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Rumoren im Magen. Wie Lebensmittelunverträglich
Wenn der Bauch zwickt

Unverträglichkeiten sind unangenehm und mitunter schwer zu diagnostizieren. Mit der richtigen Behandlung können Betroffene sie aber meist gut in den Griff bekommen.
text: Katharina Wildauer
Die Unverträglichkeit von Milchzucker - Laktose - zählt zu den häufigsten Nahrungsmittelintoleranzen unter Erwachsenen.

Wenn nach dem Essen der Bauch drückt oder Übelkeit und Magenschmerzen plagen, können das typische Symptome für eine Unverträglichkeit sein. „Eine Nahrungsmittelintoleranz bedeutet, dass gewisse Inhaltsstoffe nicht so gut verträglich sind und bei den Betroffenen zu verschiedenen Beschwerden führen“, erklärt Hannes Gänzer, Facharzt für Innere Medizin am Bezirkskrankenhaus Schwaz.
Wichtig ist die Unterscheidung von Allergie, Intoleranz und Zöliakie. Alles sind Erkrankungen, die einer Diagnose und Behandlung bedürfen. Bei der Nahrungsmittelallergie treten unvermittelt
und potenziell lebensbedrohliche Symptome auf. Unverträglichkeiten machen sich primär im Magen-Darm-Trakt bemerkbar und sind weniger klar zuordenbar. Die Glutenintoleranz – Zöliakie – ist eine Sonderform der Nahrungsmittelallergie und eine chronische Autoimmunerkrankung.
univ. -doz. dr. Hannes Gänzer
Vorstand der Abteilung Innere Medizin am Bezirkskrankenhaus Schwaz
UNVERTRÄGLICH ODER ALLERGISCH?
Werden bestimmte Lebensmittel nicht oder weniger gut vertragen, kann das verschiedenen Krankheitsbildern zugeordnet werden.
Allergie
Die klassische Nahrungsmittelallergie löst klare und unmittelbare Reaktionen auf bestimmte Lebensmittel aus.
Allergische Symptome wie Atemnot, Gesichtsschwellung, Juckreiz oder Hautrötungen treten meist schnell nach dem Verzehr auf.
Rund zwei Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen. Besonders häufig sind Allergien auf Erdnüsse und Nüsse sowie Meeresfrüchte oder bestimmte Gewürze.
Intoleranz
Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind wesentlich häufiger als Allergien, sind jedoch schwieriger zu diagnostizieren. Man geht daher davon aus, dass rund die Hälfte der Bevölkerung an einer Intoleranz leidet.
Zu den Symptomen zählen vor allem jene im Bereich des Magen-DarmApparats. Am häufigsten ist die Unverträglichkeit von Laktose (Milchzucker), Fruktose (Fruchtzucker) und Histamin.
Zöliakie
Die Glutenintoleranz ist eine Sonderform der Nahrungsmittelallergie und als solche isoliert zu betrachten. Sie kann klar diagnostiziert werden und betrifft rund ein Prozent der Bevölkerung.
Neben Verdauungsbeschwerden treten unterschiedlichste Symptome, wie Kopfschmerzen, Eisenmangel, Osteoporose oder psychische Anzeichen, auf. Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der lebenslang strikt auf Gluten verzichtet werden muss.
Wasserstoff-Tests
Der sogenannte H2-Test wird zur Feststellung einer Laktose- oder Fruktoseintoleranz eingesetzt. Dabei wird Milch- oder Fruchtzucker als Flüssigkeit aufgenommen, anschließend wird in Abständen von 30 Minuten der Wasserstoffgehalt im Atem gemessen. Steigt dieser, ist das ein Zeichen für eine Unverträglichkeit: Der Zucker wird im Dickdarm bereits verstoffwechselt, wobei Bakterien Wasserstoff freisetzen.
Bei einer Nahrungsmittelallergie können Juckreiz und Hautausschläge als unmittelbare Reaktion auftreten.
Weg zur Diagnose
„Blähbauch, Bauchkrämpfe und Schmerzen nach dem Essen sind klassische Symptome einer Intoleranz“, weiß Gänzer. Dazu können aber Kopfweh, Müdigkeit, Hitzewallungen oder psychische Beschwerden kommen. „Diese sekundären Beschwerden machen eine Diagnose bei Intoleranz oft schwer“, ergänzt der Internist. Dazu kommt, dass eine Unverträglichkeit nicht wie die Nahrungsmittelallergie über die Haut oder das Blut festgestellt werden kann. Auch die Zöliakie kann über die Bestimmung von Antikörpern im Blut und einer Magenspiegelung klar diagnostiziert werden.
Bei den zwei häufigsten Intoleranzen – Fruktose und Laktose – kann ein Wasserstoff-Atemtest zur Diagnose herangezogen werden. Bei Histamin und anderen Unverträglichkeiten ergeben diese jedoch kein klares Ergebnis.
Zurück auf null
Ist eine Diagnose erfolgt oder besteht ein Verdacht auf Intoleranz, folgt eine Nulldiät: Betroffene verzichten für einige Tage bis Wochen auf das unverträgliche Lebensmittel – so lange, bis keine Beschwerden mehr auftreten. „Nach dieser Karenzphase können und sollen langsam und einzeln wieder Lebensmittel probiert werden“, so Gänzer. Ziel ist,
die individuelle Toleranzgrenze zu finden. Zum Start empfehlen sich jeweils laktose- oder fruktosearme Produkte, die dann langsam gesteigert werden können. „Es geht darum, das richtige Maß zu finden, bei der die Lebensqualität nicht stärker eingeschränkt wird, als nötig ist“, ergänzt Hannes Gänzer.
Für besondere Anlässe können bei Laktose, Fruktose und Histaminintoleranz Enzymtabletten eingenommen

Hannes Gänzer


werden, die die Verdauung unterstützen. Ein Allheilmittel sind die Kapseln aber nicht, da sie nicht immer zu 100 Prozent wirken und auch ein Kostenfaktor sind.
Starke Folgen
In der Behandlung unterscheidet sich die Unverträglichkeit von der Nahrungsmittelallergie und der Glutenintoleranz. Denn „Ausrutscher“ sind hier nicht erlaubt: Ein Allergiker reagiert schnell und mit womöglich starken bis hin zu lebensbedrohlichen Symptomen. Bei der Zöliakie wird bei der kleinsten Menge Gluten der immunologische Prozess erneut gestartet, weshalb eine lebenslange strikte Diät zu halten ist.
Unklare Auslöser
Eine genetische Ursache für Intoleranzen ist meist auszuschließen. „Häufiger werden sie nach sekundären Ereignissen, wie einem Infekt des Magens bzw. Darms oder einer Störung der Darmflora nach Antibiotikaeinnahme, ausgelöst“, hält Gänzer fest. Einen hormo-
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TIPPS!
Im Alltag
Ist eine Unverträglichkeit diagnostiziert, muss der (Ernährungs-)Alltag deshalb nicht auf den Kopf gestellt werden. Tipps für die Praxis hat Angelika Eiter, Diätologin im Bezirkskrankenhaus Schwaz.
Sich informieren
Ist eine Unverträglichkeit bekannt, ist es wichtig zu wissen, was in welchem Lebensmittel steckt: Wie hoch ist der Gehalt an Fruktose, Laktose oder Histamin in gewissen Produkten? So ist Hartkäse zum Beispiel von Natur aus laktosefrei und Bananen oder Melonen haben nur wenig Fruchtzucker.
Ruhe bewahren
Stress und Hektik haben einen großen Einfluss auf die Verdauung. Sich fürs Essen Zeit zu nehmen und richtig zu kauen ist essenziell, um unangenehme Symptome zu vermeiden.
Selbst machen
Besser mit frischen Zutaten selbst kochen als Fertigprodukte essen diese werden häufig weniger gut vertragen. So ist Brot mit langer Teigführung verträglicher als industriell verarbeitetes Gebäck.
Alternativen suchen
Die Auswahl an Ersatzprodukten ist so groß wie noch nie. Aber: Viele Produkte sind von Natur aus laktose- oder fruktosefrei und werden aus Marketingzwecken als teureres Ersatzprodukt deklariert.
Nachfragen
Ein Stolperstein kann das Essen in Restaurants und im Urlaub sein. Die Allergenkennzeichnung hilft oft nur bedingt, denn sie gibt keinen Aufschluss über die Zubereitung oder wird rein zur Absicherung verwendet. Deshalb lieber nachfragen, wie eine Speise zubereitet wird.
Beraten lassen
Meist muss bei einer Laktose-, Fruktose- oder Histaminintoleranz nicht lebenslang strenge Diät gehalten werden. Professionelle Unterstützung von einer Diätologin kann nach einer Diagnose helfen, die individuelle Toleranzgrenze zu finden.
Angelika Eiter
Diätologin, Leitung der Ernährungsberatung im Bezirkskrankenhaus Schwaz nellen Einfluss schließt der Facharzt zwar nicht aus, klare Daten gebe es dazu aber nicht.

Auf den Grund gehen
Wichtig ist, Beschwerden, insbesondere jene des Magen-Darm-Apparats, auf Unverträglichkeiten abzuklären. Gerade bei Kindern sollte dabei auch die Zöliakie als Ursache ausgeschlossen werden. In der Altersgruppe 50 plus
wiederum könnten dahinter auch andere chronische oder bösartige Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes stecken.
Die Ernährung im Verdachtsfall auf Alleingang umzustellen, ist nicht ratsam: „Gerade bei der Zöliakie kann eine Diagnose möglicherweise nur mehr
Hannes Gänzer

Eine Unverträglichkeit bedeutet meistens - keinen lebenslangen Verzicht, sondern lässt sich im Alltag gut meistern. erschwert erfolgen, wenn vor der Untersuchung bereits auf Gluten verzichtet wird“, mahnt Hannes Gänzer.
Bei den immer beliebter werdenden Selbsttests für zu Hause rät der Internist zur Vorsicht. Hier werden nur wenige Blutstropfen in ein Labor geschickt, man erhält teilweise eine sehr lange Liste an unverträglichen Lebensmitteln – mit einer Auswertung und Diätempfehlung. „Die Datenlage zu diesen Tests ist aber dünn“, so Gänzer.
Richtige Abklärung
Ein Verzicht ohne Abklärung ist nicht sinnvoll: auf Gluten, Laktose, Fruktose und Co. aus Lifestylegründen zu ver-
Stolpern, Ausrutschen, Stürzen: Rund 50 Prozent aller Unfälle in Haushalt, Freizeit, Sport passieren wegen geringer Unachtsamkeiten – mit oftmals schwerwiegenden Folgen.
Tendenz steigend
Das geänderte Freizeitverhalten, die wachsende Alterspyramide, neue Sportarten mit besonderen Risken sind Gründe dafür.
Tirol hat einen durchschnittlich höheren Anteil an Sportunfällen (30 Prozent versus 25 Prozent). Nummer 1 in Tirol knapp vor Fußball: der Pistensport.
Tödliche Unfälle im Verkehr und bei der Arbeit nehmen stetig ab, jene in Haushalt, Freizeit und Sport nehmen zu. Vor allem Seniorenunfälle zichten, hat keine gesundheitlichen Vorteile. Liegen Beschwerden vor, sollte zuerst die ärztliche Beratung gesucht und auf eine Allergie, Unverträglichkeit oder Zöliakie untersucht werden. Erst danach sind eine Karenzphase und das Herantasten hilfreich. „Es wird auf der einen Seite voreilig verzichtet. Auf der anderen Seite aber trotz Beschwerden nicht abgeklärt“, weiß der Facharzt. Gerade bei den Atemtests sei seit Ausbruch der Pandemie ein Rückgang zu verzeichnen. Hannes Gänzer ruft daher auf, bei Verdacht auf Unverträglichkeiten einen Arzt aufzusuchen und den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Entgeltliche Einschaltung
Viermal mehr Unfälle zu Hause als im Verkehr
Besonders viele Sportunfälle in Tirol: hohes Risiko E-Bike
42%
UNFALLGESCHEHEN TIROL 2018
Verletzte nach Lebensbereichen
9%
12%
37% 34.600
Freizeitunfälle
(inkl. Freizeitsport)
7.200
Verkehrsunfälle
9.900
Arbeit/Schule
30.700
Haushaltsunfälle
weisen eine steigende Tendenz auf (+28 Prozent). Ausgehend von über 80.000 Unfallpatienten in den Krankenhäusern und über 200 Unfalltoten errechnen sich rund 2,2 Milliarden € an jährlichen Unfallkosten in Tirol.
Der Verein Sicheres Tirol hat die Aufgabe, durch Bewusstmachen der Unfallgefahren die steigende Tendenz einzubremsen und menschliches Leid zu verhindern.
70% 30% 24.900
Sportunfälle
Tote gesamt:
215 Personen
Verletzte gesamt:
82.400 Personen
© Grafik: Verein Sicheres Tirol
Verein Sicheres Tirol
Südtiroler Platz 6/II 6020 Innsbruck Tirol, Österreich Tel.: 0512/56 00 95 verein@sicheres-tirol.com