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Donnerstag, 4. Dezember 2014

Verlag und Redaktion: Kronenplatz 12, Postfach, 5600 Lenzburg 2 Telefon 058 200 5820, Fax 058 200 5821

Lenzburger Woche

INHALT Amtliche 2–5 Stadt Lenzburg 6/7/11 Kirchenzettel 12/13 Stellen 20 Im Gespräch 15

Immobilien 16/18 Region 17/19/21 Agenda 26 Szene 27

PP 5600 Lenzburg 1, Nummer 49, 115. Jahrgang Amtliches Publikationsorgan für den Bezirk Lenzburg und angrenzenden Gemeinden

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Geschichten

Chlausklöpfen

Wenn alt Stadtschreiber Christoph Moser zur «Geschichtenstunde» lädt, dann kommen die Lenzburger in Scharen.

Seit 50 Jahren kennt man in Niederlenz das Chlausklöpfen. Die «Schwarzen und die «Weissen» ziehen peitschenknallend durchs Dorf.

Stille Nacht, traurige Nacht SANITÄR PLÄTTLI HEIZUNGEN BADEZIMMERRENOVATIONEN

Wir gehen jedem Problem auf den Grund

Die Adventszeit bezeichnen viele Gefangene als «die härteste Zeit des Jahres». In besinnlichen Momenten kreisen ihre Gedanken noch stärker als sonst, und die Sehnsucht nach den Angehörigen ist gross. Zwei Gefangene erzählen, wie sie Weihnachten in der JVA Lenzburg erleben.

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Jennifer Degen

L

etztes Jahr konnte José seiner Schwester nur durch eine Glasscheibe schöne Weihnachten wünschen. Der 39-Jährige war seit einem Monat wegen Betäubungsmittelhandel verhaftet und in der Untersuchungshaft war direkter Besuch verboten. Heiligabend verbrachte José alleine auf der Zelle, seine Gefühle in Worte zu fassen, fällt ihm schwer. «Ich war moralisch am Boden», sagt er schliesslich. «Es war schlimm.» Ein Jahr später macht ihm die Adventszeit Sorgen. Er hat Angst, seelisch einzubrechen. «Ich hoffe auf schönes Wetter, das hilft ein wenig», sagt er. Um nicht zu viel zu studieren, besucht er einen Tiffany-Kurs im Gefängnis. Er macht eine Uhr für seine Schwester und einen Schmetterling für seinen Neffen und schickt es ihnen zu Weihnachten. «Ich muss mich auch irgendwie dankbar zeigen.» Den Tiffany-Kurs hat Roberto schon lange hinter sich. Für den 42-jährigen gebürtigen Italiener ist es schon die vierte Weihnacht im Gefängnis Lenzburg. «An Weihnachten ist es, als wolle man die Gitterstäbe kaschieren», sagt er zur hausinternen Weihnachtsfeier, die am Nachmittag des 23. Dezember stattfindet. Dann kommen die christlichen Gefangenen mit den Seelsorgern zusammen, feiern mit einem Tannenbaum und singen und beten gemeinsam. «Die Verantwortlichen geben sich wirklich Mühe, aber wir sind halt doch im Gefängnis. Das wird mir in solchen Momenten besonders bewusst. Die Feier stimmt mich

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Weihnachtsfeier in der Strafanstalt Lenzburg um 1920. Aufgrund des Schweigegebots sitzen die Gefangenen in der Kapelle voneinander getrennt. HeuFoto: zvg te feiern die Gefangenen im Kultusraum Weihnachten. sehr traurig.» Zu gross sei der Kontrast zu Weihnachten mit seiner Familie. Seit er im Gefängnis ist, feiert diese aber nicht mehr. Seine Mutter habe es nicht übers Herz gebracht, sagt er und wird still. Auf die Gemütslage der Gefangenen angesprochen, zeigt JVA-Direktor Marcel Ruf Verständnis. Er sagt aber auch, man müsse sich stets vor Augen halten, dass je nach Straftat auch die Opfer und deren Angehörige keine unbeschwerten Weihnachtstage mehr verbringen. Ein gutes Stück Fleisch «Etwas Gutes hat Weihnachten hier in Lenzburg doch», nimmt Roberto das Gespräch nach einer Weile wieder auf. Und deutet auf einen Aushang im Gefängnisgang. «Rindsfilet» ist dort zur Bestellung ausgeschrieben. Einmal im Jahr können die Gefangenen gegen Bezahlung ein gutes Stück Fleisch beziehen. Letztes Jahr hätten sie an Heiligabend beim Zellenbe-

such von 17 bis 20 Uhr zu viert auf einer Zelle gekocht. Schweinssteak, selbst gemachte Kroketten und Gemüse, alles auf einer einzigen Herdplatte gekocht. «Man wird erfinderisch» lacht Roberto ob der erschwerten Koch-Bedingungen. Und freut sich, dass die kommende Weihnacht seine letzte sein wird im Gefängnis.

HINWEIS Im Zuge der Ausstellung des Burghaldenmuseums zum 150-Jahr-Jubiläum Justizvollzugsanstalt werden im Lenzburger Bezirks-Anzeiger während der Ausstellungsdauer jeden ersten Donnerstag im Monat Themen und Geschichten über das Leben hinter den Gefängnismauern publiziert. Nächstes Thema am 8. Januar: «Loge – Was tut sich in der Nacht?».

Salzkorn Oh Tannenbaum! Das Wettrüsten um den höchsten Weihnachtsbaum gewinnt dieses Jahr Lenzburg um stattliche drei Meter. Mit 12 Metern steht er der berühmt-berüchtigten Aarauer Tanne, 2. Auflage, in Heiner Halder nichts nach. Staufen hingegen verliert erstmals den freund(?)nachbarlichen einseitigen Wettstreit mit mickrigen 9 Metern. Die Nordmanntanne ist ein Import aus Wohlen. Den grösseren Baum als der Bezirkshauptort zu haben, gehört in Staufen hochoffiziell zum Jahresziel. Um so ernüchternder muss heuer beim Apéro zur Einweihung des «blauen Wunders» mit Glanz und Gloria die Erkenntnis gewesen sein, dass die Weihnachtsbaumspitze sinkt, der Steuerfuss jedoch steigt. Der im einheimischen Zelgliwald aufgewachsene Lenzburger Weihnachtsbaum, auf dem Sodbrunnen vor dem Rathaus thronend, imponiert nicht wegen seiner schieren Höhe, sondern durch seine schlichte Schönheit. Mit den Glühwürmchen-Girlanden konkurrenziert er als Primus inter pares seine kleinen Kollegen vor den Geschäften in der Rathausgasse und die Lichterketten keineswegs. Das luminatische Gesamtkunstwerk ist beispielhaft für Konkordanz und Toleranz. Standortmarketing vom Feinsten. Wie wäre es, wenn eine Bank, welche noch Nachholbedarf in kulturbeflissener Imagepflege hat, einen «Wakkerpreis» für die schönste Weihnachtsbeleuchtung stiftet? Weihnachtsbäume sind in Zeiten zunehmender Vernetzung öffentlicher Dienstleistungsbetriebe offenbar Symbole für Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Wie etwa luxuriöse Gemeindekanzleien, eigene Wasserversorgung, durchgefutterte Dorfbibliotheken, volle Schulhäuser. Und das gilt auch für die Silvesterfeuer. Den Staufnern möge es zum Trost gereichen, dass sie in dieser Sparte wohl weiterhin die Grössten sind. Heiner Halder, Lenzburg


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