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Auf zu neuen Ufern
from Neu Nota Bene 20
by Mateo Sudar
2013 bin ich zum ersten Mal nach Deutschland gekommen. Während meines Besuchs hatte ich Gelegenheit, einen ersten Blick auf das deutsche Gesundheitssystem zu werfen. Dies hat im Zusammenhang mit meiner Erfahrung während meines Masters mein Interesse an Deutschland geweckt.
In der Folge kam ich 2018 erneut mit dem festen Wunsch nach Deutschland, um meinen Traum zu verwirklichen, weiter Medizin zu praktizieren und Teil des deutschen Gesundheitssystems zu werden. Ich war dann bis Anfang 2021 in Berlin, wo ich die deutsche Sprache lernte und dann arbeitete.
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Meine Leidenschaft für Geriatrie führte mich zur Johannesklinik in Bad Wildbad, einer sehr ehrenwerten Klinik. Ein tolles Haus mit familiärer Atmosphäre. Bei meinem ersten Besuch in der Klinik spürte ich die nette Arbeitsatmo- sphäre und die Freundlichkeit der Mitarbeiter, die stets sehr hilfsbereit und bestrebt waren, einen bei jeder Gelegenheit zu unterstützen. Ich liebe die ruhige Umgebung, die wunderschöne Landschaft, den Wald, die Berge und die netten und freundlichen Bewohner von Bad Wildbad.
Ich lebe erst seit kurzer Zeit hier, aber ich habe bereits das Gefühl, eine der besten Entscheidungen meines Lebens getroffen zu haben, um die Gelegenheit zu nutzen, in der Johannesklinik zu arbeiten und in Bad Wildbad zu leben, wo andere Menschen Urlaub machen. Ich freue mich auf mein neues Leben in dieser wunderschönen Kurstadt und auf die weitere Zusammenarbeit mit den wunderbaren Menschen in der Johannesklinik.
Muhammad Iyodo
In den Wochen und Monaten vor Impfbeginn haben Aussagen die Medien beherrscht, wie Pflegeheime seien die Pandemie-Brandbeschleuniger, ein mangelnder Schutz von Pflegeheimen sei DAS Versagen der Politik oder deren Bewohner seien isoliert und weggesperrt u.a.m. Ein Appell zum verantwortlichen Umgang mit Sprache.
Kommentar von Manfred Preuss
Pflegeheime sind keine Abschiebebahnhöfe. Menschen, die dauernder Unterstützung bedürfen, haben in diesen Heimen ihren Lebensmittelpunkt. Das ist schwer genug, aber sie sind weder allein gelassen, noch isoliert und schon gar nicht weggesperrt. Wie alle, die in der Pandemie mit Kontaktbeschränkungen leben müssen, sind auch in Pflegeheimen Abstandsregelungen einzuhalten. Aber anders als bei denen „draußen“ bleiben soziale Kontakt zu den Mitbewohnern und den Mitarbeitenden als Bezugspersonen in einem gewohnten häuslichen Umfeld erhalten. Das ist nicht mehr, sondern weniger Isolation.
Als im letzten Frühjahr für kurze Zeit Betretungsverbote von Landesbehörden für Pflegeheime verhängt wurden, war es auch in dieser Phase möglich, unter strengen Hygieneanforderungen palliativ versorgte Bewohner zu besuchen. Und natürlich konnte man seine sterbenden Angehörigen begleiten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten standen den Heimen jedenfalls offen. Engagierte Heimträger haben diese Herausforderung im Interesse ihrer Bewohner gemeistert.
Und die Bewohner von Pflegeheimen sind auch nicht ungeschützt. Die Hygi- enebestimmungen gehen weit über das hinaus, was ansonsten im Gemeinwesen gilt oder möglich ist. Mitarbeitende wurden seit langem bereits zweimal, nunmehr dreimal wöchentlich getestet. Liegt in einem Heim ein Infektionsfall vor, wird jeder Mitarbeiter vor jedem Dienstantritt getestet. Alle Bewohner werden regelmäßig oder zusätzlich bei Vorliegen nur der leisesten Symptome getestet. Dies alles geschieht Tag für Tag, landauf landab, und fordert den Pflegern und Helfern überdurchschnittlichen Einsatz und beispiellose Kraftanstrengungen ab. Alles, was erforderlich ist, wird in vorbildlicher Weise nach besten Kräften geleistet. Und oft noch viel mehr. Die Politik hat hier, zumindest in Baden-Württemberg, die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt.
Merkt eigentlich niemand, dass die oft unsägliche Nomenklatur in öffentlichen Medien zu einer Diskriminierung und Stigmatisierung sowohl der betroffenen älteren Menschen wie aber auch der aufopferungsvoll arbeitenden Mitarbeitenden führt? Nimmt man den Betroffenen vor Ort nun auch noch ihre Würde?
Viren entwickeln sich nicht in einem Pflegeheim von sich heraus, sie marschieren da auch nicht ein. Viren wer- den von außen eingetragen. Und dies können noch so umfassende hygienische Vorkehrungen offenbar nicht völlig verhindern. Und so sind auch die Bewohner in Pflegeheimen betroffen davon, dass es immer noch zu viele selbstherrliche und zutiefst arrogante Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die meinen, sich an keine Vorgaben und Gebote halten zu müssen. Hier fehlt es schlicht an Wertschätzung, Respekt und Verantwortung.
Unbestritten – alles, was unsere Gesellschaft zur Verbesserung der Lebenssituation und zum Schutz der Älteren in Pflegeheimen tun kann, muss getan werden. Hier dürfen und müssen wir alle Anstrengungen bündeln. Vor allem müssen wir impfen, impfen, impfen. Unsere älteren Bewohner sind nicht die Brandbeschleuniger der Pandemie, sie sind deren Verlierer.
Übersehen wir bei all dem nicht, dass man gerade mit unüberlegten Worten auch großen Schaden anrichten kann. Auch Ratschläge können Schläge sein. Wie wir mit unserer älteren Generation umgehen – das ist die Messlatte für eine humane Gesellschaft. Dies gilt für Politik und Wissenschaft ebenso wie für uns alle. Aber eben auch für einen verantwortungsvollen Journalismus.
Die Coronapandemie hat das Leben vieler Menschen verändert. „Wir bleiben zu Hause“ – mit diesem Slogan wurde und wird dem Gebot, Abstand zu halten und soziale Distanz zu wahren, Rechnung getragen.