ZKO OPUS I Saison 2021/22

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D I E B R E M E R S TA DT M U S I K A N T E N

ICH ERZÄHLE INWENDIG, NICHT AUSWENDIG Seit vielen Jahren zieht Jolanda Steiner junges und jung gebliebenes Publikum mit ihren Märchenkonzerten in ihren Bann. Im Gespräch denkt sie über Gemeinsamkeiten zwischen sich und dem ZKO, aber auch zwischen Märchen und Musik überhaupt nach. TEXT FELIX MICHEL

Bedrohungen und Prüfungen gehören zu einem guten Märchen ebenso dazu wie das glückliche Ende. Vielleicht schöpft Jolanda Steiner aus diesem Wissen die Zuversicht, die sie auch nach anderthalb Corona-Jahren ausstrahlt. Denn Steiner ist ja Märchenerzählerin. Etwas ist ihr klar geworden bei all den Streamings, die auch sie seither gemacht hat: Da rücke man als Erzählerin automatisch in den Mittelpunkt. Ihr Ideal hingegen wäre, die Aufmerksamkeit gleichsam durch sich hindurch zur Geschichte, zur Musik und zu den Bildern zu lenken. Darin, so habe sie gemerkt, gleiche sie den klassischen Musikerinnen und Musikern, denen es nie bloss um die eigene Begabung, sondern immer ums Werk, ums Resultat geht. Und wie jene möge auch sie das Feilen an Details, z.B. an den Abläufen, welche sie in regelrechten Drehbüchern festhält. Wobei sie sich gleichzeitig viele Freiheiten nehme, wie sie erheitert anfügt. Überhaupt erzähle sie heute viel freier und humorvoller als damals, als sie vor über drei Jahr-

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zehnten von der Kindergärtnerin zur professionellen Märchenerzählerin wurde. «Ich erzähle inwendig, aber nicht auswendig» – im Wissen darum, dass schon die Brüder Grimm ihre gesammelten Stoffe umgeformt und bloss notgedrungen fixiert haben. Klamauk und Ironie dagegen vermeidet Steiner. Zumindest Kindern gegenüber, denen die Begegnung mit Bekanntem wichtig ist. Gerade das Archetypische und Rituelle gefalle ihnen an den Märchen und mache es erst möglich, sie zum Mitgehen und Mitmachen zu bewegen. Ganz natürlich werden die Kinder dabei mit klassischer Musik vertraut: Aus der musikalischen Darstellung einzelner Figuren wird stets eine kleine Instrumentenkunde. Und zu merken, dass ein bekanntes Lied auch instrumental erklingen kann oder wie viele Instrumente gemeinsam harmonieren können, weckt ganz unmittelbares Interesse. Das gelinge mit dem ZKO immer besonders gut, schwärmt Steiner und lobt die Flexibilität ihrer Mitstreiter, an erster Stelle den Bratschisten Pierre Tissonnier, der nie verzagt, wenn er in kürzester Zeit noch ein Lied arrangieren soll.


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