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Leben mit Demenz in der Kommune
from Neu Nota Bene 15
by Mateo Sudar
Es ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Menschen mit Demenz sowie ihre Angehörigen zu unterstützen, ihre Ressourcen wertzuschätzen und sie in dasöffentliche Leben einzubeziehen.
Quelle:
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Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz, Friedrichstraße 236, 10969 Berlin
Ganz Europa und so auch Deutschland mit seinen Kommunen und Gemeinden sind einem beispiellosen demographischen Wandel unterworfen. In einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung nimmt auch die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen zu. Dies stellt das Umfeld – und keineswegs nur das private, wie Angehörige und Betreuende, sondern auch das Gemeinwesen –vor oft unerwartete, nicht selten sogar große Herausforderungen.
Diese Entwicklung macht auch vor Bad Liebenzell nicht halt. Laut einer Studie von Frau Susanne Himbert von der Fachstelle Demenz und Kommune der Alzheimer Gesellschaft Baden Württemberg sind ca. 200 der über 65-jährigen Menschen an Demenz erkrankt, das sind 9,9 % der Bevölkerung. Dies soll in Bad Liebenzell wie auch in anderen Gemeinden in ganz Europa, die sich auf den Weg zur Demenzfreundlichen Kommune machen, kein Tabuthema sein. Seit mehreren Monaten verstärken die Verantwortungsträger der Stadt mit Unterstützung von Frau Himbert ihre Bemühungen und ihr Engagement auf dem Weg zu einer solchen demenzfreundlichen Kommune.
Mit der Gründung eines Netzwerkes für Demenz, in dem die unterschiedlichsten Akteure, wie die Kommunale Verwaltung, Ärzte, professionell Pflegende, Apotheken, Vereine, Stadtseniorenrat, Kirchen, Polizei und Feuerwehr, lokale Wirtschaftsunternehmen und noch andere, vernetzt zusammen- arbeiten, wird zunächst all dem, was es jetzt bereits an Unterstützung vor Ort gibt, Rechnung getragen. Darüber hinaus wird eine Plattform für weitere koordinierte und wachsende Unterstützung und Hilfestellung geschaffen. Ein solches Netzwerk ermöglicht und fördert den Informationsaustausch sowie eine schnittstellenübergreifende Zusammenarbeit aller Beteiligten und ermöglicht so manchen Synergie-Effekt.
In den Gemeinden, die sich auf den Weg gemacht haben, finden sich unterschiedliche Bausteine. In Bad Liebenzell ist u.a. die Errichtung einer wohnortnahen Koordinierungs- bzw. Anlaufstelle für Betroffene in Planung. Dort werden Menschen umfassende Beratung, Orientierungshilfen und Informationen zu den Unterstützungsund Hilfeangeboten vor Ort erhalten können, wodurch deren Inanspruchnahme erleichtert werden soll. Weiter dürfen die Menschen mit Demenz in die Gemeinschaft, wie zum Beispiel bei Vereinsveranstaltungen, eingebunden bleiben oder werden. Im Sinne der Inklusion und Integration sollen sie ermutigt werden, an Aktivitäten des Gemeinwesens teilzunehmen und – wo möglich – mitzugestalten. So können sie ihre Ressourcen gewinnbringend für das Gemeinwohl einbringen.
Damit dies ohne Vorbehalte möglich wird, ist es erforderlich und ein weiteres Ziel dieser kommunalen Netzwerke, über die Krankheit Demenz umfassend zu informieren und aufzuklären. Dies soll der Angst vor der Begegnung und einer Stigmatisierung von an Demenz erkrankten Menschen entgegenwirken. Wie bereits vor Jahren begonnen wurde, barrierefreie Zugänge zu Straßen, Geschäften und Häusern zu schaffen, geht es nunmehr darum, eine neue Kultur des Helfens, ein neues Miteinander, sozusagen „Barrierefreiheit in den Köpfen“ zu schaffen. Wird das Umfeld mutiger im Umgang mit erkrankten Menschen, wirkt dies dem Rückzug aus Scham und damit auch der Vereinsamung Erkrankter und deren Angehöriger entgegen. So stellten Ärzte des Rush Medical Center in Chicago in einer Studie fest, dass ein verlässlicher Freundeskreis und regelmäßige Kontakte zu Angehörigen die klinischen Zeichen einer Alzheimer-Demenz sogar verhindern können. Das Fehlen eines Freundeskreises oder von Angehörigen kann durch den häufigen Kontakt zu Ehrenamtlichen oder die Teilnahme an regelmäßigen Gruppenangeboten zumindest ein wenig ersetzt werden. Ziel aller Aktivitäten ist es, die Lebensqualität und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz zu erhalten, sie nicht nur als Patienten oder Dienstleistungsnehmer zu sehen, sondern als Bürger und vollwertige wie auch aktive Mitglieder unserer Gesellschaft.
Wir dürfen uns miteinander auf den Weg machen, das Leben von Demenzkranken und ihrer Angehörigen in einer Gemeinde, einem Stadtteil oder der Nachbarschaft lebenswert zu erhalten. Dabei bedarf es des Mutes, eingefahrene Wege und Kommunikationswüsten zu verlassen, Neues zu erproben und dabei im Austausch von- und miteinander zu lernen.
Ursula Dehner
Quelle und weitere Informationen: Susanne Himbert, Fachstelle Demenz und Kommune der Alzheimer Gesellschaft Baden Württemberg, Impulsvortrag „Erfolgreich arbeiten in Demenznetzwerken“ https://www.demenzundkommune-bw.de
Studie Demenzfreundliche Kommunen in Europa www.efid.info
Vertiefende Literatur
Im Leben bleiben
Unterwegs zu Demenzfreundlichen Kommunen
Reimer Gronemeyer, Gabriele Kreutzner, Verena Rothe
ISBN: 978-3-8394-2996-9

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Die Lebensmittelindustrie ist verpflichtet anzugeben, was sich in einem Lebensmittel oder einer Lebensmittelzubereitung befindet. Aber selbst mit Brille fällt es mir oft schwer zu erkennen, was dort steht; und habe ich es entziffert, stellt sich die Frage, ob ich weiß, was sich hinter den Angaben verbirgt?