MITTENDRIN Dezember-Januar-Ausgabe 14|15

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Magazin für Kultur und Bildung in Prenzlauer Berg

KREATIVITÄT Kulturverein Prenzlauer Berg e.V. – Dezember | Januar 14/15 – kostenlose Ausgabe


IN MITTENDRIN Thema »Kreativität««

Jung und abstinent in Berlin

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Das Geheimnis der Kreativität

Vorgestellt: Abgeordnete aus dem Kiez

Kann man Kreativität lernen?

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Neue Selbsthilfegruppe

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Stefanie Remlinger: Bündnis 90/Die Grünen

»Kreativität ist ein Umgehen mit der Wirklichkeit«

4 Das Letzte

Interview mit Keramikmeister Chajim Harald Grosser

Von Kopffüßlern und Jungen Wilden

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Wat? Wo steht denn ditte?

Jeder möchte Spuren hinterlaasen

Bilderrätsel

Shortstories

Impressum

Hüttenzauber

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»Alltag auf den Chars – Leben auf den Flussinseln in Bangladesch«

Der Anzug unseres Lebens

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...oder die Frage nach dem "Ich"

Taube II

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Andreas Reckwitz: Die Erfindung der Kreativität

Bildung

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Viele Bücher machen klücher

Willkommenskultur für Zuwanderer

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Mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt mit Ayekoo

Musik liegt in der Luft

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Musikalische Früherziehung in der Kita

(Kiez-)Kultur Zimmer 16

...macht Urlaub

Vielleicht hatten Sie schon mal einen unerwarteten, nennen wir ihn archimedischen, Geistesblitz!? Ob Sie dabei nun in der Badewanne saßen und "Heureka" gerufen oder im Ohrensessel, der Straßenbahn oder ganz woanders je nach Mundart ein wissendes "Deibel noma, i hob´s" oder "Kiek an, so sieht ditte aus" von sich gegeben haben. So oder so, Ihnen ist in diesem Moment die Erfahrung zuteilgeworden, dass die Lösung eines Problems sich gerade dann offenbart, wenn man am wenigsten mit ihr rechnet, sie nicht herbeidenkt, sondern im Gegenteil sogar eine Grübelpause einlegt. Dem Geheimnis kreativer Prozesse versuchen wir in dieser Ausgabe auf die Schliche zu kommen. Auch Andreas Reckwitz, dem wir diesmal unseren Buchtipp widmen, nimmt die Kreativität aufs Korn. In seinem Buch "Die Erfindung der Kreativität" beschreibt er ihre erstaunliche Karriere, ihre Allgegenwart und ihren Brückenschlag von der heren Kunst zum Altäglichen. Und sonst? Wie immer stellen wir Ihnen kulturelle Kiezschmankerl vor. Dazu gibt es Interessantes aus dem Vereinsleben und unseren pädagogischen und sozialen Einrichtungen. Wir wünschen schöne Feiertage, einen kreativen Start ins neue Jahr und natürlich:

18 Viel Spaß beim Lesen!

Kleinkunst ist Feinkust

Kolumne: Der springende Punkt

»Kreativität fängt da an, wo der Verstand aufhört, das Denken zu behindern.««

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Buchtipp

Erlesenes für Kinder

EDITORIAL (Unbekannt)

Eine Erzählung von Astrid Düerkop

Vom kreativen Imperativ

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Do it yourself!

Galerie unter der Treppe: Neue Fotoausstellung

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Barbara Schwarz und Frauke Niemann (Redaktion MITTENDRIN – ein Magazin des Kulturverein Prenzlauer Berg)


Kreativität

Das Geheimnis der Kreativität

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anche Menschen sind wahre Ideenschleudern. Auf Zuruf zünden sie ein kreatives Feuerwerk, das einem Hören und Sehen vergeht. Aber welche Kräfte sind hier am Werk? Kann man Kreativität lernen, oder heißt es warten, bis einen die sprichwörtliche Muse küsst? Und was, wenn man den Spieß umdreht und versucht, der Muse zuvorzukommen? 3


Kreativität Gibt es so etwas wie Gesetze der Kreativität, denen wir uns unterordnen müssen, oder können wir sie mit bestimmten Methoden aus der Reserve locken? Entpuppt sich Kreativität gar als weißes Kaninchen, das man – hat man den Zaubertrick erstmal verinnerlicht – nach Bedarf einem staunenden Publikum präsentieren kann? So einfach, so unwahrscheinlich – leider. Die Sozialpsychologin Simone Ritter, die an der Radboud-Universität im niederländischen Nimwegen kreative Prozesse erforscht, hat einen kreatives Netzwerk im Gehirn ausgemacht, das sogenannte Default Mode Network. Es erstreckt sich über mehrere Gehirnareale und ist immer dann aktiv, wenn wir unsere Gedanken nicht auf etwas fokussieren, beim Tagträumen zum Beispiel. Ritters Studie zeigt, dass dieses Netzwerk bei kreativen Menschen stärker ausgeprägt ist. Zumindest ein Hinweis darauf, dass unterbewusste Abläufe eine nicht unwesentliche Rolle im keativen Prozess innehaben. Archimedes lässt grüßen! Das heißt natürlich im Umkehrschluss nicht, das Inspiration uns in der Regel ohne eigenes Zutun aus dem nichts überfällt. Derjenige, den die Muse öfter küsst, oder der einen großen kreativen Coup landet, hat meist einiges an Wissen "intus", das den kreativen Prozess befeuert, oder sich im Vorfeld zumindest ausgiebig mit seinem Thema auseinandergesetzt. Auch bestimmte Attribute schreibt man den besonders Kreativen zu: u.a. die Fähigkeit zum Perspektivwechsel und den Mut zur Grenzüberschreitung. Bildlich gesprochen, ist man also gut beraten, das Pferdvon Zeit zu Zeit von hinten aufzuzäumen.Nur wer sich traut, Gelerntes, Angenommenes oder scheinbar Feststehendes zu hinterfragen, hat die Chance, Dinge neu zu denken. Einen Schritt weiter geht der Künstler Salvador Dali, indem er das subversive Elemt der Kreativität ins Zentrum stellt: »Man muss systematisch Verwirrung stiften – das setzt Kreativität frei«. (fn)

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»Kreativität ist ein Umgehen mit der Wirklichkeit« Chajim Harald Grosser ist Leiter der Keramik-werkstatt Yad Chanah, einer Einrichtung des Kulturverein Prenzlauer Berg e.V., in der Schönfließer Straße. Meister Chajim stammt aus einer echten Porzelliner Familie Meißens, lernte dort sein Handwerk und setzt seit über zwanzig Jahren ihre Tradition fort. MITTENDRIN: Chajim, was ist für dich Kreativität? Chajim Harald Grosser: Kreativität ist das, was mich am Leben erhält. Ich bin mit 74 Jahren ja nicht mehr ganz jung. Ich denke, Kreativität ist ein Umgehen mit der Wirklichkeit und für sich in dieser Wirklichkeit einen Weg zu finden. Kreativität heißt für mich in gewisser Weise auch, trotzdem leben zu können. Dieses „trotzdem“ ist ein wesentlicher Punkt, der mit meiner Geschichte zusammenhängt. Von 100 jüdischen Kindern haben sieben den Zweiten Weltkrieg überlebt. Ich bin eines davon. Meine Mutter hat zu mir gesagt: „Dir wurde das Leben zum zweiten Mal geschenkt. Also nutze es.“ Ich muss für mich leben, aber auch für die 93 mit, die nicht überlebt haben. Kreativität bedeutet für mich, das Leben nicht als eine Last zu betrachten, sondern als eine Möglichkeit. Im Judentum gibt es innerhalb der Segenssprüche die Formel „Sei gepriesen, du Quelle des Lebens“. Aufmerksamkeit zu empfinden für das, was ist, ist die Quelle der Kreativität. Und es hat auch damit zu tun, etwas aus einer Situation zu machen. Mit dem Material Ton ist es ähnlich. Ich habe ein Stück


Ton vor mir und gebe ihm eine Form. Damit spreche ich zu anderen Menschen, trete in Kontakt. In uns rumort es immer. Wir haben Dinge, die wir mit uns herumtragen. Die Beschäftigung mit Ton kann auch eine gute ausgleichende Beschäftigung sein.

meerraum viele Steine aus glasigem Kalkstein gesammelt, die alle ein Loch haben. Zu Halloween habe ich meinen Schulkindern welche mitgebracht. Die Aufgabe war es, etwas in den Steinen zu sehen. Also haben sie gedreht und gewendet.

Ist jeder kreativ?

»Der eigene Weg ist der schöpferische«

Ich denke, sehr viele Menschen sind kreativ, aber ihnen fehlt die Geduld. Sie bleiben sehr häufig nicht bei einem Gedanken und loten diesen ganz tief aus, sondern springen gleich weiter zum nächsten Gedanken. Kreativität ist ein Prozess, aber auch eine Frage der Übung. Ich habe es an mir selbst gemerkt, ich wollte ein Dichter werden, wenn möglich ein großer. Es floss aus meiner Feder, man hätte es fast Inkontinenz nennen können. Was mir fehlte, war die Eigenschaft, mit den Dingen sparsam umzugehen, auszuwählen. Vielleicht vergleichbar mit einem Obstbaum, der wächst und wächst. Die ordnende Hand des Gärtners greift ein und schneidet. Am Ende wird man mit einer ertragreicheren Ernte und großen, gesunden Früchten belohnt. Ein anderer schöpferischer Prozess ist es, in Dinge etwas hineinzusehen. Ich habe im Mittel-

Ein Gespenst ist im Stein zwar nicht enthalten, aber dass es doch entdeckt wird, ist ein kreativer Vorgang. Auch die Kunstrezeption ist also ein kreativer Prozess. Ich kann in ein Kunstwerk "einsteigen" und dort die wunderbarsten Dinge entdecken. Dazu bedarf es natürlich Bildung. Und Offenheit und Freiheit. Kann man denn lernen, das Besondere herauszufiltern, und – um bei deinem Bild zu bleiben – selbst der Gärtner zu sein? Das ist eine Frage des Machens. Das kann ich bei den Kindern, die meine Keramikkurse besuchen, abgucken. Vor allem bei den Kleinsten. Die haben ein Anliegen, z.B. Rotkäppchen zu formen. Sie formen

alle Einzelheiten. Am Ende ist das Ganze ein Klumpen, und man kann beim besten Willen nicht erkennen, was es sein soll. Die Kinder aber wissen genau, wie ihre Figur aussehen soll, wollen sie auch gestalten. Sie haben nur noch nicht die technischen Möglichkeiten. Der eigene Weg ist der schöpferische, der wirklich kreative. Glaubst Du, dass das Material Ton Kreativität in ganz besonderer Weise freisetzen, oder befördern kann? Ich glaube, dass Ton ein Material ist, das es einem besonders leicht macht, zu einem Ergebnis zu kommen. In unserer Werkstatt erhält man bestimmte technische Fertigkeiten, wie z.B. Daumenschälchen herzustellen. Formt man zwei kleine Schälchen und setzt sie zusammen, wird es ein Körper, dann ein Kopf. Auch Tiere können so entstehen. Kinder finden das wunderbar. Es ist eine gute Methode, das Handwerk vermittelt zu bekommen. Und das Material ist vielgestaltig, ich kann Figuren machen, aber auch Praktisches oder Abstraktes. Ich glaube, dass sich viele Leute da wiederfinden können. Interview: Barbara Schwarz, Frauke Niemann, Foto: Gertrud Völlering

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Kreativität bis Sechsjährigen, was das Zeug hält. Eine Stunde später werden sie von den "Picasso-Kids" abgelöst, nicht minder Kreative zwischen sieben und vierzehn. MITTENDRIN: Was reizt dich künstlerisch an der Arbeit mit Kindern? Dass Kinder eine übersprudelnde Phantasie haben. Sie sind von Grund auf kreativ, offen und neugierig und probieren viel aus.

Von Kopffüßlern und „Jungen Wilden“ Jeder möchte Spuren hinterlassen

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inmal pro Woche stürmen "Junge Wilde" das Atelier im Dachgeschoss des ZENTRUM danziger50. Seit 2008 bietet die bildende Künstlerin Karin Kerkmann hier Kreativkurse für Kinder an. Jeden Mittwoch um halb fünf malt, bastelt und klebt die kleine Gruppe aus Drei-

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Mit Löffeln kann man essen, aber auch Musik machen oder etwas bauen. Es gibt nicht immer nur eine Funktion von Dingen, sondern viele. Und das Tolle an kleinen Kindern ist, dass sie nicht bewerten. Sie sind so in ihrem Tun und Machen gefangen: Diese Freude ist eine Art Selbstausdruck.

War das deine künstlerische Initialerfahrung? Ja, ich habe begriffen, welchen Reichtum mir diese Welt eröffnet. Das scheint dich nicht mehr losgelassen zu haben. Du hast dann später auch den Kunstweg eingeschlagen? Genau, ich habe hier in Berlin an der HdK Bildende Kunst studiert und meinen Meisterschülerabschluss bei Leiko Ikemura gemacht. Davor war ich ein Jahr am Fashion Institute of Technology und an der Arts Student League in New York, habe gezeichnet und klassisch gemalt. Beim Malen arbeite ich assoziativ, ich gehe oft von einem Fleck oder einem Gesicht aus, der oder das sich dann im Prozess des Malens wieder auflöst oder sich in etwas Neues verwandelt. Ich arbeite gern mit dem kreativen Zufall, den das Material vorgibt. Beim Fotografieren oder Videodrehen ist es ähnlich. Ich sehe Dinge, die mich interessieren. Dann versuche ich, sie abzubilden und den Punkt herauszufiltern,

Was ist für dich Kreativität? Für mich persönlich? Der größte Schatz, den ich habe! Ein ungeheurer Raum, der sich öffnet. Es geht nicht nur ums Malen oder Zeichnen. Meine Kurse nenne ich Kreativkurse, weil es vor allem ums kreative Arbeiten und Entfalten geht, das ist mir wichtig. Bei mir hat ein bewusstes Auseinandersetzen damit mit fünf, sechs Jahren angefangen. Ich habe mit Moos, Stöcken und Steinen gespielt. Und während meines Spiels habe ich erfahren, dass ich mir eine ganz eigene Welt erschaffen kann. Und welche Kraft ihr innewohnt.

Ein Kopffüßler par Excellence. Karin Kerkmann in Aktion. Foto: Anja Weber


den ich gerade daran spannend finde. Das ist bei mir oft der, an dem eine Verwandlung stattfindet. Mich interessieren Grenzüberschreitungen, Zwischenwelten und das Spannungsverhältniss zwischen Innen- und Außenwelt. Ich hinterfrage die Wirklichkeit und unsere Wahrnehmungsmechanismen. Meine Videos und Rauminstallationen konzentrieren sich auf räumliche Grenzbereiche. Dabei arbeite ich mit den Mitteln der Fragmentierung sowie der Veränderung von Licht und Größenverhältnissen. Grundlage bilden Fragmente des fotografischen Abbildes vom menschlichen Körper, Landschaft und Architektur. Man kann meine Bilder oft nicht sofort einsortieren, glaube ich. Und das ist gut so, denn so entsteht ein Dialog, eine Auseinandersetzung. Was ist das Besondere am kreativen Arbeiten mit Kindern? Dass es nicht festgelegt ist. Es gibt Möglichkeiten und Materialien vor. Kinder können sie erkunden und mit ihnen experimentieren. Es gibt nicht nur eine Art zu arbeiten. Man kann die Finger nehmen, man kann mit dem Pinsel spritzen, die Füße und Finger bemalen. Mit allen Sinnen die Umwelt begreifen.

Malerei als Erlebnis? In jedem Fall. Für mich ist es das sinnliche Begreifen von Farbe, das Spiel, das Leuchten. Der Spaß dabei, Farben nebeneinander zu setzen. Für Kinder ist es auch das Zeigen der Innenwelten. Die Kinder malen nach ihren eigenen Vorstellungen. Sie malen ihre eigenen Welten und Universen. Sie spüren, dass sie etwas auslösen und bewegen, dass sie Spuren hinterlassen und etwas von sich zeigen können. Sie gehen völlig auf in ihrem Schaffen und es entstehen ihre eigenen Geschichten. Die Kraft und Ernergie, die aus ihren Bildern kommt, macht mich jedes Mal froh und überrascht mich immer wieder aufs Neue. Was stellst du in Bezug aufs Alter fest? Verändert sich die Herangehensweise der Kinder? Bei den Kleinen, den "Jungen Wilden", geht es vor allem um den gestalterischen Prozess an sich. Da kann es passieren, dass Bilder am Ende nochmal ganz umgearbeitet werden, sodass vom anfangs Bunten

Kinder sind von Natur aus kreativ. Ich gebe ihnen einfach nur Anregungen und einen Raum, in dem sie frei arbeiten können. Sie lernen spielerisch. Man muss nur offen sein, und sie unterstützen. Beispielsweise beim Farben mischen. Sie haben blau und gelb und plötzlich ist da grün. Das ist eine spielerische Art zu begreifen.

te. Mit den "Picasso-Kids", den älteren Kindern, rückt das Ergebnis mehr in den Vordergrund. In diesem Kurs bringe ich Arbeiten von bildenden Künstlern mit, z.B. Collagen von Hannah Höch, Aquarelle von Emil Nolde oder Zeichnungen von David Hockney. Ich frage sie dann, wie der Künstler dies oder jenes gemacht hat, und was sie in den Bildern sehen. Dazu bringe ich passende Materialien mit, lasse ihnen auch die Freiheit, im Anschluss zu malen, was sie wollen. Meist kommen sie dann auf den vorgestellten Künstler zurück. Eines ist klar: Alle Kinder haben Talent. Es ist nur die Frage, wie sehr das gefördert wird, und ob ihnen genug Raum gelassen wird, so dass sie in ihrem Tun bestärkt werden.

Kreativ-Mal-Kurs für Kinder

Junge Wilde - drei bis sechs Jahre-

Also ist deine Aufgabe, das zu erkennen und den Kindern zu assistieren, ohne dabei Vorgaben zu machen?

Mittwoch, 16.30 bis 17.30 Uhr Aquarell: Karin Kerkmann

Ja, und zu vermitteln, dass es keine richtige oder falsche Art gibt, etwas zu tun. Durch das eigene Ausprobieren begreifen sie viel mehr, als wenn ihnen etwas vorher gesagt wird. Natürlich antworte ich ihnen, wenn sie etwas Bestimmtes wissen wollen, aber es ist wichtig, dass sie die Freiheit haben, Dinge selbst herauszufinden.

Foto : Frauke Niemann

nur noch eine graue Fläche übrigbleibt. Kleine Kinder machen erst mal Spuren. Kritzeleien. Später beginnen sie dann deren Sinn zu benennen. Dann kommen in der Regel die Kopffüßler ins Spiel. Sie malen einen Kopf, von dem aus direkt die Beine oder Arme abgehen. Es gibt da ganz verschiedene Entwicklungsschrit-

Picasso-Kids - sieben bis 14 Jahre -

Mittwoch, 17.30 bis 18.30 Uhr Weitere Infos und Anmeldung bei: Karin Kerkmann Telefon: 030 – 6280533 E-Mail: k.kerkmann@gmx.de

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Shortstories

Fotos : Manuela Deubel

Hüttenzauber Do it yourself

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ie beherzt vorgertragene These "Es ist kinderleicht ein Haus zu bauen!" ruft beim Gegenüber vermutlich erstmal Kopfschütteln hervor. Vielleicht ringt er sich auch zu einem abschätzigen Lächeln in Verbindung mit einem „Ist klar!" durch. Doch wird er seine Skepsis über Bord werfen müssen, denn die Kita Gleimstrolche in der Gleimstraße hat hinreichend Beweise gesammelt, welche besagte These untermauern. Das schlagendste Argument ist etwa zwei Meter hoch, aus Lehm und hat die Form eines leicht windschiefen Zuckerhutes.

„Ich bin kein Klein-Mensch, niemand der sich gern mit filigranen Dingen beschäftigt“, sagt Manuela Deubel, die Leiterin des Haus 2, lachend. „Als wir uns überlegt haben, ein Projekt mit Kindern und Eltern auf die Beine zu stellen, kam schnell die Idee auf, selbst eine Spielhütte zu bauen. Lehm ist dafür ein tolles Material und für die Kinder war es ein Abenteuer, mit Händen und Füßen am Bau mitzuwirken.“ Zuerst machten sich die kleinen Gleimstrolche mit Unterstützung von Erzieherinnen und Eltern daran, das Gerüst aus Weidenzweigen in die richtige Form zu bringen und miteinander zu verweben. Wer sich traute, durfte dann den Lehm mit Füßen treten und in großen Bottichen die Baupaste gefügig machen. Dabei erhielt das Material nach und nach die gewünschte Konsistenz. Dann war ein bisschen Fingerspitzengefühl von Nöten. „Der Lehm wird von der einen Seite zwischen die Weidenzweige gedrückt und kommt auf der anderen wieder heraus", erklärt Manuela Deubel. „Dort wird erstmal dagegen gehalten, damit der Lehm eine Struktur bekommt." Alles in allem hat es fünf Wochen gedauert, die

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Hütte fertigzustellen, der Lehm ist nun getrocknet und dank der Versiegelung mit Leinölfirnis wasserdicht. Mittlerweile ist das Häuschen spielerprobt und beliebte Kitagarten-Anlaufstelle. „Wir finden unsere Hütte schön, auch wenn sie vielleicht ein bisschen aus der Form geraten ist. Sie ist eben eigensinnig. Ursprünglich sollte sie planrund werden wie ein Iglu und nicht so schmal zulaufen. Sie oben zu schließen, war eine wirkliche Herausforderung", erzählt Manuela Deubel. Das nächste Bauprojekt ist schon in Planung und soll im kommenden Frühjahr in Angriff genommen werden. Von Seifenkisten bis zur Würstchengreifmaschine – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. (fn)


Neue Fotoausstellung mit Arbeiten von Kai Fritze

»Alltag auf den Chars - Leben auf den Flussinseln in Bangladesch«

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as Leben im Norden Bangladeschs ist abhängig von den großen Flüssen: Jährlich bringt die Regenzeit Überschwemmungen mit sich. Diejenigen, die an den Flüssen oder sogar in den Flüssen auf Schwemmlandinseln siedeln, verlangen die Fluten höchte Flexibilität ab. Oft sind diese so stark, dass Familien innerhalb weniger Wochen mehrmals umziehen müssen, um ihr Hab und Gut nicht an die Flüsse zu verlieren. Gleichzeitig bringt das Wasser eine unvergleichbare Fruchbarkeit der Böden mit sich. Bleiben die Überschwemmungen aus, hat dies verheerende Folgen für Kleinbauern und Familien, die Selbstversorger sind. Die Ausstellung "Alltag auf den Chars - Leben auf den Flussinseln in Bangladesch" ist vom 09. Januar bis 20. Februar in der GALERIE UNTER DER TREPPE im ZENTRUM danziger50 zu sehen.

09|01|2015 19|00|Uhr Vernissage Die GALERIE UNTER DER TREPPE Ein Treppenhaus ist praktisch. Denn Stufen bringen den Besucher an den Ort der Wahl: Jeder Treppenlauf hat eine Unterseite, die erst mal keine Verwendung hat. Diese Fläche sollte aber im ZENTRUM danziger50 nicht ungenutzt bleiben. Seit 2011 hat kulturbus.net e.V. den praktischen Aspekt dieses Treppenhauses um einen ästhetischen erweitert. Zwei Stahlseile, sind an den Treppenunterseiten gespannt, an denen große und kleine Kunstwerke ihren Platz finden. Bislang ist diese Art, Kunst zu präsentieren, einzigartig. Die Macher sind sich aber sicher, dass es viele Treppenhäuser gibt, denen ein ästhetischer Anstrich gut täte und würden es sehr begrüßen, wenn diese Idee weiterverbreitet würde!

GALERIE UNTER DER TREPPE - Kunst kann luftige Höhe vertragen Wechseln Sie den Blickwinkel, richten Sie den Blick nach oben und entdecken Sie Kunstwerke aus einer neuen Perspektive. Infos und Kontakt: Barbara Schwarz, post@kulturbus.net

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Shortstories

Der Anzug unseres Lebens ...oder die Frage nach dem "Ich"

Taube II Eine Erzählung von Astrid Düerkop

D Foto: Barbara Schwarz

Meine Hände, meine Arme, meine Beine, mein Körper und ich das Unveränderliche, unzerstörbare Selbst: Ich. Der Mittelpunkt, der Zellkern der gesamten menschlichen Zellkultur. Bin ich? Ist Ich in jeder Zelle? [„Redukt“; Einstürzende Neubauten]

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ie Künstlerin Julia Gebauer startete Anfang Juli 2014 gemeinsam mit jungen Frauen aus der Mutter-Kind-Einrichtung „Betreutes Wohnen – (NICHT) ALLEIN MIT KIND in der Kollwitzstraße das Kunst-

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projekt „Der Anzug unseres Lebens“. Im Fokus standen die Themen „Ich, Selbst und Identität“. Die Projektteilnehmerinnen kehrten Inneres nach außen und machten visuell sichtbar, was sonst niemandem zugänglich ist, sich nur im Kopf abspielt. Weiße Maleranzüge wurden auf diese Weise zu persönlichen „Identitätsanzügen“. Darauf zu sehen: Gedanken, Bilder, Wünsche und Visionen, die aus der Vorstellungsebene an die Oberfläche geholt wurden. Der Kurs ermöglichte den Teilnehmerinnen einen freien Erfahrungsraum, ein offenes Experimentierfeld. Er bot ein „Heraustreten“ aus den erschaffenen SelbstKonstruktionen an. Im September wurde dieses Projekt im Rahmen der RENNSATION am Weißen See vorgestellt. Eine weitere Projektpräsentation fand Anfang Oktober im Atelier des ZENTRUM danziger50 statt. (bs)

ICH sehe was, was du nicht siehst, und das bin ICH, oder?

ie Sonne scheint bereits milder, vorgestern sind die ersten Zugvögel gestartet. Gestern, es war noch früh am Morgen, hörte ich zum Frühstück ein Lied von Nabiha Yazbeck. Später, bei meinem ObstEinkauf, ging ich in einen kleinen, bis unter die Decke vollgestellten Laden. Neben Obst, Gemüse, Broten, Oliven, Schafs- und Ziegenkäse, kleinen Kuchen, gibt es dort Samoware, Teegläser, Koranhalter, Lampen, einfach gebundene Besen, es gibt scheinbar alles. Jedes Mal, wenn ich dort meine 100g Oliven bezahle, oder wie gestern ein Bündel extra-scharfer Peperoni kaufen möchte, und in den Laden trete, ist es, als ob ich durch die Tür hindurch, wie durch eine Zeit- und Raumschleuse, in ein anderes Land gelange, in den Libanon.

..................... Es duftet würziger als auf der Straße, es hängen bunte Schnüre an den Wänden mit Mini-Koranen als Anhänger, und häufig führen die Kunden mit den Verkäufern gerade ein lebhaftes Gespräch, alle Tüten sind auf dem Boden abgelegt, der Krach der Hauptstraße ist plötzlich gedämpft. Dort läuft im Hintergrund meistens irgendeine arabische Musik, manchmal kommen auch die Gebetsrufe eines Muezzins vom Tonband. Gestern war es ein Lied von Nabiha Yazbeck, genau jenes, welches ich schon zum Frühstück im Radio hörte. Astahel. Es handelt von den Wunden einer enttäuschten Liebe.


Als ich meine Verwunderung kundtat, hatte ich einen Pfeil abgeschossen. Dies ist eine der momentan größten Sängerinnen aus dem Libanon, einfach toll! Sesam öffne Dich. Sogleich erzählt mir jeder ein wenig über diese Frau, ich verstehe zwar nicht viel, ich kann ihre Sprache nicht, aber, als ich gehe, rufen mir alle aus dem kleinen Laden „Ma salam“ hinterher. Die 40 Räuber sind auch aufgetaucht. Gegen Abend, ich saß bereits bei weit geöffnetem Fenster

leuchtet tiefblau in der prallen Mittagssonne. Wenn ich die Augen schließe, draußen auf der Holz-Bank sitzend, höre ich ein neues Lied von Nabiha Yazbeck, es handelt von den Kindern des Ali Baba, sie genossen ihr Glück mit weiser Mäßigung. „Weißt Du noch“, sagt B. plötzlich zu mir, „wie es damals war, als wir gemeinsam in einem kleinen Dorf ankamen?“ Mitten in einer sandig-staubigen Landschaft, nach einer Wanderung, die viele Stunden dauerte, wir hatten Durst und die Sandwege,

auf einer Mauer eine weiße Taube. Im Hintergrund klappert der alte Blechvogel noch wie 1998, und als mich jetzt einige Touristen auf Englisch ansprechen, erzähle ich ihnen, was unten in dem Monsterkeller passiert, die Ausstellung dort ist gerade auf Wanderschaft. Ich habe ihnen nicht erzählt, welche Familien sich früher in diesem Haus versteckten, dafür eine Postkarte gekauft, have a tea with me, und dabei an den stillen Besitzer aus dem kleinen Imbiss gedacht, er hatte mir einmal zur Begrüßung eine wunderschöne lange MinzePflanze gezeigt, dieser Tee hatte ein köstliches Aroma.

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in meinem Zimmer, gab es einen lauten, nicht zu überhörenden Knall, und heute am Sonntag war zu sehen, die ganze Front-Scheibe dieses kleinen Ladens ist zersprungen.

..................... Es ist Sonntag. Mah sallah. Das ist wunderbar? Gegen Mittag ging ich, wie auch am letzten Sonntag, zusammen mit B., in den kleinen Imbiss neben unserem Wohnhaus. Heute ist der dritte Besitzer da. Seine Frau und seine Kinder sind sonntagsfein, das Kopftuch der Frau hat viele kleine runde Kugeln, sie liegen genau über der Stirn. Wenn jetzt ein Windhauch käme, dann würden 20 verschiedene Töne aus diesen kleinen Kugeln kommen, und den Raum mit einem wundersamen Lied verzaubern. Sie geht später fort, ihr Kind ist in der Karre eingeschlafen, ihr Kopftuch

zwischen meterhohen Binsen, dort sollte es angeblich noch Schildkröten geben, nahmen kein Ende, später führte uns ein schmaler Pfad zu diesem Dorf. Wir kamen an einem kleinen Brunnen vorbei, an dem Leute mit Kanistern ihr Wasser abholten, und genau in der Mitte des Dorfes, wie ein Magnet, lag eine Taverne. Als wir vor unserem Essen sitzend, noch an unseren Teegläsern nippen, kommen zwei Stadttauben und beim Aufpicken der Brotreste nähern sie sich bis auf 30 Zentimeter. „Stell, Dir vor“, sagt B., „im Park sind Leute beim Taubenfüttern von den Social Cops erwischt worden, sie müssen jetzt eine Geldbuße zahlen, weil sie nicht einsichtig waren!“ „Weißt Du noch", sage ich, „Trafalgar Square.“ Dabei denke ich an die Tauben in Rom. Gestern, auf dem schmalen Schlauchweg des Hauses Schwarzenberg, auf dem ich damals so oft entlang gegangen bin, saß

Später Ecke Sophienstraße, habe ich geweint, für Dich und für mich. Einmal, es war ein wunderschöner Tag, hast Du mich auf den Armen ein Stück auf dieser Straße entlang getragen, wie auf Deiner Postkarte Foto: © Radka Schöne, PIXELIO mit den beiden grauen Hasen, deren lange Ohren herumschlackern, und die irgendwie total besoffen aussehen, und scheinbar nur noch den Weg entlang torkeln konnten. Unser Essen wird gebracht, die Sonne wärmt mir den Rücken, wieviel Zeit schon vergangen ist? Ein großer, kunstvoll verzierter Falafelteller mit frittierten Kichererbsen-Bällen, Soßenmuster, Salat und einem flachen handtellergroßen Kreis aus KichererbsenPaste, zwei schwarzen Oliven-Augen, einer Möhren-Raspel-Nase und einem küssenden, filigran geschnittenen roten Tomatenstreifen-Mund lacht uns entgegen. Als wir gehen, wünscht der Besitzer uns einen wunderschönen Sonntag und sagt: „Sie kommen doch morgen wieder?“ Ja – Aiwa.

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Buchtipp

Vom kreativen Imperativ Andreas Reckwitz: Die Erfindung der Kreativität

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ndreas Reckwitz startet in seinem Buch "Die Erfindung der Kreativität" mit der These, dass es in der Gegenwartskultur ein absurder Wunsch sei, nicht kreativ sein zu wollen. Nicht kreativ sein zu können, ja, das erscheine denkbar, aber seine kreativen Potenziale bewusst ungenutzt zu lassen, sei heute schwer vorstellbar.

Kreativität ist in unserer Gegenwart sowohl ein soziales, als auch privates und individuelles Phänomen. Der Autor klärt schnell, was er mit Kreativität meint. Er schreibt ihr eine doppelte Bedeutung zu. „Zum einen verweist sie auf die Fähigkeit und die Realität, dynamisch Neues hervorzubringen. Zum anderen nimmt Kreativität Bezug auf ein Modell des `Schöpferischen`, das sie an die moderne Figur des Künstlers, an das Künstlerische und Ästhetische insgesamt zurückbindet.“ Reckwitz untersucht, ab wann die Debatte in Philosophie und Geisteswissenschaft innerhalb der Ästhetisierung um den Komplex der Kreativität bereichert wurde. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Adjektiv „ästhetisch“ parallel zur Diskussion um die Kunst geprägt. Die klassische Gesellschaftstheorie – hier vertreten durch die Philosophen und Soziologen Karl Marx, Max Weber und Émile Durkheim – ist sich trotz aller tiefgreifenden Differenzen stillschweigend einig, „dass die moderne Gesellschaft im Kern entästhetisierend wirkt“. Für diese These und in ihren Analysen des Sozialen können vier Grundstrukturen ausgemacht werden: Die Industrialisierung (Durkheim, Marx), die Kapitalisierung (Marx), die rationale Versachlichung (Weber) und die funktionale Differenzierung (Durkheim, Weber, Luhmann). Eine fünfte Struktur ist die absolute Separierung von Menschenwelt und Dingwelt (Latour).

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4) Die Objektexpansion: Die Moderne zeichnet sich aus durch eine Menge an dinglichen Neuerungen, Erfindungen und neuen Artefakten. Hier entsteht eine ganz eigene Ästhetik und es gibt erste Verbindungen zu Ästhetisierungsagent 2 und 3. 5) Schließlich die Subjektzentrierung, welche den Einzelnen zu konsequenter Selbstbeobachtung und zur Fokussierung auf das Selbst veranlasst unterstützt durch Diskurse der neuen Humanwissenschaften, wie z.B. der Psychologie. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts verdichtet sich eine bestimmte Version der Ästhetisierung.

Diese fünf umrissenen "Agenten" sind Wegbereiter des Kreativitätsdispositivs. Dabei ist das Besondere, dass „eine Ästhetisierung forciert wird, die auf die Produktion und Rezeption von neuen ästhetischen Ereignissen ausgerichtet ist“. Sehr kleinschrittig nimmt Reckwitz den Leser mit auf seine Reise durch die Geisteswissenschaften, Kunstwissenschaften und Soziologie. Es wird ausgelotet, was an der Kunst sozial ist, welchen Wert und welche Macht Kunst hat und wo Kunstpraktiken enden und etwa Künstlerperönlichkeiten beginnen. Der Geniegedanke wird genauso einbezogen, wie der urbane Aspekt der funktionalen und der kulturorientierten Stadt. Gesellschaftstheorien und eine systematische Betrachtung des Kreativitätsdispositivs bilden eine strukturelle Klammer, zwischen der sich viele Beispiele aus der Welt der Ästhetik und Kreativität finden, um das Thema lebendig werden zu lassen. Cover: © suhrkamp

Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts hat der Begriff der Ästhetik eine wechselvolle Geschichte durchlaufen, wird dann wieder reaktiviert und auch erweitert, z.B. durch das Performative, oder die Ökologie. In der Moderne macht Reckwitz fünf sogenannte „Ästhetisierungsagenten“ fest. Dazu gehören: 1) Der Expansionismus der Kunst, womit die Entwicklung ab 1800 gemeint ist. Kunst bekommt einen so hohen Stellenwert, dass

Unterm Strich: Reckwitz versteht es, einen sehr vielschichtigen Einblick in das Thema Kreativität zu geben, der auch den Nicht-Soziologen anstachelt, sich tiefergegend mit Ästhetik und deren Sichtweisen zu beschäftigen. Schön ist, dass der Text dem Leser immer wieder den Freiraum lässt, sich selbst zu fragen, wie weit es mit seiner eigenen Kreativität bestellt ist. (bs)

eine fast private Interaktion zwischen Leben und Kunst entsteht. 2) Die Medienrevolution, beginnend mit dem Buchdruck, fortgeführt mit den audiovisuellen Techniken der Reproduktion seit 1830 und verstärkt seit Ende des 19 Jahrhunderts. Sie bewirkt eine grundsätzliche Umwälzung der Rahmenbedingungen für die menschliche Ästhetik. 3) Die Kapitalisierung, welche durch die neue Sichtweise auf das Produkt „Ware“ ästhetische Konsumgüter hervorbringt und unter-

Andreas Reckwitz: Die Erfindung der Kreativität suhrkamp taschenbuch, 2012 408 Seiten, 18 Euro

stützt.

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Bildung

Erlesenes für Kinder Viele Bücher machen klücher… Diese Bücher wurden auf die Probe gestellt, haben gewissermaßen einen Kinder-TÜV passiert. Seit einiger Zeit gibt es im Familienbereich der Kita Kiezeulen die Veranstaltung „Lesen für Kinder“. Wir stellen Ihnen ausgewählte Schätze dieser Vorlesestunde vor.

Lotte in New York von Doris Dörrie Lotte geht auf Reisen. Zusammen mit ihrer Mutter besucht sie ihre Patentante Ella in New York. Mit dabei Schlafschaf Erich, ein Geschenk ihrer Tante und somit ein waschechter New Yorker. Waschecht hin oder her, „Erich müffelt“, sagt Mama. Aber Lotte sieht das ganz anders. Erich riecht nach Erich, Waschen kommt nicht in Frage, denn dann riecht Erich nicht mehr nach Erich, sondern wie ein ganz fremdes Schaf, basta. Erich ist immer an Lottes Seite im Flugzeug, im Taxi, im Hotel. Nur auf ihre Erkundungstour durch New York darf Erich Lotte nicht begleiten. Sie hat Angst ihn zu verlieren und ohne Schaf kein Schlaf. Groß ist ihre Verzweiflung, als sie abends im Hotel feststellt, dass Erich spurlos verschwunden ist. Doch die Suche nach dem Schaf bleibt erfolglos. Bis der Hotelmanger klopft und dem Spuk ein Ende bereitet. Erich ist mitsamt der Wäsche im Waschsalon gelandet. Ob er jetzt immer noch so gut nach Erich riecht? Doris Dörrie: Lotte in New York. Ravensburger Buchverlag. Ersterscheinung 1999. 14,95 Euro, geb. Mit Bildern von Julia Kaergel. Derzeit vergriffen, nur gebraucht erhältlich. Altersempfehlung: ab 4 Jahren.

Schwester

Cover: © Ravensburger Buchverlag

von Jon Fosse Ein vierjähriger Junge lebt mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester an einem Fjord in Norwegen. Eines Morgens wird er früh wach und hat Sehnsucht nach dem Wasser. Also macht er sich im Schlafanzug auf den Weg, legt sich ins hohe Gras an den Fjord und – schläft wieder ein. Als er Stunden später aufwacht, sind seine Eltern außer sich vor Angst, und seine Mutter schimpft. Er bekommt Hausarrest und versteht nicht, warum. Er war doch nur draußen und hat sich den Himmel und die Wolken angesehen! Das Besondere an "Schwester" ist die ungefilterte Vermittlung der Kindersicht auf die Welt. Drei Tage tauchen wir in die Gedankenwelt des kleinen Protagonisten ein, nehmen Erlebnisse und Beobachtungen unmittelbar aus seiner Perspektive wahr und erleben seine Konfrontation mit den Erwachsenen, wenn er die Welt auf eigene Faust entdeckt und dabei die Grenzen seiner Freiheit auslotet. Jon Fosse stellt in „Schwester“ die kindliche Entdeckerfreude unkommentiert den Ängsten und Verboten der Erwachsenen gegenüber. Zum Glück ist da noch die kleine Schwester, die das Unverstandenfühlen, das aus diesem Konflikt resultiert, ein wenig eträglicher macht.

Cover: © Bajazzo Verlag

Jon Fosse: Schwester. Bajazzo Verlag. Zürich 2006, 12,95 Euro, geb. Altersempfehlung: ab 4 Jahren.

Geh nie mit einem Fremden mit von Trixi Haberlander Lisa ist sechs Jahre alt. Sie spielt gerne und oft mit ihrem Freund Peter. Eines Tages liest ihr der Vater aus der Zeitung vor, dass ein Kind entführt worden ist. Das nehmen die Eltern als Anlass, mit ihrer Tochter über ein wichtiges Thema zu sprechen: „Geh nie mit einem Fremden mit!“, denn – so versuchen die Eltern Lisa zu vermitteln – nicht alle Erwachsenen meinen es gut mit Kindern. Lisa hat ihre Lektion gelernt, geht nicht alleine an die Tür, wenn es klingelt und steigt auch nicht in fremde Autos, auch wenn sie noch so freundlich dazu eingeladen wird. Aber der Mann am Sandkasten, der ihr von seinen Häschen erzählt, dem kann man doch vertrauen, oder? Lisa geht mit ihm in seine Wohnung und erschrickt: keine süßen Tierchen weit und breit. Sie bekommt Angst. Ihr Freund Peter hat kein gutes Gefühl und geht zu Lisas Eltern. Die Polizei wird alarmiert, und weil Peter so gut aufgepasst hat, finden sie schnell die Wohnung mit dem alten Rad davor, das der Mann geschoben hat, als er mit Lisa weggegangen ist. Die Polizei stürmt die Wohnung und Lisa ist verstört. Erst als Mama sie in den Armen hält, ist alles wieder gut. Trixi Haberlander: Geh nie mit einem Fredmden mit. Heinrich Ellermann Verlag. Ersterscheinung 1985, 9,90 Euro, geb. Altersempfehlung: ab 4 Jahren.

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Cover: © Heinrich Ellermann Verlag


Willkommenskultur für Zuwanderer

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yekoo ist ein Ausdruck aus der Sprache der Ewe aus dem südlichen Ghana und Togo und bedeutet soviel wie "gut gemacht". Der gleichnamige Berliner Verein möchte Menschen aus aller Welt beim Einstieg in das Berufsleben helfen. Mehr über ihr Anliegen erzählt uns Ayekoo im Interview. MITTENDRIN: Seit wann gibt es Ayekoo? Ayekoo: Seit 2007. Ayekoo wurde mit dem Ziel gegründet, vor allem Jugendliche und Erwachsene mit Migrationshintergrund bei ihrem Berufseinstieg zu begleiten. Dazu bieten wir in verschiedenen Projekten ein individuelles Coaching an. Wir arbeiten mit verschiedenen Vereinen, Schulen und Institutionen zusammen und werden auch von vielen Unternehmen vor Ort als Partner bei der Besetzung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen um Hilfe gebeten. Wer nimmt eure Dienste in Anspruch? Es sind vor allem zwei Zielgruppen, mit denen wir besonders eng zusammenarbeiten: die Zuwanderer aus der afrikanischen Community und die Gruppe der spanischsprachigen MigrantInnen. Außerdem bekommen wir immer wieder Anfragen von KünstlerInnen aus dem Ausland. Aus der klassischen Berufsberatung fällt diese Gruppe heraus. Deswegen haben wir die beiden Projekte "It’s Possible" und "Walk of Fame" entwickelt, in denen wir zugewanderten KünstlerInnen anbieten, sie ein Jahr lang intensiv zu begleiten, für Auftrittsmöglichkeiten sorgen und die Außendarstellung verbessern. Was gab 2007 die Motivation für den Start von Ayekoo?

Die Motivation unserer heutigen Mitarbeiter ist letztendlich immer noch die gleiche wie die der Gründer vor sieben Jahren. Sie hängt auch mit persönlichen Erfahrungen zusammen. Viele unserer Mitarbeiter sind nach ihrem Studium längere Zeit auf Reisen gewesen, haben einen Partner aus einem anderen Land, einer anderen Kultur. Sie haben selbst im Ausland gelebt und die Erfahrungen gemacht, wie schwer es ist, dort beruflich Fuß zu fassen. Im umgekehrten Fall, dass Zuwanderer aus dem Ausland in Berlin bzw. Deutschland Arbeit suchen, ist es zum Teil noch sehr viel schwerer. Es geht um Fragen der Anerkennung, um Fragen der individuellen Berufsfeldfindung, um Fragen der Bewerbungskultur – natürlich auch um sehr viele formelle Dinge. Dazu kommt das Thema der deutschen

Mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt mit Ayekoo Sprache. Hier haben Unternehmen, Institutionen und auch Vereine einen sehr perfektionistischen Anspruch. Das führt dazu, dass schon das Bewerben eine Qual für einen Zuwanderer ist – egal ob Fachkraft oder ungelernt. Hier eine Hilfestellung zu leisten ist unser Anliegen. Wie finanziert ihr eure Projekte? In unserer Projektarbeit sind wir natürlich immer von der Bewilligung von Geldern abhängig. Derzeit realisieren wir LSK- und PEB-Projekte. LSK steht für "Soziales Lokales Kapital". Das Programm unterstützt Projekte in Berlin finanziell, die den sozialen Zusammenhalt stärken und lokale Beschäftigungschancen verbessern. Das Förderprogramm "Partnerschaft-Entwicklung-Beschäftigung", kurz PEB, setzt auf die Stärkung lokaler Partnerschaften und will so neue Beschäftigungsfelder und -potenziale erschließen. Alle Projekte werden über den Europäischen Sozialfonds auf der einen und über bezirkliche Gelder auf der anderen Seite finanziert. Ein erstes großes PEB-Projekt hat Ayekoo im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf umgesetzt. Dort haben wir um die 300 Menschen aus etwa 90 verschiedenen

Ländern beraten. Daraus haben sich die verschiedenen Projekte entwickelt, die wir heute in den Bezirken Pankow, Neukölln, Spandau, Tempelhof-Schöneberg, Charlottenburg-Wilmersdorf umsetzen. Was war euch in den einzelnen Projektphasen wichtig in Bezug auf Ayekoo als Gesamtprojekt? Dass in den letzten Jahren, die durch Wachstum, aber auch Projektpausen, geprägt waren, die Grundidee unserer Arbeit nicht verloren gegangen ist. Die Menschen, die zu uns kommen, wollen arbeiten. Sie haben Ausbildungen, Sprachund Kulturkompetenzen, Qualifikationen und häufig einen anderen Blick auf Fragestellungen und Probleme. In diesem Sinne bereichert Zuwanderung die Gesellschaft und damit auch die Wirtschaft. Hier eine andere Form von Willkommenskultur zu prägen ist Antrieb für Ayekoo. Gibt es so etwas wie das "Herzstück" von Ayekoo? Das gibt es. Es setzt sich zusammen aus Respekt und Empathie für Menschen, einer ganzheitlichen Beratung von Zuwanderen, die die Erwerbsbiographie und Ausbildung im Herkunftsland berücksichtigt, der Konzentration auf einen beruflichen Einstieg auf dem ersten Arbeitsmarkt und nicht zuletzt der engen Zusammenarbeit mit lokalen und überreginoalen Unternehmen. Gibt es Pläne für die Zukunft? Das nächste Jahr wird nicht ganz einfach für kleine Vereine wie Ayekoo. Die ESFFörderperiode ist vorbei, alle unsere begonnenen Projekte laufen bis zum Sommer 2015 aus. Für die neue Förderperiode werden voraussichtlich erst 2016 Gelder fließen. Dies bedeutet, dass wir uns nach neuen Finanzierungsquellen umsehen müssen. Wir sind dabei, die Weichen zu stellen und hoffen uns im nächsten Jahr auch ohne ESF-Gelder behaupten zu können. Thematisch werden wir uns treu bleiben.

Mehr Informationen zu aktuellen Projekten und zum Verein: www.ayekoo.de

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Bildung

Musik liegt in der Luft Musikalische Früherziehung in der Kita

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örte Löber schlägt von Berufs wegen leise und laute Töne

Dörte Löber: Die Kleinsten besuche ich mit Gitarre und Handpuppen im Gruppenraum und singe und spiele leichte, eingängige Kinderlieder. Die Handpuppen nehmen ihnen die Scheu und animieren sie mitzumachen. Die Großen lernen Melodien auf dem Xylofon, klatschen Rhythmen nach, können das Walzertanzen erproben oder sich mit den ersten Schritten des Flöten- oder Gitarrenspiels vertraut machen. Wichtig ist Abwechslung und die richtige Mischung kindgerechter Angebote: Dazu gehört viel Rhythmik auf einfachstem Niveau, leichte Lieder mit lustigen Texten, das Heranführen an Noten, Kinderklassik mit Bewegung und Tanz, das Erzeugen von Dynamik, laut - leise, langsam - schnell.

an. Zusammen mit den kleinen „Gleimstrolchen“ unternimmt sie Ausflüge in die Welt der Musik. Seit über zehn Jahren ist die Musikpädagogin im klanglichen Einsatz in der Kita Gleimstrolche und kümmert sich um die musikalische Früherziehung der Kinder in Haus 1 und 2. Die Kita Gleimstrolche gehört zur Kubi-Kita-Gruppe – fünf Kindertagestätten mit kulturellem Profil in Pankow und Mitte. Im Interview gewährt uns Dörte Löber Einblick in ihre Arbeit. MITTENDRIN: Bestimmt ist es eine Herausforderung, Kinder ganz unterschiedlichen Alters musikalisch anzusprechen. Gibt es altersspezifische Angebote? Wie gehst du musikalisch auf die Kleinsten zu, und wie gewinnst du das Interesse der Großen?

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Gibt es musikalische Leitlinien, die deine Arbeit durchziehen? Da wäre an erster Stelle Hinwendung und Toleranz gegenüber den Kindern. Ich versuche, durch meine eigene musikalische Präsenz, bei den Kindern Freude am musikalischen Agieren zu erzeugen und sie so anzuregen, selbst aktiv zu werden. Das geht nicht ohne Humor und ohne die Vorgabe bestimmter Regeln. Außerdem ist mir ein empathisches Miteinander sehr wichtig. Hat sich im Laufe der Jahre viel verän-

dert? An deiner Arbeitsweise oder an den Angeboten? Natürlich wirken sich die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, auf meine Arbeit aus. Ich habe mich in den letzten zehn Jahren der kindlichen Art, Musik zu erfahren und auszuüben, angenähert. Am Anfang fehlte mir vielleicht ab und an die Gelassenheit und Toleranz, die ich jetzt verspüre. Heute geht es mir vor allem darum, dass die Kinder eine gute Zeit haben, in der sie stressfrei mit Musik in Berührung kommen und sich ausprobieren können. Was die Angebote angeht: Die Kinder können heute öfter mit Instrumenten hantieren. Früher bin ich von Raum zu Raum gezogen, da konnte ich nicht so viel mitnehmen. Jetzt haben wir einen eigenen Musikraum und damit viel mehr Möglichkeiten. Die Kinder spielen oft auch zwischendurch Gitarre oder Geige und sitzen am Klavier. Was dient dir als Inspiration für deine musikpädagogische Arbeit, wo findest du Anregungen und Materialien? Ich lese viel, höre Musik und mache mir Gedanken, wie man die Kinder erfreuen oder überraschen kann. Inspiration erhalte ich z.B. von Liedermachern wie Gerhard Schöne, Zirkus Lila oder Reinhard Lakomy. Oft finde ich Anregendes in Zeitschriften zur Musikpädagogik oder Online-Beiträgen zu diesem Thema. Aber auch der Blick


über den Tellerrand ist wichtig. Ich lese gerne Artikel über Psychologie, Verhaltenslehre und Hirnforschung. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang das Buch "Lernen und Gehirn", herausgegeben von Ralf Caspary. Es beleuchtet die Wechselwirkung von Pädagogik und Hirnforschung. Auf Grundlage dieser und anderer Theorien erarbeite ich konkrete Spiele, die das Interesse der Kinder an Musik wecken sollen. Was macht dir am meisten Spaß? Die Begeisterung der Kinder. Es ist immer sehr schön, wenn die Kinder Spiele oder Lieder gerne wiederholen möchten, weil sie ihnen gefallen, wenn sie stolz darauf sind, im Chor zu singen, wenn sie beim Spiel selbst Ideen entwickeln und Vorschläge machen. Seit kurzem gibt es – neben dem schon lange bestehenden gemischten Kinderchor – auch einen Knabenchor bei den Gleimstrolchen. Wie bist Du darauf gekommen, ihn ins Leben zu rufen? Die Idee, einen Knabenchor aufzumachen, kam mir im vergangenen Jahr. Zum einen, weil das gemischte Chorangebot von Jungen nur selten wahrgenommen wird, zum anderen, weil ich merkte, dass

sich einige Jungen, die daran teilnahmen, augenscheinlich nicht so wohl fühlten. Mir ist früher schon aufgefallen, dass die Musikstunde mit einer reinen Jungengruppe etwas anders funktioniert als eine Musikstunde mit Mädchen und Jungen. Die Jungen waren meist allein aktiver und auch leichter anzuleiten. Unser Knabenchor hat erst dreimal stattgefunden. Aber es gibt regen Zulauf. Wir haben gemeinsam Indianer- und Piratenlieder ausgewählt, die Jungs singen sie voller Freude und Enthusiasmus. Ich hoffe auf einen Auftritt beim nächsten KITA-Fest. Gibt es Pläne für die nahe Zukunft? Wir wollen mehr Garten-Musik machen! Mit einer Vorschulgruppe haben wir diesen Sommer ein Kräuterbeet gestaltet. Bei schönem Wetter treffen wir uns im Garten schauen uns gemeinsam die Pflanzen an, ich benenne die Kräuter, und die Kinder schnuppern und gießen. Dazu singen wir das Lied vom Kräuterbeet, das ich geschrieben habe. Im nächsten Frühling möchte ich in dieser Richtung noch mehr ausprobieren. Wir Stadtmenschen sollten es uns so grün wie möglich machen.

Interview: Frauke Niemann, Barbara Schwarz, Foto links: Ellen Nötzel, Fotos rechts: Frauke Niemann

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(Kiez-)Kultur

Zimmer 16

Kleinkunst ist Feinkunst

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tefan Greitzke ist Urberliner, Fotograf, Erzieher und Medienpädagoge. Er engagiert sich ehrenamtlich im Pankower Zimmer 16. Was es damit auf sich hat, verrät er uns im Gespräch.

MIITTENDRIN: Stefan, was verbirgt sich hinter dem „Zimmer 16“? Stefan Greitzke: Kein Hostel oder Gästezimmer, wie man vielleicht vermuten

Bodo Wartke im Zimmer 16

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Seit wann existiert dieser Kulturort, und was macht ihn besonders? Das Zimmer 16 wurde im April 2002 feierlich eröffnet. Vielleicht ist es der fortlaufende Wandel über die Jahre, der das Zimmer 16 ausmacht. Die ursprüngliche Idee war es, ein kleines Theater zu etablieren. Von Beginn an gab es Kindertheater mit drei bis vier Vorstellungen pro Woche. Bär heiratet Tabak – Eine Tschechow-Adaption Dazu drei offene Bühnen. Die erste, in der so ziemlich alle Genre erlaubt sind, wird könnte. Das Zimmer 16 ist eine Kleinseit Mai 2002 bespielt, unsere offene kunstbühne in der schönsten Straße PanLiederbühne kam ein knappes Jahr späkows, der Florastraße. Tja und es ist, wie ter hinzu, unsere offene Lesebühne dann der Name schon sagt, eben in der Num2009. mer 16 beheimatet.

Lesung mit Heinz Kahlau


Haben sich denn bestimmte Veranstaltungsformen im Laufe der Zeit eher durchgesetzt als andere? Über einige Jahre waren fünf Theatergruppen bei uns beheimatet, aber da es überwiegend Studentengruppen waren, lösten sie sich nach und nach wieder auf, und so mussten wir uns im Laufe der Zeit umorientieren und mehr Konzertveranstaltungen organisieren. Jetzt ist das Zimmer 16 eine Kleinkunstbühne mit einem großen Konzertanteil. Aber auch Lesungen und Theater gibt es nach wie vor. Der Konzertbereich ist durch bekannte Künstler aus Berlin, Deutschland und der ganzen Welt geprägt. Es gibt jährlich im November die Weltmusiktage. Von 2005 bis 2011 gab es jeweils im Januar und Juli die Klezmertage Pankow. Wir haben viele hundert Auftrittsanfragen monatlich, die leider nicht alle angenommen werden können. Das klingt nach einer Menge Herzblut aber auch nach einem enormen organisatorischen Aufwand? Ja! Das Zimmer 16 wird vom "Förderverein MIKADO" e.V. betrieben. Alle arbeiten ausschließlich ehrenamtlich. Es gibt Leute, die täglich vor Ort sind und die Veranstaltungen betreuen, die das Booking machen, sich um den Einkauf kümmern, um die Öffentlichkeitsarbeit und nicht zuletzt um die Finanzen. Eben um alles, was zu einem kompletten Veranstaltungsbetrieb gehört. Kultur hat es ja meistens schwer, oder wie Karl Valentin sagt „Kultur ist schön, macht aber viel Arbeit“. Wie steht es um die Förderbedingungen, speziell in Berlin? Wie sind eure Erfahrungen? Na ja, da hat der gute Karl Valentin ganz recht. Wir haben es mehrmals am eigenen Leib erlebt, dass so kleine Spielstätten nicht als förderungswürdig angesehen werden. In den mehr als zwölf Jahren haben wir vielleicht rundgerechnet 9000 Euro vom Bezirk als Förderung und Unterstützung erhalten.

Aber eben auch unglaublich viele Ablehnungen von Senat und Bund. Das Fördergeld war immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, und es gab mehrere Situationen, in denen das Zimmer 16 vor dem Aus stand und nur durch persönliches finanzielles Engagement gerettet werden konnte. Wie wichtig ist denn Kreativität neben Durchhaltevermögen und dem persönlichen Einsatz, den du beschreibst, um in der Kulturlandschaft als kleiner Player bestehen zu können? Einiger Kreativität bedarf es natürlich, um immer wieder neue Finanzierungsideen auszubrüten, aber natürlich muss es auch ein großes Maß an Kreativität bei der inhaltlichen Gestaltung des Programms geben. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass das Publikum dem Zimmer 16 auf immer verbunden ist und uns dauerhaft die Türen einrennt. Was ist das Wichtigste für euch? Das wesentlichste Ziel ist das Weiterbestehen. Als letzte Kultureinrichtung im Ortsteil Pankow, die tägliches und vielseitiges Veranstaltungs-, Workshop- und Probenangebot unterbreitet.

www.zimmer-16.de Fotos: Stefan Greitzke

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(Kiez-)Kultur

KOLUMNE

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Der Springende Punkt macht Urlaub

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allöle, alle mal herhören …

… da bin ich wieder. In meinem vorigen Bericht hab ich Euch, meine liebe Leserschar, von meinem Urlaub erzählt, wa? War ja traumhaft, muss ich Euch sagen. Ich habs richtig genossen! Was ich aber noch nich erzählen konnte, das war das Ende vom Lied, ähhh, vom Urlaub natürlich. Das war wohl – wie der Volksmund sagt – „dat Jelbe von´s Ei“! Da lieg ich am letzten Abend noch einmal verträumt auf der Wiese am See, die Augen geschlossen, döse so vor mich hin, denke an nix Besonderes. Und plötzlich wird es um mich herum so farbig … erst gelblich, dann rötlich, dann orange. Hej, war das ein wunderschöner Sonnenuntergang! Was hat sich die Natur denn da als Höhepunkt meiner Ferien für mich ausgedacht, hi,hi,hi. Das is ja sozusagen der „i-Punkt“ dieser schönen Tage. Froh und glücklich bin ich dann am späten Abend heimwärts gefahren. Ein paar Tage danach war ich wiedermal in unserer "Zentrale", der Danziger 50. Wie ich so durch die Auslagen und Aushänge stöber, das eine oder andere Blättchen und Heftchen an mich reiße, fällt mir doch ein Kärtchen in die Hand mit der Aufforderung, an einem Fotowettbewerb

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teilzunehmen. Es dauerte einen Momang, bis ich „ORA“ und „NGE“ zu „ORANGE“ gedanklich zusammengefummelt hatte. Und woran dachte ich? Natürlich an meinen schönen Sonnenuntergang. Och nee, hätt ich den doch knipsen und mich am Wettbewerb beteiligen können! Da war ich amtlich sauer! Ein wenig tröstete mich dann doch die Rückseite des Blattes; dort war der Einsendeschluss auf den 31. August festgelegt. Aber es war schon der 4. September. Es dauerte einige Zeit, da fiel mir das Kärtchen wieder in die Hände. Nun war ich aber neugierig geworden. Ich wollte mehr erfahren über den orangen (oder orangenen?) Fotowettbewerb und rief im Internet die Startseite des Kulturvereins auf. Doch was is das??? Is das denn die richtige Seite? Ein breiter Streifen in Orange? Bin ich etwa bei easyJet ,gelandet´ oder bei der BSR? Die sind doch orange! Nein, da steht es doch: „Kulturverein Prenzlauer Berg“. Ich bin richtig, nur mein ehemals blaues Mäntelchen is jetzt weiß, ebenso auch das „KV“-Logo! Na, ich muss zugeben, unser neues „Aushängeschild“ kommt recht freundlich daher! Vielseitig und interessant zu lesen über unseren Verein und seine Mitglieder, Betriebe und viel Anderes mehr. Auch schöne Bilder. Mann, da hat aber Eine oder Einer eine mächtig kreative Ader kucken lassen! Und jetzt wird mir auch der Zusammenhang klar: Das is der Aufhänger für den Fotowettbewerb! Natürlich: „Alles orange“. Und es sind sehr viele Bilder mit unserer neuen Farbe entstanden und eingeschickt worden. Ich freue mich, dass die Auswahl der Preisträger nich von mir getroffen werden musste. Danke allen, die sich beteiligt haben. Und der Sieger? Na, da hat doch tatsächlich jemand etwas zeitiger den gleichen Gedanken gehabt wie ich und … den Wettbewerb gewonnen! Die „Glücksgefühle“ haben gesiegt. „Mein“ Sonnenuntergang! Oder war es ein Sonnenaufgang? Keine Ahnung. Aber ein tolles Bild. Nur schade, dass es nich von mir is. Ich gratulier dem Knipser trotzdem ganz, ganz herzlich zum Sieg und zum Gewinn der Kamera. Das war´s dann für heute. Wenn ich mich das nächste Mal melde, haben wir Weihnachten schon hinter uns; oh, wie die Zeit vergeht. Na, der nächste Urlaub kommt bestimmt!

Ich spring dann mal wieder los …

„Orange, neue Farbe, ich überall seh", doch grau ist der Springende Punkt vom KVPB. (pad)


Neue Selbsthilfegruppe

Jung und abstinent in Berlin

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eit Anfang Oktober gibt es ein neues Angebot im ZENTRUM danziger50: die offene Selbsthilfegruppe "Jung & Abstinent in Berlin" (JAB). Sie richtet sich an junge Abstinente mit Interesse an Theater und Kultur. Gründer und Moderator der Gruppe ist Ronny Sydow: „Ich bin selbst suchtkrank und habe nach einer Langzeittherapie festgestellt, dass es für junge Leute in Berlin kaum Selbsthilfeangebote gibt." Selbsthilferegister oder Suchtberatungsstellen verweisen auf Gruppen wie "Vista", die "Guttempler" oder die "Anonymen Alkoholiker". Hier fühlt sich aber nicht jeder gut aufgehoben: „In der ersten Gruppe, die ich besucht habe, waren die Teilnehmer deutlich älter als ich, 35 Jahre aufwärts. Da ist es für einen jungen Mann Mitte 20 sehr schwer, sich zu öffnen und Vertrauen zu gewinnen. Und der Anschluss nach einer Langzeittherapie ist für Abstinente sehr wichtig", erklärt Sydow. „Daher habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, um selbst etwas auf die Beine zu stellen. Zusammen mit dem Kulturverein Prenzlauer Berg, der JAB zweimal wöchentlich kostenlos einen Raum im ZENTRUM danziger50 zur Verfügung stellt und mir im Vorfeld beratend zur Seite stand, ist mir das gelungen. Die Gruppe hat mittlerweile 25 Mitglieder. Das Angebot wird gut angenommen, die Nachfrage ist da." JAB ist für jeden offen, möchte aber hauptsächlich jungen Abstinenten eine Anlaufstelle bieten. Dabei umfasst Abstinenz mehr als Alkoholabstinenz. „Es gibt auch Leute, die sind abstinent vom Rauchen oder von der Magersucht. Wir richten uns generell an Suchtkranke und sind auch sehr bedacht darauf, dass wir alle ein-

binden", betont Sydow. "Jung & Abstinent" ist eine dialoge Gruppe. Das heißt, jeder hat das Recht, seine Meinung und seine Wünsche zu äußern. In monologen Gruppen gibt es immer einen Moderator, der durchgehend das Wort hat, der bestimmt, wer zu sprechen hat. „Das ist es, was viele abschreckt", so Sydow. Zwar gibt es auch in dialogen Gruppen einen Moderator, er erfüllt aber eine andere Funktion. „Es geht vor allem darum, darauf zu achten, dass sich alle mit Respekt behandeln, beim Thema bleiben und sich ausreden lassen, die Absprachen einhalten. In den Konsumzeiten ist es so, dass man wirklich alle Regeln außen vorlässt. Man unterbricht Strukturen, begeht Fehler, nimmt die Konsequenzen dafür in Kauf. Und um die Suchtkrankheit zu bekämpfen, ist es ganz wichtig, Regeln nicht zu ignorieren." Das fängt schon bei der roten Ampel an. Das Ignorieren ist eine Widerspiegelung der Konsumzeit und damit auch eine Suchtgefährdung. Regelbruch erzeugt eben auch Druck im Kopf: Man kriegt ein schlechtes Gewissen. Schlechtes Gewissen heißt Verdrängung, heißt Konsum. „Sicher ist das Wissen um diese Zusammenhänge auch ein Grund, warum das Gespräch in der Gruppe reibungslos funktioniert“, sagt Sydow. Die Gesprächsrunden sind der eine Teil von "Jung & Abstinent". Der andere beruht auf der Überlegung, dass es im abstinenten Leben besonders wichtig ist, sich zu beschäftigen, wieder Spaß an Dingen zu entwickeln, etwas auf die Beine zu stellen. Deswegen begreift sich JAB auch als kulturelles Forum, das künstlerische Aktivitäten unterstützt. Es gibt viele Abstinente, die versteckte Talente oder künstlerische Ambitionen haben, die sie in Zeiten des Konsums nicht weiterentwickeln und ausleben konnten. „Da wollen wir anknüpfen und die Lust an Musik, Theater, Schreiben oder anderen Kunstaktivitäten wieder wecken, zumal uns das ZENTRUM danziger50 als langjähriges Veranstaltungshaus eine perfekte Plattform dafür bietet.“ Das persönliche Anliegen von Ronny Sydow ist es, mit JAB ein aufklärendes Theaterstück zu schreiben – ein Langzeitprojekt, bei dem jeder Teilnehmer mitarbeiten kann. (fn/bs)

Foto : Ronny Sydow privat

Jung und abstinent in Berlin | Offene Selbsthilfegruppe | Sonntag, 14:00 Uhr, Donnerstag, 16:00 Uhr im ZENTRUM danziger50, 10435 Berlin Seminarraum im Dach

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(Kiez-)Kultur

Vorgestellt: Abgeordnete aus dem Kiez Stefanie Remlinger, Bündnis 90/Die Grünen, Wahlkreis 9

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iese Serie stellt Frauen und Männer vor, die es 2011 zum ersten Mal geschafft haben, als Abgeordnete in das Berliner Parlament einzuziehen und deren Wahlkreise im Ortsteil Prenzlauer Berg liegen. Stefanie Remlinger, Bündnis 90/ Die Grünen, gehört zu diesen Abgeordneten. Wir treffen uns im ZENTRUM danziger50 zu einem Gespräch. „Für mich war der Wahlabend besonders spannend. Ich war auf einem Listenplatz, der im Laufe des Abends immer mehr ins Wackeln

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kam. Ich wurde natürlich nervös. Als es dann endlich feststand, dass ich es geschafft hatte, war ich sehr erleichtert.“ Stefanie Remlinger spricht ruhig und gelassen. „Ich wäre maßlos enttäuscht gewesen, hätte ich es nicht geschafft. Nach all der Härte im Wahlkampf möchte man die Früchte ernten.“ Die Neuen wurden gleich in die parlamentarische Arbeit einbezogen, eine Schonzeit gab es nicht. „Meine Zeit in der Bezirksverordnetenversammlung Pankow, von 2006 bis 2011, hat mir sehr geholfen, mich in die Abläufe im Parlament hineinzufinden.“ Stefanie Remlinger, geboren 1970 in Ellwangen (Baden-Württemberg), studierte nach dem Abitur in Würzburg und Passau Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien. Sie ist Diplom-Kulturwirtin, lebt seit 1999 in Berlin. Die Stadt interessierte sie besonders, weil hier nach der Wiedervereinigung zwei unterschiedliche Kulturräume zueinander finden mussten. Diese Unterschiedlichkeit durchzog alle Bereiche des gesell-


schaftlichen und persönlichen Lebens, natürlich auch die Sprache. In Berlin prallten zwei Welten aufeinander. „Das war natürlich hautnah zu spüren, und so habe ich mich von Anfang an mit interkulturellen Fragen beschäftigt“, sagt Remlinger. Es war ihr ein Dorn im Auge, dass die Westdeutschen so wenig über den Osten wussten. „Auch ich hatte den eisernen Vorhang im Kopf, dachte, dahinter ist alles grau. Und ich wollte nachprüfen, ob das tatsächlich der Fall war.“

»Auch ich hatte den eisernen Vorhang im Kopf« Stefanie Remlinger wurde 2004 Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Was waren die Gründe für diese Entscheidung? „Friedenspolitik, soziale Gerechtigkeit, Bürgerrechte bilden wichtige Grundsäulen grüner Politik. Hinzu kommen natürlich die großen ökologischen Fragen des 21. Jahrhunderts, die der Lösung harren. Es war nicht die Frage, in welche Partei ich gehe. Da gab es für mich keine Zweifel. Die Wahl stand fest.“ Ende 2012 wurde Stefanie Remlinger zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden ihrer Partei gewählt. Sie ist Sprecherin für Bildungs- und Haushaltspolitik sowie für berufliche Bildung, vertritt die Fraktion in den Ausschüssen Bildung, Jugend und Familie und im Hauptausschuss. In dieser Aufzählung darf die Wahlkreisarbeit nicht fehlen. „Ich habe in der Tat die Ehre, ein ganzes Verantwortungsbündel zu tragen. Im Hauptausschuss bin ich für den Bildungshaushalt zuständig. Ich bin die Bildungspolitikerin, die vielleicht auch weiß, wo man tatsächlich Geld holen kann.“ Remlingers Stimme drückt Selbstbewusstsein aus.

Bildung in den Fokus rücken Es ist ihr ein besonderes Anliegen, die berufliche Bildung in den Fokus zu rücken, damit junge Menschen jede Unterstützung bekommen, um über die bestehenden Berufschancen bestens informiert zu sein. Stefanie Remlinger hat sich stark dafür eingesetzt, dass es demnächst Jugendberufsagenturen in Berlin geben wird. Sie hat einen runden Tisch für berufliche Bildung initiiert, lange Gespräche mit Partnern geführt, um Vertrauen aufzubauen. Es dürfe nicht länger sein, dass die Unternehmen sagen, die Schulen seien an der Lehrstellenmisere Schuld, und die Schulen sagen das Gegenteil. Es müsse Schluss sein mit der Vorstellung, dass derjenige, der in der Allgemeinbildung Schwierigkeiten hat, in die Berufsausbildung geht. Deshalb gehören alle Partner an einen Tisch. Besondere Bedeutung misst Stefanie Remlinger dem dualen System, das heißt der Einheit von theoretischer und praktischer Ausbildung, zu. Das gelte für alle Bereiche der Bildung. Es müsse zur

Selbstverständlichkeit gehören, dass Menschen mit großer Berufserfahrung auch ohne Abitur an Hochschulen studieren können.Die Situation an den Berliner Schulen ist höchst unbefriedigend. „In diesem Jahr mussten 2600 neue Lehrer eingestellt werden, eine Folge des demografischen Wandels. Man hat an verantwortlicher Stelle zu lange die Augen davor geschlossen. Im nächsten Jahr brauchen wir wieder 1700 bis 2000 neue Lehrkräfte“, sagt Remlinger mit großer Entschiedenheit. Die Einstellung von Quereinsteigern in den Lehrerberuf könne eine Hilfe sein beim Abbau der Probleme. „Ich habe früh gesagt, es kann auch eine Chance für Schulen sein, mit Quereinsteigern zu arbeiten.“ Stefanie Remlinger war aktive Fußballerin, Libero, berichtet sie stolz. Im Fußball kommt es, wie in jeder Mannschaftssportart, darauf an, sich in den Dienst des Teams zu stellen. Das Zusammenspiel mit den anderen ist für den Erfolg verantwortlich. Das trifft auch auf die Politik zu. Die Zusammenarbeit in der Fraktion und mit anderen Fraktionen muss klappen, um erfolgreiche Arbeit zu leisten.

»Ja, ich habe noch Freunde, die nichts mit der Politik zu tun haben« Dabei ist der Arbeitstag für jeden Einzelnen lang. Oftmals muss auch das Wochenende genutzt werden, um Termine wahrzunehmen oder schriftliche Arbeiten zu erledigen. „Ich arbeite in der Tat sehr viel. Aber ich versuche, einen Ausgleich zu finden. Mit großer Freude betätige ich mich als Kleingärtner, und ich gehe gern raus ins Grüne.“ Stefanie Remlinger lächelt. „Ja, ich habe noch Freunde, die nichts mit der Politik zu tun haben.“ Sie sagt, sie sei nicht der Typ, der nur für die Schublade arbeitet, will aus der Opposition heraus viel verändern. Dazu findet Remlinger auch den Weg in die Senatsverwaltungen und stellt dort ihre Konzepte vor. In zwei Jahren finden die nächsten Abgeordnetenhauswahlen statt. „Ich habe auf jeden Fall vor, dann wieder für das Abgeordnetenhaus zu kandidieren“, sagt sie zum Schluss. „Man braucht schon zwei, drei Jahre, um in der Landespolitik Fuß zu fassen.“ Also werden sich Gelegenheiten ergeben, mit Stefanie Remlinger weitere Gespräche zu führen. Text: Claus Utikal, Foto: Stefanie Remlinger privat Autoreninfo: Claus Utikal, 1949 in Görlitz geboren, ist DiplomKulturwissenschaftler. Er war Lektor für Medien und Sport im Funkhaus Berlin und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit für TheMa e.V. Aktuell ist er als Autor und freiberuflicher Publizist tätig.

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Das Letzte

Bilderrätsel Wat? Wo steht denn ditte? » Wer nach dem Buchmessemonat Oktober keine Allergie gegen Lesestoff entwickelt hat, kann es gefahrlos wagen, einen vorsichtigen Blick auf die rechte Seite zu werfen. In aufrechter Pose sitzt da ein steinerner junger Mann, auf seinen Beinen eines dieser buchstabenlastigen Exemplare, sein Blick in die Ferne gerichtet.

Wir sprechen in Rästeln? Ganz genau: in Bilderrätseln. Der lesende Knabe, den wir suchen, hat sich ein idyllisches Plätzchen in Weißensee ausgewählt. Hinter ihm viel Grün, in der Nähe ein malerischer kleiner Tümpel, der von Trauerweiden eingerahmt wird und aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Ganz so jugendlich ist der "Knabe" allerdings nicht mehr, seit über dreißig Jahren sitzt er kerzengerade und konzentriert auf seinem Stein. Sie wissen, wo diese Bronzestatue steht und wer sie erschaffen hat? Dann zögern Sie nicht, uns an Ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Ihre Lösung senden Sie bitte bis zum 16. Januar 2015 an mittendrin@kvpb.de. Unter allen Mitratern verlosen wir ein Neujahrsüberraschungspräsent. Des Rätsels Lösung: In der letzten Ausgabe haben wir das Heinrich-BöllDenkmal in der Greifswalder Straße gesucht, das seit 1996 vor der gleichnamigen Bibliothek steht. Ein Werk des Bildhauers Wieland Förster. (fn) Fotos: Frauke Niemann

MitTENDRINmachen Die MITTENDRIN ist das kostenlose Kiezmagazin des Kulturverein Prenzlauer Berg e.V. Es erscheint alle zwei Monate in einer Auflage von 2.000 Stück. Wir freuen uns über jede Wortmeldung – ob Alltägliches oder Kurioses, kleine oder größere Aufreger, Lob oder Kritik. Ganze Artikel sind genauso willkommen wie Themenvorschläge, Leserbriefe, Hinweise auf inspirierende Lektüre oder spannende Veranstaltungen in Prenzlauer Berg. Aktuelle und vergangene Ausgaben finden Sie hier: www.kvpb.de/mittendrin.

Der Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist der 16. Januar 2015. Ihre Beiträge senden Sie bitte an: mittendrin@kvpb.de.

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Impressum Herausgeber: Kulturverein Prenzlauer Berg e.V., Danziger Str. 50, 10435 Berlin | Redaktion: Barbara Schwarz (bs), Frauke Niemann (fn) | ViSdP: Der Vorstand | Grundlayout: Edmund Cekanavicius | Gestaltung: Frauke Niemann |

Redaktion MITTENDRIN Barbara Schwarz | Frauke Niemann Danziger Straße 50 10435 Berlin Tel: 030/43 20 20 67 | 030/34 62 35 40 Mail: mittendrin@kvpb.de


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