behörden Spiegel: Wie sieht der Blick nach innen aus?
von Erdély: Weitere zentrale Weiterentwicklungen betreffen die Leistungsfähigkeit der BImA selbst: Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle, ebenso der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Das betrifft nicht nur uns, sondern die gesamte Branche. Wir müssen uns ernsthaft damit auseinandersetzen, wie wir unsere Aufgaben künftig mithilfe von KI effizienter lösen können.
Dezentralisieren war gestern – jetzt bündeln wir
Eine Kolumne von Dr. Gisela Meister-Scheufelen
Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland sind eine Vielzahl von Behörden eingerichtet worden, allein auf Bundesebene über 900. In den Ländern gab es zuletzt eine besondere Aufbauphase in den 80er-Jahren, als mehr Bürgernähe erreicht werden sollte, indem selbst in kleinen Kommunen Landesbehörden eingerichtet wurden. Gleichzeitig wurden eine Vielzahl von spezialisierten Behörden (Umwelt-, Naturschutz-, Wasserbehörde etc.) eingerichtet. Das Zeitalter der Digitalisierung ermöglicht und macht es notwendig, dass jetzt die große Reform der Aufgaben und Zuständigkeitsbündelung kommt. Der Nationale Normenkontrollrat hat dazu eine lesenswerte Studie „Bündelung im Föderalstaat – zeitgemäße Aufgabenorganisation für eine leistungsfähige und resiliente Verwaltung“ erstellen lassen.
Kleine Kommunen können leicht überfordert sein
Es gibt immer noch Kommunen mit unter 20.000 Einwohnern mit einer Baurechtsbehörde, obwohl sie längst nicht mehr in der Lage sind, die Komplexität des Bau-
rechts zu beherrschen, geschweige denn, mit der Digitalisierung mitzuhalten. Erst die Übertragung der Zuständigkeit auf größere Kommunen und Landratsämter wird es ermöglichen, dass durchgehend digitalisiert wird und die Verfahren beschleunigt werden.
Wo Konzentrationen Sinn machen Für die Kfz-Anmeldung könnte ohne Weiteres bundesweit eine einzige Behörde zuständig sein. Schließlich handelt es sich um eine gebundene Entscheidung nach Bundesrecht, deren Verfahren durchgehend digitalisiert werden können.Die Vorteile liegen auf der Hand: Kosteneinsparung aufgrund von Skaleneffekten und Effizienzgewinnen, Überwindung von Personalmangel, Konzentration von Kompetenzen, schnellere Verfahren und bessere Qualität von Verwaltungsleistungen. Entscheidend ist: Die Bündelung in einer zentralen Einheit ist häufig die einzige Möglichkeit, dass die Verwaltung die IT-Anforderungen personell, technisch und finanziell stemmen kann.
Solche Konzentrationen machen Sinn, wenn sie – wie bei der Kfz-
Dr. Gisela
Meister-Scheufelen ist Dozentin, Autorin und ehemalige Vorsitzende des Normenkontrollrats BadenWür ttemberg. Foto: BS/privat
Anmeldung – keine Ortskenntnis und Bürgernähe benötigen und die Verwaltung kein Ermessen ausübt, sondern bei Vorliegen der erforderlichen Nachweise die Genehmigung erteilen muss. Für Antragstellerinnen und Antragsteller, die den digitalen Anforderungen nicht gewachsen sind, müssen Bürgerbüros in den Gemeinden einen kundenfreundlichen Service anbieten und die Einleitung des digitalen Verfahrens für die Bürgerinnen und Büger übernehmen.
Vorteile der ortsnahen Erledigung Was wir nicht übersehen sollten: Der Vorteil einer ortsnahen Erledigung von Aufgaben besteht auch in der größeren Transparenz behördlichen Handelns und zum anderen in der Kontrolle der Verwaltung durch lokale Öffentlichkeit und
Ein weiteres großes Thema ist der Fachkräftemangel – der macht natürlich auch vor uns nicht halt. Wir bewegen uns im gleichen Arbeitsmarkt wie die gesamte Immobilienwirtschaft. Deshalb ist es wichtig, dass die BImA als attraktive Arbeitgeberin sichtbarer wird. Ich finde, wir bieten großartige Aufgaben, die sehr spannend sind – für alle, die sich für Immobilien interessieren. Eigentlich müsste da jedem das Herz aufgehen – mir geht es jedenfalls jeden Tag so. Leider ist das in der Branche noch nicht überall bekannt. Deshalb möchte ich daran arbeiten, das Bild der BImA als modernes, spannendes Unternehmen weiter zu schärfen und zu verbreiten.
Behörden Spiegel: Welche Impulse wollen Sie aus der Privatwirtschaft in die BImA miteinbringen? von Erdély: Der interdisziplinäre Ansatz ist aus meiner Sicht ein zentraler Schlüssel. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der immobilienwirtschaftliche Blick – also die Perspektive, wie ein professionelles Immobilienunternehmen auf sein Portfolio schaut. Diesen Ansatz stärker in die BImA zu integrieren, ist aus meiner Sicht sehr wichtig. Konkret bedeutet das: Nicht bei jeder neuen Bedarfsanmeldung sofort loszulaufen und neu zu bauen, sondern zunächst zu prüfen, was bereits im Bestand vorhanden ist. Können wir den Bedarf vielleicht schon mit vorhandenen Flächen abdecken? Das ist eine Herangehensweise, die in der privaten Immobilienwirtschaft deutlich ausgeprägter ist als bisher bei uns – die aber auch bei uns zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Ein weiterer Aspekt ist das Rollenverständnis der BImA. Wir arbeiten bislang in einem klassischen Vermieter-Mieter-Modell, aber wir sollten uns stärker als Partnerin auf Augenhöhe mit unseren Nutzerinnen und Nutzern verstehen. Es geht darum, aktiv gemeinsam mit den Nutzern die besten Lösungen zu entwickeln, statt rein ausführend zu agieren.
den Gemeinderat. Bei der Konzentration auf zentrale Einheiten muss man deshalb der Gefahr begegnen, dass der Staat anonym, intransparent und für den Bürger nicht mehr zugänglich agiert.
Warum tun wir uns so schwer mit der Bündelung? Wenn eine Kommune oder ein Landratsamt Aufgaben abgibt, wird dies häufig als Machtverlust und als drohender Bedeutungsverlust empfunden. Diese Haltung ist angesichts der Finanz- und Personalprobleme vieler Kommunen schwer nachvollziehbar. Da sie die Aufgaben häufig nur noch unzureichend erledigen können (lange Wartezeiten, lange Genehmigungsverfahren, schlechte Erreichbarkeit von Mitarbeitenden etc.) und deshalb der Kritik durch Bürgerinnen und Bürger ausgesetzt sind, dürfte die Konzentration auf einen Aufgabenumfang, der geleistet werden kann, eigentlich ein großer Gewinn sein. Kommunen könnten sich auf ihre ureigenen kommunalen Aufgaben mit Gestaltungspotenzial konzentrieren. Hier muss ein Umdenken stattfinden. Dies gilt auch für Abgeordnete: Politische Erfolge sollten nicht dadurch nachgewiesen werden, dass man den Verlust einer Behörde verhindern konnte, sondern dazu beigetragen hat, die Genehmigungsverfahren für die Unternehmen im Wahlkreis zu beschleunigen.
Baden-Württemberg macht es vor Auf Anregung der IHK Region Stuttgart hat die Landesregierung von Baden-Württemberg jetzt eine Landesagentur für ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren eingerichtet. Die Agentur ist eine auf das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz spezialisierte Anlaufstelle für Unternehmen und soll dazu beitragen, dass die Prozesse besser koordiniert und effizienter sowie schneller werden. Seit 1. April 2025 können Unternehmen dort die Durchführung eines beschleunigten Fachkräfteverfahrens (digital) beantragen. Vor allem die berufliche Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen von ausländischen Fachkräften soll beschleunigt werden. Diese Maßnahme konzentriert Zuständigkeiten von 137 Ausländerbehörden. Dies ist ein Beispiel, dem viele folgen sollten.
Die Regierungserklärung des neuen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) war gerade verklungen, da begann im Kanzleramt und in den Ministerien schon die Arbeit. Tempo ist angesagt. Merz will die Bundesrepublik wieder zur „Wachstumslokomotive“ in Europa und der Welt machen, sein Finanzministers Lars Klingbeil (SPD) einen „Investitionsbooster“ auslösen, und Bauministerin Verena Hubertz (SPD) will mit einem „Bau-Turbo“ gegen den Wohnungsmangel vorgehen.
Eine hohe Geschwindigkeit bei der Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen ist auch dringend notwendig. Denn mit dem Wirtschaftswachstum sieht es gar nicht gut aus. Der frühere Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hinterließ eine deprimierend klingende Prognose: Danach sei Wachstum in Deutschland in diesem Jahr nicht zu erwarten. Weltweit sieht das anders aus: Der Internationale Währungsfonds erwartet ein globales Wachstum von 3,3 Prozent in diesem Jahr, in den Vereinigten Staaten sollen es 2,7 Prozent sein, in der EU gerade noch 0,9 Prozent, was im Wesentlichen an der Wirtschaftsschwäche in Deutschland liegt. Allerdings sind nicht alle Probleme hausgemacht: „Die tiefe Strukturkrise und Trumps Zolldrohungen ziehen alles nach unten“, erläutert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
Verlässliche Investitionsbedingungen schaffen
Die Meinung des Kanzlers ist eindeutig: „Wir können aus eigener Kraft heraus wieder zu einer Wachstumslokomotive werden, auf die die Welt mit Bewunderung schaut.“
Dazu will Merz „in großem Umfang öffentliche und vor allem private Investitionen“ mobilisieren. Unternehmen, die in neue Maschinen, Anlagen oder in Digitalisierung investieren, sollen künftig drei Jahre hintereinander bis zu 30 Prozent der Anschaffungskosten steuerlich absetzen können. Ab 2028 soll die
Weniger
Steuereinnahmen
Arbeitskreis legt Frühjahrsprognose vor (BS/Anne Mareile Moschinski) Nach der aktuellen Steuerschätzung fallen die Steuereinnahmen bis 2029 deutlich niedriger aus, als es zuletzt erwartet worden war.
Nach Mitteilung des Bundesfinanzministeriums gehen die Steuerschätzer davon aus, dass bis 2029 insgesamt 33,3 Milliarden Euro weniger in die Kassen des Bundes fließen, als noch im Oktober 2024 angenommen worden war. Insgesamt fließen bis 2029 Bund, Ländern und Kommunen nach den Schätzungen 81,2 Milliarden Euro weniger zu – 26,4 Milliarden Euro entfallen davon auf die Länder und 27,2 Milliarden auf die Kommunen. Die Mindereinnahmen ergäben sich insbesondere durch die Berücksichtigung der seit der letzten Schätzung in Kraft getretenen Steuererleichterungen, die maßgeblich zur Abfederung der kalten Progression gedacht waren, schreibt das BMF. Da die Veränderungen absehbar gewesen seien, wurden sie bereits in den Haushaltsplanungen berücksichtigt. Änderungen für die Haushaltsaufstellung gebe es daher nicht.
Am 25. Juni will Finanzminister Lars Klingbeil die Haushaltspläne durchs Kabinett bringen, die Verabschiedung des Haushalts ist für Anfang September geplant.
Auf Wachstumskurs
Die Prioritätenliste des neuen Finanzministers
(BS/Hans-Jürgen Leersch) Die „Tempo-Koalition“ beginnt mit ihrer Arbeit. Der neue Finanzminister Lars Klingbeil verhandelt mit den Ländern über das Investitionsprogramm. Dabei ist Wachstum in Deutschland in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten.
Das Wirtschaftswachstum wieder ankurbeln: Die im Koalitionsvertrag zu diesem Zweck vereinbarten Maßnahmen sollen mit hoher Geschwindigkeit umgesetzt werden. Foto: BS/Kiattisak, stock.adobe.com
Körperschaftsteuer in fünf Jahresschritten um je einen Prozentpunkt gesenkt werden. „Das schafft verlässliche Investitionsbedingungen, die Deutschland auch im internationalen Vergleich wieder attraktiv machen“, hofft Merz
Der Kanzler will außerdem ein Infrastrukturprogramm mit Investitionen für zwölf Jahre für alle staatlichen Ebenen. „Das sorgt für Verlässlichkeit und Planbarkeit. Für diese Wahlperiode haben wir uns in der Koalition auf eine Investitionssumme von bis zu 150 Milliarden Euro geeinigt.“ Wichtig ist dem Kanzler auch der Kampf gegen die Bürokratie, den der neue Minister Karsten Wildberger (CDU) übernehmen wird. Wildberger war vor seiner
Berufung ins Kabinett Vorstandsvorsitzender von Ceconomy (Media Markt und Saturn). Merz formulierte
„Wir brauchen einen beherzten Rückbau der überbordenden Bürokratie – und dazu brauchen wir vor allem ein neues Denken in unseren Köpfen.“
Friedrich Merz, Bundeskanzler
den Auftrag für seinen neuen Minister: „Wir brauchen einen beherzten Rückbau der überbordenden Bürokratie – und dazu brauchen wir vor allem ein neues Denken in unseren Köpfen. Die unzähligen Dokumentations-, Berichts- und Meldepflichten werden wir schnell und spürbar reduzieren. Wir werden die staatliche Verwaltung modernisieren und konsequent digitalisieren.“
An Bauministerin Hubertz ging der Kanzler-Appell: „Zu bezahlbarem Wohnen gehört vor allem: bauen, bauen, bauen!“
Eine große Steuerreform soll es nicht geben: Sobald es die finanziellen Möglichkeiten hergeben, sollen die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen bei der Einkommen-
Der Kassenzettel als Lottoschein
Maßnahmen gegen Steuerbetrug
steuer entlastet werden, so die Botschaft von Merz. Auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) äußerte sich im Bundestag ähnlich: „Wir wollen zur Mitte der Legislatur die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen senken und wir werden Verbesserungen beim Kindergeld erreichen.“ Als hätte er sich mit dem Kanzler abgesprochen, sagte auch Klingbeil: „Zuallererst gilt aber: Wir müssen unser Land wieder auf Wachstumskurs bringen, müssen die Arbeitsplätze sichern.“ Außerdem auf dem Programm des Finanzministers: die Kosten für Energie senken, Genehmigungsverfahren beschleunigen, Bürokratie abbauen und Fachkräfte mobilisieren. Klingbeils klares Signal: „Ich möchte das Bundesfinanzministerium zu einem Investitionsministerium machen. Wir wollen, dass die Bagger rollen. Wir wollen, dass die Bahn pünktlich kommt.“ Eine gute Grundlage dafür sei das Sondervermögen von 500 Milliarden Euro. Der Finanzminister hat bereits erste Gespräche mit den Landesfinanzministern geführt, „welchen Weg wir gehen, um die 100 Milliarden Euro für die Kommunen und die Länder auf den Weg zu bringen und zu gucken, wie wir Investitionen auch tatsächlich mobilisieren.“ Er kündigte enge Ausgabenkontrollen an: „Jeder Euro muss richtig ausgegeben werden.“
Ein ambitionierter Zeitplan Für die Wachstumslokomotive des Kanzlers gibt es jedoch die eine oder andere Langsamfahrstelle. Da ist vor allem der Bundeshaushalt 2025, den die alte Regierung nicht mehr aufgestellt hat und den Klingbeil noch vor der Sommerpause des Parlaments einbringen will. Die jüngste Steuerschätzung weist aus, dass die Aufstellung nicht so einfach wird: Allein beim Bund fehlen in diesem Jahr 600 Millionen Euro und bis 2029 über 30 Milliarden (s. Meldung unten links). Klingbeil ahnt, dass es nicht so einfach sein wird, das Tempo zu halten: „Ich weiß, das ist ein ambitionierter Zeitplan.“
(BS/Anne Mareile Moschinski) Was in Kroatien, Italien und Polen funktioniert, will die Deutsche Steuergewerkschaft auch hierzulande etablieren: die Einführung von Lotterien mit Kassenbons. Derweil plant die Bundesregierung die Abschaffung der Bonpflicht.
Aus Sicht der Deutschen Steuergewerkschaft ließen sich mit einer Kassenbon-Lotterie erhebliche Teile der Schattenwirtschaft in das offizielle System zurückholen.
Mit dem Kassenbon aus dem Supermarkt zum Luxusauto: In Portugal ist das für viele Kunden ein Anreiz, um sich beim Einkaufen die Quittung geben zu lassen. Das Prozedere ist simpel: Auf dem Kassenzettel wird die Steuernummer vermerkt, damit im Anschluss Gewinne im Wert von mehreren Millionen Euro verlost werden können. Das wünscht sich die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG) auch für die Bundesrepublik. „Die internationale Erfahrung zeigt: Trotz Registrierkassen werden Umsätze oft nicht erfasst, wenn kein Anreiz besteht, einen Beleg zu fordern“, erläutert der DSTGVorsitzende Florian Köbler. Eine
Foto: BS/M. Schuppich, stock.adobe.com
Kassenbon-Lotterie hingegen würde dazu führen, dass Kunden auf die Bonausgabe bestehen. Maßgebliche Teile der Schattenwirtschaft ließen sich so in das offizielle System zurückholen. „Statt nur mit Kontrollen zu drohen, schaffen wir einen positiven Anreiz für steuerehrliches Verhalten“, sagt Köbler. Pflicht zur elektronischen Rechnung
Eine Bonpflicht soll es laut Koalitionsvertrag von Union und SPD in Zukunft nicht mehr geben. Köbler bezeichnet die Bonpflicht hingegen als Erfolg und unterstreicht die Bedeutung elektronischer Belege. Im B2B-Bereich sei die elektronische
„Statt nur mit Kontrollen zu drohen, schaffen wir einen positiven Anreiz für steuerehrliches Verhalten.“
Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft
Rechnung verpflichtend – eine sinnvolle Maßnahme, sagt er. Auch im B2C-Bereich werde auf lange Sicht die Pflicht kommen. Um jedoch effektiver gegen Steuerbetrug vorzugehen, seien mehr Kontrollen der Finanzämter nötig. Für Geschäfte mit einem Jahresumsatz von mehr als 100.000 Euro gilt laut Koalitionsvertrag ab 2027 eine Registrierkassenpflicht. Michael Schrodi, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, betont gegenüber dem Behörden Spiegel: „Die ab 2027 geltende Registrierkassenpflicht leistet bereits einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Steuerhinterziehung.“ Würden hier künftig Defizite erkannt, solle dem Rechnung getragen werden. „Wir werden in diesem Zusammenhang auch prü-
fen, ob eine Kassenbeleg-Lotterie einen Beitrag zur Bekämpfung des Kassenbetrugs liefern kann“, kündigt Schrodi an. Um den milliardenschweren Steuerbetrug an Ladenkassen einzudämmen, sei zudem geplant, dass Gastronomen neben der Zahlungsoption Bargeld zusätzlich mindestens eine digitale Zahlungsoption anbieten müssen. „Wir prüfen derzeit, wie das umgesetzt werden kann“, so der Staatssekretär.
Null Toleranz bei Finanzkriminalität
Nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft entstehen durch Steuerbetrug Jahr für Jahr Steuerausfälle in Höhe von 15 bis 20 Milliarden Euro. Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden durch Folgeeffekte, wie Schwarzarbeit und nicht gezahlte Sozialabgaben, sei allerdings noch deutlich höher. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Bundesregierung zu einer NullToleranz-Strategie bei Finanzkriminalität.
„Jetzt braucht es auch ein entschlossenes Handeln“, sagt der DSTG-Vorsitzende Köbler. Er hält es für realistisch, dass eine Beleglotterie nach europäischem Vorbild auch hierzulande durchgeführt werden könnte: „Es ist an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen.“
Umwelt- und sozialverträgliche Vorgaben sind aktuell zwar noch nicht fester Bestandteil jeder Ausschreibung, jedoch ist davon auszugehen, dass gerade mit der Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors solche Vorgaben in den nächsten Jahren ergänzt werden. Die Europäische Kommission hat mit ihrem eigenen Ecolabel im Vordergrund in diesem Jahr eine Website gestartet, die praktische Tipps zur einfachen „grünen“ Beschaffung gibt. Das EU-Ecolabel deckt mit knapp 100.000 Produkten und Dienstleistungen eine weite Palette an umweltfreundlichen Angeboten ab. Eine Aufnahme des Umweltzertifikats in die Anforderungen einer Ausschreibung oder in die technischen Spezifikationen kann somit den Prozess der grünen Beschaffung vereinfachen.
Zusätzliche Guides
Um den Gebrauch von EcolabelKriterien weiter zu vereinfachen, stellt die EU-Kommission ebenfalls eigene Guides zu unterschiedlichen Produktgruppen zur Verfügung. In den Leitfäden werden die wichtigsten EU-Umweltzeichenkriterien für
Bei der Beschaffung von CloudLeistungen setzen öffentliche Auftraggeber immer wieder direkt auf Azure-Produkte von Microsoft (MSFT), die sie produktspezifisch auf Basis der sog. MSFT-Konditionenverträge des Bundes beziehen. Bei diesen Verträgen handelt es sich um Rahmenvereinbarungen, die das Bundesinnenministerium seit vielen Jahren mit MSFT unterhält. Sie regeln die wesentlichen Vertragsbedingungen, zu denen die Bezugsberechtigten – Bund, Länder und Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber – über gesondert abzuschließende Einzelverträge MSFT-Produkte beziehen können.
Die Konditionenverträge regeln neben preislichen Aspekten zentrale IT-Vertragsthemen wie Lizenzbedingungen, Gewährleistung und Haftung sowie Produktanpassungen und -einstellungen während der Vertragslaufzeit.
Erzwungene Produktbindung
Für den Abschluss der Einzelverträge werden von MSFT lizenzierte Händler (Licensing Solution Provider) eingesetzt. Die Auswahl der Händler erfolgt typischerweise über EU-weite Händlerausschreibungen. Mit diesen werden die Händler beauftragt, dem Auftraggeber MSFT-Leistungen zu den Bedingungen der MSFT-Konditionenverträge bereitzustellen. Auf diese Weise besteht zwar ein Wettbewerb auf der Händlerebene. Auf der Produktebene sind die Beschaffungen aber auf MSFT-Angebote einschließlich Azure-CloudLeistungen beschränkt.
Die Konditionenverträge basieren auf den weltweiten MSFT-Standardverträgen. Sie bieten den Bezugsberechtigten gegenüber den Standardbedingungen von MSFT jedoch eine Reihe von Verbesserungen, z. B. günstigere Nutzungsrechtsregelungen, weitergehende Regelungen zur Sicherheit und auch im Übrigen günstigere Konditionen. Näheres dazu erfährt man auf der Homepage des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, auch wenn die Verträge nicht öffentlich sind.
Die MSFT-Konditionenverträge betrafen ursprünglich vor allem MSFT-Office-Produkte (insbesondere MSFT-Word, Excel, PowerPoint und Outlook), die aufgrund
Simpel und grün dank Zertifikat
Einfache und nachhaltige Beschaffung mit Ecolabels
(BS/Sven Rudolf) Beschaffung und Vergabe gehören zu den rechtlich kompliziertesten Themen, mit denen sich die öffentliche Verwaltung beschäftigen muss. Die Ergänzung von Nachhaltigkeitskriterien fügt weitere Variablen hinzu, die es zu beachten gilt. Trotz des Aufwandes ist es wichtig, diese Kriterien zu beachten – Umweltlabel wie das Zertifikat Blauer Engel oder das EU-Ecolabel können hier eine Vereinfachung herbeiführen.
Grün zertifizierte Produkte und Diensleistungen können für Unternehmen und öffentliche Stellen auf lange Sicht sogar günstiger sein. Foto: BS/Loc Dang, pexels.com
Waren und Dienstleistungen vorgestellt und dargelegt, wie diese in die Ausschreibungen integriert werden können. Aktuell stehen vier prak-
tische Handreichungen zur Verfügung. Die Guides sind dabei auf das EU-Ecolabel zugeschnitten, das natürlich nicht das einzig verfügbare
Zertifikat für Umweltfreundlichkeit darstellt.
Warum labeln?
Die verschiedenen Umweltzertifikate sind dabei bisweilen schon recht lange in Verwendung, das Zertifikat des deutschen Blauen Engels aus dem Jahr 1978 wurde sogar als erstes veröffentlicht. Wie in vielen Bereichen erlauben die Umweltzertifikate dabei einen schnellen Einblick in wichtige Merkmale, die bei nachhaltiger Beschaffung beachtet werden müssen.
Neben der zusätzlichen Intention für Unternehmen, klimafreundliche Maßnahmen einzuleiten, bringt die Aufnahme der Umweltkritierien in Form von Zertifizierung auch potentielle Vorteile für die Beschaffungsämter. So kann die
Vergaberechtswidrige Bevorzugung
Bevorteilung durch Microsoft-Konditionenverträge?
(BS/Dr. Roland M. Stein/Dr. Florian Wolf) Öffentliche Auftraggeber setzen bei der Beschaffung von Cloud-Leistungen immer wieder direkt auf Azure-Produkte von Microsoft, die sie über sog. Händlerausschreibungen auf Grundlage der Microsoft-Konditionenverträge des BMI beziehen. Diese Praxis verstößt in vielen Fällen gegen die Produktneutralität, weil andere Cloud-Anbieter dadurch ausgeschlossen werden. Das schadet nicht nur dem Wettbewerb, sondern vor allem auch den öffentlichen Kassen und der Qualität der IT-Versorgung.
ihrer Verbreitung weithin als Marktstandard gelten. Für diese Produkte erscheint eine produktspezifische Beschaffung auf Basis besonderer, Hersteller-spezifischer Vertragskonditionen für öffentliche Auftraggeber zumindest nachvollziehbar.
Die aktuellen MSFT-Konditionenverträge betreffen jedoch nicht nur MSFT-Office-Produkte, sondern gelten inzwischen für alle MSFTProdukte einschließlich – insbesondere – Azure-Cloud-Leistungen. Bei Azure handelt es sich um umfassende Cloud-Dienste, einschließlich IaaS-Diensten (wie etwa Virtual Machines, Virtual Networks und Storage Accounts), PaaS-Diensten (wie Azure App Service oder Azure SQL Database) und Managed Services (wie Azure Virtual Desktop, Azure Databricks und viele andere). Nach den Konditionenverträgen werden für Azure-Produkte derzeit zwar keine besonderen Rabatte gewährt. Die sonstigen Bedingungen der Verträge gelten jedoch auch für Azure.
Verweis auf Azure
Auch die von den Auftraggebern abgeschlossenen Händlerverträge verweisen üblicherweise auf die gesamte Produktpalette der MSFT-Konditionenvereinbarung einschließlich der Azure-Produktfamilie. Ein Beispiel ist etwa die Handelspartnerausschreibung des Bundes aus dem Jahr 2021 (EU-Amtsblatt 2021/S 15-30613 und S 15-30618). Mitunter sind MSFT-Cloud-Leistungen sogar primärer Gegenstand der Händlerausschreibung; ein Beispiel ist die (zwischenzeitlich aufgehobene und neu ausgeschriebene) Ausschreibung der Autobahn GmbH des Bundes für die „Bereitstellung von MSFT-Cloud-Diensten und weiteren MSFT-Produkten“ aus dem Sommer 2024 (EU-Amtsblatt 2024/S 139-431278). Bei Cloud-Leistungen verfügt MSFT unstreitig nicht über eine
Alleinstellung. Auch andere vergaberechtliche Gründe für eine produktspezifische Beschaffung sind nicht ersichtlich. Im CloudBereich besteht vielmehr ein sehr lebhafter Wettbewerb nicht nur unter den großen internationalen Anbietern, sondern auch auf europäischer und deutscher Ebene. Für sie gilt daher uneingeschränkt der Grundsatz der Produktneutralität gemäß § 31 Abs. 6 VgV. Das Beschaffungsamt des BMI weist in der UfAB (Stand 2018.04) dementsprechend zu Recht darauf hin, dass die Entscheidung, Softwareprodukte über die MSFT-Konditionenverträge zu beschaffen, eine Produktfestlegung impliziert, die begründungsbedürftig ist. Wie die aktuelle Ausschreibungspraxis zeigt, entspricht das jedoch keineswegs immer der Praxis. Vielmehr scheinen die MSFT-Konditionenverträge und ihre Erstreckung auch auf Produkte der Azure-Familie rein praktisch eine Sogwirkung zu erzeugen, auch Azure-Cloudleistungen hierüber zu beschaffen. Die Autobahn GmbH des Bundes hat ihre Händlerausschreibung für MSFT-Cloud-Dienste vom Juli 2024 nach Hinweisen aus der Industrie auf einen Verstoß gegen die Produktneutralität inzwischen wieder aufgehoben und eine Neuausschreibung gestartet, die jedoch lediglich um ein im Vergleich deutlich kleineres Los erweitert wurde, das auch Produkte anderer Cloud-Anbieter zulässt. Auch andere Auftraggeber, die zunächst produktspezifische Ausschreibungen von Azure-Cloud-Leistungen gestartet hatten, wie etwa der Berliner Flughafen, haben ihre Ausschreibungen inzwischen aus demselben Grund aufgehoben. Andere Händlerausschreibungen, die auch MSFT-Cloud Dienste umfassen, wie die MSFT-Handelspartnerausschreibung des Bundes aus dem Jahre 2021, wurden demgegenüber erfolgreich zum Abschluss gebracht oder werden
Überprüfung der Kriterien an die Zertifizierungsstellen ausgelagert werden und so den Arbeitsauffand der Vergabestellen verringern. Die Zertifizierer müssen schließlich auch sicherstellen, dass auch nach Erhalt des Zertifikats die Kriterien aufrechterhalten werden. Eine verpflichtende Umweltzertifizierung für öffentliche Ausschreibungen wäre also eine schnelle Möglichkeit, auch umwelt- und sozialverträgliche Vorgaben zu erfüllen. Daher sollte die EU bei der Aktualisierung ihrer Vergaberechtrichtlinien neben Kriterien wie z. B. der Kosteneffizienz auch Umweltkriterien berücksichtigen.
weiterhin neu eingeleitet. Auf diese Weise erfolgt über die MSFT-Händlerausschreibungen auf Grundlage der Konditionenverträge faktisch ein Ausschluss des Wettbewerbs für Cloud-Leistungen. Das dürfte mangels einer vergaberechtlichen Alleinstellung unzulässig sein. Die Praxis ist aber auch unter wirtschaftlichen Aspekten (Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) bedenklich und vertieft die technische Abhängigkeit von Produkten eines einzigen Herstellers (sog. Vendor Lock-In).
Unzulässige Bevorzugung durch Konditionenvereinbarung Auch unabhängig davon ist nicht zu übersehen, dass die MSFTKonditionenverträge einen vergaberechtlich unzulässigen Vorteil für MSFT begründen. Denn nach den Haushaltsvorschriften ist der Bund an sich verpflichtet, bei der Beschaffung von IT-Leistungen die einheitlichen Vertragsmuster der EVB-IT zu verwenden. Diese Vertragsmuster führen gerade beim Einkauf von Cloud-Produkten oft zu Konflikten mit den Standardkonditionen und Preismodellen der Anbieter, die im Einzelfall erst aufwendig gelöst werden müssen. Die im Jahr 2022 eingeführten EVB-IT Cloud lösen diese Probleme nicht vollständig, weil sie gerade in den neuralgischen Punkten wie etwa den Lizenzmodellen oder Preis- und Produktanpassungen während der Vertragslaufzeit keine Abweichungen erlauben.
Die MSFT-Konditionenverträge sind insoweit nichts anderes als ein exklusiv für MSFT geltendes Sonderregime, das öffentlichen Auftraggebern den Einkauf von MSFT-Produkten erleichtert. Eine vergaberechtliche Rechtfertigung hierfür ist nicht ersichtlich.
Sind Konditionenverträge ausschreibungspflichtig?
In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die MSFT-Konditio-
nenverträge nicht schon als solche vergaberechtswidrig zustande gekommen sind, weil sie ohne EUweite Ausschreibung abgeschlossen wurden. Zwar wird verbreitet vertreten, dass es sich bei den MSFT-Konditionenverträgen nicht um Beschaffungsverträge im Sinne des Vergaberechts handelt, weil sie keine (eigenen) Liefer- bzw. Abnahmeverpflichtungen begründen (diese ergeben sich erst aus den Händlerverträgen). Die Verträge werden daher gelegentlich auch als unechte Rahmenvereinbarungen bezeichnet. Das überzeugt jedoch nicht. Denn die Konditionenverträge erfüllen bei genauer Betrachtung alle Voraussetzungen einer ausschreibungspflichtigen Rahmenvereinbarung im Sinne der EUVergaberichtlinie. Vor diesem Hintergrund ist es möglicherweise nur eine Frage der Zeit, bis die vergaberechtliche Zulässigkeit der Konditionenverträge auf den Prüfstand gestellt wird. Sollten die Vereinbarungen für rechtswidrig befunden werden, müssten sie beendet werden. Jedenfalls aber dürften Angriffe auf Händlerausschreibungen, die pauschal auf sämtliche über die Konditionenvereinbarung beziehbaren MSFT-Produkte verweisen und damit einen Fast Track auch zur Beschaffung von Cloud-Produkten ohne jeden Produktwettbewerb eröffnen, gute Erfolgsaussichten haben. Vor diesem Hintergrund wäre es an der Zeit, die aktuelle Beschaffungspraxis der öffentlichen Hand und die Privilegierung eines einzelnen Anbieters bei Cloud-Leistungen zu überdenken.
Roland M. Stein, LL.M. Eur. und Dr. Florian Wolf, sind Fachanwälte für Vergaberecht und Partner im Vergabe und Auénwirtschaftsrecht bei der Blomstein Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB. Fotos: BS/BLOMSTEIN
Dr.
► VERHANDLUNGSVERFAHREN
Zuschlagskriterien
Abänderbar?
Beschafft werden sollten Einrichtungen eines georedundanten sog. „SIP-Trunk“. Beim gewählten Verhandlungsverfahren ensteht
Streit um die Frage des sog. Bestandsvertragspartners in der Zusammenschau mit behaupteten Diskriminierungen der im Ausschreibungsverfahren aufgetretenen neuen Bieter. Die Vergabekammer gibt dem Unternehmen Recht. Sie befasst sich mit der Frage, ob und inwieweit Zuschlagskriterien abgeändert werden können. Dies bejaht sie prinzipiell. Im Verhandlungsverfahren existieren gemäß Paragraf 17 X 2 VgV keine generellen Schranken. Zuschlagskriterien sind, durch die Rechtsprechung des EuGH, abänderbar, solange die grundsätzliche Ausrichtung des Wettbewerbes nicht verlassen wird oder einzelne Wettbewerber diskriminiert werden. Der EuGH hatte erstens eine Anpassung der Zuschlagskriterien nach Angebotsabgabe (und vor Angebotsöffnung) in begründeten Fällen gutgeheißen. Zweitens hatte er sie auch dann akzeptiert, wenn sie nach der Angebotsöffnung angepasst wurden. Letztere Konstellation betrifft speziell Fälle, in denen der öffentliche Auftraggeber in der Konzeptionsphase der Ausschreibung nach bestem Wissen und Gewissen nicht ermessen kann, welche Merkmale Relevanz entfalten werden. Weitere Fälle sind, dass sich bereits gesetzte Zuschlagskriterien als unpraktikabel, rechtswidrig oder von unzumutbarem Dokumentationsaufwand begleitet erweisen (VK Südbayern, Beschl. v. 03.07.2019 - Z3-33194-1-09-03/19). Zu denken ist im Rahmen solcher Fallkonstellationen an neuartige und/oder ungewöhnliche Beschaffungsgegenstände mit Überraschungen bei den eingehenden Angeboten.
VK Niedersachen, Beschl. v. 02.10.2024 (VgK 21/2024)
► KONZESSION DES BUNDES Änderung wg. Ladesäulen
Ausschreibungspflicht?
Die Bundesrepublik Deutschland hatte bis 1994 den Betrieb der Autobahntankstellen im Wege eines vergabefreien Eigengeschäftes an Staatsbetriebe übertragen. Nach 1994 überführte der Bund die Tank- und Raststättengesellschaften in eine bundeseigene Aktiengesellschaft. Ab den späten 1990er Jahren begann ein Privatisierungsprozess. Die Konzessionsrichtlinie (2014/23/EU) trat erst ab dem Jahre 2014 als verbindliches Recht in Erscheinung.
Streitig war im vorliegenden Fall, ob die Änderungen der Altkonzessionsverträge, welche in den Jahren 2021 und 2022 im Zusammenhang mit der Einrichtung von Schnellladesystemen vorgenommen wurden, zu einer neuen Ausschreibungspflicht im Wege einer sog. Konzessionsvergabe führten. Sowohl die Vergabekammer als auch der Vergabesenat sehen in diesen Änderungen keine Sachverhalte, die zu einer Neuausschreibungspflicht führen. Die Argumente sind u. a., dass es sich um sehr lang angelegte, spezielle Konzessionsvergaben aus Jahren handelt, in denen förmliche Bestimmungen noch nicht existierten. Gleichwohl haben sich an den damaligen Verfahren auch ausländische Gesellschaften beteiligt, sodass eine Offenheit des Vergabevorgangs auch für Bieter aus anderen EU-Staaten bestand. Zudem handelt es sich bei der Ergänzung dieser Verträge um damals nicht absehbare, sachliche Erfordernisse, welche ihren Grund in neuartigen Verpflichtungen der Tankstellenbetreiber haben, Schnellladepunkte in erforderlicher Anzahl zu installieren und zu unterhalten. Alleine wegen dieser isolierten technischen Neuerung nur eines geringen Teils der Gesamtleistung bedarf es keiner Neuvergabe.
EuGH, Urt. v. 29.04.2025 (Rs. C-452/23)
► LEISTUNGSBESCHREIBUNG Uneindeutigkeit
Rückversetzung
Ausgeschrieben war ein Rahmenvertrag betreffend verschiedene Kontrastmittel für medizinische Untersuchungen im Bereich der Magnetresonanztomographie sowie ergänzend unter Umständen auch für die Angiographie. Tatsache ist, dass es z. T. Anbieter gibt, welche zwar Kontrastmittel für die Einsatzgebiete der MRTs herstellen, nicht jedoch speziell für die Angiographie. Unbeschadet dessen hatte die Vergabestelle dennoch ein Fachlos zugeschnitten, in welchem offengeblieben war, ob die bieterseitigen Produkte nun zwingend auch für die Angiographie zugelassen sein müssen oder nicht.
Die Ausschreibung leidet nach Auffassung der Vergabekammer des Bundes infolge einer solch unklaren Festlegung bezüglich der Leistungseinheiten für die Angiographie unter einer uneindeutigen Leistungsbeschreibung. Mit einer solchen Leistungsbeschreibung kann man gemäß der Auffassung der Vergabekammer in dieser Form nicht an den Markt gehen.
Die Argumentation der öffentlichen Auftraggeberin war, dass sie für den Fall, dass der Zuschlag auf einen Bieter ergehen würde, dessen Produkte nicht für die Angiographie zugelassen sind, jederzeit auf Produkte aus einem sonstigen Rahmenvertrag zurückgreifen könne. Sie wollte damit die Flexibilität herstellen, möglichst breiten Wettbewerb für alle Kontrastmittelanbieter zu eröffnen und ggf. für das Szenario eines Zuschlags auf Produkte eines Anbieters, der Kontrastmittel speziell für die Angiographie nicht offerieren kann, auf einen anderen Rahmenvertrag zurückgreifen. Eine solche Ausschreibung ist nach Meinung der Kammer nicht konstruktiv und daher völlig neu zu starten.
VK Bund,
Beschl. v. 20.12.2024 (VK 2-105/24)
► GRUNDSTÜCKSVERKAUF Ausschreibungspflicht?
Bauanreize genügen nicht!
Eine alte Schützenhalle soll abgerissen werden. Geplant ist, einen Vollsortimenter-Verbrauchermarkt zu bauen. Die Gemeinde als Eigentümerin plant die Bebauung durch einen privaten Investor und dazu die Veräußerung des Grundstücks. Das Verkaufsgeschäft wird sowohl im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens als auch eines Vergabenachprüfungsverfahrens angegriffen. Die Begründung ist, dass die Gemeinde mit diesem Verkaufsgeschäft eine mittelbare Auftragsvergabe verbinde, was dann zu einer Ausschreibungspflicht führe. Die Vergabekammer schließt sich dem nicht an. Sie verneint die Befugnis, in eine Vergabenachprüfung auf der Grundlage der Paragraphen 97, 155 GWB einzutreten. Die Vorfrage dazu ist, ob es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt. Die Kammer verneint dies und greift auf die Rechtsprechung des EuGH in der Sache „Helmut Müller“ zurück. Der EuGH hatte entschieden, dass im Falle eines öffentlich- rechtlichen Interesses am Bauvorhaben ein vergabepflichtiger Vorgang vorliegen kann. Dies ist z. B. der Fall, wenn die öffentliche Hand von dem privaten Investor Flächen zurückmieten möchte. Außerdem hat der EuGH herausgearbeitet, dass im Falle eines wirtschaftlichen Interesses bspw. eine Vergabepflichtigkeit dann ausgelöst werden kann, wenn das Grundstück zu einem niedrigeren Preis verkauft wird. Aber dann muss genau abgegrenzt werden, ob es sich lediglich um einen Bauanreiz handelt oder um eine Bauverpflichtung. Reine Bauanreize reichen für eine Vergabepflichtigkeit im Sinne eines (nur) mittelbaren öffentlichen Auftrages nicht aus. Es bedarf eines unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses.
VK Niedersachen, Beschl. v. 30.09.2024 (VgK 22/2024)
► ANGEBOTSBEWERTUNG
Heranziehung Externer?
Nein!
Eine Betreuungseinrichtung wurde ausgeschrieben und einer der unterlegenen Bieter ist mit dem vorab angekündigten Ausschreibungsergebnis nicht zufrieden. Er glaubt außerdem, inhaltliche Auswertungsfehler zu erkennen. Zudem macht er geltend, dass die Bewertung der Angebote durch fachkompetentes – und nötigenfalls vom öffentlichen Auftraggeber extern heranzuziehendes – Personal erfolgen müsse.
Seine Beanstandung des Bewertungsergebnisses erweist sich als teilweise erfolgreich. Die Vergabekammer erkennt eine insgesamt fehlerbelastete, weil fachlich unter Widersprüchen und Unerklärlichkeiten leidende, Bewertung bzw. Punktevergabe. Er dringt allerdings nicht mit seinem Vorbringen durch, dass ein öffentlicher Auftraggeber rechtlicherseits gezwungen werden könne, Fachpersonal – wie in diesem Falle Sozialarbeiter – im Rahmen der Bewertung der Angebote einzusetzen. Die Anforderungen dürften im Übrigen nicht derart illusorisch angehoben werden, dass eine fehlerfreie Handhabung solcher Ausschreibungsverfahren faktisch unmöglich werde. Und ganz generell dürften die Ansprüche an die Bewertungsergebnisse einzelner bewertender Personen nicht übermäßig überhöht werden. Es sei – im Einklang mit dem OLG Düsseldorf (Beschl. v. 27.04.2022, VII-Verg 27/21) – immer einzuberechnen, dass Individuen tätig werden, welche mit ihrer Persönlichkeit und ihren individuellen Erfahrungen auch juristisch akzeptierte Schwankungsbreiten in den Bepunktungen ausschöpfen dürfen.
Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Kanzlei Dr. Noch)
Beschafft und zwar intelligent
Rahmenvertag für KI in NRW beschlossen
(BS/sr) Die meisten nutzen hin und wieder die mittlerweile vielfältigen KI-Anwendungen aus aller Welt. Für den Dienstgebrauch sind diese Tools aber teilweise ungeeignet, um den Arbeitsalltag spürbar zu entlasten.Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat daher einen Rahmenvertrag mit dem Start-up GovRadar geschlossen, um das Vergabewesen in den Kommunen effektiver zu gestalten. Ziel ist es, das Arbeitsvolumen, das durch komplexe Vergabeverfahren entsteht, für die 429 berechtigten Kommunen zu verringern.
Mit dem nun möglichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sollen besonders die arbeits- und zeitintensivsten Vorgänge bei Beschaffungsvorgängen vereinfacht und in Teilen automatisiert werden. „Die Software legt den Schwerpunkt auf die Vorbereitung der Vergabe – eben da, wo besonders viel Zeit im Prozess verloren geht. „Die Kommunen können so gezielt investieren und dadurch dringend benötigte Investitionen schneller auf den Weg bringen“, sagt Ina Scharrenbach (CDU), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen. Nach Aussage des Gründers und Geschäftsführers von GovRadar, Sascha Soyk , setze NordrheinWestfalen damit bundesweit neue Maßstäbe.
Die Unterlagen eines Vergabeverfahrens können mit der Software medienbruchfrei erstellt und verwaltet werden, indem unter anderem eine intelligente Assis-
tenzfunktion die Erstellung von Leistungsbeschreibungen unterstützt. Dabei greift die Funktion auf eine Datenbank mit Millionen bereits bestehender Ausschreibungen und Vergabeverfahren zurück und orientiert sich an ähnlich gelagerten Fällen. Sie bietet auch die Grundlage für die einzelnen KI-Anwendungen im System, die auch bei der Erstellung von weiteren Texten unterstützen können.
Katalog für KI und Mensch Ebenfalls bietet das System eine umfangreiche Datenbank zur digitalisierten Markterkundung mit einer Vielzahl von Warengruppen, die regelmäßig ergänzt wird. Gleichzeitig steht die Datenbank den Beschäftigten jedoch auch zur freien Erkundung zur Verfügung. So kann auch selbstständig nach geeigneten
Quellen für das Vergabeverfahren gesucht werden. Dabei unterstützen semantische Suchwerkzeuge sowie der KI-Assistent die Recher-
che. Insbesondere in Bereichen und bei Themen, bei denen aufgrund fehlender Erfahrung wenig Fachwissen vorhanden ist, bietet die Software einen Mehrwert.
Land trägt erste Kosten
Aufgrund dieser Merkmale, die laut Ministerium keine andere auf dem deutschen oder europäischen Markt verfügbare alternative Softwarelösung bietet, habe man sich für die GovRadar GmbH entschieden. Mit der landesweiten GovRadar-Kommunallizenz entlastet das Ministerium in Düsseldorf die Kommunen im Land erneut sowohl personell als auch finanziell von der Durchführung eigener Vergabeverfahren.
Die entstehenden Lizenzgebühren sowie Kosten für etwaige Schulungsmaßnahmen oder das Set-up werden landesseitig ein Jahr lang aus verbliebenen Restmitteln des Gemeindefinanzierungsgesetzes finanziert.
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Nordisch, liberal, ökologisch, modern
Berliner Gespräch mit Islands Botschafter Auðunn Atlason (BS/Peter Slama) Mitunter ist es auf der nach Großbritannien zweitgrößten Insel Europas kalt. Dann macht Island, von Mittelhochdeutsch "Eisland", nicht nur wegen der zahlreichen Gletscher, die knapp 12 Prozent des Landes bedecken, seinem Namen alle Ehre. Aber durch den Golfstrom sind die Winter mild und die Sommer, im Vergleich zu unseren, mit zwölf bis 15 Grad eher kühl. Den 397.000 Isländern und den zahlreichen, vor allem deutschen Besuchern, ist das recht. Bei vier Einwohnern pro Quadratkilometer kommt man sich in dem am dünnsten besiedelten Land Europas selten in die Quere. Überdies belegt es einen beneidenswerten dritten Platz im Glücksreport 2025 der Vereinten Nationen und besitzt einen Lebensstandard und ein Pro-Kopf-Einkommen an der Weltspitze.
Die deutsch-isländischen Beziehungen sind auf ähnlich hohem Niveau. Mit gemeinsamen Werten und Übereinstimmungen in vielen aktuellen Fragen der internationalen Politik gehört Deutschland für Island zu den zentralen Ansprechpartnern in Europa. Als drittgrößter Lieferant von Gütern stehen wir auf Platz sechs bei den Exporten Islands. Wichtigste Importgüter sind Maschinen, Treibund Schmierstoffe, Fahrzeuge und chemische Produkte. Island exportiert vor allem Fische und Aluminium. Bedeutender Wirtschaftszweig mit rund acht Prozent des BIP ist der Tourismus mit den meisten Gästen aus den USA, Großbritannien und Deutschland. Seit September 2024 wird der 103.000 Quadratkilometer große Inselstaat im äußersten Nordwesten Europas von Botschafter Auðunn Atlason vertreten. Seit 1997 ist er im Dienst seines Landes mit Stationen in u. a. Washington oder New Delhi. Bevor er nach Berlin kam, war er als Botschafter in Wien und Helsinki tätig. Der 54-Jährige kennt die Stadt aus seinem Politikstudium in den 90er-Jahren, spricht fließend Deutsch, um Land und Leute zu verstehen und so Teil der Gesellschaft zu werden.
„Meine wichtigsten Aufgaben sind es, die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zu pflegen und weiter aufzubauen. Ich kümmere mich um die Kontakte zu deutschen Regierungsvertretern, Behörden, Firmen und NGOs und zu meinen etwa 2.000 Landsleuten, von denen ca. 500 Studierende sind.“ Man unterstütze die isländische Kunst und Kultur in Deutschland durch Zusammenarbeit mit Künstlern, Institutionen, Festivals usw. So hatte er z. B. die Ehre, der Premiere von Hrafnhildur Gunnarsdóttirs neuem Dokumentarfilm über den Frauenstreik von 1975 beizuwohnen, der auch in deutschen Kinos zu sehen war.
Gleichstellung der Geschlechter
Der Streifen zeigt isländische Frauen, die in den 70er-Jahren deutlich schlechter bezahlt werden als Männer und sich überdies um Hausarbeit und Kindererziehung kümmern: der Mann aufs Pferd, die Frau an den Herd. Gegen diese Diskriminierung kämpfen die „Roten
Socken“ mit einem „Kvennafridagurinn“, einem Frauenruhetag. Denn an diesem 24. Oktober 1975 hatten die Isländerinnen von alledem die „Schnauze voll“ und traten in den Warnstreik. Es sollte der entschei-
stein, Island und Norwegen, und ist Teil der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA. So ergeben sich etwa in den Bereichen Grüne Energie (CO2-Reduktion), Fischerei und nachhaltigem Tourismus inte-
dende Anstoß für Islands Aufstieg zum Musterland der Gleichstellung sein.
Ebenso mustergültig sind dort die Nutzung von Geothermie, Wasserkraft und die CO2-Reduktion. „Entscheidend für eine klimafreundliche Zukunft ist der aktive Erfahrungsaustausch von Technologie und Wissen mit unseren internationalen Partnern, darunter auch Deutschland.“ Island habe wichtige Ziele in der Nutzung Erneuerbarer Energien erreicht und produziert so fast 100 Prozent seines Stroms selbst. Das ermögliche günstige und stabile Energiepreise, besonders für energieintensive Industrien wie Rechenzentren, Aluminiumproduktion und grünen Wasserstoff: „Geothermie-Projekte zur Wärmeversorgung deutscher Städte sind vielversprechend und da könnten wir enger zusammenarbeiten.“
Nachhaltigkeits- und Innovationsstandort
Island ist ein attraktiver Standort für Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit, Innovation und stabile Rahmenbedingungen setzen. Es gehört dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) an, einer Freihandelszone zwischen der EU, Liechten-
ressante Möglichkeiten für deutsche Investoren. Island ist dazu ein Hotspot für IT, fortschrittliche Biotechund Pharmaforschung. Weiterhin gehört es zu den führenden Nationen im nachhaltigen Fischfang und bietet hochwertige Meeresprodukte für den Export. Kurz gesagt: Island ist ein nordisches Land mit einer modernen und offenen Ökonomie. EU-Mitgliedschaft auf dem Prüfstand
Die Frage der EU-Mitgliedschaft beschäftigt die Isländer derweil weiterhin. 2027 soll ein Referendum klären, ob die 2013 auf Eis gelegten EU-Beitrittsverhandlungen fortgesetzt und abgeschlossen werden sollen.
Seit Langem spielt das Land eine wichtige Rolle in der arktischen Sicherheit und der NATO-Verteidigungsstrategie. Im Nordatlantik gelegen, kommt ihm eine zentrale Rolle in der Sicherung dieser Region zu. „Unsere Lage“, erläutert Atlason, „macht uns zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Nordamerika und Europa, insbesondere im Rahmen der NATO. Obwohl mein Land keine eigene Armee hat, tragen wir durch unsere geostrategische Position und unsere Infrastruktur (NATO Host
Nation Support) wesentlich zur kollektiven Verteidigung bei.“
Für Stabilität in der Arktis Ein wichtiger Bestandteil sei der Keflavík-Flughafen, der für NATOAufklärungsflüge genutzt werde.
Die Küstenwache arbeite eng mit den Alliierten zusammen, insbesondere im Bereich der maritimen Sicherheit und Überwachung. Zudem engagiere man sich für den Erhalt der Stabilität in der Arktis, indem Island friedliche und nachhaltige Lösungen im Rahmen des Arktischen Rates fördere.
Doch auf der friedlichen Insel im Nordatlantik, weit weg von den Waffengängen dieser Welt, mag darüber keine rechte Freude aufkommen.
Die Isländer fühlen sich davon, trotz großer Distanz, sehr wohl betroffen. Sicherheit hin oder her. „Island ist ein Land mit einer starken demokratischen Tradition und großem Engagement für Menschenrechte und internationale Stabilität. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine wird als direkte Konfrontation mit der europäischen Sicherheitsordnung gesehen.“ Auch die isländische Regierung unterstütze
Rezept des Botschafters
Grafinn lax og graflaxsósa – Graved Lachs
Zutaten:
die Ukraine politisch, wirtschaftlich und humanitär. Sie habe Sanktionen gegen Russland verhängt und Geflüchtete aufgenommen. Auch die traurige Eskalation im Nahen Osten werde dort mit großer Sorge verfolgt.
Über 2.700 km von seiner Heimat entfernt, fühlt sich Auðunn Atlason in Deutschland und vor allem in Berlin zu Hause. Er kennt die Stadt noch aus seiner Studienzeit in den 90er-Jahren, als er mit Freuden im Tiergarten Fußball spielte und sie danach bei Bier und Döner fachsimpelten. Manchmal fällt es ihm wieder ein, wenn er an Deutschland denkt – heute, dass es eine lebendige Demokratie sei, die sich kritisch mit der Geschichte, Gegenwart und Zukunft auseinandersetze. Manchmal denkt er aber auch an anderes und liest, z. B. einen Island-Krimi. Letzte Frage – mit wem möchte er gerne für einen Tag tauschen? „Mit Steffen Henssler, dem Hamburger TV-Koch. Ich koche gerne und möchte das besser lernen. Ich würde auch die Gelegenheit nutzen und die vielfältigen Zubereitungsmöglichkeiten von frischem Fisch aus Island vorstellen.“
1 mittelgroßes Lachsfilet ohne Gräten, 100 g grobes Salz, 100 g Melasse (dunkler klebriger Zucker), 2 EL getrockneter Dill, weißer und schwarzer Pfeffer, feines Salz (wird zum Schluss über den Fisch gestreut)
Zubereitung: Das Filet auf eine Alufolie legen, grobes Salz und Zucker in einer Schale mischen, über das Fischfilet verteilen, in die Folie wickeln, in den Kühlschrank stellen, alle 12 Stunden umdrehen und 2–3 Tage ruhen lassen.
Sauce (Zubereitung am Vortag): 150 ml Mayonnaise, 100 ml saure Sahne, 1 EL Dijon Senf, 1 EL süßer Senf, je 1 EL Honig und Dill, 1 TL Melasse. Mit Schlagsahne verfeinern und mit frischem Dill garnieren.
„Graved Lachs" bedeutet wörtlich „eingegrabener" oder, in der heutigen Kochsprache, marinierter Lachs. Die Methode, den frisch gefangenen Lachs leicht einzusalzen und zwecks Fermentation für einige Wochen oder Monate im Boden zu vergraben, um ihn haltbar zu machen, entwickelten die Skandinavier schon vor Jahrhunderten.
Botschafter Auðunn Atlason präsentiert einen Atlatischen Kabeljau auf der Grünen Woche am Stand des Fisch-Informationszentrums Hamburg (FIZ). Foto: BS/FIZ/Isländische Botschaft
Reykjavik, die nördlichste Hauptstadt der Welt, ist nicht nur das politische und kulturelle Zentrum Islands – hier lebt auch mehr als ein Drittel der gesamten Bevölkerung des Landes. Foto: BS/Marc Jedamus,
Kommune
Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juni 2025
www.behoerdenspiegel.de
Windstärke Hass –
das Amt und die Angst
(BS/Julian Faber) „Denken Sie an Walter Lübcke. Immer schön aufpassen“, hieß es in einer Nachricht, die Zwickaus Oberbürgermeisterin Constance Arndt jüngst erreichte. Absender: „Adolf Hitler“, Mailadresse „nsu@gmail.com“. Drohmails dieser Art sind längst keine Einzelfälle mehr. Die politische Kultur in Deutschland verändert sich nicht nur, vielerorts ist sie auf dem Rückzug. Besonders betroffen ist die kommunale Ebene.
Immer häufiger geraten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ins Visier radikalisierter Gruppen. Die politischen Entscheidungstragenden in Städten und Gemeinden sind näher, unmittelbarer – und damit auch angreifbarer. Während Mandatsträgerinnen und -träger der Landes- und Bundesebene meist noch recht gut geschützt werden können, bleiben Ratsmitglieder, Beigeordnete und ehrenamtlich Tätige oft schutzlos zurück. Die Morddrohungen gegen Constance Arndt (Bürger für Zwickau), die Attacken auf Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und der Mordanschlag auf Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) sind nur die sichtbarsten Zeichen einer sich stetig zuspitzenden Entwicklung.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass Kommunalpolitikerinnen und -politiker in unserem Land zu Fußabtretern der Frustrierten werden.“
Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident
Alarmierende Datenlage
Aktuelle Studien bestätigen den subjektiven Eindruck der Bedrohten. Laut dem jüngst veröffentlichten OB-Barometer 2025 des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu)
stuft eine überwältigende Mehrheit der befragten Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister „Demokratieskepsis und Rechtspopulismus“ als eine der größten kommunalen Herausforderungen ein – erstmals abgefragt, steht es sofort auf Platz vier der wichtigsten Themen: 80 Prozent bewerten das Phänomen als „große“ oder „sehr große Herausforderung“.
Eine aktuelle Umfrage der Körber-Stiftung zeigt noch deutlichere Bruchlinien: Ein Viertel aller befragten Kommunalpolitiker gibt an, bereits Beleidigungen oder Bedrohungen erlebt zu haben. Besonders alarmierend: 80 Prozent fühlen sich durch Polizei oder Justiz nicht ausreichend geschützt. Frauen würden in absoluten Zahlen zwar seltener beleidigt und bedroht – allerdings hauptsächlich deshalb, weil sie deutlich seltener hohe politische Ämter bekleideten. Dafür würden sie spezifisch sexualisiert beleidigt und herabgewürdigt, so der Leiter des Bereichs Demokratie und Zusammenhalt der Körber-Stiftung, Sven Tetzlaff. Den Daten zufolge berichten Politik und Verwaltung in größeren Städten sowie in den neuen Bundesländern zudem häufiger von demokratiefeindlichen Tendenzen und Desinformation in ihren Kommunen.
Multiple Erklärungsmuster
Tetzlaff sieht eine besondere Beteiligung der Sozialen Medien an der fortschreitenden Polarisierung. Die Plattformen dienten vielen Nutzenden als „Inkubatoren des Hasses“. Er fordert deshalb eine stärkere Regulierung der Betreiber.
Der wichtigere Grund für die sich Bahn brechende Frustration vieler Menschen sei aber die zunehmende Wahrnehmung staatlicher Institu-
tionen als nicht handlungsfähig. Dazu trage insbesondere das Zusammenspiel aus überbordender Bürokratie, Personalnot und mangelnden finanziellen Spielräumen bei: „Ohne ausreichende Mittel gibt es kaum Handlungsspielräume. Das schwächt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und gibt demokratiefeindlichen Stimmen weiter Auftrieb“, so Tetzlaff Über die letzten Jahre sei das Verständnis für deliberative Prozesse immer weiter geschrumpft und durch die Erwartung einer „Amazon-Demokratie“ ersetzt worden, welche primär der unmittelbaren persönlichen Bedürfnisbefriedigung dienen solle. Experten der Körber-Stiftung empfehlen deshalb schon seit Jahren einen Ausbau der altersunabhängigen politischen Bildungsarbeit. Auch sieht Tetzlaff im Vergleich zur Landes- und Bundespolitik ein deutliches Schutzdefizit bei kommunalen Mandatsträgern, das behoben werden müsse. Dafür seien auch verfassungsrechtliche Nachschärfungen notwendig: Besonders die Kommunalverfassungen müssten „populismus- und extremismusfest gemacht werden“, so Tetzlaff Verrohung und steigende Gewaltbereitschaft
Die Liste der Vorfälle ist lang. In Nordrhein-Westfalen wurden insbesondere im Rahmen des Bundestagswahlkampfes wiederholt Wahlkreisbüros attackiert. In Sachsen musste eine Bürgermeisterin nach anhaltenden Bedrohungen ihr Amt niederlegen. In Brandenburg wurde die Landtagskandidatin Adeline Abimnwi Awemo (CDU) vergangenen Sommer rassistisch beleidigt und tätlich angegriffen, als sie Wahlplakate aufhing. Ein großer Teil der
Bedrohungen ist laut Verfassungsschutz rechtsextrem motiviert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigte im März 2025, dass sich die Täter häufig im Umfeld von Telegram-Gruppen oder Querdenker-Foren bewegen. Die jüngste Entscheidung, die AfD bundesweit als gesichert rechtsextremistisch einzustufen, dürfte laut Experten auch Auswirkungen auf das Mobilisierungspotenzial radikalisierter Akteure haben.
„Das schwächt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und gibt demokratiefeindlichen Stimmen weiter Auftrieb.“
Sven Tetzlaff, Körber-Stiftung
Die Auswirkungen der Bedrohungslage zeigen sich auch jenseits von Polizeistatistiken: Immer mehr ehrenamtlich Engagierte ziehen sich zurück. Nachwuchs für kommunale Gremien wird rar. In ländlichen Räumen bleiben zentrale Posten wie Bürgermeister- oder Kämmerer immer öfter unbesetzt – nicht aus Mangel an Kompetenz oder Bereitschaft, sondern aus Angst. Ein Appell an Bund und Länder Einige Städte ergreifen eigene Maßnahmen. In Freiburg, Leipzig und Hannover wurden Schutzkonzepte für Ratsmitglieder eingeführt,
darunter vertrauliche Meldewege, psychologische Beratung und Sicherheitstrainings. Der Deutsche Städtetag (DST) fordert zudem eine gesetzlich verankerte Pflicht zur Strafverfolgung bei Bedrohungen gegen Amts- und Mandatsträger. Derzeit bleibe vieles im Ermessensspielraum der Justiz. Auch gebe es eine hohe Dunkelziffer – viele Angriffe würden erst gar nicht gemeldet. 2021 wurde seitens Körber-Stiftung, DST und Deutschem Städteund Gemeindebund (DStGB) zudem die Initiative „Stark im Amt“ ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist die Unterstützung von Politikbetreibenden der kommunalen Ebene. Das Portal bietet Informationen, Prävention, Orientierung und Handlungsoptionen für Betroffene von Hass, Hetze und Gewalt. Auch ein „Kodex der guten Diskussionskultur“ wurde erarbeitet. Bundespräsident und Schirmherr der Initiative, FrankWalter Steinmeier findet bei der Vorstellungsveranstaltung deutliche Worte: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Kommunalpolitikerinnen und -politiker in unserem Land zu Fußabtretern der Frustrierten werden. Unsere Gesellschaft muss auf die Verrohung reagieren. Wir müssen verlorene Zivilität zurückerobern.“ Die Initiative sei ein guter Anfang, so der Bundespräsident. Während sich die Sicherheitslage verschärft, geraten viele Kommunen auch fiskalpolitisch unter Druck. Mittel für Prävention, politische Bildung oder Demokratieförderung sind oftmals die ersten, die gekürzt werden – ein fataler Kreislauf. Die kommunale Ebene sei das „Rückgrat der Demokratie“, heißt es im jüngsten Positionspapier des DStGB. Doch dieses Rückgrat droht zu brechen, wenn es zwischen Bedrohung und Budgetnot zerrieben wird.
Foto: BS/Mannheim
Behörden Spiegel: Mannheim verfolgt mit dem Local Green Deal ein sehr ambitioniertes Ziel: Klimaneutralität ab 2030. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus – welche Erfolge konnten Sie bereits erreichen?
Christian Specht: Unsere Zwischenbilanz zeigt: Mannheim meint es ernst mit dem Ziel der Klimaneutralität. Wir treiben die Energiewende, die Wärmewende und die Verkehrswende voran. Für die Energiewende setzen wir zum Beispiel auf den Ausbau der Photovoltaik und die Nutzung der Tiefengeothermie. Für die Wärmewende haben wir als eine der ersten Städte eine kommunale Wärmeplanung entwickelt, die auf Fernwärme und Wärmepumpen mit regenerativem Strom setzt – fossile Energiequellen wie Öl und Gas werden absehbar keine Zukunft für die Heizung von Wohnungen haben. Das hat zunächst bundesweit Aufsehen erregt, aber nach und nach kommen immer mehr Städte und Gemeinden zu dem gleichen Ergebnis. Unser regionaler Energieversorger MVV unterstützt uns bei unseren Bemühungen und wird schon bis 2030 die Fernwärme in Mannheim komplett klimaneutral machen. Bereits jetzt heizen Mannheimer Haushalte mit Abwärme aus der thermischen Abfallbehandlung. Seit 2023 laufen in Mannheim eine der größten Flusswärmepumpen Europas, eine Phosphorrecyclinganlage, und ein Biomasseheizkraftwerk. Bald kommen weitere Flusswärmepumpen und Tiefengeothermie hinzu. Für die Verkehrswende haben wir einen Masterplan Mobilität entwickelt – mit dem Ziel, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Wege noch mehr zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV zurücklegen oder nachhaltige Mobilitätsformen mit neuen Antriebstechnologien nutzen.
Behörden Spiegel: Die Umsetzung solch ehrgeiziger Vorhaben gelingt nicht ohne die breite Unterstützung von Unternehmen, Initiativen und Bürgerinnen und Bürgern. Wie schaffen Sie es, diese vielfältigen Akteure aktiv einzubinden?
Seit
2022 wurde der Berliner DDRBau Haus der Statistik saniert, nun sind die ersten Teile des Gebäudes bezugsfertig: 350 Mitarbeitende des Finanzamts Berlin-Mitte/Tiergarten werden hier demnächst ihre Büros beziehen und genießen damit das Privileg der ersten Nutzenden. Die restlichen Räume des 46.000 Quadratmeter umfassenden, 1968 errichteten Gebäudekomplexes sollen bis Ende des Jahres bezugsfertig sein, 1.400 Menschen werden in dem historischen Bau dann wohnen und arbeiten.
Schadstoffe in Spezialverfahren eingekapselt
Für die Sanierung zeichnete die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verantwortlich: Für 245 Millionen Euro machte sie das historische Gebäude wieder nutzbar. Für eine besondere Herausforderung während des Umbauprozesses sorgte die Schadstoffbelastung durch Asbest, das in statisch tragenden Gebäudeteilen verbaut und somit nicht zu entfer-
VIER Fragen– VIER Antworten
Interview mit Christian Specht, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim
Mission Klimaneutralität
Mannheims Plan für eine nachhaltige Zukunft
(BS) Die Stadt Mannheim will ab 2030 klimaneutral sein – und ist auf dem besten Weg. Oberbürgermeister Christian Specht spricht über Fortschritte, Herausforderungen und warum der Local Green Deal nicht einfach irgendein Konzept, sondern Motor einer gesamtstädtischen Transformation ist. Die Fragen stellte Julian Faber.
Die Mannheimer Augustaanlage – zentrale Achse der Stadt und frühes Symbol nachhaltiger Stadtentwicklung. Foto: BS/Leonhard_Niederwimmer, pixabay.com
Specht: Es ist ganz klar: Ohne die breite Beteiligung der gesamten Stadtgesellschaft – von Unternehmen über Vereine bis zu engagierten Einzelpersonen – können wir die Transformation nicht schaffen. Dabei ist entscheidend, dass wir das wirtschaftliche Potenzial des Standorts erhalten und gleichzeitig neue Wachstumsperspektiven aus den Anstrengungen für die Klimaneutralität schaffen.
Dafür suchen wir aktiv den Dialog mit allen Gruppen, hören zu und machen konkrete Unterstützungsangebote. Der persönliche Austausch, die individuelle Begleitung von Projektideen und die Verlässlichkeit in der Kommunikation sind zentrale Erfolgsfaktoren. Mit über 230 veröffentlichten Local Green Deals haben wir schon viele wichtige Projekte initiiert und sichtbar gemacht – gemeinsam mit Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Akteu-
ren und Bürgerinnen und Bürgern. Im Moment stehen wir mit über 80 Unternehmen, zahlreichen Netzwerken und Initiativen in engem Austausch, um weitere Deals schließen zu können. Über unseren Klimafonds und unsere Klimaschutzagentur fördern wir Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung mit jährlich über fünf Millionen Euro.
Behörden Spiegel: Mit Projekten wie dem Hitachi Columbus Campus oder der Photovoltaik-Offensive entstehen konkrete Leuchttürme der Transformation. Wo sehen Sie künftig die größten Herausforderungen bei der weiteren Umsetzung?
Specht: Solche Leuchtturmprojekte sind sehr wichtig – sie zeigen, dass Wandel möglich ist und inspirieren zur Nachahmung. Zugleich sehen wir, dass die Umsetzung der gesamtstädti-
schen Transformation mit komplexen Herausforderungen verbunden ist. Jedes unserer acht Aktionsfelder –von Mobilität bis Biodiversität – bringt spezifische Anforderungen mit sich. Die größten Herausforderungen sehe ich aktuell in der Koordination der unterschiedlichen Akteure, der Bewältigung von komplexen Planungsund Genehmigungsprozessen sowie in der nachhaltigen Finanzierung der Projekte. Die organisatorischen Aspekte können wir in der Kommune zum größten Teil erfüllen – indem wir zum Beispiel Genehmigungen im Rahmen der Möglichkeiten beschleunigen und Planungen wo immer möglich vereinfachen. Aber es fehlt an Unterstützung von EU, Bund und Land. Nur mit den notwendigen finanziellen Mitteln können wir das Ziel der Klimaneutralität zeitnah erreichen und anderen Städten und Gemeinden Wege dafür aufzeigen.
Neue Räume für Berliner Finanzbeamte
Haus der Statistik nach drei Jahren Sanierung bezugsfertig
(BS/Anne Mareile Moschinski) Die landeseigene Immobiliendienstleisterin BIM hat den ersten Teil des runderneuerten Gebäudes zur Nutzung an Verwaltungsmitarbeitende übergeben: Ein erster Rundgang durch das sanierte Haus.
Drei Jahre lang wurde der geschichtsträchtige DDR-Bau Haus der Statistik saniert. Nun sind die ersten Gebäudeteile bezugsfertig und bieten Raum für 350 Mitarbeitende aus dem Finanzamt Berlin-Mitte/Tiergarten. Fotos: BS/Moschinski
Behörden Spiegel: Ihr Leitbild „Mannheim 2030“ orientiert sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen. Was möchten Sie bis zum Ende Ihrer Amtszeit erreichen, damit Mannheim künftig als Modellstadt für nachhaltige Entwicklung wahrgenommen wird?
Specht: Die Europäische Union hat Mannheim als erste deutsche Stadt mit dem Mission Label für klimaneutrale und intelligente Städte ausgezeichnet. Damit drückt die EU ihre Anerkennung für die erfolgreiche Entwicklung eines StadtKlimaVertrags (Climate City Contract, CCC) aus, der die Gesamtvision der Stadt Mannheim für Klimaneutralität umreißt und einen Aktionsplan dafür enthält. Leider sind mit der Auszeichnung keine Fördermittel von EU, Bund oder Land verbunden, um den Aktionsplan umsetzen zu können.
Dennoch will ich in meiner Amtszeit Mannheim auf dem Weg der Transformation in eine klimaneutrale Zukunft ein großes Stück voranbringen. Dazu erweitern wir das Leitbild des Local Green Deal um das Thema Green Industrial Deal. Denn die internationale Wettbewerbsfähigkeit für eine Wirtschaft in der Transformation ist zentral für die Frage der Vorbildfunktion unseres Wegs zur Klimaneutralität. Ohne ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökonomischer Prosperität, sozialer Verantwortung und ökologischer Wirkung wird es uns nicht gelingen, weltweit viele Nachahmer für unseren Klimakurs zu gewinnen.
nen war. Infolgedessen wurden die Schadstoffe „eingekapselt“ und mit Hilfe von Versiegelungen rückgebaut, was für eine Verzögerung der Sanierungsarbeiten um drei Monate sorgte. Während des RückbauProzesses wurden die bestehenden Stahlbeton-Skelettstrukturen erhalten und an moderne Anforderungen angepasst.
Nutzung von Abwasserwärme und Photovoltaikanlagen
Das neue Berliner Verwaltungsgebäude ist mit einer klimafreundlichen Energieversorgung ausgestattet: Die Wärme- und Kälteversorgung basiert auf der Nutzung von Abwasserwärme, drei Photovoltaik-Anlagen wurden auf der Dachfläche installiert. Es gibt vier Ladepunkte für E-Fahrzeuge sowie vier Ladeschränke für Pedelecs. Durch das nachhaltige Energiemanagement würden 446 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart, erklärte BIM-Geschäftsführerin Birgit Möhring. Das Haus der Statistik solle ein „Zukunftsort mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten“ werden.
Das Problem ist, dass viele Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, wie der Müll richtig getrennt wird. Das beginnt schon bei der Wahl der Mülltüte – selbst kompostierbare Plastiktüten sind oft unerwünscht. So erklärt die Stadtverwaltung Ludwigshafen, dass selbst „biologisch abbaubare“ Kunststofftüten als Mikroplastik mit frischem Kompost auf die Felder und damit in unsere Nahrungsmittel und ins Grundwasser gelangen. Daher gilt seit Mai 2025 in ganz Deutschland ein konkreter Grenzwert für den angelieferten Biomüll – maximal zwei Prozent Kunststoff dürfen enthalten sein. Die Verordnung richtet sich jedoch nicht an die Erzeuger, sondern an die Entsorger, die den Müll prüfen müssen.
Mehraufwand kompensieren
Die Stadt spricht von erheblichem Mehraufwand, der über höhere Gebühren an die Abfallgebührenzahlenden weitergegeben werde. Damit sind dann aber auch die Bürgerinnen und Bürgern gefragt, ihren Beitrag zur Reinheit des Bioabfalls zu leisten.“ Mit der Kontrolle von Bioabfallbehältern habe der Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen (WBL) allerdings schon im April 2023 begonnen und fehlbefüllte Behälter seien mit Fotos dokumentiert und stehen gelassen worden. Wenn Bürger dies reklamieren wollten, könne man so das Fehlverhalten konkret aufzeigen und beraten. „Es ist festzustellen, dass der Anteil der nicht geleerten Gefäße im gesamten Stadtgebiet seitdem zurückgeht“, so der Sprecher der Stadt. Jedoch seien weitere Kontrollen nötig, die aus Kostengründen nicht alle manuell
KI für die Tonne?
Unterstützung für die Abfallsortierung
(BS/Scarlett Lüsser) Der Abfall aus der Biotonne ist für den einen nur Müll, für den anderen aber ein wertvoller Rohstoff. Denn neben Komposterde kann daraus auch Biogas zur Energie-, Wasserstoff- und Wärmegewinnung erzeugt werden.
Allerdings ist dafür die Qualität der Abfälle ausschlaggebend – und die entscheidet sich schon im eigenen Haushalt.
erfolgen könnten, weshalb der WBL seit diesem Jahr ein Sensorsystem im Abfallsammelfahrzeug teste. Hierbei werde der Inhalt der offenen Tonne in der Aufwärtsbewegung im Sammelfahrzeug analysiert. So könne unter anderem mithilfe eines Algorithmus und eines einstellbaren Kontaminationsgrades (null bis 100) das Biogut noch vor dem Leerungsvorgang geprüft und gegebenenfalls ungeleert bleiben. Bisher habe der WBL ein Sammelfahrzeug zu Testzwecken mit dieser KI-gestützten Technologie
Neulich …
… suchte ich die berühmte Stecknadel im Heuhaufen. Wo hat sich der Klimaschutz im Koalitionsvertrag der Unionsparteien mit der SPD versteckt? Bereits im Wahlkampf war dieses Thema nie an prominenter Stelle platziert. In jedem Jahr nehmen die Wetterextreme zu. Die dramatischen Bilder der Flutkatastrophe im Ahrtal sind noch nicht vergessen. Wir gewöhnen uns an Trockenperioden im Sommer, an großflächige Waldbrände und besorgniserregendes Niedrigwasser in vielen Gewässern. Mit erstaunlichem Fatalismus fragen wir uns, welche Regionen in diesem Jahr überflutet werden. Bei der Beseitigung der Schäden wird es das Sondervermögen Infrastruktur schon richten. Wer das neue Koalitionspapier von Union und SPD aufschlägt und den Klimaschutz sucht, findet: fast nichts.
Große Worte, kleine Kapitel Was ist da passiert? Die Antwort ist so einfach wie bitter: Klimaschutz stört. Er stört die große Erzählung von „Verantwortung für Deutschland“, die sich das neue Regierungsbündnis auf die Fahnen schreibt. Verantwortung, ja – aber bitte ohne unbequeme Wahrheiten, ohne die Zumutung, dass sich wirklich etwas ändern müsste. Ein Versehen? Mitnichten. Es ist ein Statement. Wirtschaft und Grenzkontrollen sind wichtiger als die-
Foto: BS/privat
ses lästige Klimathema. Die Worte „Klimawandel“ und „Klimaschutz“ fehlen sogar in der Präambel, dem dreiseitigen Schaufenster der politischen Ambitionen. Immerhin bekennt sich die Koalition zur Klimaneutralität bis 2045 – aber nur, solange es nicht weh tut. Acht magere Alibi-Seiten widmet der Vertrag dem Klimaschutz – in einem Dokument, das über 140 Seiten stark ist. Das ist nicht nur symbolisch, sondern auch inhaltlich ein Armutszeugnis. Klimaschutz taucht nicht als eigenständiges Ziel auf, sondern versteckt sich im Kapitel „Wirtschaftswachstum“. Er darf höchstens mitlaufen, solange er nicht stört. Die „Transformation des Energiesystems“ wird zwar beschworen, doch gleichzeitig werden neue fossile Gaskraftwerke geplant und die Gasförderung im Inland soll ausgebaut werden. Das ist, als würde man einen Brand mit Benzin löschen wollen.
Heizgesetz weg – Problem gelöst? „Habecks Heizungshammer“ war zwar schlussendlich nicht so einschneidend wie das Gesetz von Horst Seehofer, welches bereits ab 2024 neue Öl- bzw. Gasheizungen verbieten wollte. Aber natürlich muss das Heizungsgesetz „weg“ und das Volk ist beruhigt. Ein sozial gestaffeltes Klimageld? Fehlanzeige. Stattdessen gibt es steuerliche Vorteile für E-Autos, vor allem für Dienstwagen. Das hilft einem wohlhabenden Klientel, welches sich auch ohne Förderung solche Fahrzeuge leisten könnte. Besonders feige ist man beim Verkehrssektor als größtes deutsches Sorgenkind des Klimaschutzes. Das Deutschlandticket bleibt, wird aber teurer. Die Luftverkehrssteuer wird gesenkt und die Pendler-
ausgestattet und plane, sämtliche Fahrzeuge nach Abschluss der Pilotphase aufzurüsten. Zusätzlich finde auch „eine kameragestützte Kontrolle der Bioabfallanlieferungen an der Umladestelle in Mutterstadt statt.“
Von der Erprobung bis zur Praxis Auch München testet seit April in einem sechsmonatigen Pilotprojekt den Einsatz von KI-unterstützten Mülleinsammelfahrzeugen. Dabei „erfassen Kameras während des Leerungsvorgangs den Inhalt der
pauschale erhöht. Das Tempolimit ist in Deutschland sowieso ein Tabuthema wie das Waffenverbot in den USA.
Schöner scheitern CO2-Einsparungen im Ausland will man sich anrechnen lassen und schnell hat man sich mit Rechentricks aus der Verantwortung gestohlen. Die Botschaft: Hauptsache, die Bilanz stimmt auf dem Papier – egal, wie es in der Realität aussieht. Das ist Klimapolitik nach dem Motto „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“. Klimaschutz ist eben unbequem und teuer. Er kostet Wählerstimmen in Zeiten, in denen diese EinThemen-Partei erstarkt und die Wirtschaft schwächelt. In solchen Momenten sucht Politik gerne den kleinsten gemeinsamen Nenner. Der heißt eben nicht Klimaschutz, sondern Status quo. Wer Klimaschutz im Koalitionspapier sucht, findet vor allem eines: die Angst vor dem Change. Eine Veränderung entnehme ich dem Papier sinnbildlich aber dann doch. Zum Mittagstisch wird es in Kitas und Schulen endlich wieder Leberkäse statt Tofu geben… was ja auch noch nie verboten war.
Biotonnen. Die Bilder werden mit einer selbstlernenden Bilddatenbank abgeglichen, um Fremdstoffe zuverlässig zu erkennen“, erklärt eine Sprecherin der Stadt. Sobald ein Fremdstoff erkannt werde, würde eine Lampe im Fahrzeug aufleuchten und den Fund signalisieren. Bei dem Projekt gehe es aber rein um die technische Erprobung, um herauszufinden, welche Kombination aus Bilderkennung und KI die zuverlässigsten Ergebnisse liefere. Getestet würden aktuell drei verschiedene KI-Syteme an insgesamt fünf Fahrzeugen. Ob die Stadt die Technologie dann künftig einsetzen möchte, sei derzeit noch offen. Überzeugt ist hingegen schon Pforzheim. Die Stadt begann schon im April 2024 mit dem Einsatz von KI-gestützten Sammelfahrzeugen. Die bisherigen Erfahrungen seien durchweg positiv, erklärt Michael von Rüden, Abteilungsleiter der Abfallwirtschaft Pforzheim. Auch hier werde beim Anheben der Tonne die Oberfläche erfasst, per KI verarbeitet und nach dem Entleeren
erneut geprüft. „Diese zweistufige Erkennung ermöglicht eine präzise Auswertung und eine gezielte Ansprache, um die Bioabfallqualität nachhaltig zu verbessern“, so von Rüden. Pforzheim suche in erster Linie das Gespräch mit den falsch trennenden Bürgern. Oft verbessere sich das Trennverhalten – denn viele fielen auch in Pforzheim auf die Plastiktüten herein. Viele seien um die Hinweise dankbar und änderten ihre Trenngewohnheiten. Sollte aber jemand beratungsresistent sein und trotz mehrerer Hinweise gegen die Vorgaben der Bioabfalltrennung verstoßen, sehe der rechtliche Rahmen bei entsprechender Sachlage auch ordnungsrechtliche Konsequenzen vor.
KI kann mehr
Doch nicht nur die Qualität der Bioabfälle profitiert von der Ausstattung mit Künstlicher Intelligenz. Denn das KI-Leuchtturmprojekt RecycleBot ist ein neu entwickelter Sortierroboter, der „mithilfe von CNN-basierter Bilderkennung Kunststoffe im Gelben Sack identifiziert und klassifiziert“ und mit einem Roboterarm gezielt vom Förderband greift, erklärt Prof. Dr. Doris Aschenbrenner. Sie ist Professorin für Digitale Methoden in der Produktion an der Hochschule Aalen und zusammen mit Prof. Dr. Iman Taha für das Projekt verantwortlich. Das Besondere an diesem Recyclingroboter sei der Humancentered-Design-Ansatz: Er sei darauf ausgelegt, an manuellen Arbeitsplätzen im Kunststoffrecycling die Mitarbeitenden im Sinne von hybrider Intelligenz zu unterstützen. Dies sei aber nicht die einzig denkbare Anwendungsmöglichkeit – er könne etwa auch in der Sortierung von Industrieabfällen oder im Gastronomiebereich wie FastFood-Ketten zum Einsatz kommen. Ein Prototyp sei ebenfalls schon vorhanden: Ein aktueller Prototyp war bspw. schon in der Tagesschau zu sehen. „Derzeit arbeiten wir an einer industrietauglichen Version des RecycleBots, die noch in diesem Jahr in einer realen Abfalltrennungsanlage pilotiert werden soll“, so Aschenbrenner
Was früher mühselig von Hand sortiert werden musste, kann nun bequemer mit KI-Hilfe erledigt werden. Foto: BS/Jérôme Rommé, stock.adobe.com
Rolf Hartmann war von 2004 bis 2020 Bürgermeister der Gemeinde Blankenheim.
Kolumne Hartmann
Behörden Spiegel: Die sich verändernden klimatischen Bedingungen bringen auch das Ökosystem Wald durcheinander. Was können Forstverwaltungen tun, um Schäden abzumildern und wie sollte ein „Umbau“ unserer Wälder aussehen?
Prof. Dr. Pierre Ibisch: Zunächst einmal: Wälder kann man nicht umbauen. Viele konventionelle Herangehensweisen an die Waldbewirtschaftung funktionieren nicht mehr. Vielfach wurden und werden Wälder als Plantagen gepflanzt, um sie effizient zu betreiben. Das hat uns große Probleme eingebracht: Wir haben dadurch sogenannte Altersklassewälder bekommen – alle Bäume sind gleich alt. Große Waldflächen sind homogen und vulnerabel gegen Störungen aller Art, erst recht in der aktuellen Klimakrise. Vor dem Hintergrund unserer Kenntnisse ist es fahrlässig, den Anbau einer Baumart, die hierzulande gerade scheitert – wie die Fichte – durch andere, vermeintlich robustere Nadelbäume zu ersetzen, die hier nicht heimisch sind, wie die Douglasie oder die japanische Lärche. Da werden die „Kalamitätswälder“ von morgen gepflanzt.
Behörden Spiegel: In vielen Regionen sind Forstverwaltungen dazu angehalten, Mischwälder anzupflanzen. Ist damit eine bessere Anpassung gewährleistet?
Ibisch: Die Maßgabe, Mischwälder anzubauen, gibt es schon lange. Allerdings hat sich die Umsetzung immer schwierig gestaltet, aufgrund von Zwängen ökonomischer Art. Die Holzindustrie fragt bestimmte planbare Sortimente nach, sie hat sich auf bestimmte Durchmesser von Nadelbaumholz, auf bestimmte Eigenschaften für die Konstruktion und Nutzung eingestellt. Mit einem Laubwald lässt sich das nicht gleichermaßen bedienen. Allerdings ist der Klimawandel in eine derartig kritische Phase eingetreten, dass man sagen muss: Nadelbaumforsten sind keine Option mehr – auch nicht, wenn sie aus
Der Wald braucht mehr Holz für sich
Die Klimakrise und ihre Implikationen für die Forstverwaltung (BS) Lange Hitzeperioden, wenig Niederschlag, trockene Böden. Wie Forstverwaltungen den Wald an den Klimawandel anpassen sollten, erklärt Prof. Dr. Pierre Ibisch, Professor für Sozialökologie der Waldökosysteme an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. Die Fragen stellte Anne Mareile Moschinski.
Die Anpassung des Waldes an den Klimawandel vertrage sich nicht mit einer intensiven Holznutzung und die Bewirtschaftungsregeln innerhalb der Verwaltung orientierten sich an überkommenen Nachhaltigkeitsvorgaben, sagt Prof. Dr. Pierre Ibisch.
„Wunderbäumen für den Klimawandel“ bestehen, die es ohnehin nicht geben kann.
Behörden Spiegel: Können Sie das genauer erklären?
Ibisch: Der Klimawandel ist komplexer als viele denken. Wir entdecken immer noch neue Mechanismen, die die Erderwärmung beschleunigen und die Wälder schädigen. Es wird auch nicht einfach nur wärmer.
Kürzlich wurde zum Beispiel belegt, dass die Bewölkung erheblich zurückgegangen ist. Das ist beunruhigend, weil dadurch wesentlich mehr Sonnenenergie auf die Erdoberfläche gelangt. Die Hitze wird größer, gleichzeitig fehlt der Regen.
trocknende Wirkung der Luft exponentiell zu. Hitze, Trockenheit und Vegetationsschädigung verstärken sich gegenseitig. Wenn man das alles ernst nimmt, müssten unsere Wälder längst anders aussehen. Aber das verträgt sich nicht mit einer intensiven Holznutzung. Wo jetzt Bäume neu gepflanzt werden, brauchen sie Jahrzehnte, um groß zu werden – wenn sie überhaupt anwachsen.
Behörden Spiegel: Was raten Sie kommunalen wie privaten Waldbesitzern?
Ibisch: Angesichts der Klimakrise empfehle ich einen schonenden Umgang mit dem Ökosystem. Wichtig
BS/Milan, stock.adobe.com
Kronendach geschlagen werden, wird es noch schneller kritisch. Totholz sollte im Wald verbleiben, denn es trägt erheblich zur Bodenbildung und zur mikroklimatischen Pufferung bei.
Behörden Spiegel: Sind die Bewirtschaftungsregeln in den Forstverwaltungen denn an die klimatischen Erfordernisse angepasst oder sehen Sie hier Nachbesserungsbedarf?
alles auf einmal: Jede Menge Holz aus dem Wald holen und gleichzeitig Klima und Ökosystem schützen. Behörden Spiegel: Sind der Katastrophenschutz, die Waldbrandbekämpfung ausreichend auf den Klimawandel vorbereitet?
Ibisch: Beim waldbezogenen Katastrophenschutz gibt es noch Defizite. Wir haben wir vor allem in den Kieferforsten im Nordosten Deutschlands eine hohe Waldbrandgefahr. Zwar wurde auch schon einiges in die Früherkennung investiert, aber ich würde mir wünschen, dass noch systematischer Risiken kartiert und konkrete Pläne für den Ernstfall gemacht werden. Dabei ist neben dem Waldbrand auch der Schutz vor weiteren Katastrophen relevant, z. B. vor Überflutungen infolge von Starkregen.
Behörden Spiegel: Mit welchen langfristigen Veränderungen durch den Klimawandel rechnen Sie?
Ibisch: In ganz Deutschland sehen wir schon, wie es aussieht, wenn zuvor häufige Baumarten absterben und die Waldeigentümer große Flächen kahlräumen. Bislang sind es vor allem die Fichten, die ausfallen. Aber auch den Kiefern und anderen Arten wird es hier irgendwann zu heiß. Es gibt sehr beunruhigende Schreckensszenarien, mit denen wir rechnen müssen. Aber das muss uns anspornen, den Klimaschutz beherzter anzugehen. Das, was wir bisher tun, reicht schlicht nicht aus – weder in der Landwirtschaft noch in der Forstwirtschaft oder in anderen Sektoren. Wenn die Klimakrise ungebremst weiterläuft, wie es sich jetzt abzeichnet, reden wir am Ende des Jahrhunderts nicht mehr über Forstwirtschaft. Dann reden wir über vieles nicht mehr, was uns jetzt normal erscheint. Das gilt es mit allen Mitteln zu vermeiden.
Einen guten Schritt vorwärts macht beispielsweise die Stadt Köln mit ihrer erst kürzlich abgeschlossenen ersten Stufe auf dem Weg zur neuen Mobilitätsstrategie „Besser durch Köln“. Nach der nun abgeschlossenen Strategieentwicklung sollen diese Strategien im Herbst 2025 mit konkreten Maßnahmen sowie Zeitplänen, Budgets und Priorisierungen verknüpft werden. Die identifizierten Handlungsfelder haben z. B. das Ziel, den ÖPNV leistungsfähiger und attraktiver zu machen und gleichzeitig den motorisierten Individualverkehr zu senken. Bei der Stadt- und Verkehrsplanung sollen die Anforderungen an eine nachhaltige Mobilität angepasst werden. Das Lob für diese Planung sprach Wuppertals Oberbürgermeister und Verbandsvorsteher des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR), Prof. Dr. Uwe Schneidewind, auf dem diesjährigen NRW-Mobilitätsforum aus. Für ihn ist klar, dass die Mobilitätswende
„Wenn es so kommt, wie es sich jetzt abzeichnet, reden wir am Ende des Jahrhunderts nicht mehr über Forstwirtschaft.“
Niederschlag fällt an wenigen Tagen als Starkregen und nützt dem Wald weniger. Die Volatilität des Klimas nimmt zu. Wenn die Temperatur ansteigt, nimmt parallel die aus-
ist, die Struktur des Waldes so zu belassen, wie sie ist, keine Strukturen entfernen, die Schatten spenden oder zur Kühlung und Wasserrückhaltung beitragen. Wenn große Löcher ins
Ibisch: Die Bewirtschaftungsregeln orientieren sich schon an überkommenen Nachhaltigkeitsvorgaben. Früher ging es vor allem darum, nicht mehr aus dem Wald herauszunehmen als nachwachsen kann. Es wäre schön, wenn wir erst einmal das wieder hinbekämen. Denn im Moment ist es so, dass z. B. von der Fichte mehr Holz geerntet wird als nachwächst. Ein zeitgemäßes Nachhaltigkeitsversprechen bedeutet, dafür zu sorgen, dass sich der Wald weiterentwickelt und auch in der Klimakrise nicht massiv an Resilienz und Resistenz verliert. Je heißer es wird, je mehr Extremwetterereignisse auftreten, desto mehr Holz braucht der Wald für sich selbst. Es gibt im Rahmen des vom Bund aufgelegten Aktionsprogramms „Natürlicher Klimaschutz“ schon wichtige Förderprogramme, die eine wald- und klimafreundliche Bewirtschaftung fördern. Es geht nicht
Mobilitätswende marsch!
NRWs Städte gehen mit gutem Beispiel voran (BS/Scarlett Lüsser) Ob nun der tägliche Weg zur Arbeit, der Einkauf in der Stadt oder der Schulweg der Kinder: Mobilität betrifft alle – und sie entscheidet über die Lebensqualität vor Ort. In den Kommunen spüren Bürgerinnen und Bürger ganz konkret, ob Busse pünktlich kommen, Radwege sicher sind und Ziele gut erreichbar bleiben. Gerade in Nordrhein-Westfalen braucht es daher zwischen Metropolregionen, Mittelzentren und dem ländlichen Raum Lösungen, die nicht nur funktionieren, sondern auch klimagerecht und zukunftsfähig sind.
nur mithilfe einer solch offenen Haltung vorangetrieben werden kann.
Jetzt ist der Zeitpunkt, um die toxische Haltung der letzten drei Jahre zu durchbrechen, um von dem Gedanken wegzukommen, dass in Deutschland ohnehin nichts vorwärts gehe.
Ohne Förderung geht nichts
Jedoch geht es nicht vorwärts, solange keine Förderungen von Bund und Land kommen, weiß Sabine Schnake, Geschäftsführerin der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) mobil GmbH. Gerade bei der Antriebswende könne Wuppertal z. B. die
teure Anschaffung von Wasserstoffbussen nicht allein stemmen, um die von der Stadt geplante Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen. Die Stadt habe wegen der langen Wege, die die Busse in den steilen Wuppertaler Straßen zurücklegen müssten, bisher zum Großteil auf Wasserstoffbusse gesetzt. Diese seien aber fast doppelt so teuer wie ein Dieselbus. „Und diese ganzen Kosten – ob es Betriebskosten für Busse, für Schienen sind, ob es Antriebs- oder Infrastrukturkosten sind – fallen im Moment alle auf die Verkehrsunternehmen zurück“, erklärte Schnake, die auch weiß, dass
die Stadt selbst ständig unter das Haushaltssicherungskonzept fällt und dementsprechend wenig Geld vorhanden ist. Wenn die Politik die Wende wirklich wolle, brauche es auch ein klares Bekenntnis und man müsse Geld ins System stecken und sich zugleich auch strategisch überlegen, wie man die Förderungen aufziehen wolle, so Schnake Bund will mehr Mobilität ermöglichen
Zu diesen Themen hatte auch Berlin direkt etwas zu sagen, denn der neue Bundesverkehrsminister, Patrick Schnieder (CDU), hielt seine erste öffentliche Rede per Videozuschaltung auf dem Mobilitätsforum. „Der neuen Regierung ist bewusst, dass wir vor historischen Herausforderungen stehen. Das gilt auch für den Verkehrsbereich.“ Klar sei, dass der Koalitionsvertrag ein Gewinn für eben diesen Bereich sei, da er sich fachlich durch große Kontinuität auszeichne. So sehe der Koalitionsvertrag auch weitreichende Maßnahmen für den ÖPNV vor: „Wir werden z. B. die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Förderung (GVFG) nochmals verbessern, indem wir das GVFG vereinfachen und entbürokratisieren, für innovative Ansätze öffnen, den barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen erleichtern, aber auch die GFVG-Mittel aufstocken und den Fördersatz erhöhen“, erklärte Schnieder. Damit handelt es sich vielleicht noch nicht um ein direktes Bekenntnis, aber immerhin um einen Schritt in die richtige Richtung.
Prof. Dr. Pierre Ibisch forscht und lehrt an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. Foto: BS/privat
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Kinder klettern auf neuen Spielgeräten, Anwohnende diskutieren mögliche Verkehrsberuhigungen und Politikerinnen und Politiker feiern zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern gelungenen sozialen Zusammenhalt. Die Eröffnungsveranstaltung des bundesweiten Tags der Städtebauförderung fand in diesem Jahr im Koblenzer Stadtteil Neuendorf statt. Mit einem bunten Programm und vielfältigen Formaten der Bürgerbeteiligung feierten die Teilnehmenden einen Ort, der sich dank Städtebauförderung sichtbar verändert hat.
Sozialer Zusammenhalt vor Ort
Das Neuendorfer Quartier wird im Rahmen des Programms „Sozialer Zusammenhalt“ gefördert. Zu den Maßnahmen zählen unter anderem die Aufwertung von Freiräumen und Grünflächen, eine Neuordnung der Verkehrsflächen sowie der Bau eines Gemeinschaftszentrums.
„Aus Millionengeldern, die wir als Bundesregierung zur Verfügung stellen, werden die Lebensumstände von so vielen Menschen vor Ort besser“, erklärte Bundesbauministerin VerenaHubertz (SPD). Die Förderprogramme wolle die Bundesregierung in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Ziel des Aktionstages sei es, die Bürger für kommunale Planungsprozesse zu sensibilisieren und die Bedeutung der Städtebauförderung für das alltägliche Lebensumfeld zu unterstreichen. Koblenz Oberbürgermeister David Langner (SPD) drückte seinen Stolz über die positive Resonanz der Bevölkerung aus: „Persönlich beeindruckt hat mich besonders, wie viele Menschen sich hier engagieren. Wir können seitens der Politik nur Rahmenbedingungen schaffen und das Umfeld gestalten, aber die Menschen müssen es mit Leben füllen. Das ist gelungen!“
„Das
ist nicht nur Beton, das ist gebauter Zusammenhalt.“
Michael Ebling, Innenminister von Rheinland-Pfalz
Eine besondere Würdigung durch den Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) erhielt die intergenerationelle Prägung des Stadtteils: „Koblenz-Neuendorf ist ein tolles Beispiel für einen lebendigen und vielfältigen Ort mit vielen Familien. Es ist deswegen genau richtig, dass der Ort im Zentrum der Auftaktveranstaltung steht.“ Innenminister Michael Ebling (SPD) ergänzt, dass das Land seit der Einführung der Städtebauförderung über zwei Milliarden Euro an Fördermitteln bewilligt habe: „Das ist nicht nur Beton, das ist gebauter Zusammenhalt.“
Beteiligung auf Augenhöhe Auch im Rest der Republik präsentierten Städte und Gemeinden an diesem Tag lokale Projekte – ebenso vielfältig wie die Kommunen selbst. Von Quartiersspaziergängen über Informationsveranstaltungen und Nachbarschaftsfeste bis hin zu interaktiven Beteiligungsformaten wurde bundesweit einiges geboten. So drehte sich der Tag in Naumburg in Sachsen-Anhalt ganz um den zentralen Marktplatz der Stadt. Die Bürger waren eingeladen, aktiv an der geplanten Umgestaltung mitzuwirken, die bis 2030 abgeschlossen werden soll. In der saarländischen Landeshauptstadt Saarbrücken wiederum
Städte gestalten Zukunft
Bundesweiter Tag der Städtebauförderung
(BS/Julian Faber) Wie Orte lebendig und Gemeinschaft erlebbar werden, zeigte der Aktionstag von Berlin bis Saarbrücken – mit Koblenz im Zentrum. Mit Bürgerbeteiligung und neuen Ideen setzen Kommunen Impulse für die Städte von morgen.
Moderator Johannes Kuhl, Oberbürgermeister David Langner, Bundesbauministerin Verena Hubertz, Ministerpräsident Alexander Schweitzer und Innenminister Michael Ebling (V. l. n. r.) bei der Eröffnungsveranstaltung in Koblenz-Neuendorf. Foto: BS/Toni Neuman
sprühten ansässige Graffitikünstlerinnen und -künstler eine Illustration des geplanten Erweiterungsbaus der Congresshalle auf eine riesige Leinwand. Flensburg nutzte den Tag, um in einer Bürgerwerkstatt die Planungen zur Entwicklung des Hafen-Ost-Gebietes zu präsentieren. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie aus einem ehemaligen Hafenareal ein klimaneutrales Stadtquartier werden kann.
Auch Nordrhein-Westfalen zeigte beispielhaft, wie Partizipation auf Augenhöhe gelingen kann: In Hilchenbach im Siegerland wurde mit breiter Beteiligung der Bevölkerung der neue „Kulturelle Marktplatz Dahlbruch“ eingeweiht – ein Zentrum für Freizeit, Kultur und Begegnung im ländlichen Raum. Landesinnenministerin Ina Scharrenbach (CDU) betonte: „Städtebauförderung macht Brachflächen zu lebendigen Zentren, Plätze zu Treffpunkten und Bauwerke zu Wahrzeichen.“
Berlin wiederum präsentierte sich mit einem besonders dichten Programm: In allen Bezirken fanden insgesamt 45 Veranstaltungen statt. Im Kosmosviertel, im Kulturbunker Neukölln oder rund um den Park am Weißen See konnten Bürger ihre Ideen für die Entwicklung ihrer Quartiere einbringen. Ein Sprecher der Berliner Veranstalter fasste zusammen: „In der ganzen Stadt wurde sichtbar, was Städtebauförderung für uns alle bedeutet: Lebenswerte Kieze, neue Perspektiven und das Wissen, dass wir unser Zuhause gemeinsam gestalten und aktiv verbessern können.“ Viele Kommunen banden dabei gezielt Schulen, Vereine und Nachbarschaftsinitiativen ein. Das stärke nicht nur die Akzeptanz von Bauvorhaben, sondern befördere auch die Partizipation auf Augenhöhe, so die Veranstalter.
Impulse für zukunftsfähige Städte Mit dem Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ oder dem klassischen „Städtebaulichen Denkmalschutz“ setzen viele Kommunen wichtige Impulse zur klimaangepassten, sozialen und wirtschaftlich tragfähigen Stadtentwicklung. Der Aktionstag soll auf diese Weise insbesondere verdeutlichen, wie Städtebauförderung als Instrument zur Bewältigung des demografischen Wandels, zur Mobilitätswende oder zum Umgang mit dem Klimawandel beitragen kann. Darüber hinaus macht der Akti-
onstag die Erfolge einer kontinuierlichen Förderpolitik greifbar – vom nachhaltigen Umbau von Innenstädten über die Aktivierung von Brachflächen bis hin zur Schaffung
lebendiger Quartiere. Durch die Einbindung von Anwohnerinnen und Anwohnern, kreativen Initiativen und die Beteiligung öffentlichen Träger soll die Städtebauförderung zu
Ob Kommunen oder kommunale Unternehmen: Wir fördern Ihre nachhaltigen Ideen rund um neue Energien. Neugierig? Wir beraten Sie gerne persönlich.
„Städtebauförderung macht Brachflächen zu lebendigen Zentren, Plätze zu Treffpunkten und Bauwerke zu Wahrzeichen.“
Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen
einem Motor für bürgerschaftliches Engagement und kooperatives Planen werden. Gerade in Zeiten vielfältiger Herausforderungen könnte sie einen wesentlichen Beitrag leisten, um Städte als lebenswerte, resiliente Räume der Gemeinschaft zu erhalten und weiterzuentwickeln. Der Aktionstag wird durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte und Gemeindebund sowie dem Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung getragen. Erstmals 2015 ausgerichtet, wurden seither deutschlandweit Projekte in mehr als 12.000 Gebieten unterstützt.
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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung
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Zentrales Gebäudemanagement
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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung
Stadt gestalten. Zukunft bauen. Für Eislingen.
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Bauen (w/m/d)
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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung
In Krefeld verstehen wir Gesundheit ganzheitlich – unterstützen Sie mit Ihrer Fachkompetenz unseren Fachbereich!
Inmitten der Metropolregion Rheinland ist Krefeld eine Großstadt mit Charakter, viel Grün und hoher Lebensqualität – kulturell lebendig, wirtschaftlich dynamisch, mit einer engagierten Stadtgesellschaft.
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Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat die wichtige Aufgabe, die Gesundheit der Menschen zu schützen und zu fördern. Und das machen wir mit voller Begeisterung! Unser Fachbereich Gesundheit besteht aus drei Abteilungen: „Prävention und Verwaltung“, „Medizinischer Dienst“ und „Intervention“. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine engagierte und kommunikationsstarke Führungspersönlichkeit als Fachbereichsleitung Gesundheit (w/m/d)
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Duisburg – kontrastreich und lebendig: Naherholungsgebiete, Industriekultur, kulturelle Angebote, sportliche Highlights und eine attraktive Arbeitgeberin.
Die Feuerwehr Duisburg beschäftigt derzeit rund 850 Mitarbeitende und unterhält 6 Feuer- und Rettungswachen, eine Leitstelle und eine Feuerlöschbootwache. Neben allen Aufgaben des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes sowie des Katastrophen- und Zivilschutzes deckt die Feuerwehr das gesamte Spektrum des Lösch- und Hilfeleistungsdienstes einschließlich des Rettungsdienstes und des Krankentransportes ab.
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Die Abteilung Personalgewinnung und -entwicklung gliedert sich in drei Teams: Personalgewinnung, Personalentwicklung und -bindung sowie Ausbildung.
Zur Mitgestaltung der Vision eines modernen Personalmanagements sucht die Stadt Aachen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine
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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung Anz_Abtl-Personal_Aachen_06-2025.indd
In Zeiten knapper öffentlicher Kassen und wachsender Erwartungen an die Leistungsfähigkeit kommunaler Haushalte ist finanzielle Solidität mehr als eine Rechenaufgabe – sie ist ein Governance-Thema. Drei aktuelle Prüfungsfelder zeigen exemplarisch, wo Strukturen nachgebessert werden müssen: Jahresabschlüsse müssen vollständig und fristgerecht vorgelegt werden und Investitionszuweisungen in der Gebührenkalkulation sind richtig zu buchen.
1. Jahresabschlüsse – das unterschätzte Fundament Jahresabschlüsse fristgerecht zu erstellen, ist für viele Kommunen eine enorme Herausforderung. Gerade kleinere Gemeinden kämpfen mit Personalmangel, Fluktuation und hoher Arbeitsbelastung. Der Jahresabschluss ist aber keine isolierte Pflicht, sondern Teil eines Steuerungskreislaufs, der Haushaltsaufstellung, Haushaltsvollzug und Rechnungslegung umfasst. Verzögerungen in einem Bereich wirken sich auf das ganze System aus – mit Risiken für Planungssicherheit, Aufsicht und Fördermittel. Hier gibt es zwei wirksame Lösungsansätze: Allein mit klaren Richtlinien konnten fünf von
Als aktuelle Herausforderungen für das Beteiligungsmanagement stehen unter anderem die Themen Nachhaltigkeit inklusive EU-Taxonomie, Fachkräfteengpass sowie Informationssicherheit im Fokus. Nachhaltigkeit ist ein zentrales Querschnittsthema in Kommunen und deren Beteiligungsunternehmen, für das diese auch eine Vorbild- und Hebelfunktion übernehmen. Die CSRD steht für „Corporate Sustainability Reporting Directive“ und ist eine EU-Richtlinie, die darauf abzielt, die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu verbessern und zu harmonisieren.
„Aus gesamtstädtischer Sicht ist das Hosting durch einen Softwareanbieter die wirtschaftlichste Lösung.“
Der verpflichtende CSRD-Anwenderkreis soll sich für die seit dem 1. Januar 2025 geltenden Geschäftsjahre auf alle bilanzrechtlich großen Unternehmen ausweiten und wird somit in Deutschland erstmals auch eine große Anzahl von Unternehmen der öffentlichen Hand betreffen. Ziel ist es, dass mehr Unternehmen in der EU über ihre Umwelt-, Sozial und Governance-Aspekte (ESG) berichten müssen und dass die Qualität und Vergleichbarkeit dieser Berichte verbessert wird.
Die Stadt Frankfurt am Main hat sich bereits auf den Weg gemacht, die Anforderungen für ihre Beteiligungen umzusetzen. Dazu werden mit externer Hilfe die Vorgaben –
Die Leistungsfähigkeit kommunaler Haushalte
Haushalt ohne Fundament?
Finanzielle Solidität ist in Kommunen mehr als eine Rechenaufgabe, Jahresabschlüsse sollten deshalb vollständig und fristgerecht vorgelegt werden. Foto: BS/magele-picture, stock.adobe.com
sechs Kommunen in der 234. Vergleichenden Prüfung ihre Jahresabschlüsse fristgerecht erstellen. Hasselroth wiederum zeigte in der 244. Vergleichenden Prüfung, wie Monatsabschlüsse zu gleichmäßiger Aufgabenverteilung und fristgerechten Abschlüssen führen. Die digitale interkommunale Zusammenarbeit mit Usingen und Neu-Anspach ermöglichte es Glashütten, nahezu fristgerechte Abschlüsse aufzustellen, weil gemeinsame Software, Erfahrungsaustausch und Arbeitsteilung sinnvoll genutzt wurden.
2. Aufstellungsbeschlüsse ohne Substanz
Noch gravierender ist, wenn Haushaltsjahre beschlossen werden, ohne dass prüffähige Jahresabschlüsse vorliegen. Fünf Kommunen der 242. Vergleichenden Prüfung handelten aber genau so. Ohne belastbare Rechenschaftsberichte oder Anhänge wurde gleichwohl der Haushalt genehmigt. Der Fall Löhnberg zeigt, wohin das führen kann. Bereits im Kommunalbericht 2019 (210. Vergleichende Prüfung) hatten wir festgestellt, dass trotz unvollständiger Jahres-
Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.
Foto: BS/privat
abschlüsse Haushaltsgenehmigungen erteilt wurden. Diese Praxis unterläuft die Steuerungsfunktion der Doppik. Vielmehr sind verbindliche interne Richtlinien sowie eine engere Verknüpfung der Haushaltssteuerung mit der Rechnungslegung notwendig.
3. Gebührenkalkulation mit Landesmitteln?
Nach KAG und GemHVO dürfen Erträge aus der Auflösung von Sonderposten nur gebührenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie beitragsfinanzierte Investitionen betreffen. Investitionszuweisungen des Landes werden nicht berücksichtigt. Dennoch bezogen acht Kommunen fast eine Million Euro aus Landesmitteln zu Unrecht in ihre Gebührenkalkulation ein. Im Er-
Resiliente Aufstellung
Herausforderung für die kommunale Beteiligungsorganisation
(BS/Lars Scheider) Die Kommunen stehen aktuell aufgrund der vielen und immer schneller aufeinanderfolgenden Krisen verstärkt unter finanziellem Druck. Somit wird auch die Resilienz der Beteiligungsorganisationen stark gefordert, in deren Bereich das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen und Auffassungen ein nicht unerhebliches Potenzial für Konflikte bietet.
Die Stadt Frankfurt am Main hat die Anforderungen an ihr Beteiligungsmanagement in ein ganzheitliches Konzept übertragen. Foto: BS/mojolo, stock.adobe.com
örtlich angepasst – in ein ganzheitliches Konzept übertragen. Es ist empfehlenswert, sich hier frühzeitig als Kommune mit den entsprechenden Beteiligungen auf den Weg zu machen.
Studienabsolventen integrieren Es gilt die Notwendigkeit, für ein professionell aufgestelltes Beteiligungsmanagement möglichst frühzeitig den Prozess der strategischen Personalplanung zu platzieren, sodass entsprechende Maßnahmen zur Realisierung ergriffen werden können.
So wurde im Beteiligungsmanagement in Frankfurt durch die Aufstellung eines vierten Sachgebiets „Digitales Beteiligungsmanagement“ eine Grundlage geschaffen,
„Es
ist empfehlenswert, sich als Kommune frühzeitig mit den entsprechenden Beteiligungen auf den Weg zu machen.“
um stadtintern aus den Studienjahrgängen der Inspektorenanwärter und -anwärterinnen „Digitale Verwaltung“ Studienabsolventen in das Beteiligungsmanagement zu integrieren. Vor dem Hintergrund der dezentralen IT-Landschaft in
Frankfurt am Main erscheint dies alternativlos. Grundsätzlich kann auch der gezielte Einsatz von Automation, wie z. B. Künstlicher Intelligenz (KI), in Zukunft dabei unterstützen, dem Fachkräfteengpass entgegenzuwirken bzw. diesen in
gebnis ist das eine versteckte Quersubventionierung mit allgemeinen Deckungsmitteln – rechtlich bedenklich.
Fazit: Steuerung braucht verlässliche Grundlagen. Ein Haushalt ohne vollständige oder fristgerechte Abschlüsse ist wie ein Gebäude ohne Fundament. Und eine Gebührenkalkulation, die Mittel unrechtmäßig umverteilt, untergräbt die Legitimität kommunalen Handelns. Unsere positiven Beispiele zeigen: Es geht auch anders.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Kommunalbericht 2024, Hessischer Landtag, Drucksache 21/1148 vom 11. Oktober 2024, S. 132 f. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof. hessen.de abrufbar.
einigen Bereichen zu kompensieren.
Hosting durch Softwareanbieter Als ein Meilenstein für die Informationssicherheit arbeitet das Beteiligungsmanagement in Frankfurt seit Sommer 2024 an einer Hosting-Lösung für die AMI-Server. Das Hosting des AMI-Servers des Beteiligungsmanagements erfolgt seit über 18 Jahren durch das ITAmt der Stadt Frankfurt am Main in enger Abstimmung mit dem Beteiligungsmanagement und eines Softwareanbieters für Datenmanagement. Neben der Frage nach einer verbesserten IT-Sicherheit (durch bestehende Zertifizierungen) und schnelleren Reaktionszeiten stellt aus gesamtstädtischer Sicht das Hosting durch einen Softwareanbieter die wirtschaftlichste Lösung dar. Darüber hinaus werden innerhalb der Informations- und Kommunikationstechnik administrative Aufwände reduziert bzw. eingespart. Dadurch werden wertvolle Personalressourcen frei, die dann für wichtige Aufgaben der Digitalisierung der Stadtverwaltung zur Verfügung stehen und eingesetzt werden können. Das Abstimmungsprozedere bei Betriebs- und Technikfragen wird durch das Hosting ebenfalls vereinfacht. Im Rahmen einer „Make-or-Buy-Analyse“ fällt die Entscheidung daher eindeutig zugunsten eines externen Dienstleisters aus.
Lars Scheider ist Bankkaufmann, Assessor jur. und hat eine anwaltliche Tätigkeit in einer Frankfurter Wirtschaftskanzlei inne. Seit über zwölf Jahren ist er Verwaltungsdirektor und Abteilungsleiter Beteiligungsmanagement bei der Stadtkämmerei in Frankfurt am Main. Dort ist er für alle Grundsatzfragen der Beteiligungssteuerung der rund 500 städtischen Beteiligungsgesellschaften verantwortlich. Foto: BS/privat
AAls eine der 100 europäischen Modellkommunen für klimaneutrale und smarte Städte hat sich Leipzig ehrgeizige Ziele gesetzt: u. a. sollen Luftreinhaltung, Verkehrsflüsse und die Förderung nachhaltiger Mobilitätsangebote optimiert werden. Vor dem Hintergrund eines dynamischen Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums und damit steigender Mobilitätsbedürfnisse verfolgt Leipzig eine ämterübergreifende Strategie, die innovative Technologien der urbanen digitalen Zwillinge mit messbarem Nutzen für Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung verbindet. Mögliche Szenarien, wie bspw. eine umweltsensitive Verkehrssteuerung, werden in enger Zusammenarbeit zwischen lokalen Experten des Amtes für Umweltschutz, des Mobilitäts- und Tiefbauamtes sowie dem Referat Digitale Stadt Leipzig und den AIAMO-Industrie- und Forschungsprojektpartnern, wie u. a. Bosch, T-Systems, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), highQ, Theis Consult und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), unter der Konsortialführung von ITS Germany e. V. erarbeitet. Ziel ist es, mithilfe intelligenter Datenauswertung und Simulationen urbane Hotspots frühzeitig zu identifizieren und geeignete Maßnahmen – etwa zur Optimierung der Verkehrslenkung oder zur Emissionsminderung –einzuleiten.
Saubere Luft durch KI-gestütztes Mobilitätsmanagement
Im Zentrum steht der Aufbau eines sensorbasierten Umweltmessnetzes, das insgesamt rund 50 Luftqual-
Leipzig
KI für smarte Mobilität
Leipzig als Modell für zukunftsfähiges Mobilitätsmanagement
(BS/Mirko Mühlpfort/Sabine Rieth) Von der Einhaltung künftiger EU-Luftqualitätsgrenzwerte bis zur Sicherstellung reibungsloser Verkehrsflüsse in dynamisch wachsenden Städten stehen Kommunen beim Mobilitätsmanagement vor großen Herausforderungen. Hier setzt das Forschungsprojekt AIAMO (Artificial Intelligence and Mobility) an: Es entwickelt einen skalierbaren, übertragbaren Lösungsrahmen für KI-gestütztes, datenbasiertes Mobilitätsmanagement, das unterschiedlichste kommunale Bedürfnisse adressiert. Neben Landau in der Pfalz ist Leipzig eine von zwei AIAMO-Pilotregionen, in denen konkrete Methoden, Verfahren und Technologien in der Praxis erforscht werden.
Ein Überblick der mit dem Amt für Umweltschutz abgestimmten Standorte für das Umweltmessnetz (Stand 18.3.25). Foto: BS/Zentrum für Umweltforschung
itätssensoren im Leipziger Stadtgebiet umfassen wird. Auf Basis von Echtzeitdaten zu Schadstoffkonzentrationen und Verkehrsaufkommen wird im Rahmen der Umsetzung der Digitalen Agenda und Mobilitätsstrategie 2030 u. a. ein umweltsensitives Mobilitätsmanagementsystem entwickelt, das situativ auf Belastungsspitzen reagiert und wirksame Gegenmaßnahmen identifiziert. Maßnahmen wie Tempolimits, Verkehrsflussdosierung oder die gezielte Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel lassen sich so dynamisch steuern – ein Ansatz, der nicht nur dem Gesundheitsschutz dient, sondern auch zur Effizienzsteigerung im städtischen Mobilitätssystem beiträgt. Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung szenarienbasierter Steuerungsstrategien – etwa bei
Großveranstaltungen oder temporären Großbaustellen. So lassen sich Verkehrsflüsse antizipieren, Staus vermindern und Emissionsbelastungen minimieren.
Ein Modell, das auf andere Städte übertragbar ist
AIAMO verfolgt von Anfang an einen übertragbaren und skalierbaren Ansatz. Für Städte und Kommunen mit begrenzten Ressourcen bietet das Projekt einen niedrigschwelligen Einstieg in KI-gestütztes Mobilitätsmanagement. Die entwickelten Lösungen sind modular implementierbar – ein entscheidender Vorteil für kleinere und mittlere Kommunen, die dennoch von moderner Mobilitätssteuerung profitieren wollen. Durch die Integration von Verkehrsdaten sowie von Umwelt- und Wetterdaten ermöglicht
AIAMO eine präzise Identifikation von Hotspots der Luftschadstoffbelastung, sowie eine zielgerichtete Verkehrslenkung. Gerade im Kontext begrenzter kommunaler Ressourcen eröffnet AIAMO so neue Wege zur digitalen Souveränität im Mobilitätsmanagement. Mehrwert für Verkehrsbetriebe und Unternehmen Auch kleinere Verkehrsbetriebe ohne eigene Mobilitätsplattform profitieren: Die Lösungen von AIAMO erlauben eine intermodale Verknüpfung verschiedenster Mobilitätsangebote – vom Linienbus bis zum E-Scooter. Das führt zu einer besseren Auslastung, mehr Nutzerzufriedenheit und effizienteren Betriebsabläufen. Durch die Verfügbarkeit kuratierter Daten und die Integration in ein vernetztes
Mobilitätsökosystem werden zudem Anreizsysteme möglich, die zur dauerhaften Nutzerbindung beitragen. Für innovative Unternehmen und Start-ups, insbesondere im Bereich Mobilität, bietet AIAMO mit der editionAIAMO einen leistungsstarken Entwicklungsrahmen. Der Zugang zum AIAMOnexus, einer zentralen Integrationszone in Kombination mit leistungsstarken AI Foundation Models, ermöglicht es, Anwendungen zu entwickeln, Verkehrsflüsse zu simulieren und neue Geschäftsmodelle zu testen – basierend auf kuratierten, qualitätsgesicherten, interoperablen Daten. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eröffnet dies neue Innovationspotenziale im Bereich intelligenter Mobilitätssysteme.
Künstliche Intelligenz hilft beim Zukunft gestalten AIAMO ist mehr als ein Forschungsprojekt – es steht für einen übertragbaren, datengetriebenen Lösungsrahmen zur Gestaltung kommunaler Mobilität. Das Beispiel Leipzig zeigt, wie datenbasierte Intelligenz und ressortübergreifende Zusammenarbeit neue Standards im urbanen Mobilitätsmanagement setzen können. Kommunen, Verkehrsbetriebe und Unternehmen profitieren gleichermaßen von einer Lösung, die technologische Innovation mit konkretem, lokalem Mehrwert verbindet.
Mirko Mühlpfort ist Teamleiter Digitale Infrastrukturen im Referat Digitale Stadt Leipzig. Er verantwortet Themen im Bereich digitaler Netze, der Datenstrategie und des Leipziger Programms für Urbane Digitale Zwillinge.
Foto: BS/Stadt Leipzig
Sabine Rieth ist beim Bundesverband der Wirtschaft und Wissenschaft für Verkehrstechnologien und intelligente Mobilität – ITS Germany e. V. – im Projektbüro AIAMO zuständig für Transfer und Öffentlichkeitsarbeit.
Foto: BS/AIAMO
Ihr Partner für öffentliche Hochbauprojekte, termintreu und kostensicher realisiert. goldbeck.de/oeffentliche-auftraggeber
Eine Sensorbox für Luftqualitätsmessung ist an einer Infrastruktur des Mobilitätsund Tiefbauamtes am Martin-Luther-Ring in Leipzig montiert. Foto: BS/Stadt
Bremen geht das Problem nun konsequent an. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hatte im vergangenen Jahr ein richtungsweisendes Grundsatzurteil verkündet und damit nach vielen Jahren Rechtssicherheit geschaffen. Mit dem Urteil können Anwohnerinnen und Anwohner nun bei erheblichen Beeinträchtigungen vor ihrer Haustür von den Behörden verlangen, einzuschreiten. Es bestätigte zudem das strukturierte Vorgehen der Stadt Bremen gegen illegales Gehwegparken. Dort wurde das eigentlich nicht erlaubte aufgesetzte Parken, wie es umgangssprachlich auch genannt wird, zuvor jahrelang geduldet. Offiziell muss ein Gehweg eine Breite von mindestens 2,20 Metern aufweisen, um einen unbehinderten Begegnungsverkehr zu ermöglichen. Mit dem Urteil können nun auch Anwohnerinnen und Anwohner unter bestimmten Umständen besser gegen Gehwegparken vorgehen. Die Stadt hat die Rechtssicherheit, dieser Praxis entgegenzutreten. Sie setzt bereits in besonders betroffenen Quartieren Maßnahmen um, damit die Rettungssicherheit hegestellt wird. Vor allem rund um den Stadtteil Dobben kommt es immer wieder zu Problemen. Neben der Behinderung von Einsatzfahrzeugen der Rettungskräfte sind Konflikte mit der Straßenbahn nicht selten – allein 2024 kam es zu 82 Abschleppaktionen, weil Autos die Weiterfahrt der Tram verhinderten. Auch dem illegalen Gehwegparken soll nun konsequent entgegengetreten und so die städtischen Straßenräume sicherer, barrierefreier und verkehrlich geordneter gestaltet werden. Denn Engstellen gefährden Fußgänger und zwingen Radfahrer oft auf den Gehweg. Der Beirat Mitte forderte daher eine klare Linie – das illegale aufgesetzte Parken solle unterbunden, der Straßenrand für sichere Radwege genutzt und Ausgleichsflächen für Anwohner geschaffen werden. Dazu hatte die Stadt bereits Anfang des Jahres ein umfassendes Konzept zur Neuordnung des Parkens vorgestellt.
Stufenweises Vorgehen
Auf Anfrage des Behörden Spiegel teilte die Stadt mit, sie gehe „nach einem abgestuften, aufeinander abgestimmten Verfahren vor“ und setze „das Konzept quartiersweise um“. Dabei seien die Sicherheit und der Parkdruck der jeweiligen Straßen ausschlaggebend. Neben der eigenen systematischen Sichtung von Straßen gehe sie auch auf Meldungen seitens der Bürgerinnen und Bürger ein. Bei der Umsetzung plant sie Kompensationsmaßnahmen, die Anreize schaffen sollen.
In den ersten beiden Stufen des vierstufigen Konzepts zum Umgang mit Gehwegparken soll im Laufe des Jahres in Straßen, in denen besonders häufig Fahrzeuge die Durchfahrt von Rettungsdiensten behindern, das Parken neu geregelt werden – in der ersten Stufe in den Stadtteilen Östliche Vorstadt, Mitte, Findorff, Neustadt, Schwachhausen und Walle sowie in der zweiten Stufe in den Stadtteilen Vahr, Osterholz, Horn-Lehe, Huchting und Blumenthal.
In den beiden folgenden Stufen wird dann der Fokus auf das aufgesetzte Parken gelegt, um die barrierefreie Nutzung der Gehwege zu gewährleisten. Zunächst geschieht dies für 38 innerstadtnahe Quartiere, in der Folge dann auch für außenliegende Stadtteile. Ziel ist es, Gehwege frei und zugänglich zu halten – auch für Menschen mit Rollatoren, Kinderwagen oder Rollstühlen. Gleichzeitig sollen alter-
Mehr Sicherheit durch Wandel
Wie die Stadt Bremen den Parkraum neu regelt
(BS/Lars Mahnke) Jeden Abend dasselbe Spiel: Die Autofahrerinnen und -fahrer schieben sich durch die engen Straßen. Der Blick wandert hektisch von links nach rechts – ständig auf der Suche nach einem freien Parkplatz, auf dem das Fahrzeug bis zum nächsten Morgen untergebracht werden kann. Doch allzu oft kommt es vor, dass durch ordnungswidrig abgestellte Autos andere behindert werden – seien es Rettungsdienste auf der Straße oder Passanten auf den Gehwegen.
Das Konzept der Stadt Bremen soll nicht nur verhindern, dass Rettungsdienste aufgrund ordnungswidrig abgestellter Fahrzeuge nicht zum Einsatzort gelangen. Auch die Barrierefreiheit auf Gehwegen für Menschen mit Rollatoren, Kinderwagen oder Rollstühlen soll gewährleistet werden. Foto: BS/Maria Vitkovska, stock.adobe.com
native Mobilitätsangebote gestärkt und bestehende Parkflächen effizienter genutzt werden. Das Konzept wird als dynamischer Prozess verstanden, der auf Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung basiert und laufend angepasst wird.
Neuregelung des Parkens
Mit der dritten Stufe soll das regelwidrige Parken auf Gehwegen dort unterbunden werden, wo es zu Einschränkungen der Barrierefreiheit führt.
die Stadt reagieren und dem steigenden Parkdruck entgegentreten. Ein zentraler Bestandteil des Konzepts ist daher die Einführung von Bewohnerinnen- und Bewohnerparken in Verbindung mit Parkraumbewirtschaftung. Damit sollen Verdrängungseffekte in angrenzende Quartiere vermieden und die Zahl ortsfremder Dauerparker reduziert werden. Die durch Parkgebühren erzielten Einnahmen sollen wiederum in alternative Mobilitätsangebote fließen.
ro pro Stellplatz. Seit März 2024 werden dazu mögliche Standorte geprüft – basierend auf einem öffentlichen Aufruf. Die Machbarkeitsstudie ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Auch andere Ansätze, wie die Mehrfachnutzung von Supermarkt- oder Kirchenparkplätzen, sind in Prüfung.
Geht der Wandel zu schnell? Auch von der Erweiterung der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge und von Liefer- und Ladezonen
Immer wieder kommt es dazu, dass falsch abgestellte Autos den Schienenverkehr behindern. In Bremen musste das Ordnungsamt im vergangenen Jahr 82 Fahrzeuge abschleppen lassen, damit die Straßenbahn ihre Fahrt fortsetzen konnte. Foto: BS/rh2010, stock.adobe.com
Im Konzept heißt es dazu: „Es werden erhebliche Beeinträchtigungen beseitigt und im Ergebnis rechtmäßige Zustände hergestellt.“ Es gehe vor allem darum, „eine ausreichende (Rest-)Gehwegbreite zu gewährleisten, damit die Gehwege insbesondere auch für mobilitätseingeschränkte Personen nutzbar“ seien.
Da zu erwarten ist, dass durch die Maßnahmen erheblicher Parkraum verloren gehen wird, muss
Zur Entlastung des Parkdrucks und zur Förderung nachhaltiger Mobilität sind zahlreiche Begleitmaßnahmen geplant. Der Ausbau von Carsharing-Stationen soll vorangetrieben, das Fahrradparken mit dem Bau von Fahrradbügeln gefördert und das Bike-SharingAngebot erweitert werden. Als langfristige Lösung gelten Quartiersgaragen. Diese sollen öffentliche Flächen entlasten, kosten jedoch zwischen 20.000 und 50.000 Eu-
sowie der Einrichtung von Scooter-Abstellflächen erhofft man sich indirekt mehr Sicherheit für die Verkehrslage. Nicht zuletzt die Verbesserung des ÖPNV-Angebots soll zur Entlastung beitragen.
Ein Hoffnungsträger bleibt das Bewohnerparken. Schon im Koalitionsvertrag von 2023 wurde festgelegt, dieses – unter Einbeziehung der Beiräte – stadtweit auszuweiten. Geplant sind insgesamt 38 neue Zonen, die schrittweise umgesetzt werden sollen. Erste Maßnahmen sollen noch 2025 in Quartieren wie Walle-Süd, Schwachhausen-West und der Östlichen Vorstadt starten.
Vorgehen anderer Kommunen In Stuttgart kennt man derlei Probleme – zumindest in dem Maße –nicht: Das Leipziger Urteil sei ohne Auswirkung auf die Praxis in Stuttgart, da die Stadt das Gehwegparken nur in Bereichen zulasse, „in denen dies eine offiziell durch die Straßenverkehrsbehörde abgeordnete Beschilderung (Verkehrszeichen 315)“ erlaube. Es finde keine Duldung anderer Parkvorgänge auf Gehwegen statt, diese würden vielmehr konsequent verfolgt. In Hamburg hingegen kennt man das Problem: Auch hier duldeten die Behörden jahrelang das aufgesetzte Parken. Beschwerden der Bürger blieben erfolglos. Die deutsche Umwelthilfe konstatierte in einer breit angelegten Umfrage in 104 Städten, dass Hamburg illegales Gehwegparken nicht grundsätzlich ahnde. „Auch die Bedingungen für eine zu beseitigende Behinderung durch verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge auf Geh- und Radwegen bleiben in Hamburgs Antwort undefiniert“, heißt es in der Studie.
Auf Nachfrage bestätigte die Stadt Hamburg, dass die Ordnungskräfte derartige Ordnungswidrigkeiten im Rahmen ihres Ermessens ahndeten und lediglich nach Einzelfallentscheidung abschleppen ließen. Zudem gab die Pressestelle des Senats zu bedenken, dass eine Großstadt wie Hamburg keine „durchgehende und flächendeckende Verkehrsüberwachung“ gewährleisten könne. Zwar seien die Ordnungskräfte gehalten, auf Beschwerden seitens der Bürgerinnen und Bürger einzugehen, jedoch könne „es in Abhängigkeit von personellen Ressourcen zu Priorisierungen von Schwerpunkten und Einsatzwahrnehmungen kommen“. In Hamburg versucht man ebenfalls, dem immer knapper werdendem Parkraum mit kreativen Konzepten zu begegnen. Bezüglich der Öffnung von von Supermarktparkplätzen könne die Stadt jedoch lediglich eine Vermittlerrolle einnehmen. Zusätzliche Parkmöglichkeiten erhoffe man sich durch einen Modellversuch mit Park-andRide-Anlagen im Bezirk Wandsbek. „Auch eine Mehrfachnutzung von Parkplätzen im Innenstadtbereich wird in Hamburg bereits umgesetzt. Abends werden etwa Behördenparkplätze für Anwohnende temporär geöffnet.“
Bremens Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal betont die Wichtigkeit des Dialogs mit der Bevölkerung. Der kulturelle Wandel im Umgang mit öffentlichem Raum sei dabei ebenso wichtig wie bauliche Maßnahmen. Verbote allein reichten nicht – es brauche Verständnis, Empathie und gemeinschaftliches Umdenken. Der öffentliche Raum gehöre allen, betont Ünsal. Ziel sei ein gerechter Mobilitätsausgleich, der nicht gegen, sondern mit den Menschen gestaltet werde. Doch der Prozess bringt Konflikte mit sich: Immer mehr Parkplätze verschwinden – oft über Nacht. In Vierteln wie dem Sielwall oder Osterdeich wurden bereits Dutzende Stellflächen gestrichen. Anwohner sehen sich mit Verbotsschildern, umgewandelten Kneipenterrassen oder E-Scooter-Abstellflächen konfrontiert. Alternative Parkangebote, etwa Quartiersgaragen, lassen jedoch auf sich warten. Kritik wird laut, dass die Parkraumreduktion zu schnell und die Alternativen zu zögerlich kommen.
Digitaler Staat
Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juni 2025
Ministerium der Moderne
(BS/Christian Brecht) Das offizielle Organigramm steht noch aus. Doch viele wichtige Personalien im neu geschaffenen Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) sind ebenso geklärt wie dessen Zuständigkeiten: Deutschlands oberste Digitalbehörde vereint eine Reihe digitaler Großprojekte unter einem Dach. Sollen diese zum Erfolg geführt und der Staat transformiert werden, muss das BMDS gerade auch in seiner inneren Struktur moderne Arbeitsweisen implementieren.
www.behoerdenspiegel.de
Im
BMDS werden derzeit die letzten Personal- und Strukturentscheidungen getroffen. Es kann also bald losgehen mit der Staatsmodernisierung. Doch wie genau muss das jüngste Mitglied in Deutschlands Ministerienhistorie dafür im Innern aufgestellt sein? Welche Arbeitskulturen und Arbeitsweisen treffen aufeinander und müssen zu einem organischen Ganzen verschmelzen?
Deutschlands neuer Digitalminister Dr. Karsten Wildberger wurde im Vorfeld der Konferenz re:publica 2025 dahingehend mit einem interessanten Satz zitiert: Es brauche „ein Ministerium, das wie ein Startup denkt und handelt“.
Hauptsache schnell
Obstkorb und Tischfußball sind 2025 damit sicherlich nicht mehr gemeint. Auch um die technologische Ausstattung kann es eigentlich nicht gehen: Der Digitalisierungsgrad des BMDS sollte ressortimmanent hoch sein, Faxgeräte wird man dort (hoffentlich) keine mehr vorfinden und das hauseigene WLAN dürfte schnell und sicher funktionieren.
Vielmehr geht es um moderne Mentalität und einen Kulturwandel in den Köpfen – Formulierungen, die zu den am meisten bemühten in den Debatten um Digitalisierung gehören und den Wunsch nach einer Veränderung von innen heraus ausdrücken. Diese bleibt häufig genau das: ein frommer Wunsch, denn Ministerien existieren mitunter seit Jahrzehnten und ihre analogen Prozesse haben sich in die Verwaltungsabläufe ebenso eingeschliffen wie in die Arbeitsweisen des Personals.
„Ich brauche Geschwindigkeit, ich hasse Stillstand“, sagte Wildberger laut Springer-Medien in einem Pod-
cast 2022. Damit ist das Kernthema gesetzt, denn die Digitalisierung der Verwaltung geht vor allen Dingen zu langsam. Um eine neues Level an Geschwindigkeit zu erreichen, müssen die „unterschiedlichen Arbeitsweisen“, von denen Wildberger in seinem Schreiben an seine neuen Mitarbeitenden sprach, gebündelt werden. Die berühmten Synergien – und das auf komplexer Ministeriumsebene.
Wildbergers Clan-Kultur Wie genau arbeitet der neue Bundesminister für Digitalisierung, dessen Referenzen aus der Wirtschaft, auf die auch Bundeskanzler Friedrich Merz setzt, ihm vorauseilen? Was ihn laut Medienberichten bei seiner Arbeit beim australischen Telekommunikationsunternehmen Telstra – Wildberger war u. a. General Managing Director und Group Executive – fasziniert habe, sei neben der Freundlichkeit und Neugier seiner Kollegen deren „Can-do-attitude“ gewesen, so der Minister. Wildberger wird zudem die Fähigkeit nachgesagt, sein Team hinter einem gemeinsamen Ziel zu versammeln und dann möglichst schnell und unbürokratisch in die Umsetzung zu kommen.
Im Organisationssprech würde Wildberger auf die sogenannte Clan-Kultur setzen. Diese zeichnet sich durch Teamgeist, flache Hierarchien und ein hohes Maß an Vertrauen aus, was wiederum kreative Prozesse fördern soll. Allerdings können die Prozesse in einer Clan-Kultur mitunter zu langsam ablaufen, was wiederum der Geschwindigkeit widerspräche. Es wird spannend zu beobachten, wie der Minister die Stärken der anderen drei gängigen Unternehmenskulturen damit verbindet. Die
„Adhocracy-Kultur“ steht für Experimentierfreude und Innovationskraft, was bei digitalen Themen unerlässlich ist. Die Markt-Kultur, die Wildberger beherrschen dürfte, ist auf Effizienz und schnelle Ergebnisse ausgerichtet, kann für Behördenarbeit aber nicht kooperativ genug sein. Und die gute alte Hierarchie-Kultur braucht es ebenso nach wie vor: für Standardisierungen, Kontrollmechanismen und Rechtssicherheit. Auf der Ebene der Arbeitsweisen sieht es ähnlich bunt aus. Vieles spricht für eine agile Arbeitsweise unter Wildbergers Regie: basierend auf Projektteams, die sich um die Entwicklung unterschiedlicher Verwaltungslösungen kümmern könnten. Die Arbeitsweise Matrixorganisation wiederum gilt als geeignet, um ressortübergreifende Inhalte zu bearbeiten, und sie könnte die Agilität erweitern. Ob im BMDS auch Remote-Arbeit, sprich Homeoffice, weiter gefördert wird? Logisch wäre es. Wenn die Mitarbeitenden des Ministeriums daran arbeiten, den Bürgerinnen und Bürgern digitale Tools zur Verfügung zu stellen, damit sie logistisch unabhängiger sind – wie sollten sie selbst nicht genauso leben und arbeiten?
Kein Start bei null Wie die Mischung letztlich auch aussieht – die Leistungsfähigkeit des BMDS wird natürlich von dessen Chef geprägt sein und an ihm gemessen werden. Jedoch nicht nur: Wildberger hat sich gleich drei Staatssekretäre und eine Staatssekretärin ins Haus geholt (Stand: Ende Mai 2025), die sehr unterschiedliche Werdegänge haben. Einer von zwei Parlamentarischen Staatssekretären ist Thomas Jarzombek. Er bringt Erfahrungen als
IT-Unternehmer, Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt sowie Beauftragter für die Digitale Wirtschaft und Startups mit. Unter Minister Wildberger ist Jarzombeks Zuschnitt, wie er sagt, „auf das Digitale konzentriert“. Das bedeutet, dass der zweite große Zuschnitt – Staatsmodernisierung – auf den anderen Parlamentarischen Staatssekretär im BMDS entfällt: Philipp Amthor (CDU). Als Jurist soll Amthor auch seine rechtliche Expertise in die Digitalisierungspolitik einbringen. Markus Richter hatte zuvor die Rolle als Bundes-CIO und Staatssekretär im Bundesministerium des Innern (BMI) inne – und hat Wildberger darin wohl überzeugt. Richter bringt Erfahrungen aus einem der größten Bundesministerien mit ins Digitalministerium, wo auch er sich womöglich in agileren Arbeitsabläufen wiederfinden wird und darf. Er wechselt als beamteter Staatssekretär ins BMDS. Als ebenfalls beamtete Staatssekretärin kam jüngst noch Luisa Hölscher hinzu. Dieselbe Rolle hatte sie zuvor beim Bundesministerium der Finanzen (BMF), war zudem Staatssekretärin im hessischen Pendant sowie Vizepräsidentin der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Die Schnittmenge von Finanzen und digitalen Verwaltungsreformen dürfte Hölschers Bereich sein. Das Ministerium selbst sei „zwar neu, aber es werden darin bestehende Abteilungen und Aufgaben aus fünf verschiedenen Ministerien und dem Kanzleramt zusammengeführt. Das heißt, wir fangen nicht bei null an“, erklärt Jarzombek. Das Aufbauteam, das die Zusammenarbeit koordiniere, habe es „ermöglicht, dass wir seit Tag eins arbeits- und
leistungsfähig sind“, so der Parlamentarische Staatssekretär. Etwa durch „die gezielte Einbindung von Künstlicher Intelligenz (KI) in ministerielle Abläufe wird das BMDS zeigen, wie Verwaltung zukunftsfähig und innovativ gestaltet werden kann“, ist Jarzombek überzeugt.
Die KI empfiehlt hybrid Was die Großen Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) betrifft, hält es Jarzombek übrigens nicht für sinnvoll, dem Markt hinterherzulaufen, wie er auf er KIKonferenz „Rise of AI“ („Aufstieg der KI“) in Berlin sagte. Vielmehr müsse Deutschland den Sprung in die nächste Technologie machen –beispielsweise agentic AI und small models.
Womöglich hat das BMDS auch selbst mal ein LLM zur bestmöglichen eigenen Arbeitskultur befragt: Laut einer Analyse durch mehrere Große Sprachmodelle wird dem Digitalministerium nämlich ein hybrides Modell empfohlen, das seine Stärken ohnehin aus den beschriebenen unterschiedlichen Arbeitsweisen zieht. Es gibt also berechtigte Zuversicht. Auf der anderen Seite stehen noch viele Konjunktive. Die Visionen, Modelle und BusinessTermini müssen bald, nun ja, ins Doing kommen.
Spätestens wenn das finale Organigramm steht, endet die Aufwärmphase und der Startschuss fällt. Dann wird sich zeigen, ob das Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung doch durch die Mühlen der alten Bürokratie gebremst wird – oder ob es tatsächlich eine arbeitskulturelle Pionierrolle einnehmen und ältere Ministerien auf den Weg der digitalen Geschwindigkeit mitnehmen kann.
Der Föderalismus solle bei vielen Themen „aufgebrochen“ werden – etwa in der Bildung, erläuterte der Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW, Daniel Sieveke. Man könne sich aber nicht darauf einigen, welche Leitlinien dann für alle gelten sollten. Momentan hat schließlich jedes Land seine eigenen. Beim Thema der Digitalisierung würden diese Fragestellungen noch komplexer. Schließlich sei hier selbst die Bundesebene für viele Aspekte zu klein gedacht, es brauche eine europäische Herangehensweise.
„Wer
das Geld gibt, soll auch die Spielregeln vorgeben.“
Daniel Sieveke, Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung NRW
Sieveke begrüßt die Bündelung von Kompetenzen im neuen Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS). Dieses
Tatsächlich wird der langsame Fortschritt bei der Digitalisierung als Problem wahrgenommen –besonders vonseiten der Wirtschaft, wie mehrere Bitkom-Umfragen zeigen. Dort sagen 94 Prozent der Befragten, die fehlende Digitalisierung sei ein Bremsklotz, denn eine vollständige Digitalisierung ihres Unternehmens sei ohne digitale Schnittstellen zur Verwaltung nicht möglich. Auch deshalb fordert die Wirtschaft, dass die Digitalisierung eine Top-Priorität der neuen Bundesregierung sein muss. Aber auch für Bürgerinnen und Bürger gab und gibt es immer wieder klare Zeichen, die zu einer Absprache der Kompetenz der Verwaltung führen. Dr. Alexander Bode, hauptamtlicher Vorstand der KommunalCampus eG, erklärte auf dem Kongress e-nrw, dass die Corona-Zeit, als Zahlen abgetippt und mit Medienbrüchen kommuniziert wurden, die Schwächen unserer Verwaltung deutlich offenbart habe. Solche Erlebnisse führten zu
Reset-Knopf drücken
Aufbruchsstimmung dank Digitalministerium
(BS/Anna Ströbele) Der CIO des Landes NRW, Daniel Sieveke, nimmt eine Aufbruchsstimmung war. Die Einrichtung eines eigenständigen Digitalministeriums auf Bundesebene bringe neue Chancen. Die Länder seien bereit, nicht länger in Zuständigkeiten zu denken, um den Weg der Digitalisierung gemeinsam zu gehen.
Der Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, Daniel Sieveke, sieht Chancen in der Aufstellung eines Bundesdigitalministeriums.
brauche nun einen starken Mitarbeiterstab. Bei der Klausurtagung des IT-Planungsrats Anfang Mai sei
eine Aufbruchsstimmung zu erkennen gewesen. „Lasst uns doch noch einmal den Reset-Knopf drücken“,
hieß es dort, berichtete Sieveke auf dem Kongress e-nrw in Neuss. Das Gremium besprach den Umgang
Vertrauen durch Digitalisierung
Effiziente Verwaltung fördert die Demokratie
(BS/Sven Rudolf) Was hat die Digitalisierung mit einer starken Demokratie zu tun? Vieles, denn ein erfolgreicher und effektiver Staat schafft auch Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Wahrnehmung hat hier also große Auswirkungen. Wenn man nur von Problemen mit der Digitalisierung hört oder diese live miterlebt, leidet darunter auch der Glaube an die Kompetenz des Staates.
einem klaren Vertrauensverlust –auch in die Demokratie, denn viele Menschen trennten den Staat nicht von der Demokratie, so Bode
Automatisierter Staat Lars Hoppmann, Geschäftsführender Vorstand der VITAKO, zeigte jedoch auf, dass dadurch die Chance bestehe, das Rückgrat der Demokratie mit einer effizienten digitalen Verwaltung zu stärken. Hoppmann erörterte, dass dafür aus Sicht der VITAKO drei zentrale Punkte mitgedacht werden müssen. Erstens brauche es digitale Souveränität, zweitens sollten Innovationen genutzt werden und drittens müsse die Cyber-Sicherheit ausgebaut
Eine sichere kommunale II-Infrastruktur ist laut Lars Hoppmann, Geschäftsführender Vorstand von VITAKO, das Rückgrat der Demokratie.
werden. Auch die Potenziale der Automatisierung wurden diskutiert. Wichtig sei es, sich daran zu erinnern, dass Automatisierung zunächst nichts mit KI zu tun haben müsse, meinte Bode. Bei Automatisierung gehe es zunächst einmal darum, ohnehin notwendige Abläufe so zu gestalten, dass der Mensch diese teils zeitfressenden Prozesse nicht mehr selbst durchführen müsse und sich somit auf die komplexen Entscheidungsprozesse konzentrieren könne. Doch auch über KI zu sprechen lohne sich. Schließlich schieden in den nächsten Jahren knapp 26 Prozent der Beschäftigten aus dem Dienst aus, die sich nicht alle er-
setzen ließen. Hier könne KI helfen. Mit dem Einsatz der Technologie sind allerdings Bedenken verbunden – vor allem in Bereichen, in denen Beschäftigten ein Ermessensspielraum gegeben ist. Hoppmann glaubt, dass KI hier Vorteile bieten kann, da sie bei ähnlich gelagerten Fällen auch ähnlich entscheiden kann. Alternativ könne die KI auch gezielte Verfahrensvorschläge entwerfen, zwischen denen ein Sacharbeiter oder eine Sachbearbeiterin dann entscheiden müsse.
Wenn Menschen mit den Entscheidungen auf KI-Grundlage unzufrieden seien, könnten sie immer noch vor Gericht ziehen, ergänzte Bode. So bleibe die letzte
Während der Pausen hatten die Kongressteilnehmenden Gelegenheit, sich in der Ausstellung auszutauschen, neue Kontakte zu schließen und die neuesten Produkte kennenzulernen.
mit dem neuen BMDS, an welchen Stellen die Länder „loslassen“ müssten und was sie den Kommunen abnehmen könnten. Die Länder seien „parteiübergreifend“ dazu bereit, den Weg der Digitalisierung gemeinsam zu gehen und nicht länger in Zuständigkeiten und Silos zu denken. Nordrhein-Westfalens CIO plädierte dafür, von der Frage abzukommen, wer was besser mache. Darüber hinaus erklärte er: „Wer das Geld gibt, soll auch die Spielregeln vorgeben.“ Es könne nicht jedes Land einen Sonderweg gehen.
Mehrwert muss ankommen
Die Digitalisierung stärke die Demokratie, wenn die öffentliche Verwaltung diese meistere. Dafür brauche es auch eine gelebte Fehlerkultur – „zugeben, wenn etwas nicht funktioniert hat, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen“, betonte Sieveke. Das Ziel sei stets, dass der Mehrwert bei den Mitarbeitenden der Verwaltung, den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmerinnen und Unternehmern ankomme. Die positive Botschaft solle hängenbleiben, nicht die negative. Weiterhin sprach er sich dagegen aus, Unternehmen in „gute“ und „schlechte“ einzuteilen. US-amerikanische Unternehmen sollten beispielsweise nicht per se abgelehnt werden.
Entscheidung – trotz KI-Optimierung – beim Menschen. Die Angst vor einer gesteigerten Anzweiflungsrate von KI-Entscheidungen sei dabei unbegründet. Schließlich würden auch die Entscheidungen von Beamtinnen und Beamten immer wieder angezweifelt und eine hundertprozentige Akzeptanzquote lasse sich weder für menschliche noch maschinelle Entscheidungen erreichen.
Arne Schöman vom KI-Labor IT.NRW gab zu bedenken, dass schließlich auch bei Menschen immer ein Bias bei der Bearbeitung bestehen könne. Die große Anzahl von Beschäftigten, die Anträge bearbeiten und Ermessensspielräume anwenden, reduziere aber das Risiko von einseitiger Diskriminierung. Vielleicht könnte eine gut trainierte KI sogar noch mehr akzeptierte Entscheidungen fällen als die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes und so nicht nur die Verwaltung entlasten, sondern auch deutsche Gerichte.
Hufschmidt, Projektleiter Digitalisierung bei der Stadt Wuppertal, gab Einblicke in den Prozess der Aktendigitalisierung der
Frank
Kommune. Alle Fotos: BS/Bildschön
unzeitgemäße
dem
Susanne Hermans von der Südwestfalen IT erläuterte die Herausforderung für Kommunen, Informationen aus vielen Quellen zusammensuchen zu müssen.
Der Ruf nach einer Föderalismusreform ist nicht neu. Aber in den letzten Monaten ist er ungewöhnlich laut geworden. Ob die „digitale Zeitenwende“ als Followup zu den Dresdener Forderungen, der Zehn-Punkte-Plan des Normenkontrollrats oder die Aktivitäten von Re:Form: Es gibt viele Ansätze und Ideen, was sich wie verändern soll. Wo liegt also das Problem? Fragt man Matthias Canzler, Senior Projektleiter Smart City und digitale Verwaltung bei Prognos, fehlt vor allem ein klar definiertes Zielbild. Sonst komme man langfristig nicht über das Diskutieren und Planen hinaus.
Mit Förderung den Alltag bewältigen
Währenddessen sitzen die Kommunen vor einem Berg an Pflichtaufgaben, den sie personell und finanziell kaum stemmen können. Sandra Causemann, Referentin digitaler Wandel bei der Stadt Gütersloh, freut sich, dass sie im Rahmen der Förderung als Modellkommune viel ausprobieren konnte. Aber „es kann nicht sein, dass man als Kommune seinen Pflichtaufgaben nicht nachkommen kann, wenn man kein Förderexperte ist“. Aus einem Mehr
„DieGesellschaft hat sich verändert und hat neue Anforderungen an die Verwaltung. Wir müssen darauf reagieren“, betonte Kerstin Pliquett, Geschäftsleiterin des KDN – Dachverband kommunaler IT-Dienstleister auf dem e-nrwKongress in Neuss. Sie plädierte für eine aktive Verwaltung, die sich den Herausforderungen stellt, um die Handlungsfähigkeit des Staates zu sichern. Dabei sei die kommunale Ebene entscheidend.
Noch gebe es zu wenig Zusammenarbeit: „Es kann doch nicht sein, dass wir jetzt in NRW 40 verschiedene Chatbots auf den Weg bringen“, kritisierte Pliquett Die verschiedenen Ebenen müssten zusammengebracht werden, um an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten. Das sei ein Ziel des KDN. Schon seit Jahren gebe es Austausch und Kooperationen zwischen den IT-Dienstleistern. „Ansonsten hätten wir heute schon viel mehr Schwierigkeiten“, so Pliquett Doch durch die Zunahme von ITEntwicklungen und Komplexität
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Der ewige Ruf nach der Föderalismusreform
(BS/Tanja Klement) „Und wir müssen dann schauen, wie wir es umgesetzt bekommen.“ So enden die meisten Rückmeldungen aus Kommunen, wenn wieder eine neue Verordnung von Land oder Bund in Kraft getreten ist. Die kommunale Ebene fühlt sich alleingelassen, vergessen und bevormundet. Wäre es – gerade angesichts der klammen Kassen – nicht höchste Zeit, alle mit an den Tisch zu holen und die Rollen neu zu verteilen?
an Spielraum für neue Projekte sei längst eine Notwendigkeit für die Bewältigung des Alltags geworden.
Der Druck steige gerade immer weiter an, so Causemann. Mit diesem Eindruck ist sie nicht allein. Die
deutsche Verwaltung sei zu sehr in ihren preußisch geprägten Strukturen verhaftet, beklagt Robert Peter, Manager Öffentliche Verwaltung bei projecttogether. Für eine echte und zukunftsfähige Föderalismusreform will er ganz neu anfangen – zumindest in Gedanken. „Was wäre, wenn wir uns auf einem anderen Planeten neu organisieren müssten?“, fragt er leicht provokant. Anders formuliert: Welche Strukturen würden wir genau so wieder aufbauen, wie sie heute sind und was sollte grundlegend geändert werden, weil es sinnvoller erscheint? Für echte Reformen müsse man die gewohnten Strukturen grundlegend hinterfragen und nicht nur an dem weiterbasteln, was seit Jahrzehnten bemängelt werde.
„Die Daten laufen zwischen den Behörden – nicht die Menschen!“,
Gemeinschaft statt Einzelkämpfer
Nur durch Kooperation wird die Verwaltung zukunftsfähig
(BS/Anna Ströbele) Die digitale Transformation der Verwaltung in NRW erfordert eine gemeinsame Anstrengung. Standardisierung und der Abbau von Insellösungen sind für eine zukunftsfähige Verwaltung unerlässlich. Es gibt einige Positivbeispiele – doch noch nicht genug.
sowie den Ressourcenmangel werde das Thema immer wichtiger. Es brauche insgesamt mehr Standardisierung – der Gedanke an „meine Verwaltung“ müsse überwunden werden. Die Beantragung eines Reisepasses laufe beispielsweise in jeder Kommune gleich ab, verdeutlichte Pliquett. „Darauf müssen wir uns noch viel stärker einlassen. Das gilt für die Kommunen genauso wie für die kommunalen IT-Dienstleister“, sagte die Geschäftsleiterin. Persönliche Betrachtungen müssten zur Seite geschoben werden, um stattdessen gemeinsam nach vorne zu kommen.
Skalierung lohnt sich „Wir haben leider noch zu viel Klein-Klein“, bekräftigte auch Dr.
Alexander Bode , Vorstand der KommunalCampus eG. Immerhin gebe es aber schon viele Positivbeispiele für interkommunale Kooperation – etwa in seiner Heimat: In Bickenbach in Südhessen wird
„Die Gesellschaft hat neue Anforderungen an die Verwaltung. Wir müssen darauf reagieren.“
Kerstin
seit 40 Jahren gemeinsam mit zwei Nachbargemeinden eine Kläranlage betrieben. „Die haben so gut gewirtschaftet, dass wir seit drei Wochen die modernste Kläranlage Europas in Bickenbach haben. Das Wasser können Sie trinken“, erzählte Bode. Zwar habe dieses Projekt nichts mit Digitalisierung zu tun, räumte er ein, doch es zeige: „Die großen Themen können wir nur gemeinsam bewegen.“ Gerade in der Digitalisierung seien Skaleneffekte der „große Hebel“. Hier gebe es Verbesserungsbedarf in den Kommunen. Technisch sei vieles möglich, das beweise die Ausstellung auf dem e-nrw-Kongress. Auch die Mittel fehlten nicht, sie seien höchstens schlecht verteilt. Was fehle, seien klare Zuständig-
sei eine Idee aus den 70ern, betont Philipp Kuscher, Koordinator für Vertrieb und Marketing am SteinHardenberg Institut. Erreicht wurde dieses Ziel bisher nicht, auch wenn sich das mit der Registermodernisierung endlich ändern soll. Dabei verwendet Kuscher die Verwaltung sogar als Lehrbeispiel. Denn viele Bereiche der Verwaltung seien Datenarbeit in Reinform. Nur bleibe hier noch viel ungenutztes Potenzial auf der Straße liegen, weil darauf bestanden werde, dass nur Menschen die Daten richtig deuten könnten. Kuscher plädiert für ein Umdenken. Bei der E-Akte seien sich auch alle einig, dass es gut sei, wenn diese Daten digital vorlägen. Aber bei der automatisierten Auswertung sei die Skepsis auf einmal groß. Dabei könnten diese Werkzeuge den überlasteten Kommunalverwaltungen dabei helfen, ihren wachsenden Aufgaben weiterhin gerecht zu werden. Wie tief der Frust in der Verwaltung sitzt, wird klar, als Causemann erwidert, der so gewonnene Freiraum würde sofort durch andere, vielleicht sogar neue Aufgaben eingenommen. Außerdem gebe es dann ja keinen Grund mehr, die föderalen Strukturen zu reformieren.
keiten, bemängelte der Unternehmer: „Es gibt niemanden, der den Gesamtblick darauf hat. Dieses ‚Wir müssen mehr zusammenarbeiten‘ ist doch seit Jahren bekannt – aber es wird nicht gemacht, weil niemand die Verantwortung dafür übernimmt.“ Im Staat müsse sich am Ende niemand vor einem Gericht verantworten. Bode zeigte sich überzeugt, dass es hier mehr Druck brauche.
Wirksamkeit überprüfen
Michael Köhler, Director Consulting Public Sector bei KPMG, sprach sich ebenfalls für mehr Verantwortung und ein Wirkungsmonitoring aus. Die Kontrolle der Wirksamkeit von Zielen würde viel verändern, glaubt er. Darüber hinaus forderte er, mit dem Volk in Kontakt zu treten, um die Demokratie zu stärken. Klar wurde: Die digitale Verwaltung braucht mehr als nur Technik, sondern auch: Mut zur Veränderung, politische Verantwortung und echten Willen zur Zusammenarbeit.
Petra Waldmüller-Schantz, Director Academy bei Governikus, und Thomas Eichmüller, Fachbereichsleiter IT-Gesamtsteuerung beim LVR, sprachen über die Herausforderungen und Chancen von KI für die Cyber-Sicherheit. Alle Fotos: BS/Bildschön
Michael Köhler, Director Consulting im Bereich Public Sector bei KPMG, stellte die These auf, dass eine schlechte Digitalisierung die Demokratie destabilisieren würde.
Der Leiterin „Projektwerkstatt und KI“ bei IT.NRW, Maria Schmalenbach, zufolge können KI-Lösungen der Hebel sein, um die Leistungen in der öffentlichen Verwaltung zu verbessern.
Eine
Verwaltung schade
Vertrauen der Bürger in den Staat, ist Dr. Alexander Bode, hauptamtlicher Vorstand des KommunalCampus, überzeugt.
Kerstin Pliquett, Geschäftsleiterin des KDN, glaubt, dass mehr an gemeinsamen Lösungen gearbeitet werden muss.
Solange das Ziel nicht klar ist, ist es unerreichbar, sind sich Matthias Canzler (l.) und Robert Peter (r.) einig.
Pliquett, KDN
In den Arbeitsgremien der zuständigen internationalen Standardisierungsorganisation 3GPP (3rd Generation Partnership Project) beginnt aktuell die entscheidende Phase, in der Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie, staatlichen Einrichtungen und interessierten Organisationen die Anforderungen an Funktionen und Qualitätskriterien von 6G ausformulieren. Wer hier seine Vorstellungen erfolgreich einbringt, darf auf technologischen Vorsprung und Marktmacht in späteren Jahren hoffen.
Was davon tatsächlich umgesetzt werde, entscheide sich jedoch erst in späteren Bearbeitungsstadien, erklärt Dr. Mario Weiß von der Bundesnetzagentur (BNetzA) auf einem Treffen der „6G-Austauschplattform“ (AP6G) in Mainz. Die BNetzA ist für die Vertretung deutscher Interessen in internationalen Gremien des Telekommunikationssektors ITU-R und 3GGP zuständig. Dabei geht es nicht nur um Frequenzzuordnungen, sondern auch um Regulierung und technologische Standards. Über die von ihr organisierten Austauschplattform verschafft sich die Agentur einen kontinuierlichen Überblick über deutsche Aktivitäten sowie Aktivitäten in Sachen 6G. Gleichzeitig informiert sie Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie, Forschung und Verwaltung aus erster Hand über die internationale Gremienarbeit.
Hohe Ambitionen, zähe Diskussionen
Im koreanischen Incheon hat die 3GPP im März 2025 ein Art Kickoff-Workshop für alle Beteiligten veranstaltet, der nach Jahren der Forschung und Abstimmung die konkreten Arbeiten an 6G einläutete. Bis 2030 soll der Standard reif für den allgemeinen Wirkbetrieb sein. Rund 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren vor Ort. Online kamen weitere 900 hinzu. Dahinter stecken jeweils noch ganze Expertinnen- und Expertenteams, die hunderte Seiten an technischen Spezifikationen produzieren. Die Erwartungen an 6G sind hoch. Die Vervielfachung von Übertragungsraten und -kapazitäten im Vergleich zu 5G soll erreicht werden sowie minimale Latenzen, die Echtzeitkommunikation ermöglichen. Bei gleichzeitiger Minimierung von benötigter Energie und Wartung
China hat schon gewonnen
Sechste Generation des Mobilfunks in den Startlöchern
(BS/Dr. Barbara Held) Weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat das globale Rennen um den erwarteten 6G-Telekommunikationsmarkt Fahrt aufgenommen. Während die Spezifikationen des künftigen Standards erst in Umrissen zu erkennen sind, basteln die großen Hersteller weltweit bereits an 6G-Technologien für Industrie und Endkunden.
Klaus-Udo Marwinski, Leiter der Abteilung Technische Regulierung, Standardisierungsfragen Telekommunikation in der Bundesnetzagentur (BNetzA), begrüßt die Teilnehmenden der AP6G in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Foto: BS/bh
sollen völlig neue Nutzungsszenarien in Wirtschaft und Gesellschaft produziert werden. Die Diskussionen seien „zäh, zäh, zäh“, attestiert Weiß seinen internationalen Mitkämpferinnen und Mitkämpfern. Per E-Mail geht die Auseinandersetzung derzeit weiter, noch im Mai auch schon wieder bei persönlichen Nachfolgetreffen in Japan, Schweden und später in den USA. Erweitert, immersiv und ergänzend Deutschland spielt eine durchaus bedeutende Rolle bei der Entwicklung von 6G-Technologien. Es investiert stark in Forschung, insbesondere mit Programmen wie den „6G Research Hubs“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und über einschlägige wissenschaftliche Einrichtungen wie die Fraunhofer-Institute. Entsprechend profilierte Firmen wie Siemens oder Rohde & Schwarz arbeiten an internationalen 6G-Initiativen mit, um technologische Grundlagen und Standards mitzugestalten. Hinzu kommen bedeutende vertikale Sektoren: die Automobilindustrie mit ihrem Streben nach vollautomatisiertem Fah-
ren tritt beispielsweise als wichtiger Bedarfsträger auf.
Zu den angestrebten 6G-Einsatzschwerpunkten zählen holografische Kommunikation, etwa für große Konferenzen oder vielleicht auch Parlamente, sowie Szenarien mit erweiterter Realität (Extended Reality) und immersiver Kommunikation, die „lebensechte“ Interaktionen mit weit entfernten oder unerreichbaren Umgebungen ermöglichen. Vorstellbar sind ebenfalls „Integrated Sensing & Communication (ISAC)“Szenarien, in denen visuelle und akustische Informationen in Echtzeit durch eine Vielfalt von Sensordaten ergänzt werden. Unter dem Label „Net4AI“ kommt die erklärte Absicht daher, 6G-Netze als native Plattform für Künstliche Intelligenz (KI) zu gestalten, um Entwicklung und Betrieb der Netze vollständig zu automatisieren. Selbstverständlich soll auch die Satellitenkommunikation in Zukunft nahtlos in die terrestrischen Netze integriert betrieben werden. Quer durch alle Anwendungsbereiche ziehen sich die Themen Sicherheit und Verschlüsselung, bei denen man unter anderem auf Quantencomputing setzt.
Die 3GPP betreibt die Standardisierung der Mobilfunksicherheit in der eigenen Arbeitsgruppe SA3. Ab September gehe hier die Arbeit an 6G-Sicherheit in Release 20 los, berichtete Johannes Dörr, ebenfalls von der BNetzA.
BOS als positives Beispiel Der deutsche Einfluss auf die 3GPP-Standardisierung ist vergleichsweise gering. Nur rund 68 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden aus Deutschland arbeiten aktiv mit. Michael Doubrava, der für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dort gern Sicherheitsfunktionen im Standard als „verpflichtend“ verankern würde, weiß warum: Hersteller wie Bedarfsträger schreckten vor dem enormen personellen Aufwand eines 3GPP-Engagements zurück. Zudem seien Standards gleichzeitig zu vage und zu komplex. Konferenzmoderator Weiß wird dennoch nicht müde, die deutsche 6G-Gemeinde zur Mitwirkung aufzufordern – und sei es nur, indem die jeweiligen Interessen über die BNetzA eingebracht werden. Ein erfolgreiches Bespiel hierfür ist die Verankerung von BOS-Interessen bereits in den Vorgängerstandards 4G und 5G. Hier gelang es den nationalen BOS-Digitalfunkbetreibern im Verbund mit ihren Regulatoren, also auch der BNetzA und dem internationalen Branchen-Verband TCCA (The Critical Communications Association), die bewährten Dienste und Funktionalitäten des Tetra-Funks weitgehend in die Breitband-Welt zu übertragen. Damit können Polizei, Feuerwehren und andere Akteure der kritischen Kommunikation ihren Telekommunikationsbedarf künftig grundsätzlich aus dem Mainstream-Markt decken.
Vorreiter China und Südkorea Hinter den Standardisierungskulissen konkurrieren die globalen Technologie-Giganten vorab um die innovativsten Implementierun-
gen des noch gar nicht abgestimmten Standards. Weiß hat da eine klare Einschätzung: „China hat schon gewonnen“ – im Vergleich zum Hauptkonkurrenten USA, der „hintendran“ liege. In Fernost hat man schon den ersten Prototyp eines 6G-Mobiltelefons vorgelegt und im Übrigen hält China 35 Prozent der weltweiten 6G-Patente. Ebenfalls als einer der Spitzenreiter im 6G-Wettlauf gilt Südkorea. Mit dem Plan „K Network 2030“ strebt die dortige Regierung an, bereits bis 2028 erste 6G-Dienste kommerziell einzuführen. Dabei ist der Rollout des Vorgängerstandards 5G global noch in vollem Gange. „Da ist noch viel Luft nach oben“, so Weiß. Derzeit funken international nur ca. 60 sogenannte 5G-SA(Stand-Alone)-Netze, die den Standard voll ausnutzen können. Viele Länder sind noch ganz ohne 5G-Netz oder nur mit 5G-NSA versorgt, das sich hilfsweise vorhandener 4G-Infrasstrukturen bedient. Laut aktuellen Statistiken der BNetzA beträgt die Flächenabdeckung mit 5G-SA in Deutschland insgesamt 90 Prozent.
„Beim Roll-out ist noch viel Luft nach oben.“
Dr. Mario Weiß, Bundesnetzagentur
Was man aus der 5G-Erfahrung für die 6G-Standardisierung gelernt hat? „Minimize complexity, maximize performance“ („Komplexität minimieren, Leistung maximieren“), formuliert die schwedische Firma Ericsson die überwiegende Sichtweise. Der 5G-Standard habe mit seinen unendlichen Konfigurationsmöglichkeiten zu hoher Komplexität geführt. Ein entsprechend komplizierter und verzögerter Roll-out sei der Preis, den man dafür zahle. Das will man bei 6G vermeiden. Im November dieses Jahres treffen sich die Expertinnen und Experten der deutschen 6G-Austauschplattform wieder in den Mainzer Räumen der BNetzA, um die Fortschritte zu analysieren und gegebenenfalls Initiativen abzustimmen.
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Von der Anbindung von Online-Antragsdiensten mit FITConnect über Marktplatzlösungen für Cloud-Services oder EfA-Leistungen bis hin zur Online-Lernplattform eGov-Campus: Das Produktportfolio des IT-Planungsrats deckt ein breites Spektrum an Produkten für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ab. Die Einführung der Produkte erfolgte in der Regel bereits vor der Gründung der FITKO im Jahr 2020. Eine Analyse der Produktgremien aus dem Jahr 2022 von damals elf Produkten hatte gezeigt, dass die Produkte insgesamt mehr als 45 Gremien besitzen. Teilweise waren einzelne Personen in mehreren Gremien vertreten. Die Zahl der Mitglieder und Gremien pro Produkt schwankte extrem: Beispielsweise besaß das größte Gremium 139, das kleinste Gremium nur drei Mitglieder. „In Zeiten von Multi-Krisen und rasanter technologischer Umwälzungen braucht eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung, resiliente Lösungen und reaktionsschnelle Umsetzungsstrukturen. Hierfür liefert das Produktmanagement-Modell zeitgemäße Antworten: Für eine erfolgreiche föderale Produktarbeit sind einheitliche Governance-Prin-
Jenseits der demografischen Entwicklung stellen die konkreten Auswirkungen der Klimaerwärmung und der voranschreitenden Digitalisierung von Staat und Gesellschaft die öffentliche Verwaltung vor enorme Herausforderungen. Da diese Herausforderungen nur bedingt innerhalb bestehender und tradierter Logiken und Strukturen gelöst werden können, entsteht ein zunehmender Transformationsdruck für die öffentliche Hand. Werden die verschiedenen Aspekte dieses Drucks nicht integriert verstanden und gelöst, sondern weiter in Silos und Inseln gedacht und angegangen, besteht die Gefahr, dass Synergien nicht ausgeschöpft, gegenteilige Effekte ausgelöst und Kipppunkte überschritten werden. So kann eine strategisch schlecht gesteuerte Digitalisierung der Verwaltung zu einem erhöhten Energie- und Ressourcenverbrauch führen, ohne dabei ausgleichende Effizienzeffekte zu erzielen. Studien kommen zum Ergebnis, dass die aktuelle Form der Digitalisierung in Deutschland die ökologischen Herausforderungen verschärft. Auch finanzielle, personelle und administrative Ressourcen sollten zur Bewältigung dieser Herausforderungen durch die öffentliche Hand möglichst zielgerichtet eingesetzt werden.
Neues Produktmanagement-Modell
IT-Planungsrat verbessert Steuerung seiner Produkte
(BS/FITKO) Die FITKO (Föderale IT-Kooperation) steuert als Umsetzungsorganisation des IT-Planungsrats aktuell 15 Produkte in dessen Auftrag. Bis Ende 2025 führt die FITKO ein neues Produktmanagement-Modell ein, das der IT-Planungsrat im Herbst 2024 verabschiedet hat. Es soll die Steuerung der Produkte vor dem Hintergrund wachsender Anforderungen an die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung weiter verbessern.
zipien, die konsequente Ausrichtung der Produkte an den Nutzerinnen und Nutzern sowie eine moderne Softwareentwicklung entscheidend“, erklärt Stephan Bartholmei, Leiter Produktmanagement in der FITKO.
Kernelemente des Modells Leitprinzipen für die Steuerung der Produkte nach dem neuen Modell sind schlanke föderale Arbeits- und Gremienstrukturen, der zielgerichtete Einsatz agiler Methoden und die Ausrichtung an Wertschöpfungsketten. In den einzelnen Produkten ist das Produktteam für die fachliche Steuerung von Weiterentwicklung und Betrieb zuständig. Um die Anforderungen von Stakeholdern aufzunehmen, wird erstmals ein produktübergreifendes strategisches Anforderungsmanagement einge-
führt. Dieser IT-gestützte Prozess soll die strukturierte Aufnahme, Priorisierung und Umsetzung von Anforderungen ermöglichen sowie Abhängigkeiten und Synergien zwischen den Produkten sichtbar machen.
Schlanke Gremienstrukturen Ein weiterer zentraler Baustein des Modells ist die Veränderung der Gremienstrukturen: Jedes Produkt erhält ein Produktboard aus ausgewählten Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern und der FITKO. Kommunen können stimmberechtigt am Produktboard beteiligt werden, wenn diese wesentliche Beiträge zum Produkt leisten. Das Produktboard agiert als Steuerungsgremium im Rahmen der Dachstrategie, der Zielbilder und Beschlüsse des ITPlanungsrats. Weitere Untergre-
Grün durch IT
mien für Produkte sollen nur noch dann gegründet werden, wenn diese maßgeblich zum Produkterfolg beitragen. Durch diese Regelungen erwarten sich IT-Planungsrat und FITKO eine deutlich effizientere Zusammenarbeit aller föderalen Ebenen. Die ersten sechs Produktboards haben ihre Arbeit in den vergangenen Wochen bereits aufgenommen.
Steuerungsansätze Eine weitere wichtige Neuerung ist die Zuordnung eines Produkts zu einem von insgesamt drei Steuerungsansätzen. Die Steuerungsansätze regeln die Aufteilung der strategischen und operativen Verantwortungstiefe zwischen FITKO und Partnerinstitutionen: „Wir brauchen in der Verwaltungsdigitalisierung verbindliche Strukturen und strategische
Steuerung, sonst verlieren wir uns in Komplexität. Mit den neuen Steuerungsansätzen schaffen wir einen einheitlichen Rahmen, der Verantwortung klar zuordnet, Redundanzen vermeidet und die Weiterentwicklung der Produkte gezielt vorantreibt. So stärken wir die Produkte des IT-Planungsrats und ermöglichen eine zielgerichtete föderale Zusammenarbeit“, so Dr. André Göbel, Präsident der FITKO.
Die Veränderungen im Produktmanagement für die Produkte des IT-Planungsrats äußern sich auch in einer einheitlichen Geschäftsordnung für alle Produkte. Allgemeine Teilnahmebedingungen vereinfachen zudem den Beitritt von Bund und Ländern zu einem Produkt. Gemeinsam bilden sie den rechtlichen und organisatorischen Rahmen für die föderale Produktarbeit: „Wir sind davon überzeugt, dass das Produktmanagement-Modell die Wirksamkeit der Produkte des IT-Planungsrats deutlich erhöhen wird“, sagt Jörn Riedel, CIO der Freien und Hansestadt Hamburg. „Ein mit dem Modell verabschiedeter Produktübernahmeprozess sichert zudem die strategische Weiterentwicklung des Portfolios des IT-Planungsrats.“
Verwaltungsdigitalisierung als Hebel zur ökologischen Nachhaltigkeit (BS/Sander Frank) Verwaltungsdigitalisierung und ökologische Nachhaltigkeit wirken auf den öffentlichen Sektor disruptiv. Sie sollten integriert gedacht und gemeinsam angegangen werden, um Synergien zu heben und Lock-in- sowie Rebound-Effekte zu vermeiden. Eine aktuelle Publikation bereitet diese sogenannte „Zwillingstransformation“ (Twin Transition) aus verwaltungswissenschaftlicher Perspektive auf.
zukunftsfähige Verwaltung entsteht dort, wo Technik und Umwelt zusammengedacht werden.
Das Potenzial von Klimadaten Auf Ebene der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland existie ren verschiedene Vorgaben und Rahmenwerke, die eine Verknüpfung von Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit eruieren und auch als Zielsetzung vor geben. In der Praxis findet diese Verknüpfung in Deutschland eher punktuell als systematisch statt. Die Relevanz
von Klima- und Umweltdaten für eine gelingende Nachhaltigkeitstransformation ist durch unterschiedliche Studien, Strategien und Leuchtturmprojekte nachgewiesen. Digitale Technologien eröffnen die Möglichkeit, herkömmliche Formen des Klima- und Umweltmonitorings (Audits, Gutachten und Organisations- sowie Prozessanalysen) grundlegend zu verändern. Digitale Technologien, Anwendungen und Systeme schaffen die Voraussetzungen für eine kontinuierliche, datenbasierte Echtzeitüberwachung und -steuerung klimarelevanter Prozesse und Entscheidungen im Rahmen moderner Klima- und Umwelt-Governance. Vor diesem
Hintergrund gewinnt die Verwaltungsdigitalisierung zusätzlich an Bedeutung. Durch die Erledigung öffentlicher Aufgaben erhebt und nutzt die öffentliche Verwaltung eine Vielzahl an klima- und umweltrelevanten Daten. Trotz dieser Rolle bleibt die Verwaltung in vielen Strategien und Leitlinien zur Verknüpfung von Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit aber als Akteurin unbeleuchtet. Sie wird oft unter den Begriff der Politik subsumiert. Konkrete Steuerungsfunktionen und Handlungsspielräume einer digitalisierten Verwaltung wurden im Kontext der ökologischen Nachhaltigkeit eher sporadisch als umfassend untersucht.
Mehrwerte schaffen
Die Bedeutung der Verknüpfung von Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit ist im wissenschaftlichen und politischen Spek-
trum angekommen. Noch fehlt es an überzeugenden ganzheitlichen und vor allem in der Verwaltungspraxis anwendbaren Leitbildern, Zielen und Strategien, die diese Verknüpfung konkret umsetzbar machen und Orientierung zur Erreichung der Ziele liefern. Für politische Entscheidungsträger und Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung muss der Mehrwert der Digitalisierung für die ökologische Nachhaltigkeit deutlich sichtbarer und konkreter werden. Genauere Folgenabschätzungen, Simulationen und Visualisierungen klimapolitischer Maßnahmen, kontinuierliches Monitoring getroffener Entscheidungen und Indikatoren, ganzheitliche Frühwarnsysteme für etwaige Klimakatastrophen oder knapp werdende Ressourcen wie Wasser sowie die Möglichkeit der datenbasierten Entscheidung im klimapolitischen Kontext sind nur einige Beispiele der potenziellen Mehrwerte der Verknüpfung von Verwaltungsdigitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit.
Kommunale Verantwortung Weiterhin besteht ein Defizit an vertieftem Verständnis hinsichtlich der Rolle der öffentlichen Verwaltung in der Steuerung und operativen Umsetzung klimarelevanter Aufgaben. Insbesondere in Kommunalverwaltungen scheinen die Klima- und Umweltauswirkungen des Verwaltungshandelns ohne aufwendige Gutachten, Audits oder Untersuchungen nicht vollständig und verlässlich abbildbar zu sein. Klassische Verwaltungsaufgaben mit Planungs- und Genehmigungsverfahren wie beispielsweise Stadtplanung, Investitionsplanung, Flächennutzungsplanung, Mobilitätsplanung, Klimaschutzstrategie-
erstellung, Energie- und Wärmeplanung, Liegenschaftsplanung oder Ausschreibungswesen könnten von einer strategisch gesteuerten Verwaltungsdigitalisierung genauso profitieren wie künftige neu hinzukommende Aufgabenbereiche. Zudem bleibt festzuhalten, dass die Frage, ob die Digitalisierung positive oder negative Effekte auf die ökologische Nachhaltigkeit hat, je nach Studie und Untersuchungsmethode unterschiedlich beantwortet wird. Gleichwohl wird immer wieder betont, dass eine zielgerichtete Steuerung der Digitalisierung erforderlich ist, um negative Auswirkungen zu vermeiden und Synergien zu fördern. In diesem Sinne gilt es, die Verknüpfung von Verwaltungsdigitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit weiter zu ergründen und Handlungsempfehlungen sowie konkrete, in der Verwaltungspraxis anwendbare Leitbilder, Strategien und Technologien zu entwickeln. Die vollständige Untersuchung „Verknüpfung von Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit“ findet sich im Sammelband „Die öffentliche Verwaltung unter Transformationsdruck“ (Boockmann, B., Braun, H., Dillbahner, A., Tonn, H.: Hrsg.) im Nomos-Verlag.
Sander Frank forscht und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promotionsstudent am „The Open Government Institute“ der Zeppelin Universität in Friedrichshafen hauptsächlich zu den Implikationen und Potenzialen der Verknüpfung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit in Politik und öffentlicher Verwaltung im Kontext der „Twin Transition“.
Er ist seit 2019 Mitglied im Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen und war von 2018 bis 2021 Mitglied im Beirat der Landesregierung Baden-Württemberg für nachhaltige Entwicklung. Foto: BS/privat
Für die Studie wurden die Kommunen befragt, die im Rahmen des 820-Millionen-Euro-Programms „Modellprojekte Smart City“ (MPSC) der Bundesregierung gefördert werden. 25 der 73 Kommunen antworteten. Die meisten gaben beispielsweise an, dass der Ausbau der digitalen Infrastruktur und Technologien ein grundlegendes Ziel ihrer Digitalstrategie sei. Auch die Förderung von Innovationen und datenbasiertem Handeln sowie die Steigerung von Effektivität und Effizienz standen bei den Befragten hoch im Kurs. Bei unterschiedlichen Meinungen bezüglich der strategischen Ausrichtung entscheide häufig die politische (also kommunale) Vertretung, gab etwa die Hälfte der Kommunen an.
„Kommunen entwerfen SmartCity-Maßnahmen, um für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen attraktiv zu sein.“
Werner Achtert, Vorstandsmitglied des NEGZ
Schluss mit Silos
Smart-City-Erfolg hängt vom politischen Willen ab
(BS/Paul Schubert/Anna Ströbele) Wie können sich Smart-City-Modellprojekte und kommunales E-Government gegenseitig stärken und dauerhaft verzahnt etabliert werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich die NEGZ-Kurzstudie Smart City und Smart Government, die mit Unterstützung von msg entstanden ist. 25 Smart-City-Kommunen haben Einblicke in ihre organisatorischen Strukturen, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren gegeben. Es zeigt sich, dass die politische Ebene und der Wissensaustausch einen entscheidenden Einfluss haben.
In einer Diskussionsrunde beim Digitalen Staat Online wurden die Ergebnisse vorgestellt. Stephan Jarvers, Mitautor der Studie und Projektleiter für die Digitalstrategie und technische Weiterentwicklung des Landkreises Osnabrück, erklärte, dass die Kommunen „Brückenbauer“ als zentrale Akteure bräuchten, die einzelne Silos verbänden und Organisationskulturen weiterentwickelten.
Laut Prof. Dr. Christian Schachtner , Mitautor und Vizepräsident für Bildung und Nachhaltigkeit an der Hochschule RheinMain, sei es eine große Herausforderung, Entscheidungsverantwortung von Gremien zu delegieren, damit gewisse Entscheidungsspielräume besser genutzt werden könnten. Das Problem der politischen Ver-
antwortung bestehe nämlich darin, dass Gremien nur in bestimmten Zeiträumen des Jahres entscheiden würden.
Die Stadt Gießen versucht hier proaktiv zu handeln. So berichtete Hendrik Schaus , Leiter der Stabsstelle Organisationsentwicklung und digitale Strategie der hessischen Stadt, dass man eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gegründet habe. Mit dabei seien interessierte Stadtverordnete, die sich in regelmäßigen, geschlossenen Treffen mit dem für Smart City zuständigen Team über Themen wie Klimaschutz, Mobilität, Handel und Tourismus austauschten.
„Dort können die politische Perspektive und die Verwaltungsperspektive eingebracht und gegenseitiges Verständnis geschaffen werden“, so Schaus. Das Zusammenspiel zwischen Politik und Ver-
waltung habe sich dadurch verbessert. Grundsätzlich unterstütze die politische Ebene die Vorhaben im Digitalisierungs- und Smart-CityBereich. Bei der großen Mehrheit der Kommunen werde die organisationsübergreifende Anwendbarkeit neuer Lösungen und Technologien bei ihrer Einführung beachtet. Einige Befragte gaben allerdings an, dass die Organisationsbereiche ihrer Kommune nicht auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiteten.
Mehr Wissensaustausch nötig Teilweise förderten Führungskräfte in den Augen der Befragten den organisationsübergreifenden Austausch zu wenig. Dabei sei dieser ein Treiber für die Synergieeffekte zwischen E-Government und Smart City, sagte Jarvers. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzender beim
Bundesverband Smart City, Stefan Slembrouck, identifizierte das Silodenken als Kernproblem: „Es ist sehr schwierig, die Erfahrungen des Smart-City-Teams auf Verwaltungsprozesse zu übertragen.“ Auch gebe es selten Erfahrungen im Projektmanagement. Dabei könne diese Methode dabei helfen, abteilungsübergreifend zusammenzuarbeiten.
„Nur Mut zu fordern bringt nichts in einer Verwaltung, die sehr auf Rechtssicherheit gepolt ist“, ergänzte er. Daher brauche es auch in diesem Sinne die richtigen Rahmenbedingungen. In Einzelprojekten könnten die neuen Prozesse eingeübt werden, damit die Abteilungen und ihre Mitarbeitenden neue Wege gehen könnten – „ohne direkt attackiert zu werden, wenn es mal nicht funktioniert“, resümierte Slembrouck
Beim Thema Nachnutzbarkeit wurde unter anderem untersucht, welche Ansätze von anderen Kommunen übernommen werden konnten. Die befragten Kommunen nannten als wichtigste Gründe für den interkommunalen Austausch die Erweiterung des eigenen Wissens, den Austausch von Best Practices und die Optimierung von Abläufen.
Fortführung wahrscheinlich Mit Blick in die Zukunft untersuchte die Studie auch die Fortführung der Smart-City-Initiativen nach Ende der Förderung. Die meisten Kommunen äußerten sich optimistisch. Etwa zwei Drittel hielten es für sehr wahrscheinlich, dass die Initiative auch nach der Förderung weitergeführt werde. Die Ergebnisse seien bemerkenswert, weil die kommunale Finanzierung „unter Rechtfertigungsdruck“ stehe und die Kommunen „unter sinkenden Einnahmen – Stichwort Gewerbesteuer – leiden“, betonte Jarvers Dass eine Fortführung dennoch als attraktiv gilt, lasse sich auch durch andere Faktoren erklären: So führte Werner Achtert , Mitautor und Vorstandsmitglied des NEGZ, aus, dass Smart City ein Wettbewerbsfaktor für Städte geworden sei: „Kommunen entwerfen Smart-CityMaßnahmen, um für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen attraktiv zu sein.“
Mediathek & Studie
Die Diskussionsrunde kann unter digitaler-staat/mediathek unter „NEGZ Spezial: Smart City trifft E-Government –Synergieeffekte nutzen, Digitalisierung voranbringen“ nachgeschaut werden. Die NEGZ-Kurzstudie kann unter diesem QR-Code abgerufen werden: https://negz.org/publikation/smart-city-und-smart-government/
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Smart vernetzt: Immer mehr Städte denken E-Government und Smart-City-Strategien gemeinsam. Foto: BS/jamesteohart, stock.adobe.com
Ü
ber 90 Prozent der Menschen in der EU nutzen mindestens einmal pro Woche das Internet –doch fast die Hälfte verfügt nicht über grundlegende digitale Fähigkeiten. Nur 56 Prozent der Europäerinnen und Europäer haben laut Eurostat grundlegende oder darüber hinausgehende digitale Kompetenzen. Deutschland liegt mit 52 Prozent leicht unter diesem Durchschnitt. In den Niederlanden (83 Prozent) und Finnland (82 Prozent) war der Anteil der Menschen mit mindestens grundlegenden digitalen Fähigkeiten am höchsten. In den letzten zwölf Monaten nutzten 70 Prozent der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger eine Website oder eine App einer Behörde. Die Spitzenreiter sind Dänemark mit 99 Prozent, die Niederlande mit 96 Prozent sowie Finnland und Schweden mit jeweils 95 Prozent. In Deutschland nutzten hingegen nur 60 Prozent der Bürger E-Government-Angebote.
Weniger klassische Formulare Die häufigsten Gründe für die Nutzung digitaler Verwaltungsangebote in der EU waren das Einholen von Informationen über Leistungen, Gesetze, Öffnungszeiten oder Ähnliches (44 Prozent), der Zugang zu persönlichen Informationen (40 Prozent) und das Herunterladen oder Ausdrucken amtlicher Formulare (38 Prozent). Der letzte Wert nimmt seit 2022 ab – ein Hinweis darauf, dass EUweit immer weniger Formulare ausgedruckt oder als PDF eingereicht werden müssen.
Unter EU-Durchschnitt
Deutsches E-Government deutlich seltener genutzt
(BS/Anna Ströbele) Die diesjährige Eurostat-Veröffentlichung „Digitalisierung in Europa“ zeigt: Immer mehr Menschen nutzen digitale Behördenangebote, Deutschland liegt jedoch unter dem EU-Mittelwert. Bei der Nutzung der eID ist der Unterschied zu unseren Nachbarländern am größten.
von 41 Prozent aller EU-Bürger verwendet. Während Dänemark und Norwegen hier 98 Prozent erreichen, liegt der deutsche Wert mit nur neun Prozent weit darunter und ist einer der geringsten in der EU. Für das Jahr 2024 wurden keine neuen Eurostat-Daten zur eID erhoben.
Laut dem eGovernment Monitor, einer Befragung der Initiative D21, hatten 2023 14 Prozent der Deutschen und im darauffolgenden Jahr 22 Prozent den Online-Ausweis mindestens einmal genutzt. Allerdings werden in der D21-Studie grundsätzlich nur alle Personen befragt, die das Internet nutzen, während die Studie von Eurostat auch Menschen ohne Internetnutzung berücksichtigt.
Auch die Gesundheit wird digitaler: So suchten 63 Prozent der europäischen Internetnutzer im Jahr 2024 nach Gesundheitsinformationen online. 43 Prozent vereinbarten einen Arzttermin im Internet und 30 Prozent riefen ihre persönlichen Gesundheitsdaten online ab.
Die Veröffentlichung finden Sie unter folgendem Link: https://ec.europa.eu/eurostat/web/interactivepublications/digitalisation-2025
Menschen aller Altersgruppen nutzen die Websites von Behörden, um Informationen zu erhalten. In der EU war der Anteil jedoch bei den 25- bis 64-Jährigen am höchsten (50 Prozent), gefolgt von den 16- bis 24-Jährigen (40 Prozent) und den 65- bis 74-Jährigen (38 Prozent). In Deutschland liegen die Zahlen knapp unter dem Durchschnitt. So sind es in der Gruppe der 25- bis 64-Jährigen 46 Prozent und bei den 16-24-Jährigen und 65-74-Jährigen je 36 Prozent. Im deutschen Fall ist auffällig, dass die Gruppe der Jüngeren sowie die Gruppe der Senioren den gleichen Anteil aufweisen. In anderen Staaten gibt es hingegen große Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Das hat zur Folge, dass der deutsche Wert in der mittleren, der größten Altersgruppe (25-64-Jährige), der fünftgeringste ist, während der deutsche Wert in der Gruppe höheren Alters ungefähr dem europäischen Median entspricht.
Diese Aufgabe übernimmt künftig ein intelligenter Agent – automatisch, zuverlässig und datenschutzkonform. Im Kontext des IT-Verfahrens ALLEGRO haben Architekten der BA und Kollegen von Capgemini sinnvolle Use Cases für KI-Agenten erarbeitet und setzen die Agenten zur Erstellung von Jira-Tickets um – ein aus unserer Sicht sehr vielversprechender Use Case. ALLEGRO bildet zentrale Förderprozesse nach dem SGB II ab – von der Antragstellung über die Bewilligung bis zur Abrechnung und Bescheidung. Das System wird von über 40.000 Anwendern genutzt und verarbeitet jährlich ein Transaktionsvolumen im Milliardenbereich.
Weniger Routine, mehr Wirkung Verwaltungen kämpfen mit wachsenden Aufgaben, komplexen ITLandschaften und knappen Ressourcen. Gleichzeitig schlummern gerade in den standardisierten Prozessen enorme Potenziale für Automatisierung – wenn sie intelligent umgesetzt werden. Klassische Lösungen zur Robotic Process Automation (RPA) stoßen dabei schnell an ihre Grenzen. Mit Sprachmodellen, also Large Language Models (LLMs), eröffnet sich ein neuer Weg: flexibel, kontextsensitiv und sprachbasiert. Genau hier setzt das Pilotprojekt der Bundesagentur für Arbeit an.
Was genau passiert da?
Statt Tickets manuell zu erstellen, übernimmt ein System aus mehreren KI-Agenten die Arbeit. Ein Reader-Agent liest die Anforderung, extrahiert relevante Inhalte aus RFCs oder User Stories. Ein
Kaum genutzte eID Besonders deutlich wird die Kluft zwischen Deutschland und seinen Nachbarn bei der elektronischen Identität (eID). 2023 wurde diese
KI-Agenten für die Verwaltung
Wie die Bundesagentur für Arbeit große Sprachmodelle einsetzt
(BS/Eldar Sultanow/Florian Winzer*) Die Bundesagentur für Arbeit (BA) setzt ein Zeichen: Mit dem gezielten Einsatz von KI-Agenten auf Basis großer Sprachmodelle testet sie, wie sich technologische Innovation mit den hohen Anforderungen des öffentlichen Sektors vereinen lässt. Das Ziel ist ambitioniert: Änderungsanforderungen (Request for Change, kurz RfC-Dokumente) und Nutzeranforderungen (User Stories) sollen nicht mehr von Menschen in Jira-Tickets übersetzt werden.
Planner-Agent zerlegt die Aufgabe in konkrete Arbeitsschritte. Und ein Creator-Agent erstellt daraus automatisch ein vollständiges JiraTicket – mit Titel, Beschreibung, Priorität, Aufwandsschätzung und Kategorie (Art des Tickets – aktuell Defaultwert: „Aufgabe“). Die Aufwandsschätzung ist derzeit noch nicht implementiert. Das System muss zunächst mit Tausenden Tickets trainiert werden, wobei es gilt, verschiedene Parameter wie Kategorie, Themengebiete, Schätzgrundlagen und Puffer zu berücksichtigen.
Human-in-the-Loop Abschließend prüft ein ReviewerAgent das Ergebnis auf Konsistenz und Dubletten. Wenn der Reviewer-Agent „Fehler“ findet, gibt er seinen Befund wieder dem Reader-Agent als Input mit. Und das ist ein entscheidender Unterschied zur klassischen Automatisierung, deren Ergebnis deterministisch ist. Agenten verhalten sich analog zu Menschen: zwei vergleichbar gut qualifizierte Gruppen von Menschen würden auch nicht zu zwei wortgleichen Ergebnissen kommen.
Dennoch wären die Ergebnisse beide gut genug, um basierend darauf weiterzuarbeiten. Dieselbe Güte erreicht hier eine Gruppe von AIAgents. Der „Human-in-the-Loop“ gibt die Tickets final frei. Klingt
futuristisch? Ist es nicht. Es läuft bereits – in einer sicheren, abgeschirmten Pilotumgebung.
Technisch ganz vorne dabei Zum Einsatz kommen ausschließlich lokal betriebene Modelle. Technisch lässt sich das Ganze auch in einer Cloud betreiben – ob private, hybrid oder public. Modelle wie Aleph Alpha (mit seinen datenschutzkonformen APIs), LLaMA, Mistral oder Qwen liefern die nötige Intelligenz. Gesteuert wird das Ganze über CrewAI, eine OpenSource-Plattform für koordinierte Multi-Agenten-Systeme. Die Pilotumgebung ist vollständig in die lokale Jira-Instanz der Bundesagentur für Arbeit integriert. Dies erfolgt über klar definierte Schnittstellen, die von der Jira-API bereits gestellt werden sowie und das Logging der verwendeten Frameworks.
Die ersten Ergebnisse sind beeindruckend
• Die automatisierte Erstellung von Jira-Tickets funktioniert in den meisten Fällen reibungslos, mit Ausnahme von sehr großen RfC-Dokumenten.
• Der wiederkehrende Aufwand, Tickets anzulegen, zu formulieren (Copy & Paste), die Beschreibung zusammenzufassen, einzufügen und zu speichern, entfällt.
• Der Agent erstellt automatisch ein Ticket pro RfC mit den korrek-
ten Eigenschaften wie Titel, Beschreibung und weiteren Details.
• Titel und Beschreibung sind in den meisten Fällen plausibel und verständlich und spiegeln den Inhalt der Lösungsvorschläge gut wider.
Die Systemarchitektur erfüllt die Anforderung, dass das gesamte Training sowie die Verwendung der KI in der geschlossenen IT-Infrastruktur des IT-Systemhauses der Bundesagentur für Arbeit stattfinden. Das heißt, dass keine Daten die Infrastruktur der Bundesagentur verlassen und alles On-Premise läuft.
KI ist kein Zauberstab Eine besondere Herausforderung war die Integration in eine hochsichere On-Premise-Architektur. Dies erforderte umfangreiche Abstimmungen zwischen verschiedenen Einheiten, einschließlich Betrieb und Sicherheit. Unklare oder widersprüchliche Anforderungen führen zu Fehlern. Die Modelle müssen regelmäßig aktualisiert werden, was in einer rein lokalen Umgebung mehr Aufwand bedeutet. Und: Ohne Schulung wird der Mensch vor dem Bildschirm nicht automatisch zum KI-Experten. Deshalb gehört diese und eine Begleitung genauso zum Projekt wie die Technik selbst. RfC-Dokumente können unterschiedliche Größen haben. Große RfCs umfassen teilweise über 20
Seiten. Beim Verarbeiten eines großen RfCs mit 26 Seiten ist es zu Beispiel vorgekommen, dass das für die Anfrage an das LLM festgesetzte Token-Grenze von 8192 (2^13) Tokens überschritten (die Anfrage umfasste 8732 Tokens) wurde. Da die ersten Seiten unnötige Formalien und Leerzeichen enthielten, konnten diese aus der Anfrage gelöscht werden. Dadurch blieb die Anfrage innerhalb des Tokenlimits und das Ticket konnte erstellt werden.
Ein Blick nach vorn Was hier als Pilot begonnen hat, hat das Potenzial, zur Blaupause für die gesamte öffentliche Verwaltung zu werden. Auch wenn das Projekt noch viel Forschungs- und Umsetzungsleistung erfordert, könnten KI-Agenten künftig nicht nur in Jira unterstützen, sondern auch Fachverfahren, Dokumentenmanagement oder Bürgerkommunikation entlasten. Entscheidend ist, dass die Technologie nicht um ihrer selbst willen eingesetzt wird, sondern dort, wo sie einen echten Mehrwert schafft.
Verwaltung mit KI geht – jetzt
Die Bundesagentur für Arbeit zeigt, wie mit klarem Blick, solider Architektur und Mut zur Umsetzung neue Wege beschritten werden können. KI-Agenten übernehmen keine Jobs – sie übernehmen Routineaufgaben. So können Menschen das tun, was zählt: Entscheidungen treffen, Verantwortung tragen und Zukunft gestalten.
*Eldar Sutanow ist Architect bei Capgemini. Florian Winzer arbeitet für das ITSystemhaus der Bundesagentur für Arbeit, IT-Verfahren ALLEGRO.
70 Prozent aller EU-Bürger haben 2024 eine Website oder App einer Behörde genutzt – in Deutschland waren es mit 60 Prozent deutlich weniger. Foto: BS/Harsha, stock.adobe.com
Nicole Matthöfer, die Präsidentin der CSBW, sieht in der Entwicklung unter anderem eine stärkere Professionalisierung von Cyber-Kriminellen sowie ein steigendes Bewusstsein für Cyber-Sicherheit im Allgemeinen. „Diesen Trend schreiben wir durch unsere Angebote entschieden fort“, erklärte die Präsidentin in einer Mitteilung der Landesoberbehörde.
Aus dem Bericht geht hervor, dass die CSBW im abgelaufenen Jahr 517 unterschiedlich schwere Fälle erfasst unds bearbeitet hat. Dabei handelte ess sich um 237 Sicherheitsvorfälle und 280 sicherheitsrelevante Ereignisse. Im Vergleich zu 2023 ist das ein Anstieg von etwa 30 Prozent. Die CSBW merkt allerdings an, dass ein Teil des Anstiegs auch auf das erweiterte Monitoring des Cyber-Raums zurückzuführen sei. Dieses wurde im Frühjahr 2024 ausgebaut. „Mit der neuen Analysemethode können wir unser bisheriges Sichtfeld erweitern und das Dunkelfeld nun noch besser ausleuchten“, so Matthöfer. Die CSBW möchte so Prävention, Detektion und Reaktion miteinander verknüpfen.
Passwortkompromittierungen und Phishing am häufigsten
Die 517 Fälle reichen von False-Positive-Meldungen durch Virenscanner über (vermeintliche) PhishingMails, Passwortkompromittierungen und nicht gepatchte Sicherheitslücken bis hin zu Malware sowie Verschlüsselungen durch Ransomware. Die häufigsten Angriffsarten waren dabei Passwortkompromittierungen (127 Fälle) und Phishing-Angriffe (50 Fälle). Die CSBW hat Landkreise und Gemeinden in 49 Fällen, die
CSBW veröffentlicht Jahresbericht
Sicherheitsvorfälle um etwa 30 Prozent gestiegen
(BS/Paul Schubert) Vor dem Hintergrund einer insgesamt angespannten Lage im Cyber-Raum wurde nun der Jahresbericht 2024 der Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW) veröffentlicht. Die eigenständige Landesoberbehörde besteht nunmehr seit drei Jahren und richtet ihren Fokus auf bereits bestehende Angebote. Im Bericht zeigt sich eine Zunahme der Cyber-Gefahren in Baden-Württemberg – ein Befund, der sich mit ähnlichen Erfahrungen aus anderen Ländern und dem Bund deckt.
Der CSBW-Bericht nennt die Passwortkompromittierung als häufigste Angriffsart.
Landesverwaltung und nachgeordnete Bereiche in 183 Fällen sowie Hochschulen und Universitäten in 110 Fällen beraten und unterstützt.
Der Einsatz eines Mobile Incident Response Teams (MIRT) war in fünf Fällen erforderlich. Allerdings merkt die CSBW im Bericht an, dass dies wohl nicht das Ende der Fahnenstange sei: Die tatsächliche Zahl der Fälle dürfte höher liegen, da bisher nur die Landesverwaltung eine Meldepflicht zur CSBW besitzt.
Monitoring des Darknets Der schwerwiegendste Fall 2024 war die Verschlüsselung der IT einer Kommune. Das MIRT der CSBW, das ausrückte, stattete die Verwal-
BSI stärkt IoT-Kennzeichnung
Internationales Arbeitstreffen zur Cyber-Sicherheitskennzeichnung (BS/sp) Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat am 15. und 16. Mai 2025 ein internationales Arbeitstreffen zur Cyber-Sicherheitskennzeichnung von IoT-Verbraucherprodukten in Berlin ausgerichtet. Die Initiative ging von der Cyber Security Agency (CSA) aus Singapur aus. 27 Fachleute von neun Cyber-Sicherheitsbehörden – unter anderem aus Großbritannien, Indien, Japan, Südkorea und Deutschland – nahmen teil.
Im Mittelpunkt stand der Austausch über bestehende und geplante nationale Kennzeichnungssysteme sowie über Möglichkeiten zur internationalen Harmonisierung. Da immer mehr Länder eigene Systeme entwickeln, wächst der Bedarf an abgestimmten Ansätzen, um Kompatibilität und Effizienz zu fördern.
Singapur und Deutschland gelten als Vorreiter: Beide Länder betreiben seit Jahren eigene Kennzeichnungssysteme für IoT-Produkte. Vertreterinnen und Vertreter beider Staaten warben erfolgreich dafür, die Zusammenarbeit zu verstetigen und künftig zweimal jährlich zusammenzukommen.
Friederike Dahns, Abteilungsleiterin im Bundesinnenministerium, betonte in ihrem Statement, die Bedeutung des persönlichen Austauschs und die Chance, Cyber-Si-
cherheit international gemeinsam zu gestalten.
Vergleichbare ITSicherheitskennzeichen etablieren
BSI-Präsidentin Claudia Plattner erklärte in ihrer Keynote, man arbeite kontinuierlich mit internationalen Partnern daran, nationale Kennzeichnungssysteme gegenseitig anzuerkennen. Ziel sei es, weltweit vergleichbare Sicherheitskennzeichen zu etablieren und die damit verbundenen Standards auch im Hinblick auf kommende europäische Regelungen – wie den Cyber Resilience Act (CRA) – international mitzudenken. Im Ergebnis wurden gemeinsame Folgemaßnahmen vereinbart, um die Annäherung der verschiedenen Systeme zu fördern. Ein nächster Schritt ist die formalisierte, regelmäßige Zusammenarbeit.
tung mit der CSBW-IT-Notfallausrüstung aus und erreichte, dass die Kommune nach kurzer Zeit wieder weitgehend arbeitsfähig war. Die CSBW betreibt darüber hinaus ein durchgängiges Monitoring des Darknets. Sobald im Cybermonitoring Daten von Behörden, Institutionen oder Unternehmen auftauchen, werden diese informiert. Insgesamt
90 Mal hat die CSBW Unternehmen, Kommunen, kommunale Einrichtungen, Hochschulen oder Universitäten auf Funde im Darknet aufmerksam gemacht. Die meisten (62) der gefundenen Daten stammten von Hochschulen, Universitäten und vergleichbaren Einrichtungen. Schwachstellenscans und ein Projekt für IT-Notfälle
Im Bereich der Prävention bietet die Landesoberbehörde seit 2024 Schwachstellenscans an. Diese sollen dazu beitragen, Daten und Systeme zu schützen und so die Angriffsfläche zu verringern. Eine weitere Neuerung aus dem vergangenen Jahr ist der aktualisierte Warn- und Informationsdienst (WID): Öffentliche Stellen im Land erhalten seitdem sicherheitsrelevante Informationen plattformbasiert, individualisiert und in Echtzeit. Die neu dafür geschaffene Plattform ist nur aus den Netzen der Kommunen und des Landes erreich-
20 Jahre auf Tour
bar und dient gleichzeitig auch als Meldeplattform für Cyber-Sicherheitsvorfälle.
Neben den Schwachstellenscans hatte die CSBW 2024 ein besonderes neues Angebot: In einem Pilotprojekt wurde in fünf Kommunen ein IT-Cyber-Notfall simuliert und es wurden die bestehenden Sicherheitsmaßnahmen getestet. Adam Bartolf, IT-Leiter der Stadt Eppingen, erklärte dazu, dass man abteilungsübergreifend geübt und eine Aufgabenliste für die notwendigen nächsten Schritte festgelegt habe sowie Schwachstellen ermittelt worden seien. Das Pilotprojekt soll in diesem jahr ausgeweitet werden.
„Neben
der steigenden Professionalisierung von Cyber-Kriminellen stellen wir aber auch fest, dass Cyber-Sicherheit endlich mehr im Bewusstsein ist.“
Nicole Matthöfer, Präsidentin der Cybersicherheitsagentur
Joerg, was denkst du über Phishing-as-a-Service?
Klingt fast wie ein Lieferdienst für Cyberkriminelle. Wo bleibt da die persönliche Note?
Stimmt! Früher haben sie wenigstens noch selbst getippt.
… und viele weitere Themen bietet die heise security Tour mit aktuellen IT-SecurityInsights renommierter Branchenexperten und vielen Networking-Möglichkeiten.
05. Juni 12. Juni 18. Juni
Juni
Sept.
Jürgen Schmidt
Joerg Heidrich
Foto: BS/ipopba, stock.adobe.com
Die Teilnehmenden des Arbeitstreffens in Berlin möchten künftig zweimal jährlich zusammenkommen. Foto: BS/BSI
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) und die Bundesnetzagentur (BNetzA) seien „zentrale Säulen“ für die Digitalisierung von Deutschland, erklärte Wildberger bei seinem Besuch der drei Behörden.
BMI übernimmt Fachaufsicht von Cyber-Security-Themen
Aus Sicht des BSI gehören die Cyber-Sicherheit und die Digitalisierung „untrennbar“ zusammen. Das zeigt sich auch in der neuen Aufsichtsstruktur der Behörde: Neben dem Bundesministerium des Innern (BMI) übernimmt ab sofort das Bundesdigitalministerium die Fachaufsicht für „mehrere Themen“. So sieht es der Organisationserlass vor. Der Parlamentarische Staatssekretär im BMDS, Philipp Amthor (CDU), erklärte in einer Videobotschaft: „Damit es Akzeptanz für die Digitalisierung und insbesondere für die Verwaltungsdigitalisierung gibt, brauchen wir sichere Angebote, sichere Funktionen und sichere Produkte.“ Hierfür sei das BSI „ein ganz wichtiger Pfeiler“.
BSI als Botschafter, Brückenbauer und Möglichmacher
Die BSI-Präsidentin Claudia Plattner bekräftigte: „Als die Sicherheitsbehörde mit Digital-Know-how brennen wir dafür, mit unserer Expertise in Sachen Cyber-Sicherheit zum Gelingen der Digitalisierung beizutragen.“ So freute sich die Präsident sehr über den Besuch
Prof. Dr.-Ing. Dominik Merli, Professor für IT-Sicherheit an der TH Augsburg, präsentierte auf dem jährlich stattfindenden Forum für innovative Sicherheit „Auxinnos“ –das in diesem Jahr im Zeichen des CRA stand – ein Musikvideo mit dem Titel „Cyber Gangsta’s Paradise“. Mit dem Song möchte er Hersteller auf die neue EU-Verordnung aufmerksam machen, die ein Mindestmaß an Cyber-Sicherheit für vernetzte Produkte vorschreibt. Merli erklärt dazu: „Cyber-Sicherheit ist langweilig und nervt nur?
Wildberger zu Gast
Digitalminister besucht Bonner Behörden und legt Sprecherin fest
(BS/Anna Ströbele/Paul Schubert) Der Bundesdigitalminister, Dr. Karsten Wildberger (CDU), hat als eine seiner ersten Amtshandlungen gleich drei Behörden in der ehemaligen Hauptstadt besucht: das BSI, das ITZBund, sowie die Bundesnetzagentur. Dazu ist nun klar, wer die Sprecherin seines Hauses wird.
Das ITZBund stelle mit seinen Leistungen das technologische Rückgrat für die digitale Verwaltung dar, betonte Digitalminister Dr. Karsten Wildberger (rechts) bei seinem Besuch in der Behörde. Foto: BS/Christian Daitche, ITZBund
von Bundesminister Karsten Wildberger und versicherte ihm, dass das BSI mit ausgezeichneter Expertise und viel gestalterischem Willen seinen Beitrag leisten werde. Nach Plattner versteht sich das BSI „als Botschafter, Brückenbauer und Möglichmacher“ und werde alles dafür tun, die sichere und resiliente Digitalisierung zu unterstützen. Auch das ITZBund liegt ab sofort im Geschäftsbereich des neuen Ministeriums. Wildberger lernte bei seinem Besuch die oberste Leitungsebene kennen und besprach mit den Mitarbeitenden unter ande-
rem die Multi-Cloud-Strategie und KI: „Ich möchte von Beginn meiner Amtszeit an Synergieeffekte durch das neue Ministerium identifizieren und umsetzen. Dazu ist es wichtig, persönlich mit den Teams ins Gespräch zu kommen, ihre Expertise kennenzulernen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Denn Digitalisierung ist Teamarbeit“, sagte der Minister.
Digitalisierung als Teamarbeit „Wir freuen uns darauf, unsere Leistungen mit Blick auf die Herausforderungen der Bundes-IT wei-
terzuentwickeln und verlässlich zu erbringen“, erklärte ITZBund-Direktor Dr. Alfred Kranstedt. Die Arbeit der BNetzA bezeichnete Wildberger als „unverzichtbar für unsere digitale Souveränität und Innovationsfähigkeit“. Mit der Bundesbehörde soll ebenfalls die gute Zusammenarbeit fortgesetzt werden:„Wir sind über-
bewerbsfähig und sicher ist“, sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.
Ehemalige Weggefährtin wird Sprecherin
Neben den Behördenbesuchen von Minister Wildberger im Mai steht nun auch fest, wer seine persönliche Sprecherin im Haus wird: Ab dem 1. Juni übernimmt Betty Kieß die Leitung der Abteilung für Kommunikation und Strategie im BMDS. Bis März 2025 war sie Vice President Corporate Communications & Public Policy bei Ceconomy sowie bei der MediaMarktSaturnGruppe. Kieß begleitet Wildberger bereits seit 2016 auf verschiedenen beruflichen Stationen – unter
„Damit es Akzeptanz für die Digitalisierung und insbesondere für die Verwaltungsdigitalisierung gibt, brauchen wir sichere Angebote, sichere Funktionen und sichere Produkte.“
Philipp Amthor (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär bei dem Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung
zeugte Teamplayer und freuen uns darauf, den neuen Minister bei seiner Arbeit zu unterstützen. Wir wollen eine leistungsfähige digitale Infrastruktur fördern und einen digitalen Raum schaffen, der wett-
Cyber Gangsta’s Paradise
Professor aus Augsburg startet besondere Cyber-Awareness-Kampagne (BS/Paul Schubert) Cybersecurity ist als Präventionsmaßnahme in Haushaltsbudgets selten ein attraktives Thema. Schließlich handelt es sich um Ausgaben, die zunächst „verschwinden“ und keinen unmittelbar sichtbaren Mehrwert bieten – im Gegensatz etwa zur Eröffnung eines neuen Rechenzentrums oder dem Bau eines Sportplatzes. Dennoch ist Cybersecurity von enormer Bedeutung – das zeigen nicht zuletzt die zunehmenden regulatorischen Vorgaben auf Bundes- und EU-Ebene wie etwa NIS-2 oder der Cyber Resilience Act (CRA). Ein Professor für IT-Sicherheit an der Technischen Hochschule Augsburg (THA) bewirbt das Thema nun auf ungewöhnliche Weise – mit einem Ohrwurm.
Das sehe ich anders. Cyber-Sicherheit braucht Kreativität! Denn Security muss in jeden Kopf – zur Not eben als Ohrwurm.“
Der Song ist eine Coverversion des bekannten „Gangsta’s Paradise“ von US-Rapper Coolio. Das Musikvideo beginnt mit einer Szene, in der zwei mutmaßliche Geschäftsführer einer fiktiven Firma den Professor bitten, ihnen zu erklären, wie sie die CRA-Vorgaben umgehen können.
aus. Auf dem beruflichen Netzwerk LinkedIn informiert Merli umfassend über die Anforderungen des CRA. Zudem erklärt er auf seinem YouTube-Kanal, wie sich die Vorgaben einfach verstehen und umsetzen lassen.
anderem während seiner Zeit als Geschäftsführer der Media-SaturnHolding GmbH und als Vorstandsmitglied bei E.ON SE. Auch dort arbeitete sie eng mit dem heutigen Digitalminister zusammen.
den man sich mancherorts auch von der Politik wünschen würde: eine kreative und ansprechende Kampagne, die Unternehmen und Behörden für Cyber-Gefahren sensibilisiert.
„IoT
um jeden Preis führt zu Cyber Gangsta’s Paradise.“
Einmal aufklärend, einmal als böser Hacker
Anschließend rappt Merli darüber, welche Schäden durch mangelnde Schutzmaßnahmen entstehen können – und dass Cyber-Kriminalität für Angreifer ein lukratives
Geschäftsfeld darstellt. In einer weiteren Szene schlüpft er in die Rolle eines Black-Hat-Hackers und rappt: „Lass Security doch bleiben, weil das wirklich niemand will.“
Seine Awareness-Kampagne geht jedoch über das Musikvideo hin-
Smart-Home-Entwicklung bringt Risiken mit sich
Im Refrain bringt er die Botschaft auf den Punkt: „IoT um jeden Preis führt zu Cyber Gangsta’s Paradise.“
Damit meint er: Nicht jedes Produkt muss zwangsläufig internetfähig sein. Eine Entwicklung, die sich insbesondere durch den Boom im Smart-Home-Bereich jedoch kaum noch aufhalten lässt. Und wenn es doch vernetzt sein muss, resümiert
Merli: „Dann braucht es eben ein Mindestmaß an Cyber-Sicherheit.“
Merli liefert damit einen Beitrag,
Prof. Dr.-Ing. Dominik Merli, Technische Hochschule Augsburg
Cyber Resilience Act
Der Cyber Resilience Act (CRA) ist im Dezember 2024 in der Europäischen Union in Kraft getreten. Ziel der Verordnung ist es, die Cyber-Sicherheit in der EU zu stärken und Nutzerinnen und Nutzern mehr Transparenz über die Sicherheit ihrer Geräte zu bieten. Besonders im Fokus stehen dabei Hersteller von Produkten mit digitalen Komponenten. Das Gesetz zur Cyber-Resilienz baut auf der EU Cybersecurity Strategy von 2020 und der EU Security Union Strategy auf. Sie ergänzt andere Rechtsvorschriften in diesem Bereich, insbesondere die NIS2-Richtlinie.
Das Musikvideo von Prof. Dr.-Ing. Dominik Merli und seinem Team kann unter diesem QR-Code abgerufen werden:
Prof. Dr.-Ing. Dominik Merli in der Rolle des Black-Hat-Hackers im Musikvideo Cyber Gangsta’s Paradise. Screenshot: BS/Schubert, youtube.com
Sicherheit & Verteidigung
Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juni 2025
Was kommt nach der Einstufung?
(BS/mk/jb/bk) „Gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ – so lautet die dritte Kategorie des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur Einordnung unter anderem von Parteien und Bewegungen. Nachdem bereits einige Landesämter für Verfassungsschutz entsprechende Bewertungen vorgenommen hatten, zog nun auch das Bundesamt nach. Zwar hat das BfV in einem Eilverfahren eine sogenannte „Stillhaltezusage“ bis zur Entscheidung durch ein Gericht abgegeben, doch steht die Frage im Raum, wie mit Beamtinnen und Beamten künftig umzugehen ist, die einerseits eine Treuepflicht gegenüber dem Staat haben und andererseits Mitglied der AfD sind.
www.behoerdenspiegel.de
Nach Recherchen des ARD-Magazins Report Mainz waren über 220 AfD-Mitglieder, die heute als Landtags-, Bundestags- oder Europaabgeordnete tätig sind, zuvor im Staatsdienst beschäftigt. Dabei handelt es sich vor allem um Verwaltungsbeamte und Lehrkräfte, aber auch um Polizistinnen und Soldaten. Während der Dauer ihres Mandats ruht ihr Dienstverhältnis im Öffentlichen Dienst zwar, jedoch kann eine Rückkehr – wie im Fall des Richters Jens Maier, der für die AfD im Bundestag saß – zu Problemen führen. Maier durfte nicht in das Richteramt zurückkehren und wurde in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Aufgrund seiner öffentlichen Äußerungen als Abgeordneter und seiner Zugehörigkeit zum mittlerweile aufgelösten rechtsex–tremen „Flügel“ der AfD beantragte das sächsische Justizministerium seine Versetzung in den Ruhestand. Verhalten ist entscheidend Maier klagte dagegen bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) – und scheiterte. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass das Verhalten eines Richters das Vertrauen in die Rechtspflege schwer beeinträchtigt haben müsse, um einen solchen Schritt zu rechtfertigen.
Konkret hieß es: „Davon muss unter anderem dann ausgegangen werden, wenn das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person des Richters oder in seine Amtsführung in so hohem Maße Schaden genommen hat, dass seine Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheint und durch sein Verbleiben in dem ihm anvertrauten Amt zugleich das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige und unvoreingenommene Rechtspflege beseitigt
oder gemindert würde.“ Dieser Fall wurde bundespolitisch genau beobachtet, stellt jedoch nicht die Regel dar. Es gibt keinen Automatismus.
Eine genaue Zahl, wie viele AfDMitglieder derzeit im Staatsdienst tätig sind, existiert nicht. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, die Parteizugehörigkeit offenzulegen. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (DBB), Ulrich Silberbach, erklärte in einem Interview, entscheidend sei, ob jemand öffentlich verfassungsfeindliche Positionen vertrete oder sich entsprechend verhalte. Eine andere Lage entstünde nur, sollte die AfD verboten werden.
Als Antwort auf die Einstufung des BfV forderte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sowohl in Berlin als auch Brandenburg eine einheitliche Linie und konsequente Haltung gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst. Darüber solle sich die Innenministerkonferenz im Juni austauschen, „um abseits des föderalistischen Flickenteppichs einen einheitlichen Umgang zu fahren“, sagte der Gewerkschaftssprecher der GdP Berlin, Benjamin Jendro Der Landesvorsitzende der GdP Niedersachsen, Kevin Komolka, hatte bereits bei seiner Rede anlässlich des 1. Mai darauf hingewiesen, dass die Polizei – ausgestattet mit der Befugnis, in Grundrechte einzugreifen – dazu verpflichtet sei, stets mit besonderer Sorgfalt und Verfassungstreue zu handeln. Außerdem kritisierte die GdP Niedersachsen in einer Pressemitteilung, dass die AfD versuche, die Polizei für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren – durch Falschinterpretationen von Kriminalitätsstatistiken, Täuschungen der Öffentlichkeit über die Sicherheitslage sowie pauschale Verunglimpfungen ganzer Bevölke-
rungsgruppen. „Solche Narrative, die Angst schüren und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, stehen im Widerspruch zum Einsatz für Sicherheit, Recht und Demokratie, den die Polizei jeden Tag leistet“, so die niedersächsische Gewerkschaft. Der hessische Innenminister, Roman Poseck (CDU), kündigte bereits an, die Eignung von AfD-Mitgliedern
der Tatsache, dass es keine staatlichen Instrumente gibt, um die Parteizugehörigkeit von Beamtinnen und Beamten routinemäßig abzufragen. Eine Ausnahme stellen die Kandidatinnen und Kandidaten einer Partei dar. Kandidaturen sind öffentlich einsehbar. Sollte sich eine Person hingegen nicht für ein öffentliches Amt zur Wahl stellen, bleibt der Dienstherr auf die Selbst-
„Wir sind noch nicht so weit, dass ein Parteienverbot gesetzt ist, aber die Anzeichen, dass es kommt, nehmen zu.“
Georg Maier (SPD), Innenminister von Thüringen
im Öffentlichen Dienst zu überprüfen. Poseck will eine einheitliche, bundesweite Linie bei dem Thema erreichen. „Deshalb werde ich das Thema kurzfristig zum Gegenstand der nächsten Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven machen“, sagte er.
Das Verbot macht den Unterschied Was genau er auf der Innenministerkonferenz anzustoßen gedenkt, ließ Poseck hingegen offen. Rein rechtlich gestaltet sich der Ausschluss von AfD-Mitgliedern aus dem Öffentlichen Dienst nämlich schwierig. Laut bisheriger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) genügt die Mitgliedschaft in einer Partei, die der Verfassungsschutz als rechtsex–tremen Verdachtsfall oder gesichert rechtsextrem führt, bisher nicht, um ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Ganz abgesehen von
Exponierung angewiesen. Doch selbst wenn sich eine Beamtin oder ein Beamter als AfD-Anhänger erkenntlich macht, ist immer die Einzelfallprüfung entscheidend (siehe Seite 3). Diese erfolgt mehrstufig. Die bloße Mitgliedschaft genügt zumeist nicht, um die Beendigung des Dienstverhältnisses zu rechtfertigen. Erst wenn eine Person durch ihr Handeln deutlich macht, dass sie sich mit den Zielen der Partei identifiziert, kann ein Disziplinarverfahren zum Dienstausschluss führen. Die Kandidatur oder die Übernahme einer hohen Parteifunktion sind hier als Beispiele zu nennen. Anders verhält es sich hingegen bei Soldatinnen und Soldaten auf Zeit. Paragraf 55 Absatz 5 des Soldatengesetzes erlaubt die fristlose Kündigung eines Soldaten oder einer Soldatin innerhalb der ersten vier Dienstjahre. Voraussetzung ist, dass die betroffene Person „Dienst-
pflichten schuldhaft verletzt hat und das Verbleiben im Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde“. Für Berufssoldatinnen und -soldaten hingegen gelten nach dem Soldatengesetz und der Wehrdisziplinarordnung vergleichbare Bedingungen wie bei Beamten nach den Beamtengesetzen. Wirklich unvereinbar werden der Staatsdienst und die Mitgliedschaft in der AfD erst, wenn die Partei verboten wird. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. „Wir sind noch nicht so weit, dass ein Parteienverbot gesetzt ist, aber die Anzeichen, dass es kommt, nehmen zu“, stellte Georg Maier (SPD), Innenminister von Thüringen, klar.
Die Einstellung als schärfstes Schwert
Anzeichen hin oder her, solange kein AfD-Verbot ausgesprochen ist, lassen sich Angehörige der Partei im Staatsdienst nur schwer aus dem Dienstverhältnis entfernen. Es liegt daher nahe, bereits vor der Einstellung genau zu prüfen, dass die angehenden Beamtinnen und Beamten mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. In Bayern gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren Vorgaben, welche diesen Prozess explizit normativ beschreiben. Mit der 2016 novellierten „Bekanntmachung über die Pflicht zur Verfassungstreue im Öffentlichen Dienst“ ist festgelegt, wie die Behörden die Verfassungstreue der Bewerbenden zu prüfen haben. Unter anderem sind angehende Staatsbedienstete verpflichtet, in einem Fragebogen kenntlich zu machen, ob „sie Mitglied einer oder mehrerer extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen“ sind oder waren.
Für das Jahr 2024 registrierte der Kriminalpolizeiliche Meldedienst des Bundeskriminalamts (BKA) und der Landeskriminalämter 84.172 politisch motivierte Straftaten –ein Anstieg von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bereits zwischen 2022 und 2023 war ein Zuwachs zu beobachten, jedoch nicht in diesem Ausmaß. Den größten Anteil machten mit 37 Prozent Propagandadelikte aus, darunter etwa das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. An zweiter Stelle folgten Sachbeschädigungen, die über 21 Prozent aller Fälle ausmachten.
Die Statistik unterscheidet zudem zwischen verschiedenen Phänomenbereichen: „rechts“, „links“ und „ausländische Ideologie“. Der Bereich „rechts“ verzeichnete mit 42.788 Fällen die meisten Delikte und einen Anstieg um knapp 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Straftaten mit „ausländischer Ideologie“ nahmen um 42 Prozent auf 7.343 zu, während die PMKDelikte im Bereich „links“ um mehr als 28 Prozent auf fast 10.000 Fälle stiegen.
Hoffnung auf politische Unterstützung
Christoph de Vries (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sieht in dieser Entwicklung eine ernsthafte Belastung für die Gesellschaft: „Sie führt zur Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. Aus diesem Grund muss das Sicherheitsempfinden der Menschen wieder gestärkt werden“, sagte de Vries auf dem 28. European Police Congress (EPC). Er forderte einen ganzheitlichen Ansatz mit gezielter Repression und Prävention – eine Linie, die auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt bei der Vorstellung der Statistik betonte. Dobrindt
Wenn Verbrechen politisch werden
Kriminalität als Spiegel gesellschaftlicher Spannungen
(BS/Mirjam Klinger) Kriminalität kennt zunehmend keine Grenzen mehr – sie wird internationaler, digitaler und radikaler. Was sich in den vergangenen Jahren bereits angedeutet hat, spitzt sich weiter zu. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) macht deutlich: Die Bedrohungslage verändert sich grundlegend – und mit ihr die Anforderungen an Polizei und Staatsschutz.
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) (2. v. l.) forderte auf dem European Police Congress dazu auf, die "Hausaufgaben" in der Sicherheitsarbeit zu machen – insbesondere beim Thema Kommunikation sieht er Nachholbedarf bei den Behörden. Hier stelle jedoch das föderale System in Deutschland manchmal ein starkes Hindernis dar.
kündigte eine „Doppelstrategie“ an: „Mehr Kompetenzen für die Polizei und mehr Konsequenzen für die Straftäter.“ Ein zentraler Bestandteil: die angekündigte Speicherung von IP-Adressen. Diese Maßnahme ist auch im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union festgeschrieben. Für Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, ist sie ein zentrales Element der notwendigen Sicherheitsstrategie: „Wir hoffen jetzt darauf, dass die im Koalitionsvertrag verankerte Sicherheitsoffensive auch tat-
Als vielschichtig bezeichnet der Opferbeauftragte des Landes Berlin, Roland Weber, die Verbindung zwischen Opfer und Täter. Selbstverständlich gebe es das klassische Mobbingopfer, welches auf Grund seiner psychischen Verfassung damit habe, sich durchzusetzen. Aber in seiner Arbeit begegneten ihm immer wieder Opfer, die zuvor oder auch danach auf der anderen Seite stünden. „Die Mehrheit derer, mit denen wir zu tun haben – gerade junge Männer –, sitzen abwechselnd mal auf der einen und mal auf der anderen Seite.“ Hier müsse man ihnen dann erst einmal erklären, welche Regeln der deutsche Rechtsstaat habe. Als Täter lehnten sie diese ab, „aber in dem Moment, in dem sie Geschädigte sind, ist der Ruf nach dem Staat sehr groß“. Gerade im Bereich der Gewaltkriminalität sei es dann aus Opfersicht wichtig, dass die
sächlich umgesetzt wird.“ Die Speicherung von IP-Adressen würde die Arbeit des BKA erheblich erleichtern. Daneben sprach sich Münch für den Einsatz automatisierter Datenanalysen und biometrischer Internetabgleiche aus – allerdings mit Augenmaß: „Hier aber bitte so, dass wir nicht versuchen, auf deutsche Art und Weise ausländische Produkte nachzubauen.“ Der finanzielle Aufwand für eine Eigenentwicklung sei mit rund 70 Millionen Euro unverhältnismäßig hoch. „Das kann man besser einsetzen“, so Münch. Auch
auf Landesebene wird der Anstieg politisch motivierter Kriminalität mit Sorge betrachtet. Wie de Vries sieht Bremens Innenminister Ulrich Mäurer (SPD) darin einen Zusammenhang mit einem geschwächten Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung: „Wir haben sehr viele politisch motivierte Straftaten – wir haben Anschläge, die natürlich unter die Haut gehen.“ Umso wichtiger sei es, die Erfolge der Polizei sichtbar zu machen. In Bremen sei etwa die Zahl der Raubüberfälle von 1.200 im Jahr 2023 auf 720 im Jahr
Vom Opfer zum Täter – und zurück
Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität muss beide Seiten beleuchten
(BS/mk) Mit der Veröffentlichung der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik richtet sich der Blick erneut auf die Kinder- und Jugendkriminalität: Die Zahl der Gewalttaten unter jungen Menschen ist deutlich gestiegen. Während sich die politische und mediale Debatte fast ausschließlich auf die Täter konzentriert, bleibt eine zentrale Frage oft unbeachtet: Welche Bedürfnisse haben die Betroffenen? Denn viele der jungen Täter waren zuvor selbst Opfer.
entsprechenden Verfahren schnell verliefen. Nur so könne mit dem Geschehenen schnell abgeschlossen werden. Bei einer Täter-Opfer-Kombination sei es jedoch für die Täter wichtig, dass es eine Vermittlung in beide Richtungen gebe – und diese verlaufe fast nie schnell. Einen
2024 gesunken. „Wir haben hier im vergangenen Jahr 85 Haftbefehle vollstreckt. Dieser Erfolg muss der Bevölkerung vermittelt werden“, erklärte Mäurer
Präsenz gleich Sicherheit
Für mehr sichtbare Präsenz setzt auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) auf Entlastung der Polizei von Verwaltungsaufgaben: „Das gelingt dadurch, indem wir Polizistinnen und Polizisten von Verwaltungsaufgaben entlasten, damit wieder mehr auf die Straße können“, sagte Maier beim EPC. Zusätzlich werde die Zahl der Polizeianwärterinnen und -anwärter deutlich erhöht: „Wir werden in diesem Jahr so viel einstellen wie schon lange nicht mehr.“ Doch auch die Ausbildung sei entscheidend: „Es ist eine Frage, wie Polizistinnen und Polizisten auftreten. Sind sie kompetent? Sind sie selbstbewusst? Können sie ihren Job?“ Dies sei maßgeblich für das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger.
„Mehr raus aus dem Auto“, fordert auch der Innenminister aus Mecklenburg-Vorpommern, Christian Pegel (SPD). So habe das Bundesland auf konkreten Wunsch der Polizistinnen und Polizisten in Städten und Inselregionen in den letzten Jahren verstärkt Elektrofahrräder eingesetzt. „Die Kolleginnen und Kollegen berichten selbst: Anders als im Dienstwagen wirst du unmittelbar angesprochen und man ist anfassbar.“ Die Diskussionen auf dem European Police Congress machen deutlich: Die politisch motivierte Kriminalität stellt Polizei und Sicherheitsbehörden vor wachsende Herausforderungen. Während die Zahl der Delikte deutlich steigt, rücken Fragen nach Prävention, konsequenter Strafverfolgung und einer stärkeren öffentlichen Präsenz der Polizei zunehmend in den Mittelpunkt.
Justizminister, hält eine schnellen
Aufarbeitung für notwendig: „Gerade im Bereich von jugendlichen Tätern ist die schnelle Aufarbeitung auch ein Teil der Qualität.“ Der Grund dafür sei: „Eine Strafe, die unmittelbar auf die Tat folgt, hat einen größeren Einfluss auf die Jugendlichen.“
Erfolg sieht Weber dann, wenn diejenigen, die Hilfe benötigen auch schnell Hilfe bekommen.
Konsequenzen erkennen
Auch Winfried Bausback, Mitglied des Bayerischen Landtags für die CSU und ehemaliger bayerischer
So sei es für die Betroffenen grundlegend, dass sie eine Konsequenz für die Täter erkennen könnten, die auf die Tat folge. Sonst bestehe die Gefahr, dass auch die Opfer ihr Vertrauen in den Rechtsstaat verlören – und am Ende selbst zu Tätern würden.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph de Vries (CDU) erklärte, dass eine Zeitenwende in der Inneren Sicherheit mit dem neuen Koalitionsvertrag angegangen werde.
Hans Leijtens, Exekutiv Direktor bei Frontex, Lena Düpont, Mitglied des Europäischen Parlaments der Fraktion der EVP und Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der DPolG (v.l.n.r.) stellten sich dem Thema Asylpolitik.
Auf dem European Police Congress konnten sich Besucherinnen und Besucher selbst ein Bild davon machen, wie Virtual Reality heute in der Polizeiausbildung zum Einsatz kommt. Alle Fotos: BS/Bildschön
Anne Weininger-Lepper, International School of Holocaust-Studies, und Uli Grötsch, Polizeibeauftragter des Bundes beim Deutschen Bundestag, diskutierten über eine diverse und demokratiestarke Polizei.
Ein Datenträgersuchhund der Berliner Polizei findet mit feinem Gespür den verlorenen Datenträger – ein Beweis für die wachsende Bedeutung tierischer Unterstützung in der digitalen Spurensuche.
So erinnerte Lena Düpont, MdEP (CDU/EVP), noch einmal daran, dass es bis 2015 kein ganzheitliches Konzept aller Mitgliedsstaaten auf europäischer Ebene gegeben habe. Dem ersten Vorschlag von 2016 habe es an Ausgleich gemangelt zwischen den Staaten an den Außengrenzen und jenen, die aufgrund ihrer geografischen Lage nie direkt etwas mit Migration zu gehabt hätten. Die rechtlichen Vorgaben seien in den einzelnen Mitgliedsstaaten mal mehr, mal weniger gut umgesetzt worden. Daher sei er vom Konstrukt und von der Konsequenz her noch einmal überarbeitet worden. Seit letztem Jahr gebe es nun erstmals ein zusammenhängendes Paket an Rechtsvorschriften für die Union, das „Humanität und Ordnung, Solidarität, geteilte Verantwortung in ein rechtliches Rahmenwerk formuliert hat.“ Nun gelte es, für innere Strukturen im gemeinsamen Schutzraum zu sorgen.
Außengrenzen sichern
In der externen Dimension bedürfe es nicht nur eines wirksamen Grenzmanagements. Vielmehr müsse in einem weiteren Ansatz geprüft werden, inwieweit man Drittstaaten bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten vor Ort unterstützen könne. Dies sei notwendig, um zu verhindern, dass diese den oftmals tödlichen Gefahren auf den Fluchtrouten ausgesetzt würden. Zudem könne so der in der Regel vorhandene Bleibewunsch in der Heimatregion befriedigt werden. Für die kommende Legislaturperiode solle der Schwerpunkt auf diese externe Dimension gelegt werden. Michal Rosol, Hauptkommandant der polnischen Polizei (KGP), lobte die generell sehr gute Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Grenzpolizeien, die nun schon 18 Jahre zurückreiche. Diese müsse nun aber fortentwickelt werden. Seit Beginn der Migrationskrise stehe die polnische Grenze als europäische Außengrenze unter besonders hohem Druck. Die gesamte europäische Ostgrenze sei – nicht zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine – zunehmend in den Fokus geraten. Zu Beginn habe man aufgrund der hohen Zahlen Probleme gehabt, die Menschen
Fokus auf der externen Dimension
Grenzüberschreitende Kriminalität stellt die größte Herausforderung dar
(BS/Lars Mahnke) Welche Herausforderungen und Notwendigkeiten aufgrund der Migrationsströme nach Europa auf die deutschen Sicherheitsbehörden zukommen, erörterte auf dem European Police Congress (EPC) der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigesellschaft (DPolG) Rainer Wendt mit seinen Gästen. Dabei wurde klar, dass eine gute Zusammenarbeit der europäischen Mitgliedsstaaten essenziell für eine erfolgreiche Asylpolitik ist.
BU: Jörg Dehnert (r.) von der Friedrich-Naumann-Stiftung berichtete von den großen Herausforderungen, denen sich die Staaten der MENA-Region aufgrund der weltweiten Flüchtlingsströme ausgesetzt sehen. Auf dem Panel (v l. n. r.): Hans Leijtens, Lena Düpont, Michal Rosol, Engelhard Mazanke und Jürgen Ebner.
in Polen zu integrieren, inzwischen gelinge dies jedoch sehr gut.
Rolle der Organisierten Kriminalität
Die enorme Entwicklung im Bereich der Zusammenarbeit der europäischen Polizeibehörden in den letzten 20 Jahren betonte Jürgen Ebner, stellvertretender Exekutivdirektor von EUROPOL. Inzwischen hätten sich im Projekt SIENA (Secure Information Exchange Network Application) 3.500 Polizeistationen in ganz Europa zusammengeschlossen, über das jährlich zwei Millionen kriminalpolizeilich sensitive Nachrichten ausgetauscht würden. Mehr als 3.000 EUROPOL-Ermittlungsverfahren im Jahr basieren auf diesem Informationsaustausch. Davon profitierten die über 300 kriminalpolizeilichen Verbindungsbeamten aus über 50 Staaten.
Andreas Schmenkel-Backhoff, Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder (IBPdL), feiert 2026 das 75-jährige Bestehen seiner Institution. Er wünscht sich zu diesem Anlass ein eigenes Organisationswappen.
EUROPOL unterstütze dabei auch bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität. Die Kooperation mit anderen EU-Agenturen nehme eine zentrale Rolle ein. So sei FRONTEX wichtigster Partner, da er für die erste Informationsgewinnung an der Grenze zuständig sei. Mit 266 Ermittlungsverfahren im Bereich der Schleusungskriminalität habe im vergangenen Jahr eine Steigerung von 60 Prozent erreicht werden können. Das jüngst veröffentlichte EU Serious and Organised Crime Threat Assessment (EU-SOCTA) mache explizit auf die Herausforderungen von Digitalisierung und technologischem Wandel sowie die Unterwanderung von Gesellschaften durch Korruption und Gewalt aufmerksam. Es gelte, eine Evolution von EUROPOL anzustoßen, um schlagkräftiger zu werden.
Dazu müsse die Organisation stäker operativ agieren und im Bereich der Ressourcen verdoppelt werden. Dies ermögliche die Übernahme einer Vorreiterrolle im Bereich technischer Tools und als Gateway zu Online Service Providern fungieren, weil diese gerade im Bereich der Schleusungskriminalität eine indirekt große Rolle spieletn. Denn bei dieser geht es darum, große Profite zu generieren, die dann wieder über die Organisierte Kriminalität (OK) in die legale Wirtschaft investiert werden.
Hans Leijtens, Exekutivdirektor von FRONTEX, betonte, dass die Legalität aller Aktivitäten bei der Grenzsicherung von zentraler Bedeutung sei. Der Fokus müsse zudem auf der Effizienz der Maßnahmen liegen, für Symbolpolitik sei kein Platz. FRONTEX müsse zudem
die europäischen Werte vertreten und leben. Dies sei wichtig, um das Vertrauen der Menschen zu bewahren. Im Moment sei dieses erschüttert, weshalb es gelte, gute Lösungen zu entwickeln. Dafür bedürfe es einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung aller EU-Mitgliedsstaaten.
Potenziale der Menschen erkennen Auf die Frage, wieviel Zuwanderung Berlin noch vertrage, antwortete Engelhard Mazanke, Direktor des Landesamts für Einwanderung in Berlin, mit der grundlegenden Feststellung, dass die Zuwanderung von 400.000 Menschen nicht ausreiche, um den derzeitigen Fachkräftebedarf zu decken. Deutschland benötige eigentlich 1,2 Millionen Menschen zusätzlich pro Jahr. Er betonte zudem, dass Aufnahmeeinrichtungen wie die am alten Flughafen Tegel mit gut 8.000 Plätzen keine gute Voraussetzung für eine gelungene Integration seien. In Berlin lebten derzeit 190.000 Menschen, die einzig und allein aus humanitären Gründen dort seien. Davon seien jeweils 17.000 Menschen vollziehbar ausreisepflichtig oder noch in einem Asylverfahren. Die Aufnahmekapazitäten seien keineswegs erschöpft, es gelte lediglich den Zustrom besser zu steuern. Dazu bedürfe es einer besseren Integration in den Arbeitsmarkt, beispielsweise durch die Förderung von Sprachkursen.
Jörg Dehnert, Regional Direktor für die MENA-Staaten bei der Friedrich-Naumann-Stiftung, betonte, dass der Großteil der aus der Heimat geflüchteten Menschen in angrenzenden Staaten Zuflucht fänden. So leisteten Jordanien und der Libanon mit 35 bzw. 30 Prozent gemessen an der eigenen Bevölkerung eine enorme Flüchtlingsarbeit. Auch die nordafrikanischen Staaten Ägypten, Tunesien und Marokko lägen auf den weltweiten Fluchtrouten und leisteten einen wichtigen Beitrag. Zudem betonte er das hohe Potenzial, das in der Bevölkerung der Länder der MEDA-Region liege. Diese sei sehr jung und gut ausgebildet. Aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums sähen sie sich jedoch negativen Berufsaussichten im eigenen Land entgegen.
Der EU-Kommissar für Inneres und Migration, Magnus Brunner, eröffnete den EPC mit seiner Rede über die Polizei als Garant und Beschützer der Demokratie.
Andrea Schütte (1. v. r.) ist Fachlehrerin in der Fortbildung hessischer Polizeikräfte und in weiteren Funktionen im Themenfeld Prävention und Opferschutz aktiv. Alle Fotos: BS/Bildschön
Die Polizeipräsidentin, Dr. Barbara Slowik Meisel (1. v. l.), gab einen Einblick über die Zustände in Berlin. Jeden Tag gibt es dort mindestens 20 angemeldete Versammlungen, bei denen die Polizei für Sicherheit sorgen muss.
im
EinGrundkonsens der Diskussionsrunde auf dem EPC: Neue
Arbeitszeitmodelle werden auch in den Polizeibehörden längst praktiziert. Ob sich am Ende aber die strikte Trennung von Arbeits- und Privatleben oder eine Vermischung beider Bereiche durchsetzen wird, ist offen. „Das ist alles eine Frage der Führung und in diesem Fall sogar Chefsache“, erklärte Franz Semling, Polizeipräsident von Freiburg. Fokussierung auf Prozesse und Ergebnisse
Damit sich „Blending“ – das Vermischen der Bereiche Beruf und Privates – besser vollziehen kann, brauche es auch einen Bewusstseinswandel, unterstrich Yvonne Tamborini, Leiterin digitale Kommunikation bei der Berliner Polizei. „Wir
Genaugenommen: die AuslandsIT des AA. Diese hat gemeinsam mit der Bundesdruckerei die Plattform PLAIN entwickelt, eine Community Cloud, auf die ausschließlich das Auswärtige Amt und die Ministerien der Bundesregierung Zugriff haben. Über PLAIN können Daten, Ergebnisse und Code ausgetauscht werden. KI-Anwendungen auf PLAIN haben nur Zugriff auf Daten aus ebendieser Plattform. Das erklärte Alexandra Haberstroh, Leiterin des PLAIN Hub Büros, auf dem Panel „KI und Massendaten“ im Rahmen des European Police Congress (EPC) in Berlin. Vier zentrale Erkenntnisse aus der bisherigen PLAIN-Entwicklung teilte sie mit: Erstens brauche es „evidenzbasiertes Arbeiten“ mit vielen Teilschritten, zweitens Vorreiter wie in diesem Fall das Auswärtige Amt und dessen Krisenfrüherkennungssystem. Drittens sei es wichtig, über die Plattform User zusammenzubringen, damit diese ihr Wissen untereinander tauschen können. Viertens müsse „ein Ökosystem an Partnern“ aufgebaut werden, so Haberstroh
Initialzündung Panama Papers
Zunächst zwei Schritte zurück machte Kai Küllmer , Leiter des technisch-operativen Services in der Abteilung Operative Einsatz-
dem
Zukunft der Polizeiarbeit: Die Gewinnerinnen und Gewinner des Zukunftspreis Polizeiarbeit wurden auf dem EPC 2025 für ihre Bachelorbzw. Master-Arbeiten ausgezeichnet.
Mehr Vertrauen in Personal gefordert
Neue Arbeitszeitmodelle bei der Polizei
(BS/Anne Mareile Moschinski) Corona hat die Arbeitsstrukturen verändert – von der Vollzeit-Büropräsenz hin zum mobilen Arbeiten. Auch in den Polizeibehörden haben sich die Zeitmodelle seitdem neu geordnet. Work-Life-Blending statt Work-Life-Balance – was sind die daraus folgenden Konsequenzen für Polizistinnen und Polizisten?
müssen von der kontrollierenden zur vertrauensbasierten Führungskultur gelangen.“ Dies sei auch deshalb wichtig, um für junge Menschen als Arbeitgeber attraktiv zu sein und Nachwuchskräfte bei den Polizeibehörden zu sichern. Mit der Nachwuchsgewinnung allein sei es aber nicht getan, gab Peter Smets, Präsident der Europäischen Föderation der Polizeigewerkschaften zu bedenken. „Wir
müssen die jungen Kräfte auch dauerhaft halten", sagte er. Laut Tamborini gehe es grundsätzlich nicht darum, das Arbeitszeitkonto mit den gewünschten acht Stunden und 30 Minuten zu füllen. „Stattdessen sind die Prozesse und die Ergebnisse am Ende wichtig“, betonte sie. Das sei eine Herausforderung, der sich die Polizei stellen müsse. Gegenwärtig würden die Arbeitszeiten der Mitarbeitenden der
Berliner Polizei auch im Homeoffice genau erfasst. Rückschlüsse auf die tatsächliche Effektivität der geleisteten Arbeit ergäben sich dadurch aber nicht.
Allerdings stellt nicht nur das Erfassen der Arbeitszeiten eine Herausforderung für das mobile Arbeiten dar. Es gilt auch, Hürden, beispielsweise im Bereich des Datenschutzes, zu überwinden. An dieser Stelle wies Monique Pilgrimm, Leite-
Bei Cybercrime nicht wegzudenken
Status quo und Potenzial von KI in der Polizeiarbeit
(BS/cb) Längst ist Künstliche Intelligenz (KI) bei der Polizei im Einsatz. Speziell Straftaten im Online-Raum, bei denen Massendaten anfallen, sind ohne KI-Lösungen kaum mehr lösbar. Während der Datenschutz ein heikles Thema bleibt, ist in Sachen Vernetzung und Wissenstransfer Luft nach oben. Wie es gehen kann, zeigt ein Projekt des Auswärtigen Amtes (AA).
und Ermittlungsunterstützung beim Bundeskriminalamt (BKA). Kriminalfälle wie die Panama Papers – im Jahr 2016 gelangten 2,6 Terabyte Daten eines panamaischen Offshore-Dienstleisters an die Öffentlichkeit und deckten globalen Steuerbetrug auf – hätten den Einsatz von KI förmlich erzwungen, so Küllmer . Heute sei dieser Einsatz bei großen Datenmengen, die von Europol kommen, oder bei Datenasservaten nicht mehr wegzudenken. Dies betreffe in den meisten Fällen die Analyse von Texten, Bildern und Videomaterial. Um die Möglichkeiten von KI und Automatisierung noch mehr zu nutzen und Polizistinnen und Polizisten in der täglichen Arbeit noch besser zu unterstützen, braucht es laut Küllmer „Hardware und Manpower“ – allen voran jedoch Führungsentscheidungen in den Behörden.
Eine Einschätzung, die beim EPC übrigen häufiger zu hören war. Der Leiter des Präsidiums für Technik, Logistik und Service der
Dieser vierbeinige Helfer der Rettungshundestaffel Berlin ist mehr als nur ein Publikumsliebling: Wenn er nicht gerade auf dem EPC über Rampen balanciert, unterstützt er die Polizei Berlin tatkräftig.
Polizei Baden-Württemberg, Thomas Berger, bezeichnet sich selbst gerne als „Chief Mindset Officer (CMO)“, wie er in einem Forum zu aktuellen Cloud-Entwicklungen mitteilte.
Die Technologie sei nicht das Problem, so Berger , sondern eben die (fehlenden) Entscheidungen darüber. Ein Resultat sei, dass die Polizei im Digitalen bei den Menschen gar keine Rolle spiele – im Gegensatz zur analogen Welt, in der bei Verbrechen als erstes und sofort die Polizei gerufen werde. Datenschutz ist nicht der Feind Als weiteres Hindernis für die maximale Ausnutzung des KI-Potenzials in der Strafverfolgung gelten Datenschutzbestimmungen. Diese seien jedoch nicht „der Feind der Polizei“, wie Nils Bergemann, Leiter des Referats 32 bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), zu bedenken gab. Vielmehr seien Qualitätssicherung und die Gewissheit, rechtlich fundiert zu
handeln, im Interesse beider Seiten – der Datenschützenden wie der Polizei. Bergemann wies auch auf das große Spektrum an Daten hin, die je nach Sachlage unterschiedlich zu behandeln seien. So sei eine Zeugenaussage, die etwa eine Smartphone-Videoaufnahme beinhaltet, im Hinblick auf Datenschutz anders zu bewerten als die Daten einer tatverdächtigen Person, die bereits vorbestraft ist. Dass Massendaten im PetabyteBereich „in der Physik schon seit Jahren anfallen“, ergänzte der Physiker Dr. Günter Koch, Global Solution Lead für Private KI bei DXC Technology. Dementsprechend gebe es viele Parallelen zwischen der Industrie und dem Public Sector. Eine sogenannte „Private AI“ (Private KI) erlaube volle Kontrolle, ohne auf die Dienste eines Hyperscalers angewiesen zu sein. Nicht nur diese stehen in der Kritik, Deutschlands digitale Souveränität zu beeinträchtigen, sondern auch Lösungen zur Analyse großer Daten. Ein „monolithisches System“ wie die
rin Social Media Management bei der Berliner Polizei, auf die Bedeutung einer adäquaten technischen Ausstattung hin. Um datenschutzkonform zu agieren, sei beispielsweise zwingend ein Diensthandy nötig. Dabei sei es nicht immer einfach, mit mehreren Systemen zu arbeiten, dem müsse man sich aber stellen.
Um Veränderung innerhalb der Polizei bemühen
Generell würden sich Führungskräfte zu sehr damit befassen, nachfolgende Generationen in vorhandene Strukturen zu pressen. „Stattdessen sollten wir uns um Veränderung bemühen und schauen, was die junge Generation will. Das kann unsere Organisation in etwas Gutes verwandeln“, gab Pilgrimm dem Publikum mit auf den Weg.
viel diskutierte Software Palantir etwa sei nicht nach europäischen Gesetzen gebaut, so Koch 73 Millionen Chatnachrichtern Die technischen Lösungen, die Kai Küllmer in seinem Bereich des Bundeskriminalamts mit seinem Team entwickelt, werden von anderen Teilnehmern des Massendaten-Panels genutzt. So etwa von Heiko Löhr, zuständig für operative Datenanalyse, Ermittlungsund IT-Unterstützung beim BKA. Laut Löhr kommt KI seit Jahren bei Massenkommunikationsdaten zum Einsatz, beispielsweise bei Krypto-Messenger-Daten. In einem Fall habe die KI nicht weniger als 73 Millionen Chatnachrichten ausgewertet. Daraus seien rund 7.000 neue Ermittlungsverfahren entstanden, ca. 2.800 Haftbefehle vollstreckt und um die 2.000 davon abgeurteilt worden. Zahlen, die endgültig klarmachen dürften, was es heutzutage mindestens braucht: „Ermittlungsunterstützende KI“ für die zeitfressenden Alltagsaufgaben der Beamtinnen und Beamten, wie es Alexander Poitz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zusammenfasst. Damit sich die Polizei vermehrt um Aufgaben kümmern kann, die rein menschliche Expertise verlangen.
Innovationen
Blick: Die Polizeikräfte konnten sich auf
European Police Congress über neuesten Technologien für ihren Berufsalltag und besondere Lagen informieren.
Thomas Berger, Leiter des Präsidiums Technik, Logistik, Service bei der Polizei Baden-Württemberg, bezeichnet sich selbst als "CMO" – Chief Mindset Officer.
Jan Tombinski, Geschäftsträger ad interim der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland, betonte die Notwendigkeit einer verteidigungsfähigen EU. Alle Fotos: BS/Bildschön
Roland Weber, Opferbeauftragter des Landes Berlin, vermittelte den Zuhörenden die Perspektive der Betroffenen von Kinder- und Jugendkriminalität. Laut Weber werden Täter häufig selbst zu Opfern.
Die SPD-Innenminister Christian Pegel, Georg Maier und Ulrich Mäurer (v. l. n. r) hörten gespannt der Rede von Christoph de Vries (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, zu.
Bereits eine Umfrage unter den Teilnehmenden offenbarte ein ernüchterndes Bild: Nur eine Minderheit hält die IT-Infrastruktur der eigenen Behörde für souverän. Der Großteil setzt auf proprietäre Softwarelösungen – meist aus den USA.
„Digitale Souveränität ist existenziell, um die eigene Handlungsfähigkeit zu erhalten“, betonte Christian Kuß, Fachanwalt für IT-Recht und Experte für Datenschutz und -sicherheit. Für ihn beginne sie auf der europäischen Ebene: Durch eigene Schlüsseltechnologien wie GAIA-X oder europäische CloudAlternativen. Für Polizeibehörden bedeute dies konkret: Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern, Schutz sensibler Daten und langfristige Resilienz gegen Cyber-Angriffe. „Wenn ich aber kein Personal habe, das diese Technik auch adäquat bedienen kann, fällt das Kartenhaus in sich zusammen“, so Kuß. Entsprechend falle der Ausund Weiterbildung eine entscheide, bislang unterschätze Rolle zu. Ein strategisches Werkzeug Auch das Vergabewesen spiele eine entscheidende Rolle. Tobias Ossenforth, Fachanwalt für Verga-
Mehr als 7.000 Veranstaltungen und 280 Staatsbesuche betreute die Berliner Bereitschaftspolizei im vergangenen Jahr. Das Spektrum reicht von Kleinstveranstaltungen mit weniger als zehn Teilnehmenden bis hin zu Großdemonstrationen, wie Stephan Katte, Leiter der Polizeidirektion Einsatz/ Verkehr Berlin, erläuterte. Grundsätzlich bewegen sich die Einsätze in vier zentralen Themenfeldern: Versammlungen, Staatsbesuche, Veranstaltungen und Phase zwei (Terrorlagen). Allerdings unterliegen auch diese Themenbereiche einem Wandel. Das verdeutlichte Katte am Beispiel der Veranstaltungen zum 1. Mai: In den 90er- und 2000er-Jahren sei Kreuzberg noch Mittelpunkt des Einsatzgeschehens gewesen. Zwar habe es am Brandenburger Tor Großveranstaltungen der Gewerkschaften gegeben, diese seien jedoch weitestgehend friedlich ver-
Die sogenannte ARMAS(Absperren/Räumen und Einsatz von Spezial-Kfz)Einheit war unter anderem an den Räumungsarbeiten im Hambacher Forst beteiligt.
Cyril Gout, Amtierender Exekutivdirektor der Polizeidienste für Interpol, äußerte sich am zweiten Tag des EPC zu innovativen Lösungen für die Polizei und zur Verbrechensbekämpfung mit modernen Mitteln.
Digitale Abhängigkeit
Das unterschätzte Risiko
(BS/Julian Faber) Wie unabhängig ist die deutsche Polizei im digitalen Raum? Diese Frage durchzog eines der zentralen Panels auf dem European Police Congress 2025 in Berlin. Obwohl viele Behörden digitale Souveränität längst als strategisches Ziel begreifen, zeigt sich vielerorts: Die Realität hinkt hinterher.
berecht, sieht hier einen zentralen Hebel: „Bei einer Neubeschaffung sollten die Einkäufer darauf achten, dass sie möglichst offene Software mit offenen Schnittstellen beschaffen“, soweit dies wirtschaft-
lich und technisch sinnvoll sei. Die Erfahrungen der Nutzung von Open-Source-Software der Landeshauptstadt München (LiMux) zeige aber, dass dies wiederum das Riko für Inkompatibilitäten verschiede-
ner Software begünstige. Über gezielte Maßnahmen wie funktionale Ausschreibungen und neue Zuschlagskriterien lasse sich der Abhängigkeitsgrad dennoch schrittweise verringern.
Auch Dirk Kunze, Leiter der Cyber-Crime-Ermittlungen beim LKA Nordrhein-Westfalen, beklagte den Rückstand europäischer Softwareentwicklung: US-Plattformen wie Palantir seien längst etabliert, ernst zu nehmende Alternativen seien nicht existent. Ein funktioneller Internetzwang bei Softwareangeboten, wie er bei Microsoft und Adobe vorherrsche, müsste „insbesondere beim Umgang mit sensiblen, personenbezogenen Daten ein Ausschlusskriterium“ sein, so Kunze. Der US Cloud Act ermögliche US-amerikanischen Stellen zudem den Zugriff auf Daten, selbst wenn sie physisch in Europa gespeichert
Die Bereitschaft in die Gegenwart führen
Neue Konzepte für die robusten Kräfte
(BS/jb) Seit den 90er-Jahren haben sich die Aufgaben und Anforderungen an die Bereitschaftspolizei grundlegend gewandelt. Die Einsatzkonzepte sind aber noch dieselben.
laufen. Lediglich eine kleine Anzahl an Verkehrspolizistinnen und -polizisten ordnete die An- und Abreise der Teilnehmenden. Die rund 6.000 eingesetzten Polizeikräfte konzentrierten sich zu dieser Zeit insbesondere auf die „18-Uhr-Demonstration“ in Kreuzberg. Dort kam es regelmäßig zu Auseinandersetzungen sowie Freiheitsentziehungen und -einschränkungen. Um dieser Lagen Herr zu werden, entwickelte und verfeinerte die Bereitschaftspolizei ihre Einsatzkonzepte. Heute sind die polizeilichen Anforderungen rund um den 1. Mai jedoch gänzlich andere, stellte Katte klar. Zwar sei die Anzahl der Einsatz-
kräfte vergleichbar mit der der 90er, sie agierten jedoch anders. Allein 1.500 Polizistinnen und Polizisten begleiteten in diesem Jahr Fahrradkorsos. Die Gewerkschaftsveranstaltung am Brandenburger Tor ist in ihrem Umfang deutlich geschrumpft. Dennoch bindet sie weiterhin etwa 500 Einsatzkräfte, die unter anderem den Überfahrschutz sicherstellen. Der frühere Hotspot Kreuzberg weist zwar weiterhin eine hohe Personendichte auf, die 18-Uhr-Demo hat ihre Route jedoch nach Neukölln verlagert. Auch in Kreuzberg steht deshalb heute der Überfahrschutz im Fokus. Bei der hohen Personendichte in SO36 konzentriert sich die Bereitschaftspolizei darauf, einen Anschlag auf das „weiche Ziel Mensch“ zu verhindern. Diese Aufgabe übernehmen nicht in allen Bundesländern die Bereitschaftspolizeien. In Berlin hat man sich jedoch für diesen Weg entschieden. Auseinandersetzungen mit der Polizei gebe es vor allem während der neuen 18-Uhr-Demo in Neukölln. Nach Abzug aller übrigen, über die Stadt verteilten Kräfte blieben etwa 2.000 Bereitschaftspolizistinnen und -polizisten für deren Bewältigung. Im Vergleich zu den 90er- und 2000er-Jahren sei das, laut Katte, eine verschwindend geringe Anzahl. „Die Prioritäten in
Die Innenministerin von Sachsen-Anhalt,
(CDU),
Im Rahmen der "Guided Tour" erhielten Studierende einen gezielten Einblick in ausgewählte Stände des Messebereichs – und konnten innovative Technologien aus nächster Nähe kennenlernen.
würden. Beispiele wie die Sperrung des Mail-Accounts eines der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes verdeutlichten, wie schnell politisch aufgeladene Abhängigkeiten zum Sicherheitsrisiko werden könnten.
Souveränität erfordert politischen Willen
„Wir befinden uns aktuell in der Übergangsphase zu echter digitaler Souveränität“, fasst der Jurist und Moderator Dr. Stefan Mager die Diskussion zusammen. Sie sei unbestreitbar sicherheitspolitisch notwendig – und müsse entsprechend rechtlich abgesichert werden. Dafür brauche es allerdings mehr als nur technische Lösungen: Ein grundlegender Mentalitätswandel in der Politik und der Verwaltung sei geboten. Abhängigkeitsbedingte Sicherheitsrisiken zu verringern, koste nicht nur Geld und Expertise, sondern auch Zeit. Die folgende Schlussrunde des Podiums verdeutlichte aber erneut die Einigkeit der Panelisten: Digitale Souveränität ist alles andere als ein Nebenschauplatz – sie ist vielmehr die Voraussetzung für eine handlungsfähige, verlässliche Polizeiarbeit im 21. Jahrhundert.
der Aufgabenverteilung haben sich komplett verändert“, machte der Einsatzverantwortliche deutlich. Das bedeute auch, dass das Aufgaben- und Anforderungsportfolio für Bereitschaftspolizistinnen und -polizisten immer breiter werde. Für Katte stellt sich deshalb die Frage, ob die Konzepte der 90er- und 2000er-Jahre die heutige alltägliche Praxis überhaupt noch abbilden. Denn dem Klientel, für das diese Einsatzkonzepte einst entworfen wurden, begegne die Polizei heute nur noch, wenn international mobilisiert werde. Die Proteste im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg seien dafür ein Beispiel. „Die alltäglichen Versammlungslagen sind insgesamt in meiner Wahrnehmung deutlich friedlicher geworden“, stellte Katte fest. Darauf müsse man reagieren. Sich davon zu lösen, falle jedoch auch innerhalb der Polizei nicht immer leicht.
Drohnen stellen eine polizeiliche Herausforderung dar. Die befähigende Gesetzgebung lässt aber noch auf sich warten, so
Dr. Wolfgang Zink. Alle Fotos: BS/Bildschön
Tamara Zieschang
mahnte, dass Deutschland sich aktuell am Anfang einer neuen Terrorismuswelle befinde.
Moderator Dr. Stefan Mager, Dirk Kunze und Christian Kuß (v. l. n. r.) im Gespräch über die Herausforderungen moderner IT-Infrastrukturen in Sicherheitsbehörden.
Obwohl digitalfunkintern inzwischen der Abschlussbericht vorliegt, kommuniziert die Behörde weiterhin lapidar „technische Netzwerkprobleme“ als Ursache. Entsprechend variantenreich gestalten sich Erfahrungen und Auslegungen, die am Rande des diesjährigen European Police Congresses (EPC) von den Digitalfunkverantwortlichen aus Bund und Ländern zu hören waren. Fest steht, dass am 6. Mai der Digitalfunk bundesweit für etwa zwei Stunden in regional recht unterschiedlichem Ausmaß gestört war. Betroffen waren zahlreiche Bundesländer, darunter Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, das Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen. In Nordrhein-Westfalen berichteten Feuerwehren von kurzzeitigen Ausfällen.
Lokal immer eine Rückfallebene „Um 16:21 Uhr sind bei uns die Lichter ausgegangen“, erinnert sich Stefan Wächter, Leiter der Autorisierten Stelle (AS) Niedersachsen. Er habe den Ausfall erkannt und sich sofort für Informationen an die Leitstellen gewandt. Schnell war klar, dass Niedersachsen schwer betroffen ist: Sämtliche Basisstationen waren vom Netz abgehängt. Man habe sofort die vorgesehenen Meldewege bedient. Für aktuelle Einsätze standen digitalfunkseitig
www.katastrophenschutzkongress.de
Irre, aber technisch möglich
Die Fehlersuche nach dem BOS-Digitalfunk-Ausfall
(BS/Dr. Barbara Held) Auch drei Wochen nach dem weitgehenden Ausfall des BOS-Digitalfunks am 6. Mai befindet sich die zuständige Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) offiziell immer noch auf Fehlersuche.
Was den BOS-Digitalfunk-Ausfall ausgelöst hat, blieb lange unklar. Nun scheint der Fehler gefunden. Foto: BS/vxnaghiyev, stock.adobe.com
DIGITALER KATASTROPHENSCHUTZKONGRESS
9.–10. SEPTEMBER 2025
EINSATZ DER ZUKUNFT
Alltag meets Zivilschutz und Klimawandel
Im Grünbuch wird der Blick in eine mögliche Zukunft geworfen:
Im Jahr 2030 spitzen sich geopolitische Spannungen erneut zu. Russland verlegt Truppen nach Belarus und Kaliningrad, hybride Angriffe auf Infrastrukturen wie Bahnanlagen unterbrechen den Güterverkehr, die NATO bereitet sich auf eine großangelegte Truppenverlegung vor. Parallel dazu: Desinformationskampagnen, Angriffe auf Verwaltungs-IT und gezielte Destabilisierung durch hybride Bedrohungen.
In dieser Lage zeigt sich eine neue Realität: Die Trennung zwischen Äußerer und Innerer Sicherheit löst sich auf. Die zivile Verwaltung steht im Zentrum – nicht nur als Koordinatorin, sondern als aktiver, sicherheitsrelevanter Akteur.
Verwaltung – oft unterschätzt, dabei sicherheitskritisch Das Grünbuch betont, dass die öffentliche Verwaltung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene von allen Beteiligten fachbereichsbzw. ressortübergreifend zwingend als Kritische Infrastruktur (KRITIS) verstanden werden muss. Denn ohne sie gibt es keine Führungsentscheidungen, keine Lagedarstellung, keine Versorgungssicherung, keine Krisenkommunikation – und keine Steuerung. Vor allem bei überregionalen Schadenslagen oder vorsätzlichen Angriffen wird die Bedeutung einer funktionierenden Verwaltung offensichtlich.
Krisen wie die Corona-Pandemie oder die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal haben dies bereits auf dramatische Weise gezeigt: Wenn Verwaltungen ausfallen, bricht das gesamte Krisenmanagement zusam-
lokal immer noch der Fallback- und der DMO-Modus bereit. Kritisch beurteilt Wächter im Nachhinein das Notfallmanagement in der Berliner Zentrale. Der zusammengerufene Notfallstab der BDBOS habe sich überhaupt erst um 19 Uhr bei den Ländern gemeldet. Bis dahin sei die Kommunikation mit dem in der Krise überlasteten Lagezentrum des technischen BOS-Funk-Betreibers ALDB ebenfalls schwierig gewesen.
Krisenmanagement verbesserungswürdig
In Bayern blieben drei Vermittlungsstellen gänzlich unberührt, sodass nur einige Landesteile, und diese auch nicht über die ganzen
zwei Stunden, von der Störung betroffen waren. Der Kontakt zur BDBOS sei schnell hergestellt gewesen. Darüber hinaus geben sich die Freistaat-Vertreter gelassen. Mit „Mobile Police“ verfüge die Bayerische Polizei über eine breitbandige Kommunikationsinfrastruktur für ihre Alltagsaufgaben, die während des Digitalfunkausfalls als voll funktionsfähiges Back-up fungiert habe. Auf die Bedeutung der länderspezifischen Rückfalloptionen verwiesen u. a. Sachsen und Rheinland-Pfalz. So betreibe Rheinland-Pfalz parallel zum Digitalfunk ein Alarmierungsnetz, erklärt Alexander Kessel, der Leiter der Autorisierten Stelle in Mainz, der von „massiv unterschied-
lichen Ausfallszenarien“ spricht. Zeitweise waren am Rhein alle Basisstationen betroffen. Manche gingen wieder ans Netz, um dann abermals abzutauchen. Insgesamt dauerte der Spuk hier aber nur 26 Minuten: „Zum Glück ist nichts passiert!“ Als der BDBOS-Notfallstab sich gemeldet habe, „hatten wir schon wieder Netz“. Fest steht jedenfalls auch, dass die facettenreichen Ausfallerscheinungen nicht durch äußere Faktoren verursacht wurden. Eine Cyber-Attacke sei es definitiv nicht gewesen, bestätigte BDBOS-Vizepräsident Frank Buddrus auf dem traditionellen BOS-Strategieforum des EPC. Er verwies darauf, dass der Digitalfunk derzeit noch in den letzten Zügen einer komplexen, jahrelangen Netzmodernisierung stecke. Diese „Operation am offenen Herzen“ habe die Betreiber schon an die Grenzen ihrer technischen Leistungsfähigkeit gebracht. Und dann sei der Ausfall noch dazugekommen. „Das Fehlerbild hatte einen so eigenartigen Charakter, dass kein technischer NetzBetreiber sagen kann, das könne ihm nicht passieren“, konterte der BDBOS-Vize auf eine provozierende Frage aus dem Fachpublikum. Es handele sich auch nicht um ein grundsätzliches Problem der Netzkonfiguration, sondern „um einen Fehler bei einer Komponente, der eigentlich nicht sein darf“.
Fehlende Prüfschleifen Mit etwas Fantasie lassen sich die Informationsfetzen aus den EPCFluren zu dem Ausfall-Szenario des BDBOS-Abschlussberichts zu-
Das Rückgrat der Resilienz
Verwaltung als Kritische Infrastruktur denken (BS/Uwe Becker) Die sicherheitspolitischen Herausforderungen der Gegenwart nehmen an Intensität und Komplexität zu.
Ob Desinformation, Cyber-Angriffe, Sabotageakte oder hybride Konfliktszenarien – das Szenario des Grünbuchs „ZivilMilitärische Zusammenarbeit 4.0“ (ZMZ 4.0) des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V. zeichnet ein alarmierendes, aber realistisches Bild der Bedrohungslage in Deutschland. Und es macht deutlich: Ein robuster Bevölkerungsschutz braucht mehr als funktionierende Einsatzkräfte – er braucht eine resiliente Verwaltung als handlungsfähiges Rückgrat.
men. Eine besondere Herausforderung liegt in der Abwehr hybrider Angriffe, die regelmäßig Zuständigkeitsgrenzen überschreiten. Bisher agieren viele Akteure isoliert aus ihrer jeweiligen Perspektive heraus – Verfassungsschutz, Polizei, Gesundheitsbehörden oder Infrastrukturdienstleister. Ein gemeinsames, ressortübergreifendes Lagebild fehlt bislang.
Hybride Bedrohungen erfordern neue Formen der Koordination Es braucht einen interdisziplinären Runden Tisch auf Landes- und Bundesebene. Behörden, Sicherheitsdienste, Betreiber Kritischer Infrastrukturen, Militär, Kommunikationsverantwortliche – sie alle müssen gemeinsam Bedrohungen bewerten und abgestimmte Maßnahmen entwickeln. Jeder Partner bringt seinen Beitrag in die eigene Organisation ein, um dort den gesetzlichen Auftrag im Sinne eines vernetzten Bevölkerungsschutzes umzusetzen. Ein zentrales Anliegen ist dabei auch die Entwicklung der Verwaltung selbst. Die Resilienz öffentlicher Institutionen darf nicht dem Zufall überlassen werden. Es braucht systematische Schulungen, regelmäßige Beteiligung an Großübungen (z.B. LÜKEX), klare
Zuständigkeiten (z.B. ZMZ-Beauftragte) und eine strategisch gedachte digitale Infrastruktur. Insbesondere die Einführung einer neuen Defintion von „Krise“ als verwaltungsrechtlich relevantem Zustand wird diskutiert. Krisen sind nicht immer Katastrophen im klassischen Sinne, sie sind häufig diffus, multikausal und dynamisch. Ein eigener Rechtsrahmen würde es ermöglichen, bereits vor der Katastrophenschwelle handlungsfähig zu sein.
Handlungsempfehlungen aus dem Grünbuch
Das Papier liefert konkrete Vorschläge, wie die Verwaltung als KRITIS gestärkt werden kann:
1. Gesetzliche Verankerung der Verwaltung als KRITIS, um Schutzmaßnahmen und Förderinstrumente zu ermöglichen.
2. Entwicklung ganzheitlicher Schutzkonzepte für Behördenstandorte, unter Einbindung der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten.
3. Aufbau eines Frühwarnsystems und eines interdisziplinären Lagebildes in Echtzeit, um „vor die Lage“ zu kommen.
4. Einbindung der Verwaltung in nationale Krisenübungen wie LÜKEX sowie der Einsatz digitaler Zwillinge und „War Games“.
sammensetzen: Am 6. Mai wurden danach an insgesamt acht Standorten des BOS-Netzes Cisco-Router ausgetauscht. Beim Hochfahren der Geräte trat ein unerwartetes Problem auf, das, so die spätere Analyse, von einer an sich „passiven“ Prüfberichtssoftware verursacht worden sein soll. Anders als die Systemsoftware durchlaufen diese Programme offensichtlich nicht die üblichen Prüfschleifen auf der BDBOS-Testplattform, sodass das Problem vorab nicht entdeckt wurde. Die Prüfsoftware veranlasste die betroffenen Router, immer wieder rauf- und runterzufahren, was die Schwankungen im Ausfall-Szenario erklären könnte. Beim Erklärungsversuch, wie es technisch zu einer Einwirkung des „passiven“ Programms auf die Systemsoftware kommen konnte, scheint auch der Abschlussbericht undeutlich zu werden.
Eigenes Netz gefordert Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind die Konsequenzen aus dem Ausfall klar: „Der BOS-Digitalfunk ist für die Sicherheitsbehörden im 21. Jh. von entscheidender Bedeutung – nicht nur bei Großeinsätzen – sondern auch in der alltäglichen Sicherheitsarbeit. Da braucht es Krisenfestigkeit und Resilienz. Hier muss angesichts des jüngsten Digitalfunkausfalls noch mehr getan und investiert werden. Die GdP fordert weiterhin ein eigenes Breitbandnetz für die BOS.“ In den Ländern herrscht angesichts der Informationslage eine milde Skepsis ob der abschließenden Belastbarkeit des vorliegenden Erklärungsversuchs. „Irgendwie irre“, meint ASLeiter Stefan Wächter abschließend, „aber technisch möglich“. Vonseiten der BDBOS gilt das Problem als gelöst: „Um den zugrunde liegenden Softwarefehler zu beseitigen, wird der Hersteller unverzüglich ein Softwareupdate bereitstellen.“
Die Verwaltung ist nicht nur Verwalterin, sie ist Gestalterin. In einer zunehmend volatilen Welt wird sie zur sicherheitsrelevanten Ressource – unverzichtbar für die Funktionsfähigkeit des Staates.
5. Benennung von zivilen ZMZ-Beauftragten auf Bund- und Landesebene zur besseren Koordination und Verantwortungszuweisung.
6. Aufbau interoperabler IT-Systeme mit Redundanzen zur Sicherung der digitalen Handlungsfähigkeit.
7. Schulungen für alle Verwaltungsmitarbeitenden im Sinne eines ganzheitlichen Krisenbewusstseins.
8. Etablierung des Begriffs „Krise“ als verwaltungsrechtlich relevanten Zustand, analog zum Katastrophenbegriff, auslösbar beispielsweise durch das Kabinett.
9. Etablierung einer Gemeinsamen Geschäftsordnung (GGO) auf Landes- und auf Bundesebene zur Koordination zwischen Ministerien und Staatskanzleien im Krisenfall.
10. Entbürokratisierung in der Krise durch flexible Entscheidungsprozesse, z. B. unter Nutzung des Pareto-Prinzips bei Entscheidungsprozessen in kritischen Lagen. Insbesondere auch „Akzeptanz und Gelassenheit“ bei den Kontrollbehörden wie beispielsweise den Rechnungshöfen.
11. Einrichtung eines „Runden Tisches“ für hybride Bedrohungslagen mit allen sicherheitsrelevanten Akteuren.
12. Gezielte Finanzierung und Integration in den Finanzausgleich zur Sicherung der Verwaltungsresilienz.
Verwaltung strategisch resilient denken, ausstatten und vernetzen Die im Grünbuch formulierten Impulse machen klar: Der Bevölkerungsschutz der Zukunft entscheidet sich nicht nur im Katastrophengebiet, sondern auch in Behördenfluren, Rechenzentren und digitalen Netzwerken. Die Verwaltung muss nicht nur stabil sein, sie muss strategisch resilient gedacht, ausgestattet und vernetzt werden. Ohne eine funktionierende Verwaltung gibt es keinen funktionierenden Staat. Und ohne funktionierenden Staat keine effektive Krisenbewältigung.
Das Grünbuch ZMZ 4.0 steht auf den Webseiten des Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit e.V. (zoesbund.de) kostenlos zum Download zur Verfügung.
Uwe Becker ist Referatsleiter für Brand- und Katastrophenschutz im Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. Dort ist er für zivilmilitärische Zusammenarbeit und Munitionsbergung sowie in der Koordinierungsstelle Kritische Infrastrukturen (KoSt KRITIS) zuständig. Foto: BS/privat
„Wirmüssen uns vorbereiten“, mahnt Tobias Fuchs, Mitglied des Vorstands des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und Leiter des Geschäftsbereichs Klima und Umwelt. Zwar gebe es auch ohne den menschengemachten Klimawandel Extremwetterereignisse, aber eben nicht so starke. Die Bandbreite klimawandelbedingter Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen oder Starkregen ist ist vielen noch gut durch die Ahrtal-Katastrophe in Erinnerung Aber auch das Gegenextrem mit all seinen Auswirkungen wie Hitzewellen, Dürren oder langanhaltender Trockenheit müsse man im Blick behalten.
Kleine Zahl, große Auswirkung 2024 war erneut ein Rekordjahr hinsichtlich der Temperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnung –global, aber auch in Europa und in Deutschland. Die Temperatur lag rund zwei Grad Celsius über der Referenzperiode. Dies lässt sich auf die anthropogenen Treibhausgase zurückführen. „Es nimmt nicht nur die durchschnittliche Temperatur zu, sondern auch die extremen Temperaturen“, warnt Fuchs. Zwei Grad seien zwar nur eine „Zahl“, hätten jedoch starke Auswirkungen. „Was früher ein Extrem war, ist heute normal“, so Fuchs weiter. Durch die Verschiebung fallen in Zukunft Hitzewellen mit mehr Hitzetoten stärker aus. In den letzten Jahren sei man glücklicherweise von starken Hitzewellen verschont geblieben, da die Luftströme günstig gewesen seien; nichtsdestotrotz müssten Hitzepläne vorbereitet werden, fordert Fuchs. Außerdem verweist der Experte auf eine weitere Entwicklung: Durch den Klimawandel verschieben sich die Jahreszeitenphasen. Es gebe kürzere Winter- und längere Sommerphasen. Mögliche Auswirkungen seien gleichfalls ver-
B ehörden Spiegel: Was soll die Meldeplattform leisten?
Prof. Dr. Henning Goersch: Die neue Plattform soll sich bundesweit etablieren und insbesondere außerhalb von Katastrophen und konkreten Einsatzlagen genutzt werden. Ziel ist es, Schwachstellen im System zu erkennen und zu benennen – unabhängig von akuten Ereignissen.
Häufig sehen wir erst im Nachgang großer Katastrophen, was nicht funktioniert hat, welche Fehler passiert sind und was wir daraus hätten lernen können. Dieser typische Zyklus – erst nach dem Ereignis zu reagieren – soll durch die Plattform durchbrochen werden. Deshalb wollen wir bereits im Vorfeld, also ohne konkreten Anlass, systematisch einen Blick auf die Gefahrenabwehr werfen. Dabei geht es uns um zwei Dinge: Zum einen wollen wir Schwächen im System identifizieren, um sie frühzeitig zu benennen. Zum anderen sollen aber auch positive Beispiele sichtbar gemacht werden – also Strukturen und Abläufe, die besonders gut funktionieren und als Vorbild dienen können. Diese sollen ebenfalls systematisch erfasst und als mögliche Lösungen bereitgestellt werden.
Behörden Spiegel: An wen richtet sich diese Plattform und wer kann sich daran beteiligen?
Goersch: Die Plattform richtet sich in erster Linie an die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr, insbesondere an Akteure aus dem Bevölkerungsschutz, dem Rettungswesen und dem Brandschutz. Grundsätzlich
Früher extrem, heute normal
Klimawandel trifft Krankenhäuser mehrfach
(BS/bk) Durch die Kriege in der Welt und die Kapriolen im Welthandel ist der Klimawandel etwas in den Hintergrund gerückt. Nichtsdestotrotz nehmen die Gefahren durch Extremwetterereignisse zu. Neben den klassischen und bekannten Lagen treten zudem sekundäre Herausforderungen auf. Es bedürfe eines All-Gefahren-Ansatzes, forderten Expertinnen und Experten auf einer Veranstaltung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Die Kaskadeneffekte durch den Klimawandel können Krankenhäuser besonders hart treffen. Foto: BS/upixa, stock.adobe.com
schobene Allergiezeiträume oder die Verbreitung von Krankheitserregern aus wärmeren Regionen. Darauf müsse man sich ebenfalls vorbereiten, sagt Fuchs
Der DWD plant deshalb, auch seine Hitzewarnungen anzupassen. Bisher gab es nur die Hitzewarnung der Stufe 1 und 2. Jetzt soll beim nationalen Wetterdienst eine dritte Stufe eingeführt werden. Hintergrund sei, dass man befürchtet, dass – ähnlich wie in den USA – sich im Sommer sogenannte Hitze-Dome bzw. Hitzeglocken entwickeln könnten. Bei der Entwicklung dieser Hitzewarnstufe will der DWD mit anderen Akteuren in den Austausch treten, z. B. Notaufnahmen, die ihre Auslastung mitteilen sollen.Neben den gesundheitlichen Aspekten hat der Klimawandel viel-
fältige sozioökonomische Auswirkungen. Darauf weist Jan Bäumer vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hin. Die Annahme, dass die Auswirkungen des Klimawandels nur anderswo stattfänden, sei falsch. Jeder müsse sich vorbereiten. „Wir haben starke Dependenzen in unserer Gesellschaft“, sagt Bäumer. Nur weil z. B. ein Krankenhaus nicht direkt betroffen sei, heißt das nicht, dass eine indirekte Betroffenheit nicht ebenso starke Auswirkungen haben könne. Die Kaskadeneffekte seien dabei besonders bedeutsam.
Kein Sprint, sondern ein Dauerlauf Als Beispiel führt Bäumer gestörte Lieferketten an. Wenn aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels die Stromversorgung ausfalle,
würden Kritische Infrastrukturen (KRITIS) ihre Notstromversorgung über Notstromaggregate betreiben. Diese Aggregate würden meist mit Diesel betrieben. Dies könnte zu einem Engpass bei der Treibstoffversorgung führen. Dienstleister und Lieferanten wie Wäschereien oder Caterer – die keine KRITIS seien –seien aber auch auf eine konstante Dieselversorgung angewiesen. Dies könnte dann weiter zu einem Materialmangel führen. Und so weiter. „Es gibt keine einfache Lösung“, sagt Bäumer klar. Was es brauche, sei ein All-Gefahren-Ansatz und eine Stärkung der eigenen Resilienz. Er warnt aber davor, sich der Illusion hinzugeben, dass eine Einzelmaßnahme helfe, oder sogenannte Katalogmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Diese seien meistens
Mit einer Plattform den Zyklus durchbrechen
Fehler schon vor dem Ereignis entdecken
(BS) Im Rheinland fragt man sich häufig: Woran hat et jelegen? („Woran hat es gelegen?—für Nicht-Rheinländer.) Es ist eine der häufigsten Fragen nach einem Schadensereignis. Wieso haben bestimmte Maßnahmen und Planungen nicht so funktioniert wie geplant? Anfang des Jahres ist die „Meldeplattform Gefahrenabwehr“ gestartet. Was diese Plattform in dieser Frage anders machen will und wie sie funktioniert, erklärt Prof. Dr. Henning Goersch von der FOM Hochschule. Die Fragen stellte Bennet Biskup-Klawon.
kann aber auch die polizeiliche Gefahrenabwehr Beiträge leisten. Wir haben das bewusst offengehalten. Ein wichtiger Aspekt ist: Es geht uns nicht darum, einzelne Organisationen oder Personen bloßzustellen. Die Plattform arbeitet deshalb mit bewusst grober Auflösung – etwa auf Ebene von Fachdiensten oder Bundesländern. So lassen sich Probleme und gute Ansätze erkennen, ohne jemanden konkret an den Pranger zu stellen. Geplant ist, die gesammelten Erkenntnisse mindestens einmal im Jahr auszuwerten und sowohl der Fachöffentlichkeit als auch der Politik und interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen. So wollen wir regelmäßig Impulse geben, wie sich unser System der Gefahrenabwehr verbessern lässt.
Behörden Spiegel: Wann soll die Plattform starten?
Goersch: Wir befinden uns jetzt in der zweiten Phase der Plattformentwicklung. An dem Projekt wurde lange gearbeitet – mit zahlreichen Tests und iterativen Anpassungen. Seit dem 1. Februar läuft die Plattform bereits in einer erweiterten Testphase. Nun wollen wir sie einem größeren Publikum zugänglich ma-
chen. Aktuell liegen uns bereits rund 150 bis 160 Rückmeldungen vor. Im Laufe des Jahres möchten wir noch weitere Einsendungen sammeln, um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten. Dabei ist es uns wichtig, zu betonen: Wir gehen mit einer gewissen Offenheit und auch Skepsis in dieses Projekt. Es ist durchaus möglich, dass die Plattform wieder eingestellt wird – etwa dann, wenn sie nicht angenommen wird oder sich das Konzept als nicht tragfähig erweist.
Ziel ist es jedoch nicht, einzelne Vorfälle im engeren Sinne zu analysieren – wie es zum Beispiel bei klassischen Reporting-Systemen der Fall ist –, sondern vielmehr systemische Schwächen und funktionierende Lösungsansätze zu identifizieren. Das unterscheidet unsere Plattform deutlich von bestehenden Modellen. Sie ist auch nicht als Ersatz für bestehende Organisationsstrukturen gedacht, sondern als ergänzendes Analyseund Lerninstrument.
Verortet ist das Projekt am FOMInstitut für Public Management, konkret in der Forschungsgruppe Gefahrenabwehr. Von dort aus wird es fachlich betreut und gesteuert. Es gibt eine eigene Steuerungsgruppe sowie eine Anonymisierungsgruppe, die sicherstellt, dass
teuer und nicht auf die Gegebenheiten der Einrichtung angepasst. Mehr Risikobewusstsein, weniger Wahrscheinlichkeitsrechnungen Er plädiert dafür, dass für die Resilienzmaßnahmen Ressourcen abgestellt werden und die Verantwortlichen den Austausch mit Partnern in den Kommunen und dem Katastrophenschutz suchen. Es sei eine Daueraufgabe, die an örtliche Gegebenheiten angepasst werden müsse. Schließlich gebe es immer wieder neue Kolleginnen und Kollegen, Umbaumaßnahmen oder neue Gefahren – in den vergangenen fünf Jahren sei die Gesellschaft u. a. mit einer Pandemie, Extremwetter und Krieg konfrontiert worden. Dabei helfe es nicht, von Wahrscheinlichkeiten auszugehen, sondern eher von Plausibilität. Am Beispiel von Krankenhäusern hebt Bäumer hervor, dass es durchaus einige Leuchttürme in Sachen Resilienz gebe. Manche seien punktuell schon gut aufgestellt, manche aber gar nicht. Er kritisiert dabei, dass es keine bundesweite Resilienz gebe. Das habe zwei Gründe: Erstens seien die bisherigen gesetzlichen Vorgaben bundesweit noch zu uneinheitlich und es fehle bei manchen Verantwortlichen das Risikobewusstsein. Aber: „Es ist nie zu spät, sich vorzubereiten“, zeigt sich Bäumer überzeugt.
keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden und gleichzeitig eine hochwertige wissenschaftliche Auswertung möglich ist.
„Dieser typische Zyklus – erst nach dem Ereignis zu reagieren – soll durch die Plattform durchbrochen werden.“
Behörden Spiegel: Haben Sie die Eingaben schon analysiert?
Goersch: Bislang haben wir die Rückmeldungen noch nicht ausgewertet. Der Fokus liegt derzeit darauf, die Plattform zunächst bekannter zu machen. Eine tiefergehende Analyse der eingegangenen Beiträge steht noch aus.
Behörden Spiegel: Wann ist mit den ersten Ergebnissen zu rechnen?
Goersch: Geplant ist, etwa ein Jahr nach dem Start – also zu Beginn des Jahres 2026 – erstmals umfassend über die Ergebnisse und Erkenntnisse der Plattform zu berichten. Unser Ziel ist es, nicht erst im Nachhinein nach Ursachen und Verantwortlichkeiten zu suchen, wenn etwas schiefgelaufen ist. Vielmehr wollen wir typische Fragen wie „Warum hat das nicht funktioniert?“ bereits im Vorfeld stellen. Es geht darum, systematische Schwächen frühzeitig zu erkennen, zu priorisieren und gezielt zu thematisieren – noch bevor ein konkreter Vorfall eintritt. Durch diese kontinuierliche, ereignisunabhängige Betrachtung hoffen wir, Muster zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln, mit denen potenzielle Probleme frühzeitig adressiert werden können. Das ist ein zentraler Gedanke der Plattform.
Prof. Dr. Henning G. Goersch ist Leiter des Studiengangs B.Sc. Management in der Gefahrenabwehr und der Forschungsgruppe Gefahrenabwehr am Institut für Public Management der FOM Hochschule. Foto: BS/privat
„Inden vergangenen drei Jahren hat Russland seine Streitkräfte massiv weiterentwickelt.“ Das stellte der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, auf dem Jahresempfang des Reservistenverbandes klar. Doch trotz dieser Entwicklung gelinge es Russland nicht, die Verteidigung der ressourcenschwächeren, aber technologisch fortgeschrittenen ukrainischen Streitkräfte zu durchbrechen. Die NATO müsse sich das zum Vorbild nehmen und sich das gleiche Level technologischen Fortschritts und konzeptioneller Anpassung aneignen. Denn mit den Bildern der Vergangenheit werde die Allianz Russland nicht länger abschrecken. „Letztendlich geht es um nichts weniger als das Bestehen auf dem Gefechtsfeld und damit die Siegfähigkeit in Konflikten der Zukunft“, so Mais. Innovationstreiber seien dabei einerseits technologische Entwicklungsstränge und andererseits die Erfahrungen aus den aktuellen Konflikten. Insbesondere der Ukraine-Krieg sei entscheidend. Konkret leitet der Inspekteur vier zentrale Entwicklungslinien aus den russisch-ukrainischen Kampfhandlungen ab: Zunächst sei die gewachsene Bedeutung des bodennahen Luftraums zu nennen. Insbesondere der Drohneneinsatz stelle hierbei den entscheidenden Entwicklungsvektor dar. Als zweiten Punkt identifizierte Mais die Beschleunigung des Sensor-to-Shooter-Loops. Darüber hinaus gewinne der elektronische Kampf massiv in den unteren taktischen Ebenen an Bedeutung. Abschließend setzte der Inspekteur die Wiederentdeckung der Bedeutung von Masse als finalen vierten Punkt. Lässt man die Wiederentdeckung der Masse aus, haben alle beschrie-
Dass zivile Technologie auch einen militärischen Einsatzzweck haben könnte, wurde in Deutschland über Jahre hinweg ignoriert. Dr. Niklas Schörnig, Leiter der Forschungsgruppe Emerging Disruptive Technologies am Peace Research Institute Frankfurt (PRIF), erinnert sich an ein Gespräch vor einigen Jahren mit einem Ingenieur auf einer Industriemesse. Der junge Mann hatte einen besonders leisen Drohnenmotor entwickelt. Auf die Frage, auf welche Weise der neuartige Antrieb genutzt werden könnte, erhielt Schörnig zur Antwort, dass sich sein System aufgrund der geringen Lärmemission zur Vogelbeobachtung eigne. Ein möglicher militärischer Einsatz kam ihm nicht in den Sinn. Dieses Beispiel ist besonders eindringlich, weil Drohnen nach Ansicht Schörnigs nicht mehr als aufstrebende Dual-Use-Technologie betrachtet werden könnten. Vielmehr hätten unbemannte Luftfahrzeuge bereits den gesamten Entwicklungszyklus durchlaufen. Folgerichtig erlaube die Betrachtung dieses Einsatzmittels Rückschlüsse darauf, wie sich Dual-Use-Technologien entwickelten. Der Forschungsgruppenleiter identifiziert zwei parallele Entwicklungslinien seit Beginn der 2000er-Jahre: zivile Kleindrohnen auf der einen und teure militärische Großsysteme auf der anderen Seite. Diese beiden Pole blieben sich weitestgehend fern, bis der Islamische Staat die kleinen zivilen Systeme als Waffe der Wahl für sich entdeckte. Mittlerweile haben sich auch reguläre Streitkräfte die Systeme angeeignet. Die Produktion erfolgt aber weiterhin im zivilen Sektor. Eine Vielzahl von Unternehmen sei dazu in der Lage. „Kleinstdrohnen sind ein Paradebeispiel dafür, wie zivile Technologien unbemerkt eine militärisch disruptive Wirkung
Der neue Bajonettsturm
Das Deutsche Heer zieht Lehren aus dem Ukraine-Krieg (BS/Jonas Brandstetter) In der Ukraine wird ein neues Kriegsbild offenbar. Das Deutsche Heer leitet daraus vier Hauptrichtungen für die Landstreitkräfte ab. Die Entwicklungen sollen sich in zwei Phasen beim Heer niederschlagen.
Das Deutsche Heer plant die Ausstattung aller Einheiten mit Drohnen.
benen Entwicklungslinien eines gemein: Sie markerien erst den Beginn einer Entwicklung. Trends seien aber bereits heute erkennbar, stellte Mais klar. So zum Beispiel der umfängliche Einsatz unbemannter Systeme in allen Dimensionen auf Basis eines bisher ungekannten Autonomielevels. Künstliche Intelligenz (KI) stelle dabei das technische Fundament. Dieses Konstrukt sei seinerseits in ein Cloud-basiertes Datenmanagement eingewoben –Sensorsteuerung, Datenkontrolle, Datenfusion und Analyse seien digital gebündelt. Parallel dazu nehme die Reichweite und Präzision von Wirkmitteln zu. Das Ergebnis dieser Entwicklungen sei ein extrem hoher Anpassungsdruck. Aus diesem kon-
Foto: BS/Bundeswehr/Carl Schulze
densierte der Inspekteur wiederum sieben distinkte militärspezifische Ableitungen:
1. Die Trennlinie zwischen Lageund Zielaufklärung löst sich auf.
2. Die Beherrschung des Raumes vor der Kampftruppe verlagert sich auf einen teilautonomen automatisierten Luft- oder erdgestützten Aufklärungs- und Wirkungsverband.
3. Die Kombination von bemannten und unbemannten Plattformen erhöht Schutz und Letalität.
4. Aufklärungs- und Bekämpfungsreichweiten steigen, während sich die Wirkungszeiten verkürzen.
5. Die Navigation auf der takti-
schen Ebene breitet sich vom 2D-Kartenblatt in das elektromagnetische Spektrum und den bodennahen Luftraum aus.
6. Alle Plattformen bis hinunter zum Einzelschützen werden zum Aufklärungssensor.
7. Die Flut an Aufklärungs-, Zielund Lagedaten überfordert Hierarchien und zentrale Entscheidungsstrukturen. Die deutschen Landstreitkräfte ziehen aus diesen Erkenntnissen Schlüsse für ihre Entwicklung.
In vier Jahren oder einer Dekade „Im Deutschen Heer 2035 plus wird Abstandsfähigkeit konsequent höher priorisiert als Duellfähigkeit“, machte Mais deutlich. Auf das Manöver folge das Gefecht - nicht andersherum. Der CloseFight degeneriere doktrinär zum modernen Bajonett-Einsatz. Folgerichtig werde es im Heer in Zukunft keine Einheit geben, die nicht selbst strukturell über eigene unbemannte Systeme verfüge. Damit reagieren die deutschen Landstreitkräfte auf die neuen Realitäten des CloseFights. Denn dieser äußere sich in einer permanenten Rund-um-Verteidigung gegen Bedrohungen aus dem bodennahen Luftraum und dem elektromagnetischen Spektrum. Jeder erste Feindkontakt werde in dieser neuen Realität taktisch unbemannt geplant. Diesen Bedingungen plant sich das Heer auf zwei Zeitachsen an-
Heute noch zivil – morgen schon im Gefecht
Dual-Use-Technologie auf dem Vormarsch
(BS/jb) Der Drohneneinsatz in der Ukraine zeigt, welche militärische Bedeutung zivile Technologie haben kann. Ob Biotechnologie, Künstliche Intelligenz oder Additive Manufacturing – die Leistungsfähigkeit steigt enorm, während die Produktionskosten sinken.
Die Kosten für den Einsatz von Gentechnologie sinken. Foto: BS/Saad
entfalten können“, fasste es Schörnig zusammen Den Bedeutungsgewinn des zivilen Sektors beobachtet auch Dr. Kadri Reis. Die Biologin befasst sich am PRIF mit biologischer und chemischer Abrüstung und Sicherheit.
Genmanipulation und 3D-gedruckte Waffen aus der Garage Während der Fokus traditionell auf staatlichen Akteuren lag, weil nur diese über die notwendigen Mittel verfügten, um gentechnisch zu arbeiten, rückten nichtstaatliche
Akteure zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. Ursprung dieses Trends sind die rapiden Entwicklungssprünge in der Biotechnologie. „Je weiter diese Technologien verbreitet sind, desto größer ist die Gefahr durch Dual-Use-Anwendungen“, betonte die Wissenschaftlerin. Sie veranschaulichte diesen Umstand an einem Beispiel: Die genetische Veränderung von Pathogenen sei über Jahre höchst kostenaufwendig geblieben. Sich in der Entwicklung befindliche Geräte im Schreibtischformat machen
zupassen. Innovation ist dabei ein Schlüsselbegriff, steht als solcher aber nicht exklusiv. Lückenschutz, Vollausstattung und Aufwuchs vervollständigen das Quartett der Handlungslinien. Die Umsetzung dieser Leitlinien soll mit unterschiedlicher Gewichtung im Zeitblock eins, dem Zeitraum bis zum Jahr 2029, und Zeitblock zwei, der Dekade ab 2030, erfolgen. Während Phase eins sich das Herstellen einer hinreichenden Einsatzbereitschaft zum Ziel setze, gelte der Fokus der zweiten Phase dem Aufwuchs und der Innovation. Die Vollausstattung und das Schließen qualitativer Lücken sollen im Rahmen der ersten Phase bis zum Jahr 2029 bestmöglich abgeschlossen sein.
Die Einschätzung Mais', ob dieses Ziel mit der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit zu erreichen ist, fällt eindeutig aus. Bis 2030 hat die Bundesrepublik zugesagt, der NATO drei Divisionen, zehn Brigaden und einen Satz Korpstruppen bereitzustellen. „Wenn wir das aktuelle Tempo beibehalten, werden wir bis 2029 etwa ein Drittel dieser Zusatzkräfte stellen“, machte Mais deutlich. Zwar sei es gelungen, mit dem Sondervermögen insgesamt 93 25-Millionen-Euro-Vorlagen für die Dimension Land zu generieren, das gebe aber keinen Anlass, sich zurückzulehnen. Die Frage, ob es gelänge, Entwicklungsphase eins erfolgreich abzuschließen, bemesse sich nämlich nicht an der Anzahl abgeschlossener 25-Millionen-Euro-Vorlagen. Vielmehr müsse sich das Heer daran messen lassen, wie viele Großverbände einen einsatzfähigen Zustand erreichten. Die Devise des Inspekteurs fällt daher eindeutig aus: schneller, ganzheitlicher und mehr.
diese Technologie aber bei Weitem erschwinglicher. Darüber hinaus vereinfache der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Gen-Sequencing die Prozesse. Grundsätzlich sei diese Entwicklung nicht bedauernswert, vereinfache sie doch zum Beispiel die Forschung an Impfstoffen. Allerdings wachse mit ihr auch die Gefahr eines maliziösen Einsatzes. Im Bewusstsein vieler Forschender habe sich diese Erkenntnis allerdings noch nicht niedergeschlagen. Reis fordert, Biosecurity bereits in der Frühphase der Ausbildung angehender Biologinnen und Biologen zu unterrichten. Unterdessen sind bereits erste militärische Use-Cases für additive Fertigungsprozesse erschlossen, wie Liska Sickau von der Forschungsgruppe Emerging Disruptive Technologies des Clusters Natur- und Technikwissenschaftliche Rüstungskontrollforschung (CNTR) erläuterte. Unter anderem kämen 3D-gedruckte Hüllen für improvisierte Sprengkörper oder Adapterstücke, um Granaten sowjetischer Bauart für den Drohnenkrieg nutzen zu können, in der Ukraine zum Einsatz. Das größte militärische Einsatzpotenzial für die Technologie liege jedoch in der Produktion von Ersatzteilen. Sickau mahnt darüber hinaus an, den Blick nicht auf die professionelle Anwendung additiver Fertigung zu verengen. Unterhalb der Schwelle professioneller Systeme hätten Hobby-Anwendungen ein distinktes Gefahrenprofil. In diesem Sektor tummelten sich unterschiedlichste Akteurinnen
und Akteure sowie eine Vielzahl von Unternehmen. Besorgniserregend sei dabei insbesondere, dass die Beschäftigung mit der Thematik mit einer ideologischen Haltung einhergehe. So verfolgten bestimmte Gruppen das Ziel, sich staatlichen Regulierungen – zum Beispiel zum Waffenbesitz – zu entziehen. Diese Risikofaktoren zu beobachten und einzuschätzen gestalte sich schwierig. Denn immaterielle Baupläne für den 3D-Drucker ließen sich nur schwer überwachen. Soziale Medien böten einen Nährboden, um sowohl das technische Verständnis als auch den ideologischen Unterbau zu verbreiten.
Bei KI und Halbleitern ist Europa abhängig
Von einer aufkommenden disruptiven Technologie möchte Dr. Thomas Reinhold, Researcher im Programmbereich Internationale Sicherheit im CNTR, bei Künstlicher Intelligenz (KI) nicht sprechen. KI sei bereits heute zentral für militärische Kräfte. Die dafür notwendigen Halbleiter würden in den USA entwickelt und in Taiwan produziert. Auch der Schwerpunkt der Software-Entwicklung lege in den Vereinigten Staaten. Neben den Hightech-Chips für den KI-Einsatz hätten allerdings auch weniger leistungsfähige Chips eine zentrale militärische Bedeutung – weil sie sehr zuverlässig seien und Hitze sowie Feuchtigkeit standhalten könnten. Für integrierte Schaltkreise seien diese Halbleiter entsprechend unverzichtbar. Allerdings verfügt Europa auch in diesem Bereich nicht über nennenswerte eigene Produktionskapazitäten. Die Mehrzahl der Halbleiter entsteht in China. Für Reinhold ist deshalb klar: „Europa ist auf mittlere bis lange Sicht abhängig.“
Ein Frontstaat im Kalten Krieg –diese Rolle hat die Bundesrepublik schon lange nicht mehr inne. Stattdessen ist Deutschland im Spannungsfall heute Drehscheibe der NATO. Im Bündnisfall erfolgt die Verlegung der alliierten Kräfte zum scharfen Ende des Konflikts in Osteuropa durch Deutschland. Allerdings fehlt die verfassungsrechtliche Grundlage für diese neue Aufgabe, erläuterte Dr. Martin Weber, Referent im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), auf dem European Police Congress (EPC) in Berlin. „Unsere Verfassung ist zu einer Zeit geschrieben worden, als Deutschland Grenzstaat war“, führte er weiter aus. Dieses alte Konstrukt in der Verfassung greife heute aber nicht mehr. Folgerichtig werde „die Verlegung von Truppen an die Ostfront in tiefem Frieden erfolgen.“ Im Frieden befinde sich Deutschland aus Sicht des Katastrophenschützers allerdings nicht mehr. Auf der vierstufigen Escalation-Level-Skala ordnet er die Bundesrepublik derzeit auf Stufe eins ein: den hybriden Bedrohungen. Darauf folgen auf der Skala sukzessive die Stationierung von Truppen an der NATO-Ostgrenze (Stufe zwei), die Bündnisverteidigung (Stufe drei) und abschließend die Landesverteidigung (Stufe vier). Diese Einschätzung teilt Generalleutnant André Bodemann, stellvertretender Leiter des Operativen Führungskommandos und Kommandeur für Territorialverteidigung. Für ihn ist klar: „Zurzeit haben wir keinen Frieden.“ Deutschland befinde sich im Zielfeld hybrider Kampagnen Russlands. Daraus könne aber nicht pauschal der Schluss gezogen werden, dass ein Ereignis immer Russland zuzuordnen sei. Die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit verlören ihre Schärfe. Jens Töpke von der Berliner Landespolizei beobachtet diesen Trend aus polizeilicher Perspektive. Er betont, dass drittstaatliche Nachrichtendienste in der Hauptstadt aktiv seien. Welche Konsequenzen das für die Kritische Infrastruktur der Bundesrepublik habe, machte der Berliner Polizist an einem Beispiel deutlich: Wenn eine Drohne (UAV) vor einem Krankenhaus auftauche, gehe von dem Luftfahrzeug selbst keine unmittelbare Gefahr aus. Bedrohlich sei hingegen, zu welchem Zweck die erhobenen
Seit
dem 22. Mai ist mit der Panzerbrigade 45 in Litauen erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine deutsche Brigade im Baltikum stationiert. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach beim offiziellen Aufstellungsappell in der litauischen Hauptstadt Vilnius von einer neuen Ära. „Litauen und Deutschland zeigen gemeinsam, dass sie bereit sind, Europas Freiheit gegen jede Bedrohung zu verteidigen“, führte er weiter aus. Darüber hinaus bekräftigte der Kanzler erneut, dass er die Bundeswehr zur schlagkräftigsten konventionellen Armee Europas machen wolle. Wie das gelingen soll, erläuterte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Verteidigung der CSU, Thomas Erndl (CSU), in Berlin. Er äußerte sich positiv zur Aussetzung der Schuldenbremse durch die CDU noch unter der alten Zusammensetzung des Bundestags. Merz habe seine Bewährungsprobe bestanden. Ohne die monetären Spielräume, welche die Grundsatzänderung eingeräumt habe, wäre die Situation heute ungleich problematischer. Einen derartigen Kurswechsel hält Erndl auch in Personalfragen für angezeigt. „Wir kommen der Zielsetzung Personal nicht näher“, mo-
KRITIS-Schutz aus den 60ern
Die Realität hat die Gesetzgebung überholt
(BS/jb) Hybride Kriegsführung und neue technologische Mittel fordern ein Umdenken beim Schutz Kritischer Infrastrukturen in Deutschland. Verfassungsrechtlich ist dieser jedoch in der Frühphase der Bundesrepublik steckengeblieben. Neben dem Staat sind auch die Betreibenden gefragt.
Daten und deren Auswertung im Nachgang dienten. Die kleinen UAV trügen zum Aufklärungs-Mapping deutscher Infrastruktur für einen möglichen bewaffneten Konflikt bei. Diese Tatsache müsse man den Betreibern Kritischer Infrastrukturen verdeutlichen.
Mit den Gesetzen von Gestern Die Gesetzeslage hinke diesen Realitäten hinterher. Das machte Dr. Wolfgang Zink – der den öffentlichen Sektor im Auftrag von PWC zu Drohnen-Fragen berät – an der Rechtslage zum Einsatz gegen unbemannte Flugkörper deutlich. Einen einheitlichen Rechtsrahmen gibt es in Deutschland schlicht noch nicht. Allerdings haben sieben Bundesländer ihre Polizeigesetze bereits bezüglich der Drohnenabwehr angepasst.
Im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) Rheinland-Pfalz ist so zum Beispiel unter Paragraf neun die Landespolizei befähigt, „geeignete technische Mittel gegen das System, dessen Steuerungseinheit oder Steuerungsverbindungen einzusetzen“. Sollte ein Bundesland noch keine Novellierung des Poli-
zeigesetzes vorgenommen haben, müssen sich die Beamtinnen und Beamten auf die polizeiliche Generalklausel berufen. Die Anpassung des Bundespolizeigesetzes, die eine klare Rechtsprechung für den Einsatz gegen Drohnen bietet, steckt in parlamentarischen Verfahren fest. Gleiches gilt für die Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes. Dieses würde der Bundeswehr ermöglichen, Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge im Inland anzuwenden, wenn die Polizei dem Problem mit ihren technischen Mitteln nicht Herr werden kann.
Wissen darf nicht in Containern verrotten
Kommunikation und die anschließende Bündelung der Informationen ist innerhalb der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) essenziell, erläuterte Bodemann. „Wir brauchen ein übergeordnetes Lagebild“, forderte er dementsprechend. Lagebilder müssten zusammenfließen und Verantwortliche klar bestimmt werden. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Nationale Sicherheitsrat könnte hier eine Schnittstelle bilden. Die
Zusammenführung von Daten hat aber auch eine technische Dimension. Aus den Erfahrungen der Drohnenabwehr während der Fußball-Europameisterschaft in Berlin habe die Landespolizei laut Töpke erkannt, dass komplexe Szenarien eine flexible Reaktion verlangen. Wenn die Industrie proprietäre Lösungen anbiete, die für sich beanspruchen, das beste System zu sein, könnten die Polizeien Einsatzlagen nicht bewältigen: Töpke fordert ein standardisiertes Command and Control (C2)-System, an das die Hersteller ihre Produkte entsprechend anpassen. Auf diese Weise könnte modular das dem Einsatzszenario am besten entsprechende System zusammengestellt werden. Dementsprechend gestaltet sich auch Töpkes Wunsch an die Umsetzung zukünftiger Maßnahmen im Umgang mit Drohnen. Ihm schwebt eine zentralisierte Datenbank vor, in der Drohnensichtungen aller BOS einfließen. Wenn eine Drohne, die vor wenigen Wochen in München mit maliziösen Interessen flog, in Hamburg auftaucht, sollen die Kolleginnen und Kollegen in die Lage versetzt werden, diese auch zu
Wie weit die Freiwilligkeit reicht
Der Aufwuchs der Streitkräfte bleibt herausfordernd
(BS/jb) Im Sommer stimmen die NATO-Mitglieder über die Anforderungen an die Mitgliedstaaten ab. Klar ist schon jetzt: Deutschland muss mehr leisten – materiell und personell. Für Ersteres ist die Schuldenbremse ausgesetzt. Die Personalfrage aber ist allein mit Geld nicht zu lösen.
nierte der bayerische Bundestagsabgeordnete in Berlin. Er fordert deshalb, einen anderen Weg einzuschlagen. Um einen neuen Wehrdienst werde man nicht herumkommen. Auch wie dieser gestaltet werden sollte, machte der CSU-Politiker in der Bundeshauptstadt deutlich. Die christdemokratische Fraktion im Bundestag erachte das schwedische Modell als besonders geeignet. Dort sei es gelungen, mit Freiwilligen die Bedarfe zu decken. Sollte dieser Effekt in Deutschland nicht eintreten, müsse man auf die Pflichtkomponente zurückgreifen. „Wenn die Mittel nicht reichen, müssen wir den nächsten Schritt einleiten“, so Erndl
An der Attraktivität scheitert es nicht
Prof. Dr. Carlo Masala, Inhaber des Lehrstuhls für Politik an der Bundeswehruniversität München, blickt weniger pessimistisch auf die
Personalentwicklung der Bundeswehr. Nach einem Jahrzehnt des Verharrens der Truppenstärke bei etwa 183.000 sei mit einem Aufwuchs auf 186.000 ein leichter Anstieg der Freiwilligkeit spürbar. Diesen Umstand erklärt Masala mit den verzögerten Effekten der wahrgenommenen Notwendigkeit zur Verteidigung. Über Jahre habe in Deutschland die Wahrnehmung vorgeherrscht, dass es keinen Bedarf an Verteidigung gebe. Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine habe sich das geändert. Dieser Effekt schlage sich jetzt zeitverzögert in der gestiegenen Freiwilligkeit nieder. Masala gesteht aber auch ein, dass sich die Personalfrage mit Attraktivitätssteigerungen des Dienstes und Freiwilligkeit nicht lösen lasse. Bereits unter den gegenwärtigen Dienstbedingungen könnten 18-Jährige, die sich verpflichteten, ungleich mehr Geld verdienen als Gleichaltrige, die sich für eine Ausbildung entschieden. Dazu komme, dass die Bundeswehr auch aufwuchsfähig sein müsse. Die dafür notwendige Anzahl von Reservistinnen und Reservisten werde sich nach Ansicht des Politikwissenschaftlers über Freiwilligkeit nicht generieren lassen. Darüber hinaus diagnostiziert Masala ein Bindungsproblem. Zu viele Wehrdienstleistende würden die Grundausbildung wieder abbrechen. Das stehe auch im Zusammenhang mit der Ausstattung der Streitkräfte. Wer sich im Panzerbataillon verpflichte, um dann festzustellen, dass das Material nicht zur Verfügung stehe, verliere schnell die Lust am Soldatenberuf. Eine Vollausstattung würde an dieser Stelle Abhilfe schaffen.
erkennen. Doch selbst unter idealen juristischen und technischen Bedingungen – in einem LV/BVSzenario – werden, wie Bodemann klarstellte, die Bundeswehr und die Polizeien nicht in der Lage sein, alle Kritischen Infrastrukturen zu schützen.
Der Staat kann es nicht allein stemmen
Peter Lauwe, Leiter der Referatsgruppe Infrastrukturschutz, nimmt deshalb die Betreiber in die Pflicht: „Die Hauptlast des Schutzes müssen die Unternehmen selbst tragen“, machte er deutlich. Mit dem geplanten KRITIS-Dachgesetz werde sich das nicht vollständig abhandeln lassen. Um alle verteidigungswichtigen Infrastrukturen zu erreichen, bedürfe es weiterer Gesetze. Bodemann machte das an einem konkreten Beispiel deutlich: Die Drohnenabwehr könnte zum Beispiel durch den Werksschutz geleistet werden – zwar nicht mit kinetischen Mitteln, aber durch Jamming, Fangnetze und Ähnliches. In Gesprächen mit dem Kommandeur für Territorialverteidigung spiegelten die CEOs der Einrichtungen zwar durchaus die Bereitschaft wider, sich entsprechend zu engagieren, allerdings fehlten ihnen hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen. Darüber hinaus wüssten viele Unternehmen vor Eintritt eines Spannungsfalls nicht, welche Mitarbeitenden weiter zur Verfügung stünden und welche in ehrenamtlichen Tätigkeiten gebunden sind. Rechtlich gebe es für die Unternehmen keine Möglichkeit, dies im Vorhinein abzufragen. „Ich will den Datenschutz nicht aushebeln, aber hier braucht es Regelungen“, machte der stellvertretende Kommandeur des Operativen Führungskommandos deutlich. Anders als Bodemann hofft Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, nicht auf die Kooperation der Betreiber Kritischer Infrastrukturen. Für ihn ist klar, dass man nicht auf deren Freiwilligkeit bauen könne. Seiner Ansicht nach werden die Betreiber ohne Verpflichtung nicht das notwendige Schutzniveau herstellen. Ganz auf Zwangsmaßnahmen verzichten möchte aber auch Bodemann nicht. Er sieht Bedarf für eine Meldepflicht für Vorfälle in Kritischen Infrastrukturen.
Die Tücken eines Wehrdienstes Dass die Bundeswehr aber nicht über Nacht wieder zum Wehrdienst zurückkehren kann, wie dies noch in den 1980er-Jahren erfolgte, machte Masala an einem Rechenbeispiel deutlich. In Deutschland werden im Jahr etwa 700.000 Kinder geboren. Davon sind 350.000 männlich. Weitere 100.000 können durch körperliche Einschränkungen nicht zum Wehrdienst berufen werden. 50.000 verfügen nicht über den deutschen Pass. Rechnerisch bleiben somit 200.000 potenzielle Rekruten. „Wenn Sie die übrigen einziehen, kollabiert morgen die Bundeswehr“, stellte der Professor klar. Er zeigt sich optimistisch, dass die jährlichen Rekrutierungsbedarfe von 25.000 bis 30.000 Personen mit dem schwedischen Modell erreichbar seien. Das liege auch an einem kulturellen Wandel nach der Umsetzung des Wehrdienstmodells in Schweden. In den letzten Jahren des Wehrdienstes habe in Deutschland noch gegolten, dass man schon „schwer beschädigt“ sein müsse, um noch eingezogen zu werden. In Schweden aber habe sich die Wahrnehmung durchgesetzt, dass es sich beim Wehrdienst um eine Bestenauswahl handelt. Im Hohen Norden bereiteten sich bereits 16-Jährige auf die Musterung vor, weil sie zu den Besten gehören wollten.
Auf dem European Police Congress stellte Generalleutnant André Bodemann, Stellvertreter des Befehlshabers des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr, klar, dass wir uns nicht mehr im Frieden befinden. Foto: BS/Bildschön
Wenn sich Dr. Astrid Lang morgens ihren Laptop schnappt, weiß sie selten, was sie erwartet: „Das Schöne an dieser Tätigkeit ist, dass es so etwas wie einen ‚normalen Arbeitstag‘ nicht gibt“, sagt die 44-Jährige. Vielleicht trifft man sie in einem historischen Kellergewölbe, wo sie mittelalterliche Mauerreste inspiziert. Später am Tag steht sie vielleicht auf einem Baugerüst –und abends diskutiert sie schließlich in den zuständigen Gremien über den denkmalfachlichen Status postmoderner Objekte aus Zeiten der Bonner Republik.
Vielschichtiges Rheinland
Die promovierte Kunsthistorikerin arbeitet in der Abteilung Bau- und Kunstdenkmalpflege beim LVR-Amt für Denkmalpflege. Ihr Arbeitsplatz: Die Abtei Brauweiler – ein ehemaliges Benediktinerkloster und das Wahrzeichen dieses idyllischen Stadtteils von Pulheim bei Köln.
Doch klassische Büroarbeitstage sind selten: Für Denkmäler im Stadtgebiet Köln zuständig, ist Lang oft unterwegs – und schätzt den Kulturreichtum der Domstadt: „Das Rheinland ist ein dicht besiedeltes Gebiet mit unglaublich reicher Geschichte. Köln ist ein wichtiges Zentrum römischer Zeit, aber auch eine mittelalterliche Hansemetropole und schließlich führend in der modernen Architektur der 1920er-Jahre.“
Nach den massiven Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg widmet sich Köln schließlich der neuen Architektur und Stadtplanung. Es ist eine Stadt mit vielen verschiedenen historischkulturellen Schichten, in der es immer etwas Neues zu entdecken gibt.
Beharrlichkeit siegt
Langs Weg in den Öffentlichen Dienst verläuft auf Umwegen. Ihre Promotion im Jahr 2010 sollte ihren
Weg zu einem Volontariat beim LVR ebnen. „Das war damals noch Voraussetzung.“ Doch ausgerechnet als sie beim LVR einsteigen will, ist keine Stelle frei. Stattdessen nimmt sie zunächst eine Lehrtätigkeit an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf auf. Trotz aller Begeisterung für die Lehre hält sie am Wunsch nach einer Tätigkeit in der Denkmalpflege fest. Zehn Jahre später bietet sich dann die Gelegenheit: Eine 25-Prozent-Stelle im LVR wird frei. „Das war natürlich eher unattraktiv für Bewerber, die in Vollzeit arbeiten möchten. Ich aber – das ist der Vorteil am Öffentlichen Dienst – konnte meine Stelle an der Universität Düsseldorf um 25 Prozent reduzieren und diese im LVR absolvieren.“ Bald darauf kann sie die Stelle weiter aufstocken, Pensionierungen machen es möglich. Lang schätzt vor allem den hohen Praxisbezug ihrer Tätigkeit: „Ich habe auch bei den Exkursionen mit meinen Studierenden immer wieder gemerkt, dass es mir ungemein Spaß macht, vor Ort zu sein und Dinge zu entdecken. Besonders spannend ist es natürlich, wenn man Sachen herausfindet, die man noch gar nicht wusste.“ Ein Beispiel: der Kölner Fischmarkt. Lange Zeit galt die Annahme, das hölzerne Innenleben der bunten Stapelhäuschen stamme aus den 1930er-Jahren. „Doch wir stellten schnell fest: Das Holz ist älter. Viel älter.“ Es stammt aus dem 16. Jahrhundert, ergibt eine Analyse. Ein Happy End gab es leider nicht. Aufgrund des fehlenden Wissens um das Alter und falschen Umgangs mit dem Material war das Holz stark von Schädlingen befallen – und musste umfassend erneuert werden. Doch auch solche Erfahrungen unterstreichen die Bedeutung fachgerechter Denkmalpflege.
Verstehen statt abreißen
Denkmalpflege als Gesellschaftsauftrag
(BS/Julian Faber) Denkmalpflege ist für Dr. Astrid Lang mehr als Vergangenheitsbewahrung. Mit Leidenschaft, Detailblick und fachlichem Gespür verteidigt sie mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) das kulturelle Erbe einer der vielschichtigsten Regionen Deutschlands – manchmal auch gegen den Zeitgeist.
Staunen gehört zum Alltag – aber auch gesellschaftliche Fragen stellen sich immer wieder: „Das Verhältnis von Denkmalpflege und Nachhaltigkeit bewegt mich persönlich sehr.“ Dabei sieht Lang die Denkmalschutzbewegung historisch selbst als Teil einer ökologischen Debatte.
Ein fragwürdiger Antagonismus Das werde vor allem bei einem Rückblick auf die Zeit der 60er- und 70er-Jahre deutlich. Hier nahmen die Abrissarbeiten der wenigen vom Krieg verschont gebliebenen historischen Bauten überhand: „Dagegen hat sich die Hausbesetzer-Szene gewehrt, aber auch die ökologischen Pioniere, die später bei den Grünen landen sollten. Sie haben gesagt: ‚Das ist nicht nur unsere Geschichte, die ihr da abreißt, sondern auch ökologisches Kapital‘.“
Deshalb bedauert Lang den heute gängigen Antagonismus zwischen dem ökologischen Nachhaltigkeitsgedanken und praktischem Denkmalschutz: „Ich finde es spannend, dass sich das so auseinanderdividiert hat – nur weil es eine PV-Anlage vielleicht nicht auf ein historisches Dach geschafft hat.“ Dabei stünden beide Bewegungen doch prinzipiell auf derselben Seite: „Wir sind immer diejenigen, die sagen: ‚Weiternutzen – alte Technik neu gedacht‘.“ Als Beispiel nennt Lang ein klassisches Mehrfamilienwohnhaus aus dem späten 19. Jahrhundert: „Darin haben bereits so viele Generationen gewohnt – und außer einem Austausch der Fenster und Türen hat sich nicht viel geändert. Das ist in Bezug auf die CO2-Bilanz extrem nachhaltig.“ Das gerade erst fertiggestellte Energieeffizienzhaus nebenan hingegen, habe sich erst in vielen Jahren vollständig amortisiert – „denn Bauen ist unter den Industriezweigen der Klimakiller Nummer eins,“ stellt Lang klar. Dieser Weiternutzungsgedanke sei bei Kleidung längst in der Gesamtgesellschaft angekommen. Bei Gebäuden aber müsse man immer noch sehr viel vermitteln. Im Schatten des Kulturkampfes Doch nicht nur CO2-Bilanzen treiben Lang um. Auch die Frage, wie mit „vergifteten Denkmälern“ – also politisch aufgeladenen und umstrittenen Objekten – umzugehen ist, wird virulenter. Die Debatte erhielt durch die Angriffe und Proteste gegen solche Kulturträger in den vergangenen Jahren neuen Auftrieb –und bringt alte Fragestellungen erneut auf die Tagesordnung: „Wie geht man mit Objekten wie dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg um? Wie schaffen wir es, sie als
nere Projekte in der Wohnung – das hilft mir, den Kopf frei zu kriegen. Und wenn ich auf dem Flohmarkt oder online beispielsweise einen Küchentisch aus den 20er-Jahren ergattere, kann ich auch bei unseren Restauratorinnen und Restauratoren fragen, wie ich die lädierte Tischplatte aufarbeite.“
Das kulturelle Erbe verteidigen Die gesellschaftliche Relevanz ihrer Arbeit liegt für Lang auf der Hand – auch wenn dies noch sichtbarer werden könnte: Sie glaubt, dass Denkmalpflege an vielen Stellen ganz unbemerkt für viele Menschen extrem relevant ist. Beispiel gefällig? „Ich wohne in einer Blockbebauung im Kölner Süden, die stark geprägt ist von der späten Gründerzeit – also nah an einer großen Grünfläche, an einem kleinen Platz, Bäume im Innenhof.“ Hier sei stadtplanerisch vieles richtig gemacht worden – das könne man der hohen Nachfrage in diesen Viertel deutlich ablesen, erläutert sie.
historische Quelle zu erhalten und trotzdem eine kritische Beschäftigung des Betrachters zu evozieren?“ Diese Fragen sind fester Bestandteil von Langs Arbeit. Bei Standbildern helfe oft schon eine schriftliche Erläuterung. Schwieriger sei es mit Gebäuden, etwa NS-Bauten, die heute zum Teil auch als Sitz für Bundesministerien dienen. „Hilft es, diese Objekte einfach auszulöschen? Oder muss man nicht mehr investieren – mehr Zeit, Geld, Personal und Mühe, um auch hier den Diskurs zu erhalten?“ Das könne man aber nicht pauschal sagen. Das sei immer eine Einzelfallentscheidung.
Abschließend betont sie: „Ich glaube, wir sind in Deutschland in der luxuriösen Situation, dass die Menschen ein starkes Bewusstsein für ihr kulturelles Erbe haben.“ Ihr Wunsch: Mehr Wertschätzung für die, die sich aktiv kümmern und mehr Bewusstsein für die Bedeutung historischer Kulturgüter für die Gesamtgesellschaft – auch von den politischen Entscheidungsträgern in den Kommunen sowie bei Land und Bund: „Ich würde mir wünschen, dass sich das auch in eine größere staatliche Unterstützung umsetzt. Ist uns das kulturelle Erbe vor Ort nicht den einen oder anderen Euro mehr wert?“
Im Schlaglicht wird die Vergoldung an einem frühneuzeitlichen Epitaph besser sichtbar gemacht.
Die Arbeit im Kopf Wer mit Astrid Lang spricht, merkt schnell, dass Denkmalpflege für sie nicht nur Beruf, sondern Berufung ist. Abschalten kann sie privat aber trotzdem – zumindest meistens: „Natürlich fallen mir durch meinen beruflichen Hintergrund auch bei Freizeitspaziergängen in fremden Städten viele Dinge auf, die andere vielleicht nicht bemerken und auch nicht interessieren.“ In ihrem familiären Umfeld bemühe sie sich aber, darauf nicht permanent hinzuweisen. „Sonst rollt meine Familie auch mal genervt mit den Augen“, lacht sie. „Wir machen aber auch viel Natururlaub, denn wir fahren gerne Fahrrad oder wandern.“ Da sei die Gefahr, zu viel über die Arbeit zu reden, dann deutlich geringer. Früher hat Lang auch intensiv getanzt, sogar in den Leistungsbereich hineingeschnuppert. Außerdem geht sie regelmäßig laufen und absolviert auch alle dienstlichen Reisen innerhalb Kölns mit dem Rad. Und ihre Wohnung? Ein Altbau, kein Denkmal, aber liebevoll gepflegt: „Ein bisschen Hobbygärtnern auf dem Balkon, ein paar klei-
Der LVR
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) ist einer der beiden Landschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen. Er arbeitet als Kommunalverband mit rund 22.000 Beschäftigten für die rund 9,8 Millionen Menschen im Rheinland. Der Zuständigkeitsbereich umfasst den nordrhein-westfälischen Landesteil Rheinland mit den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf. Als zuständiges Fachamt ist er den Denkmalbehörden qua Gesetz nebengeordnet, berät die unteren Denkmalbehörden der Kommunen, aber auch die Bezirksregierung. Der LVR ist außerdem zuständig für die Archivpflege sowie die Erforschung von Kultur und Brauchtum im Rheinland. Das LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler ist Sitz mehrerer Kulturdienststellen des LVR. Organisatorisch gehört es zum LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum. Das LVR-Amt für Denkmalpflege ist in den Gebäuden eines ehemaligen Benediktinerklosters, der Abtei Brauweiler, ansässig. Der LVR ist Mitglied im Deutschen Städtetag (DST), im Deutschen Landkreistag (DLT) und im Deutschen Städte- und Gemeindebund.
Aus dem Denkmal für das Denkmal: Dr. Astrid Lang vor dem Kulturzentrum des LVR in der historischen Abtei Brauweiler.
Fotos: BS/Faber
Beratung mit einer Kollegin aus der Restaurierungswerkstatt für Stein.