Alpenpost 04 218

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Die “Seite 2” von Florian Seiberl Die „Alarmsirenen“ im Ausseerland heulten ohrenbetäubend, als Anfang Februar von Seiten der KAGes erklärt wurde, dass nur mit einer „Neuordnung der Versorgung innerhalb des LKH Rottenmann-Bad Aussee eine Aufrechterhaltung der bestmöglichen Versorgung bis zur Inbetriebnahme des neuen Leitspitals“ gewährleistet werden kann. Die KAGes wähnte sich laut der Aussendung österreichweit mit der „Nase vorn“, als es 2015 galt, das neue Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz umzusetzen. Trotzdem sind die Auswirkungen nun umso mehr spürbar. „Zur gesetzeskonformen und sinnvollen Aufrechterhaltung einer vollständigen chirurgischen An-

Ärztemangel: Nur mit „Kunstgriff“ bleibt Chirurgie einsatzfähig

Mit ihm werden derzeit sämtliche Einsparungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen im österreichischen Gesundheitssystem argumentiert: mit dem Ärztemangel. Auch wenn sich allmählich der Verdacht aufdrängt, dass dieser Mangel künstlich herbeigeführt wurde, zeigen sich die Auswirkungen davon nun auch in den Chirurgischen Abteilungen des Krankenhausverbundes Rottenmann-Bad Aussee. gebotspalette an beiden Standorten (die es auch in keinem anderen Verbund mehr gibt), wären 38,4 fachlich entsprechend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte nötig, derzeit stehen an beiden Standorten zusammenn 24 zur Verfügung. Aktuell kann die bisherige Versorgungsstruktur ausschließlich durch eine nur kurzfristig mögliche und erhöhte Anzahl von Diensten einzelner Chirurgen und die Mithilfe kurzzeitig aus der Pension zurückgeholter Fachärzte noch aufrecht erhalten werden“, wie die KAGes in der Aussendung weiter schrieb. Neben den eingangs erwähnten Gründen ist auch die Tatsache, dass

Herr Primar Miocinovic, seit 1. Februar sind Sie mit der Leitung der neu geschaffenen ChirurgieEinheit in beiden Häusern, in Bad Aussee und Rottenmann betraut. Was wird sich dadurch ändern? Dr. Savo Miocinovic: “Im Großen und Ganzen wird dadurch mit einem gemeinsamen Team aus beiden Spitälern in Rottenmann und Bad Aussee ein Dienst an beiden Standorten gewährleistet. Wir müssen rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche einsatzfähig Primarius Dr. Savo sein und diese Vorgabe wird damit auch erfüllt werden. Miocinovic Alle weiteren Entscheidungen werden innerhalb einer neu gegründeten Arbeitsgruppe erarbeitet, die schon bald erste Ergebnisse durch Vorstandsvorsitzenden Univ. Prof. Dr. Tscheliessnigg präsentieren wird.“ Es fehlen 14 fachlich entsprechend qualifizierte Ärzte, um den Betrieb langfristig abzusichern. Woraus ergibt sich dieser Zustand? Dr. Savo Miocinovic: “Dieser Zustand ergibt sich daraus, dass jene Fachärzte, die in Bad Aussee tätig sind, nach dem alten Dienstgesetz mit der sogenannten ‘opt-out-Regelung’ die Dienste haben bedecken können, nach dem neuen Gesetz jedoch dürfen die Fachärzte nicht mehr als drei Dienste pro Monat absolvieren. Statt bisher sechs bis sieben Ärzte, die nötig waren, um die Dienste sauber abdecken zu können, brauchen wir jetzt 12 bis 14“. Welche Änderungen gibt es in Hinblick auf das Angebot Hüft- und Kniegelenks-Operationen in Bad Aussee? Dr. Savo Miocinovic: “Kurzfristig keine. Ich habe bisher keine Anweisung oder gar ein Verbot bekommen, dass in Aussee irgendwas nicht operiert werden darf. Was die Hüft- und Kniegelenks-Operationen hier anbelangt, darf ich aber schon festhalten, dass es sich dabei sozusagen um das ‘Schlagobershäubchen’ beim ganzen Operationsaufkommen handelt. In Bad Aussee hatten wir im letzten Jahr rund 1.200 Operationen zu bewerkstelligen, knapp über hundert davon waren Hüft- und Kniegelenke. Der überwiegende Anteil sind andere Operationen. In anderen Worten - der Großteil unseres Dienstes ist es, bestellte und terminisierte Operationen durchzuführen. Was nun die Hüft- und Kniegelenks-Eingriffe anbelangt, wurde mir nur gesagt, dass wir dieses Angebot auch gerne weiterhin beibehalten können, wenn wir diese verantworten und auch die postoperative Nachbetreuung bewerkstelligen können. Eine einzige Verschiebung wird es bei nicht geplanten, großen Bauchraum-Operationen geben, das sind ein bis zwei Eingriffe im Monat, die aufgrund der besseren Infrastruktur bei der Intensivbetreuung eher in Rottenmann als in Bad Aussee durchgeführt werden. Ich kann jetzt nicht ankündigen, dass ich ohne Rücksicht auf Verluste alle Operationen da oder dort mache, da ich verantwortlich für die daraus resultierenden Folgen bin und dies unlauter wäre. Wir werden weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen im Ausseer Spital so agieren, wie wir dies bisher getan haben“. Wie geht es Ihnen persönlich mit dieser erweiterten Verantwortung? Dr. Savo Miocinovic: “Es ist eine ungeheure Herausforderung, unter diesen Voraussetzungen die bestmöglichen Ergebnisse zu erreichen. Ich hoffe, dass mir bei dieser Mammutaufgabe die Entscheidungsträger bei der KAGes, die Anstaltsleitungen beider Häuser und vor allem die Kollegen in Rottenmann und Bad Aussee helfen, dass ich mit der heutigen Personalsituation die Dienste mit guter Qualität weiterhin anbieten kann“. 2

die KAGes die sogenannte „opt-outRegelung“, mit der Ärzte, die dies wollen, auch Mehrdienste erledigen können, im „vorauseilenden Gehorsam“ abgestellt hat. „Durch das Außerkraftsetzen der ‘opt-out-Option’, die eine Ausweitung der normalen Arbeitszeit zugelassen hat, hat sich der KAGes-Vorstand seit Beginn des heurigen Jahres ein noch engeres Korsett angelegt. Dies hat - zusätzlich zum schon bestehenden Fachärztemangel - die Situation weiter verschärft. Es gäbe viele Ärzte bei uns, die diese Zusatzdienste sehr gerne übernehmen würden. Dies wurde mit der Entscheidung der KAGesFührung aber unmöglich gemacht. Auch die Art von Berichterstattung, bei der die Mitarbeiter Änderungen und Umstellungen aus den Medien erfahren müssen, ist zermürbend und geht bis hin zu einer Rufschädigung des gesamten Hauses. „Patienten kommen tagtäglich und fragen uns, ob wir noch etwas machen dürfen. Jedes Unternehmen am freien Markt, welches ihre Produkte auf diese Art und Weise ‘bewirbt’, wäre zum Scheitern verurteilt. Im Zusammenhang mit dem geplanten Zentralspital ist diese Art und Weise des Vorgehens mehr als kontraproduktiv“, wie Betriebsratsvorsitzender Gerhard Wechtitsch betont. Aufschrei im Ausseerland Naturgemäß zieht jede Änderung beim mit Argus-Augen beobachteten Ausseer Spital eine große Aufmerksamkeit auf sich. Auch in diesem Fall wurden Stimmen laut, wie es sein kann, dass die Nachtdienste nur mit größten Kraftanstrengungen gewährleistet werden können. Durch die Zusammenfassung der beiden Chirurgischen Abteilungen in Rottenmann und Bad Aussee wurde auch befürchtet, dass das heimische Spital dabei unter „die Räder“ kommen könnte. Eine Entwarnung kann dabei nicht gegeben werden, zu undurchsichtig sind dabei die verfolgten Ziele der Landesregierung und des Vorstandes der KAGes. Neuordnung der Chirurgischen Abteilungen im Verbund Mit einem regelrechten „Kunstgriff“ will man diesen Umständen nun beikommen: Indem man die Chirurgischen Abteilungen des Krankenhausverbundes Rottenmann-Bad Aussee zusammenlegt und Prim. Dr. Savo Miocinovic mit der Leitung dieser neu geschaffenen Einheit betraut wurde, erhofft man sich einen leichten Druckabbau. So werden künftig gemeinsame Dienstpläne für beide Häuser ausgearbeitet, wie auch eine vom Vorstand beauftragte Arbeitsgruppe auf eine „bedarfs-

gerechte, zwischen den beiden Standorten aufgeteilte Versorgung“ achtet. Diese Lösung soll bis zur Eröffnung des neuen Zentralkrankenhauses im Ennstal aufrecht bleiben. Dass der Dienst bei der Chirurgischen Abteilung am LKH Bad Aussee bisher bewerkstelligt werden konnte, ist dem ungeheuren Einsatz der beschäftigten Mediziner und jenen Fachärzten, die aus der Pension zurückgeholt wurden, zu verdanken. Dazu der zuständige Gesundheitslandesrat Christopher Drexler: „Der Dank des Landes gilt all jenen Ärztinnen und Ärzten, die bisher und noch bis März durch enormen Einsatz die Versorgung in der alten Struktur aufrechterhalten. Ihnen und ihren Patienten verspreche ich aber, dass wir mit Hochdruck an der neuen Struktur arbeiten, um auch im Ennstal zukunftsweisende Versorgungslösungen auf Schiene zu bringen“, so Drexler. Der erneut drohende „seidene Faden“ Dass die Chirurgische Abteilung am LKH Bad Aussee, respektive das ganze Spital auch nach dem Neubau wieder am „seidenen Faden“ hängt, ergibt sich daraus, dass es einigen Personen innerhalb der KAGes, aber auch beim Land, nicht wirklich gut gefallen hat, dass in Bad Aussee am 24. Mai 2013 ein nigelnagelneues Krankenhaus feierlich eröffnet wurde. „Jetzt haben wir ein neues Spital und jetzt soll es auch ordentlich bespielt werden“, war damals das Credo der Landesspitze wie auch des Vorstandes der KAGes. Dazwischen ist viel passiert - innerhalb der Verwaltung des Trägers des Spitales kam es dann zu fragwürdigen Entscheidungen, die die Ärzte am LKH Bad Aussee in ihrem Handlungsspielraum massiv einschränkten. „Wenn man die Fallzahlen künstlich herunterfährt, kann man relativ leicht mit den mangelnden Fallzahlen am LKH Bad Aussee argumentieren“, so nur eine der Aussagen eines Beobachters. Die Auswirkungen einer Tageschirurgie sind leicht erklärt: Durch das Fehlen eines Facharztes in der Nacht könnten nur mehr ambulante Operationen durchgeführt werden, womit eine Schließung dieser Abteilung wohl eher morgen als übermorgen erfolgen würde. Ein großes Lob gebührt an dieser Stelle jenen Medizinern und Medizinerinnen, die die Stunden schulterten oder sogar aus der Pension ans LKH zurückkehrten, um diese prekäre Situation zu entschärfen. Forum Pro LKH Bad Aussee wetzt die Messer „Vor einigen Tagen hörten wir aus KAGes-Kreisen wie auch aus


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