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14
März.2018
„Protektionismus war nie ein Erfolgsmodell“ Digitalisierung, Nachhaltigkeit und aufkommender Protektionismus sind drei der großen Themen in den internationalen Lieferketten. Klar, dass wir als Magazin für Außenwirtschaft, Logistik und IT diese im Interview mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann in den Mittelpunkt stellten – und durchaus zukunftsorientierte Antworten erhielten.
AnachB: Die Digitalisierung wird die Arbeitswelten in
Wenn es um den Transport von Waren geht, dominieren
Zukunft massiv verändern. Das bietet neben Chancen
in der Logistik fossile Kraftstoffe. Was müssen die Unter-
auch Risiken, etwa die Gefahr auf Arbeitsplatzverlust.
nehmen tun, was muss der Wirtschaftsbereich Logistik
Wie sehen Sie die Auswirkungen auf die Industrie?
tun, damit er ökologisch wirklich nachhaltig wird?
Ministerpräsident Kretschmann: Die Digitalisierung hat
Erst mal muss die Logistik schauen, dass sie durch mehr
alle Lebensbereiche ergriffen und durchdringt diese –
digitale Intelligenz zum Beispiel unnötige Fahrten besei-
auch die Wirtschaft, und zwar in einem riesigen Tempo.
tigt. Das ist schon mal ein wichtiger Faktor, damit wir
Dem müssen wir uns stellen, wir können nicht sagen:
effizienter transportieren und damit weniger Schadstoffe
„Das vernichtet vielleicht auch Arbeitsplätze, deswegen
erzeugen. Das findet ja schon statt. Zudem müssen wir
machen wir es nicht.“
möglichst viele Transporte auf umweltfreundliche Ver-
sionsfreie Zukunft kommen, wie wir das bei den Pkws
die Wertschöpfung, denn das sind ja Bestprodukte.
Im Moment ist es nämlich umgekehrt, uns fehlen viele
kehrsmittel wie Bahn und Schiffe bekommen.
machen. Auch das wird kommen. Für größere Trans-
Schon daran sieht man, dass Protektionismus nicht
IT-Leute in der Bundesrepublik Deutschland. Daran
Zweitens müssen wir auch in der Logistik in eine emis-
porte werden zum Beispiel die sogenannten e-fuels eine
gelingen kann, weil auch die Empfänger durch unseren
sieht man: Erst mal werden auf diesem Gebiet durch das
große Rolle spielen, also Kraftstoffe, die aus regenera-
Export wettbewerbsfähiger werden, indem sie die Güter
Wachstum enorm viele Arbeitsplätze geschaffen. Dafür
tiven Energien gewonnen werden. Wir machen viele
etwa in ihre Produktionsketten einbauen.
wollen wir alles tun, dass wir genügend Nachwuchs
interessante Versuche, zum Beispiel den Lkw-Transport
Andere Volkswirtschaften müssen schauen, dass sie auch
haben. Wir konzentrieren uns in den Schulen drauf, aber
auf der Autobahn zu elektrifizieren mit Oberleitungen.
wettbewerbsfähig werden, d. h. dass wir einen fairen
wir müssen auch Leute einwandern lassen, die wir da
Das ist gerade ein Pilotprojekt, das wir Gott sei Dank an
Wettbewerb haben. Darauf kommt es an. Ich sage nur
gut gebrauchen können.
Land ziehen konnten.
China, das ist ein wichtiger Exportmarkt. Er ist nur
Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Wir müssen in der Logistik in eine emissionsfreie Zukunft kommen.“
leider unsymmetrisch, die Chinesen haben bei uns ganz
Natürlich schafft eine neue Technologie auch Probleme, Cybersicherheit zum Beispiel, aber eben auch, dass
Im globalen Handel gibt es in einigen Regionen, etwa
andere Chancen als wir bei ihnen. Das sind Dinge, die
Arbeitsplätze entfallen. Wir müssen immer schauen,
in der Türkei oder den USA, protektionistische Ten-
wir abbauen müssen. Aber zurück in den Protektionis-
dass auf der anderen Seite Arbeitsplätze entstehen. Und
denzen. Wie sehen Sie diese Entwicklungen und was
mus zu gehen, das kann mittelfristig und auf lange Sicht
da bin ich ganz sicher, das wird der Fall sein. Und das
Das Interview als Video
bedeuten diese für die exportorientierte Wirtschaft in
überhaupt nicht gut gehen. Protektionismus war nie ein
in der Balance zu halten, dazu ist ja die Politik da: Um
AnachB-Redakteur Jens Verstaen im Gespräch mit
Baden-Württemberg und Deutschland?
Erfolgsmodell. Wann immer es versucht wurde, hat er
Rahmenbedingungen zu schaffen, dass das nicht mit
Winfried Kretschmann (rechts) – die Antworten des
Also das Geschäftsmodell von Baden-Württemberg ist
allenfalls ein Strohfeuer entfacht.
Verwerfungen einhergeht, sondern ein Prozess ist, bei
Ministerpräsidenten können Sie unter
jedenfalls das Gegenteil: Freihandel. Wir exportieren
dem das Land nachher besser dasteht als vorher.
aeb.com/interview als Video anschauen.
den Großteil unserer Güter. Dadurch steigt im Zielland
Herr Ministerpräsident, vielen Dank für das Gespräch.