Alpenpost 19 2010

Page 16

600 Jahre Spital und Krankenhaus in Aussee Im dritten und letzten Teil der Geschichte des Spitals und Krankenhauses in Aussee beleuchtet Autor Martin Th. Pollner die Wiedereinstellung von Prim. Dr. Zeilinger über den Aus- und Umbau des Ausseer Krankenhauses bis hin zu den nachfolgenden leitenden Ärzten. VON MARTIN TH. POLLNER Der Fall Zeilinger, Schluss. Am 1. September 1955 um acht Uhr Abend begann die große Festversammlung im Kurhaus von Bad Aussee. Bezirkshauptmann ORR Dr. Otto Pullitzky, der die Verhandlungen für den Ankauf des Krankenhauses geleitet hatte, vertrat den Landeshauptmann ÖR Josef Krainer. Neben Landtags-Vizepräsident Franz Scheer und den Landtagsabgeordneten Dr. Alfred Rainer, Finanzreferent Bert Hofbauer und Dr. Anton Stephan waren Landesamtsdirektor Dr. Karl Angerer und die Leiter aller regionaler Behörden erschienen sowie alle Bürgermeister des Ausseerlandes und einiger oberösterreichischer Nachbargemeinden, und nicht zuletzt eine riesige Menge freudig erregter Menschen, die jedoch zum Großteil aussen am Kurhausplatz den Festreden über Lautsprecher folgen mussten. Nur mit Mühe konnten sich Dr. Zeilinger und Schwester Maria unter den Klängen das Marsches „Oh, du mein Österreich” einen Weg durch die Menge bahnen. Die Leute stiegen auf die Stühle, winkten, riefen und schrien, das große Streichorchester der Bürgermusikkapelle spielte, es gab freudige Ansprachen. Der Obmann des Exekutivausschusses, Kommerzialrat Leopold Mayer, sagte: „Der Allmächtige hat uns die Kraft gegeben, daß wir auch in aussichtsloser Situation den Mut nicht verloren haben.” In Hülle und Fülle waren am Postamt Aussee schon stundenlang Glückwunschdepeschen eingelangt, so auch von Bundeskanzler Julius Raab, der zum vollen Erfolg gratulierte, und vom steirischen Landeshauptmann Josef Krainer. Im Kurhaus gab es langanhaltende Ovationen, die Dachsteinhymne wurde von allen stehend gesungen, und dann begaben sich etwa 7.000 Menschen (laut „Tagblatt Ausseerland“ nur 2.000, anderen Zeitungen 3.000), in ihrer Mitte Dr. Zeilinger und Schwester Maria, in einem Fackelzug mit Sechserreihen und vier Musikkapellen zum Krankenhaus, wo Dr. Zeilinger vom Ausseer Bürgermeister Ludwig Viertbauer offiziell als Leiter des Krankenhauses begrüßt und in seinen Wirkungsbereich eingeführt wurde. Wieder läuteten die Glocken zwanzig Minuten lang, ein Feuerwerk mit bunten Raketen, Böller, Trompeten, Trachtengruppen und Freudenrufe für Dr. Zeilinger und Schwester Maria aus den Fenstern begleiteten den Festzug. Es war ein unbeschreiblicher Jubel, wie der „Neue Kurier“ in Wien meldete, der bis in die frühen Morgenstunden anhielt. Bei dieser Gelegenheit erstrahlte der Turm der Spitalskirche zum erstenmal in Scheinwerferlicht. Die Meldung über die von riesigen Menschenmassen gefeierte Rückkehr des „Volksarztes” Dr. Herbert Zeilinger und seiner Operationsschwester Maria Schweiger an das Ausseer Krankenhaus wurde von vielen österreichischen, vor allem von den Wiener Zeitungen an führenden Stellen gebracht, die „Salzkammer16

„Hosianna im Ausseer Land“ titelte am 8. September 1955 die „Salzkammergut Zeitung“, als Prim. Dr. Herbert Zeilinger wieder an das Ausseer Spital zurückkehrte.

Hosianna im Ausseer Land - Volksprimarius Dr. Zeilinger kehrte im Triumphzug ins Ausseer Krankenhaus zurück Der 1. September 1955 wird als ein Markstein des Sieges der wahren Demokratie, in der - wie es in unserer Verfassung heißt - alle Macht vom Volke ausgeht und seine gewählten Vertreter Diener des Staates zu sein haben, in die österreichische Geschichte eingehen. Als am 29. Dezember v. J. Primarius Dr. Zeilinger, der Leiter des Ausseer Krankenhauses, der durch seine jahrelange segensvolle Tätigkeit als Arzt sich das Vertrauen und die Liebe der Bevölkerung des Ausseer Landes erworben hatte, durch die Steirische Gebietskrankenkasse gekündigt worden war, erhob sich die Bevölkerung einmütig und entschieden gegen diesen Willkürakt. Nach achtmonatigem, unentwegtem Kampf gegen diesen Knebelungsversuch triumphierte nun der Volkswille über das Diktat... Auszug aus der „Salzkammergut Zeitung“ vom Donnerstag, 8. September 1955

gut-Zeitung“ bezeichnete sie als „Markstein des Sieges der wahren Demokratie” und fand den Satz „Alle Macht geht vom Volk aus” eindrucksvoll bestätigt. – Der Fall Zeilinger steht bis heute in der österreichischen Sozialgeschichte ganz einzigartig da. Das Landeskrankenhaus Bad Aussee Nach der Rückkehr von Dr. Zeilinger und seiner darauffolgenden definitiven Bestellung als Primarius des Landeskrankenhauses durch den Landessanitätsrat am 15. September 1955 setzte eine stetige Aufwärtsentwicklung ein, die schon wenige Jahre später eine erneute Erweiterung des Krankenhauses notwendig machte. Die Gemeinde Aussee erwarb den westlich stehenden „Gasthof zum Touristen“ (das deutsche Eisenbahnerheim), Markt Nr. 35, und übertrug ihn dem Land. Die Bautätigkeit begann für eine erste Ausbauphase schon 1960 mit dem Abriß des Flachbaues zwischen dem Haupthaus des Gasthofes und dem Krankenhaus

und wurde bei laufendem Betrieb im wesentlichen bis 1964 abgeschlossen. Am 7. November 1964 besuchte Landeshauptmann Josef Krainer das Krankenhaus, am 11. November wurde die Inbetriebnahme der ersten Ausbauphase in internem Kreise gefeiert. Der Neubau bestand aus Keller, Erdgeschoß und drei Obergeschoßen, wobei auf dem Bau des Jahres 1953/54 das Dachgeschoß um ein Geschoß angehoben werden mußte, um Dachgleiche zu erreichen. Damit konnte das Krankenhaus mit vielen neuen Nebenräumen auf insgesamt 70 Betten erweitert und sogar eine Unterwasser-Massageanlage in Betrieb genommen werden. Der Kostenvoranschlag betrug sieben Millionen Schilling, die Endabrechnung wies zehn Millionen aus. Im Jahre 1973 zog sich der Orden der Kreuzschwestern aus der Ausseer Krankenpflege zurück, wonach weltliche Pflegeschwestern angestellt werden mussten. Daher betraf die nächste Erweiterung den vollständigen Neubau eines großen Personal-

wohnhauses auf der Lößlpromenade Nr. 376 ab dem Jahre 1977, wodurch im Krankenhaus eine Reihe von Räumen für andere Zwecke frei wurde. Mit dieser Raumreserve konnte in einer zweiten Ausbauphase mit dem Umbau des westlich stehenden Haupthauses des ehem. „Gasthofes zum Touristen“ bis etwa 1979 eine Erweiterung des Krankenhauses auf bis zu 26 Krankenzimmer mit 110 Betten einschließlich einer Geburtsabteilung erzielt werden. Der Kostenvoranschlag betrug gut drei Millionen Schilling, um wieviel die Endabrechnung darüber lag, ist dem Autor nicht bekannt. Damit war auf dem sehr eingeschränkten Grundstück die äusserste Grenze der Ausbaubarkeit mit 1.826 Quadratmeter Betriebsfläche erreicht worden und ein nicht mehr erweiterbares Gebäude entstanden. Dies war nur möglich, weil die Heizöltanks ausserhalb des Baugrundstückes auf dem benachbarten Grundstück des Bezirksgerichtes angeordnet werden konnten. Es war freilich auch bekannt, dass neben der Kleinheit des Spitalgrundstückes von allem Anfang an die unmittelbare Lage an der immer lauten Grundlseer-Straße sehr nachteilig war. Trotz etwa 5.000 Protestunterschriften wurde Ende 1992 die Geburtsabteilung (zehn Betten) geschlossen, da der dramatische Geburtenrückgang von 1987 mit 121 Kindern auf 1988 mit 61 Kindern nicht aufzuhalten war und weil es unmöglich war, für Bad Aussee einen niedergelassenen Gynäkologen zu gewinnen. Nachfolger von Prim. Zeilinger Prim. Dr. Zeilinger ereilte im September 1979 bei einer Bergtour ein Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholen sollte. Er verließ seine Stellung offiziell am 31. Dezember 1980. Sein Nachfolger als ärztlicher Leiter des Krankenhauses wurde Prim. Dr. Gunter Feischl, der seinen Dienst am 1. März 1980 antrat. Mit diesem Zeitpunkt wurde das Spital in eine Interne und eine Chirurgische Abteilung geteilt. Der Leiter der Chirurgischen Abteilung wurde Prim. Dr. Wolfgang Preininger, der von 1. Jänner 1981 bis 30. Juni 1986 die Abteilung leitete. Ab 1. Juli 1986 oblag die Leitung der Chirurgischen Abteilung Prim. Dr. Alfred-Bernd Jelinek, der schon seit 3. Dezember 1984 als Oberarzt am Ausseer Spital tätig war. Mit 31. März 2007 wurde Prim. Dr. Jelinek pensioniert. Dessen Nachfolger wurde am 1. Juli 2007 Prim. Dr. Savo Miocinovic, der schon seit 1. Dezember 1991 am Ausseer Spital als Assistenzarzt tätig war. Interimsmässig leitete Prim. Dr. Egon Parteder von 1. November 2006 bis 30. April 2009 das Haus als ärztlicher Direktor. Ihm folgte Prim. Dr. Dietmar Kohlhauser, der ab 1. Mai 2009 die ärztliche Leitung des Ausseer Spitals übernahm. In der letzten Zeit waren maximal 15 Ärzte zugleich angestellt. Laut dem Steiermärkischen Landeskrankenanstaltenplan, Landesgesetzblatt 1998, Nr. 5, vom 7. Juli 1997, sollte ab dem 31. Dezember


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Alpenpost 19 2010 by Alpenpost Redaktion - Issuu