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Wie aus Krisen Chancen werden
WIE AUS CHANCEN
KRISEN WERDEN
Der Hausverstand legt nahe, dass jede Talfahrt in einem Aufwärtstrend münden kann. So bergen auch Krisen Chancen. Doch diese zu ergreifen ist oft schwer: Nicht nur muss das Potenzial an sich erkannt und genutzt werden, auch die Krise selbst gilt es mit Bedacht zu meistern.
Text: Daniel Feichtner
Als einen „schwarzer Schwan“ beschreibt Harald Schi die Pandemie, die weltweit um sich grei . „Europäer waren einst überzeugt, alle Schwäne seien weiß“, erklärt der Geschä sführer der auf Krisenkommunikation spezialisierten Agentur Clavis den Vergleich. „Deswegen zog niemand die Existenz schwarzer Schwäne in Betracht – bis die Gattung in Australien entdeckt worden ist.“ Und ein schwarzer Schwan ist auch Covid-19: etwas bislang Undenkbares, ein Worst-Case-Szenario, auf das nicht nur niemand vorbereitet war, sondern das auch noch niemand in dieser Form erlebt hat.
FEHLENDE ERFAHRUNGSWERTE Das macht den Umgang mit der Situation schwierig: Es gibt keine Vergleichsgrößen. „Eine Krise ist immer ein Ruf nach Veränderung“, sagt Schi . „Sie deckt gnadenlos Fehler in Prozessen auf. Deswegen ist es die große Herausforderung, den Blick nach innen zu richten und die zur Abwendung notwendigen Maßnahmen herauszudestillieren.“ Wie drastisch diese ausfallen, ist situationsabhängig. Man könne das nötige Minimum tun – oder sich au auend auf den Einsichten komplett neu erfi nden. Gibt es keine vergleichbaren Ereignisse, bleibt nur, Situationen zu analysieren, die in bestimmten Aspekten ähnlich waren – Epidemien und Kriegsgeschehen, die Ressourcenknappheit erzeugt haben, oder Vorfälle, die das Ansehen einer Branche schwer geschädigt haben – um daraus zu extrapolieren. „Und natürlich muss das täglich neu Gelernte in die Maßnahmen →
„Wir sitzen alle im selben Boot. Einem Kunden gegenüber ehrlich, offen und verständnisvoll zu sein, nimmt einer Situation die Schärfe und kann sogar zusammenschweißen.“
NATALI BRANDIS, KRISENBERATERIN, PARTNERIN KEKST CNC
To-do-List Stillstand macht Raum, um sich auf Dinge zu konzentrieren, die normalerweise links liegenbleiben. „Gerade diese ‚gewonnene Zeit‘ sollte man nicht ungenutzt verstreichen lassen“, ist Tourismusberater Josef Schmid überzeugt. „Denn wer jetzt entrümpelt, hat einen umso besseren Start.“ Deswegen empfiehlt er, den Blick nach innen zu richten und sich mit ein paar grundlegenden Themenkomplexen und Fragen auseinanderzusetzen:
Wie steht es um meine Kundenkommunikation? Können Newsletter angepasst werden? Besteht aktuell die Chance, auch ganz werbefrei den bislang vernachlässigten Kontakt zu meinen Gästen zu suchen?
Wie gestaltet sich meine Erreichbarkeit? Ist meine Webpräsenz up to date und mein Buchungsprozess bedienerfreundlich?
Wie laufen meine internen Prozesse ab? Lohnt es in der aktuellen Situation, Kontakt zu Lieferanten aufzunehmen, Lieferketten zu optimieren oder vorauszuplanen?
Ist mein Fokus noch authentisch? Ist das, was ich meinen Gästen biete, auch das, was mich selbst interessiert und wo meine Kompetenzen liegen?
Gibt es Angebote, die mich schon immer gereizt haben, zu deren Planung oder Umsetzung bislang aber immer die Zeit gefehlt hat?
einfl ießen“, sagt der Kommunikationsexperte. „Dazu gehört auch, immer zurückzublicken und ganz transparent zu sagen: ‚Die Entscheidung wurde so getro en, weil unser Wissensstand entsprechend war. Heute wissen wir mehr und entscheiden deswegen anders‘.“
EHRLICH UNWISSEND Auf Transparenz und Kommunikation pocht auch Natali Brandis. Sie ist Krisenberaterin des weltweit agierenden Kommunikationsberaters Kekst CNC. „In diesem Drang zur Selbstbetrachtung liegt der Wert einer Krise“, sagt sie. „Der kann nur durch Kommunikation genutzt werden. Doch man neigt dazu, lieber gar nichts als etwas Falsches zu sagen.“ Damit vergebe man sich eine große Chance, egal ob als Unternehmer oder als Entscheidungsträger. In einer solchen Situation gelte, ganz o en zu kommunizieren – auch, dass man aktuell etwas nicht weiß. Sei es, wie lange eine nationale Maßnahme andauern soll, oder wie es um die Rückerstattung einer Buchung steht.
Gerade Kunden und Mitarbeitern gegenüber müsse man aber auch immer kulant und „menschlich“ agieren. Denn darin liege eine der großen Gefahren von Krisensituationen: verunsicherten Menschen als starre Organisation zu begegnen, anstatt auf Augenhöhe miteinander zu sprechen. „Wir sitzen alle im selben Boot“, sagt Brandis. „Einem Kunden gegenüber ehrlich, o en und verständnisvoll zu sein, nimmt einer Situation die Schärfe und kann sogar zusammenschweißen.“ Wer sich in einer solchen Situation richtig verhalte, könne seinen Kundenstamm nicht nur erhalten, sondern unter Umständen auch neue Stammkunden gewinnen.
EIN GUTER START Proaktive Maßnahmen zu tre en und transparent zu kommunizieren, liefert so das essenzielle Fundament. Darauf gilt es aufzubauen, weiß Tourismusberater Josef Schmid: „Wir gehen davon aus, dass Covid-19 mittel-, wenn nicht sogar langfristig fi xer Bestandteil der Tourismusbranche sein wird. Deswegen müssen wir jetzt den bestmöglichen Start in diese ‚neue Zukun ‘ bekommen.“ Gerade weil aktuell noch die meisten Betriebe komplett stillgelegt sind, gilt es, diese Zeit zu nutzen, sich interne Prozesse näher anzusehen und bereits bekannte Kritikpunkte noch einmal genau ins Auge zu fassen. „Natürlich wird niemand jetzt große Investitionen tätigen“, ist sich Schmid bewusst. „Aber die Homepage oder den Buchungsprozess zu überarbeiten, auf den man von Stammgästen schon mehrfach angesprochen worden ist – dafür ist jetzt Zeit.“ Aktuell sieht er den idealen Moment, um sich mit Ideen auseinanderzusetzen, die jeder schon länger mit sich herumschleppt: Neuorientierungen, Konzepte zu schärfen oder seinen eigenen Fokus neu zu defi nieren tue nicht nur dem Betrieb, sondern der gesamten Branche gut.
SELBSTBESINNUNG „Covid-19 zwingt uns zu der Chance, unseren Hochleistungswahn endlich zu reduzieren“, ist sich Schmid zudem sicher. „Wir alle können ein wenig Entschleunigung brauchen. Und jetzt ist der Moment dafür.“ Anstatt nach der eierlegenden Wollmilchsau zu suchen, können sich Betriebe so wieder auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Und das werde sich auch später bezahlt machen. Denn: „Die Reisebranche wird
sich stark verändern“, sagt Schmid. Der Bedarf an Hygienemaßnahmen und sozialer Distanz, egal ob bei der Anreise oder am Urlaubsort, wird wohl beispielsweise bald zum Zünglein an der Waage werden.
Diese Bedürfnisse können durch entsprechende Angebote oder durch subtile bauliche Maßnahmen, wie breitere Rezeptionstheken oder farbliche Designs, die Abstände suggerieren und noch mehr, unterstützt werden. Wer das tut und das auch noch richtig kommuniziert, kann sich einen entscheidenden Vorsprung verschaffen und einen sehr guten Start hinlegen – ganz abgesehen vom Vertrauensbonus bei den Gästen. „Natürlich wird nicht jede Anpassung auf Anhieb richtig sein“, sagt Schmid. Aber wer sich um die Gesundheit seiner Gäste und Mitarbeiter sorge, könne wenig falsch machen. „Da dürfen wir nicht arrogant sein, sondern müssen zeigen, dass wir es ernst meinen. Denn wie heißt es so schön: Die Wellen können wir nicht stoppen, aber wir können lernen, zu surfen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Tirol mit seiner Erreichbarkeit und seinem Naturund Outdoorangebot zu den Gewinnern gehören wird.“
AUS DER ASCHE Tri das zu, sind die damit verbundenen Chancen gewaltig. Doch um sie nutzen zu können, müssen hohe Anforderungen erfüllt werden – eben mehr als das nötige Minimum. „Man denke an den österreichischen Weinskandal“, vergleicht Natali Brandis. „Statt, sich in Debatten, Rechtfertigungen oder Schuldzuweisungen zu verlieren, ist es damals zum Schulterschluss der Winzer gekommen.“ Anstatt nur auf Kritik zu reagieren, nahmen diese sie ernst und gingen drei Schritte weiter. Damit ist es gelungen, die Qualität – das ursprünglich größte Manko des österreichischen Weins – in seine absolute Stärke zu verwandeln.“ Dieses Kunststück sei absoluter Transparenz zu verdanken – „und dem Willen, sich neu zu erfi nden“, sagt Brandis. „Das hat es einer Branche ermöglicht, über sich hinauszuwachsen und anstatt ihren alten Status zurückzuerobern, völlig neue Märkte und Bereiche zu erschließen.“
„Covid-19 zwingt uns zu der Chance, unseren Hochleistungswahn endlich zu reduzieren. Wir alle können ein wenig Entschleunigung brauchen. Und jetzt ist der Moment dafür.“
JOSEF SCHMID, TOURISMUSBERATER
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