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Rund um die Stadt
R U N D U M D I E STADT R U N D U M D I E STADT
Den urbanen Tourismus treffen die Einschränkungen im Zuge der Coronakrise besonders hart. Deren Auswirkungen dürften noch länger zu spüren sein, deshalb ist man in den Städten auf der Suche nach neuen Strategien – auch in Innsbruck.
Text: Simon Leitner
Der Ausbruch von Covid-19 hat der Reisebranche mit einem Schlag eine Zwangspause verordnet. Auch urbane Destinationen mussten laufende wie geplante Kampagnen quasi von heute auf morgen einstellen, wobei man davon ausgehen muss, dass der Städtetourismus generell noch deutlich länger unter Corona und dessen Auswirkungen zu leiden haben dür e. Denn gerade jene Faktoren, die ihn auszeichnen – Internationalität, mehr Diversität bei den Märkten und ein hoher Anteil an Geschä s- und Kongressreisenden –, sind nun, in Zeiten von Reisebeschränkungen und sogenannten „neuen Normalitäten“, problematisch. „Alle Aspekte, die sich normalerweise positiv ausnehmen, haben sich in der Krise mit voller Wucht gegen die Städte gewendet“, meint auch Norbert Kettner, Geschä sführer von Wien Tourismus. „Wir waren der erste Dominostein, der gefallen ist, und sind der letzte, der sich wieder aufrichten wird.“
KONSENS FINDEN Für urbane Tourismusdestinationen gehe es nun erst einmal darum, „den Sommer zu überleben“, sagt Kettner. Eine Normalisierung der Situation werde und könne ihm zufolge erst dann stattfi nden, wenn es einen Impfsto oder ein Medikament gegen das Virus gebe. Bis dahin müsse man sich allerdings auf besondere
NORBERT KETTNER, GESCHÄF TSFÜHRER WIEN TOURISMUS
Gegebenheiten einstellen und Lösungsstrategien fi nden, mit denen Ci -Tourismus trotz Aufl agen funktionieren könne. Ein großes ema dabei sei das ema Dichte, von dem beinahe alles Weitere abhänge. Kettner plädiert dafür, sektorale Ausnahmen zu scha en, in denen die Sicherheitsmaßnahmen nur eingeschränkt gelten, wie beispielsweise im ö entlichen Verkehr, wo die empfohlenen Abstände nicht immer eingehalten werden könnten. „Ich glaube, solche Zugeständnisse müssen wir uns auch in anderen Bereichen erlauben, weil die Gesellscha sonst nicht mehr aufrechtzuerhalten ist“, vermutet der Touristiker. Denn Menschen würden, sobald es möglich ist, wieder auf Reisen gehen und Live erlebnisse erfahren wollen – ganz egal ob in Kultur, Sport oder Freizeit. „Und dafür braucht es dann einen Konsens, wo wir möglicherweise mehr Kompromisse eingehen müssen – und wo nicht.“ Dadurch könne man nicht zuletzt wieder ein größeres Angebot für Gäste in Städten scha en, so Kettner – wobei klar sei, dass Gesundheit immer Vorrang habe.
EINE ANDERE SEITE Die Lage ist derzeit in vielen europäischen Städten ähnlich, auch die Tiroler Landeshauptstadt wurde nicht von der Krise verschont. Die Monate, in denen
die Reisebeschränkungen galten und voraussichtlich gelten, sind für Innsbrucks Tourismus normalerweise sehr wichtige, weil viele Kongresse, Kultur-, Sport- und Freizeitveranstaltungen in dieser Zeit stattfi nden. Heuer ist das aber natürlich anders. „Wir wollten gerade richtig durchstarten, mussten aber dann alles zurückfahren“, erklärt Karin Seiler, Geschä sführerin von Innsbruck Tourismus. „Für uns ist entscheidend, dass sich die Grenzen wieder ö nen, vor allem zu Deutschland und zur Schweiz. Ohne diese Märkte wäre es schwierig.“ Kurzfristig setzt man nun allerdings auch in Innsbruck erst einmal mehr auf den Inlandsgast. Unlängst wurde eine entsprechende Kampagne gestartet, die sich vor allem an heimische Gäste richtet, den Fokus
KARIN SEILER, GESCHÄFTSFÜHRERIN INNSBRUCK TOURISMUS
auf Sport- sowie Naturerlebnisse rund um die Stadt setzt und diese damit von einer anderen Seite zeigen möchte. „Ich brauche einem Österreicher nicht zu erklären, was das Goldene Dachl ist, das kennt er. Was er aber vielleicht nicht so gut von Innsbruck kennt, ist das ganze Drumherum, die Seen, Berge oder Hütten“, so Seiler. „Wir haben das Glück, dass wir in Innsbruck diese einzigartige Symbiose von Stadt und Natur haben, und diese stellen wir jetzt verstärkt in die Auslage.“
PAUSCHALEN UND PACKAGES Bei all den negativen Auswirkungen der Coronakrise auf den Tourismus sieht Seiler durchaus auch Chancen – zumindest für Tiroler, die nun die Möglichkeit haben, ihre Landeshauptstadt richtig kennenzulernen oder neu zu entdecken. Diverse Pauschalangebote wie Ci -Cards sollen dabei helfen, sie nach Innsbruck zu locken. „Damit möchten wir auch Einheimischen schmackha machen, mal wieder eine Zeit in der Stadt zu verbringen“, sagt Seiler. Denn das Gute liege ja o näher, als man denkt.
„Es wird ein Umdenken stattfinden“
Der Kongresstourismus spielt für viele Tiroler Städte und Regionen eine bedeutende Rolle. Veronika Handl vom Convention Bureau Tirol über die Tagungsbranche in Zeiten von Corona
Frau Handl, wie hat sich die Krise auf den heimischen Tagungstourismus ausgewirkt?
VERONIKA HANDL: Der Markt ist von einer Minute auf die andere vollständig zusammengebrochen, der Branche wurde die Geschä sgrundlage entzogen. Prognosen sprechen von einem Minus einzelner Betriebe von bis zu 80 Prozent über das Jahr gesehen.
SAISON:
Wird sich die Tagungsbranche auch auf lange Sicht än
dern? Ja, es wird in mancher Hinsicht ein Umdenken stattfi nden, vor allem hinsichtlich Erreichbarkeit und Nachhaltigkeit. Man hat sich nun an diverse Onlinetools gewöhnt, weswegen vor allem kleinere Meetings voraussichtlich weiterhin virtuell stattfi nden und internationale Tagungen verstärkt auf eine Kombination aus digitalen und analogen Mitteln setzen werden, um sowohl eine größere Zuhörerscha als auch Speaker weltweit einbinden zu können.
Was bedeutet das für entsprechende Betriebe? Convention-Anbieter werden ihr Angebotsportfolio überarbeiten und an die neuen Anforderungen anpassen, also Businessmodelle entwickeln, in denen vor allem auch virtuelle Möglichkeiten berücksichtigt werden. Flexibilität, Optimismus und Lösungsorientierung sind jedenfalls, nicht nur jetzt, die Erfolgsrezepte.