Ärzteblatt Baden-Württemberg 07-2022

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Kammern und KV Ärztliche Körperschaften im Südwesten bestürzt über Schiedsspruch

Apotheker sind keine Hausärzte light Die Social-MediaKanäle der Landesärzte­kammer: Social icon

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n Zukunft werden viele chronisch kranke Patientinnen und Patienten in ihren Apotheken Dienstleistungen auf Kosten der Krankenkassen erhalten, die eigentlich der Ärzteschaft vorbehalten sein sollten. „Aber Apotheker sind keine Hausärzte light“, kritisierte Dr. Wolfgang Miller Mitte Juni. Der Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg befürchtete, dass künftig die Versorgungsqualität leiden wird. Auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württem-

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Veranstaltungshinweis

management akademie der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg

Die Management Akademie der Kassenärztlichen Vereinigung ­Baden-Württemberg (MAK) lädt zu einer Fortbildungsveranstaltung für Psychotherapeuten ein. Veranstaltungstitel: Erfolgreiche Praxisgründung für Psychotherapeuten: Mit Expertenwissen in eine sichere Zukunft Ziele: Diese Seminarreihe beleuchtet grundlegende juristische, betriebswirtschaftliche und steuerliche Aspekte der Existenzgründung. Sie profitieren von wichtigen Tipps zur Abrechnung und Finanzierung und erfahren, was bei der betriebswirtschaftlichen Planung und der unternehmerischen Praxisführung zu beachten ist. Wertvolle Hinweise zur Telematik und zu aktuellen Steuerfragen helfen Ihnen dabei, Ihr Rüstzeug als Neueinsteiger zu komplettieren. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie im Internet unter www.mak-bw.de. Referenten: • Inga Fink, Diplom-Ökonomin (FH), KVBW • Ulrich Junger, Gruppenleiter Abrechnungsberatung, KVBW • Silvia Koch, Beraterin IT in der Praxis, KVBW •  Birgitt Lackus-Reitter, Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin • Heike Müller-Henkel, Diplom-Sozialpädagogin (FH), KVBW • Achim Paparone, Gruppenleiter IT in der Praxis, KVBW • Klaus Vossler, Steuerberater Termine: Modul 1: 6. Oktober 2022 (16.00 bis ca. 19.30 Uhr), Live-Online Modul 2: 20. Oktober 2022 (16.00 bis ca. 19.30 Uhr), Live-Online Modul 3: 27. Oktober 2022 (16.00 bis ca. 19.30 Uhr), Live-Online Information und Anmeldung: Management Akademie der KV Baden-Württemberg, Telefon (07 11) 78 75-35 35, Fax (07 11) 78 75-48 38 88, E-Mail: info@mak-bw.de oder Online-Anmeldung unter www.mak-bw.de Teilnahmegebühr: Modul 1 kostenlos, Module 2 und 3 je 69,– Euro

Fortbildungspunkte:406 4 je Modul ÄBW 07 | 2022

berg, Dr. Norbert Metke, empörte sich: „Offensichtlich scheint es, zumindest nach den Vorstellungen der bisherigen Bundesregierung, so viel Geld in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu geben, dass die eigenen politischen Vorgaben nach Wirtschaftlichkeit und Wissenschaftlichkeit in der Medizin keine Rolle spielen.“ Hintergrund für die Äußerungen ist das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz, das bereits zu Jahresbeginn in Kraft getreten war. Doch hatte es seither keine Einigung zu Detailfragen zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband gegeben. Daher musste die Schiedsstelle eine Entscheidung fällen, die Mitte Juni veröffentlicht wurde und in der nun die Apotheken-Leistungen aufgeführt sind. Konkret werden von Gesetz und Schiedsspruch zahlreiche ärztliche Kompetenzbereiche tangiert, so sollen künftig unter anderem Organtransplantierte, Krebskranke, Asth­ matiker oder Menschen mit hohem Blutdruck in Apotheken beraten werden. – Für Dr. Miller war klar: „Die Apotheker sollen demnach (haus-) ärztliche Leistungen erbringen – und das, obwohl nur Ärztinnen und Ärzte über eine qualifizierte Heilkunde­ erlaubnis verfügen. Ihre Approbation erlaubt es, den Arztberuf selbständig und eigenverantwortlich auszuüben, also beispielsweise die Krankengeschichte zu erheben, sowie Untersuchung, Diagnose und Therapie durchzuführen.“ Aus gutem Grund habe der Gesetzgeber die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde bislang an ärztlichen Sachverstand gekoppelt. Und Dr. Metke empörte sich: „Verantwortungs- und sinnvolle Beratung über eine Medikation ist aktive Therapie. Sie bedingt das stetige Hinterfragen der Diagnose und der Richtigkeit des eingeschlagenen Therapieweges. Gerade bei Schwerstkranken mit onkologischen Erkrankungen und bei Transplantierten wird angesichts der Komplexität und des medizinischen Fortschritts detailliertes Expertenwissen gefordert, welches ausschließlich auf dem Boden einer fundierten medizinischen Ausbildung vorhanden sein kann. Und genau diese Grund­

lagen haben Apotheker nicht, da ihre Ausbildungsordnung tiefere Kennt­ nisse in Diagnostik und Therapie als Grundlage der Beratung und Behandlung Kranker nicht beinhaltet.“ Dr. Miller berief sich auf die bewährte und klare Aufgabenverteilung zwischen Ärzte- und Apothekerschaft. Die vermeintliche ‚Stärkung der vor Ort-​ Apotheken‘ hingegen gefährde nach seinen Worten die qualitativ hoch­wertige Versorgung der Patientinnen und Patienten: „Die baden-​württembergische Ärzteschaft lehnt daher die Beratung gerade von chronisch Kranken in Apotheken grundsätzlich ab.“ Dr. Metke ergänzte: „Wir haben kein Problem damit, wenn die bisherigen Zuständigkeiten im Gesundheitswesen hinterfragt werden. Wir möchten aber schon darauf hinweisen, dass in den Apotheken die Tätigkeit zu weit über 90 Prozent aus dem Einzelhandel mit Arzneimitteln, mit Kosmetika, ­Hustenbonbons, kleinen Gesundheitsratgebern und re­zept­freien Medikamenten besteht. Dabei hat der Apotheker das auszugeben, was der Arzt vorher verordnet hat.“ Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung kündigte an: „Wir werden unseren Mitgliedern empfehlen müssen, dass sie den Patienten raten, sich am besten an eine Onlineapotheke zu wenden. Da bekommen sie das gleiche Arzneimittel, zudem noch schnell und barrierefrei, werden dann aber wenigstens nicht noch zusätzlich, möglicherweise falsch und schädlich, von jemandem beraten, der in dieser Thematik nicht bewandert ist.“


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