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Bad Wildbad grüßt Gäste aus Großbritannien

die Kaffee Manufaktur entschieden. Traditionelles Teegebäck, Apple Pie mit süßen Äpfeln und knuspriger Kruste sowie Mandelkuchen ergänzen dort mittlerweile mit einem Rauchtee das Sortiment, weil kein geringerer als der britische Staatsmann Winston Chur- chill den über Kiefernholz geräucherten Tee zusammen mit seinen kubanischen Zigarren zu genießen wusste.

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Wichtigstes Motiv für die Aktion, die über facebook auch in London beworben wurde, ist die „Englische Kirche“ im Kurpark der Kurstadt. Auf Betreiben des englischen Gesandten in Stuttgart, G. J. R. Gordon, wurde das Gotteshaus aus rotem Sandstein für die vielen englischen Gäste in Wildbad gebaut, wie Barbara Hammann-Reister vom Geschichtsverein berichtet. Auslösender Faktor für den Besucherstrom aus Großbritannien ist eine Veröffentlichung des Londoner Allgemeinmediziners Dr. Augustus Bozzi Granville (1783–1872), der Wildbad im Jahr 1837 unter den „Spas of Germany“, also den Thermen des deutschsprachigen Raums, als Nummer eins tituliert. „Da das Wildbadwasser von Natur aus so heiß ist, wie es für den menschlichen Körper am besten geeignet ist, ist es den warmen Quellen vorzuziehen, die spontan gekühlt werden müssen.“

1837, als die 18-jährige Victoria Königin von Großbritannien und Irland wird, gibt es bereits eine erste Bahnverbindung von London nach Birmingham. Doch in Baden und Württemberg müs- natürlich warm und sanft murmelnd, werde ich nie vergessen.“ Neben seiner ärztlichen und wissenschaftlichen Tätigkeit veröffentlichte Granville mehr als 220 Bücher und Schriften, die in sieben Sprachen zu lesen sind. Als britischer Arzt praktizierte er in Kissingen, um in den Sommermonaten die zahlreichen englischsprachigen Kurgäste ohne Sprachschwierigkeiten zu behandeln. Granville war es auch, der den italienischen Komponisten Gioachino Antonio Rossini (1792–1868) für eine Kur in Wildbad begeistert haben soll und der eine lange alphabetische Liste für die Lebensmittel erstellte, die er für den Patienten als geeignet oder ungeeignet hielt. Dabei waren Mandelmilch sen die Wege noch mit Pferdekutschen zurückgelegt werden. Für die beschwerliche Reise nach Wildbad, dessen Lage der Autor „inmitten der Wildnis des Schwarzwaldes“ beschreibt, benötigt Granville allein von Stuttgart aus zehn Stunden. Doch die Kraft des Mineralwassers lässt die Strapazen schnell vergessen: „Diesen angenehmen Eindruck, welchen das Wasser auf mich machte, als es aus der Tiefe hervorquellend über meinen Körper floss, durchsichtig wie das gläserne Aquamarin, weich, ge Palais Thermal – entstanden und lockten adelige Gäste wie Zarin Alexandra Fjodorowna (1798–1860) in den Badeort. Medien, wie die erstmals 1842 erschienene „Illustrated London News“ berichteten darüber und so ist in dem erfolgreichen Periodikum auch und Bier erlaubt, Glühwein, Punsch und Tee verpönt. Für einen Kuraufenthalt empfahl er die Monate Mai bis September und war damit Auslöser für viele weitere Gäste aus Großbritannien, die sich in den Sommermonaten für sechs bis acht Wochen mit ihrer Dienerschaft in Wildbad einquartierten. Auch die wohlhabende Lady Ann Vavasour berichtet in ihrer Reisebeschreibung aus dem Jahr 1842 ausführlich über einen Besuch in Wildbad. Sie lobt die Sauberkeit in den Bädern mit dem durchlaufenden Wasser und nennt Wildbad „gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen den wichtigsten deutschen Kurorten an Schönheit und Romantik seiner Umgebung.“

Um den Anforderungen der Badegäste gerecht zu werden, wurde investiert. Neue Bauwerke wie das Badhotel und das Graf-Eberhard-Bad – das heuti- die „Englische Kirche“ in Wildbad abgebildet. Zuständig für die Kirche war die "Society of the Propagation of the Gospel in foreign parts" (Gesellschaft zur Verbreitung des Evangeliums in fremden Ländern). Daher kamen die Geistlichen aus England, wie William Ludlow, der von 1863 bis 1888 als anglikanischer Geistlicher im Sommer in Wildbad tätig war. Auch sein Nachfolger Reverend Alexander Frederick Dyce predigte in den Sommermonaten von 1889 bis 1897 in Wildbad – in den Wintermonaten dagegen wirkte er im südfranzösischen St. Raphael. Einst im Stil einer mittelalterlichen Dorfkirche für englische Gäste erbaut, zählt das Kleinod heute zu einem attraktiven Zeremonienort für Hochzeiten aller Couleur.

Sabine Zoller

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